hartmut eggl - aspekte der wirkung von musik auf verschiedenen ebenen

39
1 Hartmut Eggl Matr. Nr. 04BU204 Aspekte der Wirkung von Musik auf verschiedenen Ebenen Bachelor-Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts des Studiums IGP-Gitarre an der Anton Bruckner Privatuniversität Betreut durch: Mag. Joanne Leekam Prof. Marianne Waidhofer Linz, am 9. 1. 2009

Upload: hartmuteggl

Post on 26-Dec-2015

106 views

Category:

Documents


2 download

DESCRIPTION

Dieses Dokument ist eine Musikwissenschaftliche Arbeit über die Wirkung von Musik. Folgende Themenbereiche werden behandelt:1. Das Phänomen Klang 2. Wirkung von Klang3. Wirkung von Klang auf physiologischer (organischer) Ebene4. Auswirkungen von Klang auf psychischer und seelischer Ebene5. Wirkung von Klang auf intellektueller Ebene und auf sozialer Ebene 6. Wirkung von Klang auf geistiger Ebene

TRANSCRIPT

Page 1: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

1

Hartmut Eggl

Matr. Nr. 04BU204

Aspekte der Wirkung von Musik auf

verschiedenen Ebenen

Bachelor-Arbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Bachelor of Arts des Studiums IGP-Gitarre

an der

Anton Bruckner Privatuniversität

Betreut durch: Mag. Joanne Leekam

Prof. Marianne Waidhofer

Linz, am 9. 1. 2009

Page 2: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

2

Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich diese Bachelor-Arbeit selbst verfasst

und keine anderen als die angegeben Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.

Die Stellen meiner Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen

Werken entnommen sind, habe ich in jedem Fall unter Angabe der Quelle

als Entlehnung kenntlich gemacht. Dasselbe gilt sinngemäß für Tabellen,

Karten und Abbildungen. Diese Arbeit hat in dieser oder ähnlicher Form

noch nicht im Rahmen einer anderen Prüfung vorgelegen.

……………………………. …………....

Ort Datum Unterschrift

Page 3: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

3

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ………………………………………………………………………..... 4

Einleitung ……………………………………………………………………….. 5

1. Das Phänomen Klang …………………………………………………. 6

1.1. Klang und Musik ………………………………………………….. 6

1.2. Obertöne und Untertöne…………………………………………..... 7

1.3. Formanten ……………………………………………………......... 11

1.4. Rhythmik (Bezug zum Klang-als-Schwingung)…………………… 11

1.5. Intervalle, Tonarten, Harmonien………………………………........ 12

2. Wirkung von Klang………………………………................................ 15

2.1. Chladni-Figuren …………………………………………………... 16

2.2. Hans Jennys Kymatik …………………………………………...... 17

2.3. Masaru Emotos Wasserkristallexperimente ……………………… 18

2.4. Physikalisch-physiologisch gerichtete Klangtherapie ……………. 19

3. Wirkung von Klang auf physiologischer (organischer) Ebene. …… 20

3.1. Wirkung auf Pflanzen und Tiere…………………………….……... 22

3.2. Physiologisch gerichtete Musiktherapie …………………………… 23

4. Auswirkungen von Klang auf

psychischer und seelischer Ebene………………………………........... 24

4.1. Hintergrundmusik ……………………………….............................. 25

4.2. Psychologisch gerichtete Musiktherapie………………………….... 27

5. Wirkung von Klang auf intellektueller Ebene und auf sozialer Ebene 30

5.1. Der Einfluss der Musikerziehung auf die Intelligenz der Kinder

(Ergebnisse der Hirnforschung) ……………………………………........ 30

5.2. Pädagogik und Klang ……………………………………................ 31

6. Wirkung von Klang auf geistiger Ebene ……………………………… 33

6.1. Mystik und Klang ………………………………............................... 34

6.2. Feinstofflich gerichtete Musiktherapie……………………………... 34

Quellennachweis ……………………………………………………………. 36

Anhang

1. Resonanzfrequenzen der Vokale …………………………………….. 37

2. Ansermet, Einteilung der Intervalle nach psychischem Gesichtspunkt 38

3. Tabelle der Entsprechungen Mantra-Chakra…………………………. 39

Page 4: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

4

Vorwort

„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“ - Friedrich Nietzsche1

Meine persönlichen Erfahrungen mit Musik waren die Grundmotivation für das

Verfassen dieser Arbeit. Im Verlauf meiner musikalischen Tätigkeit konnte ich oft

beobachten, wie sich Musik positiv auf die Entwicklung eines Menschen auswirkt.

Allerdings wird man als hörender Mensch auch damit konfrontiert, dass die

physikalischen Komponenten der Musik - Schall und Klang - sich auch destruktiv

auswirken können. Dies ist am offensichtlichsten, wenn man zum Beispiel an

Hörschädigungen durch Lärm im Arbeitsbereich denkt.

Das Ziel dieser Arbeit ist zu veranschaulichen, auf welchen Ebenen die Klangwirkung

nachgewiesen werden kann.

Die vorliegende Arbeit befasst sich also generell mit den verschiedenen Arten von

Klangwirkungen und ist in 6 Abschnitte gegliedert.

Im einleitenden Teil werden sowohl weltanschauliche als auch physikalische Aspekte

erörtert. Der zweite Abschnitt stellt physikalische Experimente dar, die durch

entsprechende Bilder ergänzt werden.

Während im 3. und 4. Abschnitt Beobachtungen auf physiologischer und psychischer

Ebene im Mittelpunkt stehen, werden in den zwei letzten die soziale und intellektuelle

Dimension (5. Kapitel) bzw. die geistige Dimension (6. Kapitel) thematisiert.

Obwohl die verschiedenen Ebenen sich oft gegenseitig durchdringen wurde aus

methodischen Gründen eine Trennung der Ebenen vorgenommen.

Ich möchte mich hier bei Fr. Mag. Joanne Leekam für die Betreuung meiner Arbeit

und die interessanten Gespräche bedanken. Ebenfalls gilt dieser Dank Fr. Prof.

Marianne Waidhofer.

Bei Fr. Prof. Marianne Waidhofer möchte ich mich ebenso für den

Hauptfachunterricht bedanken.

Meiner Familie gilt mein Dank dafür, dass ich die Möglichkeit bekommen habe zu

studieren.

Einleitung

1 http://www.epos.uni-osnabrueck.de/pageview/pageview.php?file=../Humor/muzitat.htm&page=14#N 1.11.2009

Page 5: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

5

„Es ist faszinierend wie Musik auf den Menschen wirkt“:

Diese Aussage hörte ich im fast gleichen Wortlaut im Verlaufe meines Lebens

mehrmals und spornte mich an besonders bewusst zu musizieren.

Musik ist undenkbar ohne Kommunikation und soziale Interaktion.

Das Material das durch die Musik transportiert wird sind Töne.

Rein physikalisch besteht jeder Klang aus Schwingungen und Überlagerungen von

Frequenzen. Im Zusammenhang mit Musik aber verkörpert jeder Klang eine

Bewegung, eine Energie.

Jeder Mensch unterscheidet Klänge in seiner Wahrnehmung, nicht nur mit dem

Gehör, sondern auch gefühlsmässig und körperlich.

Es stellt sich die Frage, ob diese Unterschiede optisch, also sichtbar gemacht werden

können.

Bei den Recherchen stieß ich auf allerlei physikalische Definitionen und Experimente,

wobei das Werk Kymatik von Hans Jenny die eindrucksvollsten Impressionen

lieferte. Ähnliche Darstellungen kann man von Alexander Lauterwasser auf seiner

Homepage www.wasserklangbilder.de betrachten.

Ebenso stiess ich auf philosophische Texte und Werke, welche neue Dimensionen zu

dem persönlich Erfahrenen lieferten.

Die von Manfred Spitzer beschriebenen Experimente mit Magnetenzephalogie (MEG)

könnten als physiologisch nachweisbare organische Wirkung von Klang angesehen

werden und ebenso liefern wirksame musiktherapeutische Methoden den Nachweis

für die psychische Wirkung von Klang. Die von Hans Günther Bastian durchgeführte

Studie an Berliner Grundschulen zeigt sogar eine Steigerung der intellektuellen

Fähigkeiten auf.

Die Beschäftigung mit Klang kann Heilprozesse in Gang setzen oder sie zumindest

begünstigen.

Page 6: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

6

1. Das Phänomen Klang

Wir wissen, dass Schallwellen Nervenhärchen im Gehörgang zum Schwingen

bringen. Dabei entsteht ein elektrisches Signal, welches im Gehirn übersetzt wird.

Was danach genau passiert, wirft viele Fragen auf. Fest steht, dass der Klang, das

Arbeitsmaterial der Musik, das unstofflichste von allen Kunstmaterialien ist.

Es gibt Klänge, welche nicht hörbar sind und trotzdem eine Wirkung haben.

Unter 16 Hz hören wir den Ton nicht mit den Ohren, sondern wir nehmen nur mehr

Vibrationen wahr (Infraschall).

Ein Ton über 21 Khz liegt über dem Hörbereich und wird als Ultraschall bezeichnet.

Man kann Klängen auch nicht nur physisch begegnen, man kann auch Töne in seiner

Vorstellung abrufen.

Jede Art der akustischen Vorstellung - auch die Sprache oder sogar Geräusche -

lassen sich innerlich hervorrufen.

„Die Musik ist die einzige unter allen Künsten, die von Natur gegenstandslos ist. Am

nächsten verwandt ist ihr darin noch die Dichtkunst.

Die Musik hat mit der Dichtkunst gemeinsam, dass das Arbeitsmaterial kein

materieller Stoff ist.

Das Material, mit dem in der Dichtkunst gearbeitet wird, ist das Wort, welches

Gedanken, Bilder und Stimmungen veranschaulicht oder die Begriffe dienen als

Stellvertreter des Gegenständlichen und des Stofflichen. Der „Grundstoff“ der Musik

ist der Ton.

1.1. Klang und Musik

Walter Abendroth beschreibt in seinem Buch „Kurze Geschichte der Musik“2 die

Musik als „nicht greifbar“ und „unbegrenzt“. Diese Unbegrenztheit äußert sich dem

Betrachter als erstes in der unendlichen Menge der möglichen Töne. „Der Urgrund

der Musik ist also ein tönendes All“.

Für das menschliche Fassungsvermögen erscheinen diese unbegrenzten

Möglichkeiten wie ein Chaos und es ist der schöpferische Mensch, der mit wählender

Hand eine bestimmte Anzahl der Möglichkeiten herausnimmt und sie in begrenzte

Ordnungen setzt. So entstanden nach Abendroths Auffassung die verschiedenen

Formen und Stufen der Musikkultur.

Durch einen Prozess des Ordnens und Auswählens ist die Musik Kunst geworden.

Die Deutungsmöglichkeiten der Musik sind ebenso grenzenlos wie die Möglichkeiten

der Formen der Musik.

Nicht nur von Epoche veränderte die Musikrezeption sich zu Epoche, sondern die

Meinungen über Musik widersprechen sich sogar auf das heftigste noch heute.

Die Gesichtspunkte, wonach Menschen Musik definiert haben, bewegen sich in einem

Radius von mathematischen Betrachtungen bis hin zum Magischen. Abendroth listet

auf:

Musik ist eine autonome Kunst, die einzig aus eigener Gesetzmäßigkeit lebt.

Musik ist eine Kunst, die nur von Gnaden der Dichtkunst lebt.

Musik ist eine „tönend bewegte Form“, die nichts aussermusikalisches

auszudrücken vermag. Musik ist Ausdruckskunst durch und durch.

Musik ist klingende Architektur. Musik ist uferloses Spiel der Phantasie.

2 Walter Abendroth, „Kurze Geschichte der Musik“ S.7 bis S. 9, 1980

Page 7: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

7

Musik ist reine Konstruktion. Musik ist reine Inspiration.

Musik ist Spiegelung strengster Disziplin. Musik ist die Spiegelung

schweifender Gemütsstimmungen.

Musik ist eine internationale Sprache, die von allen Völkern verstanden wird.

Musik ist ein national gefärbtes Idiom, dessen volles Verständnis an dieselben

Grenzen gebunden ist wie die Wortsprachen auch.

Ihr innerstes Wesen soll sich nach den einen dionysisch aussprechen, nach

dem anderen apollinisch.

Die Eigenschaft der Musik ist Geistigkeit. Sie kann aber auch Sinnlichkeit

sein.

Der Charakter der Musik ist maskulin (energiefördernd). Der Charakter der

Musik ist feminin (verweichlichend).

Musik spannt den Geist an, Musik vernebelt den Geist.

Sie soll gottgefällig sein und sie soll ein „teuflisch Geplärr“ sein.

Sie soll dem Egoismus dienen, und sie soll gemeinschaftsbildend wirken.

Abendroth betont in seinem Text, dass solche entgegen gesetzten Anschauungen wie

die vorhin angeführten nicht nur durch verschieden gearteter Musik ausgelöst werden.

