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RIAS Kammerchor X/2008

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  • RIAS Kammerchor

    X/2008

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  • 2 harmonia mundi magazin

    Ein amerikanisches Geschenk an Berlin1948 war für Berlin ein Jahr der Entscheidung, monatelang tobte eine der ersten Schlachten des Kalten Krieges um die deut-sche Hauptstadt. Über eine Luftbrücke wurde so lange alles Lebensnotwendige in die von der sowjetischen Besatzungszone einge-schlossenen drei Westzonen Berlins geschafft, bis die Gegenseite auf-gab und Transitwege zur Versorgung

    West-Berlins einräumte. Noch heute gedenken viele Menschen dankbar dieser Überlebenshilfe durch die „Rosinenbomber“.Auch am Wiederaufbau des Kulturlebens beteiligten sich die Amerikaner rege. Der RIAS gehör-te zu den wichtigen Kulturein-richtungen West-Berlins. 1948, das Jahr der Luftbrücke, war auch das Gründungsjahr des RIAS

    Kammerchors, der somit dieses Jahr seinen 60. Geburtstag fei-ert. Das nachfolgende Porträt des Ensembles von Jakob Buhre ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PARTITUREN erschie-nen. Wir bedanken uns herzlich bei der Redaktion für die freundliche Genehmigung des Abdrucks.

    Held des Abends –Der RIAS Kammerchor wird sechzig„Rundfunk im amerikanischen Sektor“ – nicht jedem ist heute noch geläufig, was sich hinter dem Kürzel RIAS verbirgt, das einer der besten deutschen Kammerchöre in seinem Namen trägt. 1946 hatten die ame-rikanischen Besatzungsbehörden in West-Berlin den RIAS gegründet, der fortan Unterhaltung und politi-sche Berichterstattung sendete sowie Aufnahmen jener Ensembles, die unter dem Dach des RIAS entstanden: ein Symphonie-, ein Tanzorchester und der im Oktober 1948 gegründete RIAS Kammerchor.Mit nur 35 Sängern war dieser für die damalige Zeit ungewohnt klein;

    Kammerchöre waren kaum verbreitet und ein schlanker Chorklang noch nicht das Maß aller Dinge. Dennoch gelang es den ersten Dirigenten Herbert Froitzheim und Günter Arndt, das Ensemble in kurzer Zeit als einen der führenden Chöre zu etablieren, ins-besondere im Bereich der zeitgenössi-schen Musik. So standen in den ersten zwei Jahrzehnten Uraufführungen von namhaften Komponisten wie von Darius Milhaud, Boris Blacher, Arnold Schönberg und Hans Werner Henze auf dem Programm.Doch auch am anderen Ende des Repertoirespektrums konnte der Chor bald Fuß fassen, dank der immer grö-

    „Deutschlands womög

    lich

    bester Kammerchor“

    HESSISCHER RUNDFUN

    K„Deutschla

    nds womöglich

    bester Kammerchor“

    HESSISCHER RUNDFUN

    K

    „Eine Sensation für sich

    MÄRKISCHE ALLGEME

    INE

    ßer werdenden Alte Musik-Bewegung. Dirigenten, die sich der historischen Aufführungspraxis verschrieben haben, lernten die Arbeit mit dem RIAS-Chor zu schätzen, allen voran René Jacobs und Philippe Herreweghe, mit denen der Chor regelmäßig zusam-menarbeitet.Unter den langjährigen Leitern Uwe Gronostay (1972-1986) und Marcus Creed (1987-2003) gewann der Chorklang weiter an Transparenz, Homogenität – und internationa-lem Renommee. Inzwischen absol-viert der Chor über die Hälfte sei-ner knapp 50 Auftritte pro Jahr im Ausland, aber auch daheim ist er mit Konzerten, Rundfunk- und CD-Aufnahmen präsent. Und es nicht ungewöhnlich, wenn der Applaus für die Berufschoristen jenen für andere Beteiligte wie Solisten oder Orchester hörbar übersteigt. Als man kürzlich mit René Jacobs in der Berliner Staatsoper Händels Oratorium Belshazzar auf-führte, machte ein Kritiker den Chor gar zum „Helden des Abends“.Es zahlt sich aus, daß man nach Auflösung des RIAS die staatliche Förderung beibehielt. „Mit den Zuwendungen können wir unse-re Personalkosten decken“, sagt Chordirektor Bernhard Heß. „So haben wir einen festen Stamm von 35 Sängern, die nahezu täglich miteinan-

    Hans-Christoph RademannFotos: Matthias Heyde

  • 3

    Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809-1847)Chorwerke: Sechs Lieder im Freien zu singen

    op. 41, 48, 59, 88, Vier Lieder op. 100RIAS Kammerchor, Leitung: Hans-Christoph Rademann

    HMC 901992 (T01)

    der singen und aufeinander eingestellt sind.“ Aus der Förderung durch die öffentliche Hand leitet sich für den Chor aber auch eine Verpflichtung ab: das Engagement für zeitgenössische Musik. Über 50 Werke hat der Chor in sechs Jahrzehnten uraufgeführt, und auch in der Jubiläumssaison 2008/09 stehen zwei neue Kompositionen von

    Steffen Schleiermacher und Gundega Šmite auf dem Programm. Geleitet wird der Chor dann von Hans-Christoph Rademann, seit 2007 neuer Chefdirigent.Während der RIAS Kammerchor den 60. Geburtstag feiert, reicht das Alters-spektrum der Choristen selbst von Mitte 20 bis 60 Jahre. Für den vielge-

    harmonia mundi magazin

    lobten Klang scheint dies ein wesent-licher Faktor zu sein. „Die gemisch-te Altersstruktur“, sagt Chordirektor Heß, „bewirkt Nuancen und Farben innerhalb des Klangs, die man nicht realisieren kann, wenn man sich immer nur kräftige junge Stimmen zusammensucht.“

    „Ein Spitzenensemble

    für

    die Neue und die Alte M

    usik“

    DER TAGESSPIEGEL

    „Eines der derzeit

    besten Vokalensemble

    s“

    RONDO„Immer muss man sie

    loben, es ist grauenha

    ft.“

    DIE WELT

    Frank MARTINLe vin herbé (Der Zaubertrank)Sandrine Piau (Isolde) – Steve Davislim (Tristan) – Jutta Böhnert (Brangäne) – RIAS Kammerchor – Scharoun-Ensemble – Leitung: Daniel ReussHMC 901935.6 (P02)

    „Eine mitreißende Darbietung“

    FONO FORUM

    „Ein stupendes Zeugnis von de

    n

    Fähigkeiten des RIAS Kammer

    chors“

    OPERNWELT

    mit dem RIAS Kammerchor bereits erschienen:

    Fähigkeiten des RIAS Kammer

    chors“

    „Ein großartiges Werk, eine

    großartige Einspielung“

    WIRTSCHAFTSWOCHE

    „Ein großartiges Werk, eine

    „Eine Aufsehen erregende Aufna

    hme“

    HESSISCHER RUNDFUNK

    „Ein Ereignis“

    BAYERISCHER RUNDFUNK

  • Toivo TULEV (*1958)Songs (Song of songs), Der Herr ist mein getreuer Hirt I & II, Rejoice!, Leave alas this tormenting, Jusquez au printempsEstnischer Philharmonischer Kammerchor, Leitung: Paul HillierHMU 807452 (U01)

    der 1980er Jahre zu und nahm den Studienplatz in Musikwissenschaft an. Der Wunsch, sich als Komponist zu verwirklichen, mußte noch warten, war das Kulturleben doch damals noch ganz von der offiziellen Parteipolitik bestimmt, die ihre ideologischen Grenzen durch ein engstirniges Regime von Zensur und Bedrängung verteidigte.Das musikwissenschaftliche Studium eröffnete die Möglichkeit, sich inten-siv mit der Gregorianischen Musik und der frühen Mehrstimmigkeit auseinan-derzusetzen, beide Epochen der euro-päischen Musik wurden von immenser Bedeutung für Tulevs Schaffen, ebenso wie sie seinen Landsmann Arvo Pärt beeinflußt haben. Praktische musikali-sche Erfahrung sammelte Tulev in den 80er Jahren als Sänger im Estnischen Philharmonischen Kammerchor, eine zusätzliche Erweiterung sei-

    Durch die Hintertür – Der Komponist Toivo TulevMit 27 Jahren, als er sein Musikstudium begann, war Toivo Tulev kein junger Mann mehr, und der angebotene Studienplatz in Musikwissenschaft bedeute-te keinesfalls die Erfüllung seiner sehnlichsten Wünsche. Tulev woll-te Komponist werden, daß er sein Wunschfach Komposition nicht studieren durfte, lag an seiner Thematik: Religiöse Musik war sei-nerzeit in der Sowjetunion uner-wünscht. Inzwischen ist Tulev ein fester Bestandteil der Musikwelt, „wobei glücklicherweise sein rebel-lischer Instinkt und die Neigung, ruhig seine eigene Meinung zu äußern, keinen Schaden genommen haben“, wie Paul Hillier feststellt.

