hausarbeit haus der demokratie und menschenrechte

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1 Inhaltsverzeichnis 1. Nichtregierungsorganisationen als Akteure der Zivilgesellschaft -------- 1 2. Zur Geschichte des Hauses der Demokratie und Menschenrechte------- 2 3. Nichtregierungsorganisationen erläutert an Beispielen -------------------- 3 3.1. Mehr Demokratie -------------------------------------------------------------- 3 3.1.1. Volks- und Bürgerentscheide -------------------------------------------- 5 3.1.2. Transparenz der Politik fördern------------------------------------------ 6 3.1.3. Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene------------------ 6 3.2. Amnesty International -------------------------------------------------------- 7 3.2.1. Weltweit Handeln im Namen der Menschenrechte ------------------- 8 3.2.2. Bilanzen und Erfolge ------------------------------------------------------ 8 3.3. Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag----------------------------- 9 3.3.1. Grundsätze und Ziele ------------------------------------------------------ 9 3.3.2. Beteiligung an der Berliner Wirtschaftspolitik ----------------------- 10 3.4. Humanistische Union -------------------------------------------------------- 11 3.4.1. Beziehung von Staat und Kirche als Gefahr für die Freiheit ------- 11 3.4.2. Engagement für die Verteidigung der Grundrechte------------------ 12 3.5. Forum Menschenrechte ----------------------------------------------------- 13 3.6. Grüne Liga --------------------------------------------------------------------- 14 3.7. Netzwerk Freies Wissen ----------------------------------------------------- 15 3.7.1. Wissen als Allmendegut statt Faktor für Wirtschaftswachstum---- 15 3.7.2. Anpassung des Urheberrechts an das Internet als Beispiel --------- 16 4. Bewertung und Kritik------------------------------------------------------------- 16 Literaturverzeichnis ------------------------------------------------------------------ 20

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Inhaltsverzeichnis 1. Nichtregierungsorganisationen als Akteure der Zivilgesellschaft -------- 1 2. Zur Geschichte des Hauses der Demokratie und Menschenrechte------- 2 3. Nichtregierungsorganisationen erläutert an Beispielen -------------------- 3

3.1. Mehr Demokratie -------------------------------------------------------------- 3

3.1.1. Volks- und Bürgerentscheide -------------------------------------------- 5 3.1.2. Transparenz der Politik fördern------------------------------------------ 6 3.1.3. Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene------------------ 6

3.2. Amnesty International-------------------------------------------------------- 7

3.2.1. Weltweit Handeln im Namen der Menschenrechte------------------- 8 3.2.2. Bilanzen und Erfolge ------------------------------------------------------ 8

3.3. Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag----------------------------- 9

3.3.1. Grundsätze und Ziele------------------------------------------------------ 9 3.3.2. Beteiligung an der Berliner Wirtschaftspolitik ----------------------- 10

3.4. Humanistische Union -------------------------------------------------------- 11

3.4.1. Beziehung von Staat und Kirche als Gefahr für die Freiheit ------- 11 3.4.2. Engagement für die Verteidigung der Grundrechte------------------ 12

3.5. Forum Menschenrechte ----------------------------------------------------- 13 3.6. Grüne Liga --------------------------------------------------------------------- 14 3.7. Netzwerk Freies Wissen ----------------------------------------------------- 15

3.7.1. Wissen als Allmendegut statt Faktor für Wirtschaftswachstum---- 15 3.7.2. Anpassung des Urheberrechts an das Internet als Beispiel --------- 16

4. Bewertung und Kritik---------------------------- --------------------------------- 16 Literaturverzeichnis ------------------------------- ----------------------------------- 20

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1. Nichtregierungsorganisationen als Akteure der Zivilgesellschaft Unter Nichtregierungsorganisationen (NROs) sind Akteure zu verstehen, welche sich in zivilgesellschaftlichen Bewegungen zusammengeschlossen haben. Für NROs wird meist der englische Begriff Non-Governmental-Organisations (NGOs) verwendet. Diese Organisationen sind durch die gemeinnützigen Ziele ihrer Tätigkeit unkommerziell ausgerichtet. Es geht darum, Missstände, beispielsweise in den Bereichen Ökologie, Soziales oder Menschenrechte, weltweit zu korrigieren. Es bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, wann eine Organisation als Nichtregierungsorganisation bezeichnet werden kann. In einer ersten Definition wird davon ausgegangen, dass es sich um freiwillige Zusammenschlüsse handelt, die parteipolitisch unabhängig sind, bei denen keine Gewinnorientierung besteht und die sich an den Interessen ihrer Mitglieder oder einer Zielgruppe orientieren. Sie stehen für Menschen unabhängig von Religion, Nationalität oder ethnischer Herkunft offen und haben einen Bezug zu Arbeitsthemen sozialer Bewegungen. Als freiwillige und gemeinnützige Mitgliederverbände, Vereine, Bürgerbündnisse oder Serviceeinrichtungen des Dritten Sektors können NGOs ebenfalls definiert werden. Der Dritte Sektor ist zwischen Markt und Staat im makroökonomischen Wirtschaftsmodell einzuordnen. Keynes hatte einen derartigen Sektor nicht vorgesehen. Einfach erklärt sind NGOs ein Teil der Zivilgesellschaft und nationale oder multinationale Bewegungsorganisationen.1 Seit einer Serie internationaler Konferenzen der Vereinten Nationen (UN) zu Menschenrechtsthemen von 1992 bis 1996 verstärkten sich die Beteiligungsambitionen der NGOs, analog zum beschleunigten Globalisierungsprozess. Die Nationalstaaten stoßen zur Bearbeitung internationaler Problemstellungen an ihre auferlegten Grenzen. Viele NGOs gewinnen als Politikberater mit Expertise an Bedeutung. Sie sind anders als Parteien nicht an ein Territorium gebunden. Zudem wird Parteien oft die Lösung bestimmter Probleme nicht mehr zugetraut.2 Von globaler Ebene werden politische Beschlüsse und dazugehörige Handlungskonzepte bis auf die Kommunalebene in Nationalstaaten projiziert. Um Forderungen durchzusetzen spielt die Vernetzung der Organisationen untereinander eine bedeutende Rolle. Vernetzung kann aktionsbezogen oder als dauerhaft institutionalisierter Rahmen erfolgen.3 Am Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte wird dies durch räumliche Nähe der Organisationen zueinander deutlich.

1 Vgl. Altvater / Brunnengräber / Walk: Vernetzt und Verstrickt, S. 11 2 Vgl. Altvater: Markt und Demokratie in Zeiten von Globalisierung und ökologischer Krise, S. 252 3 Vgl. Altvater / Brunnengräber / Walk: Vernetzt und Verstrickt, S. 15-16

