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lernen lernen & & lehren lehren Vierteljahresschrift der Bundesarbeitsgemeinschaften Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik Heft 70 • 18. Jahrgang • 2003 Schwerpunktthema Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte” Waldemar Bauer/Karin Przygodda Arbeitsanalyse und Lernfelddidaktik im BLK-Programm „Neue Lernkonzep- te in der dualen Berufsausbildung“ Sabine Kurz Die Weiterentwicklung beruflicher Schulen zu regionalen Berufsbildungs- zentren Michael Kleiner/Horst Tröller An- und Abfahren einer Produktionsan- lage zur Fertigung von Planetenrädern Claudia Romer Managementinstrumente der Wirtschaft – Anstoß für Schulentwicklungsprozesse Berufliche Arbeit Analyse Forschungsmethoden Untersuchungskategorien Empirische Beschreibung der beruflichen Tätigkeitsfelder Normative Reflexion Bildungsauftrag und -ziele Qualifikationsforschung Qualifikationsforschung Qualifikationsforschung Qualifikationsforschung Curriculumentwicklung Curriculumentwicklung Curriculumentwicklung Curriculumentwicklung Ausdifferenzierung und Sequenzierung der Lernfelder Transformation Konstruktionsprinzipien und Strukturierungskriterien Sachlogische Strukturierung Arbeits- und Geschäftsprozesse Berufliche Tätigkeitsfelder Kompetenz- orientierung Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft GmbH Wolfenbüttel

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Page 1: Heft 70 Belichtung:Heft 70 Belichtung · 2010. 2. 24. · Analyse Forschungsmethoden Untersuchungskategorien ... eine „Pisastudie“ ge-ben? Kann man mit „harten“ Zahlen belegen,

lernenlernen&&lehrenlehrenVierteljahresschrift der BundesarbeitsgemeinschaftenElektrotechnik-Informatik und Metalltechnik

Heft 70 • 18. Jahrgang • 2003

Schwerpunktthema

Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

Waldemar Bauer/Karin PrzygoddaArbeitsanalyse und Lernfelddidaktik im BLK-Programm „Neue Lernkonzep-te in der dualen Berufsausbildung“

Sabine KurzDie Weiterentwicklung beruflicherSchulen zu regionalen Berufsbildungs-zentren

Michael Kleiner/Horst Tröller An- und Abfahren einer Produktionsan-lage zur Fertigung von Planetenrädern

Claudia RomerManagementinstrumente der Wirtschaft– Anstoß für Schulentwicklungsprozesse

Berufliche Arbeit

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Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft GmbH • Wolfenbüttel

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lernen & lehren (l&l) (2003) 70

Impressum

„lernen & lehren“ erscheint in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der FachrichtungElektrotechnik-Informatik e. V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V.

Herausgeber: Gottfried Adolph (Köln), Klaus Jenewein (Magdeburg), Jörg-Peter Pahl (Dresden),Felix Rauner (Bremen), Bernd Vermehr (Hamburg)

Schriftleitung Georg Spöttl (Flensburg), Franz Stuber (Münster)

Heftbetreuer: Waldemar Bauer

Redaktion: lernen & lehren

c/o Franz Stuber c/o Georg SpöttlZWE für berufliche Fachrichtungen biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und TechnikLeonardo Campus 7, 48149 Münster Auf dem Campus 1, 24943 FlensburgTel.: 0251 / 836 51 46 Tel.: 0461 / 805 21 62E-mail: [email protected] E-mail: [email protected]

Alle schriftlichen Beiträge und Leserbriefe bitte an eine der obenstehenden Adressen.

Layout: Egbert Kluitmann, Andreas Besener

Verlag, Vertrieb und Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft mbH & Co. KGGesamtherstellung: Postfach 1559, D-38285 Wolfenbüttel

Telefon: 05331 / 80 08 40, Telefax: 05331 / 80 08 58

Bei Vertriebsfragen (z. B. Adressenänderungen) den Schriftwechsel bitte stets an den Verlag richten.

Wolfenbüttel 2003

ISSN 0940-7440 70

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lernen & lehren (l&l) (2003) 70

EUR 7,68ISSN 0940-7440 18. Jahrgang 2003

lernen & lehrenElektrotechnik-Informatik/Metalltechnik

Inhaltsverzeichnis

Schwerpunkt

Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

Kommentar: Augen öffnen 50Gottfried Adolph

Editorial 51Karin Przygodda/Franz Stuber

Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

Arbeitsanalyse und Lernfeldentwicklungim BLK-Programm „Neue Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“ 53Waldemar Bauer/Karin Przygodda

Managementinstrumente der Wirtschaft – Anstoß für Schulentwicklungsprozesse 61Claudia Romer

Praxisbeiträge

Arbeitsprozessorientierte Gestaltung von Lernsituationen 65Thomas Berben

Einweisen von Kunden in das Programmieren von Heizungsanlagen – Themenbehandlung in einem fächerübergreifenden Unterricht 72Jörg Biber/Claudia Gutberlet

An- und Abfahren einer Produktionsanlage zur

Fertigung von Planetenrädern – ein Umsetzungs-

beispiel aus dem Modellversuch GAB 78

Michael Kleiner/Horst Tröller

Forum

Die Weiterentwicklung beruflicher Schulen

zu regionalen Berufsbildungszentren 84

Sabine Kurz

Rezension, Hinweise, Berichte, Mitteilungen

Strukturen schaffen – Erfahrungen ermöglichen 92

Waldemar Bauer

Fachtagung in Blomberg 2003 94

Abschlusstagung zum BLK-Programm „Neue

Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“ 95

Autorenverzeichnis 95

Ständiger Hinweis 96

Beitrittserklärung 96

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Kommentar

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Jenseits aller Theorie gibt es im didak-tischen Feld Aussagen über Sachver-halte, die von niemandem bezweifeltwerden können. Wir können sie ruhi-gen Herzens Grundwahrheiten nen-nen. Die Aussagen: „Für denjenigen,der nur einen Hammer besitzt, bestehtdie Welt aus Nägeln“, oder: „Es gibtFachidioten“, sind Beispiele dafür.

Der Biologe Uexküll hat schon vor vie-len Jahren den Begriff der Merk- undWirkwelt geprägt. Jede Pflanzenart,jede Tierart lebt in einer für diese Arttypischen Merk- und Wirkwelt. Ein Le-bewesen, das auf Grund seiner biolo-gischen Ausrüstung keine Farbenwahrnehmen kann, lebt in einer farblo-sen Welt. Es hat keine Möglichkeiten,sich mit solchen Lebewesen, die Far-be wahrnehmen über die Farbigkeitder Welt auszutauschen. Ebenso hatein Lebewesen ohne räumliche Wahr-nehmung auch keine räumliche Vor-stellung und damit keine räumlicheLebenswelt.

Auch menschliche Kulturen sind ty-pisch geprägte Merk- und Wirkwelten.Innerhalb einer Kultur gibt es zwischenden Menschen jedoch erheblicheUnterschiede. So lebt jeder Einzelne ineiner für ihn typischen Merk- undWirkwelt. Zwischenmenschliche Kom-munikation hängt vom Maß der Über-einstimmungen der unterschiedlichenVorstellungswelten ab. Für das didak-tische Tun ist das ein großes Problem.

Die Merk- und Wirkwelt eines (vorge-stellten) Menschen, der nur einenHammer besitzt, ist auf Hammer undNägel beschränkt. Er kennt keine an-dere Welt. Tauchen in seinem Wahr-nehmungsfeld Schrauben auf, so kanner sie nicht als Schrauben wahrneh-men. Deshalb wird er sie als Nägel an-sprechen und als solche benutzen.

In gewisser Weise sind wir alle „Ham-mermenschen“. Welten, die außerhalbdessen liegen, was wir im Augenblickvon der Welt wissen, können wir we-der wahrnehmen, noch sie uns vor-stellen. Sie liegen außerhalb unseresHorizontes. Kommt etwas „Neues“ inunseren Blick, werden wir es so langehin und her wenden, bis es in unsere

Welt passt. So wird aus zunächstFremdem Vertrautes. Wir assimilierenFremdes und lösen es dadurch alsFremdes auf. Doch es gibt auch einenumgekehrten Prozess. Das Neue,Fremde, kann sich hartnäckig dage-gen wehren, von unseren vertrautenVorstellungen vereinnahmt zu werden.Das kann das Gleichgewicht zwischenWahrnehmung und Vorstellung emp-findlich stören. Eine solche Störungkann eine geistige Unruhe hervorru-fen. Eine Unruhe, die erst zur Ruhekommt, wenn sich unser Blick weitet,unser Horizont erweitert, unsere Merk-und Wirkwelt reicher wird.

Obwohl niemand endgültig sagenkann, was Bildung ausmacht und wo -rin sie sich erschöpft, gibt es wohl nie-manden, der jemanden, dessen Weltsich auf Hammer und Nägel be-schränkt, als gebildet bezeichnenwürde. Bildung hat mit der Reichhal-tigkeit der Merk- und Wirkwelt zu tun.Daraus folgt, dass eine auf Bildungausgerichtete Schule sich nicht damitzufrieden geben kann, den in derHammerwelt Lebenden, in seinerHammerwelt zu belassen. Der didakti-sche Grundsatz, den Schüler dort ab-zuholen, wo er sich befindet, kannnicht bedeuten, ihn in seiner (einge-schränkten) Welt zu belassen und nurdie Fertigkeiten auszubilden, die hiergültig sind. Wo das geschieht, ge-schieht Ausbildung die nichts mit Bil-dung gemein hat.

Eine auf Bildung ausgerichtete Schulemuss sich auf Horizonterweiterungausrichten. Das ist, wie bei Vielem impädagogischen Feld, leicht gesagt,aber schwer getan. Wie erweitert manHorizonte? Kann man es in der Lehrer-ausbildung vermitteln? Kann man inLehrer-Prüfungen erfahrbar machen,ob jemand so etwas kann? Kann eshier ein Ranking, eine „Pisastudie“ ge-ben? Kann man mit „harten“ Zahlenbelegen, dass die eine Schule mit derHorizonterweiterung weiterkommt alsdie andere? Kann also ein Lehrplanvorschreiben, um wie viel und in wel-che Richtungen der Horizont derSchüler zu welcher Zeit sich erweiterthaben muss?

Ist Horizonterweiterung gezielt mach-bar? Diese Frage ist nicht so leicht zubeantworten. In vielen literarischenDokumenten wird bezeugt, dass esvorkommt, dass sich im Unterricht derBlick weitet, dass sich neue Weltenauftun. „Plötzlich wurden mir die Au-gen geöffnet“. „Ich war in dieser Hin-sicht völlig blind, aber plötzlich fiel esmir wie Schuppen von den Augen.“Das sind hier oft benutzte Metaphern.

Es ist sicher keine Frage, dass Unter-richt bewirken kann, dass Dinge vonnun an ganz anders oder dass plötz-lich völlig neue Dinge gesehen wer-den. Unterricht kann Augen öffnenund den Blick weiten. Doch nicht alles,was geschehen kann, und geschehensoll, lässt sich gezielt durch eine ge-schickte Unterrichttechnik bei jedemund zu einer vorgeschriebenen Zeitherbeiführen. Die Erweiterung desBlickes, das Aufleuchten einer neuenWeltsicht und/oder einer neuen Weltist ein höchst individuelles, privatesEreignis, das man nicht herbeimanipu-lieren, aber mit viel pädagogischemGeschick hervorlocken kann. Es istwie bei der Motivation. Niemand kannMotivation künstlich herbeiführen. Eskönnen aber Anreize dafür gegebenwerden, die Schüler anregen, sichselbst zu motivieren.

Man kann im pädagogischen Feld vie-les nicht gezielt machen, aber mankann einiges (gezielt) tun, damit sichGewünschtes bei möglichst vielen er-eignet. Auch diese Aussage gehörtzum Ensemble der pädagogischenWahrheiten.

Pisa und andere Studien beginnen impolitischen Raum große Wirkung zuentfalten. Man sollte sich aber klardarüber werden, dass solche Studiennur Fertigkeiten erfassen. Sie könnenz. B. erfassen, ob Schüler aus TextenInformation entnehmen können, oderob sie das, was quantitativ strukturier-bar ist auch quantitativ strukturierenkönnen. Es besteht die große Gefahr,dass sich der Blick auf solches ver-engt.

Fertigkeiten setzen Fähigkeiten vo -raus. Diese beiden Begriffe müssen

Gottfried Adolph

Augen öffnen

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Kommentar/Editorial

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wir streng unterscheiden. In der Pisa-Folge-Diskussion geschieht das häu-fig nicht. Fertigkeiten können gezielttrainiert und ausgearbeitet werden.Doch Fähigkeiten können hervorge-lockt, aber nicht gemacht werden.

Nur wenn die Vorstellungswelt, dieMerk- und Wirkwelt sich erweitert,

können neue Fähigkeiten erfahrbarwerden. Wer kein Musikinstrumentkennt, wird nie in Erfahrung bringenkönnen, ob er zum Spielen eines In-strumentes fähig ist. Beim „Hammer-menschen“ können nur die Fertigkei-ten des Einschlagens und Ausziehensvon Nägeln ausgearbeitet werden.

Wozu er sonst noch fähig ist, er-schließt sich dem „Hammermen-schen“ erst, wenn sich seine Augenfür andere Welten öffnen.

Augen öffnen, den Blick erweitern unddamit Fähigkeiten wecken und Fertig-keiten ausbilden. Beides gehört in ei-ner guten Schule zusammen.

Karin Przygodda/Franz Stuber

EditorialDas Schwerpunktthema widmet sichdem Modellversuchsprogramm „NeueLernkonzepte in der dualen Berufs-ausbildung“ der Bund-Länder-Kom-mission für Forschungsförderung undBildungsplanung (BLK). Es ist das ers -te Programm im Bereich der Berufsbil-dung nachdem die BLK 1997 eineneue Förderungsstrategie beschloss.An die Stelle der Förderung von Ein-zelmodellversuchen trat nun die För-derung von Programmen mit einerspezifischen thematischen Ausrich-tung. Dies erfolgte mit der Intention,themenspezifische Ergebnisse und Er-fahrungen zu bündeln, den Austauschzu befördern und vor allem länder-übergreifende Synergieeffekte und flä-chendeckende innovative Wirkungenzu erzielen. Mittlerweile folgten zweiweitere Programme zu den ThemenLernortkooperation (KOLIBRI) undLehrerbildung (INNOVELLE). Mit derProgrammträgerschaft des im Sep-tember 2003 abschließenden Pro-gramms wurden das Institut Technikund Bildung (ITB) der Universität Bre-men und als mitwirkender Partner dasStaatsinstitut für Schulpädagogik undBildungsforschung (ISB) in Münchenbeauftragt. Das Programm umfasstein breites Spektrum an Modellversu-chen und Forschungsvorhaben. EineÜbersicht gibt Abb. 1. Insgesamt wer-den in ca. 100 beruflichen Schulen in14 Bundesländern mit unterschied-lichen Akzentuierungen (vgl. Abb. 2)neue Lernkonzepte entwickelt und er-probt.

Als übergreifendes Ziel des Pro-gramms "Neue Lernkonzepte in derdualen Berufsausbildung" wird dieSteigerung von Effizienz und Qualitätder Berufsausbildung angegeben. Da-bei soll insbesondere die laufend not-

wendige fachliche und unterrichtsme-thodische Modernisierung des Berufs-schulunterrichts gewährleistet und die(curriculare) Innovationsfähigkeit be-ruflicher Schulen nachhaltig gestärktwerden. Neben strukturellen Anpas-sungsprozessen erfordert dies zum ei-nen die Entwicklung und Erprobungneuer Formen der Lern- und Unter-richtsorganisation sowie eine effizien-tere Gestaltung der beruflichen Lern-prozesse. Zum anderen gilt es, die or-ganisatorische Weitentwicklung beruf-licher Schulen zu unterstützen und zusichern. Im Programmverlauf konzen-trierten sich die Arbeiten nun haupt-

sächlich auf drei Schwerpunktberei-che:

• Die Entwicklung von arbeitspro -zess orientierten Curricula und ihreAusgestaltung,

• die Qualitätsentwicklung, -manage-ment und -kontrolle als Instrumentzur Schulentwicklung und

• die Entwicklung und Erprobungmultimedialer Lehr-/Lerneinheiten.

Von Beginn an bestimmte die zweiJahre zuvor verabschiedete Vereinba-rung der Kultusministerkonferenz zurEntwicklung von Rahmenlehrplänen

Abb. 1: BLK-Programm „Neue Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“

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Editorial

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nach dem Lernfeldkonzept (vgl. KMK1996; 2000) den Programmverlauf mit.Die Schwerpunktbereiche spiegelndaher auch die drei organisatorischenHandlungsebenen bei der Implemen-tation des Lernfeldansatzes wider:

• Curriculumentwicklung (Makroebe-ne),

• Schulentwicklung (Mesoebene) und

• Lehr-/Lerngestaltung (Mikroebene)

Zu jeder dieser drei Handlungsebenenwerden in diesem Heft exemplarischeAnsätze, Ergebnisse bzw. Umset-zungsbeispiele vor- und zur Diskus-sion gestellt.

Makroebene: Curriculumentwicklung

In dem ersten Schwerpunktbeitrag er-folgt eine synoptische Darstellung vonVerfahren zur Analyse und Auswahlbedeutsamer beruflicher Handlungssi-tuationen sowie deren Transformationin Lernfelder. Anhand der dargestell-ten Vorgehensweisen werden unter-schiedliche Interpretationen der KMK-Vorgaben und die daraus resultieren-den Unterschiede in der Curriculum-entwicklung beispielhaft aufgezeigt.Welche theoretischen Modellannah-men und Interpretationen auch immerzugrunde gelegt wurden, stets zeigtsich die Notwendigkeit vertiefter be-rufswissenschaftlicher Qualifikations-forschung.

Mesoebene: Schulentwicklung

Der zweite Schwerpunktbeitrag ausdem Modellversuch „Qualitätsentwi -cklung in der Berufsschule“ (QUABS)geht der Frage nach, ob bzw. inwie-weit die Einführung betrieblicher Qua-litätsmanagementsysteme, Schulent-wicklungsprozesse unterstützten undbefördern können. Zwei verschiedeneQualitätsmanagementsysteme wur-den im Rahmen dieses Verbundvorha-bens implementiert. Am Beispiel desEFQM (European Foundation of Quali-ty Management) – Modells werden dieVorgehensweise bei der Einführung inberuflichen Schulen und die Auswir-kungen auf die Schulentwicklungspro-

Abb. 2: Die Modellversuche im BLK-Programm „Neue Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“

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Editorial/Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

lernen & lehren (l&l) (2003) 70 53

zur Weiterentwicklung berufswissen-schaftlicher Forschungsmethoden ge-leistet.

In diesem Aufsatz werden die im Rah-men von unterschiedlichen Modellver-suchen im BLK-Programm entwickel-ten Ansätze und Konzepte dieser be-rufswissenschaftlichen Qualifikations-forschung sowie die anschließendenTransformationsprozesse in Curriculabzw. Lernfelder beschrieben und unterdieser Perspektive der Beitrag desProgramms zur Lernfeldentwicklungthematisiert. Abschließend wird derFrage nachgegangen, wie die Modell-versuche die KMK-Vorgaben in denbeschriebenen Ansätzen interpretiert,ausgestaltet und umgesetzt haben.

Curricular-didaktischer Bezugs -rahmen des Lernfeldansatzes

Lernfelder zielen im Wesentlichen dar-auf, die berufliche Arbeit (wieder) indas didaktische Zentrum der Berufs-ausbildung zu rücken und gleichzeitigeine curriculare Struktur bereitzustel-len, die den handlungsorientiertenUnterricht fördert. Gemäß den KMK-Grundsätzen bedeutet Handlungs-orientierung – und zwar unabhängig

und die Entwicklung von Lehr-Lern-Konzepten für die Gestaltung beruf-lichen Unterrichts. Neben einigenpunktuellen und pragmatischen Ver-suchen, den berufsbezogenen Unter-richt z. B. durch lernortkooperativeMaßnahmen wieder stärker auf die be-rufliche Arbeit zu beziehen, wurden inetwa einem Drittel der 21 beteiligtenModellversuche mehr oder wenigerumfangreiche, systematische berufs-wissenschaftliche Untersuchungendurchgeführt. Dabei wurden unter-schiedliche methodische Verfahrenzur Analyse von Arbeitsprozessen und-aufgaben entwickelt und erprobt.Hier handelt es sich um berufsfeldspe-zifische Studien, die sich im Kern aufdie Ermittlung von Inhalten und For-men berufsförmig organisierter Fach-arbeit und das Wechselverhältnis vonberuflicher Arbeit und Bildungs- undQualifizierungsprozessen beziehen.Handlungsleitend ist dabei stets dasBestreben, eine fundierte empirischeGrundlage für die Curriculumentwick -lung zu erhalten. Damit wird im Pro-gramm der zuletzt verstärkt kritisiertefehlende Zusammenhang zwischender Qualifikationsforschung und Curri-culumentwicklung thematisiert (vgl.RAUNER 2000, S. 333) und ein Beitrag

Einleitung

Mit der Einführung der Lernfeldstruk-tur hat die Kultusministerkonferenzeine wegweisende Innovation für denberufsbezogenen Unterricht initiiert(vgl. KMK 1996; 2000). Die stärkereHinwendung zu den betrieblichen Ar-beits- und Geschäftsprozessen alsReferenzsystem für die Gewinnungder curricularen Ziele und Inhalte unddie damit verbundene Abkehr von wis-senschaftsorientierten und fachsyste-matischen Strukturierungsprinzipienkann mit Recht als grundlegender Per-spektivwechsel der Curriculumentwik-klung bezeichnet werden. Diese neuenVorgaben bestimmten von Beginn anden Programmverlauf mit. Ein Großteilder in diesem Programm zusammen-gefassten Modellversuche beschäftigtsich explizit oder implizit mit der Um-setzung der KMK-Vorgaben bzw. derEntwicklung und Implementation vonLernfeldern.

Der Weg von bedeutsamen Arbeitssi-tuationen zu Lernsituationen im beruf-lichen Unterricht erfordert einige Ar-beitsschritte, nämlich die Analyse be-ruflicher Arbeit, darauf aufbauend dieErarbeitung von beruflichen Curricula

Waldemar Bauer/Karin Przygodda

Arbeitsanalyse und Lernfeldentwicklung im BLK-Programm „Neue Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“

zesse dargestellt und zur Nachah-mung empfohlen.

Mikroebene: Lehr-/Lerngestaltung

Drei Praxisbeiträge beschreiben Ar-beitsschritte bei der Entwicklung vonLernsituationen und die Er fahrungenbei der Erprobung. Dabei handelt essich um Umsetzungs beispiele aus denModellversuchen

• „Berufliche Qualifizierung 2000“(BQ 2000),

• „Kundenorientiertes Berufshandelnan Heizungsanlagen im Rahmender Gebäudeleittechnik“ (KUBE) und

• „Geschäfts- und arbeitsprozess -bezogene dual-kooperative Ausbil -dung in ausgewählten Industriebe -

In allen Praxisbeiträgen wird versucht,nicht nur Praxis und Theorie sinnvollund effektiv miteinander zu verbinden,sondern auch, allgemein bildende undbe rufsbezogene Inhalte zu verschrän -ken.

Die ganze Breite der Ergebnisse desModellversuchsprogramms wird aufder bundesweiten Abschlusstagungam 22. und 23. September an der Uni-versität Bremen präsentiert. Bitte be-achten Sie dazu die Einladung auf Sei-te 95.

Zusammen mit den anderen Themenhoffen wir Ihnen einen spannendenBogen aus der aktuellen Berufs -feldforschung und -entwicklung zubieten, der ebenso zur Nachahmungwie auch zum Disput einlädt.

rufen mit optionaler Fachhoch -schulreife“ (GAB).

Im Mittelpunkt standen hier die Ent -wicklung arbeitsprozessorientierterCurricula für eine Reihe von Industrie -berufen und die Entwicklung vonLernsituationen für das Elektrohand -werk.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf derErgänzung der bestehenden Aus bil -dung um neue Handlungsfelder imSHK- Handwerk und Elektrohandwerkdurch Zusatzqualifikationen. DasHaupt augenmerk lag dabei auf derBeförderung des Dienstleistungsver -hal tens bei Auszubildenden in versor -gungs technischen Berufen.

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

54 lernen & lehren (l&l) (2003) 70

das Kriterium des sachlogischen Auf-baus der Inhalte in den Lernfeldern so-wie zwischen den Lernfeldern genannt(vgl. ebd., S. 14 ff.). Was aber unterSachlogik zu verstehen ist, wenn da-mit nicht eine Fachsystematik gemeintist, bleibt ebenfalls ungeklärt.

Zusammenfassend lässt sich festhal-ten, dass die aufgezeigten Fragen-komplexe sowohl auf der Analyse- alsauch der Transformationsebene durchdie Handreichung nicht präzise undoperationalisierbar beantwortet wer-den. Genau in diesem Bereich be-wegen sich die hier synoptisch vorge-stellten Beiträge einzelner Modellver-suche im BLK-Programm, die sich mitder Frage der Lernfeldentwicklungauseinander gesetzt haben.