    Nach der Devise „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ griff Toivo Tulev also Mitte

    4 harmonia mundi magazin

    nes Horizonts brachten ab 1996 Studien der elektroakustischen Musik an der Musikhochschule Köln. Unschätzbaren Beistand hat der starke Individualist auch durch den ermun-ternden Zuspruch seiner estnischen Komponistenkollegen Tõnu Kaljuste und Erkki-Sven Tüür erfahren. Immer wieder jedoch bedeuteten die Gesangserfahrungen in verschiedenen Ensembles wie Vox Clamantis, Chant Grégorien de Paris und Heinavanker eine starke Bereicherung seiner schöp-ferischen Energie. 1995 gründete Tulev folgerichtig Tulev Scandicus, sein eigenes Ensemble für liturgi-sche Musik. Seine so gewonnenen Erfahrungen mit liturgischem Gesang gibt er inzwischen als Lehrer an die Nonnen des Brigitten-Konvents in Estland und an den Turku-Konvent in Finnland weiter.Tulev ist sich sehr wohl bewußt, in keinen ideologischen Rahmen zu pas-sen; seine Reserviertheit gegenüber allgemeinen Leitbildern ist bis heute unverändert geblieben: „Die heutigen Slogans sind Toleranz und Akzeptanz, also werde ich toleriert und akzeptiert.“ Das Ende des sowjetischen Reiches und die Selbständigkeit Estlands gaben Tulev jedoch die Freiheit, seine Botschaft in alle Welt zu tragen, wo sie nicht zuletzt durch die Begeisterung von Paul Hillier für seine Musik immer stärker Gehör findet.

    mit dem Estnischen Philharmonischen Kammerchor unter Paul Hillier bereits erschienen:

    „Ein ganz besonderes Klange

    reignis

    … Chorklang in Vollendun

    g“

    HESSISCHER RUNDFUNK

    Arvo PÄRTDa pacem Domine, Salve Regina, Zwei slawische Psalmen, Dopo la vittoria u. a. HMU 807401 (T01)

    „Eindringliche, äußerst

    klangschöne Darstellungen“

    FONO FORUM

    Toivo TulevFoto: Arvo Aun

    Klassik verpflichtet.

    CDTipp

  • 5harmonia mundi magazin

    Die deutsche Romantik berauschte sich an Todesphantastik, und die Musik des 19. Jahrhunderts ver-harrte noch lange in dieser Haltung, bis hin zur apokalyptischen Stim-mung von Tristan und Isolde und den Sinfonien Bruckners. Mit sei-nem Werther hatte Goethe beispiel-gebend gewirkt, und die Dichter im Umfeld Schuberts folgten getreulich diesem Vorbild. „An mein Herz“ ist oft der vom Lebensschmerz erlösen-de Trostruf des Todes.

    …Sollst sanft in meinen Armen schlafen…

    Franz SCHUBERT (1797-1828)„An mein Herz“ – Lieder Vol. 2:

    Der Jüngling und der Tod, Das Lied im Grünen, Du bist die Ruh, Liedesend, Das Heimweh, Nachtstück, Gesänge des Harfners, Willkommen und Abschied u. a.

    Matthias Goerne, Bariton – Hartmut Deutsch & Eric Schneider, Klavier

    HMC 902004- (I02)

    In jedem der Werke Schuberts fügt der Tod seine Stimme der Stimme Schuberts hinzu, manchmal kaum vernehmbar, oft in verstörendem Unisono. Der Jüngling und der Tod schildert diese Begegnung mit der ruhigen Klarheit des Sehers. Josef von Spaun, neun Jahre älter als Schubert und einer seiner besten Freunde, schrieb den Text als Antwort auf das Lied Der Tod und das Mädchen von Claudius, das Schubert gerade vertont hatte. Wo bei Claudius das Mädchen sich noch gegen die viel zu frühe Begegnung mit dem Tod wehrt, und dieser ihr in beschwich-tigender Freundlichkeit den sanften Schlaf in seinen Armen verspricht, ist Spauns Jüngling satt und matt vom Leben wie ein Greis: „Ich lächle Dir, o Knochenmann, entführe mich leicht in geträumte Lande!“, worauf Freund Hein ihm antwortet: „Es ruht sich kühl und sanft in meinen Armen, du rufst, ich will mich deiner Qual erbarmen.“

    Schubert und seine Zeitgenossen erlebten wie keine Generation in der Geschichte, seitdem etwa 1000 Jahre zuvor die Christianisierung Deutschlands abgeschlossen war, eine innere Krise der Religion. Nicht das 14., das „Pestjahrhundert“, nicht der qualvolle Dreißigjährige Krieg hat-ten bei aller Verzweiflung zu funda-mentalen Einbrüchen der Gläubigkeit geführt. Mit dem Ende des Römisch-Deutschen Kaiserreiches hatte auch die weltliche Herrschaft der Kirche aufgehört, und gemeinsam mit von der Aufklärung ererbten neuen Formen eigenständigen Denkens führte das Machtvakuum, das die Kirche hinter-ließ, zu revolutionären Träumen irdi-scher Freiheitsherrschaft. Diese wur-den allerdings schnell von der staat-lichen Autorität erstickt, die beherzt von diesem Machtvakuum Besitz ergriff, ohne die entstandenen geisti-gen Lücken neu zu füllen. Vielmehr reagierte sie für Jahrzehnte mit Zensur und Verfolgung auf das neue Leben, das sich in den Köpfen regte.Bei Schubert (der ebenfalls unter den wachsamen Augen der Zensur zu arbeiten hatte) und seinen Generationsgenossen wuchsen die Enttäuschung und der Zorn über die geistige Friedhofsruhe, die Metternich und seinesgleichen dem Deutschen Bund verordneten. Die Todessehnsucht dieser Jahre ist also nicht nur roman-tische Träumerei, sie enthält auch ein gerüttelt Maß politischer Opposition.

    Franz SCHUBERT (1797-1828)„An mein Herz“ – Lieder Vol. 2:

    „Der Name Matthias G

    oerne steht

    für Qualität. Wenn der

    Bariton Lieder

    einspielt, kann man gew

    iss sein, ein erst-

    klassiges Produkt zu er

    halten.“

    DAS OPERNGLAS

    in der Matthias Goerne Schubert Edition bereits erschienen:

    Franz SCHUBERT„Sehnsucht“ – Lieder Vol. 1 Elisabeth Leonskaja, KlavierHMC 901988 (T01)

    „Diese erste Lieferung zeigt M

    atthias

    Goernes Ausnahmerang: Lyr

    isch warm

    und zugleich sonor-expressiv

    klingt

    sein Bariton.“

    DER SPIEGEL

    Matthias GoerneFoto: Marco Borggreve

  • Paul O'DetteFoto: Christel Thielmann

    6 harmonia mundi magazin

    Melchior NEUSIDLER (1531-1594)LautenmusikPaul O’Dette, LauteHMU 907388 (T01)

    Hans Neusidler war Lautenist und ein begab-ter Musikpädagoge; schon 1536 erschiensein erstes Unter-richtswerk im Druck: Ein Neugeordnet Künstlich Lautenbuch - Der erste Teil fur

    die anfahenden Schüler, bald danach folgten weitere. Verleger in Venedig, Straßburg und Frankfurt druckten seine Werke nach, machten sie bekannt und verhalfen ihnen zu Berühmtheit. In Zeiten vor der Erfindung des Copyrights brachte das zwar Ehre ein, aber kein Geld. Hans war bald in der finanziellen Klemme und mußte den Nürnberger Rat wiederholt um Hilfe angehen. Auf die Dauer scheint das