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2. Zur Geschichte des Hauses der Demokratie und Menschenrechte Unter praktisch einem Dach sind im Haus der Demokratie und Menschenrechte derzeit über 70 Nonprofit-Organisationen (NPOs) oder Nichtsregierungsorganisationen (NROs) zusammengefasst. Die Organisationen beschäftigen sich mit den vielfältigsten Themenfeldern, wie Umwelt-, Menschen- und Grundrechte, Kinder- und Datenschutz, Entwicklungspolitik, Energie, alternative Wirtschaft, Geschlechterverhältnis, Gesundheit, direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung. Es wird die Unabhängigkeit von etablierten Parteien ausdrücklich betont, wobei jedoch die politische Ausrichtung der Akteure zum Teil Vermutungen zulässt. Darauf lassen die Betätigungsbereiche in einigen Fällen schließen. So antwortete ein Sprecher der Humanistischen Union auf Nachfrage: „Es gibt natürlich Parteien, die uns näher stehen“. Innerhalb dem Gemeinwohl orientierter Organisationen entstehen eher weniger Zielkonflikte, welche etwa in Parteien oder Wirtschaftsunternehmen zwangsläufig entstehen, etwa bei der Verfolgung ökonomischer Interessen. Generell können NGOs politisch beeinflusst werden, wenn es um Einfluss und die Durchsetzung von Interessen geht, etwa bei den Vereinten Nationen (UN). Dennoch bleibt die finanzielle Unabhängigkeit und damit verbundene alleinige Entscheidungs- und Handlungsfreiheit meist unberührt. Letztlich sollte jede Organisation einzeln beurteilt werden, da es sich beim Dritten Sektor allgemein um einen völlig heterogenen Politik- und Wirtschaftszweig handelt. Die Entstehung des Hauses der Demokratie und Menschenrechte geht auf die Bürgerbewegungen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zurück. Mit ihrer Hilfe wurde Oppositionsarbeit getragen und geleistet, welche, trotz staatlicher Repressionen, schließlich zur friedlichen Revolution im Herbst 1989 in der DDR führte. Als das Staatsgebilde DDR nach der politischen Wende weiterhin in niedergangsartiger Auflösung begriffen war, wurde zum 7. Dezember 1989 ein Zentraler Runder Tisch einberufen. An diesem suchten die neuen Bürgerbewegungen gemeinsam mit der zuvor allein regierenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) nach Lösungen, aus der Misere, auf dem Weg in ein neues Zeitalter. Es stellte sich schnell heraus, dass die alten Machtstrukturen keinen Fortbestand haben würden, so wurde die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gleich in der ersten Sitzung beschlossen. Mit dem Zentralen Runden Tisch wurde den Bürgerbewegungen von der alten totalitären Regierung ein fester Standort zur Verfügung gestellt. Über einen solchen verfügten die Organisationen vorher nicht und es war dringend notwendig, um deren Handlungsmöglichkeiten zu verbessern. Zugestanden wurde zunächst ein Gebäude aus dem SED-Parteivermögen in der zentralen Berliner Friedrichstrasse, welches als Haus der Demokratie bezeichnet wurde.

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Schon wenige Jahre später, nach der politischen Wende, kam es zu einem Rechtsstreit über die Eigentumsverhältnisse des Gebäudes und ein Umzug in die Greifswalder Strasse war die Konsequenz. Die neuen Räumlichkeiten waren größer und das Haus der Demokratie wurde um den Zusatz Menschenrechte erweitert. Heute gilt es weiterhin als Wächter an Politik und Gesellschaft in Deutschland und der Welt mitzuwirken. Die Organisationen arbeiten basisdemokratisch unter den einander verbindenden Vorzeichen Demokratie und Menschenrechte unter einem Dach zusammen. Es ist das derzeit größte NGO-Haus in der Bundesrepublik, welches Bürgerbewegung Ost und westdeutsche Menschenrechtsorganisationen zusammenfasst. Hier findet medienunabhängige Meinungsbildung und Diskussion statt.4 Es ist unverzichtbar, finanzschwachen, aber durch starke Argumente und für Gerechtigkeit und Ideen kämpfende NGOs, Freiräume zu ermöglichen. Diese entstehen gerade auch durch finanzielle Unabhängigkeit, da so von außen kein politischer Druck ausgeübt werden kann. Der Erfolg lässt sich nicht nur an positiven Reaktionen der Öffentlichkeit ablesen, sondern auch daran, dass Konzepte von NGOs zunehmend den Weg in die Politik finden. Es müsste für die Revolutionäre der Wende vermutlich eher schwer verständlich sein, dass ausgerechnet die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) heute wieder mit der Linkspartei politische Verantwortung in einzelnen Bundesländern trägt. Die wirklich treibenden Kräfte der Erneuerung scheinen dagegen, entsprechend erfolgter Leistungen, verhältnismäßig wenig Einfluss geltend machen zu können. Nach Auffassung von Stimmen der ostdeutschen Bürgerbewegungen erfolgte offenbar keine Auflösung der SED, sondern eine Transformation zur Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) und schließlich zur Partei „Die Linke“.5 Dennoch müssen echte Demokraten auch dieser Partei den Erfolg zugestehen. 3. Nichtregierungsorganisationen erläutert an Beispielen Im folgendem möchte ich auf sieben Organisationen näher eingehen, welche bedingt durch zum Teil ausgefallene Forderungen auf sehr unterschiedliche Anerkennung und Ergebnisse verweisen können. Alle Organisationen wurden im Rahmen der Lehrveranstaltung „Nichtregierungsorganisationen in Europa“ von Heike Walk, an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin, besucht und befragt.

3.1. Mehr Demokratie

Der Verein Mehr Demokratie wurde von engagierten Bürgerinnen und Bürgern am 12. Juli 1988 in Bonn gegründet. Nach einem Umzug 1993 nach München sitzt der Bundesverband mittlerweile, zumindest teilweise, in der erneuten Hauptstadt Berlin. Insgesamt ist eine dezentrale Organisationen der Bundesverwaltung erkennbar.

4 Vgl. Haus der Demokratie und Menschenrechte – Unser Selbstverständnis 5 Vgl. Ullmann, Wolfgang: Die Geschichte vom Haus der Demokratie und Menschenrechte

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So sitzt der Geschäftsführer, die Buchhaltung und der Mitgliederservice in München, lediglich die Pressearbeit wird von Berlin aus koordiniert. Auch in Büros der Städte Stuttgart, Hamburg, Bremen und Köln sind wichtige Aufgabenbereiche angesiedelt. Im Berliner Büro werden vier hauptamtliche Mitarbeiter, neben Praktikanten, beschäftigt. Es handelt sich um eine unabhängige und gemeinnützige NGO. Die Finanzierung von Aktionen, Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit erfolgt durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Von anfangs 180 konnte die Anzahl der Mitglieder auf über 4.500 Personen gesteigert werden. Auch die Mitgliedschaft von anderen Organisationen ist möglich. Der Mitgliedbeitrag liegt derzeit bei 60 Euro, Förderbeitrag 100 Euro sowie ermäßigt 30 Euro. Zum Bundesverband gehören Vorstand, Koordinierungskreis, Kuratorium und zwölf Landesverbände. Nur in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt bestehen noch keine Landesorganisationen. Berlin und Brandenburg sowie Niedersachsen und Bremen bilden jeweils einen Landesverband. Jeweils einmal im Jahr findet eine Mitgliederversammlung statt. Hier wird über alle grundsätzlichen Angelegenheiten des Vereins, wie Vorstand, Haushalt und Satzung abgestimmt. Auf Initiative von sieben Mitgliedern kann ein Antrag auf Mitgliederurabstimmung gestellt werden, welcher wiederum einer Zustimmung von 100 Mitgliedern bedarf. Die Mitglieder können also neben der aktiven Beteiligung in Arbeitsgruppen, zusätzlich Handlungsempfehlungen direkt an den Vorstand richten. Das Kuratorium übt beratende Tätigkeiten aus. Es besteht aus Persönlichkeiten der Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik. Vier Mal jährlich wird ein Vereinsmagazin mit dem Titel „Zeitschrift für direkte Demokratie“ herausgegeben. Zum Organisationsziel heißt es in der Satzung: „Der Verein ist ein Zusammenschluss von Menschen, die sich für die staatsbürgerliche Bildung in der Gesellschaft, insbesondere zum Thema der demokratischen Grundordnung einsetzen wollen“. Es wird Bildungsarbeit geleistet und vor allem die Weiterentwicklung der Staats- und Gesellschaftsform in der Bundesrepublik, unter Berücksichtigung eines steigenden Bedürfnisses der Bevölkerung nach Mitbestimmung, erfolgreich vorangetrieben. Außerhalb der Satzung wird der Verein „Mehr Demokratie“ präziser und fordert das Recht auf Volksabstimmung über wichtige Sachfragen. Gemeint sind alle staatlichen Ebenen von den Kommunen, Ländern, Bund bis zur Europäischen Union. Darüber hinaus wird sich für die Demokratisierung von internationalen Organisationen wie UN (Vereinte Nationen), IWF (Internationaler Währungsfonds)und WTO (Welthandelsorganisation) eingesetzt.