Ausgewählte Ansätze und Kon-zepte zur Lernfeldentwicklung

Vor dem Hintergrund dieser Heraus-forderung haben eine Reihe von Mo-dellversuchen im BLK-Programm„Neue Lernkonzepte in der dualen Be-rufsausbildung“ empirische Verfahrenzur Analyse von Arbeitsprozessen und-aufgaben entwickelt und erprobt. ImHinblick auf die Methodendiskussionist festzuhalten, dass es sich in die-sem Zusammenhang nicht um dieEntwicklung vollkommen neuer Me-thoden handelt, vielmehr werden eta-blierte (vor allem qualitative) Metho-den der empirischen Sozialforschungweiter entwickelt und im berufspäda-gogischen Kontext angewandt. DasZiel der berufswissenschaftlichenQualifikationsforschung ist es, mithilfeempirischer Studien Arbeitsprozesseund -aufgaben zu analysieren, die da-für notwendigen Kompetenzen zu be-schreiben und anschließend die ge-wonnenen Erkenntnisse für die Curri-culumentwicklung zur Verfügung zustellen. Hier gilt es zu untersuchen,nach welchen Kriterien die Transfor-mation ermittelter beruflicher Hand-lungsfelder bzw. Arbeitsaufgaben inLernfelder erfolgt und welche Syste-matik die tradierte fachsystematischeLernzielprogrammatik ersetzt. Im Fol-genden werden daher die Verfahrenzur Analyse von Arbeitsprozessen so-wie die Transformations- und Struktu-rierungsprinzipien, die der Curriculum-entwicklung im BLK-Programm zu-grunde lagen, zusammengefasst.

von den neuen Lernfeldern – dieunterrichtliche Bezugnahme auf voll-ständige und ganzheitliche Handlun-gen, die für den Beruf bedeutsamsind. Diese sollten möglichst situiertund erfahrungsorientiert unter Berück -sichtigung sozialen Lernens didak-tisch umgesetzt werden (vgl. KMK2000, S. 10). Bereits aus diesen didak-tischen Grundsätzen ergibt sich dieHerausforderung für Curriculument-wickler und Lehrer, Situationen zuidentifizieren, die lernförderlich für das(spätere) berufliche Handeln sind, alsodie dazu notwendigen Kompetenzenvermitteln. Die zwei wesentlichenMerkmale solcher Handlungen sinddie Vollständigkeit, also die selbst-ständige Planung, Durchführung,Überprüfung und ggf. Korrektur derHandlungen sowie die Ganzheitlich-keit im Sinne der Fächerintegrationund damit die Berücksichtigung fä-cherübergreifender Aspekte (techni-sche, ökonomische, ökologische,rechtliche, etc.). Die KMK-Handrei-chung nennt als Bezugspunkte undKonstruktionsprinzipien für die Curri-culumentwicklung die Orientierungder Lernfelder an beruflichen Tätig-keitsfeldern und den Arbeits- und Ge-schäftsprozessen, die Identifizierungund Beschreibung von beruflichenKompetenzen sowie die Notwendig-keit eines sachlogischen Aufbaus derLernfeldinhalte (vgl. die Abbildung aufdem Deckblatt dieses Heftes).

Gemäß dem Lernfeldansatz ergibtsich zunächst die Notwendigkeit, dieberufliche Arbeit als didaktisch-curri-culares Zentrum mittels geeigneter Er-hebungskategorien und Forschungs-methoden empirisch zu erfassen undzu beschreiben. Zum einen nennt dieKMK hier die beruflichen Tätigkeitsfel-der, die quasi den Raum beruflichenHandelns erfassen und zum anderendie Prozesse, die das berufliche Han-deln bestimmen, also die vielfältigenbetrieblichen Arbeits- und Geschäfts-prozesse. Insofern bedarf es einer aufdie Curriculumentwicklung hin ausge-richteten berufsfeldspezifischen Qua-lifikationsforschung, welche es er-möglicht, die betrieblichen Arbeits-und Geschäftsprozesse und die im-manenten beruflichen Aufgaben undHandlungssituationen empirisch zuerfassen und zu beschreiben. Es liegtauf der Hand, dass eine direkte Abbil-dung der so ermittelten beruflichen

Tätigkeitsfelder bzw. der Arbeits- undGeschäftsprozesse in Lernfelder imHinblick auf die Gestaltung von Curri-cula und Lernprozessen nicht aus-reicht, sondern deren Transformationeine Konzeptualisierung nach berufs -pädagogisch, lern- und entwicklungs-psychologisch begründeten Struktu-rierung- und Konstruktionskriterienbenötigt. Hinzu kommt, dass bei derCurriculumentwicklung prinzipiellauch normative Zielsetzungen Ein-gang in Curricula finden und der Bil-dungsauftrag der Berufsschule berük-ksichtigt werden muss. Ergebnis die-ses Analyse-, Transformations- undReflexionsprozesses sind schließlichdie curricular-didaktisch begründetenLernfelder.

Aus dem bisher dargestellten Argu-mentationszusammenhang ergebensich drei Fragenkomplexe: Auf deranalytischen Ebene stellt sich zu-nächst die Frage, wie die beruflichenTätigkeitsfelder bzw. die Geschäfts-und Arbeitsprozesse erfasst und nachwelchen Kriterien sie ausgewählt, ana-lysiert und beschrieben werden sollen.Der Hinweis in der Handreichung, die-se seien aus den Ausbildungsordnun-gen zu entnehmen, scheint hier nichtausreichend zu sein, weil allein damitdie Facharbeit empirisch nicht erfasstwerden kann (vgl. KMK 2000, S. 14).Weiterhin nennt die KMK als didakti-sche Bezugspunkte „Situationen, diefür die Berufsausübung bedeutsamsind (Lernen für Handeln).“ (ebd., S.10) Die Frage, welche Situationen fürberufliches Handeln bedeutsam sind,lässt die Handreichung offen. Zudembleibt unklar, in welchem Zusammen-hang die genannten Bezugspunkte –Arbeits- und Geschäftsprozesse, be-deutsame berufliche Tätigkeitsfelderund Handlungssituationen – stehenund wie diese gegeneinander abzu-grenzen sind bzw. als Grundlage fürdie Curriculumentwicklung dienen sol-len. Auf der Transformationsebenestellt sich in Bezug auf die Lernfeld-entwicklung die Frage, wie die berufli-che Kompetenz von Facharbeiternempirisch erfasst werden kann, wel-che Theorien und Modelle für dieKompetenzentwicklung zugrunde ge-legt werden und wie Kompetenzent-wicklung curricular strukturiert werdenkann. Im Hinblick auf die für die Curri-culumentwicklung zentrale Frage derStrukturierung der Lerninhalte wird

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

lernen & lehren (l&l) (2003) 70 55

Modellversuche SELUBA/NELE

Die Modellversuchsverbünde NELEund SELUBA1 haben in Kooperationeine Arbeitshilfe und einen Prozess-leitfaden für die Rahmenlehrplanaus-schüsse zur Konstruktion von Lernfel-dern erarbeitet (vgl. MÜLLER/ZÖLLER

2001; Hessisches Landesinstitut fürPädagogik 2002). Die Grundlage bil-det ein „theoriegeleitet-pragmatischerAnsatz zum Konstruieren von Lernfel-dern“ in technischen Berufsfeldern(vgl. BADER 2001, S. 29 ff.), der in achtSchritten einen leitfragengestütztenHandlungsplan darstellt.

Der leitfragengestützte Handlungsplanbeginnt mit der Erfassung des Zu-sammenhangs zwischen dem Berufund den entsprechenden Arbeitspro -zessen und Ausbildungsbedingungen.Über die Beschreibung einzelnerHandlungsfelder wird die Ausgestal-tung, Formulierung und Konkretisie-rung von Lernfeldern eingeleitet. AlsHandlungsfelder werden „Aufgaben-komplexe mit beruflichen sowie le-bens- und gesellschaftsbedeutsamenHandlungssituationen, zu deren Be-wältigung befähigt werden soll“ (ebd.,S. 26), definiert. Entscheidend für dieAuswahl von Handlungsfeldern alsGrundlage für Lernfelder ist die Kon-gruenz mit dem Bildungsauftrag derBerufsschule und ihre Gegenwarts-,Zukunfts- und exemplarische Bedeu-tung. Die Handreichung gibt in Bezugauf die empirische Analyse der Ar-beitsprozesse und Handlungsfeldermethodische Anregungen. Genanntwerden z. B. die Sichtung von Ord-nungsmitteln (Dokumentenanalysen),die Besichtigung von Unternehmenund Befragung von Experten.

Als Orientierungs-, Analyse- undStrukturierungshilfe in den verschie-denen Phasen der Arbeitsprozessana-lyse und Curriculumentwicklung wirddas sozio-technische Handlungssys-tem zugrunde gelegt (vgl. Abb. 2).

Das sozio-technische Handlungssys-tem repräsentiert das menschlicheDenken und Handeln in Bezug aufTechnik und basiert auf fachwissen-schaftlichen Konzepten der allgemei-nen Technologie und der Konstruk-tionswissenschaft. Damit wird ein Re-ferenzsystem geschaffen, in das sichArbeitsprozesse und berufliche Hand-lungsfelder einordnen lassen. Aller-

dings muss diesbezüglich kritisch an-gemerkt werden, dass in dieser Ab-laufstruktur nicht deutlich wird, wo ge-nau die Arbeitsprozesse in der Ablauf-struktur zu suchen sind, z. B. im verti-kalen Ablauf oder horizontal innerhalbeines Funktionsbereiches. Hinzukommt, dass moderne Organisations-formen nicht mehr solch einer strin-genten Ablauforganisation und Funk-tionseinteilung folgen. Des Weiterenwird in verschiedenen Handlungs-schritten durch die Leitfragen eine Ein-ordnung der Arbeitsprozesse, Tätig-keiten, erforderlichen Kompetenzen,Inhalte und Methoden in die ange-nommenen Stufen der Kompetenzent-wicklung bzw. Ebenen der Theoriebil-dung angeregt. Die Entwicklung beruf-licher Handlungskompetenz müssedementsprechend als Prozess der An-eignung von Kenntnissen, Fertigkeitenund Fähigkeiten bis zum Niveau theo-riegeleitetem, selbstständigem undverantwortlichem Verstehen und Ge-stalten von Technik gedeutet werden.Dazu wird für die Entwicklung beruf-licher Handlungskompetenz ein Ver-lauf ausgehend von Alltagserfahrun-gen, über Werkstatterfahrung, Modell-bildung bis zur Theoriebildung ange-nommen, der durch eine zunehmende

Problemlösefähigkeit gekennzeichnetist (vgl. ebd., S. 20).

Lernfelder werden aus beruflichenHandlungsfeldern generiert, diewiederum anhand der GrobkriterienGegenwartsbedeutung, Zukunftsbe-deutung und exemplarische Bedeu-tung ausgewählt werden. Dies wärebei der Gestaltung von Lernprozessenzu berücksichtigen. Sowohl auf derEbene der Handlungsfelder, als auchder Ebene der Lernfelder und Lernsi-tuation wird eine Reflexion der theore-tischen Fundierung angeregt, aus derjedoch keine Systematisierung abge-leitet wird. Die Anordnung der Lernfel-der (Zuordnung zu den Ausbildungs-jahren) soll schließlich unter Berück -sichtigung der Handlungsfelder, derLernprogression und der Schulorgani-sation erfolgen (vgl. Hessisches Lan-desinstitut für Pädagogik 2002, S. 10).

Modellversuch BS 2000

Der oben beschriebene „theoriegelei-tet-pragmatische Ansatz zum Kons -truieren von Lernfeldern“ wurde imModellversuch BS 20002 adaptiert. Dieacht Arbeitsschritte wurden zu vier zu-sammengefasst und daraus für diebeiden Berufe Energieelektroniker und

Schritt 1:

Erfassen des Zusammenhangszwischen dem Beruf und

Arbeitsprozessen

Schritt 2:

Erfassen der Ausbildungs-bedingungen im Beruf

Schritt 4:

Beschreiben einzelnerHandlungsfelder

Schritt 3:

Erfassen vonHandlungsfeldern

Schritt 5:

Beurteilung der erfasstenHandlungsfelder hinsichtlich ihrer

Eignung als Grundlage für Lernfelderund Auswahl von Handlungsfeldern

Schritt 6

Transformieren derausgewählten Handlungsfelder

zu einem Arrangement von Lernfeldern

Schritt 7:

Ausgestalten und Formulierender einzelnen Lernfeldern

(nach Vorgaben der KMK-Handreichung)

Schritt 8:

Ausgestalten und Formulieren von Lernsituationen durch Konkretisierender Lernfelder unter Orientierung an den

Handlungsfeldern

Abb. 1: Die acht curricularen Schritte nach BADER (vgl. BADER 2001, S. 29 ff.)

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

56 lernen & lehren (l&l) (2003) 70

Elektroinstallateur arbeitsorientierteLernfelder entwickelt. Methodisch er-folgte zunächst die Analyse der Be-rufsbilder. Daraus wurde eine Matrixmit einer Liste von ausgewiesenen be-ruflichen Handlungen und Anwen-dungsbereichen abgeleitet. Anschlie-ßend wurden mithilfe dieser Matrix die Bedeutung bzw. das Auftreten die-ser beruflichen Handlungen durcheine Expertenbefragung ermittelt. Sowurden schließlich 13 bedeutsameHandlungsfelder bzw. berufliche Ar-beitsaufgaben identifiziert, aus denenwiederum 12 Lernfelder abgeleitetwurden (vgl. MALEK 2002, S. 78 f.). InBS 2000 wurden die Lernfelder jedochnicht nach Arbeitsprozessen oder -aufgaben ausformuliert, sondern nachenergietechnischen Lerngebieten und

anschließend nach der technischenAbfolge des Energiewegs, also nachden Anlagen zur Erzeugung, Übertra-gung und Verteilung bis zur Nutzungelektrischer Energie, geordnet.

Modellversuch GAB

Im Modellversuch GAB3 wird davonausgegangen, dass sich jeder Berufdurch eine Anzahl definierter Arbeits-aufgaben beschreiben lässt, die einBerufsinhaber bei der Ausübung sei-nes Berufes zu bewältigen hat. „Beruf-liche Arbeitsaufgaben, im Sinne desModellversuchs, beschreiben die kon-krete Facharbeit anhand von Aufga-ben, die für den Beruf typisch sind unddie vollständige Handlung umfassen“(RAUNER u. a. 2001, S. 11). In GAB wur-de daher ein mehrstufiges Verfahren

entwickelt und erprobt, in dem so ge-nannte Experten-Facharbeiter-Work-shops (vgl. KLEINER u. a. 2002) den Ein-stieg bilden. Die Experten-Facharbei-ter-Workshops sind in methodischerHinsicht eine Verbindung verschiede-ner sozialwissenschaftlicher Erhe-bungsformen, wie leitfragengestützteExperteninterviews und Gruppendi-skussion. In den Workshops wurdenerstens die charakteristischen beruf-lichen Arbeitsaufgaben erfasst, analy-siert, ausdifferenziert und zweitens ty-pische Stationen der beruflichen Ent-wicklung der befragten Facharbeiterermittelt. Damit wurde ein Referenz-system zugrunde gelegt, welches eineentwicklungslogische Ordnung derberuflichen Arbeitsaufgaben nach zu-nehmender Kompetenzentwicklungermöglicht. Als Analysekategorien(und spätere Gestaltungsmerkmaleder Lernfelder) dienten dabei die dreiDimensionen „Gegenstand der Fach-arbeit“, „Werkzeuge, Methoden undOrganisation der Facharbeit“ sowiedie „Anforderungen an die Fachar-beit“. In der Konsequenz bedeutetdies auch die Notwendigkeit der Er-fassung des impliziten Wissens, wasin methodischer Hinsicht eine beson-dere Herausforderung darstellt. DieWorkshopergebnisse wurden an-schließend mittels betrieblichen Er-kundungen und Besichtigungen vonArbeitsplätzen sowie einer bundes-und berufsfeldweiten (quantitativen)Befragung validiert.

Ein besonderes Merkmal im GAB-Konzept ist das zugrunde liegendeKompetenzmodell, welches die Erfas-sung der beruflichen Arbeitsaufgabenund damit die Qualifikationsforschungmit der Curriculumentwicklung ver-knüpft. Dieses Modell basiert auf demNovizen-Experten-Paradigma nachDREYFUS/DREYFUS (1987) sowie der An-nahme, dass berufliche Kompetenz-entwicklung durch die erfolgreiche Be-wältigung subjektiv neuer und entwik-klungsförderlicher beruflicher Aufga-ben herausgefordert wird (vgl. HAVIG-HURST 1972 und BENNER 1997). MitBlick auf die Ausbildung beruflicherHandlungskompetenz werden somitvier Wissens- und Kompetenzstufenunterschieden (vgl. RAUNER 1999, S.424 ff.).

Mit diesem Verfahren wurden fürsechs ausgewählte industrielle Berufe

Abb. 2: Ablaufstruktur eines sozio-technischen Handlungssystems (vgl. BADER 2001, S. 19)

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diejenigen Arbeitsaufgaben, die denjeweiligen Beruf empirisch charakteri-sieren, identifiziert und beschriebenund bereits in der Erhebung in eine dieKompetenzentwicklung fördernde Ab-folge geordnet, der die Strukturierungdes Curriculums später folgt.4

Modellversuch BQ 2000 und Forschungsauftrag 3

Der Modellversuch BQ 20005 und derForschungsauftrag 3/2000 haben einsehr ausdifferenziertes Konzept zurAnalyse von Arbeitsprozessen und einumfassendes Konzept für das berufli-che Handlungssystem als Ausgangs-punkt für die Lernfeldentwicklung vor-gelegt. Der Fokus der berufswissen-schaftlichen Qualifikationsforschungwar hier auf handwerkliche Berufe ge-richtet, die sich hinsichtlich der Ar-beitsabläufe, Strukturen, Organisa-tion, Anforderungen und Handlungs-produkten erheblich von industriellenBerufen unterscheiden. Ausgangs-punkt und Basis für diesen For-schungsansatz ist ein detailliertes Mo-dell des beruflichen Handlungsfeldesin gewerblich-technischen Hand-werksberufen und die Definition derTeilbereiche. Arbeitsprozesse werdendarin als strukturierendes Element und

analytische Kategorie zur Erfassungund Beschreibung des beruflichenHandlungssystems definiert (vgl. HÄ-GELE/KNUTZEN 2001, S. 26 ff.).6

Aus den identifizierten Arbeitsprozes-sen werden, nach Reflexion der be-rufs-, lebens- und gesellschaftlichenBezüge, Handlungsfelder konstruiert,aus denen dann Lernfelder formuliertwerden. Der Modellversuch geht voneiner Kompetenzentwicklung vom An-fänger zum Experten aus, die sichüber die Bewältigung entwicklungs-förderlicher Arbeitsaufgaben vollziehtund legt hierfür die gleichen Wissens-und Kompetenzstufen wie der Modell-versuch GAB zugrunde.

Methodisch erfolgte die berufswissen-schaftliche Analyse (exemplarisch fürden Beruf des Elektroinstallateurs) ineinem ersten Schritt über die (quanti-tative) Auswertung von Kundenaufträ-gen, aus denen eine Typisierung derArbeitsprozesse abgeleitet wurde.Darauf basierend folgten als zweiterAnalyseschritt teilnehmende Beob-achtungen und narrative Interviewsvon fachlich kompetenten Forschernmit dem Ziel, den Sinngehalt des Ar-beitshandelns zu verstehen und zuinterpretieren sowie die identifizierten

Arbeitsprozesse weiter auszudifferen-zieren. Die Ausdifferenzierung erfolgtnach den gleichen Kriterien wie imModellversuch GAB, wurde jedoch umdie Kategorie gesellschaftliche, be-triebliche, berufsbezogene, kunden-bezogene und individuelle Einflussfak-toren auf die Arbeitsprozesse (vgl.ebd., S. 33) ergänzt. Anschließendwurden mit einem Experten-Workshopdiese Arbeitsprozesse validiert undunter prospektiven Gesichtspunktenin berufliche Handlungsfelder transfor-miert. Um einer zu einseitigen Orien-tierung der beruflichen Bildung an Ar-beits- und Geschäftsprozessen ent-gegenzuwirken, wird in Anlehnung andie kritisch-konstruktive Didaktik (vgl.KLAFKI 1996) ein Bezug zu gesell-schaftlichen Schlüsselproblemen her-gestellt und Arbeitsprozesse anhandder Kriterien Exemplarizität, Reprä-sentativität und Überschaubarkeit be-wertet (vgl. ebd., S. 37).

Modellversuche KUBE und ERKUNDA

Auch in Modellversuchen, deren Anlie-gen nicht vordergründig die Curricu -lumentwicklung war, wurden Metho-den der Qualifikationsforschung ein-gesetzt. Dies war in den Modellversu-chen ERKUNDA und KUBE7 der Fall.Das übergeordnete Ziel beider Modell-versuche war die Ergänzung der be-stehenden Ausbildung um neue Hand-lungsfelder im SHK-Handwerk8

(KUBE) und Elektrohandwerk (ER-KUNDA). Im Einzelnen bedeutet dies,die Erfassung von neuen Technologien(z. B. Gebäudeautomation und -leit-technik) sowie Kundenorientierungund Beratungsdienstleistung, die zu-nehmend die handwerklichen Berufs-bilder prägen. Damit wurden schließ-lich entsprechende Lernarrangementsentwickelt und diese Aspekte in dieAusbildung integriert. In beiden Mo-dellversuchen erfolgte zunächst eineFragebogenerhebung (Unternehmer,Facharbeiter, Auszubildende, Herstel-ler, Kunden) mit der einerseits Nut-zung, Stellenwert, Anwendungsberei-che und Probleme neuer Technologienund andererseits Art, Bedarf und Qua-lität von Kundenkontakten und Bera-tungsdienstleistungen ermittelt wur-den. Anschließend wurden vertiefendeInterviews und Workshops mit Hand-werksmeistern und Facharbeitern zumThema Kundenorientierung (ERKUN-DA) durchgeführt. Auf dieser empiri-

Abb. 3: Systematisierung beruflicher Arbeitsaufgaben und Lernbereiche nachStufen zunehmender Arbeitserfahrung

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schen Basis wurden zwei Lernfelder(ERKUNDA) und sieben Lernsituatio-nen (KUBE) entwickelt (vgl. Modellver-such ERKUNDA 2000 und Modellver-such KUBE 2001). Der ModellversuchKUBE orientiert sich bei der Struktu-rierung der ermittelten Handlungsfel-der und daraus entwickelten Lernsitu-ationen am Produktkreislauf einer Hei-zungsanlage, wobei sich inhaltlich die-se ausschließlich auf den Aspekt Kun-denorientierung beziehen.

Abb. 4 stellt die unterschiedlichen An-sätze der einzelnen Modellversuchenochmals zusammenfassend dar:

Interpretation und Umsetzungder KMK-Vorgaben

Dem Anspruch der KMK-Handrei-chungen nach einer stärkeren Arbeits-prozessorientierung der beruflichenCurricula folgen die Modellversucheim BLK-Programm „Neue Lernkon-zepte in der dualen Berufsausbildung“,indem sie sich bei der Curriculument-wicklung auf berufswissenschaftlicheStudien stützen und Verfahren zur Er-fassung, Auswahl und Beschreibung

beruflicher Arbeitsaufgaben oder -prozesse entwickelten und erprob-ten. Die Verfahren unterscheiden sichin ihrem Umfang, ihrer Ausdifferenzie-rung und den erforderlichen Fach-bzw. Branchenkenntnissen des Unter-suchenden. Hinsichtlich der Anwen-dung berufswissenschaftlicher Metho-den reichen sie von sehr umfassendenund aufwendigen Untersuchungen mitMethodentriangulation bis hin zu ver-einzelten Instrumenten zur Analysespezifischer Fragestellungen.

Die Untersuchungsgegenstände undBezugspunkte für die Curriculument-wicklung sind insgesamt ähnlich undwerden im Kern als für den Beruf cha-rakteristische Arbeitszusammenhän-ge, die eine vollständige Handlungumfassen und Teil eines Arbeits- undGeschäftsprozesses sind, beschrie-ben. Wesentliche inhaltliche Unter-schiede zwischen den Ansätzen bzw.Verfahren bestehen in

• der theoretischen Fundierung bzw.der Klärung des Stellenwerts derKompetenzentwicklung in der be-rufswissenschaftlichen Untersu-

chung und der Curriculumentwick-lung,

• der Ausdifferenzierung der Kate -gorien zur Erfassung und Beschrei-bung der Arbeits- und Geschäfts-prozesse und

• der Strukturierung der beruflichenCurricula.

Der Modellversuch GAB interpretiertdie in den KMK-Handreichungen nichtweiter präzisierten bedeutsamenHandlungssituationen (vgl. KMK 2000,S. 10) als einen zentralen Bezugpunktfür die Curriculumentwicklung undfasst dieses Prinzip sehr viel weiterge-hender als die anderen Modellversu-che. Im Modellversuch GAB ist dieOrientierung an der Kompetenzent-wicklung vom Anfänger zum Expertenin allen Phasen des Verfahrens hand-lungsleitend. Im Rahmen der berufs-wissenschaftlichen Studien wurdenberufstypische Arbeitsaufgaben derjeweiligen Entwicklungsstufen be-schrieben, deren Bewältigung dieKompetenzentwicklung herausfor-dern. Diese entwicklungslogischeStrukturierung der beruflichen Arbeits-aufgaben wird in der Curriculument-

Mod

ell-

vers

uch

NELE / SELUBA BS 2000 GAB BQ 2000 KUBE / ERKUNDA

Met

hode

n /

Inst

rum

ente

Handlungsplan mit unterstützenden Leit-fragen und methodi-schen Anregungen

Dokumentenanalyse der Berufsbilder und Ausbildungsordnun-genExpertenbefragung und anschließende klassifizierende Auswertung

Experten-Facharbeiter-Workshops Betriebserkundungen Bundes- und berufsfeld-weite Befragung von Führungskräften bzw. weiteren Experten

Auswertung von Kundenaufträgen Teilnehmende Be-obachtung Experten-Workshops Szenario-Methode

Befragung verschiedener Zielgruppen (Facharbeiter, Unter-nehmer, Auszubildende, Hersteller, Kunden)

Erg

ebni

sse

Erprobungen (noch) nicht dokumentiert.

Detaillierte Be-schreibung berufli-cher Arbeitsaufga-ben für die Berufe: Elektroinstallateur Energieelektroniker

Beschreibung beruflicher Arbeitsaufgaben für 6 Industrieberufe: Industriemechaniker Industrieelektroniker Werkzeugmechaniker Automobilmechaniker Mechatroniker Kaufmänn. Berufe

Arbeitsprozesse und berufliche Hand-lungsfelder für den Beruf:Elektroinstallateur

Beschreibung von Ar-beitsaufgaben in Bezug auf Kundenorientierung für die Berufe: Elektroinstallateur (ER-KUNDA)Zentralheizungs-/ Lüf-tungsbauer (KUBE)

Str

uktu

rieru

ng Keine spezifische

Strukturierung ange-gebenAnordnung unter Berücksichtigung von: Handlungsfeldern, Lernprogression und Schulorganisation

Technologische Strukturierung der Lernfelder, d. h. Anordnung nach Anlagen entspre-chend dem Weg der elektrischen Energie

Entwicklungslogische Strukturierung der Lern-felderOrdnung der Lernfelder nach Wissens- und Kompetenzstufen

Entwicklungslogi-sche Strukturierung der Lernfelder Ordnung der Lern-felder nach Wis-sens- und Kompe-tenzstufen

Technologische Struktu-rierung der Lernfelder bzw. Lernsituationen, d. h. Orientierung am Produktkreislauf einer Heizungsanlage

Abb. 4: Konzepte zur Ermittlung beruflicher Handlungsfelder und Strukturierung der Lernfelder

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

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wicklung weiter verfolgt. Der Modell-versuch GAB orientiert sich damitstärker als die anderen am Subjektund der individuellen Kompetenzent-wicklung.