    Vom Neusiedlersee in die weite Welt der Musik – Die Familie Neusidler

    nicht geholfen zu haben, denn 1561, zwei Jahre vor Hans’ Tod, mußte Sohn Melchior die finanziellen Lasten für die Versorgung der noch unmün-digen Geschwister übernehmen. Es gab reichlich davon: Vater Hans war fruchtbar und hat achtzehn Kinder gezeugt.Dieser Melchior, 1531 in Nürnberg geboren, genoß als einer der wichtig-sten und einflußreichsten Lautenisten zu Lebzeiten hohe Anerkennung. Bei Sebald Heyden, dem protestantischen Musiktheoretiker und Rektor der Nürnberger Sebaldus-Schule, hat der junge Melchior vermutlich eine gründ-liche Ausbildung im Kontrapunkt erhalten, der die Grundlage für seine polyphone Schreibweise lieferte.Doch schon bald hielt Melchior nichts mehr in seiner Heimatstadt; er wandte sich 1552 mit 21 Jahren nach Augsburg, einer Stadt, deren Geschicke nach Vorbild italienischer Städte von der Familie der Fugger bestimmt waren, die mächtigsten und einflußreichsten Bankiers Europas – obendrein noch überaus kunstsinnig. Im schützenden Schatten der Fuggers verbrachte Melchior Neusidler sein weiteres Leben, er versorgte sie mit Musik zu Banketten und Festgelagen, 1583 kümmerte er sich sogar um die musikalische Ausgestaltung einer Schlittenpartie.Von 1552 bis 1585 leitete Neusidler die Stille Musica, ein Ensemble der Fugger, das aus Lauten, Flöten, Harfen und anderen Instrumenten mit zartem Klang bestand. Reisen führten ihn in dieser Zeit nach Rom und Venedig, wo er 1566 seine beiden ersten Bücher mit Lautenmusik veröffentlichte.Trotz seiner europaweiten Berühmtheit als Komponist konnte Melchior Neusidler niemals eine Anstellung an einem deutschen Fürstenhof erlangen, so sehr er sich auch darum bemühte. Grund dafür war möglicherweise sein heftiges Wesen, das mitunter sogar zu handfesten Prügeleien führte.

    mit Paul O’Dette bereits erschienen:

    „Ausnahmslos empfehlenswe

    rt.

    Es geht nicht perfekter.“

    KLASSIK.COM

    Daniel Bacheler The Bachelar’s Delight (Lautenmusik)HMU 907389 (T01)

    Aus der Gegend des gleichnamigen westungarischen Sees stammen die Neusidlers. Hans Neusidler war, vermutlich vor der herannahenden tür-kischen Armee, aus seiner Geburtsstadt Preßburg geflohen und hatte in Nürnberg Zuflucht gefunden. Schon im darauffolgenden Jahr bot ihm die Reichsstadt das Bürgerrecht an, und so gewann der Name Neusidler in Nürnberg Gewicht im europäischen Kulturleben.

    Klassik verpflichtet.

    CDTipp

  • harmonia mundi magazin 7

    Orlandus Lassus, Roland de Lassus, Orlando di Lasso: Schon die Vielfalt der Formen, unter der sein Name auftritt, kündet von der europäischen Bedeutung die-ses großen Komponisten. Lasso wirkte in ganz Europa, von Sizilien bis nach England, und sein Ruhm war so groß, daß er von seinen Zeitgenossen mit dem Ehrentitel „princeps musicorum – Fürst der Musiker“ geehrt wurde. In beson-derer Weise ist sein Name mit dem Münchner Hof der Herzöge von Bayern verbunden, dem er die letz-ten dreißig Jahre seines Lebens als Kapellmeister diente.

    In Mons, der Hauptstadt des bel-gischen Henngau, wurde Lasso um 1532 geboren. Er wurde Chorknabe der Kirche St. Nicolas in seiner Heimatstadt und fiel schnell durch seine außerordentlich schöne Stimme auf. Das rief Anwerber auf den Plan, die damals ganz Europa auf der Suche nach schönen Stimmen durchkämm-

    Der Fürst der Musiker

    Orlando di LASSO (1532-1594)Cantiones sacrae zu sechs StimmenCollegium Vocale Gent, Leitung: Philippe HerrewegheHMC 901984 (T01)

    ten und wenig Skrupel kannten, waren sie erstmal fündig geworden. Zweimal wurde der kleine Orlando entführt, zweimal konnten die Eltern ihr Kind zurückholen. Die dritte Entführung 1544 war erfolgreich, und Ferrante Gonzaga, der Vizekönig von Sizilien, konnte sich über eine neue Engelsstimme in seinem Chor freu-

    en. Von der sizilianischen Hauptstadt Palermo aus führten viele Reisen auf das italienische Festland, wo Gonzaga sein Juwel gern präsentierte.

    Der Stimmbruch machte dieser Karriere ein Ende – Orlando konn-te indessen von der vielseitigen und soliden Ausbildung profitieren, die er in sizilianischen Diensten erhal-ten hatte. Neben profunden musi-kalischen Kenntnissen hatte er sich auch in Literatur bilden können und beherrschte vier Sprachen fließend: Französisch, Deutsch, Italienisch und Latein. Über die Stationen Rom, Antwerpen und London gelangte Lasso schließlich an den bayerischen Hof nach München, wo Herzog Albrecht V. ein kunstsinni-ges Regiment führte. Ab 1557 diente er den Wittelsbachern als Tenorist, 1563 wurde er Hofkapellmeister und wirkte in dieser Stellung bis zu sei-nem Tod 1594. Von allen Seiten her umworben – 1560 setzt der franzö-sische König Karl IX. ihm gar eine Ehrenpension aus – hält er dennoch München die Treue. Ihn zieht nichts in die Fremde, mit seinem herzog-lichen Dienstherrn verknüpfen ihn nahezu freundschaftliche Bande, über-dies führt er seit 1558 mit der Tochter eines Landshuter Hofkanzlisten eine überaus glückliche Ehe.Die 1594 veröffentlichten Cantiones sacrae sind Lassos Schwanengesang. Seit drei Jahren gesundheitlich hin-fällig (vermutlich infolge eines Schlaganfalls), faßte Lasso in diesen Stücken noch einmal seine ganze Kunst des imitierenden Kontrapunkts zusammen und bereitete seinen Hörern ein doppeltes intellektuelles und musikalisches Vergnügen, einen Genuß für Geist und Gehör, wie er es selbst im Vorwort ausdrückte.

    mit dem Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe bereits erschienen:

    Orlando di LASSOPsalmi Davidis pœnitentialesHMC 901831.2 (P02)

    „Eine Chorkultur,

    die ihres gleichen sucht“

    FRANKFURTER ALLGEM

    EINE

    ZEITUNG

    zusammen und bereitete seinen

    die ihres gleichen sucht“

    „Eindrucksvoll und betörend“

    SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

    Philippe Herreweghe · Foto: Eric Larrayadieu

    Klassik verpflichtet.

    CDTipp

  • harmonia mundi magazin8

    Edvard GRIEG (1843-1907)Sonate a-moll für Violoncello und Klavier op. 36, Lyrische StückeEmmanuelle Bertrand, Violoncello & Pascal Amoyel, KlavierHMC 901986 (T01)

    1867. Kaum vorzustellen, daß John besondere Sympathie für Edvard hegte, zumal dieser ihm 16 Jahre später eine monu-mentale Cellosonate widmete, die sich als technisch so anspruchs-voll herausstellte, daß John das Stück nicht wie ursprünglich beabsichtigt zur Uraufführung bringen konnte. Doch scheint es gerade dieses 1883 komponierte Stück gewesen zu sein, das zwischen den Brüdern Frieden stif-tete. Offenbar waren es die Anklänge an die norwegische Volksmusik in dem Werk, die eine Aussöhnung der bei-den zustande brachten, war doch die Nationalkultur des seit Jahrhunderten von seinen Nachbarmächten Dänemark und Schweden dominier-ten Norwegen den Brüdern ein tiefes Herzensanliegen. Griegs Cellosonate ist eine der umfangreichsten des Repertoires, in ihr verbindet er eine tiefe Intensität des Ausdrucks und

    Krieg und Frieden im Hause GriegEdvard Grieg und sein älterer Bruder John standen in einem konfliktrei-chen Verhältnis. Zweimal konnte der Jüngere den großen Bruder aus-stechen, zunächst mit der Musik als Lebensmittelpunkt und dann bei der Wahl der Ehefrau.