Sie können sogar auf dieselben Kategorien von Musik angewendet werden und mehr

noch auf ein und dasselbe Werk.

„Musik spricht die Sinne sowie auch den Geist an und deshalb lässt sich leicht

erklären wie sie verschieden verstanden werden kann. Es ist die Frage, ob mehr der

Geist - oder mehr die Sinne - die Eindrücke der Musik aufnehmen.

Musik wird aber nicht nur auf verschiedene Arten empfangen, sondern sie kann auch

auf verschiedenen Stufen verstanden werden.

Eine Person kann lediglich eine Gemütsregung verspüren, ein anderer hat sich mit der

Struktur eines musikalischen Werkes befasst, und er versteht die Satzeinteilung und

den künstlerischen Sinn. Der Nächste verfolgt den kompositorischen Aufbau und den

thematischen Ablauf. Ein Anderer ist von der geistigen Ordnung in einem Stück

fasziniert.

Jedes Teilverständnis ist richtig und gültig, aber vollkommen kann man erst

verstehen, wenn sich die Teilverständnisse zusammenfinden und die Widersprüche

sich gegenseitig aufheben.

Das gleiche Prinzip gilt, wenn man die Musikgeschichte betrachtet. Ob das nun der

gesamte Verlauf der Entwicklungen und Strömungen oder die Auseinandersetzung

mit einzelnen herausragenden Komponisten ist.“3

1.2. Obertöne und Untertöne

OBERTÖNE

Jedes Musikinstrument hat einen besonderen Eigenklang, je nachdem wie es

physikalisch beschaffen ist. Dies hängt zusammen mit den sogenannten Obertönen.

„Obertöne sind die in einem erklingenden Einzelton mitschwingenden höheren Töne,

deren Schwingungszahlen ganze Vielfache der Schwingungszahl des Grundtones sind.

In jedem Ton den wir anschlagen oder blasen oder streichen, schwingt eine ganze

3 Ebenda S. 7 ff.

Page 8: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

8

Leiter mit - eben die Obertonleiter -, die zunächst in weiten, dann in immer enger

werdenden Abständen alle ganzen und halben Tonstufen enthält. Beim

Saiteninstrument verhalten sich die Schwingungszahlen und Saitenlängen umgekehrt

proportional.“ 4

Wenn eine Saite zum tönen gebracht wird, schwingt sie nicht bloß als ein Ganzes,

sondern auch ihre Hälften, ihre Drittel, ihre Viertel usw. schwingen in

abgeschwächten Masse mit, so dass die Saite nicht bloß einen einzelnen Ton, sondern

eine Summe von Tönen hergibt, die wir einheitlich als einen Klang wahrnehmen.

Zusammen mit dem Grundton, ertönt eben eine Reihe von Obertönen. Der 1. Oberton

kommt von den mitschwingenden Hälften der ganzen Saite, die doppelt so schnell wie

die ganze Saite vibrieren. Der 2. Oberton kommt von den mitschwingenden Dritteln

der ganzen Saite, die dreimal so schnell wie die ganze Saite vibrieren usw.

Die Entsprechung zwischen der schwingenden Saitenlänge und dem musikalischen

Intervall ergibt folgende Reihung:

1:2 = Oktave

2:3 = Quinte

3:4 = Quarte

4:5 = grosse Terz

5:6 = kl Terz

Die bisherigen Betrachtungen lassen sich zu folgendem Ergebnis verdichten:

Der einzelne Ton ist bloss ein Untersuchungsprojekt der Akustik. Erst der Klang

schlägt die Brücke zum Reiche der Musik hinüber. In ihm ist die Summe, eine Folge

von Tönen anwesend, die durch Zwischenräume getrennt sind, also Intervalle

aufweisen.

Die Naturtonreihe erklingt beispielsweise an den Blasinstrumenten durch

“Überblasen” derselben, indem man den sie erregenden Luftstrom stoßweise steigert,

aber auch an den Saiteninstrumenten, wo es jedoch des Analytikers des Menschen,

des Ohres bedarf, um sie herauszuhören.

„Die Reihe der möglichen Obertöne wird durch die Reihe der natürlichen Zahlen

1,2,3,4,5,6,7,8,….. gekennzeichnet und ist theoretisch unbegrenzt. Praktisch hat man

die Obertöne bis etwa zum 40. hin nachweisen können. Damit ist nicht gesagt, dass an

einer erregten Saite alle diese Obertöne lückenlos auftreten. Welche Auswahl aus

ihnen erklingt, verleiht dem Grundton seine besondere “Klangfarbe”. Dabei spielt

auch die Stärke, in welcher die einzelnen Obertöne sich geltend machen, mit.“

Neben diesen so genannten harmonischen Obertönen existieren an manchen

Klangerregern sogenannte unharmonische Obertöne, deren Schwingungszahlen nicht

die ganzzahligen Vielfachen der Schwingungszahl des Grundtones sind, z.b. Glocken,

tönende Platten usw.

„Eine stärkere Hervorhebung von Obertönen, als sie sonst die angestrichene Saite

hergibt, wird von den Streichern bei der Erzeugung der sogenannten Flageolettöne

praktiziert.“5

4 Joachim-Ernst Berendt, „Das dritte Ohr - vom Hören der Welt“ S.363,1985 5 Ernst Bindel, „Die Zahlengrundlagen der Musik im Wandel der Zeiten“, S.21, ff., 1985

Page 9: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

9

„In der Musik kann man das Zusammenspiel von den Obertönen in der Vielfalt der

Klangfarben beobachten. Wenn man die Möglichkeiten dieses Zusammenspiels mit

dem bruchlosen Hinab- und Hinaufgleiten einer analogen Darstellung von Farben

und Farbübergängen vergleicht, fällt auf, dass wegen dieses Zusammenspiels der

Obertöne kein Ton nur alleine klingt. Eine Farbe kann man in seiner Erscheinung

isoliert betrachten, einen Ton nicht.

Es wirken sich viele Faktoren auf die Klangfarbe aus.

Mit jedem Ton erklingen Obertöne, und es sind die Interferenzen zwischen der

Grundschwingung und den Obertönen, welche die Klangfarbe prägen.“6

Joachim Ernst Berendt vollzieht mit dem Monochord (einem kastenförmigen

Resonanzkörper, der tonverstärkend wirkt und über den eine Saite von z.B. 120 cm

Länge gespannt ist7) die Versuche von Pythagoras nach und schreibt Folgendes

darüber in Bezug auf Obertöne:

Der Monochord ist auf C gestimmt. Wenn die Saite in der Mitte angeschlagen wird,

erklingt der Ton C eine Oktave höher. Wenn die Saite gedrittelt wird, erklingt die

Quint, also ein G.

Die geviertelte Saite lässt die Quarte erklingen. Wenn die Saite gefünftelt wird,

erklingt die grosse Terz, gesechstelt die kleine Terz und so lässt sich die Reihe

fortsetzen.8

1:2 = Oktave

2:3 = Quinte

3:4 = Quarte

4:5 = grosse Terz

5:6 = kl Terz

Die Halbierung eines Monochords klingt als Oktave.

Die Drittelung als eine Quinte.

Die Viertelung als eine Quarte eine Oktave höher.

Die Fünftelung als eine grosse Terz eine Oktave höher.

Die Sechstelung als eine kleine Terz eine Oktave höher.

Eine Siebtelung klingt als eine verkleinerte kleine Terz eine Oktave höher, diese

wurde aber praktisch kaum mehr verwendet.

Die Achtelung klingt 2 Oktaven höher.

6 Joachim-Ernst Berendt, „Das dritte Ohr - vom Hören der Welt“, S.363, 1985 7 vgl. Peter Michael Hamel, „Durch Musik zum Selbst“, S.112, 1976 8 Joachim-Ernst Berendt, „Das dritte Ohr - vom Hören der Welt“, S.363, 1985

Page 10: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

10

Abb. 1.2. Intervallverhältnisse

9

UNTERTÖNE

Es gibt jedoch nicht nur Obertöne, sondern auch Untertöne. Ernst Bindel schreibt

darüber Folgendes (den Grundton der Saite bezeichnet er als „Arche“):

„Beim Verhältnis der Frequenzen zu den Längen einer geteilten Saite der in die Höhe

aufstrahlenden Naturtonreihe verkehrt sich ein in ihr abwärts gerichtetes Spiegelbild.

Gleich, wie ein aufstrebender Turm am Ufer eines Sees sich im Wasser nach unten

spiegelt. Aus der Obertonreihe wird so eine in ebensolchen Tonschritten abwärts

laufende Untertonreihe, deren in der Höhe liegender Anfangston die Arche ist.

Schwingen 2/32 der Saite, so erfolgt die Schwingung wegen doppelter Länge nur halb

so schnell wie bei der Arche, und es muss die Unteroktave erklingen.

Geraten 3/32 der Saite in Schwingen, so wird ein Ton erzeugt, dessen Frequenz nur

1/3 der Frequenz der Arche beträgt, so dass die Arche sein 3. Teilton ist. Wir haben es

dann also mit der Unterquint der Unteroktave, von der Arche aus gemessen, zu tun.“10

9 György Doczi, „Die Kraft der Grenzen“, S.23, 1984 10 vgl. Ernst Bindel, „Die Zahlengrundlagen der Musik im Wandel der Zeiten“, S.49, 1985

Page 11: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

11

1.3. Formanten

Formanten sind die harmonische Übereinanderlagerung der Teiltöne des

Obertonspektrums. Sie wirken sich auch auf die spezifische Klangfarbe eines

Musikinstrumentes aus.

Ebenso bestimmen die Formanten auch den Klangcharakter der menschlichen

Stimme.

Wir können die Stimmen von zwei verschiedenen Personen oder von zwei

Musikinstrumenten unterscheiden.

Bekannt ist, wo im menschlichen Körper die verschiedenen Vokale in Resonanz

treten: 11

Kopfraum I

Hals und obere Brust E

(aber auch Flanken)

Brustraum A

(und auch der Rest vom Körper)

Bauch O

(bis zum Nabel)

Becken und Unterleib U

(Frequenzzuordnung und Tonhöhenentsprechung der einzelnen Bereiche sind im

Anhang 1 nachzuschlagen) 1.4. Rhythmik

Gerhard Reiter - Rhythmik Fachmann an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz -

definiert Rhythmus wie folgt:

„Rhythmus ist eine klangliche, zeitliche oder artikulationsmäßige Veränderung des

Metrums.“

„Die Essenz des Rhythmus ist Energie“, so Reiter.

Eine zyklische Betrachtung der Zahl z.B. der Zahl 4 lässt im Verlauf der Zeit eine

Taktart entstehen.

Reiter führt aus, dass eine Krankheit zu einer gestörten Rhythmuswahrnehmung

führen kann und man dadurch eine Krankheit feststellen und diese über Rhythmus

therapieren kann.

Rhythmus weist auf eine psychische Qualität hin. Er ist direkt mit dem körperlichen

Empfinden verbunden. Rhythmus geht - ins Blut - oder - in die Beine - und regt uns

zur Bewegung an. Unser Körper ist rhythmisch organisiert: Im Schlaf-Wach-

Rhythmus, im Herzschlag, dem Atemrhythmus, in bestimmten Hormonzyklen und in

vielen anderen solchen Abläufen. Unser Sinn für Ordnung wird hier unmittelbar

angesprochen. 11 Peter Michael Hamel, „Durch Musik zum Selbst“, S.140, 1976

Page 12: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

12

„Rhythmus ordnet in der Musik die Zeit in sinnlich fassbare Teile. Andererseits

ergibt gerade das stetige Wiederholen eines Rhythmus eine Art Kontinuum, das heißt

ein Gefühl von immer weiter werdender Räumlichkeit, in der auch die Zeit ihre

Grenzen verliert, was letztlich zu Ekstase und Trance führt. Die schamanischen

Rituale verwenden den gleichmäßigen Trommelschlag als Gefährt für die Reise in

erweiterte Bewusstseinszustände. Oft wird in der Ebene des Rhythmus die

symbolische Darstellung von Gegenpolen gesehen: Nähe und Distanz, Chaos und

Zwang, Freiheit im Gesetz der Ordnung. Begriffe wie Taktgefühl und Taktlosigkeit

beschreiben Umgangsformen mit anderen Menschen und weisen auf den engen

Zusammenhang zu Interaktionen und Beziehungen hin. Rhythmus wird daher oft zur

Strukturierung von Beziehungssituationen eingesetzt.“12

„Die Schamanen aller Völker dieser Welt kannten und kennen die

Schamanentrommel, zu deren monotonem Rhythmus sie auf Trancereisen in

spirituelle Welten gehen. Heute wissen wir, warum das auch neurologisch betrachtet

sinnvoll ist. Der Trommelrhythmus von 3 bis 7 Hertz regt das Gehirn an, so genannte

Thetawellen zu produzieren, Gehirnströme, die charakteristisch für Trancezustände

sind. In diesem Zustand reisten und reisen die Schamanen aller Zeiten und aller

Erdteile in spirituelle Welten.“13

1.5. Intervalle, Tonarten, Harmonien

Der Architekt György Doczi stellt in seiner Veröffentlichung „Die Kraft der Grenzen

- Harmonische Proportionen in Natur, Kunst und Architektur“ einen Bezug von

Intervallen und Proportionen zur Geometrie her.