Der Modellversuch BQ 2000 legt dieKundenbeziehung als konstituieren-des Moment des beruflichen Hand-lungssystems (vgl. HÄGELE/KNUTZEN

2001, S. 81) zugrunde und gibt damiteine Orientierung vor, die dann in eineStrukturierung der Arbeitsprozessenach durchzuführenden Dienstleistun-gen mündet. Auf das Modell zur Kom-petenzentwicklung wird erst bei derCurriculumentwicklung bzw. -struktu-rierung Bezug genommen. Die im Mo-dellversuch BQ 2000 erfolgte Struktu-rierung der Arbeitsprozesse nachDienstleistungen und die der Lernfel-der nach Entwicklungslogik ist zwareinzeln betrachtet einsichtig, der Zu-sammenhang bleibt allerdings unklar.

Sowohl im Modellversuch GAB alsauch im Modellversuch BQ 2000 wer-den ähnliche Methoden eingesetzt,die jedoch unterschiedlich kombiniertund akzentuiert werden. In beiden Mo-dellversuchen werden die Auswahlkri-terien, Merkmale und Analysekate -gorien für Arbeitsprozesse bzw. beruf-lichen Arbeitsaufgaben differenziertbeschrieben (vgl. RAUNER u. a. 2001, S.11 ff. und HÄGELE/KNUTZEN 2001, S. 35f.).

Die Unterschiede in den Verfahrenwerden besonders im Vergleich derErgebnisse deutlich. Sowohl im Mo-dellversuch BS 2000 als auch im Mo-dellversuch BQ 2000 wurden berufli-che Handlungsfelder für den Beruf desElektroinstallateurs ermittelt (vgl. Abb.5).

Unterschiede zeigen sich hier sowohlquantitativ als auch qualitativ. Die er-mittelten beruflichen Arbeitsaufgabenim Modellversuch BS 2000 orientierensich stark an den (elektro-)techni-schen Anlagen und Geräten aus demBerufsfeld. Dagegen beschreiben dieim Modellversuch BQ 2000 identifi-zierten Arbeitsprozesse eher umfas-sendere Aufgabenbereiche und -zu-sammenhänge. Dieses Muster wird inder daran anschließenden Curriculum-entwicklung fortgesetzt. Die in BS2000 entwickelten Lernfelder werdenentsprechend techno- bzw. fachlo-gisch strukturiert und folgen somit –

trotz des Anspruchs einer Arbeitspro-zessorientierung – einer Fachsyste-matik.

Der in den Modellversuchen NELE undSELUBA verfolgte theoriegeleitet-pragmatische Ansatz ist allgemeinergehalten. Ein detailliertes methodi-sches Verfahren ist nicht vorgegeben.Für die Erarbeitung werden dem An-wender für die einzelnen Arbeitsschrit-te lediglich Anregungen gegeben. DieAuswahl von beruflichen Handlungs-feldern vor allem mit Blick auf den Bil-dungsauftrag der Berufsschule undden von KLAFKI (1996) genannten Kri-terien.

Bei der Transformation von beruf-lichen Handlungsfeldern in Lernfelderorientieren sich die Modellversucheüberwiegend an KLAFKIS didaktischenKategorien. Stärker als im Modellver-such GAB wird in den Modellversu-chen BQ 2000, NELE und SELUBA beider Transformation der Handlungsfel-

der in Lernfelder die Notwendigkeit ei-ner kritischen Reflexion der Arbeits-prozesse hinsichtlich ihrer curricularenEignung betont. In allen Ansätzen wer-den zwar handlungsleitende didakti-sche Kriterien für den Transforma-tionsprozess genannt, ohne jedochkonkrete Verfahren zu beschreiben,nach denen sich dieser vollzieht.

Wie bereits dargelegt, beziehen sichdie dargestellten berufswissenschaft-lichen Studien und Verfahren zur Cur-riculumentwicklung auf unterschiedli-che Interpretationen des beruflichenHandlungssystems und berücksichti-gen in ihren Konzepten in unterschied-lichem Maße Modelle der Kompetenz-entwicklung. Als Folge lassen sichzwei Arten von Curriculumstrukturie-rungen erkennen (vgl. Abb. 6): Zum ei-nen die Ansätze von GAB und BQ2000, die sich dabei stark an der Kom-petenzentwicklung des Subjektsorientieren und zum anderen BS 2000und KUBE, die sich stärker an den ob-

Elektroinstallateur/-in

BS 2000 Berufliche Arbeitsaufgaben

BQ 2000 Arbeitsprozesse

� Werkzeugeinsatz planen sowie Werkzeuge prüfen

� Versorgung von Gebäuden mit elek-trischer Energie und deren Verteilung

� Werkstoffe/ Materialien Kunden beraten, installieren und inspizieren

� Versorgung mit elektrischer Beleuchtung

� Elektrische Baugruppen: Beratung der Kunden, Planen des Arbeitsablaufes, montieren, installieren, instand halten

� Bereitstellung von Informations- und Kommunikationsübermittlung

� Leitungen und andere Betriebsmittel installieren und inspizieren

� Vernetzung von Informations- und Kommunikationsmedien

� Ersatzstromversorgungsanlagen: installieren, inspizieren, instand setzen

� Schutz vor personenbezogenen und gebäudebezogenen Gefahren

� Energieverteilungsanlagen: Dokumente lesen, installieren, instand halten

� Automatisierung von Wohn- und Nutzbauten

� Elektromotorische Antriebe: Unterlagen lesen, installieren, in Betrieb nehmen

� Angebot, Anschluss, Entsorgung und Instandhaltung von Haushaltsgeräten

� Melde- und Signalanlagen installieren und inspizieren

� Automatisierung von Gewerbeanlagen

� Antennen- und Breitbandkommunikati-onsanlagen installieren und inspizieren

� Versorgung mit elektrischer Wärmwasserbereitung

� Beleuchtungsanlagen: Kunden beraten, planen und installieren

� Versorgung mit elektrischen Wärmeerzeugern

� Mess-, Steuerungs- und Regelungsanlagen: montieren, installieren, in Betrieb nehmen

� Blitz- und Überspannungsschutz: analysieren, beraten, dimensionieren

� Hörfunk- und Fernsehempfangsanlagen: beraten, errichten, in Betrieb nehmen

Abb. 5: Vergleich der identifizierten Arbeitsprozesse bzw. beruflichen Arbeits-aufgaben für den Beruf Elektroinstallateur/-in in den Modellversuchen BS 2000 und BQ 2000 (vgl. MALEK 2002, S. 80; HÄGELE 2001b, S. 137)

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

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jektiven Gegenständen und Inhaltender Facharbeit orientieren. Die gefor-derte Sachlogik wird also im BLK-Pro-gramm entwicklungslogisch oderfach- bzw. technologisch interpretiert.

GAB und BQ 2000 ordnen die Lernfel-der Wissens- und Kompetenzstufenzu, d. h, die Sachlogik resultiert aus ei-ner Systematisierung, die von derKompetenzentwicklung abgeleitet ist.In beiden Fällen erfolgt die curriculareStrukturierung somit nach subjekt-und arbeitsorientierten Prinzipien. Alleanderen Modellversuche orientierensich bei der Identifizierung und Syste-matisierung der beruflichen Hand-lungsfelder bzw. bei der Curriculum-entwicklung entweder an einer Abfol-ge von Produktionsprozessen, Ar-beitsschritten oder Technologien. BS2000 und KUBE ordnen beispiels-weise die Lernfelder technologisch,nach dem Energieweg bzw. dem Pro-duktionskreislauf technischer Anla-gen.

Die Curriculumentwicklung in den Mo-dellversuchen NELE/SELUBA lässtsich schwer zwischen den angegebe-nen Polen verorten. Zum einen wirdeine Ablaufstruktur angenommen undfür die Analyse als Referenzsystemangeboten, die aus den Fachwissen-schaften abgeleitet wurde und die Ge-fahr in sich birgt, dass abweichende,real vorfindliche Arbeits- und Ge-schäftsprozesse nicht erfasst werden.Zum anderen werden verschiedeneEbenen der Theoriebildung angenom-men, die jedoch bei der Curriculum-entwicklung und -strukturierung nichtim Mittelpunkt stehen.

Zusammenfassung

Die Unterschiede in den Verfahren undErgebnissen sind Beleg und Folge deran mancher Stelle unpräzisen Vorga-ben der KMK-Handreichung. Den un-scharfen Abgrenzungen und Definitio-nen der Bezugspunkte – Arbeits- undGeschäftsprozess, bedeutsame be-rufliche Tätigkeitsfelder und Hand-lungssituationen – in den KMK-Hand-reichungen begegnen die Modellver-suche mit Konkretisierungen der in ih-nen jeweils zugrunde gelegten undanalysierten Bezugspunkte. Zugleichweisen die unterschiedlichen darge-stellten Verfahren und Ergebnisse aufeinen weiteren Forschungsbedarf hin-sichtlich der Eignung und Wirksamkeit

der entwickelten und eingesetztenVerfahren hin und untermauern dieNotwendigkeit und Weitentwicklungeiner domänenspezifischen Qualifika-tionsforschung. So sieht beispiels-weise der Modellversuch BQ 2000 sei-ne These, dass es ohne eine perma-nente Analyse des beruflichen Hand-lungssystems nicht gelingen wird, fürdie Berufsschule exemplarische Lern-umgebungen und arbeitsprozess-orientierte Arbeitsaufgaben zu entwik-keln und fortzuschreiben, durch dieErgebnisse und Erfahrungen der Mo-dellversuchsarbeit bestätigt (vgl.BÄNSCH u. a. 2001, S. 224 f.). Das be-deutet, dass die Curriculumentwick-lung in der beruflichen Bildung durcheine berufswissenschaftliche Qualifi-kationsforschung fundiert werdenmuss. Mit anderen Worten, wenn derBerufsbildungspraxis keine geeigne-ten Methoden und Instrumente für dieUmsetzung der Curricula in arbeits-prozessorientierte Lernsituationen zurVerfügung gestellt werden, drohen diemit dem Lernfeldkonzept der KMK be-absichtigten Innovationswirkungennicht in dem erhofften Maße auszufal-len. Darüber hinaus ist es fraglich, obund inwieweit die im BLK-Programmentwickelten Konzepte überhaupt Ein-

gang in die Arbeit der Rahmenlehr-planausschüsse finden.

Anmerkungen

1 NELE: Neue Unterrichtsstrukturen undLernkonzepte durch berufliches Lernenin Lernfeldern; SELUBA: Steigerung derEffizienz neuer Lernkonzepte undUnterrichtsmethoden in der dualen Be-rufsausbildung.

2 BS 2000: Berufsschule 2000/Lernen inarbeitsorientierten Handlungsfeldern.

3 GAB: Geschäfts und arbeitsprozessbe-zogene dual-kooperative Ausbildung inausgewählten Industrieberufen mit op-tionaler Fachhochschulreife.

4 Ein Beispiel für ein Lernfeld im Modell-versuch GAB ist im Aufsatz von KLEI-NER/TRÖLLER in diesem Heft dargestellt.

5 BQ 2000: Berufliche Qualifizierung2000.

6 Ein Beispiel für eine Arbeitsprozessana-lyse im Modellversuch BQ 2000 ist imAufsatz von Berben in diesem Heft dar-gestellt.

7 ERKUNDA: Kundenorientiertes Dienst-leistungsverhalten in der Berufsausbil-dung am Beispiel der Gebäudeautoma-tion; KUBE: Kundenorientiertes Berufs-handeln an Heizungsanlagen im Rah-men der Gebäudeleittechnik.

Literatur

BADER, REINHARD: Entwickeln von Rahmen-lehrplänen nach dem Lernfeldkonzept.

Theoretische Fundierung

• Modell der Kompetenzentwicklung• Modell des beruflichen Handlungssystems

Verfahren/Methoden zur Analysedes beruflichen Handlungssystems

Identifizierte Arbeitsprozessebzw. berufliche Arbeitsaufgaben

Interpretation des geforderten sachlogischen Aufbaus

entwicklungs-logisch

Modellversuche:GAB

BQ 2000

fach- / techno-logisch

Modellversuche:KUBE

BS 2000

KMK-Vorgaben

Strukturierung der Curricula

Abb. 6: Strukturierung der entwickelten Curricula in den Modellversuchen des BLK-Programms

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Claudia Romer

Managementinstrumente der Wirtschaft – Anstoß für Schulentwicklungsprozesse

Die Konzeption des Modellversuchs QUABS

Der Modellversuch Quabs hat zumZiel, Möglichkeiten zur Qualitäts- undEffizienzsteigerung beruflichen Ler-nens zu erproben und Ansatzpunktezur Weiterentwicklung von Berufs-schulen aufzuzeigen. Durch die Um-setzung des EFQM-Konzeptes1 derWirtschaft an drei Schulen in Bayernund vier Schulen in Rheinland-Pfalzsoll festgestellt werden, inwieweit miteinem solchen Selbstbewertungspro-zess die vorgenannte Zielsetzung er-reicht werden kann und inwieweit ein

Transfer der Erfahrungen auf andereSchulen möglich ist. Der dritte Partnerim Modellversuchsverbund, Schles-wig-Holstein, will mit dem Modellver-such zeigen, ob mithilfe von DIN ENISO 9000 ff die Qualität einer Schulemittels Zertifizierung nach außen be-legt werden und wie dadurch ein kon-tinuierliches Verbesserungspotenzialzur ständigen Verbesserung vonSchule und Unterricht erschlossenwerden kann.

Schulentwicklung durch eine Selbst-evaluation der Schule voranzubringen,verfolgt einen Bottom-Up-Ansatz: die

Schule selbst verantwortet ihreWeiterentwicklung und versteht sich –in ihren vorgegebenen Rahmenbedin-gungen – als selbstständig handelndeOrganisation. Die Schule behält beider Selbstevaluation die Hoheit überdie Steuerung des Prozesses derSchulentwicklung und die Hoheit überalle Daten. In einem staatlichen Schul-system, das gemeinsam getragenengesellschaftlichen Normen folgt, musseine Selbstevaluation durch Formenexterner Evaluation ergänzt werden.Die Selbstevaluation bildet aber dieBasis für jede Art von externer Evalua-tion, da sie Evaluationsmaßnahmen

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

62 lernen & lehren (l&l) (2003) 70

transparenter und nachhaltiger gestal-tet.

Für Schulen gibt es viele Möglichkei-ten und Zugangsweisen, eine Selbst-evaluation durchzuführen. Je nachZielsetzung und Struktur der Schulesind unterschiedliche Wege und In-strumente zielführend. Im Modellver-such wurden bereits vorhandene Ma-nagementinstrumente in der Organi-sation Schule eingesetzt. Für berufli-che Schulen mit ihrer hohen Affinitätzu betriebswirtschaftlich geführtenUnternehmen wurden in der Wirt-schaft bereits langjährig eingeführteInstrumente erprobt. Durch die unter-schiedliche Zielsetzung der Verbund-partner ergab sich die Entscheidungfür die beiden Managementinstrumen-te: Schleswig-Holstein wollte einendokumentierten Prozess der Quali-tätsentwicklung mit einer abschließen-den Zertifizierung erreichen, Bayernund Rheinland-Pfalz legten denSchwerpunkt auf die Qualitätsentwik-klung innerhalb der Organisation unddafür notwendige und unterstützendeProzesse.

Im Folgenden werden das Vorgehenund die Erfahrungen mit dem EFQM-Modell dargestellt. Eine vergleichendeDarstellung der beiden Modelle wirdim Abschlussbericht zum Modellver-such vorgelegt. Die beschriebenenAuswirkungen beziehen sich aber aufalle Modellversuchsschulen. Unter-schiede ergeben sich lediglich in derGewichtung der einzelnen Bereiche.

Selbstevaluation im EFQM-Modell

Die Entscheidung für das EFQM-Mo-dell ergab sich im Modellversuch ausden Forderungen an ein Instrument

zur Selbstbewertung als Anstoß füreine nachhaltige Schulentwicklung.

Ein hilfreiches Mittel zur regelmäßigenund systematischen Überprüfung allerTätigkeiten und Ergebnisse einer Or-ganisation ist eine Selbstbewertung.In zahlreichen Unternehmen wird hier-zu seit Jahren das EFQM-Modell fürBusiness Excellence zugrunde gelegt.„Selbstverständlich wäre eine schlich-te Gleichsetzung Betrieb = Schuleoder Wirtschaft = Bildungswesenfalsch und verfehlt. Aber in beiden Be-reichen handelt es sich um komplexeOrganisationen, beide Bereiche habenMitarbeiter zu führen, Ressourcen ein-zusetzen und beide Bereiche stehen ingewisser Weise ständig unter Erfolgs-zwang“ (ISB 1998, S. 5). Auch wenn esin Berufsschulen zunächst nicht umdie Sicherung von Marktanteilen geht,so ist das Thema „Wettbewerb“ be-reits jetzt für berufliche Schulen Rea-lität, da sie z. B. mit anderen Bildungs-trägern der Region mit ihren Angebo-ten in Konkurrenz treten müssen. DerNutzen einer Selbstbewertung auf derBasis des EFQM-Modells liegt daherauch für eine öffentliche Bildungsein-richtung auf der Hand: Dieses Modellverfügt über eine seit vielen Jahrenevaluierte Struktur allgemeingültigerKriterien, die sich in hohem Maße aufjedes Unternehmen oder Teile davonanwenden lassen.

Eine Selbstbewertung anhand diesesModells hat folgende Vorteile:

• Sie erfolgt vorwiegend auf Grundvon Fakten statt subjektiver Wahr-nehmungen.

• Sie ist ein Mittel zur konsistentenAusrichtung darauf, was jeder inder Organisation tun muss, wobeisich alle auf dasselbe Konzept be-rufen.

• Sie ist eine Bewertung anhand vonKriterien, die europaweit auf breiteZustimmung stoßen.

• Sie ist ein Mittel, um – durch perio-dische Selbstbewertung – die imVerlauf der Zeit erzielten Fortschrit-te zu messen.

• Sie ist eine Methode, die sich auf al-len Organisationsebenen anwen-den lässt.

Das EFQM-Modell geht von folgendengrundlegenden Konzepten zur Quali-tätsentwicklung aus:

Eine Schlüsselrolle in einer Einrichtunghaben die Führungskräfte, die durchihr Verhalten dazu beitragen, dass inder Organisation Klarheit und Einigkeitüber Zielsetzungen und Vorgehens-weisen hergestellt wird. Sie schaffenein Umfeld, in dem es für Mitarbeitermöglich wird, ihr Potenzial zu entfaltenund sich an der Entwicklung der Orga-nisation zu beteiligen. Für den BereichSchule bedeutet das, dass die Füh-rungskräfte gemeinsam mit den Lehr-kräften die Zielsetzungen ihrer Schuleklären (Leitbild, pädagogische Ziele)und die Lehrkräfte in ihrer pädagogi-schen Arbeit unterstützen (Mitarbei-terbeteiligung und Mitarbeiterentwick -lung).

Die Qualität einer Einrichtung lässtsich sowohl an seinen Ergebnissenablesen (Ergebnisorientierung), alsauch an der Gestaltung seiner Prozes-se und Abläufe (Prozessorientierung)erkennen. Auf den Bereich Schuleübertragen bedeutet das, dass z. B.Prüfungsergebnisse oder Abbrecher-quoten betrachtet werden müssen,dass aber auch die Gestaltung desUnterrichts (als Schlüsselprozess) einMerkmal für die Qualität einer Schulebedeutet.

Ein weiterer wichtiger Indikator für dieQualitätsentwicklung einer Organisa-tion ist die Meinung der Abnehmer derDienstleistungen oder Produkte (Kun-denorientierung). Für berufliche Schu-len bedeutet das, zunächst zu klären,wer die Abnehmer der Leistungensind, deren Erwartungen, Bedürfnisseund Meinungen zu erfassen und beider Gestaltung des Unterrichts, aberauch des weiteren Schullebens zu be-rücksichtigen.Abb. 1: Kriterien nach EFQM

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

lernen & lehren (l&l) (2003) 70 63

Ein grundlegendes Konzept, das allevorher genannten einschließt, ist dieÜberzeugung, dass sich Organisatio-nen nur weiterentwickeln können,wenn eine Kultur des kontinuierlichenLernens und der Innovationsbereit-schaft entsteht. Dies gilt sicher für alleSchulen, die sich weiterentwickelnwollen, d. h. dass Schulen eine Atmos -phäre des Lernens für alle an der Bil-dung Beteiligten schaffen müssen, inder es möglich wird, Bewährtes infra-ge zu stellen, Neues zu erproben, Feh-ler zu machen und kreative Lösungenzu finden.

Zusammenfassend lässt sich feststel-len, dass eine Selbstbewertung derOrganisation, also hier der beruflichenSchule, auf der Grundlage des Mo-dells die Möglichkeit bietet, zu einer„lernenden Organisation“ zu werden.Das bedeutet konkret, dass eineSchule ein Instrumentarium an dieHand bekommt, mit dessen Hilfe esmöglich wird zu lernen, wo die Stärkenund Verbesserungsbereiche der Orga-

nisation liegen; zu lernen, was Quali-tätsentwicklung für die Organisationbedeutet und auch zu lernen, wie dieOrganisation im Vergleich zu anderenabschneidet.

Das Vorgehen

Die EFQM-Systematik gibt zur Ermitt-lung des Ist-Zustands neun Kriterienvor, nach denen eine Organisationuntersucht wird. Die Bereiche sind engvernetzt und zum Teil voneinander ab-hängig. Die Schulen müssen in einemersten Schritt klären, was die im Mo-dell verwendeten Begriffe in Bezug aufihre Organisation bedeuten. So defi-nieren Schulen durchaus unterschied-lich, welcher Personenkreis zur „Füh-rung“ gehört und wer denn nun „Kun-de“ ist. Sie müssen sich weiter be-wusst machen, welche Ziele sie verfol-gen, ob es gemeinsam getragene Zie-le gibt und wie sie diese Ziele errei-chen. Sie müssen sich klar werden,was die Kernaufgabe einer beruflichenSchule ist und in welcher Qualität sie

dieser Kernaufgabe gerecht werden.Die neun Kriterien definieren also diezu untersuchenden Bereiche und len-ken den Blick auf alle wesentlichenAspekte einer Organisation.

Mithilfe des Instruments EFQM führendie Schulen selbstständig eine Eigen-bewertung anhand der neun EFQM-Kriterien durch und arbeiten ihre Stär-ken und Verbesserungsbereiche her-aus (vgl. Abb. 2). In einem weiterenSchritt werden die als zunächst amwichtigsten erachteten Verbesse-rungsbereiche ausgewählt, entspre-chende Maßnahmen geplant und um-gesetzt. In einer erneut durchzufüh-renden Selbstbewertung zeigt sichdann, ob die Maßnahme erfolgreichwar und tatsächlich das bewirkt hat,was der Zielsetzung entsprach. So tre-ten die Schulen in einen kontinuier-lichen Zyklus der Selbstevaluation.

Aus der in Auszügen dargestelltenSelbstbewertung ergibt sich, dass dieSchule, wenn sie in ihrem Entwick -

Stärken-Schwächen-Analyse

z. B.

•...Ansätze zur Kommunikation eines Leitbilds in der

Schule sind vorhanden...

•...der Dialog über Ziele der Schule mit zahlreichen

Interessensgruppen findet statt...

•...die für die Umsetzung der Ziele notwendigen

Prozesse sind bekannt...

z. B.

•...es existiert kein formuliertes und im Kollegium

abgestimmtes Leitbild oder Schulprofil...

•...der Austausch mit den Interessensgruppen wurde

nicht systematisiert...

•...die konkrete Umsetzung der Ziele bewegt sich

außerhalb des Einflussbereichs der Führung und liegt

vollständig in der Verantwortung der einzelnen

Kollegen...

•...bisher gibt es nur ansatzweise Unterstützungs- und

Steuerungsstrukturen...

z. B.

•...die Aufgaben der Schule ergeben sich aus den gesetzlichen Grundlagen (BBiG, Bayer.

Verfassung, BayEUG, BSO)...

•...die Führung kommuniziert mit den Mitarbeitern persönlich über Ziele und Vorgehensweisen...

•...die Führung hat allgemein gültige Werte erarbeitet...

•...die Werte sind im Kollegium nicht ausreichend bekannt...

Selbstbewertungsstudie

Abb. 2: Beispiel für eine Selbstbewertungsstudie

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”

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len. Sie haben eigenständig Schwach-stellen identifiziert. Diese Eigenstän-digkeit und Datenhoheit führt in derFolge zu einem wesentlich offenerenUmgang mit Schwächen. Eine Bewer-tung von außen bewirkt dagegen oftzunächst eine Haltung des Wider-stands.

Dokumentation und Transparenz

Es entstand ein dokumentiertes, voll-ständiges Bild von der OrganisationSchule, wie es einzelne Kollegen sonstnur selten bekommen. Im Modellver-suchszeitraum haben alle Schuleneine umfangreiche Studie erstellt, dieAussagen und Daten zu allen Bewer-tungskriterien enthält. Diese Studie

kann kontinuierlich fortgeschriebenwerden und dient als verlässliche,nachvollziehbare Quelle für weitereEntscheidungen. Sie ist gleichzeitigein dokumentiertes, für alle Mitarbeiterder Organisation verfügbares Reser-voir für noch offene Fragestellungen.Die Schulen besitzen damit für alleneun Kriterien mit Unterkriterien oderUnterpunkten eine umfassende Be-schreibung des Ist-Zustandes.

Durch die Erstellung der Fallstudiewird in der Schule ein intensiver Pro-zess der Auseinandersetzung mit per-sönlichen und allgemeinen Vorstellun-gen von Schule und somit ein kontinu-ierlicher Kommunikationsprozess in

lungsprozess weiterkommen will, eineVorstellung über ihre Aufgaben, ihreZielvorstellungen und über gemeinsa-me Werte entwickeln muss. In einemzweitägigen Workshop entwarf dieSchule daraufhin mit Unterstützung ei-nes externen Beraters eine Vision. DasVorgehen gliedert sich in drei Schritte,die in Abb. 2 exemplarisch dargestelltsind.