    Schon aus familiären Gründen war das Violoncello für Edvard Grieg ein wichtiges Instrument: Sein älterer Bruder John spielte Cello und hatte möglicherweise auch Ambitionen, Berufsmusiker zu werden. Als der kleine Bruder seine außerordentli-che Begabung zeigte, ließ John ihm den Vortritt und Edvard kam bereits mit 15 Jahren auf das Leipziger Konservatorium. John folgte ihm erst Jahre später. Auch in der Liebe gerie-ten die Brüder in einen Konflikt, den Edvard für sich entscheiden konnte – beide verliebten sich in ihre Cousine Nina Hagerup, Edvard heiratete Nina

    den lyrischen Charakter liedhafter Schlichtheit mit teilweise ungestümen Temperamentsausbrüchen und einer ausgefeilten Harmonik, die seiner Musik Profil und Tiefe verleiht. Die Komposition des Vierzigjährigen zeigt einen gereiften Komponisten, der das auf dem Konservatorium Studierte souverän anwendet, sich aber inzwi-schen von den erlernten Mustern frei-gemacht hat und voll Selbstvertrauen zu seinem eigenen Stil gefunden hat.Die Entwicklung der Eigenständigkeit wurde zweifellos durch die Lyrischen Stücke gefördert, für die er eine beson-dere Vorliebe hatte. „Sie sind denkbar einfach in ihrem Formbau und ent-werfen mit einigen wenigen Tönen eine typische Szenerie als die klanglich einzig schlüssige Gestalt... schon nach zwei Takten fühlt man sich an den jeweiligen Ort versetzt: Grieg vermit-telt seine Eindrücke, wie er sie gerade erlebte, in aller Einfachheit, aber sehr persönlich gefärbt, und das immer markanter im Laufe der annähernd 35 Jahre (zwischen 1867 und 1901), in denen die zehn Hefte erschienen.“ So charakterisiert Pascal Amoyel die Stücke, von denen das Musikerpaar auf seiner CD eigene Transkriptionen vorstellt.

    mit Emmanuelle Bertrand und Pascal Amoyel bereits erschienen:

    „Eine große Entdeckung auf

    dem Violoncello“

    HESSISCHER RUNDFUNK

    Camille SAINT-SAËNS Cellosonate Nr. 1 op. 32, Cellosuite op. 16, Romanzen op. 36 & 51 u. a.HMC 901962 (T01)

    „Hochengagierte Interpreten

    mit Liebe und Hingabe“

    ENSEMBLE„Eine große E

    ntdeckung auf

    Emmanuelle BertrandFoto: Alvaro Yañez

    Klassik verpflichtet.

    CDTipp

  • harmonia mundi magazin 9

    Eine neue Ära des Labels Soli Deo Gloria läutet diese CD ein: Enthielt der Katalog bisher die Veröffentlichung der Konzerte der gewaltigen Bach Cantata Pilgrimage des Bach-Jubiläumsjahres 2000, wird jetzt mit einer Johannes Brahms gewidmeten Serie ein neues Kapitel aufgeschlagen, das die vier Sinfonien des Komponisten in den Kontext seiner Chormusik rückt.

    „Wenn wir uns Brahms heute nähern, ist die Versuchung groß, sich aus-schließlich auf seine Orchestermusik zu konzentrieren – die Ouvertüren, Konzerte und Sinfonien – und ihn so auf die ewig gleiche Weise wie ein Tagesgericht in der Gaststätte zu ser-vieren. Je mehr ich darüber nachdach-te, desto mehr war ich überzeugt, daß es der Mühe wert sei, seine Sinfonien und Vokalmusik gegenüberzustellen – Musik die Brahms liebte (studierte, herausgab und dirigierte) – und sie so in einen für Brahms charakteri-stischen Kontext zu stellen, anstatt

    Neue Wege mit Brahms

    Johannes BRAHMS (1833-1897)Sinfonie Nr. 1 c-moll op. 68,

    Begräbnisgesang op. 13, Schicksalslied op. 54

    Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809-1847)Mitten wir im Leben sind op. 23

    The Monteverdi Choir – Orchestre Révolutionnaire et Romantique, Leitung: John Eliot Gardiner

    SDG 702 (T01)

    lediglich eine Enzyklopädie seiner Orchestermusik zu präsentieren.“ So stellt Sir John Eliot Gardiner sein Brahms-Projekt auf der Website seines Labels Soli Deo Gloria vor. Neben den bedeutendsten und bekanntesten Werke des Komponisten – dem Deutschen Requiem und den vier Sinfonien – erklingt also Brahms’ „eige-ne wunderbare und häufig vernach-lässigte Chormusik sowie Chorwerke der von ihm besonders geschätzten alten Meister (speziell Schütz und Bach) und der Helden der neueren Zeit (Mendelssohn, Schubert und Schumann). Auf diese Weise können wir hinsichtlich seiner sinfonischen Schöpfungen eine neue Perspektive gewinnen und die Aufmerksamkeit auf die Vokalität lenken, die in seinem Orchesterstil angelegt ist.“Besonders deutlich wird in diesem Zusammenhang sowohl Brahms’ enor-me Gelehrsamkeit und sein bei aller Selbstkritik hohes Selbstbewußtsein, das eine Anekdote besonders treffend illustriert: Als der junge Komponist

    Zemlinsky mit einem Streichquintett zu dem Meister kam und ihn um Rat anging, verwies dieser ihn auf die Streichquintette Mozarts und sagte: „So wird das gemacht, von Bach bis zu mir!“Zusätzliches Gewicht gewinnt die Einspielung der Sinfonien durch die Verwendung von Instrumenten, die Brahms selbst bevorzugte (die Naturhörner zum Beispiel, die er besonders schätzte), durch eine an den Vorstellungen des Komponisten orientierte Neubestimmung von Größe und Zusammensetzung der Instrumentengruppen im Orchester und die Wiederbelebung vergessener Spielweisen.„Die Vorstellung, daß wir den „wirk-lichen“ und „originalen“ Brahms rekonstruieren können, ist natürlich eine Chimäre. Letzten Endes gilt unser Hauptinteresse der Frage, wie Brahms in unserer Zeit klingen kann – was seine Musik uns jetzt zu sagen hat“, schließt Sir John Eliot Gardiner seine einführen-den Worte im Beiheft zu dieser CD.

    Neue Wege mit Brahms

    SDG 702 (T01)

    „These are intensely

    dramatic performances

    , power -

    ful and unmanicured.“

    GRAMOPHONE

    John Eliot GardinerFoto: Sheila Rock

  • 10 harmonia mundi magazin

    Liebestrank im italienischen BaskenlandVerehrer zum ersten Mal ungehemmt, sie verliebt sich in ihn und schickt ihren militärischen Galan „in die Wüste“.Regisseur Laurent Pelly hat Donizettis Erfolgsoper in das dörfliche Frankreich seiner Kindertage zurückgeholt, wo die Jugend sich in riesigen Heuhaufen wälzte, die wöchentliche Ankunft des Milchlasters ein bestauntes Ereignis war und der Dorftratsch die Neuheiten der kleinen Welt auf den Marktplatz trug.

    sagt die Mezzosopranistin Stella Grigorian, ein aufsteigender Stern am Opernhimmel. Musik gehört in dem kleinen Land im Kaukasus einfach zum täglichen Leben, und so wurde die Begabung der kleinen Stella früh entdeckt und konsequent gefördert. In Tiflis absolvierte sie mit Auszeichnung ein Gesangsstudium, nebenher machte sie noch ihren Magister in Französisch und Spanisch. Der internationale Erfolg ließ nicht lange auf sich war-ten: Wien wurde ihre nächste Station, wo sie als Stipendiatin der Karajan-Stiftung am Konservatorium weiter-studierte und gleichzeitig die Bretter der legendären Wiener Staatsoper betrat. Was für andere Wunsch und Ziel einer langen Laufbahn ist, stand so für Stella Grigorian am Beginn ihrer Karriere; es brauchte nach Auskunft

    „In Georgien singen sie alle“

    Gaetano DONIZETTI (1797-1848)L’Elisir d’Amore (Melodramma giocoso in zwei Akten)Heidi Grant Murphy (Adina) – Paul Groves (Nemorino) – Laurent Naouri (Belcore) – Ambrogio Maestri (Dulcamara) – Aleksandra Zamojska (Giannetta) – Orchester und Chor der Opéra National de Paris, Leitung: Edward Gardner – Regie und Kostüme: Laurent PellyBAC 040 (W01)

    ten: Ein einfältiger Bauer, unglücklich verliebt, muß erleben, wie seine Ange-betete dem Werben eines Sergeanten nachgibt. Verzweifelt kauft er mit sei-nem letzten Geld von einem durchrei-senden Quacksalber ein angebliches Liebeselixier – in Wirklichkeit eine Flasche Bordeaux. Er trinkt die ganze Medizin auf einmal aus, was natür-lich nicht ohne Folgen bleibt. So tut der Liebestrank doch seine Wirkung: Die Angebetete erlebt ihren scheuen