„Das 1:1 Verhältnis, welches Gleichheit bedeutet, wird Einklang oder unisono

genannt. Das 1:2 - Verhältnis, das den gleichen Ton nur auf einer höheren Ebene

produziert, wird Oktave genannt, weil es alle acht Tonstufen des Tonsystems (die acht

weißen Tasten der Tastatur) umfasst. Die Griechen nannten dieses Verhältnis

diapason: dia = durch, pason, abgeleitet von pas oder pan = alles. Der angenehme

Klang des 2:3 Verhältnisses wurde diapente, von pente = 5 genannt; bei uns heißt es

Quinte, weil es fünf Sekundintervalle umfasst. Die Konsonanz des 3:4 - Verhältnisses

hieß diatessaron von tessares = 4; bei uns ist es die Quarte.

Das 2:3 = 0,666 - Verhältnis der Quinte kommt nun sehr nah an den Quotienten des

Goldenen Schnitts von 0,618... heran. Die Quarte ist identisch mit dem 3:4 -

Verhältnis des pythagoreischen Dreiecks. Die Oktave hat das 1:2 = 0,5 Verhältnis

eines aus zwei gleichen Quadraten zusammengesetzten Rechtecks mit einer

Diagonalen von der Länge 5 , welche die Seitenlänge zweier reziproker goldener

Rechtecke ist.

Die Verhältnisse 1:2, 2:3 und 3:4 finden sich aber auch bei den ersten und stärkeren

Obertönen wieder, die mit jedem musikalischen Ton mitschwingen, so als ob zur

gleichen Zeit zusätzliche, unsichtbare Saiten gezupft würden, die den Grundton

begleiten und ergänzen.“

12 Werner Kraus, „Die Heilkraft der Musik“, S.72, 1998 13 Felix R. Paturi, „Die großen Rätsel der Vorzeit", S.108, 2009

Page 13: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

13

Abb. 1.5. Quinte, Oktave, Quarte

14

Intervall bedeutet dem Worte nach: der Abstand zwischen zwei Tönen. Die Teilung

des Oktavraumes bestimmt die Art der Tonleiter. Die Teilung des Oktavraumes

unterscheidet sich von Kultur zu Kultur, aber man kann Gemeinsamkeiten erkennen.

Platon schreibt in seinem Werk "der Staat" über die Wirkungsart von verschiedenen

Tonleitern. Er unterstreicht aber auch besonders den erzieherischen Wert, den Kunst

haben kann, insbesondere die musikalische Kunst. Durch künstlerische Betätigung

würde die Seele "anständig" gemacht werden: das "Gute" würde so über die Liebe

zum Schönen anerzogen werden. (Vergleiche Kapitel 5.)

"So ist also, mein Glaukon, fuhr ich fort, die Erziehung durch Musik darum die

vorzüglichste, weil der Rhythmus und die Harmonie am meisten in das Innerste der

Seele dringt und am stärksten sie erfaßt und Anstand bringt und anständig macht,

wenn jemand darin richtig erzogen wird, - wo nicht, - das Gegenteil? Und weil

hinwiederum der, welcher hierin erzogen ist, wie es sein soll, das Übersehene und von

der Kunst oder der Natur nicht schön Ausgeführte am schärfsten wahrnimmt und mit

gerechtem Widerwillen vor diesem das Schöne lobt und mit Freuden es in seine Seele

aufnimmt und daran sich nährt und schön und gut wird, dagegen das Häßliche mit

Recht tadelt und haßt schon, wenn er jung ist, ehe er noch Vernunft zu fassen

imstande ist, wenn aber diese kommt, sie willkommen heißt, indem er sie wegen seiner

Verwandtschaft mit ihr am ehesten erkennt, wenn er so erzogen ist? Mir wenigstens

14 György Doczi, „Die Kraft der Grenzen“ S.24, 1984

Page 14: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

14

scheint es, erwiderte er, daß um deswillen die Erziehung in der Musik stattfindet."15

Über die Tonartencharakteristik der sogenannten Kirchenmodi kann man einiges bei

Plato in seinem Werk "Der Staat" nachlesen. Die dabei angegebenen Tonarten-Namen

sind aber nicht deckungsgleich mit den heute von uns verwendeten Namen. In seiner

Auflistung verschiedener Wirkungen der Modi wird beispielsweise der erzieherische

Wert von Musik in der "dorischen" Tonart (heute "phrygische") angeführt. Diese

dorische Tonart (heute "phrygische" genannt) nennt Plato die "Gewaltsame" und führt

an, dass diese Tonart die "Lautfärbung und Betonung eines Mannes" nachahmen

würde, "der in Mißgeschick geraten wohlgerüstet und standhaft gegen das Schicksal

sich zur Wehr setzt". Die phrygische (heute "dorische") Tonart wird hingegen von

Plato die "zwanglose" genannt. Sie würde stehen für einen Mann, der besonnen und

gemäßigt in allen diesen Lagen verfährt und mit dem, was kommt zufrieden ist".

Diese zwei Tonarten werden als geeignet für das Kriegerische befunden. Hingegen

wird die lydische Tonart für "schlaff und weichlich" befunden, die "gemischtlydische

und hochlydische" zusammen mit der ionischen (heute "mixolydischen") für

Müßiggang geeignet ("Trinkgelage") und daher als "unbrauchbar für wackere Frauen

und Männer" eingestuft.16

Ernst Bindel, ein deutscher Mathematiker und Anthroposoph stellt in seinem Buch

„Die Zahlengrundlagen der Musik“ viele Zusammenhänge zwischen Musiktheorie,

Mathematik, philosophischen Richtungen und dem innerlichen Erleben eines

Menschen dar.

„Intervalle sind eine Angelegenheit der menschlichen Seele. Aber diese ist ein

Mittleres, das seine Fühlfäden nach zwei entgegen gesetzten Seiten hin ausstreckt,

nach dem Geistigen und nach dem Leiblichen. Sie ertastet ahnend die Impulse des

Geistes, bewegt sich fühlend in sich selber und vermittelt sie wünschend dem

Instrument des Leibes.“17

Für ihn stehen auch Musik und Mathematik in direkter Verbindung:

„Musikalische Intervallehre und Bruchrechnung beleuchten sich gegenseitig, die eine

erhält durch die andere erst die volle Bedeutung.“18

In seinem Buch schreibt er über Herleitungen - von antiken Denkweisen bis hin zu

den grossen Naturwissenschaftlern - über die Zusammenhänge von Musiktheorie und

Zahlenmystik.

Johannes Kepler war auch der Ansicht, dass die Quint als fünfter Ton einer Tonleiter

einen Zusammenhang in seiner symbolischen Bedeutung mit der Zahl Fünf aufweist.

Nach Kepler steht die Zahl Fünf in Zusammenhang mit der höheren Harmonie

unseres Daseins.19

Auch die Zahl 12 und das Dodekagramm bilden bei Ernst Bindel die Grundlage für

Verbindungen zwischen Tonartencharakteristik, Tierkreis, Tagesrhythmus,

Farbenkreis, eines Zeitzyklus oder einer Gesamtheit, die stufenweise durchschritten

wird.

15 www.scribd.com/doc/9256151/plato-der-staat S.162, S.163, 14.12.2009 16 Ebenda S.155 17 Ernst Bindel, „Die Zahlengrundlagen der Musik im Wandel der Zeiten“, S.112, S.113, 1985 18 Ebenda S.35 19 Ebenda S.98

Page 15: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

15

Für Bindel wie für Kepler ist der kosmische Ursprung der Musik eine

Selbstverständlichkeit:

„Man möchte eingedenk des kosmischen Ursprungs der Musik, das Eintauchen eines

Tongeschlechts in eine der zwölf möglichen Tonartenstimmungen und das

modulatorische Abwandeln der Stimmung im Runde der Tonartenzwölfheit wie den

Tanz eines Planeten vor dem feierlichen Ruhebezirk des Tierkreises empfinden. Die

zwölf Tonarten gleichen dann zwölf im Kreise angeordneten Räumen, die wir an der

Hand der grossen Meister zu betreten erwürdigt werden.“20

Belege für die gestalterische Wirkung von Musik als kosmische Zahlenordnung

finden sich nun im nachfolgenden Kapitel 2.1. bis 2.4.

2. Wirkung von Klang

In der Einleitung wurde der Leser daran erinnert, dass ein Zuhörer einem Ton nicht

nur physisch, sondern auch geistig, gefühls- und bewusstseinsmäßig begegnet. Es

wird nun im Folgenden darum gehen, die Wirkungen und Auswirkungen von Klang

auf verschiedenen Ebenen - wie sie durch die Literatur belegt sind - zu

veranschaulichen. Ein zentraler Aspekt dabei ist der Einsatz von Klang zu

therapeutischen Zwecken. Die Musiktherapie ist heute ein eigenständiges

tiefenpsychologisches Therapieverfahren, dessen Effizienz durch zahlreiche

qualitative und quantitative wissenschaftliche Forschungen und Dokumentationen

belegt ist. Das Spektrum reicht von der klinischen Arbeit bis zur Hilfe bei

Veränderungen des individuellen Lebenskonzeptes, von der Unterstützung bei der

Bewältigung von Krankheiten bis hin zur Prävention.

Werner Kraus macht in seinem Buch „Die Heilkraft der Musik“ (2002) auf zwei sehr

wichtige Tatsachen aufmerksam, erstens auf den schon erwähnten individuellen

Unterschied in der Rezeption von Musik, der sich notwendigerweise auf

Therapiekonzepte auswirken muss, und zweitens auf ein Umdenken bei den mit

Heilung betrauten Fachleuten:

“Musik wirkt bei unterschiedlichen Menschen sehr verschieden, so kann ein

Musikstück den einen beruhigen, den anderen jedoch in Unruhe versetzen oder sogar

Angst auslösen. Psychotherapeutisch und auch medizinisch ausgebildete

Musiktherapeuten haben längst von der Vorstellung Abschied genommen, dass der

Mensch nach einem mechanischen Ursache – Wirkungs - Prinzip funktioniert. Sowohl

bei rezeptiven als auch beim aktiven Einsatz von Musik ist die Begleitung des

Patienten durch einen ausgebildeten Musiktherapeuten deshalb unverzichtbar.”21

Die Wirkung von Klang auf verschiedene Materialien wird hier veranschaulicht.

Hier sind Texte und Bilder eingearbeitet, die sich auf die Experimente von

CHLADNI, JENNY und EMOTO beziehen: nämlich auf Experimente, die auf

eindrucksvolle Weise zeigen, wie die Schwingungen von Klang sich auf verschiedene

Materialien übertragen und sich so auswirken, dass diese Materialien zu höchst

komplexen (mandalaartigen) aber harmonischen Gebilden umgestaltet werden.

20 Ebenda S.313, S.314 21 Werner Kraus “Die Heilkraft der Musik” S.48, 1998

Page 16: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

16

2.1. Chladni-Figuren

Ernst Florens Friedrich Chladni, 1756 - 1827, ein bedeutender Physiker, Astronom

und Zeitgenosse von Wolfgang Amadeus Mozart war einer der Begründer der

Akustik.

Er veröffentlichte 1787 erste Erkenntnisse über die Wirkung von Schall.

Metallplatten, welche mit Sand bestreut sind, werden dabei mit einem Geigenbogen

oder einer anderen Klangquelle in Schwingung versetzt. Auf diesen Platten entstehen

Muster oder knotenartige Linien.

Der Sand wird beim Vibrieren weggeschleudert und an den Stellen, wo weniger

Schwingung oder keine Schwingung entsteht, wandert der Sand. So werden

Knotenlinien von stehenden Wellen sichtbar.

Diese Figuren werden „chladnische Klangfiguren“ genannt.

Chladni beschrieb 1797 in einem seiner Werke die Longitudinalschwingungen der

Saiten und Stäbe bei denen die Schwingungen in Längsrichtung erfolgen und nicht

quer zu den Saiten und Stäben.

1794 erkannte er, dass die Schall- und Klanglehre bei periodischen Schwingungen

elastischer Klangkörper abzuhandeln sei und nicht in der Luft.

Er forschte auch über die Schallgeschwindigkeit in festen Körpern und Gasen.

Er bezog in seine Klangstudien Glocken und Gabeln mit ein.