Auf der Basis gemeinsam entwickelterZielvorstellungen lassen sich dannkonkrete Maßnahmen zur Verbesse-rung der Qualität der Schule als Gan-zes und als zentrales Ziel die Verbes-serung der Qualität von Unterricht unddamit verbundener Prozesse initiierenund deren Erfolg oder Misserfolg kon-trollieren.

Viele Schritte der Qualitätsentwick-lung bedürfen der Unterstützungdurch externe Berater oder Experten.Bedarf, Umfang und Art der Unterstüt-zung unterscheiden sich aber je nachSchule sehr stark und können nur indi-viduell festgestellt und befriedigt wer-den. Neben diesen nur schulindividuellermittelbaren Unterstützungsbedarfenlassen sich auch einige für alle Schu-len notwendige Unterstützungsmodu-le ermitteln. So benötigen alle Schulenz. B. Unterstützung bei der Einführungder Managementinstrumente, bei derDokumentation, bei der Moderationdes Prozesses und im Projektmanage-ment. Für diesen Bedarf müssenUnterstützungssysteme bereitgestelltwerden. Prinzip muss aber auch hierdas System der Nachfrage sein: Schu-len ermitteln und formulieren ihren Be-darf eigenständig und wählen einenentsprechenden Berater.

Die Auswirkungen

Im Modellversuch Quabs hat das Vor-gehen mithilfe einer Selbstbewertungfür die Schulen Veränderungen inunterschiedlichen Bereichen bewirkt:

Handlungskompetenz und Eigenständigkeit

Die Schulen konnten sich selbststän-dig mit der Thematik befassen undhatten nicht das Gefühl des „Kontrol-liertwerdens“. Sie waren während desganzen Prozesses „Herr des Verfah-rens“ und konnten entscheiden, wel-che Daten und Informationen internbleiben, oder nach außen gehen sol-

Leitfragen zur Entwicklung der MissionWozu ist unsere Schule da?Welchen Auftrag haben wir?

...Wir qualifizieren Schülerinnen und Schüler in

sozialer, fachlicher und persönlicher Hinsicht für ihr

zukünftiges Berufsleben...

Leitfragen zur Entwicklung der VisionWas bedauern wir?Worauf sind wir stolz?Wie wird sich unser Umfeld entwickeln?

...Unsere Ziele werden gemeinsam entwickelt, verein-

bart und konsequent umgesetzt. Dabei sind Kompe-

tenzen sinnvoll verteilt und klar festgelegt.

Unsere Schülerinnen und Schüler verstehen die Zeit

ihrer Berufsausbildung als Chance fürs Leben. Sie

gestalten das Schulleben aktiv mit, bringen sich in

hohem Maße ein und fühlen sich als Teil der Schulge-

meinschaft...

Leitfragen zur Entwicklung der WerteWas sind unsere gemeinsamen Werte?Wie wollen wir miteinander umgehen?

...Unsere Werte sind:

Toleranz

Einsatzbereitschaft

Verantwortungsbewusstsein

Zivilcourage

Gemeinschaftsgeist

Einfühlungsvermögen...

Abb. 3: Eine Vision entwickeln

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Schwerpunktthema: Modellversuchsprogramm „Neue Lernkonzepte”/Praxisbeiträge

lernen & lehren (l&l) (2003) 70 65

Gang gebracht. Insgesamt entstehtdurch die Fallstudie ein umfassendesBild der Schule als Ganzes, sie zeigtauf, welche Ziele und Inhalte die be-rufliche Schule verfolgt, wie sie dabeivorgeht, wovon sie abhängig ist, wo-von sie beeinflusst wird und wie dieMitarbeiter daran beteiligt sind.

Personalentwicklung und Fortbildung

Eine Gruppe von Lehrkräften hat sichmit der Schule in einem umfassendenSinn beschäftigt und dadurch ihre Auf-fassung von Schule wesentlich er-weitert. Die Lehrkräfte haben im Ent-wicklungsprozess neue Kompetenzenerworben und vorhandene ausgebaut.

Prinzip der Selbstverantwortung

Die Maßnahmen, die zur Umsetzungkamen, wurden von der Schule undden Beteiligten sebstständig ausge-wählt. Dadurch entstand eine wesent-lich höhere Bindung an die Maßnah-me, als wenn diese von außen verord-net worden wäre. Das bedeutet, dassdie Kollegen stärker Verantwortung fürdie Weiterentwicklung der Schuleübernehmen und sich mit den Zielenund Vorgehensweisen identifizieren.

Überprüfbarkeit

Die Einschätzung und Bewertung dereigenen Organisation Schule hat eineüberprüfbare Basis bekommen. DieSchulen haben sich von der Sicht-weise „Wir glauben, dass wir gut sind“

zu einer differenzierten Sicht „Wir wis-sen, wo wir gut sind und können esauch belegen“ hin entwickelt. Dasführt zu einer größeren Transparenzbei allen Beteiligten.

Messbarkeit der Qualität von Schule

Die Schulen haben ein Bewusstseinfür die Messbarkeit von Qualität vonSchulen bekommen und können dasThema differenziert betrachten. Auseiner eher abwehrenden Haltung „pä-dagogische Qualität lässt sich nichtmessen“ hat sich eine differenzierteSicht entwickelt. Die Schulen kennenBereiche, die quantitativ erfasst undbewertet werden können und habenAnsätze für eine qualitative Untersu-chung der wesentlichen pädagogi-schen Prozesse entwickelt. Sie nutzenbeide Ansätze um die Qualität ihrerSchule weiterzuentwickeln.

Selbstbewusstsein

Die Schulen haben ein neues Be-wusstsein dessen gewonnen, was siesind. Sie sind sich über ihre Stärkenund Ihre Verbesserungsbereiche klargeworden. Das führt zu einem eindeu-tigen und zielgerichteten Auftretennach innen und nach außen.

Nachhaltigkeit

Die Schulen sind allgemein daraninteressiert, den Prozess der Selbst-bewertung und den sich anschließen-den Zyklus der Umsetzung und Über-prüfung auch nach Ablauf des Modell-

versuchs weiter zu verfolgen. Sie ha-ben den Wert des erprobten Vorge-hens erkannt und sind in den Prozessder kontinuierlichen Weiterentwick -lung eingetreten. Die angestoßeneQualitätsentwicklung hat sich als einnicht umkehrbarer, nachhaltiger Pro-zess erwiesen.

Vergleich mit Mitbewerbern

Die Schulen haben insgesamt dieScheu verloren, sich mit anderenSchulen zu messen. Sie können sichder Konkurrenz stellen und ihre Stär-ken nutzen. Durch die Beschäftigungmit den Managementinstrumenten ha-ben sie Kompetenzen und Qualifika-tionen erworben, die ihnen eine Aus-einandersetzung mit einheitlichenStandards und einen Vergleich mitMitbewerbern erleichtert.

Anmerkungen

1 EFQM: European Foundation of QualityManagement

Quelle

ISB (Hrsg.): Qualität und Erfolg in BayernsSchulen. Ein Konzept zur Schulentwick -lung, München 1998, S. 5

Ausführliche Informationen über den Mo-dellversuch können Sie unter der Inter-netadresse http://www.isb.bayern.de/bes/modell/quabs/ erhalten. Dort finden Sie auch Hinweise über Ma-terialien und Ansprechpartner.

Thomas Berben

Arbeitsprozessorientierte Gestaltung von Lernsituationen

Einleitung

Im Modellversuch Berufliche Qualifi-zierung 2000 wurde im Zeitraum vonNovember 1998 bis April 2001 ein amArbeitsprozess orientiertes Unter-richtskonzept erarbeitet, realisiert undevaluiert. Das Projekt wurde an derStaatlichen Gewerbeschule Energie-technik (G10) in Hamburg in Zu-sammenarbeit mit dem „Arbeitsbe-reich Prozesstechnik und BeruflicheBildung“ der TU Hamburg-Harburg

(TUHH) umgesetzt, welcher das Pro-jekt wissenschaftlich begleitete. In sei-nen Leitzielen und vor allem in derschulischen Umsetzung entsprichtdas Modellversuchskonzept der Im-plementation des Lernfeldansatzes.1

In l&l Heft 67 (2002) stellten BERBEN/BÄNSCH den Modellversuch und dieaus seinen Erfahrungen resultierendenAnregungen für die Neuordnung aus-führlich dar, während MILEVCZIK/KLÜVER

den allgemeinen Ablauf einer Lernsitu-ation erläuterten. Ausgehend von die-

sem Kontext nimmt der vorliegendeBeitrag speziell die arbeitsprozess -orientierte Gestaltung der Lernsitua-tionen in den Blick.

Gemäß dem Lernfeldkonzept sollen inder Berufsschule berufsbestimmendeSituationen und Handlungsabläufe alsAusgangs- und Bezugspunkt des Ler-nens fungieren. Diesen im Folgendenals Arbeitsprozess bezeichnetenHandlungszusammenhang und Orien-tierungsrahmen gilt es demnach für

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Praxisbeiträge

66 lernen & lehren (l&l) (2003) 70

alle Ebenen der Implementation desLernfeldkonzeptes eingehender zu er-schließen. Aus diesem Grund erarbei-tete die TUHH innerhalb der wissen-schaftlichen Begleitung des Projektsam Beispiel des Elektroinstallateurseinen Ansatz zur Analyse von beruf-lichen Handlungssystemen und zurSystematisierung von beruflichenHandlungsfeldern.2 Mithilfe dieses An-satzes, dessen Ergebnissen und desdamit verbundenen Verständnissesvon beruflichen Anforderungen undKompetenzentwicklung konnte derArbeitsprozessbezug der Lernsituatio-nen kontinuierlich weiterentwickeltwerden. Im Folgenden werden die Ele-mente der Arbeitsprozessorientierungsowie die Gestaltungsmerkmale zurErreichung weiterer bedeutender Leit-ziele anhand der dreiwöchigen Lernsi-tuation „Einrichtung einer Notbeleuch-tung und ihrer Energieversorgung“dargestellt. Der Beitrag beschreibt einidealisiertes Vorgehen, welches sich

aus den Erfahrungen des Projektesentwickelt hat.

Leitziele bei der Gestaltungder Lernsituationen

Die Gestaltung der Lernsituationen imModellversuch ist von vier wesent-lichen Zielen geleitet, die auch in denHandreichungen der Kultusminister-konferenz (KMK) von 2000 an zentralerStelle stehen und hier in aller Kürzeskizziert werden.

Der Bildungsauftrag

Mit dem 1991 von der KMK formulier-ten Bildungsauftrag werden die Zieleder Berufsschule als Partner im dualenSystem der Berufsbildung bestimmt.Demzufolge ist in der Berufsschuleeine Berufsfähigkeit zu fördern, dieFachkompetenz mit allgemeinen Fä-higkeiten humaner und sozialer Artverbindet und damit zur Erfüllung derAufgaben im Beruf sowie zur Mitge-staltung der Arbeitswelt und Gesell-

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Auf

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Arbeits-prozess- schritte

Auftrags- annahme

Auftrags- planung

Auftrags- durchführung

Auftrags- abnahme

Handlungs-schritte

Arbeitsmittel & Methoden

Umfassende berufliche

Handlungs- fähigkeit:

Ges

ells

chaf

t Ökologische, ökonomische und soziale Werte, Normen und Gesetze; Technisch mögliche Energieversor-gungen; Risiken und Gefahren der Energie-nutzung; Bedeutung der Energieversorgung in industriellen Gesellschaften

Technische Anschlussbedingungen; VDE-Vorschriften; Leistungsverzeichnisse; Staatliche Förderprogramme; Konkurrenzsituation im Elektroinstal-lateurhandwerk

VDE-Vorschriften; Arbeitssicherheitsvorschriften; Werthaltungen

Werthaltungen; Sicherheitsvorschriften; VDE-Püfungsvorschriften

Bet

rieb

Erfahrung auf dem Gebiet der Notbe-leuchtungs- und Notstromsysteme; Betriebliches Engagement für den Umweltschutz; Bereitschaft sich als Energie-dienstleister zu verstehen

Spezialisierung und Erweiterung der betrieblichen Aufgabenfelder auf regenerative Energien, Energiema-nagement, Gebäudebetreuung uvm.; Gewinnorientierung

Betriebliche Mitarbeitereinsatzpla-nung; Betriebliche Zeitplanung; Werkzeugzustand und -ausrüstung

Kundenorientierung; Betriebliches Interesse an weiteren Aufträgen

Rah

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Auf

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Anforderungen an die Sicherheit, Flexibilität, und Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung; Beschaffenheit des Gebäudes; Gebrauchswert- /Nutzenerwartung

Finanzieller Rahmen; Bauliche Bedingungen; Vertrauen des Kunden zum Betrieb

Baulich konkrete Bedingungen; Nutzerspezifische Anpassungen

Funktionalität; Sicherheit und bauliche Integration der elektrischen Anlage; Dauerhaftigkeit; Einfachheit der Bedienung

Arbeits-prozess- schritte

Auftrags- annahme

Auftrags- planung

Auftrags- durchführung

Auftrags- abnahme

Handlungs-schritte

Identifizierung des Kundenproblems; Beratung durch Orientierung des und mit dem Kunden; Grobplanung der kundenspezifischen Notbeleuchtung und deren Stromver-sorgung; Erarbeitung alternativer Lösungen: Konventionelle vs. prospektive Elekt-roinstallation mit ökol. und ökonomi-schen Einsparungspotenzialen

Ermittlung baulicher Bedingungen, der Beleuchtungsstärken, An-schlusswerte, Leitungsquerschnitte und Schutzvorrichtungen; Wahl und Dimensionierung von Ver-teiler-, Schalt- und Anschlussvorrich-tungen sowie der Problemlösungen; Äußerung allgemeiner Bedürfnisse des Facharbeiters an die Arbeit; Erfüllung von rechtlichen Auflagen

Identifizierung vorhandener Gebäu-deinstallationen und Schaltungsana-lyse; Montage von Leitungsführungen, Verteilern, Energieeinspeisungen, regenerative Energieversorgung, Überlastungsschutzeinrichtungen; Installation und Inbetriebnahme von Systemen zur Energieverteilung, Energiesteuerung und -messung

Funktionskontrolle; Sicherheitsprüfung und -messung; Rechnergestützte Dokumentation der Arbeiten

Arbeitsmittel & Methoden

Kundengespräch; Rechnergestützte Planung; Referenzbeispiele, Kataloge, EDV-Präsentation, Produktinformationen

Mitarbeitergespräch; Lieferantengespräche

Standard-Werkzeuge, Spannungs-, Strom-Messgeräte, VDE-Prüfgeräte; Schaltungsunterlagen, Installations-pläne, Montageanweisungen; Installationsmaterialien; Protokollaufnahme; Kunden- und Mitarbeitergespräch

Kundengespräche; Funktions- und Sicherheitsmessgerä-te; Dokumentationsprogramme

Umfassende berufliche

Handlungs- fähigkeit:

Durchführung der Handlungsschritte und Handhabung der Arbeitsmittel der Arbeitsprozessschritte; Reflexion, Kritik und Gestaltung der Rahmenbedingungen der einzelnen Arbeitsprozessschritte; Sozial-kommunikative Kompetenz; Kenntnisse von Notbeleuchtungs-, Energieversorgungssystemen, Tarifstrukturen, Energieverteilern, Installationsformen und deren Integration in ein vorhan-denes Gebäude

Abb. 1: Matrix zur Darstellung eines Arbeitsprozesses in Anlehnung an Hägele. Hier konkretisiert an der Aufgabenstellung „Einrichtung einer Notbeleuchtung und ihrer Energieversorgung“.3

schaft in sozialer und ökologischerVerantwortung befähigt (vgl. KMK1991). Dieser Zielsetzung wurde imModellversuch dadurch nachgekom-men, dass berufliche Aufgabenstellun-gen mit den immanenten allgemeinbil-denden Aspekten und den Bezügenzu Kernproblemen unserer Zeit vonden Lernenden ganzheitlich bearbeitetwurden. Neben der Aufgabenstellungim engeren Sinn standen vor allemdurch die Einbindung des Faches Po-litik auch die individuellen Werthaltun-gen, Anforderungen, Rollenverhält-nisse und nicht zuletzt die Mitgestal-tungsmöglichkeiten innerhalb der be-ruflichen Arbeit sowie der angrenzen-den Lebenswelt im Zentrum desUnterrichts. Damit sollte die Hand-lungskompetenz umfassend gefördertwerden.

Berufliche Arbeitsprozesse alsOrientierungsrahmen

Im Rahmen der Berufsfeldanalysedurch die TUHH hat sich die abgebil-

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Praxisbeiträge

lernen & lehren (l&l) (2003) 70 67

dete Matrix (Abb. 1) als ein geeignetesInstrument zur Beschreibung und Sy-stematisierung von Handlungsfeldernund Arbeitsprozessen erwiesen. Ent-lang der typischen Arbeitsprozess-schritte kann die Ganzheitlichkeit desArbeitsprozesses erfasst werden. Da-mit ergeben sich wichtige Anhalts-punkte für seine Bearbeitung in derLernsituation. Auch bei der zukünfti-gen Umsetzung der nach Lernfeldernstrukturierten Rahmenlehrpläne las-sen sich so die dort abstrakt formulier-ten Aufgabenstellungen in ihren Ele-menten und Dimensionen entfalten.Die von den Lehrenden präzisierteAufgabenstellung der Lernsituationmuss unter Berücksichtigung des cur-ricularen Gesamtkonzeptes die Struk-tur eines aufgabenbezogenen Teilge-bietes des beruflichen Handlungsfeldsabdecken und dieses für die Lernen-den greifbar und erfahrbar machen.

Handlungskompetenz als Ziel

Die Entwicklung von Handlungskom-petenz als zentrales Ziel macht deut-lich, dass die Berufsschule keine An-passungsqualifizierung an die beste-henden Anforderungen der Arbeits-welt anstrebt. Vielmehr ist die Förde-rung von eigenständigen Persönlich-keiten und deren Kompetenzen dasLeitbild der Arbeit in der Berufsschule.Handlungskompetenz wird als Fähig-keit und Bereitschaft des Menschenzu eigenverantwortlichem Handelnverstanden. Zudem ist sie als vorläufi-ges Ergebnis von Lern- und Entwick -lungsprozessen auch die Vorausset-zung für die weitere Entwicklung indi-vidueller Kompetenz (vgl. BADER 2000,S. 39). Für diesen Prozess der Kompe-tenzentwicklung ist es für die Lernen-den unerlässlich, eigene Fähigkeitenzu erkennen und Strategien zu derenWeiterentwicklung zu erlernen und zuoptimieren.

Aus diesem Grund hatten die Lernsitu-ationen des Projekts zum Ziel, diejeni-gen Kompetenzen zu fördern, die zurBewältigung und Mitgestaltung derArbeitsprozesse erforderlich sind, so-wie solche, die die Weiterentwicklungder Kompetenzen durch den Lernen-den selbst ermöglichen. Letzteres sindFähigkeiten wie Lern- und Arbeits-techniken, kommunikative Fähigkeitensowie Methoden der Reflexion undBewertung. Weiterhin sollten die Ler-nenden innerhalb der geschützten

Lernumgebung der Schule die eigeneRolle als Facharbeiter und als Heran-wachsender sowie die diesbezüg-lichen Mitgestaltungspotenziale „spie-lerisch“ erfahren, kritisch reflektieren,eigene Zielsetzungen entwickeln undmögliche Konflikte erörtern.

Individualisierte Lernprozesse

Neben der Förderung der Persönlich-keitsentwicklung und einer besserenReaktionsfähigkeit auf die sich ständigverändernden Anforderungen zielt dieKMK auf eine verstärkte Individualisie-rung des Lernens. Diese soll das le-bensbegleitende Lernen fördern undden anthropogenen Voraussetzungender Lernenden gerecht werden (vgl.KMK 2000, S.14). Im Modellversuchwurden zu diesem Zweck Strukturenfür individuelles selbstgesteuertesLernen geschaffen, die den zum Teilsehr heterogenen Lerngruppen imElektrohandwerk gerecht werden. Da-bei waren neben dem mit der Arbeits-prozessorientierung verbundenenHandlungs- und Situationsbezug dieSteigerung der Aktivität der Lernen-den, die Ermöglichung von eigenenLernwegen, die Orientierung des Lern-geschehens am Lernenden sowie diegemeinsame Reflexion und Anleitungzur Selbstreflexion von Handlungs-und Lernprozessen wichtig. „Integrier-te Fachraumkomplexe“ dienen zudemals notwendige Grundlage der Lern-umgebungen.

Die Konkretisierung der Lernsituationen

Im Folgenden werden die Kernele-mente der arbeitsprozessorientiertenLernsituationen dargestellt.

Zentrale arbeitsprozessorientierteAufgabenstellung als Leitfaden

Der erste Schritt bei der Gestaltungvon Lernsituationen ist die Wahl einerAufgabenstellung, die für das zugrun-de liegende Handlungsfeld exempla-risch ist. Geht man von einem lernfeld-orientierten Rahmenlehrplan aus, soist die Aufgabenstellung aus der ab-strakten Lernfeldbeschreibung zu prä-zisieren. Im Projekt wurden repräsen-tative Aufgabenstellungen auf Grunddes Expertenwissens der Lehrendenausgewählt. Mit dieser Präzisierunglegen die Lehrenden die Ziele und In-halte, die Komplexität der Bearbeitungsowie die Tiefe der Auseinanderset-

zung mit den elektrotechnischen undüberfachlichen Themenfeldern fest.Wichtiger Entscheidungshorizont soll-ten dabei der Ausbildungsstand derLernenden, die Übereinstimmung mitdem betrieblichen Alltag der Lernen-den und die bestehenden fachlichenund überfachlichen Fähigkeiten sein.Alle Lernsituationen im erstellten Ge-samtcurriculum müssen im Sinne ei-ner entwicklungslogischen Strukturdie Kompetenzentwicklung der Ler-nenden vom Anfänger zum Meisterfördern (RAUNER 1999). Das schließtalle Dimensionen der Handlungskom-petenz ein. Neben dem Exemplari-schen für die Dimensionen des Ar-beitsprozesses muss die Aufgaben-stellung auch je nach Ausbildungs-stand die Erarbeitung des Orientie-rungs- oder des Detailwissens der im-manenten fachlichen und überfach-lichen Themenfelder ermöglichen. Fürdie möglichen Dimensionen gibt dieMatrix entsprechende Anregungen.

Im Projekt wurde als erste Lernsitua-tion „Einrichtung der Rauminstallationin einem Schülergruppenraum“ ge-wählt, die einen exemplarischen Ar-beitsprozess des gewichtigen Hand-lungsfeldes Elektroinstallation zumThema hat. Damit wurde ein ersterkomplexer Auftrag der Verteilung vonEnergie, Installation und Einrichtungvon elektrischen Betriebsmitteln undelektrischer Beleuchtung bearbeitet.Die Aufgabenstellung der zweitenLernsituation lautete „Einrichtung ei-ner Notbeleuchtung und ihrer Energie-versorgung“ und behandelte mit derVersorgung mit elektrischer Energie ei-nen weiteren zentralen Arbeitsprozessdes Elektroinstallateurs. Diese Aufga-benstellung bietet zudem eine – demAusbildungsstand der Lernenden ent-sprechend – überschaubare vollstän-dige Handlung sowie die Ausein-andersetzung mit dem zentralen The-ma Energieversorgung und den Lern -inhalten Widerstand, Spannungsfall,Strom, Spannung etc. Die Einrichtungder Notbeleuchtung der Gruppenräu-me, die bereits in der ersten Lernsitua-tion eingerichtet wurden, bietet dabeiein anschauliches und begrenztesBeispiel an spezifischen praxisnahenAnforderungen (nach VDE 0108).

In einem zweiten Schritt sind – in Ab-stimmung mit den weiteren Lernsitua-tionen – die Schwerpunkte der Lernsi-

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tuation in möglichst allen Dimensionender Handlungskompetenz zu bestim-men. In unserer Lernsituation bedeu-tet das, dass weite Teile des in Abb. 1dargestellten Arbeitsprozesses ganz-heitlich bearbeitet wurden, aber aufGrund des frühen Zeitpunktes in derAusbildung einige Reduktionen erfolg-ten. So waren z. B. die im Arbeitspro-zess enthaltenen Aspekte Kundenge-spräch, Tarifstruktur und Förderpro-gramme, Betriebsprofil sowie Steue-rung und Messung der Energieversor-gung in der Lernsituation nicht enthal-ten. Der arbeitsprozessbezogeneSchwerpunkt lag in der den Anforde-rungen entsprechenden Dimensionie-rung der Notbeleuchtung und derenEnergieversorgung. Die Aspekte Kun-dengespräch und Tarifstruktur undFörderprogramme wurden als wichti-ge Komponenten der beruflichen Ar-

beit in Lernsituation 3 an einem ande-ren Gegenstand (Warmwasserberei-tung in einer Küche) bearbeitet. Eineweitere Verzahnung wurde u. a. im Be-reich der Sozial- und der Lernkompe-tenz vorgenommen (siehe unten).

Ausgehend von Aufgabenstellung undSchwerpunktsetzung werden im drit-ten Schritt Phasen der Lernsituationenfestgelegt und gestaltet, die definierteHandlungs- bzw. Lernschritte zumGegenstand haben. Die vollständigeHandlung der am Arbeitsprozess an-gelehnten Aufgabenstellung steht imZentrum der Lernsituation (siehe Abb.2, Phasen 2-11) und wird ergänzt umdie Phasen der Informationsbeschaf-fung, des gelenkten Inputs, des Me-thodenlernens, der Ergebnissiche-rung, des Transfers, der Auswertungu. v. m. Neben den Anforderungen des

Arbeitsprozesses greift die Lernsitua-tion damit die Maßnahmen zur Förde-rung der übergreifenden didaktischenZiele wie individuelles Lernen undKompetenzentwicklung in den ge-wählten Schwerpunkten und Inten-sitäten auf, die sich in der Ausgestal-tung der Phasen konkretisieren.

Diese typischen Schritte und Hand-lungsabläufe des Arbeitsprozessesgalt es auch den Lernenden deutlichzu machen. Bereits in der ersten Lern-situation wurden hierzu die Hand-lungsschritte des bearbeiteten Ar-beitsprozesses visualisiert, mithilfe derStrukturlegetechnik in die richtige Rei-henfolge gebracht und mit den Hand-lungsschritten der Lernsituation in Be-ziehung gesetzt. In ähnlicher Formwurde auch in dieser Lernsituation ge-arbeitet.