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3.1.1. Volks- und Bürgerentscheide Die direkte Demokratie wurde in Deutschland erst Anfang der 1990er Jahre eingeführt. Seit der Wiedervereinigung ist ein stark steigendes Bedürfnis der Bevölkerung in Deutschland nach mehr Mitbestimmung festzustellen. Bis Dezember 2006 wurden in den Bundesländern insgesamt 185 Volksbegehren gestartet. Von einem Volksbegehren wird auf Landesebene gesprochen, wenn eine Organisation oder Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern Unterschriften sammelt, um einen Volksentscheid herbeizuführen. Ein Volksentscheid, eine Abstimmung über eine politische Sachfrage, kann nur dann erfolgen, wenn eine bestimmte Anzahl von Unterschriften in einem vorgegebenen Zeitraum gesammelt wird und das Thema zulässig ist. Die Anzahl der Unterschriften im Verhältnis zu den Wahlberechtigten ist das Unterschriftenquorum. Einzelheiten sind in den Landesverfassungen sehr unterschiedlich geregelt. So unterscheidet sich die Anzahl der benötigten Unterschriften und eventuell einzuhaltenden Zeiträume deutlich. Erst wenn die Hürden genommen sind, findet in den Wahllokalen ein Volksentscheid statt. Im Falle von Verfassungsänderungen wird von einem Referendum gesprochen. Sollte sich das Parlament schon vor einem Urnengang der Bevölkerung mit der Thematik entscheidend befassen, handelt es sich um eine Volkspetition. Auch hierfür sind Unterschriften innerhalb einer bestimmten Frist zu sammeln. Im Falle eines Volksentscheides oder Referendum bestehen wiederum Beteiligungs- und Zustimmungsquoren, welche ebenfalls in den Bundesländern unterschiedlich ausfallen. Landesparlamente können ebenfalls, unter bestimmten Voraussetzungen, Volksentscheide herbeiführen. In den Kommunen sind, wie auf Länderebene, auch Abstimmungen der Bevölkerung möglich. Näheres ist hier in den Gemeinde- und Landkreisordnungen geregelt und diese Vorgaben sind ebenso sehr unterschiedlich. Auf Gemeindeebene wird von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden gesprochen. Wie auf Länderebene, sind auch Vertreter der Kommunalpolitik berechtigt, Bürgerentscheide einzuleiten oder Konkurrenzvorlagen zu erstellen. In der Gesamtauswertung eines Rankings bürgerlicher Mitbestimmung vom Verein „Mehr Demokratie“ konnten Bayern und Berlin die ersten beiden Plätze belegen. Auch Hamburg konnte noch punkten. Auf dem letzten Platz landete das Saarland. In aufgerundeten Noten, orientiert am System der Schulnoten, wurden dreizehn Bundesländer nur mit „ausreichend“ bis „ungenügend“ bewertet. Das Ranking berücksichtigt sowohl Kommunal- als auch Landesebene.6 Auf Bundesebene sind bisher noch keine Volksabstimmungen möglich, werden jedoch auch von „Mehr Demokratie“ gefordert, etwa zum europäischen

6 Vgl. Rehmet / Flothmann / Weber: Zweites Volksentscheid-Ranking. Länder und Gemeinden im Demokratie-Vergleich

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Verfassungs- oder Reformvertrag.7 Es wurden gar in allen europäischen Staaten Abstimmungen zu diesem für die europäische Integration unverzichtbaren Vertragswerk gefordert.8 In den vergangenen Jahren konnte „Mehr Demokratie“, bei näherer Betrachtung, wirklich bemerkenswerte Erfolge erzielen. In den unterschiedlichsten Ländern konnten Volksentscheide angestoßen werden. Es bleibt vor allem ein Ziel, die Hürden für die Volksbegehren und Volksentscheide zu senken. Da gibt es nach Auffassung von „Mehr Demokratie“ Verbesserungsbedarf gegenüber anderen Staaten.

3.1.2. Transparenz der Politik fördern Oft sind Bürginnen und Bürger nicht in der Lage, Parteiprogramme zu überblicken. Noch schwieriger wird es, mit Politikern in Kontakt zu treten. Der Hamburger Verein „Parlamentswatch“ hat, in Kooperation mit dem Hamburger Landesverband von Mehr Demokratie sowie zwei weiteren Partnern, Internetplattformen entwickelt, auf welchen sich Kandidaten für Parlamente und Abgeordnete den Fragen der Wähler stellen. Auch wird übersichtlich dargestellt, für welche Inhalte die Parteien stehen. Die Projekte „Kandidatenwatch“ für die Bundesebene und „Abgeordnetenwatch“ für die Länder laufen erst seit 2005 bzw. 2004 und sind ein ausgesprochener Erfolg. Schon nach einem halben Jahr erhielt das Projekt „Abgeordnetenwatch“ fast den „Grimme Online Award“. Nur knapp siegte aus 1.400 Vorschlägen ein anderes Projekt. Es konnten zahlreiche renommierte Medienpartner wie der Spiegel, Stern oder die Süddeutsche Zeitung gewonnen werden. Über 200.000 Bürginnen und Bürger nutzen das Angebot „Kandidatenwatch“ während des Bundestagswahlkampfes 2005 und stellten mehr als 12.000 Fragen.9

3.1.3. Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene Die Kontrolle des öffentlichen Sektors soll mit dem Informationsfreiheitsgesetz vorangetrieben werden. Dadurch sollen Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt werden, voraussetzungslos den Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung zu bekommen. Der Nachweis eines rechtlichen Interesses an Informationen, wie nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt, soll nach Meinung von „Mehr Demokratie“ nicht mehr von Nöten sein. Ausgenommen werden sollen, in Einklang mit anderen rechtlichen Vorschriften, etwa Daten bezüglich Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Strafverfolgung oder der öffentlichen Sicherheit.10

7 Vgl. Müller: Mehr Demokratie. Praxis, Tipps + Argumente, S. 3 8 Vgl. ebd., S. 45 9 Vgl. Gardiner, Angelika: Demokratie im Internet - wie abgeordnetenwatch.de entstand 10 Vgl. Mehr Demokratie e.V.: Was ist Informationsfreiheit ?

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Mittlerweile gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene, in den Ländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Saarland, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen sowie auf europäischer Ebene ein Umweltinformationsrecht. Das Gesetz auf Bundesebene ist am 1. Januar 2006 in Kraft getreten und auch ein Erfolg von „Mehr Demokratie“. Eine entsprechende Kampagne wurde im Sommer 2004 in Kooperation mit der Humanistischen Union, Transparency International, Politik-Digital, Netzwerk Recherche, dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und der Bertelsmann Stiftung initiiert. Zahlreiche prominente Unterstützer wie Prof. Dr. Edda Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen, Prof. Dr. Gesine Schwan (Präsidentin der Europa-Universität Viadrina) oder dem ver.di Vorsitzenden Frank Bsirske hatten sich ebenfalls dafür ausgesprochen.11