Seine Erkenntnisse sind auch heute noch beim Instrumentenbau relevant.22

Beispiele für Chladnische Klangfiguren aus seinem Werk „die Akustik„:

(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Chladnische_Klangfigur

11.8.2009)

(http://www.windmusik.com/pictures/clafig3.jpg 11.8.2009)

Auf der Internet Seite http://www.wasserklangbilder.de/ findet man Klangbilder von

Alexander Lauterwasser. Er versetzt Gefäße mit Wasserinhalt mit Sinustönen in

Schwingung. Diese werden von oben mit einer Kamera fotografiert. Die Figuren die

entstehen sind stehende Wellen, welche durch das Licht einer Lampe deutlicher

sichtbar werden.

Die geometrischen Figuren, die bei diesen physikalischen Experimenten entstehen,

stellt er analogen Blumen- und Früchtemustern gegenüber.

22 vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Florens_Friedrich_Chladni 11.8.2009

Page 17: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

17

(http://www.wasserklangbilder.de/ 11.8.2009)

2.2. Hans Jennys Kymatik

Der anthroposophische Arzt Hans Jenny setzte in seinen Experimenten (welche er mit

dem Namen „Kymatik“ bezeichnete) diverse feste und flüssige Stoffe verschiedener

Beschallung aus.

Das Wort „Kyma“ bedeutet auf griechisch „Welle“, also wird in der Kymatik

beobachtet, wie die durch Beschallung erzeugte Wellen Wirkung im Material

hinterlassen.

Ein Experiment verlief folgendermaßen:

Das Wasser ist erst einmal im Ruhezustand. Ein Ton wirkt auf dieses Wasser ein und

es bilden sich konzentrische Kreise. Die zunehmende Lautstärke erzeugt Chaos,

geordnete Töne erzeugen harmonische Muster.

Die Bilder, welche nun zu sehen sind, pulsieren real im Verlauf der Zeit ständig fort.

Page 18: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

18

(Hans Jenny, Kymatik, S.101, 1972)

(Hans Jenny, Kymatik, S.106, 1972)

(Hans Jenny, Kymatik, S.107, 1972)

(Hans Jenny, Kymatik, S.119, 1972)

2.3. Masaru Emotos Wasserkristallexperimente

Der japanische Naturwissenschaftler Dr. Masaru Emoto untersuchte die

Kristallbildung im Wasser und veröffentlichte Fotografien davon.

Er bezieht seine Forschungen nicht in erster Linie auf die Wirkung von Musik auf das

Wasser, sondern vielmehr veranschaulicht er, dass Wasser Informationen aufnimmt

und sich diese Informationen in der Qualität der Kristallbildung auswirken.

In seinem Buch „die Botschaft des Wassers 1“ schreibt er ausdrücklich über die mit

Page 19: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

19

dem Bewusstsein verknüpfte Welt der feinstofflichen Energien. Als Beispiel nennt er

die Lebensenergie HADO, welche international als das chinesische Synonym „Chi“

bekannt ist. Nach Dr. Masaru Emoto wirken sich diese Energien direkt auf die

Qualität des Wassers aus und in Konsequenz sogar auf den Gesundheitszustand der

Menschen.

Manche Wasserkristallfotografien bezieht er allerdings direkt auf die Wirkung von

Musik:23

Während bei Jenny die Bilder durch unmittelbare Einwirkung der Schallquelle auf das

Material entstehen, wird bei Emoto eine nachträgliche Veränderung der

Materialstruktur festgestellt.

Die Bilder entstanden nach folgendem Verfahren: Wasserproben wurden tropfenweise

auf Petrischalen verteilt. Diese wurden dann zwei Stunden in den Tiefkühler gelegt.

Dann wurden die gefrorenen Kristalle herausgenommen, unter ein Mikroskop gelegt

und sie wurden bei 200 bis 500 facher Vergrösserung fotografiert.24

Beethoven – die Pastorale

(Masaru Emoto, „Die Botschaft

des Wassers Band 1“ S.74, 2002)

Chopin - Abschiedslied

(Masaru Emoto, „Die Botschaft des Wassers

Band 1“ S.78, 2002)

J.S. Bach - Air

http://www.reikiakademiemuenster.com/

masaruemoto/gallery/pages/page_10.html

1.11.2009

2.4. Physikalisch gerichtete Musik-Heiltherapie

Direkt am Körper angebrachte und in Schwingung versetzte Klangschalen bewirken

entspannende und heilende Prozesse.

In den vorigen Kapiteln war in Bildern zu sehen, wie Klang sich gestalterisch auf

Flüssigkeiten auswirkt.

Nun, der menschliche Körper besteht zu 2/3 aus Flüssigkeit, folglich kann man

annehmen, dass dieser Effekt sich hier auf physikalischer Ebene wieder einstellt und

eine harmonisierende Wirkung ausübt.

Für die verschiedenen Regionen im Körper werden verschiedenartige Klangschalen

hergestellt.

Die Vibrationen einer Klangschale resonieren aber nicht nur in einzelnen Regionen,

sondern im ganzen Körper.

23 vgl. Masaru Emoto „Die Botschaft des Wassers Band 1“ , S.7, 2002 24 Ebenda. S. 14

Page 20: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

20

Der Wirkung von Klangschalen wird nicht nur eine Entspannungsreaktion

zugesprochen. Es soll möglich sein, Blockaden im feinstofflichen Körper zu lösen

(siehe Kapitel 6.). Klangschalen sollen eine positive Wirkung auf die nach dem Tantra

beschriebenen sieben Hauptenergiezentren im Menschen, die Chakren, haben.

Höher klingende Klangschalen werden für den oberen Bereich eingesetzt und tiefer

klingende Klangschalen werden für den unteren Bereich angewendet.25

3. Wirkung von Klang auf physiologischer (organischer) Ebene Die Organbefindlichkeit kann auf die Psyche Einfluss haben und umgekehrt kann sich

der psychische Zustand auf die Organbefindlichkeit auswirken (Psychosomatik).

Ebenfalls muss feststellt werden, dass die Wirkung von Klang nicht nur positive,

sondern auch negative Folgen zeigen kann. Magnetresonanzmessungen ergaben, dass das aktive, aber auch das passive

Musikaufnehmen im Gehirn viel mehr Aktivität auslöst. Aus folgenden Befunden

kann man ableiten, dass die Ausbildung der Musiker dazu führt, dass sich der für das

Hören von Tönen zuständige Teil der Großhirnrinde vergrößert.

Eine Arbeitsgruppe um Pantev (Institutsleiter an der medizinischen Fakultät in

Münster) untersuchte mit der Methode der Magnetenzephalogie (MEG) die kortikale

Repräsentation von Tönen bei 20 Musikern und 13 Kontrollpersonen. Den

Versuchspersonen wurden sowohl vier Klaviertöne (C4, C5, C6 und C7, entsprechend

262, 523, 1046 und 2093 Hz) als auch vier reine Töne (Sinusschwingungen) ähnlicher

Grundfrequenz (250, 500, 1000 und 2000 Hz) und gleicher Lautstärke vorgespielt,

während man mittels 37 Kanälen das MEG ableitete. Die abgeleiteten Signale ließen

sich auf eine Quelle zurückführen, dessen Stärke sich bei Musikern und

Nichtmusikern unterschied: Die Klaviertöne im Vergleich zu den Sinustönen führten

bei den Musikern zu einer im Mittel 25% (21% bis 28%) höheren Aktivierung des

Hörkortex. Dass sich die Vergrösserung der Grosshirnrinde auf das Hören von

natürlich erzeugten Tönen (wie beispielsweise Klaviertöne) beschränkt, verwundert

nicht, kommen doch Sinusschwingungen in der Natur praktisch nicht vor. Es wird

also die kortikale Repräsentation für das größer, was tatsächlich im Verlauf der

Ausbildung sehr oft gehört wird: natürliche obertonreiche Töne.26

Das Aneinanderreihen, Analysieren und das Ordnen von Informationen, also das was

wir allgemein als „das Denken“ bezeichnen übernimmt im Gehirn die linke Hälfte. In

der rechten Hälfte des Gehirns werden Gesamteindrücke, gefühlsmäßige und bildhafte

Eindrücke verarbeitet. Das sind also Vorgänge, welche wir der Intuition oder dem

Gefühl zuordnen.

Beim Musizieren sind beide Gehirnhälften aktiv und es finden stärkere Vernetzungen

zwischen der linken und rechten Gehirnhälfte statt. Veränderungen von Organen sind ebenfalls durch die Wirkung von Klang möglich.

Man hat z.B. herausgefunden, dass bei Musikern ein Bereich im Gehirn, welcher dazu

zuständig ist Tonhöhen zu erkennen, um ein Viertel größer ist als bei musikalisch

nicht aktiven Menschen. Diese Hirnregion reagiert bei musikalischen Tönen mehr als

25 vgl. http://www.klangschale.at/klangmassage.php 20.8.2009 26 Manfred Spitzer, „Musik im Kopf“, S.188, 2002

Page 21: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

21

zum Beispiel bei reizarmen Piepstönen eines Computers.27

Im Kapitel 1.3. wurde die Tatsache erörtert, dass jeder Laut, jeder Vokal mit einem

bestimmten Hertzbereich korrespondiert und in Resonanz mit bestimmten

Körperbereichen treten kann. Daraus ergibt sich, dass manche menschlichen Organe - sowie das Zellgewebe - von

gewissen Klängen (mehr) beeinflusst werden können.

Helle Klänge wie zum Beispiel der Vokal „I“ resonieren hauptsächlich im

Kopfbereich, während ein dunkler Vokal zum Beispiel „U“ oder „O“ im unteren

Bereich resoniert.

Im Brustbereich spürt man den Vokal „A“ sehr deutlich.

Also kann sich ein Klang, der dem Hertzbereich „A“ entspricht, auf Organe wie die

Lunge oder das Herz auswirken, während sich „U“ und „O“ mehr auf den

Verdauungstrakt auswirken.

Der rhythmisch organisierte (energiegeladene) Klang hat unmittelbare physiologische

Auswirkungen. Gerhard Reiter betont regelmäßig, dass der Körper bei sich immer

gleich wiederholenden rhythmischen Mustern körpereigene Substanzen zu

produzieren beginnt, welche betäubend und berauschend - ähnlich wie Opiate -

wirken. Diese körpereigenen Stoffe heissen Endomorphine. Rhythmen wirken direkt auf das vegetative Nervensystem, die Hautspannung kann

sich unter der Einwirkung eines Rhythmus verändern.28

Tinnitus, eine Hörschädigung bei der bestimmte Nervenhärchen im Ohr verletzt sind

und die dazu führt, dass der Betroffene ständig von bestimmten (den Härchen

entsprechenden) Frequenzen gequält wird, ist die bekannteste - bei Musikern und

Nichtmusikern - auftretende negative Wirkung von Klang. Allerdings sind die

Faktoren Lautstärke und psychische Faktoren wie Stress dabei entscheidend.

Dr. Tomatis entwickelte Therapieformen für Gehörschädigung, Legasthenie bei

Kindern, Konzentrationsstörungen, Hörstörungen und Tinnitus.

Durch die Stimulation des Patienten mit hochfrequenten Tönen (oberhalb von 4000-

8000 Hz) soll es zu einer Anregung im zentralen Nervensystem kommen, die

verschiedene Auswirkungen haben kann.

Neben der Verbesserung des Sprechvermögens soll auch der Tinnitus mit dieser

Methode beeinflussbar sein.

Empfohlen wird hierbei bei Musikstücken die Frequenzen unter 4000-8000 Hz

herauszufiltern und den verbliebenen Rest um 15000-20000 Hz anzuheben. Von

Tomatis wird empfohlen, diese Musiktherapie über mehrere Wochen vorzunehmen.

Insgesamt sollte diese Therapiemaßnahme wenigstens 200 Stunden durchgeführt

werden, bevor ein positiver lang anhaltender Effekt zu erwarten sei.

Die Klangtherapie ist erst mit dem Auftreten von qualitativ höherwertigen

Musikaufnahmen in Form von CDs und neueren Hochtonfiltern wirklich anwendbar

geworden, was zu einigen ausführlichen Studien in den späten 80er Jahren führte.29

27 vgl. Zeitungsartikel in Leben Heute „Gute Noten für Musik: „Sie ist eine Chance für Kinder“, 2008 28 vgl. Franz Harnoncourt, Vortrag „Musik als heilende Macht - Traum oder Wirklichkeit? im Kepler Salon 9.2.2009 29 http://www.tinnitus-therapie.net/Tinnitus_alternative_behandlungsmethoden.html 21.11.2009

Page 22: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

22

3.1. Wirkung von Klang auf Pflanzen und Tiere

MUSIK FÜR GEMÜSE

In einem Interview im Internet mit Oliver Willing gibt die Gärtnermeisterin Ute

Kirchgaessner folgende Informationen über das Anwenden von Intervallen bzw. von

Klängen auf Gemüse.

Sie spielte mit Klangstäben 20 Minuten ein gleichmäßiges Intervall während die

Samen im Wasser quellten.