11: Gemeinsame Auswertung der Lernsituation

2 Std

AuftragsübergabeAuftragsdurch-

führungAuftragsplanungAuftragsannahme

Ins

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Arbeits-

prozess-

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Einstieg Planungsphase Produktionsphase Auswertung Abschluss

Phasen

6: Dimensionie-rung einer eigenen Lösungsvariante

4 Std

8: Inbetrieb-nahme und Vergleich und Bewertung der Lösungsvarianten

4 Std

L2: Ermittlung des Spannungs-falls in der Anlage 4 Std

L1: Spannungs-fall auf Lei-tungen 8 Std

Input: Spannungsfall auf Leitungen

2: Einstieg:Aufgabenstel-lung, Meilenstei-ne und Anfor-derungen 2 Std

5: Erarbeiten undPräsentierenvon Arten und Anwendungen der Spannungs-erzeugung 9 Std

M2: Messtechnische Erfassung el. Größen 4 Std

M1: Verfahren und Ergebnisse der Messtechnik

6 StdInput:

Messtechnik

7: Einrichten der Lösungen der Notbeleuchtungin den Gruppen-räumen

4 Std

3: Einführungin die Kenn-größen von Spannungs-quellen 2 Std

4: Informieren über die Auflagen der VDE für Notbe-leuchtungen

4 Std

T2: Was kann diePhotovoltaikan-lage an den Fachräumen leisten? 4 Std

T1: Aufbau und Wirkungsweise einer Photovol-taikanlage

8 Std

Transfer

S1: Parallel- und Reihenschaltung von Spannungs-quellen

9 Std

Input: Schaltungen von

Spannungs-quellen

zeitlicher Ablauf

1: Rückschauund was nehmen wir uns für diese Lernsituation vor? 1 Std

10: Ordnen und Systematisieren der Themen und Inhalte 2 Std

9: Gemeinsame Auswertung der Ergebnisse

2 Std

A (parallel und begleitend): Erarbeitung regenerativer Energienutzung am Beispiel der Photovoltaik Fachartikel komprimieren, Informationspapier erstellen, Vorbereitung und Durchführung eines mündlichen Kurzvortrages. 15 Std

B (begleitend): Kontinuierliche Reflexion des LernprozessesPlanen, Visualisieren und Besprechen der Handlungsschritte (Tages-, Wochenplan) Mindestens wöchentliche Reflexion der gemeinsamen Arbeit 4 Std

C (begleitend): Gruppenarbeit reflektieren und Gruppenregeln entwickeln6 Std

Abb. 2: Darstellung der Abschnitte der Lernsituation, die sich um den Arbeitsprozess ranken

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Ausgehend von der Bearbeitung derzentralen Aufgabenstellung durchdrin-gen die Lernenden die zur Problemlö-sung notwendigen Kenntnisse selbst-ständig oder werden von den Lehren-den durch fachliche Inputs unterstützt.So wurden Fachkenntnisse wie dieGrößen Klemmenspannung, Innenwi-derstand, Fachbegriffe wie Leerlaufund Kurzschluss sowie die messtech-nische und mathematische Ermittlungdes Spannungsfalls auf Leitungen unddes Leitungswiderstandes im Rahmender konkreten Bearbeitung erschlos-sen und erklärt. Dies ergab sich ganzautomatisch aus der notwendigen Di-mensionierung der Notbeleuchtung,der Anschlussleitungen und der Ener-gieversorgung. Die Praxisbezüge derzu erarbeitenden Fachinhalte und derzu entwickelnden Kompetenzen wa-ren somit für die Lernenden greifbar.Die Einbettung des Arbeitsprozessesin die skizzierten Rahmenbedingun-gen wurde unmittelbar erlebt, da auchdie auf die Aufgabenstellung bezoge-nen Normen, ökologischen und öko-nomischen Betrachtungen der Ener-gienutzung sowie die Anforderungendes Kunden bzw. der Anlage ermitteltwurden. Die Lernenden bearbeitetenunter anderem die Chancen und Risi-ken regenerativ gewonnener Energieam Beispiel der Photovoltaik und dieAnforderungen an Notbeleuchtungaus den VDE-Vorschriften. Sie er-mittelten die baulichen und techni-schen Voraussetzungen in der konkre-ten Aufgabenstellung sowie die Erwar-tungen des Kunden – dessen Rolle dieLehrer übernahmen.

Die Phasen und Teilaufträge derLernsituation

Mit der beschriebenen Schwerpunkt-setzung wurde die Lernsituation inPhasen gegliedert, wie Abb. 2 veran-schaulicht.

Es ergibt sich ein Zusammenspiel voninstruktionalen Phasen, d. h. Teilab-schnitten, in denen die Lehrenden inzumeist kurzen Einheiten Wissen ver-mitteln, und Abschnitten der Selbster-arbeitung in Einzel-, Partner- oderGruppenarbeit. Die Instruktionspha-sen beschränkten sich dabei aufstrukturierende Überblicke, die geziel-te Vermittlung von Grundlagenwissenund die ordnende Zusammenfassungder Ergebnisse. In besonderen Fällenwurden Sie auf Wunsch von Schüler-gruppen durchgeführt, um schwierigeThemen zu wiederholen und zu festi-gen. In der vorliegenden Lernsituationwurden z. B. die Einführungen in dieThemen Messtechnik (M), Span-nungsfall auf Leitungen (L), Schaltun-gen von Spannungsquellen (S) eherlehrerzentriert mit Übungs- bzw. Pra-xisphasen verwirklicht. Zusätzlichwurden die Einstiegsphase (3) und dieTransferphase (T1) vom Lehrer ange-leitet und dann in Partner- bzw. Grup-penarbeit durchgeführt. Im Laufe dervier Lernsituationen planen und reali-sieren die Schüler ihre Informations-phasen mehr und mehr nach ihren ei-genen Bedürfnissen, wie dies z. B. inPhase 5 „Erarbeiten und präsentierenvon Arten der Spannungserzeugung...“ der Fall war. Dabei informierten siesich aus einem Fundus unterschied-

licher bereitgestellter oder selbst orga-nisierter Informationsquellen und Ma-terialien für Versuchsaufbauten.

Der überfachliche Schwerpunkt lag inder Bearbeitung der „Chancen und Ri-siken regenerativ gewonnener Energieam Beispiel der Photovoltaik“, wobeidie Arbeitsgruppen die Inhalte eineszum Thema passenden Fachtextes ar-beitsteilig komprimierten und grup-penübergreifend ein gemeinsames In-formationspapier erstellten. Die Inhal-te wurden in einem Kurzreferat prä-sentiert. Die Präsentationen zur Ener-gieerzeugung (Phase A) und zurPhotovoltaik (Phase 5) wurden vonden Schülern und Lehrern gemeinsambewertet. Die Informationsbeschaf-fung aus Fachbüchern, -texten undInternetdarstellungen, das Zusam -men fassen von Fachtexten sowie dieErstellung und Durchführung einerPräsentation waren weitere methodi-sche und überfachliche Schwerpunkteder Lernsituation.

Arbeiten in vielfältigen Sozialformen

In der Lernsituation arbeiteten die Ler-nenden in Einzel-, Partner- oder Grup-penarbeit bzw. im Plenum mit demLehrer. Durch diese bewusst gesetzteMischung der Sozialformen hatten dieSchüler vielfältige Möglichkeiten, Er-gebnisse und Lösungswege zu ver-gleichen, zu diskutieren, sich unterein-ander zu helfen oder den Lehrendenzu Rate zu ziehen. Weiterhin ist derhohe Anteil an Gruppen- und Part-nerarbeit wichtig, um die Sozialkom-petenz zu fördern. Hierzu wurdenLernsequenzen mit den Zielen „Sensi-bilisieren für Gruppenarbeit“, „Reflek-tieren von Gruppenarbeit“, „Formulie-ren von Gruppenregeln“ und „Weiter-entwickeln der Arbeit in der Gruppe“über die vier Lernsituationen verteilt.Wie in Abb. 2 verdeutlicht, wurden inder Lernsituation die Gruppenaktivitä-ten durch die Lernenden ausgewertetund abschließend Gruppenregeln er-arbeitet (Phase C).

Initiieren von Reflexionsphasen

Sollen die Lernenden eigene Hand-lungsstrategien entfalten und weiter-entwickeln sowie Lernprozesse zu-künftig selber steuern, so sind be -wuss te Phasen der Reflexion erforder-lich. Diese Phasen werden i. d. R.nicht ohne äußeren Impuls angegan-gen und in handlungs- und produkt -

Abb. 3: Im Wochenarbeitsplan werden die Meilensteine sowie die bearbeiteten Schritte visualisiert.

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orientierten Lernarrangements schnelldurch die Dominanz des zu erstellen-den Produktes verdrängt bzw. auf einMinimum zurückgefahren, wie der ers -te von zwei Projektdurchläufen beleg-te. Überdies handelt es sich beim ge-danklichen Durchdringen des eigenenHandlungs- und Denkprozesses umein – bei den Lernenden nicht sehr be-liebtes – abstraktes intellektuelles Ar-beiten. Im zweiten Projektdurchganginitiierten die Lehrenden deshalb ge-zielt Reflexionsphasen und stelltenMethoden der Planung und Auswer-tung vor. Zu dem noch frühen Zeit-punkt der Ausbildung lagen dieSchwerpunkte in der Reflexion der all-gemeinen Vorgehensweise (Phase B,siehe auch 3.6), in den Auswertungs-phasen im Rahmen der Gruppenarbeit(Phase C) sowie in gemeinsamen Sy-stematisierungsphasen (Phase 10). Dader Anteil an lernschwächeren Auszu-bildenden bei den angehendenElektroinstallateuren in der Regel rela-tiv hoch ist, wurden die Lernenden inersten Schritten an die selbstständigePlanung und Reflexion herangeführt(Phase B). Lehrer und Schüler sam-melten morgens die in den aktuellenLernphasen erforderlichen Hand-lungsschritte und visualisierten diesein einer Art „Tagesplanung“. Diese Lis -te wurde Schritt für Schritt abgearbei-tet und am Ende des Tages gemein-sam hinsichtlich der Erfolge und Pro-bleme bewertet. Weitergehende Kon-sequenzen wurden besprochen unddie absolvierten Schritte in einem Wo-chenplan visualisiert (Abb. 3). DiesePlanungs- und Reflexionsprozessewurden in allen Lernsituationen ver-stetigt, womit sich ein vielschichtigerund kontinuierlicher Reflexionspro-zess ergab. Innerhalb der Ausweitungauf die gesamte Ausbildungsdauersind diese Maßnahmen sukzessivedurch die Lernenden bzw. die Arbeits-gruppen zu übernehmen. Darüber hin-aus soll die Reflexion der eigenenLernprozesse angeregt werden.

Handlungs- und Inhaltsstruktur

Zur Ergebnissicherung bzw. zur Verall-gemeinerung gehören die Phasen desmeist gemeinsamen Systematisierensund Ordnens des Erlernten (Phase 10).Dabei werden die während der Bear-beitung der Aufgabenstellung er-schlossenen Themen bzw. Inhalte vi-sualisiert und geordnet. D. h. nebender dargestellten Form der Visualisie-

rung der Handlungsschritte des Ar-beitsprozesses (s. o.) und der Schritteder Lernsituation werden Mindmapsoder Strukturen des Erlernten erstellt.Diese Strukturen visualisieren denfachsystematischen Zusammenhangund die Vernetztheit von Aufgaben-stellung und Inhalten.

Die Lernenden gestalten denUnterricht mit

Über die genannten Schritte der ge-meinsam Planung und Reflexion hin-aus wurde zu jedem Wochenbeginnder Verlauf der vergangenen Woche inHinblick auf Schwierigkeiten und Pro-bleme im Lernprozess rekapituliert(Phase B). Mit der Leitfrage „Was ist inder vor uns liegenden Woche be-sonders zu beachten?“ wurden in ei-nem kurzen Gespräch Aspekte ge-sammelt, die sowohl von den Lehren-den als auch von den Lernenden be-rücksichtigt werden sollten. Dazu ge-hörte z. B., dass die Dimensionierungder Spannungsquellen nicht verstan-den wurde und weitere Übungspha-sen erforderlich waren, dass es imFachraum zu laut war oder dass dieGruppenregeln nicht beachtet wur-den. Lehrer und Schüler übernahmendie Verantwortung, diese Schwach-stellen in der kommenden Woche aus-zugleichen. Zusätzlich wurde zumEnde einer jeden Lernsituation einegemeinsame umfangreichere Rück-schau gehalten (Phase 11). Hierbeiwurden sowohl die Auswahl der Zieleund Inhalte, der Praxisbezug als auchdie konkrete Gestaltung der Lernsitua-tion besprochen. Die Schüler äußertenihre Kritik und entwickelten gemein-sam Verbesserungsvorschläge. DieseAspekte werden – wie in Phase 1 – zuBeginn der nächsten Lernsituationwieder eingebracht und als Kriteriender gemeinsamen Arbeit abgestimmt.In diesem Rahmen entwickelten dieSchüler deutlich Mitverantwortung fürdie eigene Ausbildung und brachtenihre Eindrücke mit in die Gestaltungder Lernsituationen ein.

Ergebnisse

Nachstehend werden die Ergebnisseder Evaluation des Gesamtkonzeptesmit vier Lernsituationen anhand dergesetzten Ziele zusammengefasst.Die eingesetzten Evaluationsmetho-den umfassten die Analyse der Ergeb-nisse der Schüler in den Lernerfolgs-

kontrollen innerhalb der Lernsituatio-nen und in den Prüfungen, ausführli-che Lehrer- und Schülerrückmeldun-gen in Gesprächen und Befragungen,Unterrichtsbeobachtungen, die didak-tische Analyse der Lehr- /Lernarrange-ments und der Lernumgebungen so-wie statistische Auswertungen.

Umfassende Förderung beruflicherund allgemeiner Handlungskompe-tenz

Die von den Lernenden in fachtheore-tischen Zwischen- und Abschlussprü-fungen erzielten Ergebnisse belegenauch nach rein fachlichen MaßstäbenFachkompetenz, die mit den Ergeb-nissen aus Klassen mit herkömmli-chem Unterricht vergleichbar ist. Dar-über hinaus wurden durch den ar-beitsprozessorientierten, ganzheit-lichen Ansatz zusätzliche Kompeten-zen gefördert. In der Zusammenarbeitmit anderen Schülern zeigten die Ler-nenden eine deutlich gesteigerteKommunikations- und Kooperations-fähigkeit. Ferner wurden innerhalb derLernsituationen Elemente der Metho-denkompetenz wie selbstständigePlanung, Informationsbeschaffungund -auswertung, die Präsentationvon Ergebnissen, Kundengespräche,Fehlersuche u. v. m. gefördert. Durchdie Auseinandersetzung mit den sozi-alen, politischen, ökologischen undökonomischen Bezügen der jeweiligenAufgabenstellung konnten die Schülerihre Fähigkeit zur Mitgestaltung vonArbeitswelt und Gesellschaft entwi -ckeln. Es wurde deutlich, dass dieseganzheitliche Betrachtung der beruf-lichen Aufgabenstellungen den Praxis-bezug aus Sicht der Schüler noch ver-stärkt. Insgesamt ermöglicht die Vor-gehensweise eine durchgehende The-orie-Praxis-Verzahnung und - damitverbunden - eine sichtbare Steigerungdes Verwertungsbezuges des Erlern-ten. Eine merkliche Steigerung derQualität der Ergebnisse ist auf die in-tensivierte methodische Unterstüt-zung der Lernprozesse (Phasen desMethodenlernens) der Schüler zurück -zuführen.

Befähigung zu selbstgesteuertemlebenslangen Lernen

Die zur Realisierung des eher langfri-stig angelegten Ziels „Befähigung zulebenslangem selbstgesteuerten Ler-nen“ geschaffenen Strukturen haben

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sich bewährt. Durch die ausgeweite-ten Anteile des selbstgesteuerten Ler-nens wurde die Aktivität der Lernen-den wesentlich erhöht. Das Verhältnisvon gelenktem Lehrerinput gegenüberSchülerselbstständigkeit lag nach Ein-schätzung der Lehrer in den durchge-führten Lernsituationen bei rund50/50. Während der Durchführungzeigte sich, dass hierbei sowohl einesensible Anpassung an die vorhande-nen Lernvoraussetzungen der Schülerals auch an die methodischen Kompe-tenzen der Lehrer erfolgen sollte. Beider skizzierten Vorgehensweisekommt es zu der vielzitierten Redefini-tion der Schüler- und Lehrerrollen. DieLehrer entwickeln sich vom Einzel-kämpfer und Wissensvermittler im feingegliederten Fachunterricht zumTeam teacher und Lernberater in ganz-heitlichen und komplexen Lehr-Lern-Arrangements. Der Modellversuchzeigt, dass die Qualität der Förderungdes selbstgesteuerten Lernens mit ei-ner strukturierten gemeinsamen Pla-nung, Reflexion und der Selbstrefle-xion sowie mit der konsequenten Ein-lösung der Mitgestaltungsmöglichkei-ten für die Schüler steigt.

Verbesserung der Leistungsdifferenzierung

Die Verbesserung der Leistungsdiffe-renzierung basiert auf den verwirklich-ten Strukturen für individuelles selbst-gesteuertes Lernen. In diesem Umfeldkonnte eine von den Lernenden über-aus positiv bewertete neue Qualität ih-rer Betreuung der Schüler durch dieLehrer erreicht werden. Als Folge derErhöhung der Schüleraktivität wurdenFreiräume für die intensivere Betreu-ung und Unterstützung der individuel-len Lernprozesse geschaffen. Die Leh-rer widmeten sich verstärkt ungeklär-ten Fragen, Verständnisschwierigkei-ten und der fachlichen und methodi-schen Unterstützung der Schüler. Einnotwendiges Fundament für die ge-zielte Zusammenarbeit mit den Schü-lern ist in der funktionierenden Kom-munikation und vielschichtigen, kon-kreten Abstimmung im Lehrerteam zusehen.

Steigerung der Motivation derSchüler

Das Gesamtkonzept des Modellver-suchs wurde von der überwiegendenMehrheit der Schüler positiv aufge-

nommen. Innerhalb der Arbeit in denLernsituationen und in der gemeinsa-men Auswertung zeigte der Großteilder Schüler ein hohes Engagementund eine gesteigerte Verantwortungfür den eigenen Lernprozess. Durchdie arbeitsprozessorientierte Vorge-hensweise und die intensive ganzheit-liche Auseinandersetzung mit den be-ruflichen Aufgabenstellungen sowieder vielschichtigen Rolle als Fachar-beiter konnte das Modellversuchskon-zept ganz offensichtlich zu einer er-höhten Identifikation und Motivationbeitragen. Eines der ausgewiesenenZiele war die Reduzierung der Anzahlvon Vertragslösungen, die in denElektroinstallateursklassen meist einehohe Quote erreicht. Bedingt durchdas neue Konzept hat sich hier einebeachtliche Veränderung ergeben. Sokonnte in beiden Durchläufen des Pro-jekts die Zahl der Vertragslösungennach zwei Jahren Ausbildungszeitgegenüber Klassen im herkömmlichenUnterricht etwa halbiert werden. Be-zogen auf die volle Ausbildungszeit er-gaben sich Abbrecherquoten von 20%bei den Modellversuchsteilnehmernund 46% bei den Klassen im her-kömmlichen Unterricht4.

Schwierigkeiten ergaben sich in derRegel dadurch, dass sich Lehrer undSchüler an die neuen Rollen gewöh-nen mussten sowie durch die Rück -wirkung der bestehenden Ordnungs-mittel, d. h. im Speziellen der Anforde-rungen der fachsystematisch gepräg-ten Prüfungen. In Bezug auf die Rollenwirken “auf beiden Seiten des Pultes“offenbar die Erfahrungen des frontalenund lehrerzentrierten Unterrichts deut-lich nach und prägen die Erwartungen,die an den Unterricht gestellt werden.

Fazit

Die skizzierte Gestaltung der Lernsitu-ationen erfordert Rahmenbedingun-gen wie den „Integrierten Fachraum-komplex“ und die intensive Arbeit inLehrerteams, die weitreichende Fol-gen für die Schulorganisation und -entwicklung haben. Die Erfahrungendes Projekts weisen eindrucksvoll dienachhaltige Wirkung der unmittelba-ren Verzahnung von Theorie und Pra-xis in der Schule nach. Dazu wurden in„Integrierten Fachräumen“ Lernumge-bungen eingerichtet, die vollständigearbeitsprozessorientierte Handlungen

und die ganzheitliche Auseinanderset-zung mit den realen Gegenständender Berufspraxis und damit die Förde-rung einer umfassenden Handlungs-kompetenz ermöglichen (vgl. G10/TUHH 2001, S.147 ff.).

Die Modellversuchserfahrungen mitder am Arbeitsprozess orientiertenGestaltung von Lernsituationen bele-gen eine positive Wirkung des Ansat-zes. Insbesondere in Bezug auf Moti-vation und Schülerorientierung konn-ten mit der verbesserten Theorie-Pra-xis-Verzahnung und der Steigerungdes Verwertungsbezuges Erfolge er-zielt werden. Diese Form des Unter-richtens verleitet jedoch dazu, durchdas ausschließliche Abarbeiten derArbeitsprozessschritte zur reinen An-passungsqualifizierung zu verkom-men. Auch das zu erstellende Produktdroht wichtige Phasen der Reflexionzu dominieren bzw. auf ein Minimumzu reduzieren. Die wesentliche Quali-tätssteigerung im Sinne der Förderungvon Kompetenzentwicklung und derErfüllung des Bildungsauftrages stelltsich erst mit der bewussten Reflexionder vollzogenen Handlungen, der Sy-stematisierung und Verallgemeinerungder Ergebnisse, der Phasen des Me-thodenlernens und der ganzheitlichenAuseinandersetzung mit der Aufga-benstellung inklusive der Erprobungund Erörterung der Gestaltungspoten-ziale ein. Diesbezüglich bieten dieLernsituationen des Projekts eine guteGrundlage für die Erreichung der ge-setzten Ziele und die Umsetzung derneugeordneten Lehrpläne. Gerade diehier beschriebene Lernsituation ist u. E. ein sehr geeignetes Lernangebotfür die Einführung in die beruflichenAufgaben und Themengebiete.

In ähnlicher Form wird in den Klassender Energieelektroniker gearbeitet.Hier ist die Schülerselbstständigkeit inder Regel größer, da die Lernendenüberwiegend bessere Lernvorausset-zungen aufweisen und bereits im 4.und 5. Schulhalbjahr nach dem Kon-zept unterrichtet wurden. Zwei Ar-beitskreise befassen sich zurzeit undin den kommenden Monaten – im Aus-tausch mit der Rahmenlehrplankom-mission – mit der Abstimmung derLernsituationen auf die Lernfelder so-wie mit der Ausweitung des Konzeptsauf die volle Ausbildungszeit. Im Be-reich des Elektroinstallateurs ge-

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schieht dies mit der Unterstützungdurch ein Forschungsvorhaben derTUHH. Dabei werden im Sinne der re-gionalen Curriculumpräzisierung auchdie dualen Partner, Ausbildungsbetrie-be und die Überbetriebliche Ausbil-dungsstätte, mit in den Abstimmungs-prozess zu integrieren sein.

Anmerkungen

1 Zur eingehenderen Auseinandersetzungmit dem Modellversuch empfiehlt sichl&l Heft 67 (2002) und der Abschlussbe-richt, der neben den Hinweisen auf wei-tere Veröffentlichungen im Internet un-ter http://www.pbb.tu-harburg.de/proj-b2t/ber2000.htm zu erhalten ist.

2 Ansatz und Ergebnisse werden im Ab-schlussbericht des Projekts und in Hä-gele/Knutzen (2002) ausgiebiger erläu-tert.

3 Die Matrix wurde von Thomas Hägelefür die Analyse des beruflichen Hand-lungssystems entwickelt (vgl.Hägele/Knutzen 2002) und ist für dieVerwendung zur Planung und Reflexionvon Unterricht auf vier Arbeitsprozess-schritte reduziert worden.

4 Die Anzahl der Schüler lag in allenGruppen (je Jahrgang und Unterrichts-form) bei ca. 70 (vgl. auch Klüver/Ber-

ben 2002). Die Zahlen beziehen sich aufden ersten Durchgang des Projektes.

Literatur

BADER, R.: Konstruieren von Lernfeldern.Eine Handreichung für Rahmenlehrplan-ausschüsse und Bildungsgangkonferen-zen in technischen Berufsfeldern“. In:BADER, R./SLOANE, P.F.E. (Hrsg.): Lernenin Lernfeldern. Markt Schwaben 2000, S.33-50.

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Gewerbeschule 10 (G10)/TUHH, Arbeits-bereich Prozesstechnik und BeruflicheBildung (Hrsg.): Abschlussbericht zumModellversuch Berufliche Qualifizierung2000. Manuskript. Im Internet unterwww.pbb.tu-harburg.de/proj-b2t/ber2000.htm. Hamburg 2001.

HÄGELE, T./KNUTZEN, S.: Arbeitsprozesso-rientierte Entwicklung schulischer Lern-situationen. In: lernen & lehren (2002)Heft 67, S. 115-118.

KLÜVER, J./BERBEN, T.: Was können Berufs-schulen gegen Ausbildungsabbruch be-wirken? In: JENEWEIN, K./BOHLINGER, S.(Hrsg.): Ausbildungsabbrecher – Verlie-

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MILEVCZIK, G./ KLÜVER, J.: Zugangskontrol-le, Videoüberwachung und Datenschutz:Eine arbeitsprozessorientierte Lernsitua-tion für Elektroinstallateure. In: lernen &lehren (2002) Heft 67, S. 126-133.

KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenzder Kultusminister der Länder in derBundesrepublik Deutschland): Rahmen-vereinbarung über die Berufsschule (Be-schluss der Kultusministerkonferenzvom 14./15.3.1991)

KMK, Sekretariat der Ständigen Konferenzder Kultusminister der Länder in derBundesrepublik Deutschland: Handrei-chungen für die Erarbeitung von Rah-menlehrplänen der Kultusministerkonfe-renz (KMK) für den berufsbezogenenUnterricht in der Berufsschule und ihreAbstimmung mit Ausbildungsordnungendes Bundes für anerkannte Ausbil-dungsberufe. In der Fassung vom15.09.2000.