3.2. Amnesty International

Die weltweit größte Menschenrechtsorganisation mit Sitz in London ist Amnesty International (ai). Es handelt sich um eine politisch unabhängige NGO, welche sich ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert. Im Jahr 1977 erhielt ai den Friedensnobelpreis. Gegründet wurde der Verein schon 1961 in Großbritannien von Peter Benenson und hat mittlerweile mehr als 2,2 Millionen Mitglieder und Unterstützer in mehr als 150 Ländern weltweit.12 Anlass zur Gründung war die Inhaftierung zweier portugiesischer Studenten 1961, nachdem diese in einem Lokal zu lautstark auf die Freiheit anstießen. Daraufhin veröffentlichte Peter Benenson einen kritischen Artikel in der britischen Zeitung Observer und gründete wenig später Amnesty International.13 Der Sitz des Vereins, durch den Eintrag ins Vereinsregister in Deutschland, ist Köln. Die deutsche Sektion hat mehr als 90.000 Mitglieder und Unterstützer. Mitglied können ausschließlich natürliche Personen werden. In den Sekretariaten in Bonn und Berlin werden insgesamt 52 Teil- und Vollzeitkräfte beschäftigt. Es gibt in allen Bundesländern ein oder mehrere Bezirksbüros sowie eine Vielzahl von selbstständigen Arbeitsgruppen unterschiedlichster Zusammensetzung, sowie zu vielen Spezialthemen.14 Die Jahresversammlung beschließt über grundsätzliche Maßnahmen zur Erreichung des Vereinszweckes wie Arbeitsrahmen, den Haushalt oder über die Höhe der Mitgliedsbeiträge. Dieser beträgt derzeit 48 Euro, für Schülerinnen, Schüler, Studentinnen, Studenten und Erwerbslose 24 Euro jährlich. Mitglieder des Vorstandes und die Kassenprüfer werden ebenfalls in

11 Vgl. Politik Digital e.V.: Für das Recht auf Information: Behördenunterlagen dürfen nicht länger unter Verschluss bleiben 12 Vgl. Kurzportrait von Kurzportrait Amnesty International 13 Vgl. Am Anfang war die Empörung - Wie alles begann 14 Vgl. Aufbau der Organisation Amnesty International

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der Jahresversammlung gewählt.15 Mitglieder erhalten monatlich ein Journal, um über Aktivitäten und Entwicklungen informiert zu werden.

3.2.1. Weltweit Handeln im Namen der Menschenrechte Ziel von ai ist es, dass Menschen in aller Welt nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN) und anderer, in internationalen Menschenrechtsinstrumenten festgelegten Rechte leben können. Ausführliche Ermittlungs- und Aufklärungsarbeit sowie Kampagnen gehören ebenso zur Aufgabe wie Aktionen gegen schwerwiegende Verletzungen der Rechte auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Meinungsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Freiheit von Diskriminierung sollen ebenfalls durchgesetzt werden. Den ständigen Einsatz für die Freilassung von politischen Gefangenen, welche Gewalt weder propagiert noch angewendet haben, hat sich die Organisation zur Aufgabe gemacht. Dazu gehören faire Gerichtsverfahren, Bekämpfung politischer Morde, der Todesstrafe, Schutz von Asylsuchenden. Urheber von Menschenrechtsverletzungen weltweit sollten dagegen selbstverständlich vor Gericht gestellt und für ihre verachtenden Taten zur Verantwortung gezogen werden.16 Des Weiteren gilt es, den weltweiten Waffenhandel zu bekämpfen, für Gleichberechtigung einzutreten und Diskriminierung zu verhindern. Um gestellte Ziele zu erreichen, wird die Kooperation mit nichtstaatlichen Organisationen und den Vereinten Nationen (UN) gesucht. Amnesty International legt ausdrücklich hohen Wert auf präzise Recherche und leistet durch bemerkenswerten Einsatz der Aktivisten höchst engagierte Arbeit. Es ist eine Solidargemeinschaft, welche global handelt und sich immer wieder besonders für Einzelschicksale einsetzt. Im Bedarfsfall werden sowohl Staaten, Unternehmen, politische Gruppierungen als auch zwischenstaatliche Organisationen kritisiert und zur Rechenschaft gezogen.

3.2.2. Bilanzen und Erfolge Unzählige und fortlaufend stetige Aktivitäten finden weltweit Anerkennung. Arbeit zum Schutz der Menschenrechte ist heute selbstverständlich geworden und kann kaum hoch genug bewertet werden. In Zeiten wachsenden Wettbewerb- und Profitdrucks verdienen gerade ehrenamtliche Helfer höchsten Respekt. Das sollte soweit gehen, diese Menschen zumindest symbolisch zu entlohnen. Europa hat schlimme Erfahrungen in vielen Kriegen und Jahren der Unterdrückung machen müssen und dennoch scheinen sich leidvolle Geschichten auf unserem Planeten zu wiederholen.

15 Vgl. Satzung von Amnesty International / Arbeitsrahmen der Sektion Deutschland 16 Vgl. Kurzportrait von Kurzportrait Amnesty International

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Im Jahresbericht 2007 werden 153 Länder behandelt. In bewaffneten Konflikten sind 70 Prozent der Opfer Zivilisten, die meisten Frauen und Kinder. Weltweit wurden 2006 etwa 700 Menschenrechtsverteidiger und –organisationen geschult. Es wurden 473 Informationspapiere und Berichte veröffentlicht und 121 Kampagnen und Projekte gestartet. Für gefährdete Personen wurden 330 Eilaktionen, so genannte „Urgent Actions“ gestartet.17 In 77 Ländern und Regionen wurden 121 Kampagnen gestartet. Dies sind nur Beispiele für die erfolgreiche Arbeit von Amnesty International.

3.3. Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag

Aufgrund der für Berlin fatalen, aber längst überfälligen Kürzungen im Landeshaushalt, entstand 1996 der Berliner entwicklungspolitische Ratschlag. Das Netzwerk sah die Notwendigkeit tätig zu werden und für den Staat einzuspringen. Bestehend aus über 60 Mitgliederorganisationen ist es seit 1998 eingetragener Verein mit Sitz in Berlin. Der Jahresbeitrag beträgt derzeit lediglich 30 Euro. Die Arbeit wird größtenteils ehrenamtlich geleistet. Bis auf wenige Ausnahmen haben alle Mitgliedsorganisationen oder eine Regionalgruppe ihren Sitz in Berlin.

3.3.1. Grundsätze und Ziele Das Leitbild des Netzwerkes stellt sich, unabhängig regionaler Orientierung, eher global dar. Es orientiert sich an der Konferenz für Umwelt und Entwicklung, auch Erdgipfel, der Vereinten Nationen (UN) von 1992 in Rio de Janeiro. Dort wurde über ungleiche Entwicklungsmöglichkeiten der Weltbevölkerung debattiert und Ziele zur Verbesserung der Situation verabschiedet. Demokratie und individuelle Selbstbestimmung wird betont, gleichzeitig stellt das Leitbild aber die Zukunftsfähigkeit bestehender ökonomischer und politischer Strukturen in Frage. Zudem sind pazifistische Züge zu erkennen, es wird Weltfrieden gefordert, was wohl eher theoretischer Natur ist.18 Es sind sehr unterschiedliche Arbeitsbereiche mit denen sich die Mitgliedsorganisationen beschäftigen, beispielsweise Entwicklungszusammenarbeit Nord-Süd, fairer Handel, Bildungsarbeit in Berlin, Projektarbeit Umwelt und Entwicklung, lokale Agenda 21 für nachhaltiges öffentliches Wirtschaften, Integrationsarbeit und Menschenrechte. Die Aufgabe des Netzwerkes besteht in der Vertretung gemeinschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft, Kirche und Wissenschaft. Gegenüber der Bevölkerung wird Aufklärungsarbeit für den „Eine-Welt-Gedanken“ geleistet. Zudem werden die Mitglieder in Fragen der eigenen Organisationsstruktur beraten.