Dann wurden die Samen ausgesät und 14 Wochen lang morgens zwei bis drei

Minuten mit dem gleichen Intervall behandelt. Je nach Intervall (Terz, Quart, Quint)

werden die beschallten Pflanzen in jeweils verschiedene Gewächshäuser gestellt.

Bei Kopfsalat und Löwenzahn stammte das selbst befruchtete Erbgut von einer

einzelnen Elternpflanze. Alle Pflanzen wurden in Töpfen mit der gleichen

Pflanzenerde gezogen. Es gehörte eine unbehandelte Kontrollvariante zu jedem

Versuch.

In den darauffolgenden Jahren wurde zur Kontrolle Saatgut ohne Intervallbehandlung

geerntet und geprüft. Pro Intervallbehandlung wurden drei

Nachkommenschaftsprüfungen mit über 50 Pflanzen durchgeführt.

Neben dem Gesamtertrag wurden auch Schädlingsbefall und Krankheiten erhoben.

Die Pflanzen wurden morphologisch beschrieben.

Fr. Kirchgaessner arbeitete mit vergleichenden Blattreihen, mit Wurzelbildern und

mit speziellen Qualitätsuntersuchungen.

Folgende Tendenzen im Wachstum ließen sich feststellen:

Eine Terz führt bei Blattgemüse zu einer Steigerung des vegetativen Wachstums. Die

Pflanzen sind wüchsiger und höher im Ertrag.

Bei der Quint ist ein langsameres und sehr harmonisches Wachstum zu beobachten.

Wird die Quint allerdings zu intensiv angewendet erhöht sie anscheinend die

Krankheits- und Schädlingsanfälligkeit.

Fr. Kirchgaessner sieht in dieser Art der Behandlung der Pflanzen ungeahnte

Möglichkeiten. Es müssen zwar noch viele Versuche stattfinden um das Wirken der

Intervalle systematisch anwenden zu können, aber der Horizont hat sich enorm

erweitert, meint die Gärtnermeisterin.

Auf die Frage, ob die Kollegen von Fr. Kirchgaessner das Thema aufgreifen und

forschen, meint sie im Interview:

„Ja, es gibt zwei Kollegen, die das Medium Klang aufgegriffen haben. Das ist sehr

hilfreich, denn es gibt so viele Fragen zu bearbeiten, dass dies ein Einzelner gar nicht

schaffen kann. Zudem ist es wichtig zu wissen, dass ein gleiches Intervall von

unterschiedlichen Menschen auf unterschiedlichen Instrumenten an anderen

Standorten zu einer vergleichbaren Wirkung führt. Ich hoffe, dass mittelfristig die

Vielfalt an Fragen auch in Zusammenarbeit mit einer Universität bzw.

landwirtschaftlichen Fakultät vertieft werden kann.“30

30 vgl. http://www.info3.de/ycms/printartikel_1602.shtml 21.8.2009

Page 23: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

23

In einem anderen Internetartikel wird eine Wirkung von Musik auf Kühe dargestellt:

„Ruhige Musik im Kuhstall bringt mehr Milch.

Britische Forscher, die Psycholigen Adrian North und Liam MacKenzie von der

Universität Leicester, haben entdeckt, dass Kühe mehr Milch geben, wenn langsame

Musik durch den Stall klingt. Demnach soll Ludwig van Beethovens Pastorale die

Milchleistung einer Kuh um etwa drei Prozent ansteigen lassen, während etwa

schnelle Titel wie etwa von den Beatles die tägliche Milchausbeute abnehmen lassen.

Dabei wurden etwa 9 Wochen lang von morgens bis abends langsame oder schnelle

Musikstücke etwa 1000 Holstein-Friesen-Kühen vorgespielt.

Die Forscher erklären, dass sich die entspannende Wirkung der Musik auf die Tiere

auf deren Milchleistung auswirkt.“ 31

Auch der Ertrag und Qualität von Weinreben sollen sich bei Beschallung mit Mozarts

Musik steigern.32

3.2. Physiologisch gerichtete Musiktherapie

Die Musik Medizin und die funktionelle Musik sind zwei Musiktherapie Methoden, die

zur Unterstützung von klinischen und medikamentösen Behandlungen eingesetzt

werden. Werner Kraus führt in seinem Buch „Die Heilkraft der Musik“ folgende

Beispiele der Wirksamkeit dieser Methode an: Die Senkung des Stresshormonspiegels

und die Reduzierung des Schmerzempfindens oder von Angst. Diese Effekte lassen sich aber nur dann erzielen „wenn der Einsatz von Musik mit

situationsspezifischer Methodik und unter Beachtung entsprechender Indikationen,

Kontraindikationen und Wirkungsweisen erfolgt“ so der Arzt Dr. Ralph Spintge.

33

Die durch musikalische Betätigung stattfindende Aktivierung und Vernetzung beider

Gehirnhälften kann Heilprozesse im Gang setzen. Menschen mit durch Krankheit geschädigten Körperfunktionen können dadurch, dass

gewisse Zentren im Gehirn trainiert und aktiviert werden die Funktion der

geschädigten Zentren wiederherstellen. Es gibt Beispiele dafür, dass Menschen, die

das Augenlicht verloren hatten in ihrer Wahrnehmung auditiver wurden und dadurch,

dass das Gehirn wieder stärker genutzt wurde, begann ein Heilungsprozess, und die

Menschen konnten nach und nach wieder sehen.34

Bei älteren Menschen mit Alzheimer und Parkinson oder bei retardierten Kindern

wirkt sich die durch Musik deutlich vermehrte Tätigkeit im Gehirn ebenfalls positiv

aus.

Oliver Sacks beschreibt in seinem Buch „der einarmige Pianist“ wie sich Melodien

positiv auf Parkinson Kranke auswirken.

Erfahrungen wurden um 1966 im Beth Abraham Hospital, einem Pflegeheim in „The

Bronx“ gemacht:

Bei der Parkinson Krankheit wird der gesunde Bewegungsfluss gestört. Neurologen

31 http://www.ksb.ksn.at/chorinfo_Archivierung/Chorinfo_3_2003.htm#Vielf%C3%A4ltiger%20Einfluss%20der%20Musik 21.8.2009 32 vgl. Franz Harnoncourt, Vortrag „Musik als heilende Macht - Traum oder Wirklichkeit? Im Kepler Salon 9.2.2009 33 Spintge, R., in Herz- Kreislaufbeschwerden (s. Anm. 4), S.32, 2002 34 vgl. Franz Harnoncourt, Vortrag „Musik als heilende Macht - Traum oder Wirklichkeit? Im Kepler Salon 9.2.2009

Page 24: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

24

nennen dies „Bewegungsstottern“. Es gab Patienten, welche kaum in der Lage waren

normal zu gehen, doch die Musik veranlasste die Patienten zu tanzen.

Andere Patienten hatten grosse Probleme mit dem Sprechen und ihre Stimmen

klangen ton- und kraftlos, aber sie waren gelegentlich in der Lage laut und klar zu

singen.

Bei Patienten, welche nur in der Lage waren abgehackt zu gehen, zu sprechen und

darüber wenig Kontrolle hatten, vermochte Musik den Bewegungs- und Sprachfluss

zu regeln.35

Die Gehirnzentren für die Aktivitäten Sprechen und Singen hängen zusammen. Es

kann vorkommen, dass ein Mensch der nicht mehr sprechen kann, immer noch singen

kann. Wenn dann das Gehirn mit Singen angeregt wird, kann sich dann auch die

Fähigkeit zu sprechen regenerieren.36

4. Auswirkungen von Klang auf psychischer und seelischer Ebene Die verschiedensten Aspekte, die Klang ausmachen (vor allem in der Ausformung des

Klanges zu Musik), wirken sich auf ganz unterschiedliche Weise auf den Menschen

aus.

Der Phänomenologe und Dirigent Ernest Ansermet beschreibt in seinem Buch „die

Grundlagen der Musik im menschlichen Bewusstsein“ wie im Bewusstsein eines

Menschen die verschiedenen Intervalle erlebt werden.

Er unterscheidet vier Arten:

Aktiv extravert (AE)

Passiv introvert (PI)

Aktiv introvert (AI)

Passiv extravert (PE)

Das Intervall hat nach Ansermet aufsteigend eine andere Wirkung als absteigend. So

beschreibt er die aufsteigende Quinte als aktiv extravert und die absteigende Quinte

als passiv introvert.

Eine Tabelle der verschiedenen Wirkungen der Intervalle kann man im Anhang

betrachten.37

Melodien (oder musikalische Motive) können oft als ein auskomponiertes Intervall

erlebt werden. Sie können als ein einzeln übergeordnetes Intervall, das durch andere

untergeordnete Intervalle ausgedrückt wird erlebt werden und obwohl sie aus vielen

Tönen bestehen, behalten die Melodien die psychische Qualität des übergeordneten

Intervalls.

Ebenso wirkt Rhythmus - wie im Kap. 3 geschildert - in einer ganz speziellen Weise

auf den Menschen.

Aber es gibt auch andere Aspekte den Akt des Musizierens selbst betreffend, z.B. der

künstlerisch-schöpferische Aspekt, der kommunikationsfördernde Aspekt, der Aspekt

des Prozessualen, der Aspekt der emotionellen Energie, u.s.w., die im besonderem

35 vgl. Oliver Sacks, „Der einarmige Pianist“, S.274, S.275, 2008 36 vgl. Franz Harnoncourt, Vortrag „Musik als heilende Macht - Traum oder Wirklichkeit?“ im Kepler Salon 9.2.2009 37 vgl. Ernest Ansermet, „Die Grundlagen der Musik im menschlichen Bewusstsein“, S.222, 1965

Page 25: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

25

Maße für Therapiezwecke von Bedeutung sind. Die Musik soll dabei die Menschen

emotional berühren, aufrütteln und sie von den störenden geistigen Faktoren befreien.

Musik kann aber auch auf manipulative Art eingesetzt werden und nicht immer in

positiver Weise. Bekannt ist die Tatsache, dass in vielen Kulturen Kinder durch den Gesang ihrer

Mutter beruhigt werden. Möglicherweise hat die - zur Gewohnheit gewordene

Musikberieselung - hier ihren Ursprung, und die Menschen versuchen ihre

Einsamkeit, ihren Stress und ihre Ängste damit in den Griff zu bekommen.

Die Gleichschaltung von Individuen zu einer Masse, wie es im Krieg bezweckt wird,

wird in vielen Kulturen bekanntlich begünstigt durch das Einsetzen von Militärmusik.

Der Marschrhythmus spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Auch zu politischen Zwecken (Verherrlichung von Machthabern) kann Musik

missbräuchlich eingesetzt werden (siehe den Stalin-Schostakovic Kontext).

4.1. Funktionale Hintergrundmusik

Im Kaufhaus, im Flugzeug, in der U-Bahn, in Hotels oder am Arbeitsplatz wird Musik

oft eingesetzt um das Verhalten der Menschen zu beeinflussen.

Es ist kein Geheimnis, dass Werbepsychologen dafür bezahlt werden diese Musik zu

designen.

Bei meiner Recherche im Internet über funktionale Hintergrundmusik stieß ich auf

eine Zusammenfassung von empirischen Studien auf der Homepage der Firma

„Reditune Salesware“.

Sie behandelt vor allem verkaufspsychologische Aspekte:

70 % der Kaufentscheidungen werden am Point of Sales (Bereitschaft oder Reiz

des Kunden im Moment etwas kaufen zu wollen), getroffen.

Das Fehlen von Musik kann zu Ablehnung des Point of Sales durch die Kunden

führen.

Stille wird negativ assoziiert (Tod, Geschäft geht schlecht, wird gleich zugesperrt)

Die "ideale" Hintergrundmusik stellt die Aktivations- und Emotionslage der

Kunden auf ein mittleres oder ruhiges Niveau ein.

Folgende Punkte sind daher zu beachten:

- gleichmäßige Dynamik, Klang und Rhythmik

- eine Lautstärke, die 2 bis 3 Dezibel über dem sonstigen Geräuschpegel liegt

- keine aufdringliche Instrumentierung

Eine Untersuchung ergab, dass ein Großteil von Managern, Personal und Kunden

glaubt, dass Hintergrundmusik die Stimmung der Kunden positiv beeinflusse und

den Umsatz hebe.

Eine Mehrheit der Kunden empfindet Musik im Kaufhaus als angenehm und

glaubt, dass Hintergrundmusik die Kaufentscheidung erleichtere.

Ein Großteil des Verkaufspersonals bewertet die funktionelle Musik als

Page 26: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

26

angenehm, was als Indikator dafür gesehen wird,

dass sie die Stimmung und das Wohlbefinden der Angestellten positiv beeinflusst.

Eine deutliche Mehrheit der Angestellten zieht die Hintergrundmusik einer

Ausschaltung der Musik vor.