RAUNER, F.: Entwicklungslogisch struktu-rierte berufliche Curricula: Vom Neulingzur reflektierten Meisterschaft. In: ZBW(1999) . 3, S. 424-446.

Berufliches Handlungsfeld„Nutzung bzw. Betrieb vonHeizungsanlagen“

Innerhalb eines Lernfeldes wird ange-strebt, zu einer didaktisch strukturier-ten Lernsituation zu gelangen. MitBlick auf die wechselnden Anforde-rungen im späteren Beruf soll versuchtwerden, die Erstausbildung enger anHandlungen aus dem alltäglichen Ar-beitsumfeld des Auszubildenden aus-zurichten. Das Ziel besteht darin, Ler-nende auf komplexe Bedingungen derArbeitswelt vorzubereiten, wozu ne-ben der Ausbildung von engem beruf-

lich-fachlichen Können auch weiter-führende Aspekte wie Sozialkompe-tenz, Umweltbewusstsein und ebenauch Kundenorientierung gehören.Kundenorientierung spielt gerade inkleinen und mittelständischen Unter-nehmen eine immer größere Rolle.Entsprechende Fähigkeiten erweiterndie berufliche Handlungskompetenzauch im Bereich der Versorgungstech-nik. Aus diesem Grund sollten die Ler-nenden während ihrer Ausbildungebenso auf solche Problemstellungenvorbereitet werden, bei denen Kun-den, Kundenkontakt, Kundenwünsche

oder aber auch Beschwerden vonKunden im Mittelpunkt stehen.

Auch wenn alleine schon wegen derVorgaben der „KMK-Handreichungen“für die Thematik Kundenorientierung“kein eigenes Lernfeld gebildet werdenkann und soll, erscheint es für einenintegrativen Ansatz sinnvoll, für Berei-che, in denen es sich anbietet, Aspek-te der Kundenorientierung einzubin-den. Solche Lernsituationen konkreti-sieren punktuell in den verschiedenenLernfeldern auch das Thema „Um-gang mit dem Kunden“ im Rahmen ei-nes umfassenden Ansatzes zur Kun-

Jörg Biber/Claudia Gutberlet

Einweisen von Kunden in das Programmieren von Heizungsanlagen

– Themenbehandlung in einem fächerübergreifenden Unterricht

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denorientierung. Aus der Analyse desBerufshandelns von Zentralheizungs-und Lüftungsbauern haben sichHandlungsfelder identifizieren lassen,in denen sich entsprechende Elemen-te finden, die unmittelbar mit den fach-lichen Aufgaben verknüpft sind unddamit als Grundlage für Lernsituatio-nen zum „Kundenorientierten Berufs-handeln an Heizungsanlagen“ dienenkönnen. Um ein breites Meinungsbildüber kundenorientiertes Berufshan-deln an Heizungsanlagen zu erhalten,wurden Fragebögen bzw. ein Inter-viewplan für mehrere Zielgruppen er-arbeitet und eingesetzt, die unter an-derem auch Fragen zu Arbeits- undGeschäftsprozessen im SHK-Hand-werk enthielten. So sind beispiels-weise Ansichten und Meinungen vonKunden sowie Unternehmen im Hand-werk des SHK-Bereiches als auchMeinungen von Lehrlingen erfasstworden. Sie stellten zum Anfang unse-rer Untersuchungen ein nützliches In-strument für einen ersten Ansatz zurErmittlung typischer Handlungssitua-tionen und möglicher Handlungsfeldervon SHK-Handwerkern dar, die sichfür das Gestalten von Lernsituationeneignen. Nach Auswertung der analy-sierten Geschäftsfelder von SHK-Unternehmen als auch der ermitteltendifferenzierten Arbeitsaufgaben vonSHK-Handwerkern durch Befragun-gen und Interviews, ließen sich einigeHandlungsfelder identifizieren, die daskundenorientierte Berufshandeln imTechnikbereich „Heizungsanlagen“kennzeichnen. Unter diesem Blickwin-kel sowie unter Beachtung des Pro-duktkreislaufes einer Heizungsanlageließen sich folgende fünf Handlungs-felder als Grundlage für mögliche sichdaraus ergebende Lernsituationen be-schreiben:

1. Planung des Neubaus, der Erneue-rung oder Modernisierung einerHeizungsanlage,

2. Montage von Heizungsanlagenoder von Subsystemen solcher An-lagen,

3. Nutzung bzw. Betrieb von Hei-zungsanlagen,

4. Instandhaltung von Heizungsanla-gen,

5. Demontage, Recycling und gege-benenfalls Entsorgung von defek-

ten Heizungsanlagen bzw. derenSubsystemen.

Zum Handlungsfeld „Nutzung bzw.Betrieb von Heizungsanlagen“ gehörtu. a. die Funktionskontrolle, das Ein-weisen der Kunden in die Funktion so-wie das Programmieren der Heizungs-anlage, das Übergeben der Heizungs-anlage sowie das Anbieten von Servi-celeistungen. Hierbei spielt der Kun-denkontakt eine dominierende Rolle.

Kunden äußerten sich in den Inter-views dahingehend, dass die SHK-Handwerker nicht sehr kommunikativsind und unzureichende Bedienungs-hinweise geben. So war nur die Hälfteder Kunden mit der vom Monteur er-haltenen Anlageneinweisung zufrie-den. Der andere Teil bemängelte beider Einweisung, dass diese viel zuschnell erfolgte und deshalb nicht alleFragen zufriedenstellend beantwortetwerden konnten. Aus diesem Grundeist erklärlich, dass ein großer Teil derbefragten Kunden nach erfolgter Ein-weisung die Heizungsanlage nur be-schränkt bedienen kann. Mithilfe derBedienungsanleitungen haben vieleKunden im Nachhinein das Bedienender Heizungsanlage selbst erlernenmüssen.

Eine gewissenhafte Beratung undAuswahl der Regelungstechnik undBedienoberfläche sowie eine umfas-sende Bedienungseinweisung sind zufordern. Jedoch ist eine solche Bera-tung und Einweisung von Kunden indie Bedienung ihrer Heizungsanlageim aktuellen Lehrplan nicht enthalten.Dass Lernende selbst eine Einweisungdes Kunden vornehmen dürfen stellteher die Ausnahme dar. Das ist aller-dings vielfach dem Umstand geschul-det, dass die Vorbereitung des Lehr-lings auf eine solche Situation seitensdes Meisters viel Zeit erfordert und an-dererseits der Meister sich mit seinemLehrling vorm Kunden nicht blamierenwill. Dennoch oder besser – geradedeswegen – wurde die aufgezeigteHandlungssituation zum Anlass ge-nommen, darauf bezogene Lernsitua-tionen zu gestalten, denn die Berufs-schule besitzt gute Voraussetzungenzur Schaffung entsprechender Vorleis-tungen bei den Auszubildenden.

Diese Handlungssituation der SHK-Handwerker sollte u. a. durch einenengen Kundenkontakt und das Errei-

chen einer hohen Kundenzufrieden-heit bei der Übergabe der Heizungs-anlage geprägt sein, weswegen dieSHK-Handwerker unbedingt zur Kom-munikation mit den Kunden (zum Kun-denkontakt) befähigt werden müssen.Deshalb wurden folgende kommuni-kationsbezogene Unterrichtsziele füranstrebenswert erachtet:

• mit den Kunden Kontakt aufneh-men und einen Termin vereinbaren;

• sich ordentlich beim Kunden vor-stellen und freundlich verhalten;

• individuelle Gewohnheiten der Kun-den als Grundlage für eine kunden-spezifische Programmierung derHeizungsanlage erfragen;

• die Kunden einfühlsam und nach-haltig in die Nutzung der Heizungs-anlage einweisen und mit ihnen ge-meinsam Programmveränderungenvornehmen;

• Hinweise zur Anlagenwartung ge-ben und einige Handlungen mit denKunden üben;

• den Kunden den Aufbau der Hei-zungsanlage erklären und ihnendiese übergeben;

• die Kunden in das Reagieren auf ei-nige Störfälle einweisen und diesesmit ihnen üben;

• den Kunden weitere Serviceleistun-gen anbieten.

Um den Kunden in die Bedienungbzw. Nutzung der Heizungsanlage ein-weisen zu können, müssen die SHK-Handwerker natürlich selbst derenTechnik beherrschen. Dazu gehört un-bedingt das Ausführen arbeitsplaneri-scher sowie prozessregulierender undprozesssichernder Handlungen. Dar-aus resultieren weitere Unterrichtszie-le:

• Parameter der Heizungsanlage er-fassen und Optimierungsvorschlä-ge ableiten;

• Regeleinrichtungen an Heizungsan-lagen zur Regulierung der Wärme-versorgung der einzelnen Räumeeinstellen und Optimierungen vor-nehmen;

• Störungsmeldungen erkennen undmögliche Störungsursachen behe-ben;

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• Vorschläge für die Minimierung desEnergie- und Wasserverbrauchesentwickeln;

• Wartungsarbeiten an Heizungsanla-gen ausführen (z. B. Entlüften undNachfüllen);

• gewünschte Funktionsverknüpfun-gen mit weiteren Anlagen der Ge-bäudetechnik (z. B. Sonnenschutz-rollos) herstellen.

Auf der Basis des mit der Befragungerfassten Handlungsfeldes „Nutzungbzw. Betrieb von Heizungsanlagen“und der entwickelten Lernziele wurdeder Versuch unternommen, mehrereLernsituationen zur Thematik „Kun-dengerechte Einweisung in das Bedie-nen und Nutzen von Heizungsanla-gen“ für die schulische Ausbildung zugestalten. Dazu werden – ausgehendvon den Lernzielen und in Abstim-mung mit den Handwerksmeistern –berufsrelevante Aufgaben formuliert,die die Grundlage für die Gestaltungentsprechender Unterrichtskonzeptesein sollten:

• Übergeben Sie die Heizungsanlage!Weisen Sie den Kunden bzw. dieKundin in die Funktion einzelnerKomponenten ein! Geben Sie War-tungshinweise bzw. DemonstrierenSie einige Wartungsmaßnahmen (z.B. Entlüften)!

• Erklären Sie dem Kunden bzw. derKundin bitte technische Details derHeizungsanlage, soweit diese fürdie Nutzer relevant sind (z. B. Auf-heizzeit)!

• Weisen Sie den Kunden bzw. dieKundin bitte in die Programmierungder Heizungsanlage ein! Berück -sichtigen Sie dabei die Wünscheder Kunden, die anlagentechni-schen Möglichkeiten, die Standort-bedingungen, die Möglichkeitender Bedienoberfläche sowie Aspek-te der Energieeinsparung!

Diese hier sichtbar werdende Viel-schichtigkeit der dazu erforderlichenFähigkeiten, fand auch in der Zielstel-lung für diese Thematik ihren Nieder-schlag:

Die Lernenden können die Heizungs-anlage den Kunden zur Nutzung über-geben. Dazu erfolgt eine Einweisungin die Funktion sowie das Program-mieren der Heizungsanlage und es

werden die Möglichkeiten zur Regulie-rung der Wärmeversorgung in den ein-zelnen Räumen aufgezeigt. EinfacheWartungsmaßnahmen werden erläu-tert. Darüber hinaus werden Service-leistungen angeboten.

Das im Folgenden vorgestellte Lern-konzept bezieht sich zwar in erster Li-nie auf den schulischen Teil der Aus-bildung, bietet aber durch die Vorbe-reitung und Durchführung einer Ein-weisung von fiktiven Kunden in dasNutzen von Heizungsanlagen schoneine realitätsnahe Lernsituation. Damitwerden bei den Lernenden gute Vor-aussetzungen für das Bewältigen ähn-licher Situationen im Handwerksunter-nehmen – dieses Mal allerdings mitechten Kunden – geschaffen. Hand-werksmeister, die nach der Vorstellungund erfolgreichen Umsetzung unsererKonzeption die entsprechend qualifi-zierten Auszubildenden mit zu denKunden genommen haben, um mit ih-nen gemeinsam die Einweisung derKunden in die Heizungsanlage vorzu-nehmen oder dieses sogar den Auszu-bildenden selbst überließen, bestätig-ten den guten Ausbildungsstand derLehrlinge. Das vorliegende Konzeptenthält auch viele Anregungen für diethemenbezogene betriebliche Ausbil-dung.

Konzeptioneller Ansatz zuLernsituationen der Thematik„Kundengerechte Einweisungin das Bedienen und Nutzenvon Heizungsanlagen“

Die angestrebten neuen fachlichen,sozialen und kommunikativen Kompe-tenzen verlangen sinnvollerweise dieUmsetzung eines fächerübergreifen-den Vermittlungsansatzes für die Fä-cher „Deutsch“, „Technologie mit La-bor“ und „Technologiepraktikum“.Diesem Ansinnen standen jedoch ent-gegen, dass die Stundentafel eineKombination dieser Fächer in Rich-tung eines Faches oder Lernfeldes„Berufliche Kommunikation“ nicht vor-sieht bzw. die organisatorischen Vor-gaben der Schule einfach zu wenigSpielraum für eine Kooperation las-sen. Nachdem die Lehrkräfte des Fa-ches „Deutsch“ für ein fächerübergrei-fendes Unterrichtskonzept gewonnenwerden konnten, erfolgte eine ersteAbstimmung der angestrebten Inhaltemit den aktuellen Lehrplänen. Folgen-

de Möglichkeiten wurden dabei imdritten Ausbildungsjahr gesehen underwiesen sich in der Umsetzung alsvorteilhaft:

Fach „Deutsch“:

• Erklären eines technischen Bau-teils,

• Gesprächsführung und

• Grundlagen zum Durchführen desKundengespräches.

Fach „Technologie mit Labor“(Schwerpunkt: Informations- und Re-gelungstechnik) in Kombination mitdem Fach Technologiepraktikum:

• Durchführung und Erklärung einerParametrierung an Heizungsanla-gen sowie

• Durchführung von Kundengesprä-chen an speziellen Heizungsreg -lern.

In der Abbildung 1 wird auf der Basisvon Unterrichtserfahrungen zu dieserThematik der Versuch eines fächer-übergreifenden Grobkonzeptes unter-nommen, mit dem die Lernenden aufden Kundenkontakt und das Beherr-schen der Heizungstechnik vorbereitetwerden.

Im Verlauf der simulierten Kundenge-spräche sollen sie das Einweisen vonKunden in das Programmieren vonHeizungsreglern üben. Als geeignetesAusbildungs- und Unterrichtsverfah-ren hat sich dabei für mehrere Unter-richtssequenzen das „Rollenspiel“ er-wiesen. Zugleich wurde versucht, dieAspekte „Lernen in Gruppen“ sowie„Kontinuierliche Selbst- und Fremd-einschätzung“ mit in das Unterrichts-konzept einzubeziehen.

Bei der konzeptionellen Umsetzungwurde darauf geachtet, dass die Ler-nenden in realitätsnahen SpielszenenAusschnitte aus der Arbeitswelt ken-nen lernten. So lag es nahe, in denUnterrichtsräumen folgende Lern- undArbeitsstationen einzurichten, an de-nen einerseits der Lerncharakter undandererseits der Realitätsbezug ge-wahrt wurde:

Station 1„Kennenlernen von Heizungsreglern“,

Station 2„Verhalten verschiedener Kunden“,

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Station 3„Sprache im Kundengespräch“,

Station 4„Kennenlernen der eigenen Sprache“,

Station 5„Kundeneinweisung“.

Zur Ausgestaltung der Lern- und Ar-beitsstationen wurden folgende Me-

dien als sinnvolle technische Kompo-nenten angesehen und angeschafft:

• eine Lehrtafel („DEKAMATIC DE“),

• Service-Koffer (Digitaler Heizungs-regler WRD 1.1),

• Heizungsregler (MF-Regler),

• Heizungsregler (MBBW-Regler),

• ein Simulationsgerät (Ecomatic4000),

• eine Videokamera mit Stativ und eingroßer Bildschirm (zeitweise) sowie

• Pinnwand mit Moderatorenkoffer.

In der abschließenden „Kundenein-weisung“ geht es darum, dass die Ler-nenden alle bisher erworbenen Kennt-nisse, Fertigkeiten und gesammelten

Std. Thema Unterrichtlicher HandlungsablaufAktions-/

SozialformenMedien

Kombination der Fächer „Deutsch“, „Technologiemit Labor“ und „Technologiepraktikum“

Bemerkungen

1

Ansprüchedes Kun-den anService-techniker

• Äußeres Erscheinungsbild und Umgangsformen desServicetechnikers

• Verhaltensweisen des Servicetechnikers, die positivbzw. negativ auf den Kunden wirken

• Weitere Faktoren, wie konfliktfreie Sprache, indivi-duelle Beratung und Produktkenntnisse

Lehrer-Schüler-Gespräch,

Tafel,Folien,Videos

Recorder,Fernseher

1

Verhaltenverschie-dener Kun-den

• Rollenspiele „Kunden und Servicetechniker“ in un-terschiedlichen Situationen (Videoaufnahmen)

• Auswertung der Videoausschnitte in der Gruppe undCharakterisierung einzelner Kundentypen

• Verallgemeinerung von Verhaltensweisen der Kun-den/Mögliche andere Kundentypen

• Verhaltensempfehlungen für die Servicetechniker

Rollenspiele,ergebnisorientierte

Diskussion/Unterrichtsgestal-

tung im Lehrerteam

Videokamera,Recorder,

Fernseher, Tafel,Pinnwand

1

Sprache imKundenge-spräch

• Das gesprochene Wort als Verständigungsmittel• Körpersprache

– stumme und nützliche Mitteilungen des Körpers– Blickkontakt, Gestik, Mimik, Körperhaltung

Rollenspiele,Lehrer-Schüler-

Gespräch

Videos,Fernseher, Tafel,

Pinnwand

3

Kennenler-nen dereigenenSprache

• Referieren eines Themas vor der Videokamera• Spontanes Beschreiben von Gegenständen (z. B.

Heizkörper) vor Videokamera• Einschätzen (Video ohne Ton) und Verbessern der

eigenen Körpersprache• Einschätzen und Verbessern der eigenen Sprache

(Videoton/Verständlichkeit, Wortwahl, Dialekt)• Auswertung in Kleingruppen bzw. vor allen

SelbstständigeSchülerarbeit, Leh-

rer-Schüler-Gespräch/

Unterrichtsgestal-tung im

Lehrerteam

Video-kamera,

Recorder,Fernseher,

Tafel,Pinnwand

1

Vorbereitender Rollen-spiele

• Vorstellen geeigneter Fragetechniken• Diskussion von Reaktionen der Servicetechniker auf

bestimmtes Kundenverhalten• Allgemeine Grundlagen zur Durchführung von Rol-

lenspielen (Kommunikationsprozess/Kunden-beobachtung/Dialogfähigkeit)

• Verteilung der Rollen (Kunden/Servicetechniker/Beobachter) und Aufgaben (Rollenkarte mit Auftrag)für die Bedienungseinweisung WRD 1.1

Lehrervortrag,Lehrer-Schüler-

Gespräch,Gruppen-

arbeit

Folien,Arbeitsblätter,

Video,Recorder,

Fernseher, Tafel,Pinnwand

min-destens

2

Kunden-einweisung

• Rollenspiele „Einweisung der Kunden in die Bedie-nung des Heizungsreglers WDR 1.1“ in Dreiergrup-pen (Beobachter/Kunde/ Servicetechniker) – Auf-zeichnung per Videokamera

Gruppenarbeit/Unterrichts-

gestaltung imLehrerteam

Videokamera,Recorder,Fernseher

1

Auswer-tung derRollen-spiele

• Abspielen und Besprechen von Videoaufzeichnun-gen ausgewählter Rollenspiele

• Auswertung der Rollenspiele, moderiert durch beideLehrkräfte, unter Beachtung theoretischer Grundla-gen aus dem Deutschunterricht und den technischenMöglichkeiten des Reglers

Lehrer-Schüler-Gespräch/

Unterrichtsgestal-tung im Lehrerteam

Videokamera,Recorder,Fernseher,

Tafel

Abb. 1: Fächerübergreifender Unterrichtsablauf in Lernsituationen der Thematik „Kundengerechte Einweisung in das Bedienen und Nutzen von Heizungsanlagen“ (auszugsweise)

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Erfahrungen gezielt anwenden. Somüssen sie in der Lage sein:

• einen Heizungsregler zu program-mieren,

• simulierte Betriebszustände amHeizungsregler zu inspizieren

• den „Kunden“ das Programmierenvon Heizungsreglern zu demons -trieren und mit den „Kunden“ zuüben,

• den „Kunden“ das Auftreten undReagieren auf mögliche Störungs-meldungen zu demonstrieren underforderliche Handlungen mit den„Kunden“ zu üben,

• aktuelle Betriebswerte der Hei-zungsanlage zu erfassen, auszu-werten und gegebenenfalls darausresultierende Wartungs- oder In-standsetzungsarbeiten abzuleiten.

Die Grundlagen zum Umgang mitKunden wurden dabei hauptsächlichim Deutschunterricht vermittelt. ImFach Technologiepraktikum hingegenlernten die Auszubildenden mindes-tens einen Heizungsregler kennen.Mehrere Übungen dienten dem siche-ren Bedienen des Heizungsreglers.Vier Unterrichtsstunden wurden davonim Lehrerteam durchgeführt.

Einige Hinweise zur Unterrichtsgestaltung

Eine Grundlage zur kundengerechtenEinweisung in das Bedienen und Nut-zen von Heizungsanlagen ist der eige-ne sichere Umgang mit dieser Technik.Dazu lernten die Auszubildenden dieHardware des Reglers WRD 1.1 amDisplay kennen und wurden kurz inFunktionen des Reglers in der Anwen-der-Ebene im Funktionsablauf einerHeizungsanlage eingewiesen. Sieführten danach erste Bedienhandlun-gen aus. Die selbstständige Schü-lerarbeit zur Thematik „Digitaler Hei-zungsregler WRD 1.1“ (5 Stunden)wurde durch Arbeitsblätter unter-stützt. Hierbei musste jede Lerngrup-pe beispielsweise Temperatursollwer-te ablesen als auch verändern oder einoptimales Heizprogramm für die Kun-den erarbeiten und eingeben. Im Wei-teren wies die Lehrkraft die Auszubil-denden in Servicefunktionen sowieFunktionen in den Heizungsfach-mannebenen ein. Die Anwendung ei-niger Handlungsschritte wurde in

Kleingruppen geübt. Zur Übertragungund Festigung ihrer Erkenntnisse undHandlungsstrukturen erhielten dieLerngruppen andere Heizungsregler-typen. Zusammenfassend musstendie Lernenden Gemeinsamkeiten undUnterschiede der Heizungsregler so-wie deren Eignung für den vom Kun-den gewünschten Zweck ermittelnund im Plenum vorstellen.

Das Thema „Ansprüche des Kundenan Servicetechniker“ (Fach Deutsch)eröffnete den Auszubildenden dieMöglichkeit, eigene Erfahrungen ausdem Arbeitsleben in eine Diskussioneinzubringen. Dabei ging es um Ver-haltensweisen des Servicetechnikers,die positiv (z. B. höflich und behilflichsein, ab und zu lächeln, zuhören) bzw.negativ (Lustlosigkeit, ins Wort fallen,widersprechen) auf den Kunden wir-ken. Das Herausarbeiten entspre-chender Persönlichkeitseigenschaftenwurde durch Videosequenzen unter-stützt.

In der zweiten Unterrichtsstundespielten die Lehrkräfte verschiedeneRollen als Kunde und ließen Auszubil-dende als Servicetechniker reagieren.Die Videoaufnahmen wurden dahinge-hend ausgewertet, dass sie das Kun-denverhalten charakterisieren muss-ten. Das in der Diskussion ermittelteKundenverhalten wie redselig, unent-schlossen, rechthaberisch, misstrau-isch wurde in einer Übersicht erfasst.In der weiteren Diskussion entwickel-ten die Auszubildenden Empfehlun-gen für das Verhalten der Servicetech-niker, bezogen auf das jeweilige Kun-denverhalten.

In einer weiteren Deutschstunde be-schäftigten sich die Auszubildendennäher mit der Sprache als Verständi-gungsmittel. Speziell diskutierten sieMöglichkeiten einer kundenorientier-ten Sprache (Sie-Stil, verständlicheund anregende Formulierungen, posi-tive Atmosphäre). Unterstützt durchVideoausschnitte lenkte die Lehrkraftdie Diskussion darauf, dass die Ler-nenden das gesprochene Wort zu-sammen mit der Körpersprache als ei-nen Teil der Gesamterscheinung er-kennen. Eine wichtige Rolle im Kun-denkontakt kommt dem Blickkontaktmit dem Kunden zu. Die Auszubilden-den erhielten die Aufgabe, Blicke derKunden zu erfassen und zu charakteri-

sieren. Dazu wurden die Videosequen-zen nochmals betrachtet. Im Unter-richtsgespräch ging es darum, die er-kannten „Blicke“ der Kunden (z. B.„überlegener Blick“) zu deuten (z. B.Überlegenheit, Hochmut), um mögli-che Reaktionen für sich selbst abzulei-ten (z. B. Spannungen nicht weitersteigern).

Nachdem die Grundlagen zumSprachgebrauch vermittelt wurden,erhielten die Auszubildenden die Mög-lichkeit, ihre eigene Sprache kennenzu lernen, zu bewerten und zu verbes-sern. Hierbei erhielten sie Unterstüt-zung durch das Lehrerteam.

Danach wurde das Rollenspiel „Kun-deneinweisung“ vorbereitet. Hierbeierfolgte eine Themenauswahl, inhaltli-che Dinge wurden abgestimmt und dieRollen verteilt sowie der zeitliche Rah-men festgelegt. Ein Heizungsreglerwurde jeweils auf zwei aneinander ge-stellten Bänken aufgebaut, an denenjeweils eine Lerngruppe im Rollenspieldas Einweisen der Kunden in die Be-dienung des Heizungsreglers übenkonnte. Maximal zwei Auszubildendebeobachteten die Szene und notiertenwesentliche Punkte aus Kundensichtfür die nachfolgende Besprechung.Die Auswertung erfolgte im Team. Eswurde vorerst nur eine Station mit ei-ner Videokamera einschließlich Stativausgestattet, sodass durch den Sta-tionswechsel jede Gruppe einmal perVideokamera aufgezeichnet werdenkonnte.