    Als der renommierte Operndichter Felice Romani ein Libretto seines französischen Kollegen Eugène Scribe für Donizettis Oper anpaßte, mach-te er sich nicht die Mühe, den Ort der Handlung vom Baskenland nach Italien zu verlegen, obwohl die Prota-gonisten des Elisir d’Amore nicht nur klingendes Italienisch parlieren, son-dern auch von Charakter und Tempe-rament lupenreine Italiener sind. Aber die Geschichte paßt ohnehin alleror-

    der Künstlerin schon einige Courage, diesen Sprung ins kalte Wasser schad-los zu überstehen. Von 1998 bis 2006 gehörte sie dem Ensemble der Wiener Staatsoper an, danach wech-selte sie nach Frankfurt am Main. Hier mußte sie gleich zu Beginn als

    I’m suddenly Spanish!Lieder von Montsalvatge, Stanford, Glinka, Schostakowitsch, Delibes, Rossini u. a. Stella Grigorian, Mezzosopran & Helmut Deutsch, KlavierOC 719 (I01)

    Heidi Grant Murphy (Adina) – Paul Groves (Nemorino) – Laurent Naouri (Belcore) – Ambrogio Maestri (Dulcamara) – Aleksandra Zamojska (Giannetta) –

    Leitung: Edward Gardner – Regie und Kostüme: Laurent Pelly

    Nerone in Händels Agrippina ein-springen – innerhalb von acht Tagen hatte sie die Partie einzustudieren und sich in eine anforderungsreiche Regie einzufinden. Es wurde ein aufsehener-regender Einstand, vom Publikum mit frenetischem Extraapplaus bejubelt.

    Laurent PellyFoto: Eric Mahoudeau

  • 11harmonia mundi magazin 11

    Mit großem Applaus endete am 16. März dieses Jahres an der Staatsoper Hamburg die Premiere von Das Rheingold. Vier Spielzeiten Zeit haben sich Hamburgs Intendan-tin und Generalmusikdirektorin Simone Young und der Regisseur Claus Guth, beide erfahrene Wag -ner-Spezialisten, für ihre Neupro-duktion von Richard Wagners monumentaler Tetralogie Der Ring des Nibelungen gegeben. In Ko -produktion mit NDR-Kultur wird OehmsClassic das Projekt auf CD herausgeben und so eine der ersten großen Ring-Produktionen des 21. Jahrhunderts dokumentieren.

    Rheingold vom Elbufer

    Richard WAGNER (1813-1883)Das Rheingold

    Falk Struckmann (Wotan) – Peter Gaillard (Loge) – Wolfgang Koch (Alberich) – Jürgen Sacher (Mime) – Katja Pieweck (Fricka) –

    Hellen Kwon (Freia) u. a. – Philharmoniker Hamburg, Leitung: Simone Young

    OC 925 (P02)

    „Es gibt Werke, an denen ein Opern-haus gemessen wird, Projekte, die einen so enormen Umfang haben, daß sie alle Kräfte des Hauses herausfor-dern und alle künstlerischen Stärken bis ans Limit beanspruchen. Der Ring des Nibelungen ist für ein Opernhaus so etwas wie ein ‘mission statement’ – ein Bekenntnis zur Kraft der Kunst in unserer Welt. Die Staatsoper Hamburg blickt auf eine stolze Tradition von Ring-Zyklen zurück, und es ist für mich als Intendantin und Generalmusikdirektorin eine doppelte Herausforderung, die-ses Monument der Musikliteratur mit meinem Team auf die Bühne zu bringen“, kommentiert Simone Young das Mammutprojekt, für des-sen Realisierung in Zeiten knapper öffentlicher Kulturetats sie in ihren beiden Funktionen allen Mut zusam-

    menbringen muß. Die Förderung des Mammutprojekts durch die ZEIT-Stiftung sowie durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper beruhigt hierbei sicher-lich nicht nur finanzielle Sorgen, es kommt damit auch eine willkomme-ne Stärkung Hamburgs als nationale und internationale Musikstadt zum Ausdruck und diese Solidarität wird dankbar empfunden.„Young gab diesem Neuanfang das nötige Gewicht: Frisch gelesen, wirk-te die „Rheingold“-Partitur, in ihrer kunstvollen Balance zwischenlyrischen Details und dramatischer Wucht, zwischen sinfonischer Klangrede und (meistens) sorgfältiger Stützung der Sänger, und immer wieder mit überraschenden Schlaglichtern, Nebenstimmen, Klangmischungen. Das Sängerensemble … ist enga-giert bei der Sache. Die bluti-ge Komödie des „Rheingold“ stellt andere Anforderungen als die halb-stündigen Monologe und Duette der Folgeabende. Vorläufig jedoch vermag Hamburg Bayreuth locker Paroli zu bieten.“ Diesem Kommentar der FAZ ist wohl nichts hinzuzufügen.„Nur wenige Produzenten haben heute noch den Mut zu Gesamtein-spielungen“, kommentierte Simone Young erfreut die Bereitschaft des Münchner Labels zur Teilnahme an dem ambitionierten Großprojekt. Das umfangreiche Beiheft enthält das voll-ständige Libretto auf Deutsch und Englisch, mit vierfarbigen Szenefotos gibt es auch einen optischen Eindruck der Inszenierung.

    Simone YoungFoto: Reto Klar

  • harmonia mundi magazin12

    somit in diesen Zeiten seltene soziale Einrichtungen.Als Maestro dei Concerti del Pio Ospe-dale della Pietà di Venezia hat Vivaldi sich in einem Werkmanuskript von 1709 bezeichnet, seine Mädchen begeisterten mit ihren Konzert-auftritten Reisende aus ganz Europa, boten also nicht nur den Bürgern, die sie mit ihren Steuergeldern ernähr -ten, willkommene Unterhaltungs-

    „Der Staat läßt sie auf seine Kosten aufziehen und einzig zu guten Musi-kantinnen ausbilden. Kein Wunder, daß sie wie Engel singen, geigen,

    flöten, Oboe, Orgel, Cello und Fagott spielen und selbst vor

    den größten Instrumenten nicht zurückschrecken“,

    schrieb der französische Humanist und Histori-ker Charles de Brosses über die instrumenta-len und gesanglichen Fähigkeiten der Mäd-chen, die in venezia ni-schen Waisenhäusern musikalische Erzie-hung und Unterricht erhielten. Die berühm-ten Institutionen boten elternlosen oder ver-nachlässigten Kindern Obdach und eine Chance für ihre Zukunft und waren

    Konzerte für die Waisenmädchen

    Antonio VIVALDI (1678-1741)

    Concerti da camera& Flötensonaten von

    Corelli, Barsanti, Geminiani und Veracini

    Il Giardino ArmonicoNEI 232471 (G02)

    „Gib jedem Instrument das, was es leiden kann, so hat der Spieler Lust, du hast Vergnügen dran.“ Mit die-sem kompositorischen Motto ver-riet Telemann ein Geheimnis seines Erfolges. Neben Fantasie war breite musikalische Bildung gefragt, und bei-des besaß der Komponist in hohem Maß – nahezu jedes Instrument, für das er komponierte, hat er wenigstens

    Guter Rat für leidgeprüfte Kollegenin den Grundlagen beherrscht. Und aus Angst, daß schlampige Noten -stecher seine mühevolle Komposi-tionsarbeit verderben könnten, hat er auch gleich noch das Gravieren der Notenplatten gelernt.Angesichts der Fülle von Telemanns Lebenswerk fragt man sich, woher er die Zeit genommen hat, auch noch die Vorkehrungen für den Noten -druck selbst zu treffen. Unermüd -licher Fleiß und Organisationstalent waren wohl unentbehrliche Voraus-

    setzungen, besonders wenn man sich die Arbeitskraft bis in die achtziger Jahre seines Lebens erhalten wollte, wie es bei Telemann der Fall war.Auch hier hat er guten Rat in Vers-form: „Lust und Fleiß kann Wege finden, ob sie noch so tief verschneit / und ein kühnes Unterwinden trot-zet der Unmöglichkeit. / Zeigen sich gleich große Berge? Frisch gewagt! du kommst hinan. / Sieh die Schwierig-keit für Zwerge, dich für einen Riesen an.“

    G. P. TELEMANN (1681-1767)Concerti für Flöte, Oboe und TrompeteStephen Schultz, Flöte – Gonzalo Ruiz, Oboe – Martin Patschnei-der, Trompete – Musica Angelica Barockorchester, Leitung: Martin HaselböckNCA 60194 (T01)

    programme, sondern stellten auch eine touristische Attraktion der Sere-nissima dar, folglich mußte regelmä-ßig für Nachschub an neuen Stücken gesorgt werden. Der prete rosso brachte dank seiner unerschöpflichen Fantasie stets andere Klangwunder mit den erstaunlichsten Instrumentenkombi-nationen hervor, durch die er das Publikum unterhielt und seinen Ruf um die Welt ausbreitete.