Vanecek zeigte in seiner Untersuchung, dass sich die Verweilzeit der Kunden

unter dem Einfluss der Musik signifikant verlängert.

Einer der Faktoren, die zu Kundenzufriedenheit führen, ist der Kaufkomfort.

Musik wiederum ist eine Bestimmungsgröße für den Kaufkomfort. Sie ist zwar

nicht die wichtigste, da z. B. Sauberkeit und Licht als wichtiger eingestuft werden,

aber doch eine maßgebliche Größe für den Kaufkomfort der Kunden.

Eine Befragung von IPSOS (Die Ipsos Gmbh ist ein Internationales Institut für

Marktforschung www.ipsos.de) ergab, dass ein musikalischer Hintergrund

positive Auswirkungen auf den Anreiz zu bleiben bzw. zu kaufen, auf Ruhe und

Wohlbefinden sowie auf Wärme und Freundlichkeit hat.

Ein Geschäft ohne musikalischen Hintergrund wirkte auf die Befragten am

häufigsten traurig sowie kalt und unbelebt.

Die drei am häufigsten genannten Gedanken der Befragten zu einem Geschäft mit

Hintergrundmusik waren, dass es eine nette und warme Atmosphäre erzeuge,

dass es zeige, dass der Händler um den Kaufkomfort bemüht sei und dass es ein

gewisses Wohlbefinden erlaube.

Die Abstimmung der Musik auf die jeweilige Zielgruppe ist von entscheidender

Bedeutung.

Eine unprofessionelle Zusammenstellung des Musikprogramms kann sogar

kontraproduktiv wirken.

Mit Radiowerbung können positive Werbewirkungseffekte erzielt werden, da in

Supermärkten das Zielpublikum effizient erreicht werden kann, um es zu

informieren und um Imagewerbung durchzuführen.

Audio-Werbung am Point of Sale ist ebenso wirksam wie die Schaltung von

Werbespots in öffentlichen Radiokanälen.

Die Marktstudie von IPSOS ergab, dass 70% der 400 Befragten bemerkten, dass

Werbespots in das gehörte Musikprogramm integriert waren; 29% der Befragten

konnten sich zumindest an einen Spot erinnern.

Effektivere Ergebnisse würden noch höher ausfallen, wenn die Kunden länger im

Geschäft verweilen und mit den Werbespots mehr als einmal kontaktiert

würden.38

38 http://www.reditune.at/site/studie.shtml 22.8.2009

Page 27: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

27

4.2. Psychologisch gerichtete Musiktherapie

Die Verknüpfung von Musik und Gedächtnis (emotionelle Erinnerung) wird gezielt

für musiktherapeutische Zwecke eingesetzt. Da die Musik Erinnerungen auslöst, tauchen Wünsche, Sehnsüchte, Widerstände,

Abneigungen und auch die Wahrnehmung von Konflikten auf. Diese werden dann im

Therapiegespräch behandelt. Diese Therapieform ist bekannt unter dem Namen

„Funktionelle Musik“.39

Bei dieser Art von Therapie werden Patienten mit Stimm- und Sprachstörungen mit

einer Rhythmustherapie behandelt. Aggressive und hyperaktive Jugendliche mit

Trommeltherapie.

Bei dem Vortrag „Musik als heilende Macht - Traum oder Wirklichkeit?“ von Franz

Harnoncourt (9.2.2009, Keplersalon) wurde von einem persönlichen Beispiel

berichtet, bei dem ein Pakinson kranker Mann, beim Hören gewisser Musikstücke

emotional an gewisse Momente in der Vergangenheit erinnert wurde, und plötzlich

wieder Worte sprechen konnte.40

Oliver Sacks schreibt in seinem Buch „Der einarmige Pianist“ über eine tragische

reale Geschichte, welche zeigt wie musikalische Aktivität die Lebenssituation

verbessern kann.

Deborah Wearing beschreibt wie ihr Mann Clive nach einem Schicksaalschlag seine

Lebensqualität so weit es ihm möglich war verbesserte. Sie selbst veröffentlichte ihre

Erlebnisse unter dem Titel. „Clive und ich“ in ihrem Buch „Forever today“.

Cilve erlitt eine Gehirnentzündung (Herpes Enzephalitis). Die Folge war eine

Amnesie und er hatte eine Gedächtnisspanne von nur wenigen Sekunden. Sein

voriges Leben war fast wie ausgelöscht, er hatte das ständige Gefühl von einer

Bewusstlosigkeit erwacht zu sein.

Clive war Musikwissenschaftler, aber er konnte sich nur an wenige

Komponisten erinnern, wenn er darauf angesprochen wurde, sogar seinen

Lieblingskomponisten Orlando di Lassus liess er bei seiner Aufzählung aus.

An Politiker konnte er sich gar nicht erinnern.

Noten lesen und Singen und das emotionale Gedächtnis (limbisches System)

funktionierte. Seine musikalischen Fähigkeiten schienen auf den ersten Blick

kaum beeinträchtigt zu sein.

Auch war er in der Lage zu rechnen, sich zu pflegen, sich zu kleiden zu essen

und zu trinken.

Ein Amnesiepatient kann nur über die Ereignisse der unmittelbaren Gegenwart

nachdenken, er kann sich aber an Gespräche beteiligen.

Clive konnte mit Gedankensprüngen eine Kontinuität erzeugen. Die Gedanken

wurden mit oberflächlichen Assoziationen zusammengehalten. Er war

geschwätzig.

Seine Frau war für ihn von immenser Bedeutung, aber er konnte sie nur

erkennen und er konnte sich an die Ereignisse der Vergangenheit nicht

erinnern.

Da es Anmestikern an Gedächtnis, an direkten Erfahrungswissen fehlt, sind sie

auf Hypothesen und Schlussfolgerungen angewiesen, die in der Regel auch

39 vgl. Werner Kraus „Die Heilkraft der Musik“, S.36 ff., 1998 40 vgl. Franz Harnoncourt, Vortrag „Musik als heilende Macht - Traum oder Wirklichkeit?“ im Kepler Salon 9.2.2009

Page 28: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

28

plausibel ausfallen. Sie können schlussfolgern, wo und wann sie etwas getan

haben obwohl sie sich nicht erinnern können.

Nach einigen Jahren lernte Clive Dr. Sacks kennen.

In Clives Zimmer war eine Elektroorgel und ein Klavier mit Noten. Es waren

Noten von Orlando di Lassus, einem Renaissancekomponisten, welche Clive

früher herausgegeben hatte.

Bei einem Ausflug mit seiner Frau merkte sie in den Gesprächen, dass

Orlando di Lasso Clive an die Zeit erinnerte in der er einen Chor leitete. Die

Art der Erinnerung war allerdings mehr eine semantische als eine episodische,

das heisst, er konnte sich eher an die Musik und an die Bedeutung von etwas

erinnern als daran was wann passiert ist.

Sein semantisches Gedächtnis welches intakt war, nutze ihm im Alltag nicht

viel, da sein episodisches Gedächtnis nicht funktionierte.

In seinem Zimmer fand er Bach Noten, welche er noch nicht gespielt hatte. Er

wählte das Präludium 9 in E Dur aus, da er sich an das Stück erinnern konnte.

Dann improvisierte er. Er war ein hochbegabter Musiker und war in der Lage

zu spielen.

Er brauchte aber jemanden, der ihn dazu veranlasste, Musik zu spielen.

Im Augenblick in dem er spielte. schien er normal zu sein.

Clive fand durch das Spielen der Orgel und mit der Liebe zu Deborah wieder

zu einer gewissen Kontinuität, obwohl er trotzdem weiterhin an der

Erkrankung seit 1985 leidet, allerdings hat sich die Lebensqualität verbessert

und die schlimmsten Folgen der Erkrankung wie Resignation oder Depression

können überwunden werden.41

Klassische Musik genießt den Ruf ordnend auf das Bewusstsein zu wirken. Peter

Michael Hamel beschreibt einen therapeutischen Vorgang in seinem Buch „Durch

Musik zum Selbst“. Bei psychisch geschädigten Menschen aus einem

psychedelischen Umfeld, welche durch Alkoholismus oder Drogenkonsum eine

Wahrnehmungsveränderung erlitten, wird im Laufe der Therapie unter anderem

aufgearbeitet, was die Patienten in ihrer psychedelischen Phase innerlich zerrüttet hat.

Es war zu beobachten, dass die Musik von J.S. Bach eine ordnende Wirkung bei

solchen Patienten hatte.

Peter Michael Hamel beschreibt, dass in solchen Therapiesitzungen zuerst

entspannende Musik verwendet wird und im späteren Verlauf Musik mit ekstatischen

Höhepunkten wie der vierte Satz von Beethovens neunter Sinfonie, Teile aus dem

Mozart Reqiuem, oder musikalische Höhepunkte aus Verdi Opern.

Klassische Musik wird in der „Regulativen Musiktherapie nach Christoph Schwabe“

(Wahrnehmungstraining mit psychotherapeutischen Charakter), und in der „Guided

Imagery and Music“ von Helen Bonny (unter Anwendung der Tiefenpsychologie von

C.G. Jung) eingesetzt, um die Innenwahrnehmung zu aktivieren. Das Ziel ist das

Lösen von inneren Konflikten und das Aktivieren der Selbstheilungskräfte.42

Neben den oben geschilderten Methoden, die das Musikhören (Rezeption) für

Therapiezwecken einsetzen (Rezeptive Musiktherapie), gibt es die sogennanten

„künstlerisch orientierten“ (auch „heilpädagogischen“)Musiktherapien, bei denen

der Patient selbst musikalisch aktiv wird (schöpferische Musiktherapie).

Kreativität im Zusammenhang mit musikalischer Betätigung wird eine hohe Heilkraft

41 vgl. Oliver Sachs, „Der einarmige Pianist“, S.211 bis S.238, 2008 42 vgl. Werner Kraus „Die Heilkraft der Musik“, S.36 ff., 1998

Page 29: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

29

zugestanden. Das Spiel ohne Zweck, ist erlebte innere Freiheit. In der Vielfältigkeit

des Spiels erlebt der Mensch Energien und die eigenen Potentiale. „Denn jedes

schöpferische Tun hat, neben dem Gewinn an Lebensfreude, eine prophylaktische

Funktion, gerade in einer Zeit, in der passiver Kulturkonsum das selbständige

bildnerische Gestalten vielfach verdrängt hat.“43

Die kommunikationsfördernde künstlerisch / kreative musikalische Betätigung in der

Gruppenimprovisation steht im Mittelpunkt der „schöpferischen Musiktherapie“ nach

Nordoff/Robbins. In dieser Form der Musiktherapie werden der Musik keine

allgemein gültigen Wirkungen zugeschrieben. Es wird die Möglichkeit genutzt, dass

sich der Patient über die Musik mitteilen kann. Diese Art der improvisatorischen

Kommunikation bietet auch die Möglichkeit während des Spiels etwas zu verändern.

Der Patient kann sich in dieser Improvisation erleben, sich mitteilen und aktiv

gestalten. Diese Art des Ausdrucks ruft eine Heilwirkung hervor, ähnlich wie bei

einem Therapiegespräch.

Die schöpferische Musiktherapie wird in der Arbeit mit Behinderten, in der

Psychiatrie, der Inneren Medizin, der Psychosomatik, in der Intensivmedizin und in

der Geriatrie eingesetzt.44

Auch in der „Aktiven Musik-Psychotherapie“ steht die Improvisation im Mittelpunkt,

allerdings improvisieren Patient und Therapeut gemeinsam frei. Danach wird das

Erlebte bewusst gemacht und verbal aufgearbeitet.

Im Prozess dieser Therapie entsteht eine musikalische Szenerie. Klänge und

Rhythmus sind sinnlich wahrzunehmen und Affekte und Gefühlsbewegungen

kommen spürbar zum Ausdruck.

Bei dem aufarbeitenden Gespräch wird entweder beim derzeitigen Leben, beim

Lebenskonzept, der Lebenssituation oder sogar beim momentanen Erleben während

des Hörens oder der Improvisation angesetzt.

Das Abreagieren von negativen Gefühlen ist nicht der Sinn dieses Prozesses, sondern

die Aufarbeitung der Gesamtsituation. Es wird mit der Freudschen Grundformel

„erinnern - wiederholen – durcharbeiten“ gearbeitet.

Die unterschiedlichen psychotherapeutischen Musiktherapie Methoden heißen:

tiefenpsychologisch orientierte Musiktherapie, psychoanalytische Musiktherapie,

morphologische Musiktherapie, gestalttherapeutische Musiktherapie.

Sie werden in folgenden Bereichen eingesetzt: in der Psychosomatik, der Psychiatrie,

der Onkologie, bei chronisch kranken Patienten, in der Rehabilitation, der Geriatrie

und bei Behinderten.