Bei den Rollenspielen ging es nebender Anwendung des benötigten Fach-wissens vor allem um soziale sowie af-fektive Dimensionen, wobei Erfahrun-gen im Kundenkontakt gezielt mit ein-gesetzt wurden. Während die Lernen-den bei vielen Ausbildungs- undUnterrichtsverfahren (z. B. fragend-entwickelndes Gespräch) über Situa-tionen und Probleme nur reflektieren,denken und sprechen sie im Rollen-spiel in den Situationen selbst – an-fangs noch etwas verhalten, wie sichaber zeigte, zunehmend gelöster. DasVerhalten des „Servicetechnikers“wurde in den aufgezeichneten Video-sequenzen auch verstärkt kritischerbewertet, d. h., es wuchs die Sensibi-lität der Lernenden für diesen speziel-len Handlungsbereich ihrer späterenArbeit. Um die Realitätsnähe zu erhö-

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hen, wurde die Rolle der „Kunden“teilweise durch Lernende anderer Be-rufe oder der Fachoberschule besetzt,d. h., mit Personen, die über keinerleioder nur geringe Vorbildung zu dieserThematik verfügen. Dadurch konnteder Lernerfolg beim fiktiven Kundenbesser eingeschätzt werden.

In der abschließenden Unterrichts-stunde erfolgte die Auswertung derRollenspiele. Hierbei ging es u. a. umdas Erkennen von fachlichen Fehlern,um kritische Situationen im Auftretendes „Servicetechnikers“ oder des„Kunden“ sowie um sprachliche Fein-heiten. Wesentliche Einschätzungs-punkte wurden an der Pinnwand no-tiert. Je nach Einschätzung musste dieeine oder andere Gruppe die Einwei-sung wiederholen. Auch hat es sichals günstig erwiesen, wenn die Ler-nenden ihre Meinung zu absolviertenLernsituationen äußerten.

Einschätzung der erprobtenUnterrichtssequenzen

Die Rollenspiele zeichneten sich so-wohl durch objektbezogene Dimen-sionen des Wissenserwerbs (techni-sche Gegenstände und technischeProzesse) als auch durch subjektbe-zogene Dimensionen (verhaltens- undwertbestimmende Momente) aus. Die-se Dimensionen wurden u. a. ange-sprochen durch das

• Aufbereiten eines fachlich-inhalt-lichen Wiederholungsthemas;

• Transparentmachen eines mög-lichen betrieblichen oder verwal-tungstechnischen Ablaufes;

• Respektieren anderer Meinungen;

• Erleben von Sympathie bzw. Anti-pathie;

• Erfahren von und den Umgang mitÄngsten;

• Erleben von Solidarität und Riva-lität;

• Erfahren der vorausplanbaren Ge-staltbarkeit von Situationen.

Mit den Rollenspielen gelang es, denBereich der Wirklichkeit „Einweisendes Kunden in die Programmierungdes Heizungsreglers“ in den Unterrichteinzubeziehen und diesen erlebbar zumachen. Die Auszubildenden nutztenimmer engagierter die angebotenen

Möglichkeiten, ihre Handlungsspiel-räume zu erkennen und auszuschöp-fen. Dabei haben sie ihre Grenzen er-fahren und die für diese Situationennotwendigen Kenntnisse und Fähig-keiten vervollständigt.

Der Lernprozess wurde dabei durchdas Aufzeichnen der Rollenspiele miteiner Videokamera unterstützt und ge-fördert. Diese Videosequenzen er-möglichten die

• Visualisierung der positiven Phasenund der vorhandenen fachlichenund verhaltensbezogenen Fehlerbei der Gesprächsführung;

• Erlebbarkeit der Eigenwirkung (des„Spiegelbildes“), besonders hin-sichtlich Mimik, Gestik und Körper-haltung sowie des optischen Ge-samteindruckes;

• Aktivierung für weitere Unterrichts-beispiele bzw. das Üben entspre-chender Situationen außerhalb desUnterrichts;

• Darstellung des Lernfortschrittesbeim Einweisen des Kunden bzw.der Kundin in das Programmierendes Heizungsreglers.

In der Unterrichtserprobung hat sichgezeigt, dass die Lernenden zuneh-mend besser ihr eigenes Verhalten er-fassten, analysierten und bewerteten.Nach anfänglicher Skepsis und Scheuwaren die Lernenden von dieserUnterrichtsform begeistert und be-mühten sich, aufgetretene Fehler beiWiederholungen zu vermeiden.

Der Versuch, die Fächer „Deutsch“,„Technologie mit Labor“ und „Techno-logiepraktikum“ miteinander zu kom-binieren, hat in der praktischen Unter-richtsarbeit gezeigt, dass der Aufwandzwar hoch war und viel Engagementder Lehrkräfte erforderte, aber er sichauch gelohnt hat. Es entwickelten sichdadurch bei den Auszubildenden be-rufsrelevante Fähigkeiten während derAusbildung in der Berufsschule, die sokomplex betrachtet bisher nichtGegenstand der Berufsausbildung imSHK-Handwerksbereich waren, aberdurch den Kunden angemahnt wer-den. Dieser Weg eines fächerübergrei-fenden Unterrichts zwischen den all-gemein bildenden und berufsbezoge-nen Fächern wird als Möglichkeit derUmsetzung berufsrelevanter Lernsitu-

ationen im Lernort Berufsschule ange-sehen. Er sollte die Beteiligten ermun-tern, weitere Unterrichtssequenzen imLehrerteam zu gestalten. Reservenwerden noch in der Verknüpfung vonberufsbezogenen Inhalten und allge-mein bildenden Inhalten aus dem Be-reich der Wirtschafts- und Sozialkun-de gesehen. Hier gibt es zwar erstegemeinsame Abstimmungen, aber zueiner intensiven Kooperation der je-weilgen Lehrkraft ist es noch nicht ge-kommen.

Durch dieses hier näher vorgestelltezusätzliche Lernangebot sowie weite-re Lernangebote zum kundenorientier-ten Berufshandeln an Heizungsanla-gen konnten die zurzeit noch aktuellenLehrpläne erweitert und die Qualitätder berufsschulischen Ausbildung we-sentlich verbessert werden, indemstärker auf berufliche Arbeitssituatio-nen sowie das Anwenden des Gelern-ten bei der Bearbeitung von Kunden-wünschen vor Ort orientiert wurde.Der Unterricht wurde somit mit Inhal-ten zum kundenorientierten Berufs-handeln angereichert, die über denLehrplan hinausgehen, d. h., die Lehr-kräfte haben den Lernenden innerhalbder regulären Ausbildungszeit zusätz-liche Qualifizierungs- und Bildungsan-gebote offeriert, die für alle Lernendennutzbar waren. Das erfolgreiche Ab-solvieren der Angebote und das Er-bringen der geforderten Leistungenwurde mit einem Zertifikat des Beruf-lichen Schulzentrum in Person desSchulleiters und der zuständigenSHK-Innung, Vertreten durch den In-nungsobermeister, honoriert.

Die Handwerksmeister bestätigten,dass diejenigen Lehrlinge, die die zu-sätzlichen Lernangebote genutzt ha-ben, über gute Vorleistungen hinsicht-lich der Thematik verfügen und aufentsprechende Situationen wesentlichbesser als andere Auszubildende vor-bereitet sind. Das spricht dafür, dassdie entwickelten und erprobten Lern-sequenzen zum kundenorientiertenBerufshandeln an Heizungsanlagensehr gut auf das Erlernen von Tätigkei-ten aus der Berufswelt ausgerichtetsind.

Dem Bemühen der Schule und derSHK-Innung sowie der Qualität derbisher durchgeführten Bildungs- undQualifizierungsmaßnahmen ist es zu

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verdanken, dass die entwickeltenUnterrichtskonzepte heute fester Be-standteil des Schulalltags sind. Darü-ber hinaus gelang es, die neuen Inhal-te neben der Einbeziehung in die Fort-bildung von Gesellen im Rahmen derSchulung zur Gebäudeautomation,auch in die Meisterausbildung sowiein die Meisterfortbildung der Hand-werkskammern einzubringen.

Auszubildende der Leistungsklasse„Servicetechniker“ (ZHL 98 L) vom Be-ruflichen Schulzentrum MetalltechnikDresden wurden in Maßnahmen zumErwerb von Zusatzqualifikationen ein-bezogen. Des Weiteren wurden Teileder Unterrichtskonzepte in die Ausbil-dung im SHK-Bereich des BeruflichenSchulzentrums Bautzen aufgenom-

men. Jedoch muss ganz klar gesagtwerden, dass diese Unterrichtsent-würfe nur eine erste Fassung darstel-len. Sie bedürfen unbedingt der weite-ren Gestaltung, Ausdifferenzierung,Erprobung und Evaluation – be-sonders im Zusammenhang mit derEinführung der in Vorbereitung befind-lichen neuen Ausbildungsordnung fürden Beruf Installateur/-in und Hei-zungsbauer/-in oder Versorgungsin-stallateur/-in.

Der Projektleiter von Seiten der Schu-le wurde Mitglied des Rahmenlehr-planausschusses für die Berufe desSHK-Bereiches und kann somit direktseine bisher gesammelten Erfahrun-gen in diese Lehrplanrunde einbrin-gen.

Literatur

GRUNER, STEFFEN/HERKNER, VOLKMAR/PAHL, JÖRG-PETER (Hrsg.): Bildungs-und Qualifizierungsaspekt „Kunden-orientierung“ – Beiträge zur Thematik„Heizungsanlagen im Rahmen der Ge-bäudeleittechnik“. Bremen 2001.

Kundenorientierung im versorgungs-technischen Handwerk – Ansätze undÜberlegungen zur Integration innovati-ver Themen in eine Berufsschule.Klipphausen 1999.

Modellversuch „KUBE“ – Kunden-orientiertes Berufshandeln an Hei-zunganlagen im Rahmen der Gebäu-deleittechnik – Abschlussbericht.Dresden 2001.

Ausgangslage und Ziele desModellversuches

Die Konzepte und Ziele von Modell-versuchen müssen sich an ihrer Imple-mentierung und ihrem Transfer in diePraxis der beruflichen Aus- undWeiterbildung messen lassen. Im Rah-men des Modellversuches GAB1 wur-den eine Reihe von innovativen Kon-zepten der beruflichen Bildung ent-wickelt und erprobt (vgl. BREMER

2001a). Zu den Zielen des Modellver-suches zählen unter anderem die

• Reduzierung von ausdifferenzierten23 Industrieberufen auf 5 »Kernbe-rufe«;

• Orientierung der Ausbildung an be-trieblichen Geschäfts- und Arbeits-prozessen;

• Förderung der dualen Kooperationdurch den Einsatz von Berufsbil-dungsplänen;

• Curriculare Auslegung der Ausbil-dung nach den Gesichtspunkten ei-ner Kompetenzentwicklung vomAnfänger zum Experten.

Die Umsetzung der genannten Zieleerfolgt für fünf ausgewählte Industrie-berufe an den beiden Lernorten Schu-le und Betrieb. Für jeden Beruf exi-stiert eine Berufsgruppe, die aus Leh-rern, Ausbildern und einem Vertreterder wissenschaftlichen Begleitung be-steht. Aufgabe der Berufsgruppen istdie Entwicklung der im Modellversuchverwendeten Curricula, die Adaptionder Konzepte des Modellversuches fürdie Ausbildung im jeweiligen Berufund die Realisierung der konkretenAusbildung.

Das hier vorgestellte Umsetzungsbei-spiel ist für die Ausbildung zum Indu-striemechaniker2 entwickelt worden.Beteiligt waren die Kollegen der Her-wig-Blankertz-Schule in Wolfhagenund der Volkswagen Coaching GmbH,die für die Ausbildung am StandortKassel verantwortlich sind. EinSchwerpunkt des Volkswagenwerkesin Kassel ist die Fertigung von Getrie-ben, d. h. das An- und Abfahren vonProduktionsanlagen zur Fertigung vonPlanetenrädern steht im Zusammen-hang mit dem Kerngeschäft des

Unternehmens und entspricht derFacharbeit des Industriemechanikers.

Neben dem Ausbildungsbeispiel, dasim Mittelpunkt dieses Beitrages steht,sollen nachfolgend der Berufsbil-dungsplan als curriculare Grundlagefür die Ausbildung zum Industrieme-chaniker sowie die Konzepte »BAG-Erleben« und »Service-Produktions-Lerninseln« zur Umsetzung der Mo-dellversuchsziele erläutert werden.

Curriculare Verankerung desUmsetzungsbeispieles

Um die curriculare Grundlage für dieUmsetzung der Konzepte des Modell-versuches in die praktische Ausbil-dung und den Unterricht an den be-rufsbildenden Schulen zu schaffen,wurden Berufsbildungspläne entwi -ckelt, die sich an den betrieblichenGeschäfts- und Arbeitsprozessen so-wie der konkreten Facharbeit orientie-ren (vgl. KLEINER/HAASLER 2002).

Im Rahmen von Workshops mit Exper-ten der Facharbeit wurden vierzehnberufliche Arbeitsaufgaben identifi-

Michael Kleiner/Horst Tröller

An- und Abfahren einer Produktionsanlage zur Fertigung von Planetenrädern

– ein Umsetzungsbeispiel aus dem Modellversuch GAB

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Praxisbeiträge

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Facharbeit anhand von sinnvermitteln-den Arbeitszusammenhängen undcharakteristischen Aufträgen verstan-den, die für den Beruf typisch sind unddie eine vollständige Handlung umfas-sen. Im Sinne eines beruflichen Hand-

lungsfeldes werden die Arbeitsaufga-ben als Ausgangspunkt für die Gestal-tung von Lernfeldern genutzt.

Das Berufsbild des Industriemechani-kers, die Beschreibung von Lernberei-

ziert, die das Berufsbild des Industrie-mechanikers beschreiben (vgl. BREMER

2001b). Berufliche Arbeitsaufgabenwerden im Zusammenhang mit demhier verwendeten Instrument der Qua-lifikationsforschung als Abbildung der

Lernfeld 9

Lernbereich 3 An- und Abfahren von Produktionsanlagen

Zeit

Betrieb Schule

Nach dem Einrichten, dem Umrüsten, dem Neuaufbau oder nach einer Störungsbeseitigung muss eine Produktionsanlage zur Überprüfungihrer Funktionssicherheit an- und abgefahren werden. Die dabei auftretenden Reststörungen oder Qualitätsmängel müssen erkannt undbehoben werden. Für eine spätere Optimierung der Produktionsanlage müssen die beim An- und Abfahren auftretenden Probleme protokol-liert werden. Diese Arbeitsaufgabe wird gemeinsam mit dem Anlagenführer durchgeführt, um die anlagenspezifische Erfahrung zu nutzen.

Bildungs- und Qualifizierungsziele an den Lernorten

Betrieb

Die Auszubildenden informieren sich über die Gründe für den Still-stand der Produktionsanlage und die notwendigen Maßnahmen zur Inbetriebnahme. Sie treffen alle Vorbereitungen für das Anfahren der Maschine/Anlage und beachten hierbei die entsprechenden Vorschrif-ten des Arbeits- und Umweltschutzes. Die Funktionssicherheit der Anlage sowie die Qualität der hergestellten Produkte wird von den Auszubildenden kontrolliert und dokumentiert. Auftretende Mängel werden selbstständig behoben, bzw. deren Reparatur durch die Fachwerkstätten wird veranlasst.

Die Auszubildenden führen das geplante Abfahren einer Maschi-ne/Anlage durch und treffen alle Vorkehrungen für einen betriebsge-rechten Stillstand.

Schule

Die Schülerinnen und Schüler planen und begründen Arbeitsschritte zum An- und Abfahren von Anlagen unter der Berücksichtigung der Betriebs-, Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften. Bei der Festlegung der Stillstandzeiten von Maschinen/Anlagen berücksichti-gen sie die betrieblichen Anforderungen. Dabei schätzen sie die Bedeutung der Anlage für den Produktionsprozess ein. Die Schüle-rinnen und Schüler planen die Funktionskontrolle der Produktionsan-lage anhand von vorgegebenen Kriterien und untersuchen die Prüf-anweisungen für die ersten gefertigten Teile bzw. Werkstücke nach dem Anfahren der Anlage. Sie dokumentieren auftretende Fehler und Verbesserungsvorschläge und verfolgen deren Behebung, bzw. Umsetzung.

Die Schülerinnen und Schüler entwickeln Strategien zur Analyse der Steuerung von technischen Systemen und unterscheiden verschie-dene Betriebsarten. Hierzu beschaffen und nutzen sie technische Unterlagen. Sie lesen und erstellen Dokumentationen über die Funk-tions- und Bewegungsabläufe von technischen Systemen sowie deren Steuerung anhand von allgemeinen Hersteller- und Sicher-heitsvorschriften.

Inhalte von Arbeit und Lernen

Gegenstände

• Vorbereitungen für die Inbetriebnahme

• Das Anfahren einer Ma-schine/Anlage

• Der geplante Stillstand einer Maschine/Anlage

• Die Funktionskontrolle einer Maschine/Anlage

• Die Qualitätsprüfung der gefertigten Teile

Werkzeuge

• Technische Unterlagen, z. B. Betriebsanleitungen, Arbeits-anweisungen, Schaltpläne

• Störungs- und Abnahmeprotokolle • Maschinensteuerungen und Bedienelemente • Speicherprogrammierbare Steuerungen • Prüfmittel • Standard-/Spezialwerkzeuge

Methoden

• Analyse von technischen Systemen • Beschreibung baulich und funktional abgegrenzter Funkti-

onseinheiten • Beschaffung von technischen Informationen • Beurteilen von Maschinenzuständen • Ermitteln von Betriebsdaten • Einarbeitung in die Funktion und Steuerung von Anlagen

und Maschinen • Montage und Demontage von Teilsystemen • Überprüfung der Funktionsfähigkeit • Methoden der Qualitätskontrolle • Dokumentation von Fehlern

Organisation

• Planung der Stillstandzeiten von Produktionsanlagen • An- und Abfahren von Anlagen durch den Anlagenführer

oder durch den Instandhalter • Auftragsvergabe bei bestehenden Mängeln

Anforderungen

• Fachgerechtes An- und Abfahren von Produktionsanlagen

• Inbetriebnahme von Anlagen und Maschi-nen gemäß der Herstellerspezifikationen

• Sicherstellen der Funktionssicherheit von Maschinen und Anlagen

• Qualitätssicherung der Produkte • Ermitteln der Stillstandzeiten anhand der

betrieblichen Anforderungen • Beschaffen und Auswerten technischer

Informationen • Fach- und sachgerechte Dokumentation

der Anlagenzustände • Kontrolle von Arbeitsschutz und Sicherheit

an der Anlage • Beachten der Umweltschutzvorschriften

Abb. 1: Lernfeld »An- und Abfahren von Produktionsanlagen« (RAUNER 2001, S. 24)

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chen zur Strukturierung der Ausbil-dung und die Lernfelder werden indem Berufsbildungsplan zusammen-gefasst, der im Modellversuch sowohlfür den Unterricht der Berufschule alsauch für die betriebliche Ausbildungdie curriculare Grundlage darstellt (vgl.RAUNER 2001). Bei der Formulierungder Lernfelder des Berufsbildungspla-nes werden einerseits die Empfehlun-gen der KMK-Handreichungen zurEntwicklung von Lernfeldern aufge-griffen (vgl. KMK 1999), andererseitswerden im Wesentlichen drei weiter-führende Ziele verfolgt:

• die Orientierung der Ausbildung aneiner empirischen Beschreibungder Facharbeit in Form von beruf-lichen Arbeitsaufgaben,

• die Strukturierung der Ausbildungs-inhalte anhand von Lernbereichen,die an Entwicklungsstufen ausge-richtet sind

• sowie die Förderung der dualen Ko-operation.

Die Ausbildungsziele und -inhalte fürdas hier beschriebene Umsetzungs-beispiel werden aus dem Lernfeld»An- und Abfahren von Produktions-anlagen« des Berufsbildungsplanesabgeleitet. Den Auszubildenden sollendie notwendigen Kenntnisse und Fer-tigkeiten vermittelt werden, Produk-tionsanlagen nach dem Einrichten,dem Umrüsten, dem Neuaufbau odernach einer Störungsbeseitigung an-bzw. abzufahren. Das Bedienen derProduktionsanlage und die Qualitäts-kontrolle nach der Inbetriebnahmezählen ebenfalls zu den Inhalten die-ses Lernfeldes. Die Bildungs- undQualifizierungsziele sowie die Inhaltevon Arbeit und Lernen sind in Abb. 1ausführlich dokumentiert.

Das Lernfeld ist Bestandteil des drit-ten Lernbereiches, in dem die Auszu-bildenden problembehaftete spezielleLern- und Arbeitsaufgaben ausführen,die nicht mehr ausschließlich anhandvon festen Regeln und Lösungsstrate-gien bewältigt werden können (vgl.RAUNER 1999, S. 439 f.). »Neben demWissen über die Wirkungsweise unddie Funktionszusammenhänge destechnischen Gesamtsystems werdenzusätzlich Detail- und Spezialkennt-nisse bspw. zu einzelnen Bauteilen,besonderen Prozessen der konkretenAnlage oder Maschine benötigt« (RAU-

NER 2001, S. 7 f.). Das An- und Abfah-ren einer Produktionsanlage zur Ferti-gung von Planetenrädern beinhalteteine Vielzahl von möglichen Problem-stellungen und Anforderungen an dieFacharbeit, z. B. die Minimierung derStillstandzeiten der Produktionsanla-ge oder die Qualitätssicherung der ge-fertigten Bauteile.

Die Auszubildenden können bei derAusführung dieser Arbeitsaufträge aufdie Inhalte weiterer Lernfelder zurück-greifen, die in einem engen Kontextmit dem An- und Abfahren einer Pro-duktionsanlage stehen: »Bedienenbzw. Fahren von Produktionsanlagen«sowie »Einrichten und Umrüsten vonProduktionsanlagen«.

Konzepte zur Umsetzung derModellversuchsziele

Für die Durchführung der konkretenAusbildung im Modellversuch und so-mit auch für das Umsetzungsbeispiel»Fertigung von Planetenrädern« besit-zen die Konzepte »BAG-Erleben« und»Service-Produktions-Lerninseln« ei -ne hohe Relevanz und sollen dahernachfolgend vorgestellt werden. Diebeiden genannten Konzepte stehen

hierbei in einem engen Zusammen-hang, in dem die Ergebnisse aus derDurchführung von »BAG-Erleben« zurIdentifikation und inhaltlichen Ausge-staltung von »Service-Produktions-Lerninseln« genutzt werden.

BAG-Erleben

»BAG-Erleben« steht für »BeruflicheArbeitsaufgabe Erleben« und meintdie Exkursion zu betrieblichen Arbeits-plätzen, an denen die entsprechendenAufgaben ausgeführt werden. DasKonzept »BAG-Erleben« ist zur Aus-gestaltung der Berufsbildungspläneentwickelt worden und unterstützt an-hand von Arbeitsplatzanalysen dieFormulierung der Ausbildungszieleund -inhalte. Dabei wird die Ausfüh-rung einer beruflichen Arbeitsaufgabe»erlebt«, indem die Konstrukteure desCurriculums die Facharbeit teilneh-mend beobachten und Interviews mitden anwesenden Facharbeitern füh-ren (vgl. HAASLER et al. 2002).

Im Verlauf des Modellversuches wurdedas Konzept »BAG-Erleben« aberauch für die Identifikation von betrieb-lichen Aufträgen, die für die Ausbil-dung verwendet werden können unddie Akquisition neuer betrieblicher

Abb. 2: Planetenrad aus dem CVT-Getriebe

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Ausbildungsstellen bzw. von »Service-Produktions-Lerninseln« eingesetzt.Bei den von Lehrern der Berufsschuleund den betrieblichen Ausbildern ge-meinsam durchgeführten Analysender Arbeitsplätze konnten Anregungenfür dual-kooperative Ausbildungspro-jekte und deren Umsetzung gewonnenwerden.

Daher sollte dieses Instrument überdie eigentliche Curriculumentwicklunghinaus verstetigt werden, um die Aus-bildung ständig auf die sich wandeln-de betriebliche Facharbeit und dentechnischen Fortschritt ausrichten zukönnen. Eine Ausbildung, die aus-schließlich auf standardisierte undwiederkehrende Lernträger zurück -greift, kann der Forderung nach einerOrientierung an den aktuellen Ge-schäfts- und Arbeitsprozessen nichtgerecht werden. Außerdem wird sozugleich eine kontinuierliche Weiterbil-dung der Ausbilder und Lehrer ermög-licht, die bei der Durchführung undDokumentation der Arbeitsplatzanaly-sen einen Einblick in die aktuellentechnischen Entwicklungen erhalten.

Service-Produktions-Lerninseln

»Service-Produktions-Lerninseln« (SPL)sind dezentrale Lernorte im betrieb-lichen Geschäfts- und Arbeitsprozess.Somit kann ein Lernen in der Fachar-beit realisiert werden statt eines Ler-nens für die Facharbeit, wie es in denAusbildungswerkstätten die Regel ist.Neben der Organisationsstruktur wer-den auch die Kosten-, Zeit- und Quali-tätsstandards der Facharbeit in derSPL abgebildet. Im Rahmen einer SPLwerden betriebliche Aufträge bearbei-tet, die entweder dem »Service« – alsoder Instandhaltung – an technischenSystemen zuzuordnen sind oder aberdie »Produktion« bzw. Fertigung vonBauteilen und Baugruppen beinhalten(vgl. BREMER 2001a, S. 430 ff.).

Die Ausbildung innerhalb der SPL wirdvon einem betrieblichen Ausbilderoder einem Ausbildungsbeauftragten3

wahrgenommen. Darüber hinaus be-steht eine enge Kooperation mit denFacharbeitern der jeweiligen Abtei-lung, sodass den Auszubildenden dasHineinwachsen in die betriebliche Pra-xisgemeinschaft ermöglicht wird.

Bei der Einrichtung einer SPL solltendie folgenden vier Kriterien berück -

sichtigt werden, um sowohl den An-sprüchen der Ausbildung als auch denAnforderungen des Betriebes an dieProdukte der SPL gerecht zu werden:

• Bearbeitung von komplexen Aufga-ben;

• Moderne Formen der Arbeitsorga-nisation;

• Einsatz von aktuellen Technologienund Verfahren;

• Berücksichtigung der jeweiligenBetriebsspezifik.