    Martin Haselböck

    Klassik verpflichtet.

    CDTipp

  • harmonia mundi magazin 13

    – von 1626 bis zu seinem Tod mehr-fach zwischen den Kapellmeisterstel-len an den Hauptkirche von Cremona und Bergamo. Merula gab den größten Teil seiner Werke zu einer Zeit in Druck, als die überragenden Komponisten der vorhergehenden Generation, Monte-verdi und Grandi, das Musikleben in Italien noch entscheidend präg-ten. So läßt sich an seinen Publika-tionen die Veränderung des Publi-kumsgeschmacks in den 1620er und 30er Jahren gut beobachten. Von im „stile recitativo“ vertonten hochex-pressiven Solomadrigalen oder dra-

    Gemeinsam mit Rossi, Cavalli und Carissimi gehört Tarquinio Merula zur Generation der zwischen 1595 und 1605 geborenen Komponisten, für die der konzertierende Stil nicht mehr ein neuartiges Idiom war, son-dern das musikalische Medium, das sie von Kindheit an als die herr-schende Musiksprache ihrer Zeit ken-nengelernt hatten. Geboren 1595 in Bussetto, hatte Merula seine musika-lische Ausbildung vermutlich an der Kathedrale von Cremona erhalten und wechselte – nach Anstellungen als Organist im lombardischen Lodi und am polnischen Königshof in Warschau

    Meister der zweiten Generation

    Tarquinio MERULA (1595-1665)Su la cetra amorosa (Arie e capricci a voce sola)Montserrat Figueras, Sopran – Jean-Pierre Canihac, Zink – Ton Koopman, Cembalo – Andrew Lawrence-King, Harfe – Rolf Lislevand, Vihuela, Theorbe & Barockgitarre – Lorenz Duftschmid, Violone – Jordi Savall, GambeAVSA 9862 (Q01)

    Als Nachfolger seines kinderlos ver-storbenen Bruders Kaiser Josephs I.war der ursprünglich zum spanischen König designierte Karl VI. 1711 auf den Thron des heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gekom-men. 1714, im dritten Jahr seines Kaisertums, hatte er sich mit dem Verlust der spanischen Krone noch nicht abgefunden, als am 1. Oktober sein 29. Geburtstag gefeiert wurde, war der Friedensvertrag noch kei-

    Geburtstagsgeschenk für den Kaiser

    nen Monat alt. Der Traum, die Habsburger Herrschaft über Spanien und Deutschland seit mehr als 150 Jahren wieder in einer Hand zu einen, war allerdings ausgeträumt.Dem Hofkomponisten Johann Joseph Fux oblag es nun, den mißgestimmten Kaiser an seinem Ehrentag mit einer Kammeroper zu unterhalten, die in Gegenwart einer kleinen, erlesenen Hofgesellschaft aufgeführt werden sollte. Musikbesessen wie die ganze

    Familie Habsburg, war auch Kaiser Karl dem italienischen Stil zugetan. Thema der Geburtstagsoper war die Geschichte der Daphne, die sich dem Liebeswerben Apolls entzieht, indem sie sich in einen Lorbeer-baum verwandelt. So wird sie für den Gott unerreichbar, doch wird sie als Tugendzeichen die Köpfe tugendhafter Helden und Herrscher zieren.

    Johann Joseph FUX (1660-1741)Dafne in lauro

    Mieke van der Sluis (Diana) – Lina Akerlund (Dafne) – Gérard Lesne (Apollo) – Silvia Piccollo (Amore) –

    Martin Klietmann (Mercurio) – Vokalensemble La Cappella – Barockorchester des Clemencic Consorts,

    Leitung: René ClemencicNEI 232470 (G02)

    matischen Szenen wendet sich der Blick jetzt zu einem ausgewogene-ren Verhältnis von Wort und Musik, formaler Konstruktion und musika-lischer Geschlossenheit. Dabei verlie-ren expressive und zuweilen drama-tische Wortausdeutungen keinesfalls an Bedeutung, sodaß Merulas sich Werke durch den Geist experimentel-ler Suche auszeichnen.

    Montserrat FiguerasFoto: Toni Catany

  • harmonia mundi magazin14

    Kurz vor seinem Tod schrieb Edvard Grieg: „Meine Musik wird mich wohl nicht lange überleben.“ Da hat sich der norwegische Nationalkomponist gründlich geirrt: Seine Bühnenmusik zu Ibsens Peer Gynt ist populär wie eh und je, und auch sein Klavierkonzert gehört noch immer zum Kanon der großen Werke der Gattung. Im Schat-ten stehen seine Werke für Soloklavier, seine Lyrischen Stücke, poetische Mini-aturen von großem poetischem Reiz, stehen zwar immer wieder auf dem

    Wenig SelbstvertrauenProgramm der Klavierabende, doch ist seine Klaviersonate, ein Werk des 23jährigen, eine wenig bekannte, dabei äußerst entdeckenswerte Kom-position.

    Edvard GRIEG (1843-1907)

    Klaviersonate e-moll op. 7, 13 Lyrische Stücke, Karnevalsszene op. 19/3

    Elena Filonova, KlavierCALL 9405 (T01)

    Auf eigenem PfadJahrhunderts präsentieren eine ganz eigenständige Musiksprache, abrupt, schmucklos, geheimnisvoll und beun-ruhigend, fern von allen ‘pianistischen

    Jean Cocteau erinnert sich in La dif-ficulté d’être an Erik Satie, den er lange Zeit jeden Morgen traf: „Von seinen schottischen Vorfahren hatte er eine profunde Exzentrizität geerbt… Egoistisch, grausam, obsessiv wollte er nichts hören, was nicht zu seinem Dogma paßte und er geriet in fürch-terliche Wut über alles, was es störte. Egoistisch, weil er nur an seine Musik dachte. Grausam, weil er seine Musik verteidigte. Obsessiv, weil er seine Musik ausfeilte. Und seine Musik war zart. Und er war auch zart, auf seine Weise… Er reinigte sich mit Bimsstein. Er verwendete nie Wasser.

    Exzentrisch, egoistisch, grausam und obsessiv

    Zu einer Zeit, als Musik verströmte wie eine Flut, erkannte er das Genie Debussys an, aber voll Furcht vor seinem Despotismus (sie standen auf

    freundschaftlich-streitsüchtigem Fuß miteinander bis zum Schluß).“

    Erik SATIE (1866-1925)Gnossiennes, Gymnopédies,

    Ogives, Le Fils des Étoiles u. a.Claire Chevallier, Klavier

    ZZT 080901 (T01)

    Wie fern ist die Klaviermusik von Leoš Janácek den Klängen Smetanas oder Dvoráks! Janáceks Klavierwerke aus dem ersten Jahrzehnt des 20.

    ˇˇ ˇ

    Gesten’, obwohl ihr Schöpfer ausge-bildeter Pianist und Organist war.Seine Sonate 1. X. 1905, ein musika-lischer Reflex auf eine Demonstration für die Gründung einer tschechischen Universität in Brünn, während derer ein Teilnehmer ums Leben kam, hat Janácek später in einem Anfall von Selbstkritik vernichtet. Erst 1926 wil-ligte er in die Veröffentlichung der ersten beiden Sätze ein, die durch die Niederschrift des Pianisten der Uraufführung 1906 erhalten geblie-ben waren. Der dritte Satz indes ist für immer verloren.