17 Vgl. ai-Jahresbericht - Zahlen und Fakten 18 Vgl. Leitbild vom Berliner entwicklungspolitischen Ratschlag

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Durch Vermittlung, Kooperation, Bündelung, Weiterbildungsangeboten, Öffentlichkeitsarbeit und Initiierung von Veranstaltungen können Aktivitäten zielgerechter verfolgt werden.19

3.3.2. Beteiligung an der Berliner Wirtschaftspolitik Seit 1997, berufen durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, besteht beim Land Berlin ein Beirat für Entwicklungszusammenarbeit. Der Beirat arbeitet mit der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit (LEZ) bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft zusammen. Das Organ hat beratende Funktion und wurde auf Anregung des Berliner entwicklungspolitischen Ratschlags etabliert. Es sind derzeit 5 von 19 Posten des Beirates durch den entwicklungspolitischen Ratschlag besetzt. Zu den Aufgaben gehören Zusammenführung von Umwelt und Entwicklung, ein Spannungsfeld, sowie nachhaltiges regionale Ökonomie in Verbindung mit internationaler Wirtschaftspolitik.20 Die Mitgliederinteressen des Netzwerkes werden gegenüber dem Beirat vertreten und Lobbyarbeit geleistet. Es sind sehr tief greifende Forderungen, welche an die Berliner Landespolitik gestellt werden. Nachdrücklich wird die Politik zu sozial und ökologisch verantwortungsvoller Beschaffung aufgerufen. Der Einkauf der öffentlichen Institutionen soll bis 2020 vollständig umgestellt werden. Produkte und Dienstleistungen sollen nur noch dann beschafft werden, wenn diese sozialen und ökologischen Kriterien entsprechen. Dazu gehören gemäßigte Aspekte wie beispielsweise die Beachtung von Tarif- und Mindestlöhnen durch Auftragnehmer, fairer Handel, wirtschaftliche Bewertung der Gesamtkosten von Produkten bis zur Entsorgung und die positive Bewertung von ausbildenden Betrieben. Diskutabel wird es bei Rufen zur Abkehr vom Preiswettbewerb und der finanziellen Ausstattung von NGOs. Die eigene Unabhängigkeit und Zugehörigkeit zum Dritten Sektor wird paradoxer Weise gerne betont. Bis zu Gesetzesänderungen und Umschulung von öffentlichen Bediensteten, zur genauen Befolgung der Beschaffungskriterien, reichen die Forderungen. Ausschreibungen der öffentlichen Hand seien nicht transparent und diskriminierend.21 Nach Ansicht des Netzwerkes würde bisher beim Einkauf nur auf den Preis geachtet werden. Solche Thesen können selbst für die Privatwirtschaft einfach nicht pauschalisiert werden. Das ist sachlich schlicht falsch. Von der sozialen Marktwirtschaft und in dem Zusammenhang der Bedeutung des Mittelstandes für die Volkswirtschaft in der Bundesrepublik ist keine Rede. Mit nachhaltiger öffentlicher Wirtschaft soll scheinbar für die ganze Volkswirtschaft ein Trend vorgegeben werden. Betont wird der hohe Anteil der öffentlichen Ausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP).

19 Vgl. Wer ist der Berliner entwicklungspolitische Ratschlag 20 Vgl. Beirat Entwicklungszusammenarbeit bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen. 21 Vgl. Kommentar zur Senatsvorlage „Berlin und seine Unternehmen als Nachfrager – fairer Wettbewerb und gesellschaftliche Verantwortung

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Missstände sind nicht von der Hand zu weisen, sollten aber auch nicht überzogen dargestellt werden. Es muss auch die Frage erlaubt sein, wie das Land Berlin im globalisierten Wettbewerb, unter Anwendung solcher scharfen Einkaufsbestimmungen, bestehen möchte. Das Land hat ohnehin in den letzten Jahren erneut kräftig an finanziellem Boden verloren. Immer noch wachsen fast alle Bundesländer stärker als Berlin. Anstatt dass sich die Schere zwischen Ost und West schließt, öffnet sich diese wirtschaftlich offenbar immer weiter. Das zeigt sich teils auch in der politischen Stimmung oder beim Vergleich von Bundesländern. Ein Fördermitglied des Berliner entwicklungspolitischen Ratschlags, die Arbeitsgemeinschaft Cuba Si, fand im Verfassungsschutzbericht 2006 des Bundesinnenministeriums Erwähnung.22 Die politische Orientierung des Netzwerkes wirkt einseitig und so sollte noch stärker nach der politischen Legitimation von NGOs, im Zusammenhang mit Demokratie und der Macht des Volkes, gefragt werden. Auch wurde vom Netzwerk bereits ein „Wahlcheck“ durchgeführt. Obwohl die Organisationen politisch unabhängig sind, wird eher nach mehr Staat gerufen. Der Dritte Sektor, einschließlich der Nichtregierungsorganisationen, ist ein völlig heterogenes Gebilde. An diesem Netzwerk wird das mehr als deutlich.

3.4. Humanistische Union

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union, mit Sitz in München, wurde 1961 gegründet und bekennt sich in der Satzung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. In den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gibt es Regionalgruppen. In Berlin befindet sich die Bundesgeschäftsstelle. Es wird die Gründung von weiteren Landes-, Regional- und Ortsverbänden angestrebt. Zusätzlich werden zwei Bildungswerke in Bayern und Nordrhein-Westfalen unterhalten, eine Frauen- und Familienberatung in Lübeck sowie eine Stelle zur Kontaktaufnahme von Gefängnisinsassen in Berlin. Sowohl für natürliche als auch für juristische Personen ist eine Mitgliedschaft möglich. Die Mitgliedsbeiträge betragen momentan zwischen 30 und 120 Euro im Jahr.

3.4.1. Beziehung von Staat und Kirche als Gefahr für die Freiheit Ein Grund für die Bildung der Humanistischen Union war und ist wohl bis heute eine deutliche Skepsis gegenüber den Kirchen, insbesondere eine deutliche Kritik an der Beziehung von Kirche und Staat.

22 Vgl. Verfassungsschutzbericht 2006, S. 178, 183

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Im Gründungsaufruf heißt es wörtlich: „Wir sind zu Mitläufern einer Verschwörung geworden, die unsere Entmündigung und Gleichschaltung diesmal im Namen der christlichen Heilslehre verlangt“.23 Die Argumentation ging soweit, den demokratischen Parteien zu attestieren Gefangene einer öffentlichen Meinung zu sein, welche alles verdrängt und unterdrückt, was am prinzipiell christlichen Charakter der Bundesrepublik Zweifel aufkommen lassen könnte. Heute können diese Vorwürfe als entschärft betrachtet werden, jedoch wird weiterhin die Ansicht vertreten, dass Staat und Kirche nicht ausreichend voneinander getrennt sind. Aus ökonomischer Sicht muss dies ambivalent betrachtet werden. So häufen sich Hinweise darauf, dass der Soziologe Max Weber mit seiner Schrift „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ mehr Recht behalten könnte als bisher angenommen. Demzufolge ist eine gut funktionierende Volkswirtschaft auch auf die Vermittlung und Anerkennung von Werten und Tugenden zurückzuführen.24

3.4.2. Engagement für die Verteidigung der Grundrechte Zu den Zielen gehören weiterhin die Abschaffung von verpflichtendem Religionsunterricht und Beseitigung des Einzugs der Kirchensteuer durch den Staat sowie Gleichberechtigung aller Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften. Bei einigen NGOs kann im Laufe ihrer Existenz eine Milderung von zuvor radikaleren Standpunkten beobachtet werden, jedoch bilden sich am oppositionellen Rand teils wieder neue Organisationen nach. Ganz oben auf der Agenda der Humanistischen Union steht zudem der Einsatz für die im Grundgesetz verankerten Rechte der freien Persönlichkeitsentfaltung, der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit, der freien Meinungsäußerung, Abbau von Diskriminierung sowie freie Information und Forschung. Gleichzeitig wird die Abschaffung des geheimdienstlichen Verfassungsschutzes gefordert.25 Außerdem werden aktuelle, ebenfalls kontrovers diskutierte Themen aufgegriffen. Dazu zählen etwa der Einsatz gegen Freiheitsbeschränkungen im Namen der inneren Sicherheit und Erhalt von Rechtsstaatlichkeit in Krisenzeiten. Zu den Mitgliedern des Beirates der Humanistischen Union, welcher den Vorstand berät, gehören bekannte Politikerinnen wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, Bundesministerin der Justiz a.D.), Claudia Roth (Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen), Renate Künast (Bündnis 90/ Die Grünen, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft a.D.) oder Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). 23 Vgl. HU-Gründungsaufruf 24 Vgl. Die Tugenden des Kapitalismus - Arbeit, Sparsamkeit und Fleiß, in: F.A.Z. Online 25 Vgl. Was ist die Humanistische Union