Auch bei psychoneurotischen Störungen, welche sich in gestörter

Erlebnisverarbeitung ausdrücken, wie Wahrnehmungsstörungen,

Wahrnehmungsverzerrungen oder bei Interaktionsstörungen, wie in der Nachsorge

(Nachuntersuchung), der Rehabilitation und der Frühförderung werden diese

Therapien eingesetzt.

43 Ebenda S.16 44 Ebenda S.44, S.45

Page 30: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

30

5. Wirkung von Klang auf intellektueller Ebene und auf sozialer Ebene

Im 3. Kapitel wurde bereits die Tatsache erörtert, dass beim Musizieren die beiden

Gehirnhälften aktiv sind und dass dabei stärkere Vernetzungen zwischen beiden

Gehirnhälfte stattfinden.

Die bisher geschilderten Zusammenhänge lassen plausibel erscheinen, dass die

musikalische Betätigung eine herausragende Rolle in der Erziehung spielen kann.

(Siehe den antiken Bezug im Platon Text aus „Der Staat“ auf S.12)

Aus Hirnforschung, Psychologie und Wirkungsforschung ist inzwischen erwiesen,

dass sich Musik bei Kindern und Jugendlichen wesentlich zur Formung der

Persönlichkeit, zur Verbesserung des Sozialverhaltens und zur allgemeinen

Leistungssteigerung auch in anderen Bereichen auswirkt.

Bei einer Tagung in Salzburg, welche „Musik als Chance“ hieß, wurden diese

Erkenntnisse präsentiert und die Forscher forderten, dass musikalische Früherziehung

in Kindergärten und Vorschule, auch der gewöhnliche Musikunterricht aber auch die

Laienmusikkultur mehr gefördert werden sollte.

Musik als Bestandteil der Ausbildung fördert Kreativität, Intelligenz, emotionale

Stabilität, Flexibilität und Teamfähigkeit und genau diese Eigenschaften werden im

Berufsleben, vor allem in leitenden Positionen benötigt.

Aktive musikalische Betätigung wie Notenlesen, Singen, ein Instrument spielen oder

Komponieren fördert die Lernfähigkeit, regt die Aufmerksamkeit an und

sensibilisiert.

Diese Ausführungen konnte man in der Zeitung „Leben Heute“ unter dem Titel „Gute

Noten für Musik: Sie ist eine Chance für Kinder“ lesen.

5.1. Der Einfluss der Musikerziehung auf die Intelligenz der Kinder

(Ergebnisse der Hirnforschung)

„Intelligenz ist nicht gleich Intelligenz. Im Gegenteil: Von der Intelligenz gelangt man

zu den Intelligenzen. Jüngst hat der amerikanische Psychologe Howard Gardner das

Konzept der „multiplen Intelligenzen“ entwickelt, in dem er sieben von einander

weitgehend unabhängige Intelligenzformen unterscheidet: eine sprachliche

Intelligenz, die sowohl Sensivität gegenüber Wortbedeutungen als auch die

Effektivität sprachlicher Gedächtnisleistungen beinhaltet, eine logisch-

mathematische Intelligenz, die formallogische und mathematische Denkfähigkeiten

betrifft, eine räumliche Intelligenz, die die Fähigkeiten der Raumwahrnehmung und -

Vorstellung, das räumliche Denken meint, eine körperlich- kinästhetische Intelligenz,

die auf psychomotorische Fähigkeiten zielt, wie sie etwa für sportliche oder

tänzerische Leistungen benötigt werden, eine musikalische Intelligenz, welche nicht

nur musikalische Kompetenzen im engeren Sinne, sondern auch emotionale Aspekte

einschliesst, eine intrapersonale Intelligenz, die von der Sensibilität gegenüber der

eigenen Empfindungswelt spricht, sowie eine interpersonale Intelligenz, welche die

Fähigkeit zur differenzierten Wahrnehmung anderer („soziale Intelligenz“) anspricht.

Gardner zufolge ist die mathematisch-logische Intelligenz als grundlegender

Bestandteil traditioneller und etablierter Auffassungen über Intelligenz stark

überbewertet.

Die für unser Fach interessante wie relevante Einbeziehung der Dimension der

musikalischen Intelligenz begründet er damit, dass evolutionsgeschichtlich gesehen

die Prozesse des künstlerischen Schaffens universell und vergleichsweise sogar von

Page 31: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

31

grösserer Bedeutung sind als etwa die Dimension der mathematisch-logischen

Intelligenz. Als Beispiel könnte man die Viten vieler Nobelpreisträger anführen, die

im Allgemeinen über eine hohe musikalische Begabung bzw. nach Gardner -

musikalische Intelligenz verfügen.“45

Als ich diesen Text gelesen habe, kam mir in den Sinn, dass es ähnlich wie bei der

Darstellung der verschiedenen Arten von Intelligenz von Howard Gardner, auch

verschiedene Arten der musikalischen Begabung gibt.

Die „psychomotorische Intelligenz “ wie sie Gardner nennt z.b. steht eindeutig im

Zusammenhang mit den motorischen / technischen Qualitäten eines Instrumentalisten,

sowie auch die „logisch-mathematische Intelligenz“ beim Erlernen eines

Musikstückes sicher seine Rolle in der Unterscheidung der Spielweise von

musikalischen Phrasen oder der musikalischen Struktur spielt.

Bei einem Experiment, das über 5 Jahre an Berliner Grundschulen mit ständigen IQ

Tests durchgeführt wurde, hat man zwei Gruppen verglichen:

Eine Modellgruppe (=MG) die über diese 5 Jahre erweiterten Musikunterricht bekam

und eine Kontrollgruppe (=KG), welche keinen erweiterten Musikunterricht hatte.

Im ersten Jahr machten sich keine Unterschiede in der Intelligenzentwicklung

bemerkbar. Nach dem 5. Schuljahr war allerdings deutlich zu erkennen dass der IQ

Mittelwert der musikbetonten Klasse höher war. Nach 4 Jahren ließ sich dieses

Ergebnis noch klarer erkennen.

Also hat die erweiterte Musikerziehung eine nicht zufällige positive Wirkung auf die

Intelligenzentwicklung von Kindern, wenn sie längerfristig eingesetzt wird und

wirken kann.

„Die signifikante Differenz im 5. Schuljahr ist umso bedeutsamer, als psychologische

Forschung bestätigt hat, dass einigermaßen gesicherte, d.h. längerfristige gültige

Messwerte erst ab dem achten/neunten Lebensjahr zu erwarten sind. Unsere

Jugendlichen waren bereits im Alter von elf bis zwölf Jahren d.h. der bis zu diesem

Zeitpunkt erworbene IQ bleibt längerfristig stabil. Umso wichtiger ist eine gezielte

Förderung - auch über Musikerziehung - bis zu diesem Alter.“46

5.2. Pädagogik und Klang

Das oben geschilderte Experiment wurde durch ein Forscherteam unter der Leitung

von Hans Günther Bastian zwischen 1992 bis 1998 durchgeführt.

Das Forscherteam führte zwischen 1992 und 1998 an sieben verschiedenen Berliner

Grundschulen mit 5 Klassen als Modellgruppe und 2 Klassen als Kontrollgruppe eine

Langzeitstudie „zum Einfluss von erweiterter Musikerziehung auf die allgemeine und

individuelle Entwicklung von Kindern“ durch.

Dem Projekt liegt im Sinne der Thorndike´schen Transfertheorie die These zugrunde,

dass das Lernen eines Instruments, Musizieren im Ensemble und Musikunterricht die

kognitiven (intellektuellen), kreativen, ästhetischen, musikalischen, sozialen und

psychomotorische Fähigkeiten (Begabungen) von Kindern vorteilhaft beeinflussen

und fördern können, daneben auch die motivationale und emotionale Dispositionen

wie Lern- und Leistungsbereitschaft, Konzentration, Engagement, Selbständigkeit,

Belastbarkeit und Ausdauer, Fremd- und Selbstkritik um nur einige Beispiele zu

nennen.

45 Hans Günther Bastian, „Kinder optimal fördern - mit Musik“ S.76, 2001 46 Ebenda S.78 bis S.79

Page 32: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

32

Die Kinder waren zwischen sechs bis zwölf Jahre alt und es wurden differential- und

sozialpsychologische Merkmale festgestellt.

Innerhalb von sechs Jahren wurden differentialpsychologische Merkmale

(musikalische Begabung, emotionale Stabilität versus Labilität, Kreativität, soziale

Kompetenz, Extra-/Introversion, Neurotizismus, Psychomotorik, Konzentration,

allgemeine Schulleistungen in den sogenannten Hauptfächern, Lern- und

Leistungsmotivation, Selbsteinschätzung, schöpferisches Denken, Intelligenz)

evaluiert. So wurde der entwicklungspsychologische Anspruch von diesem

Forscherteam dokumentiert.

Sozialpsychologisch relevant waren Familienstrukturen, Sozialschichten,

Bildungsniveaus, Erziehungsambiente, elterliches Musizieren, Freizeitaktivitäten,

vorschulische Erfahrungen der Kinder, Einstellungen und Erwartungen an Schule und

(Musik-)Unterricht - wohl wissend, dass in so genannte Transfereffekte immer auch

Wechselwirkungen eintreten können.

Die Schüler mit musikbetonten Zügen erhielten im Rahmen dieser sechsjährigen Zeit

eine erweiterte Musikerziehung (=Modellgruppe, MG). Mit Ausnahme einer Klasse in

der Kontrollgruppe (=KG) stammten die Gruppen aus Arbeiterbezirken.

Die Schüler wurden wöchentlich 2 Stunden in Musik unterrichtet. Darüber hinaus

lernten sie einzeln und in Gruppen ein Instrument und sie musizierten in

verschiedenen Ensembles.

Diese Schülergruppen wurden mit den Schülergruppen der Kontrollgruppen

verglichen, welche keine besondere musikalische Ausbildung erhielten.

1992 gab es eine Stichprobe mit 170 Grundschulkindern (n = 130 Kinder in der MG;

n = 40 Kinder in der KG).

Das Forscherteam stand in ständigem Dialog mit den Lehrer/-innen und den Eltern

bzw. den Erziehungsberechtigten der Projektkinder. Es gab jährliche Auswertungs-

und Diskussionskonferenzen über drei Tage in Berlin, es gab Einzelgespräche in den

Testphasen mit den Lehrer/-innen und es gab Einzelberatungen mit den Eltern über

die Entwicklungsergebnisse mit gegebenenfalls schulpsychologischer Beratung.

Dieser Dialog wurde zum wichtigen Forschungsfeedback.

Es wurde auch mit den Kindern selbst gesprochen, und sie durften im Zuge des

Projektes sich auch selbst kreativ durch Bilder malen, kreatives Zeichnen und durch

Erfinden von Melodien ausdrücken. Daneben fanden psychometrische Tests statt,

welche teilweise verändert, neu konzipiert und dann erprobt werden mussten.

Es wurde nach einer vertretbaren Antwort auf diese Frage geforscht : „Wie lässt sich

angesichts der Komplexität von intervenierenden Variablen „erweiterte

Musikerziehung“ als entscheidender Einflussfaktor nachweisen, aussondieren,

bestimmen?“

Musikerziehung ist zur Therapie sozialer und gesellschaftlicher Probleme und zur

Förderung des IQ einsetzbar.

H. G. Bastian schreibt allerdings, dass Musik niemals für aussermusikalische Zwecke

„vernutzt“ werden darf um Kinder in ihren Persönlichkeitsmerkmalen effizienter zu

machen.

Die Musikerziehung soll die Freude der Kinder an Musik fördern, und als

Musikerzieher müssen wir in erster Linie die Begabung der Schüler fördern.

Der Grund der Beschäftigung mit Musik ist an sich immer die Musik selbst.47

47 Ebenda S.101 bis S.104

Page 33: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

33

Wörtlich formuliert der Autor Folgendes:

„Die Tatsache, dass wir den Musikunterricht in den Schulen nicht für irgendwelche

Transfereffekte und „Trimmkurse“ missbrauchen dürfen, schliesst aber nicht aus, in

bildungspolitischen Argumentationen selbstbewusst auf diese zu verweisen. Wir

dürfen uns über positive „Nebenwirkungen“ der Musikerziehung freuen, über dieses

Additivum oder auch den nichtintendierten „Mehrwert“ im Vergleich zu manch

anderen Fächern, die in der Schule niemals unter Legimitationszwängen stehen. In

Zeiten des Überlebenskampfes der Schulmusik in den allgemein bildenden Schulen

muss es uns um mehr gehen, vor allem dann, wenn Transfereffekte tatsächlich

nachgewiesen sind.“48

6. Wirkung von Klang auf geistiger (feinstofflicher) Ebene

In vielen Kulturen wird der Musik eine geistige Heimat zugeschrieben, und man

schreibt ihr seit eh und je magische Kraft zu und damit verbunden heilende Kraft: „Seit der Antike ist die Musik nicht nur die geheimnisvollste aller Künste, sondern

auch diejenige, der man die meisten magischen und heilenden Kräfte zuschreibt.