    ˇ

    Leoš JANÁCEK (1854-1928)Auf verwachsenem Pfad, Sonate 1. X. 1905, Im NebelHélène Couvert, KlavierZZT 080902 (T01)

    ˇ

  • harmonia mundi magazin 15

    Trotz eines pianistischen Talents auf einem Niveau mit Prokofieff und Rachmaninoff und trotz einer Bega-bung als Komponist, die Rachmaninoff zu den höchsten des 20. Jahrhunderts rechnete, blieb Nikolai Medtners Erfolg weit hinter dem seiner beiden Landsleute zurück. Der deutschstäm-mige Russe war nicht bereit, sich mit den musikalischen Größen seiner Zeit zu vertragen. Richard Strauss war für ihn ein „Scharlatan“, Strawinsky ein „Dickkopf“, Busoni „versteht nichts vom Komponieren“. So geriet er trotz Rachmaninoffs freundschaftlicher Hilfe in die Isolation, aus der ihn

    Ein unbeugsamer Traditionalisterst sein Durchbruch beim englischen Publikum 1928 befreite. Nach dem zweiten Krieg erlebte Medtner den zweiten Glücksfall seines Künstler-

    Nikolai MEDTNER (1880-1951)Contes & Poèmes (Klavierstücke und Lieder)Yana Ivanilova, Sopran – Vassily Savenko, Baß – Boris Berezovsky, Klavier

    MIR 059 (T01)

    1910 vertraute Gabriel Fauré seiner Lieblingspianistin Marguerite Long an: „In der Klaviermusik gibt es nichts Überflüssiges, man muß immer bar bezahlen und es soll immer interessant sein. Es ist wahrscheinlich das schwie-rigste Genre, wenn man darin wirk-lich gut sein will… und ich bemühe mich darum.“ Faurés Klaviermusik zeichnet sich durch eine Innerlichkeit aus, die trotz großer technischer und stilistischer Schwierigkeiten ohne jede Effekthascherei auskommt. Ihre Modulationen ohne Ende, die unglaub-

    Modulationen ohne Ende

    lich modernen Harmonien und das unbegrenzte Klangspektrum lassen „auf eine unergründliche Zärtlichkeit und tiefe Sensibilität schließen“, wie

    Alfred Cortot festgestellt hat. Jean-Claude Pennetier beginnt mit dieser CD seine vierteilige Gesamtaufnahme von Faurés Klavierwerk.

    Alfred Cortot festgestellt hat. Jean-

    Gabriel FAURÉ (1845-1924)

    Klavierwerke Vol. 1: Ballade op. 19, Mazurka op. 32,

    Vier Valses-Caprices, Neun Préludes op. 103

    Jean-Claude Pennetier, KlavierMIR 072 (T01)

    Das Spiel ist das Fundament aller Kreativität, und der bewußte, spiele-rische Umgang mit Material ist das Fundament der menschlichen Kultur.

    Ein musikalisches SpielDie Variation gehört zu den Urformen der Musik, handelt es sich doch auch hier um eine spielerische Behandlung eines Ausgangsmaterials.

    In der Geschichte der Klaviermusik hat jedes Zeitalter seine bevorzugten Ausdrucksformen: Von der barocken Toccata führt der Weg über die klas-sische Sonate und das reiche Inventar poetischer Formen der Klaviermusik in der Romantik (man denke allein an Chopins Mazurken, Polonaisen, Balladen…) bis hin zum prepared piano von John Cage. Unverändert jedoch blieb die Lust am Variieren – von Sweelinck, dem Großmeister der Renaissancemusik, über Bachs Goldberg-Variationen bis hin zu Luci ano Berio.

    piano

    VariationsVariationswerke von Jean-

    Phi lippe Rameau, Joseph Haydn, Johannes Brahms, Sergej

    Rach maninoff und Luciano BerioVanessa Wagner, Klavier

    AMB 134 (T01)

    tums in Form einer Aufnahmeserie seiner Musik auf Schallplatte, an der er bis zu seinem Tod 1951 noch selbst als Interpret teilnehmen konnte.

  • harmonia mundi magazin16

    Möchten Sie unser harmonia mundi magazin regelmäßig lesen? Wir schicken es Ihnen gerne kostenlos zu.Kurze Mitteilung an [email protected] oder die im Impressum genannte Adresse genügt!

    IMPRESSUMHerausgeber: harmonia mundi GmbHWernher-von-Braun-Straße 13 · D-69214 EppelheimRedaktion: Michael Blümke, Texte: Detmar HuchtingGraphik/Layout: globalmediaweb.de

    Christian WOLFF (*1934)Frühe Klavierstücke

    Steffen Schleiermacher, Klavier

    HAT CD 141 (T01)

    Bill T. JONESSolos (Wir tanzen oder wir sterben)Ein Film über den Tänzer und Choreographen Bill T. Jones von Don Kent & Christian Dumais-Lvowski

    BAC 039 (T01)

    Clemens GADENSTÄTTER (*1966)Songbook # 0-11, akkor(d/t)anz

    Florian Müller, Klavier – Gerald Preinfalk, Saxophon – Lukas Schiske, Percussion –

    Peter Böhm, Electronics

    COL 20256 (T01)

    Wolfgang RIHM (*1952)Trios 1969-1994 Ensemble Recherche

    KAI 0012962 (I01)

    Transatlantic SwingKlavierwerke von Christopher Fox, Ivo van Emmerick, Richard Rijnvos, James Rolfe und Luca FrancesconiJohn Snijders, Klavier

    HAT CD 149 (T01)

    Matthias WECKMANN (ca. 1616-1674)

    OrgelwerkeJoseph Kelemen, Arp-Schnitger-Orgel,

    St. Jacobi (Hamburg)

    OC 627 (Q01)

    … weitere interessante Neuheiten

    mit KAIROS-

    Katalog 2008/09

    Clemens Gadenstätter

    Joseph Kelemen

    Wolfgang Rihm

  • harmonia mundi magazin 17

    Transatlantic SwingKlavierwerke von Christopher Fox, Ivo van Emmerick, Richard Rijnvos, James Rolfe und Luca FrancesconiJohn Snijders, Klavier

    HAT CD 149 (T01)

    „Ihr Spiel sprengt Rahmen, deren Existenz erst hier schmerzlich bewußt werden“, schrieb die Basler Zeitung am 6. August dieses Jahres über die Geigerin Patricia Kopatchinskaja, und diese Eloge ist nur eine Stimme in einem mittlerweile großen Chor, der das Lob dieser jungen Künstlerin singt. Schon 1997 stand in der Wiener Kronen Zeitung über sie zu lesen: „Ich

    …überwältigend intelligent, grundmusikalisch…

    Gerd KÜHR (*1952)Movimenti für Violine und Orchester

    Gerald RESCH (*1975)Schlieren für Violine und Orchester

    Otto M. Zykan (1935-2006)Da drunten im Tale (Konzert für Violine und Orchester)Patricia Kopatchinskaja, Violine – Radio-Symphonieorchester Wien, Leitung: Stefan Asbury, Johannes Kalitzke, Bertrand de BillyCOL 20279 (T01)

    Die auf dieser CD vereinten Werke für Streichorchester entstanden in den Jahren zwischen 1933 und 1943, während derer die Welt sich grund-legend veränderte. Der als Sohn eines Zahnarztes geborene Benjamin Brit-ten hatte früh Neigung zu Musik und Talent für das Komponieren gezeigt: Sein erstes Werk stammt aus dem Jahr 1921. Nachdem er ab 1927 Privat stunden in Komposition bei Frank Bridge erhalten hatte, setzte er von 1930 bis 1933 seine Studien in Klavier und Komposition am Royal College of Music in London fort. 1937 traf er Peter Pears, mit dem ihn eine lebenslange Partnerschaft verbin-den sollte. Als überzeugte Pazifisten emigrierten beide nach Amerika, als in Europa ein Kriegsausbruch unaus-weichlich schien – 1943 kehrte das

    Pazifist in unfriedlichen ZeitenKünstlerpaar in die britische Heimat zurück.Die drei Werke dieser CD kennzeich-nen Brittens frühes Schaffen: Die Simple Symphony entstand ursprüng-lich für ein Schulorchester, mit dem Britten das Werk 1934 auch urauf-führte, die Variationen op. 10 erwei-

    sen Frank Bridge, dem musikalischem Mentor, die Ehre. Brittens letztes Werk für Streichorchester, Prelude and Fugue op. 29, entstand in Kriegszeiten in den USA – die hochvirtuose Komposition beeindruckt durch kon-sequente Mehrstimmigkeit des mit 18 Solostreichern besetzen Ensembles.

    Benjamin BRITTEN (1913-1976)

    Simple Symphony op. 4, Variationen über ein Thema von

    Frank Bridge op. 10, Prelude and Fugue op. 29

    Festival Strings Lucerne, Leitung: Achim Fiedler

    OC 723 (I01)

    Moldawiens, als Tochter eines Musi-kerehepaars geboren, studierte Patricia Kopatchinskaja Violine und Kom -position in Wien und Bern und wurde schon in jungen Jahren mit hoch-karätigen Wettbewerbspreisen über-häuft. Nicht zuletzt durch eigenes Komponieren fühlt sich Patricia Kopatchinskaja der zeitgenössischen Musik besonders verbunden. Ihr wur-den zahlreiche Kompositionen gewid-met, so zum Beispiel die hier einge-spielten Violinkonzerte, die sie natür-lich auch alle uraufgeführt hat.