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Nach eigener Darstellung ist die Humanistische Union unabhängig.26

3.5. Forum Menschenrechte

Im Anschluss an die Weltmenschenrechtskonferenz der Vereinten Nationen (UN) in Wien 1994 wurde das Forum Menschenrechte als Arbeitsgemeinschaft gegründet. Seit 2000 besteht eine Geschäftsstelle in Berlin und das Forum Menschenrechte agiert seit 2003 als eingetragener Verein, dessen Satzung 2005 in Iserlohn verabschiedet wurde. Es ist ein Netzwerk aus 48 Nichtregierungsorganisationen und nur solche, die sich für die Durchsetzung und Weiterentwicklung der Menschenrechte überregional bis global einsetzen, können teilnehmen. Durch Mitgliedsbeiträge, projektbezogene Zuwendungen und Spenden werden alle Aktivitäten finanziert. Zu den Mitgliedern zählen renommierte Gruppierungen wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Amnesty International (ai), die Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung oder die Frauenrechtsorganisation Terres des Femmes. Durch das Netzwerk wird Informationsvermittlung und Erfahrungsaustausch vorangetrieben. Auf internationaler Ebene werden die gebündelten Interessen der Mitglieder vertreten und die Vernetzung mit Organisationen auf europäischer und internationaler Ebene ermöglicht. Die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung und des Bundestages wird kritisch begleitet. Zudem soll die Öffentlichkeit für Menschenrechtsfragen sensibilisiert werden. In Arbeitsgruppen werden Stellungsnahmen und Materialien erarbeitet sowie Aktionen und Veranstaltungen vorbereitet. Dazu zählen die Auseinandersetzung mit dem Rassismus, Entwicklungszusammenarbeit, Frauenrechte, Innenpolitik in Bezug auf Migranten und Flüchtlinge, Kinderrechte, Menschenrechtsbildung und Wirtschaft im Verhältnis zu Menschenrechten. Eine zentrale Rolle nimmt die Arbeitsgruppe UN-Menschenrechtsrat ein, welche alle Aktivitäten zwischen dem Rat und dem Netzwerk koordiniert. Zudem wird der UN-Menschenrechtsrat fortlaufend beobachtet und gegebenenfalls kritisiert.27 In 2006 wurden verschiedenste Kontakte vom Forum Menschenrechte zur Politik gepflegt, etwa dem SPD-Gesprächskreis Menschenrechte, Bundesinnenministerium, Vereinten Nationen (UN) oder ein Gespräch mit dem Bundesaußenminister der SPD, Steinmeier und der deutschen Delegation zum UN-Menschenrechtsrat.

26 Vgl. Beirat der Humanistischen Union 27 Vgl. Arbeitsgruppen im Forum Menschenrechte

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Von den Arbeitsgruppen wurden Positionspapiere und Vorschläge zur Menschenrechtspolitik erarbeitet. Zudem werden Publikationen herausgegeben.28 Das Forum Menschenrechte verfügt über weitreichende Kontakte über eine Vielzahl von relevanten und namhaften Gruppierungen bis in die Schlüsselinstitutionen der Menschenrechtspolitik in Deutschland und darüber hinaus. Die Organisation wird offensichtlich als Gesprächspartner geschätzt, was auf hohe Expertise und Professionalität schließen lässt.

3.6. Grüne Liga

Als umweltpolitischer Verein ist die Grüne Liga, Netzwerk ökologischer Bewegungen, am 19. März 1996 in das Vereinsregister in Potsdam eingetragen worden. Die Gründung erfolgte bereits am 3. Februar 1990 in Schkopau bei Halle an der Saale. Entstanden ist die Bewegung aus am Umweltschutz orientierten Oppositionellen der ehemaligen DDR. Es ist die größte umweltpolitische Organisation in Ostdeutschland. In Berlin befindet sich die Bundesgeschäftsstelle, hinzu kommen Regionalverbände, Gruppen, Arbeitskreise, Umwelthäuser sowie Büros in allen fünf neuen Bundesländern sowie eine Mitgliedsgruppe und der Bundesverband Pflanzenöle im Saarland. Als Dachverband für Mitglieder zur Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen und Entwicklung alternativer Denk- und Verhaltensweisen versteht sich der Bundesverband. Mitglieder können sowohl natürliche als auch juristische Personen werden. Zudem ist die Grüne Liga eine der sechs Gründerorganisationen des Hauses der Demokratie und Menschenrechte und weiterhin in den Gremien des Hauses tätig. Zu den Arbeitsthemen zählen umweltverträgliche Energieversorgung, Gentechnik, Gesteinsabbau, nachhaltige regionale Entwicklung, Pflanzenöl, Verkehr und Wasser. Dezentrale Bundeskontaktstellen haben die Aufgabe, die fachliche Arbeit in Bezug auf bestimmte Themenbereiche zu koordinieren. Regelmäßig werden verschiedene Kampagnen und Projekte durchgeführt. Beispiele sind der Aufruf zur Senkung der Bahnpreise, Einsatz für nach bestimmten Kriterien zertifizierten Blumen im Handel, Umweltbibliotheken oder die Beteiligung an der nationalen Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Bewirtschaftung öffentlicher Wasserstrassen. Auf nationaler und europäischer Ebene arbeitet die Grüne Liga mit einer Vielzahl anderer Vereine, Stiftungen, Gremien und der Politik zusammen. Es wird ein Amt im Präsidium des Naturschutzdachverbandes Deutscher Naturschutzring (DNR) wahrgenommen. Kooperationen bestehen beispielsweise mit dem World Wildlife Found (WWF), Bundesverband der

28 Vgl. Jahresbericht Forum Menschenrechte 2006

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Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Urgewald, dem größten Naturschutzbund in Deutschland (NABU) und dem Forum Umwelt und Entwicklung. Das Forum Umwelt und Entwicklung bündelt die Aktivitäten deutscher NGOs im Folgeprozess der Beschlüsse der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung von 1992 in Rio de Janeiro. Im Europäischen Umweltbüro (EEB), welches Umweltschutzorganisationen aus der EU zusammenführt, besteht eine Mitgliedschaft. Dort erfolgt der gegenseitige Austausch über EU-Themen. Jährlich beteiligt sich ein Vertreter an Gesprächen im Bundesumweltministerium.29 Die Grüne Liga verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk an Beziehungen, welches von der regionalen Ebene bis zur globalen Bühne von Umweltkonferenzen der UN reicht. Um Ziele zu verwirklichen werden von vielen Nichtregierungsorganisationen, so auch der Grünen Liga, Doppelstrategien eingesetzt. Das umfasst den Kontakt zu politischen Gremien und die Mobilisierung der Öffentlichkeit.30

3.7. Netzwerk Freies Wissen

Das Netzwerk freies Wissen ist ein Projekt des Vereins Share mit Sitz in Frankfurt am Main und Büro im niedersächsischen Verden an der Aller. Erst seit 2006 besteht das Netzwerk, dessen Hauptbüro sich in Berlin befindet, zudem gibt es in Bielefeld eine Nebenstelle. Share wiederum ist eine der Organisationen, welche sich 2000 zur bekanntesten globalisierungskritischen Bewegung Attac zusammengeschlossen haben.31 Aus der Arbeitsgruppe Wissensallmende bei Attac ist das Netzwerk Freies Wissen entstanden. Durch Einbindung in die thematisch breit aufgestellte Bewegung waren der Arbeit Grenzen gesetzt. Zudem können die Aktivisten, nach eigener Darstellung, nicht alle Ziele von Attac unterstützen. Es soll der öffentliche Diskurs über Eigentums- und Verwertungsrechte von geistigem Wissen verstärkt werden. Um einer weit greifenden Wissensallmende näher zu kommen, wird es notwendig, Einfluss auf Politik und Unternehmen auszuüben.