Musik ist in vielen Kulturen beinahe unlösbar mit Religion, Heilung, Priestertum

verbunden. Von Orpheus, der mit der Musik den Tod besiegt, bis hin zur modernen

Hirnforschung gibt es eine Unzahl von Hinweisen darauf, dass Musik nicht nur

Annehmlichkeit verschaffende Unterhaltung ist, sondern eine seelisch und organisch

prozessauslösende Droge sein kann. Wie in der Medizin muss dann die Frage nach

Wirkung und Nebenwirkung immer wieder neu gestellt werden. Die heilende Macht

der Musik impliziert vor allem die Frage nach der Macht und erst sekundär die Frage

nach allfälliger Heilung.“49

Der Schamanismus wird sehr oft unter Einsatz von Klang praktiziert. Die Aborigenes

aus Australien definieren Krankheit über Melodien und setzen im Therapieprozess

eine Gegenmelodie ein, um eine „Versöhnung mit dem Zustand“ zu erwirken.

Bei Pythagoras kann man nachlesen, dass man die innere Harmonie - die Harmonie

der Körpersäfte - durch musikalische Betätigung wieder herstellen kann.50

Auch in der Bibel kann man entsprechende Hinweise finden:

“Suche mir jemanden, der mir Musik macht, damit ich von den bösen Geistern befreit

werde.“51

„Sooft nun der böse Geist von Gott über Saul kam, nahm David die Harfe und spielte.

So wurde es Saul leichter,… und der böse Geist wich von ihm.“52

48 Ebenda S.104 49 Constanze Wimmer, Werbebroschüre vom Keplersalon für die Veranstaltung „Musik als heilende Macht„ im Keplersalon 9.2.2009 50 vgl. Franz Harnoncourt, Vortrag „Musik als heilende Macht - Traum oder Wirklichkeit? 9.2.2009 51 David und Saul Altes Testamanet, Buch Samuel 52 Werner Kraus, die Heilkraft der Musik S.13, 1998

Page 34: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

34

6.1. Mystik und Klang

Schon die Pythagoräer beschrieben ihre Kosmologie im Zusammenhang mit einer

Sphärenharmonie. Die Bewegung der kosmischen Himmelskörper sollen Töne

erzeugen deren Höhe von ihren Abständen und Geschwindigkeiten abhängt. Diese

Töne sind nicht hörbar, ergeben aber einen Zusammenklang (griechisch

„symphoneia„). Die Astronomie zeigt nach den Pythagoräern die selbe

Gesetzmäßigkeit wie die Musik oder die Mathematik.

Platon legte in seinem Dialog Timaios ebenfalls das Prinzip zugrunde, dass die Welt

von einem Demiurgen aus Zahlenproportionen, welchen den Intervallverhältnissen in

der Musik entsprechen entstanden ist.

Er ging von acht Tönen aus welche den sieben Planetensphären plus einer

Fixsternsphäre entsprechen. Er stellte folgende Reihenfolge auf: Mond, Sonne,

Venus, Merkur, Mars, Jupiter, Saturn, wobei Saturn der langsamste der Gestirne ist.

Diese harmonische Bewegung ist nach Platon aber keine physische Ursache.

Er benützt das Bild von acht Sirenen, die eine Tonleiter singen, welche als die

Weltharmonie erklingt.

Johannes Kepler übertrug die Grundidee der Sphärenharmonie auf sein

heliozentrisches System, da das geozentrische System nicht mit dem physikalischen

Erkenntnissen übereinstimmte.

1619 veröffentlichte Johannes Kepler sein Werk „Harmonices mundi“ wo er einen

harmonisch geordneten Kosmos darstellte.

Er formulierte, dass die Töne der Planetenbewegungen keine akustischen seien,

sondern daß der Zusammenklang mathematischen Proportionen und somit

musikalischen Harmonien entsprechen.

Er wollte zeigen, dass die Gesetze der Astronomie die gleichen sind wie die

musikalischen und das dem ein göttliches Prinzip zugrunde liegt.53

In der Praxis der aus Asien stammenden sogenannten Mantras wird die Beziehung der

Grundvokale zu den Atemräumen und zu den im feinstofflichen Körper sich

befindenden geistigen Zentren (Chakren) hergestellt. Damit wird die Verbindung zu

höheren Instanzen ausgeübt. (siehe Tabelle im 3 Anhang mit den Entsprechungen von

Mantren, Chakras und Farben).

Da die Vokale, die bestimmten Räumen des Körpers zugeordnet sind, in

Entsprechung zur Obertonreihe stehen, liegt es nahe, dass auch die

Körperproportionen der damit verbundenen inneren Zentren den Zahlenverhältnissen

der Naturtonreihe analog sind. Die Beziehung der Grundvokale zu den Atemräumen

und den damit verbundenen geistigen Zentren macht die Tatsache verständlich, dass

die Chakras durch vokalische Keimsilben „erweckt“ werden und dass die Abstände

der Obertöne, die den inneren Körperräumen entsprechen, immer kleiner werden,

sowie die unzähligen Blütenblätter im obersten Lotos des Sahasrara-Zentrums (Das

Scheitelchakra).

Von hier aus ließe sich auch das Geheimnis der tief singenden tibetischen Lamas

verstehen und ihre mantrischen Fromeln, denen ein bestimmter Oberton zugeordnet

ist, sowie ein bestimmtes inneres Zentrum mit der damit verbundenen Gottheit und 53 vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sphärenharmonie 9.12.2009

Page 35: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

35

ein „Mudra“ eine Handstellung, welche innere Kontaktströme zwischen den Zentren

zu schliessen vermag. Die Hervorbringung der Obertöne durch die von den einzelnen

Vokalen ausgehenden Mundstellungen und die Konzentration auf die dem Vokal

analogen Körperräume ermöglichen als fühlbares, auch dem westlichen Adepten

erlernbares Resultat die innere Erweckung der geistigen Zentren.54

In der entsprechenden Literatur, der (von Rudolf Steiner inizierten)

Geisteswissenschaft (Anthroposophie) spielen oft die Musikintervalle eine

entscheidende Rolle. So werden in Hermann Pfrogners Buch „Lebendige Tonwelt“

folgende Entsprechungen angeführt:

Prim = Aufrechtbewegung

Kleine Sekund = Drüsenbewegung

Grosse Sekund = Sprechbewegung

Kleine Terz = Blutbewegung

Grosse Terz = Atembewegung

Quart = Denkbewegung

Tritonus = Reproduktionsbewegung55

6.2. Feinstofflich gerichtete Musiktherapie

Unter den künstlerisch orientierten Musiktherapien (auch heilpädagogische

Therapien) wird die anthroposophische Musiktherapie eingereiht. Im Gegensatz zu

allen anderen oben angeführten Therapiearten, bei denen die individuelle und

emotionale Erfahrung im Mittelpunkt steht, wird hier davon ausgegangen, dass die

Musik einen überindividuellen Stellenwert hat und objektiven Gesetzmäßigkeiten

folgt. Der Therapeut muss diese Gesetzmäßigkeiten immer wieder neu aufspüren,

entsprechend der Änderungen der Gesamtsituation im Verlauf der Therapie. Das ist

für den Therapeuten selbst ein Übe- und Erfahrungsprozess.

Vom Therapeuten soll differenziert werden, welche Intervallfolgen oder harmonische

Ordnungen sowie welche Klänge von diversen Instrumenten - gemäß der Krankheit -

angewendet werden können.

Instrumente die oft angewendet werden sind: Leier, Chrotta (kleines Cello),

Krummhorn, Flöten, verschiedene Klangspiele und Gongs.

In der anthroposophischen Heilpädagogik ist diese Art der Behandlung immer

ergänzend zu einer ärztlichen Behandlung.56

Wie im asiatischen Buddhismus ist der gedankliche Ausgangspunkt der, dass der

Mensch neben seinem physischen Leib andere feinstoffliche Körper (Ätherleib,

Astralleib, usw.) besitzt, und dass jede Krankheit lange bevor die Symptome sich im

physischen Leib zeigen, in diesem feinstofflichem Körper manifestiert sind. Deshalb

sind primär diese feinstofflichen Körper mittels Klang zu behandeln.

Quellennachweis

54 Peter Michael Hamel, „Durch Musik zum Selbst“, S.140, S.141, 1976 55 Hermann Pfrogner, „Lebendige Tonwelt“, S.515, 1976 56 vgl. Werner Kraus “die Heilkraft der Musik” S.43 ff., 1998

Page 36: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

36

Abendroth, Walter, „Kurze Geschichte der Musik“,

Deutscher Taschenbuch Verlag, 1980

Kraus Werner „Die Heilkraft der Musik - Einführung in die Musiktherapie“

München-Beck, 1998

Hamel Peter Michael, „Durch Musik zum Selbst“,

1976 Scherz Verlag München-Wien

Berendt Joachim-Ernst , „Das dritte Ohr - vom Hören der Welt“,

1985 Rowohlt Verlag Gmbh, Reinbek bei Hamburg

Pfrogner Hermann, „Lebendige Tonwelt zum Phänomen Musik“,

1976 Georg Müller Verlag GmbH, München

Paturi Felix R., „Die großen Rätsel der Vorzeit“,

Piper Verlag GmbH, München Juni 2009

Bindel Ernst, „Die Zahlengrundlagen der Musik im Wandel der Zeiten“,

Stuttgart: Verlag freies Geistesleben, 1985

Bastian Hans Günther, „Kinder optimal fördern - mit Musik“,

2001, Schott Musik International

Doczi György, „Die Kraft der Grenzen“,

1984 der deutschen Ausgabe Dianus-Trikont Buchverlag Gmbh

Sacks Oliver, „Der einarmige Pianist, Musik und das Gehirn“,

2008 Rowohlt Verlag Gmbh, Reinbeck bei Hamburg

Jenny Hans, „Kymatik“,

1972, Basilius Presse AG, Basel

Ansermet Ernest, „Die Grundlagen der Musik im menschlichen Bewusstsein“,

R. Piper & Co. Verlag, München 1965

Masaru Emoto, „Die Botschaft des Wassers Band 1“,

2002 KOHA-Verlag Gmbh, Burgrein

Manfred Spitzer, „Musik im Kopf“,

2002 by Schatthauer Gmbh, Hölderlinstrasse 3, D-70174 Stuttgart, Germany

Wikipedia

Internet

1. Anhang

Page 37: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

37

Resonanzfrequenzen der Vokale:57

VOKALE MITTLERE RESONANZ FREQUENZ (Hertz)

U 300 Hz (ca. f´1)

A 500 Hz (ca. h´1)

Ä 1000 Hz (ca. h´2)

Ö 1350 Hz (ca. f´3) und 500 Hz (ca. h´1)

O 1550 Hz (ca. g´3) und 300 Hz (ca. f‘1)

Ü 1800 Hz (ca. a´3) und 700 Hz (ca. fis´2)

E 2100 Hz (ca. cis´4) und 500 Hz (ca. h´1)

I 3000 Hz (ca. g´4) und 300 Hz (ca. f`1)

57 Peter Michael Hamel „Durch Musik zum Selbst“, S.116, 1976

Page 38: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

38

2. Anhang

Ansermet, Einteilung der Intervalle:

Aktiv extravertiert (AE)

Passiv Introvertiert (PI)

Aktiv Introvertiert (AI)

Passiv extravertiert (PE)

(Ernest Ansermet, die Grundlagen der Musik im menschlichen Bewusstsein, S.222 - S.224, 1965)

3. Anhang

Page 39: Hartmut Eggl - Aspekte Der Wirkung Von Musik Auf Verschiedenen Ebenen

39

Namen und Symbole

Farbe Sanskrit Deutsch Element Symbol Gottheit Mantra

7. Sahasrara

(Tausendfache) Kronen- oder

Scheitel chakra

Universum 1000-

blättriger Lotos

Paramashiva OM oder

Pranava

6. Ajna

(Wahrnehmende) Stirnchakra

oder Drittes Auge

Geist

(Manas) 96-blättriger

Lotos (zwei mal 48

Blätter)

Sambhu KSHAM

5. Visuddha

(Reinigende) Hals- oder

Kehlchakra Äther

(Akasha) 16-blättriger

Lotos Sadhashiva HAM

4. Anhata

(Unbeschädigte) Herzchakra Wind (Vayu) 12-blättriger

Lotos Isha YAM

3. Manipura

(Leuchtender

Stern)

Nabel- oder

Solarplexus

chakra

Feuer (Agni) 10-blättriger

Lotos Rudra RAM

2. Svadhistana

(Süsse, Liebliche)

Sakral- oder

Sexualchakra Wasser

(Apas) 6-blättriger

Lotos Vishnu VAM

1. Muladhara (Wurzelstütze)

Wurzel- oder Basischakra

Erde (Prithivi)

4-blättriger Lotos

Brahma LAM

(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Chakra 21.12.2009)