    Patricia KopatchinskajaFoto: Marco Borggreve

    weiß lediglich einen einzigen Geiger, der in ähnlichem Ausmaß zugleich risikofreudig und diszipliniert, über-wältigend intelligent, grundmusika-lisch und unbedingt persönlich spielt. Sein Name ist Gidon Kremer.“ Eine schier unglaubliche Charakterisie -rung, war sie doch damals gerade ein-mal 20 Jahre alt!1977 in Chisinau, der Hauptstadt ¸ ˘

    Klassik verpflichtet.

    CDTipp

  • harmonia mundi magazin18

    J. S. BACH (1685-1750)Orchestersuiten Nr. 1-4 BWV 1066-1069Akademie für Alte Musik BerlinHMX 2901578- (E02)

    fältigen Suchmöglichkeiten zum Stö-bern: Entweder streift man durch den Gesamtkatalog und läßt sich inspirieren, durch Anklicken einzel-ner Cover Näheres über die jewei-lige CD zu erfahren, oder man ruft die Disko graphie einzelner Künstler und Ensembles auf. Ebenso möglich sind Such einstellungen nach Peri oden der Musikgeschichte, nach Genre der Musikstücke sowie nach Bese tzung

    harmonia mundi interaktivMit Bachs vier Orchestersuiten begleitet ein Höhepunkt der Disko-graphie der Akademie für Alte Musik Berlin den harmonia mundi Katalog 2008/2009, der neben der üblichen Erscheinungsform als ge -drucktes Exemplar erstmals auch auf CD enthalten ist.

    Der interaktive harmonia mundi-Katalog auf CD verlockt mit viel-

    (Stimme oder Instru -ment). Schließ lich er laubt der Katalog eine Vernet zung mit dem Internet, um Klang beispiele einzelner CDs zu hören. Und mit einer Online-Anmeldung erhält man regelmäßige Informationen zum aktuellen Stand der harmonia mundi-Veröffentlichun-gen. harmonia mundi wünscht eine gute Reise durch das Reich der Musik!

    J. S. BACH (1685-1750)

    mit HARMONIA MUND

    I-Katalog –

    erstmals auch interakti

    v auf CD!

    Akademie für Alte Musik BerlinFoto: Matthias Heyde

    HMC

    9019

    80

    HMC 901982

    „Das Ergebnis kann

    wahrhaft bezaubern.“

    SÜDWESTRUNDFUNK

    „Eine der gelungensten Mozart-

    Interpretationen seit langem“

    FONO FORUM

    „Das Ergebnis kann

    „Eine Mozartsternstunde der

    historischen Aufführungspra

    xis“

    RONDO

    „Einer der besten Pianisten

    unserer Zeit“

    KLASSIK.COM

    „Das ist große Pianisten-

    kunst im Kleinen.“

    DIE WELT

    „Einer der besten Pianisten

    „Tharaud ist ein wunderbare

    r Pianist!“

    PIANO NEWS

  • harmonia mundi magazin 19

    RÜCKBLICK 2008

    HMC 901990

    HMC 901991

    HMC

    9019

    93

    HMU 807446„Tharaud ist e

    in wunderbarer Pianist!“

    PIANO NEWS

    „Dem Jerusalem Quartett ist ei

    n großer

    Wurf gelungen.“

    NORDDEUTSCHER RUN

    DFUNK

    „Einfach meisterhaft“

    DIE WELT

    „Dem Jerusalem Quartett ist ei

    n großer

    „Schon heute kann dieses

    Quartett süchtig machen.“

    DER SPIEGEL

    „Eine interpretatorische

    Reifeleistung“

    RONDO

    „Topliga in Sachen Liedinte

    rpretation“

    NORDDEUTSCHER RUN

    DFUNK

    „Wirklich unübertroffen“

    DIE WELT

    „Topliga in Sachen Liedinte

    rpretation“

    NORDDEUTSCHER RUN

    DFUNK

    „Einer der erfreulichsten Neu

    zugänge

    zur Schubert-Szene seit Jahre

    n“

    RADIO BERLIN BRANDE

    NBURG

    „Eine faszinierende

    CD mit

    interessanter Bonus-D

    VD“

    ARTEinteressant

    er Bonus-DVD“

    „Diesmal übertrifft

    er sich selbst.“

    SÄCHSISCHE ZEI

    TUNG

    „So variantenreich und spanne

    nd

    sind diese Stücke selten zu hö

    ren.“

    HESSISCHER RUNDFUNK

    „So variantenreich und spanne

    nd

    „Was für eine Aufnahme!“

    KLASSIK.COM

    „Eine Jahrhundert-Aufnahm

    e!“

    MITTELDEUTSCHER RU

    NDFUNK

  • harmonia mundi magazin20

    Franz SCHUBERT (1797-1828)Streichquintett C-Dur D 956, Klavierquintett A-Dur D 667

    Robert SCHUMANN (1810-1856)Klavierquintett Es-Dur op. 44

    Louis SPOHR (1784-1859)Konzert für Streichquartett und Orchester a-moll op. 131Gewandhaus-Quartett – Peter Bruns, Violoncello – Bernd Glemser, Klavier – Gewandhausorchester, Leitung: Herbert BlomstedtNCA 60193 (L02)

    Die Reihe der Vorgänger kann die heutigen Mitglieder des Gewandhaus-Quartetts nur mit Stolz erfüllen: Ferdinand David (1810-1873), Kon-zertmeister unter dem Gewandhaus-kapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy, und Joseph Joachim (1831-1907), der mit Brahms befreundet war und dessen Violinkonzert urauf-ge führt hat. Drei Jahre nach Grün-dung des Quartetts spielte die erste Beset zung des Gewandhaus-Quartetts 1811 die Uraufführung von Beetho-vens Harfenquartett op. 74. Die heutigen Mitglieder des Quartetts, die Geiger Frank-Michael Erben und

    200 Jahre Gewandhaus-QuartettConrad Suske, der Bratschist Olaf Hallmann und Jürnjakob Timm am Cello, empfinden die illustre Geschichte ihres Ensembles nicht als Belastung, eher erfüllt es sie mit Stolz, die Tradition weiterführen zu dürfen. „Maßgeblich ist“, erklärt Primarius Frank-Michael Erben, „was man mit der Tradition anstellt. Man kann darin verkrusten oder versuchen, das Beste zu erhalten und zu kultivieren und Neues hinzuzufügen. Jede Formation muß ihren eigenen Weg finden. Nicht alles anders machen, um sich zu unterscheiden, sondern sich in einer Tradition wohlfühlen und die dann mit einer eigenen persönlichen Note versehen.“Die klanglichen Vorstellungen des Quartetts sind ein wichtiger Aspekt dieser Tradition: Die meisten Mit-glieder haben seit der Gründung des Leipziger Konservatoriums 1843 durch Felix Mendelssohn Bartholdy ihre Ausbildung an diesem Institut genossen und später selbst dort unter -richtet. So ist eine Leipziger Streicher-schule entstanden, die den Klang des Gewandhaus-Quartetts durch die Zei-ten geprägt hat.„Zur Freude aller gebildeten Freunde der Tonkunst“ hat sich das Gewand-haus-Quartett im Herbst 1808 gebil -det, wie im Jahr darauf in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung zu lesen stand, und dieser Aspekt gilt ungebrochen bis auf den heutigen Tag. Es geht nicht darum, „die Leute zu belehren, sondern Erlebnisse zu ermöglichen.“

    mit dem Gewandhaus Quartett bereits erschienen:

    „Ein feines Gespür für den b

    esonderen Tonfall

    Mendelssohns und Schuman

    ns … Ein war-

    mer, aber bemerkenswert sch

    lanker Zugriff“

    NORDDEUTSCHER RUN

    DFUNK

    Felix MENDELSSOHN BARTHOLDYStreichquartett Es-Dur op. 44/3Robert SCHUMANNStreichquartett A-Dur op. 41/3NCA 60176 (T01)

    Es spielte mit Brahms und Clara Schumann, mit Grieg und Mendelssohn, es durfte eine Komposition von Beethoven uraufführen – seine größte Leistung liegt indessen in seiner ungebrochenen Lebensenergie: Das Gewandhaus-Quartett ist das älteste Quartett der Welt, 200 Jahre ununter-brochener Ensemblegeschichte kann es in diesem Jahr feiern, fast 200 Musiker wirkten im Laufe seiner Geschichte an seinem Erfolg mit. Und für die Zukunft ist gesorgt, das Gewandhaus-Quartett ist alles andere als ein Methusalem!

    Klassik verpflichtet.

    CDTipp