3.7.1. Wissen als Allmendegut statt Faktor für Wirtschaftswachstum Im Gründungsaufruf des Netzwerkes werden durchaus recht radikale und tief greifende Änderungen im deutschen Patent- und Markenschutzwesen gefordert. Das kann als provokative Initiative gegen die Chancen der

29 Vgl. Die Netzwerker – vor Ort am Ball für Natur & Umwelt – Tätigkeitsbericht 2006 30 Vgl. Walk, Heike: „Ein bisschen bi schadet nie“, S. 196 31 Vgl. Grefe: Demokraten aller Länder... - Das globalisierungskritische Netzwerk Attac, S. 371

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Globalisierung gewertet werden. Gerade Bildung und Innovation werden als besonders wichtig für den technischen Vorsprung und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft angesehen. Doch als junges Projekt im dichten Dschungel der Nichtregierungsorganisationen ist es strategisch klug, die Ambitionen deutlich zu machen. Dazu können Schutzrechte tatsächlich besorgniserregende Auswirkungen haben. Aus entwicklungspolitischer Sicht verstärken Schutzrechte die Schere zwischen armen und reichen Ländern sowie den Menschen. Die Schaffung von Sonderregelungen kann jedoch Leben retten und gerechter gestalten. Es ist oft so, dass sich staatliche Institutionen, beispielsweise die WHO, kaum bewegen. Sie müssen den Unternehmen einen rechtlichen Rahmen geben, um Marktwirtschaft sozial zu gestalten. Ohne NGOs fehlt eine Oppositionskraft, um soziale Anpassungen durchzusetzen. Medikamente, Nahrungsmittel, Technik, Pflanzen und Sachbücher sind nur einige Beispiele für Produkte, dessen Vorteile sich nicht jeder zu Nutze machen kann.32 Mit Artikeln, Broschüren und Vorträgen macht das Netzwerk Freies Wissen auch konkrete und realisierbare Vorschläge zur Reformierung einzelner Schutzrechte.

3.7.2. Anpassung des Urheberrechts an das Internet als Beispiel So wurde eine Kulturflatrate auf Internetanschlüsse aufgegriffen. Mit dieser können Musikliebhaber entkriminalisiert und Künstler entlohnt werden. Die Musikbranche ist mehr als konsequent über Anwälte gegen Internetnutzer vorgegangen, welche sich bewusst oder versehentlich Titel von Künstlern aus dem Internet geladen haben. Zudem gab es massive Umsatzeinbrüche seitdem schnelle und günstige Internetverbindungen für jeden Menschen leicht zu haben sind. Internetanschlüsse und Geräte könnten durch die Musikflatrate mit einer Pauschale belegt werden. Musik kann dann straffrei verteilt werden. Durch einen Verteilungsschlüssel würden die Künstler entlohnt werden.33 Es wird künftig darauf ankommen, vielleicht in Kooperation mit anderen Gruppen, die schutzrechtliche Belegung von geistigem Eigentum, mit realisierbaren Vorschlägen weiter kritisch zu begleiten. 4. Bewertung und Kritik Bei der Sichtung von Themenfeldern der NGOs fällt auf, dass deren Ziele oft an das Gute im Menschen appellieren. Nahezu jeder ist beispielsweise für eine saubere Umwelt oder gegen Diskriminierung.

32 Vgl. Selbstdarstellung Netzwerk freies Wissen – Aufruf zur Gründung einer NGO für den Schutz und Ausbau der Wissensallmende 33 Vgl. Wem gehört das Wissen der Welt ?, in: Beilage zur Tageszeitung (taz) vom 26. Januar 2007, S. 3

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So finden Forderungen nach Volksabstimmungen leicht Zustimmung. Umgekehrt ist es einfach, Kritik an Politikern zu üben, wenn beispielsweise öffentliche Betriebe verkauft werden. Verstärkte Anwendung von direkter Demokratie, wie vom Verein Mehr Demokratie gefordert, ist nicht falsch. Es bedarf aber unbedingt einer differenzierteren Betrachtung. Selbstverständlich gibt es auch sehr profitable öffentliche Betriebe, auf der anderen Seite steht jedoch oft eine extrem prekäre öffentliche Haushaltssituation. Es wird praktisch nicht immer möglich sein jede politische Entscheidung durch das Volk legitimieren zu lassen. Das schafft Bürokratie und möglicherweise ineffiziente wirtschaftspolitische Weichenstellungen. Schon heute befasst sich kaum jemand mit politischen Fragestellungen. Viele Menschen können, aufgrund von Zeitmangel oder geringer Fachkenntnis, Zusammenhänge nicht verstehen. Wahlkämpfe sind meist oberflächlich. Es ist sehr optimistisch dies durch Volksabstimmungen ändern zu wollen. Dies ist ein Hinweis darauf, Standpunkte von NGOs und Parteien genauer zu hinterfragen. Auf Flugblättern und Plakaten werden meist einfache Argumente verarbeitet, um Unterstützer zu gewinnen. Auch die Humanistische Union greift in die Kiste der Vereinfachung. Kaum ein Bürger möchte durch das Internet überwacht werden und zum dauerhaften Kontrollobjekt werden. Hier wird Misstrauen gegenüber dem Staat geschürt. Tatsächlich verbergen sich hinter dem Trend zu Überwachung komplexe politische Vorgänge, welche mit der Globalisierung der Weltwirtschaft zusammenhängen. Grenzen fallen nicht nur für das Kapital, Waren oder Arbeitskräfte weg, dazu gehört ebenfalls das Internet. Die Organisation befasst sich mit höchst kontroversen Themen im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Sicherheit, Datenschutz und Rechtsprechung. Der Kapitalismus hat die bisher streng religiöse muslimische Welt erfasst. Dies führt dort zu massiven Gegensätzen und Glaubenskonflikten, welche nicht alle Gruppen ertragen können. Radikale Muslime haben den Westen als Feind erkannt. Es stellt sich also die Frage, wie diesem Hass zu begegnen ist. Das Internet ist grenzenlos und der Krieg kommt nicht mehr von, durch europäische Integration beseitigten, Außengrenzen der Bundesrepublik. Die Gefahr von Terroranschlägen ist real. Radikale Kräfte nehmen zu und die Humanistische Union möchte auch noch den Verfassungsschutz abschaffen. Die Gerichte stehen vor dem gleichen Problem, vor neuen Herausforderungen, Freiheit und Sicherheit in Einklang zu bringen. So stellt der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes fest: „Angesichts der modernen, globalen Bedrohungen, aber auch aufgrund der neuen Technologien, über die Rechtsbrecher verfügen, mag es notwendig sein, Ermittlungsbefugnisse auszudehnen“.34 Spätestens seit den 1980er konnte ein enormer Anstieg der Anzahl international aktiver NGOs festgestellt werden. Bis 2005 sind es mehr als 20.000 Organisationen weltweit geworden.35 Die tatsächliche Anzahl ist vermutlich schwer zu ermitteln, da die Definition von NGOs unterschiedlich ausgelegt wird. 34 Vgl. Papier, Hans-Jürgen: Ohne Wenn und Aber, in: Der Spiegel, Ausgabe 3 / 2008, S. 26 35 Die Macht der NGOs – Daten und Fakten, in: Cicero, Januar 2008, S. 104

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Eine Ursache für das Wachstum von Nichtregierungsorganisationen ist die erforderliche internationale Verflechtung von Politik, denn auf nationalstaatlicher Ebene können Probleme kaum mehr gelöst werden. Verstärkt wurden Mitspracherechte in multinationalen Organisationen den NGOs zugestanden. Die politische Legitimation von NGOs sollte besonders aufmerksam betrachtet werden. Durch interne Gremien wird der politische Kurs einer NGOs zwar meist festgelegt und Organisationsmitglieder eingebunden, aber die Bevölkerung kann nicht mit entscheiden. So werden die Organisationen auch als Themenanwälte bezeichnet, können aber nur zum Teil Anwälte der Menschen in Staaten sein. Während Nichtregierungsorganisationen den Verfall von Freiheit beanstanden, wirken sie selbst antiliberal. Die Durchsetzung von Interessen im Namen von Vereinen oder ähnlich aufgebauten Organisationen kann nicht als grundlegend demokratisch bezeichnet werden. Umweltschutz, radikaler Menschenrechtsaktivismus, Multikulturalismus, Feminismus oder Kommunitarismus sind Ersatzideologien für den Sozialismus. Der Sozialismus kann überhaupt gar nicht als Antiquar oder in den Geschichtsbüchern versunken betrachtet werden. Gerade in der alten und neuen Hauptstadt Berlin der demokratischen Bundesrepublik scheint sich dieser, in anderem Gewand, auf ein Neues zu konzentrieren, vielleicht sogar zu organisieren. Das wird in der politischen Stimmung der vergangenen Jahre in Berlin deutlich. Deutschland befindet sich eigentlich politisch schon in einer Außenseiterrolle, etwa bei der Forderung nach dem Atom- und Kohleausstieg. Überall in der Welt findet selbst die Kernkraft eine Renaissance. Es ist praktisch nicht möglich elektrische Energie ausschließlich aus regenerativen Energien zu erzeugen. Nach Hayek ist dem Intellektuellem nicht an Details und Reformansätzen gelegen. Vielmehr geht es ihm um abstrakte und nicht direkt umsetzbare Ideologien. Es geht um die Überlegenheit, einen komparativen Denkvorteil. Altes sozialistisches Gedankengut findet Anziehungskraft in der Magie des Komplexen und vermeintlich Besseren, so seine Aussage.36 Nun gilt Hayek als marktliberal und sollte nicht allein als Erklärungsansatz zur Verbreitung von Nichtregierungsorganisationen herhalten. Im Schatten der Öffnung vieler Länder gegenüber dem Freihandel und der Beseitigung von Handelsbarrieren durch das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) und WTO, wird der Sozialstaat alter bundesrepublikanischer Prägung zum Wettbewerbsstaat. Staat und Gesellschaft sind durch den Weltmarkt in Sach- und Wahlzwänge bestimmter politischer Entscheidungen versetzt worden. Die kontroverse Frage ist, ob diese Entscheidungen nachhaltig von Vorteil sind.

36 Vgl. Václav, Klaus (Präsident der Tschechischen Republik): Der NGOismus ist der neue Sozialismus, in: Cicero, Ausgabe Januar 2008

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Aus diesem Standpunkt heraus kann angenommen werden, dass Demokratie nur noch eingeschränkt möglich ist.37 Die Mechanismen der Aneignung, der Ausbeutung und der Akkumulation sind dafür verantwortlich. Dies kann als nicht weniger wirkungsvoll als ein autoritäres sozialistisches Regime zuvor angesehen werden.38 Im Nord-Süd Diskurs sollte nicht vergessen werden, dass etwa in Afrika oder im Mittleren und Nahen Osten immer noch diktatorische Regime wirken. Probleme wie Korruption, Unrecht, Unterdrückung der Frauen oder Kinderarbeit sind abhängig vom Regime. Der auf der Welt sich ausbreitende Freihandel schafft dagegen demokratische Staatsordnungen. Autoritäre Regime verlieren gegenüber der Autorität des Weltmarktes ihren Sinn und werden funktional ineffektiv.39 Es wird deutlich, warum Nichtregierungsorganisationen an Bedeutung gewonnen haben. Anhand der berechtigten kapitalismuskritischen Erklärungsansätze ist ableitbar, warum einige Organisationen unter Umständen sozialistisch anmutende Forderungen stellen. Einzelne theoretische Überlegungsansätze aus dem Werk „Das Kapital - Kritik der politischen Ökonomie“ von Marx ähneln denen oppositioneller NGOs. Auf Ressourcen und Umwelt hat die Globalisierung ausbeutende Wirkung. Es sollte jedoch Vorsicht geboten sein, im Hinblick darauf, dass sozialistische Lösungsansätze unvermeidbar zu einem totalitären System führen können. „Das Diktum aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, dass die demokratische Grundordnung immer noch die am wenigsten schlechteste sei (Winston Churchill), muss auch ein halbes Jahrhundert, nachdem es geäußert wurde, nicht geändert werden.“40 Für Nichtregierungsorganisation bleibt es eine schwierige Aufgabe, sich gegenüber anderen Interessengruppen durchzusetzen. Als dritte Kraft sind sie, aufgrund der Unabhängigkeit von ökonomischen Zwängen, unverzichtbar geworden. Ideologische Erklärungsansätze sind hilfreich, aber nicht allein ausreichend. Die Vielfalt in der NGO-Szene ist enorm und jede Organisation sollte in ihrem Handeln einzeln beurteilt werden. Es ist für Mitwirkende eine Chance Wissen anzuwenden, sich politisch auszuprobieren und einen nicht hoch genug einzuschätzenden Beitrag für die Zukunft, beispielsweise der Umwelt, zu leisten. Wirtschaftsunternehmen haben andere Aufgaben und mancher Manager sollte ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein entwickeln. Da ist ein angemessener Diskurs sehr richtig. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass die Akteure einen bemerkenswerten Altruismus an den Tag legen, welcher als treibende Kraft ihres Handelns verstanden werden kann. Davor gilt es höchsten Respekt zu zeigen.

37 Vgl. Altvater, S. 251 38 Vgl. ebd., S. 247, 252 39 Vgl. ebd., S. 246 40 Vgl. ebd., S. 239

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Literaturverzeichnis Altvater, Elmar: Markt und Demokratie in Zeiten von Globalisierung und ökologischer Krise, in: Altvater, Elmar / Brunnengräber, Achim / Haake, Markus / Walk, Heike: Vernetzt und Verstrickt, Münster: Verlag Westfälisches Dampfboot, 1. Auflage 1997 Grefe, Christiane: Demokraten aller Länder… - Das globalisierungskritische Netzwerk Attac, in: Brunnengräber, Achim / Klein, Ansgar / Walk, Heike: NGOs im Prozess der Globalisierung, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 1. Auflage 2005 Walk, Heike: „Ein bisschen bi schadet nie“: Die Doppelstrategie von NGO-Netzwerken, in: Altvater, Elmar / Brunnengräber, Achim / Haake, Markus / Walk, Heike: Vernetzt und Verstrickt, Münster: Verlag Westfälisches Dampfboot, 1. Auflage 1997 Die Macht der NGOs – Daten und Fakten, in: Cicero – Magazin für politische Kultur, Ausgabe Januar 2008 Die Netzwerker – vor Ort am Ball für Natur & Umwelt – Tätigkeitsbericht 2006, Berlin: Grüne Liga e.V. – Netzwerk Ökologischer Bewegungen, 2007 Kommentar zur Senatsvorlage „Berlin und seine Unternehmen als Nachfrager – fairer Wettbewerb und gesellschaftliche Verantwortung, Berlin: Berliner entwicklungspolitischer Ratschlag e.V. / Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V. (Weed), 2007 Müller, Erhard O.: Mehr Demokratie. Praxis, Tipps + Argumente, München: Verlag Demokratiebedarf, 6. Auflage 2006 Papier, Hans-Jürgen: Ohne Wenn und Aber – Über die Herausforderungen des internationalen Terrorismus, in: Der Spiegel, Ausgabe 3 / 2008 Rehmet, Frank / Flothmann, Karin / Weber, Tim: Zweites Volksentscheid-Ranking. Länder und Gemeinden im Demokratie-Vergleich, Berlin: Mehr Demokratie e.V., Dezember 2006 Wem gehört das Wissen der Welt ? ,in: Beilage zur Tageszeitung (taz) vom 26. Januar 2007

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