Das Ausbildungsbeispiel »An- und Ab-fahren einer Produktionsanlage zurFertigung von Planetenrädern« wird inder SPL »CVT-Getriebe«4 durchge-führt, die diesen Kriterien entspricht.Neben der Fertigung von Planetenrä-dern werden in dieser SPL noch weite-re Aufträge bearbeitet. Insgesamt sindin der SPL »CVT-Getriebe« acht Aus-zubildende des Berufes Industrieme-chaniker ab dem zweiten Ausbil-dungsjahr für insgesamt acht Wocheneingesetzt. Die Auszubildenden wer-den hierbei von Ausbildungsbeauf-tragten und einem Ausbilder betreut.

Einbindung des Umsetzungsbeispieles in den Geschäfts- und Arbeitsprozess

Die SPL »CVT-Getriebe« ist Kunde ei-ner Fremdfirma, die die Zahnradrohlin-ge als Drehteile in der gefordertenQualität anliefert. Produkte der SPLsind unter anderem ungehärtete Pla-netenräder (siehe Abb. 2). Qualitäts-mängel auf Grund der zugeliefertenRohteile oder einem fehlerhaften Ferti-gungsprozess würden enorme Folge-kosten nach sich ziehen, da diese erstnach dem Carbonitrieren (Rand-

schichthärten) und dem anschließen-den Honen feststellbar sind. Abneh-mer der Planetenräder im Sinne einesinternen Kunden ist die Härterei. Fürdie Hartbearbeitung der Planetenräderist ein kontinuierlicher Nachschub er-forderlich, um Produktionsausfälle zuvermeiden.

Die Auszubildenden müssen daherinnerhalb dieses Geschäfts- und Ar-beitsprozesses ihre ganze Aufmerk-samkeit sowie ihre Kenntnisse undFertigkeiten darauf ausrichten, denFertigungsablauf in der gefordertenQualität zu gewährleisten und somitdie Prozessfähigkeit zu erhalten. Siemüssen auftretende Störungen erken-nen und möglichst schnell beheben.Zur Störungsbehebung sind hierzuKenntnisse über die entsprechendenBetriebsarten der Steuerungen undderen Diagnosemöglichkeiten sowieüber die eingesetzte Aktorik und Sen-sorik erforderlich. Neben den Anforde-rungen, die aus der Facharbeit unddem gefertigten Produkt resultieren,müssen die Auszubildenden die Un-fallverhütungsvorschriften und Ar-beitssicherheitsbestimmungen beach-ten.

Planung und Abstimmung desUmsetzungsbeispieles

Die berufliche Arbeitsaufgabe sowiedas Lernfeld »An- und Abfahren vonProduktionsanlagen« sind Bezugs-punkte für die geplanten betrieblichenAusbildungselemente und schuli-schen Lernsituationen. Im Rahmendes Konzeptes »BAG-Erleben« wurdedie SPL »CVT-Getriebe« bezüglich derZiele und Inhalte analysiert, die mit derFertigung der Planetenräder vermitteltwerden können. Für die Bearbeitung

Betrieb Schule

- Fahren und Überwachen der Anlage

- Störungsbehebung

- Statistische Prozessregelung

- Werkzeugwechsel

- Werkzeugvoreinstellung

- An- und Abfahren der Anlage

- Aktorik und Sensorik automatisierter Anlagen (Handhabungssysteme)

- Betriebsarten von Steuerungen und ihre Funktion

- Strategien zur Fehlersuche

- Diagnosemöglichkeiten zur Störungsanalyse

Abb. 3: Aufteilung der Inhalte von Arbeit und Lernen

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dieser Aufgabe stimmen sich die Lern-orte Betrieb und Schule hinsichtlichder schwerpunktmäßigen Vermittlungder Inhalte aus dem Lernfeld des Be-rufsbildungsplanes ab. Die Aufteilungder Inhalte von Arbeit und Lernen istbewusst nicht curricular festgelegt,sondern soll von beiden Lernorten fürjede betriebliche Aufgabe neu abge-stimmt werden. Für die Fertigung derPlanetenräder ist die in Abb. 3 darge-stellte Schwerpunktaufteilung verein-bart worden.

Die schulische Bearbeitung des Ar-beitsauftrags erfolgt in der ersten Hälf-te des Schuljahres 2002/2003. Einezeitliche Abstimmung für die Vermitt-lung der Inhalte ist unzweckmäßig, dajeweils nur sehr wenige Auszubilden-de der Berufsschulklasse gleichzeitigin die SPL »CVT-Getriebe« versetztwerden können.

Betriebliche Ausbildungssituation

Ein CVT-Getriebe besteht aus ver-schiedenen Baugruppen (vergleicheAbb. 2). Für die Baugruppe »Planeten-getriebe« werden in der SPL Planeten-räder gefertigt, indem die Zahnradroh-linge die Fertigungsprozesse Wälzfrä-sen, Entgraten und Schaben durch-laufen. Die Bearbeitung erfolgt an dreiCNC-gesteuerten Produktionsanlagenfür die jeweiligen Fertigungsverfahren,die durch Systeme zum Werkstück -transport untereinander verkettet sind(siehe Abb. 4). Nach dem anschließen-den Waschen erfolgt die Weiterbear-beitung, d. h. das Carbonitrieren, Ho-nen und Schleifen der Zahnräder, inden entsprechenden Abteilungen.

Die Auszubildenden haben die Aufga-be, die von einer Fremdfirma angelie-ferten Zahnradrohlinge auf Werkstück -träger zu setzen, die Anlage anzufah-ren und den folgenden Produktions-prozess zu überwachen. Im Rahmender Qualitätssicherung werden festge-legte Parameter nach jedem Ferti-gungsabschnitt in bestimmten Stück -zahlen und Zeitabständen von denAuszubildenden geprüft. Zeigen diePrüfergebnisse eine fehlerhafte Ten-denz, d. h. der Prozessverlauf gerät indie Nähe der Eingriffsgrenzen, müssendie Auszubildenden durch Eingabevon Korrekturwerten an den CNC-Be-

arbeitungsmaschinen den Fertigungs-prozess berichtigen.

Ist die Standzeit eines Werkzeugesüberschritten oder der Fertigungspro-zess nicht mehr nachregelbar, müssendie jeweiligen Anlagen abgefahren unddie Werkzeuge gewechselt werden.Der Werkzeugwechsel wird von denAuszubildenden durchgeführt. Nach-dem neue Werkzeuge in die entspre-chenden Maschinen eingebaut sind,werden deren Werkzeugdaten in dieCNC-Programme übernommen unddie Anlage im Einzelschritt angefah-ren. Das so gefertigte Werkstück wirdder Maschine entnommen und imMessraum überprüft. Entspricht dieFertigungsqualität den Anforderun-gen, kann der Produktionsprozesswieder aufgenommen werden.

Die Auszubildenden müssen die Anla-ge zur jeweiligen Fertigung von links-steigenden oder rechtssteigenden

schrägverzahnten Zahnrädern umrü-sten und sie müssen auftretende Stö-rungen, speziell in der Handhabungder Zahnräder innerhalb der Verket-tung, schnell lokalisieren und behe-ben.

Schulische Lernsituation5

In modernen Steuerungen sind unter-schiedliche Betriebsarten und Diagno-sefunktionen integriert und auf einemBildschirm bzw. Display visualisierbar,die insbesondere für das Anfahren ei-ner Produktionsanlage von Bedeutungsind. Der jeweilige Zustand der Anlagewird angezeigt, Störungen innerhalbeiner Schrittkette werden lokalisiertund mögliche Störungsursachen wer-den dargestellt. Es ist offensichtlich,dass in der Berufsschule solche kom-plexen Systeme weder angeschafftnoch nachgebildet werden können.Dennoch kann ein arbeitsprozess -

Abb. 4: Handhabungssystem zum Transport der Planetenräder(Bild: KLEY, S./TRÖLLER, H.)

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Praxisbeiträge

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Hauptschalter

Not-Aus

WahlschalterHandbetrieb Automatik

Alle Zylinderzurück

Einzelzyklus DauerzyklusEinzelschritt

Start/Tippen

Stopp nach Taktende

Stopp nach Zyklusende

Abb. 5: Exemplarische Betriebsarten von Steuerungen

orientierter Unterricht die Prinzipienvon Steuerungen, ihre Betriebsartenund Eingriffsmöglichkeiten sowie dieMöglichkeiten der Störungsanalyseexemplarisch nachvollziehen und inhandlungsorientierter Unterrichtsge-staltung begreifbar machen.

Hierbei bezieht der Unterricht der Be-rufsschule die betrieblichen Erfahrun-gen der Auszubildenden mit ein, diediese beim An- und Abfahren von Pro-duktionsanlagen im Rahmen der SPL»CVT-Getriebe« gesammelt haben.Ausgangspunkt für diese Orientierungan dem realen Geschäfts- und Ar-beitsprozess ist die Erkundung an-hand der folgenden Fragestellungen:

• Wo tauchen Folgesteuerungen fürdie Handhabung der Werkstückeauf?

• Welche Komponenten sind einge-setzt (Aktorik, Sensorik)?

• Welche Betriebsarten hat die Steu-erung?

• Welche Störungen an der Anlagetreten auf?

• Welche Diagnosemöglichkeiten zurStörungsanalyse gibt es?

• Welche Strategien gibt es, um Stö-rungen schnell zu beheben?

• Welches Fach- und Erfahrungswis-sen ist notwendig, um Störungen zubeheben?

Die Diskussion dieser Fragen imUnterricht ist die Grundlage zur Refle-xion und Verallgemeinerung der be-trieblichen Erfahrungen. Hierbei wirdvon dem eigentlichen betrieblichen

Kontext abstrahiert, um alternative Lö-sungsansätze zu überprüfen undKenntnisse unabhängig von einem be-stimmten Unternehmen zu vermitteln.So können die Auszubildenden dieEinsichten aus der Fehlersuche nachdem Anfahren und während dem Fah-ren einer Produktionsanlage in allge-meine Strategien zur Störungsanalyseüberführen. Die an der Anlage vorhan-den Endschalter und Sensoren wer-den beispielsweise hinsichtlich ihrerWirkungsweise untersucht, um typi-sche Sensorfehler zu analysieren.

Durch die Konzipierung einer Steue-rung im Unterricht der Berufsschulewird versucht, wesentliche Betriebsar-ten im Produktionsprozess nachzubil-den (siehe Abb. 5). Die »Not-Aus« -Funktion erfolgt über den Hauptschal-ter und die Rückwärtsbewegung derZylinder lediglich über einen Schalter,da nur eine begrenzte Anzahl vonSPS-Eingängen zur Verfügung steht.Es wird der Versuch unternommen,elementare Diagnosefunktionen miteinfachen Mitteln nachzubilden. Sosoll anhand der »Modellsteuerung«der Zustand einer Schrittkette ange-zeigt und eine Warnung für eine einge-tretene Störung, z. B. das Überschrei-ten der Taktzeit, gemeldet werden.Hierdurch soll für die Auszubildendennachvollziehbar sein, dass es in auto-matisierten Anlagen eine Vielzahl vonMöglichkeiten gibt, Fehler oder Stö-rungen schnell zu erkennen, zu lokali-sieren und zu beheben.

Zusammenfassung und Fazit

Das vorgestellte Ausbildungsbeispiel»An- und Abfahren einer Produktions-

anlage zur Fertigung von Planetenrä-dern« zeigt, dass die Konzepte ausdem Modellversuch GAB in die Praxisder Berufsausbildung zum Industrie-mechaniker umgesetzt werden kön-nen. Um die Orientierung der Ausbil-dungsziele und -inhalte an den be-trieblichen Geschäfts- und Arbeits-prozessen realisieren zu können, istneben einer entsprechenden curricu-laren Grundlage die Kooperation derbeiden Lernorte von großer Bedeu-tung. Um eine Duplizität bei der Ver-mittlung von Kenntnissen und Fähig-keiten in Betrieb und Schule zu ver-meiden, muss ein gemeinsamerGegenstand der beruflichen Fachar-beit bzw. eine berufliche Arbeitsaufga-be gefunden werden, die den Bezugs-punkt für eine dual-kooperative Aus-bildung darstellt.

Für die Entwicklung der Berufsbil-dungspläne und deren Umsetzung inbetriebliche Ausbildung und schuli-schen Unterricht wurden in dem Mo-dellversuch GAB entsprechende Ar-beitsstrukturen und Konzepte ge-schaffen, die die Zusammenarbeit vonAusbildern und Lehrern unterstützten.Die Verstetigung der Ergebnisse desModellversuches und deren Transferwird unter anderem von der Imple-mentation entsprechender Rahmen-bedingungen abhängen sowie derEinführung von Berufsbildungsplänen,die eine duale Kooperation nicht nurermöglichen sondern zur curricularenGrundlage machen.

Anmerkungen

1 Gefördert durch das BiBB (Förderkenn-zeichen: K 2022.00) und die BLK (För-derkennzeichen: D 2020.00), Modell ver -s uchstitel: Geschäfts- und arbeitspro-zessbezogene, dual-kooperative Aus-bildung in ausgewählten Industrieberu-fen mit optionaler Fachhochschulreife(GAB). Ausführliches Modellversuchs -portrait: BREMER, R./JAGLA, H.-H. (Hrsg.): Berufsbildung in Geschäfts-und Arbeitsprozessen, Bremen 2000oder im Internet: http://www.gab.uni-bremen.de

2 Um die Lesbarkeit des Artikels zu ver-einfachen, werden die männlichen Be-rufsbezeichnungen verwendet. Selbst-verständlich sind aber auch immer dieweiblichen Auszubildenden bzw. Fach-arbeiterinnen eingeschlossen.

3 Ausbildungsbeauftragte sind Fachar-beiter, die zusätzlich zu ihrer FacharbeitAufgaben zur Betreuung von Auszubil-

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Praxisbeiträge/Forum

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denden an einer betrieblichen Verset-zungsstelle oder in einer SPL überneh-men.

4 In der SPL „CVT-Getriebe“ werden dieBauteile für ein stufenloses Automatik-getriebe gefertigt. Dabei steht CVT für„Continous Variable Transmission“.

5 Die Beschreibung der schulischen Lern-situation beschränkt sich auf den steue-rungstechnischen Aspekt der SPL. Inweiteren Unterrichtssequenzen werdenAspekte der Fertigungstechnik undQualitätssicherung thematisiert.

Literatur

BREMER, R./JAGLA, H.-H. (Hrsg.): Berufsbil-dung in Geschäfts- und Arbeitsprozes-sen, Bremen 2000.

BREMER, R./BRETTSCHNEIDER, V. u. a.: Ge-meinsamer Zwischenbericht und 1.Sachbericht des Modellversuchs GAB,Bremen 2001a.

BREMER, R./RAUNER, F./RÖBEN, P.: Experten-Facharbeiter-Workshops als Instrumentder berufswissenschaftlichen Qualifika-tionsforschung. In: EICKER, F.; PETERSEN,W.; PFEIFFER, E.: Mensch-Maschine-Interaktion. Arbeiten und Lernen in rech-nergestützten Arbeitssystemen in der In-dustrie, Handwerk und Dienstleistungen(HGTB 1999), Baden-Baden 2001b, S.211-231.

HAASLER, B./HERMS, O./KLEINER, M.: Berufs-wissenschaftliche Qualifikations -forschung als Basis zur Lernfeldentwick-lung. Dual-kooperative Curriculument -wick lung und -umsetzung aus der Praxisdes Modellversuches GAB. In: Busse,A/Przygodda, K. (Hrsg.): Curriculum -entwicklung, Teamentwicklung, Schul -entwicklung. Ansätze und Ergebnisseaus dem BLK-Programm “Neue Lern -konzepte in der dualen Berufs -ausbildung”. Bielefeld 2002, S. 19-38.

KLEINER, M./HAASLER, B.: Berufsbildungs-pläne als Beitrag zur Entwicklung vonLernfeldern. In: Die berufsbildendeSchule 54 (2002) Heft 1, S. 12 - 17.

KMK: Sekretariat der ständigen Konferenzder Kultusminister der Länder: Handrei-chung für die Erarbeitung von Rahmen-lehrplänen der Kultusministerkonferenzfür den berufsbezogenen Unterricht inder Berufsschule. Bonn, 05.02.1999.

RAUNER, F.: Entwicklungslogisch struktu-rierte berufliche Curricula: Vom Neulingzur reflektierten Meisterschaft. In: Zeit-schrift für Berufs- und Wirtschaftspäda-gogik, 95. Band, Heft 3, 1999, S. 424 -446.

RAUNER, F./KLEINER, M./MEYER, K.: Berufs-bildungsplan für den Industriemechani-ker, ITB-Arbeitspapiere Nr. 31, Univer-sität Bremen 2001.

Sabine Kurz

Die Weiterentwicklung beruflicher Schulenzu regionalen Berufsbildungszentren

Von der Diskussion zur Umsetzung

Die europäische Debatte über innova-tive und leistungsfähige Berufsbil-dungssysteme hat auch in Deutsch-land dazu geführt, die Angemessen-heit der Berufsbildungsstrukturen undeine veränderte Rolle der beruflichenSchulen zu diskutieren. Die Diskussionfokussiert dabei die Entstehung ler-nender Regionen durch Berufsbil-dungsnetzwerke bei gleichzeitigerEntwicklung von beruflichen Schulenzu regionalen Kompetenzzentren1.

Von einiger Bedeutung für die Diskus-sion sind in diesem Zusammenhangdas Gutachten des Instituts Technikund Bildung (ITB) (HEIDEGGER/RAUNER

1997) für das nordrhein-westfälischeMinisterium für Arbeit, Gesundheitund Soziales oder das Berliner Gut-achten zum Strukturwandel (RAU-NER/RIEDEL 2000) im Handwerk; in bei-den wird vorgeschlagen, Berufsbil-dungszentren als Agenturen für die In-novation in der regionalen Berufsbil-dung zu entwickeln. Demnach sollendie Berufsbildungszentren die regio-

nalen Ressourcen besser abstimmen,bündeln und neue Bildungs- und Be-ratungsangebote unterbreiten. Derschulische Standort sollte sich zum„Dreh- und Angelpunkt“ einer „lernen-den Region“ entwickeln.

Mit ähnlichen Vorschlägen zu einerstrukturellen Reform berufsbildenderSchulen befassten sich nachfolgendu. a. auch das Bündnis für Arbeit, Aus-bildung und Wettbewerbsfähigkeit,das Forum Bildung, die Bund-Länder-Kommission (BLK) sowie die Kultusmi-nisterkonferenz (KMK). Die Positionder Länderminister der Arbeits- undSozialminister-, Kultusminister- undWirtschaftsministerkonferenz zum Be-schluss des Bündnisses für Arbeit,Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit(Länderpositionen 2000) vom Oktober1999 sowie der Bericht der Bund-Län-der-Kommission für Bildungsplanungund Forschungsförderung (BLK) vomJuni 2001 (BLK 2001) konnten ge-meinsam ein deutliches politischesSignal für eine Qualitätsoffensive inder regional ausgerichteten Aus- undWeiterbildung setzen, mit dem Ziel,die Innovations- und Wettbewerbsfä-

higkeit zu steigern. Den Kern der Em -pfeh lungen stellt die weitere Entwick -lung der beruflichen Schulen zu regio-nalen Kompetenzzentren dar und ihreFlankierung durch ein Berufsbildungs-netzwerk mit allen an der Berufsbil-dung beteiligten Akteuren. Dies be-deutet für die beruflichen Schulennicht nur ein hohes Maß an Eigenver-antwortlichkeit, sondern – mit Blickauf die Initiierung regionaler Innova-tionsprozesse und die Realisierungdes Grundsatzes lebensbegleitendenLernens – auch die notwendige Ver-knüpfung von Erstaus- und Weiterbil-dungsangeboten.

Dass diese politischen Signale großeBeachtung finden, wurde bei derFachtagung der Bund-Länder-Kom-mission für Berufsbildung und For-schungsförderung im Dezember 2001sehr deutlich. Zum Thema „Kompe-tenzzentren in regionalen Bildungs-netzwerken – Rolle und Beitrag derberuflichen Schulen“ diskutierten Ex-perten aus Bildungsverwaltung,Schulpraxis, Wissenschaft, Wirtschaftund Gewerkschaft über eine verstärk-te Zusammenarbeit der Institutionen

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der Aus- und Weiterbildung, welcheden Grundsatz kontinuierlicher Lern-prozesse in allen Arbeits- und Berufs-phasen realisiert. Als Ziel wird ange-strebt, dass die beruflichen Schulenihre vorhandenen Stärken weiterent-wickeln, ihr Leistungsangebot aus-bauen und sich als Kompetenzzentrenin ein regionales Berufsbildungsnetz-werk einbringen. Inzwischen liegenaktuelle Empfehlungen der BLK zurWeiterentwicklung berufsbildenderSchulen als Partner in regionalen Be-rufsbildungsnetzwerken vor (BLK2002). Diese beinhalten bildungspoliti-sche Umsetzungsvorschläge zu denErgebnissen der Fachtagung.

Auch wenn im Lichte der PISA-Ergeb-nisse die öffentliche Diskussion über-wiegend Reformen allgemein bilden-der Schulen denn die Weiterentwick -lung berufsbildender Schulen fokus-siert, haben inzwischen mehrereBundesländer entsprechende Kon-zepte zur Umsetzung dieser Leitideevorgelegt. In Baden-Württemberg wirdseit Herbst 2001 das Projekt STEBS(Stärkung der Eigenverantwortlichkeitder Beruflichen Schulen) unter Beteili-gung von 63 beruflichen Schulen undin Bremen seit Mai 2002 das Pilotpro-jekt REBIZ (Regionale Berufsbildungs-

zentren) unter Beteiligung von 5 beruf-lichen Schulen umgesetzt. Im August2002 startete in Nordrhein-Westfalendas Projekt SELBSTSTÄNDIGESCHULE und Anfang 2003 in Nieder-sachsen das Projekt ProReKo (Pro Re-gionale Kompetenzzentren) sowie inSchleswig-Holstein RBZ (RegionaleBerufsbildungszentren). In Hamburgwird die Umsetzung des ProjektesBBZ (Berufsbildungszentren) vorberei-tet, voraussichtlicher Starttermin istAugust 2003. Allen Projekten gemein-sam ist das Ziel, den wirtschaftlichen,organisatorischen, personellen undgegebenenfalls rechtlichen Zuständig-keitsbereich beruflicher Schulen aus-zubauen und – der europäischen For-derung nach Umsetzung des Konzep-tes ‚Lebensbegleitenden Lernens’ fol-gend – eine Integration der beruflichenErstaus- und Weiterbildungssystemeeinzuleiten.

Herausforderungen und Ziel-setzungen für Regionale Be-rufsbildungszentren

Die Weiterentwicklung beruflicherSchulen bei den geplanten und ge-starteten Projekten geht einher mit derbeabsichtigten Dezentralisierungstaatlicher Verantwortung. Das Ziel,

das damit verbunden wird, ist, dassdie beruflichen Schulen dadurch ei -nerseits in die Lage versetzt werden,sich differenziert, flexibel, kompetentund schnell auf zukünftige Anforde-rungen beruflicher Aus- und Weiterbil-dungsprozesse einstellen zu können.Andererseits, dass sie sich mit einemeigenen Profil und prospektiven Bil-dungsangeboten in den regionalen In-novationsprozess einbringen. Die un-ter dem Schlagwort ‚Stärkung der Ei-genverantwortung beruflicher Schu-len’ gefassten Veränderungen werdennicht nur das Aufgabenspektrum aufSchulleitungs- und Verwaltungsebenevervielfältigen und zu einer veränder-ten Arbeits- und Unterrichtskultur bei-tragen, sondern insgesamt zu einerStrukturreform beruflicher Schulenführen. Nachfolgend sollen drei zen-trale Handlungsfelder herausgestelltwerden, die in bereits umgesetztenoder konzipierten Projekten zurWeiterentwicklung beruflicher Schulenzu Regionalen Berufsbildungszentrenvorrangig entwickelt und erprobt wer-den: Organisationsentwicklung, Per-sonalmanagement, Qualitätssiche-rung. Dabei werden im Rahmen diesesBeitrags aktuelle Diskussionslinienund potenzielle Modelle zu den dreiHandlungsfeldern nachgezeichnet,die in den Projektländern Gegenstandder Erprobung sind. Für den Bereichder Organisationsentwicklung stehtdabei im Mittelpunkt, wie ein Regiona-les Berufsbildungszentrum (von denBeteiligten selbst) organisiert bzw.strukturiert werden kann, um sowohldie organisationale Leistungsfähigkeitals auch die Qualität des Arbeitens inder Institution zu steigern. Der BereichPersonalmanagement bündelt dieneuen Aufgabenzuschnitte, die auf dieLeitungsebene eines Regionalen Be-rufsbildungszentrums zukommen,wenn die Schulleitungsfunktion an dieDienstvorgesetztenfunktion gekoppeltist. Die in diesem Zusammenhang not-wendige Professionalisierung vonLehrkräften wird im Rahmen diesesAufsatzes nicht behandelt.

1. Organisationsentwicklung in Re-gionalen Berufsbildungszentren

Bislang sind berufliche Schulen nicht-rechtsfähige Anstalten des Öffent-lichen Rechtes mit einer behörden-bü-rokratischen Verwaltungs- und Orga-nisationsstruktur, die nach DUBS

Eigenverantwortungfür die Bildungs-gangentwicklung

Eigenverantwortungfür interne

Organisationsstruktur

Finanzielle EigenverantwortungAutonomie bei

PersonaleinstellungUnd der Gestaltung

v. Personalentwicklung

Autonomie bei derMittelverwendung

und beim Gebäude-management

Strategische Führungdurch Bildungsbehörde

Operative Führung durch Schulleitungs-

team

LeitbildBerufsbildungsprofil

Zielvereinbarung überKontraktmanagement

Budgetierung

Controlling

Budgetierungsprozess

InterneQualitätssicherung

Beurteilungs- und Anreizsysteme

Eigenständiges regionales Berufsbildungszentrum

Abb. 1: Struktur des Regionalen Berufsbildungszentrums in Anlehnung an DUBS’ Konzept der teilautonomen Schule

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(1994, S. 56) im Wesentlichen gekenn-zeichnet ist durch:

• eine hierarchische Ordnung mit bü-rokratischer Autorität und Kontrolle,

• vertikal orientierte Kommunika-tionsstrukturen,

• die Ausrichtung auf Abteilungs-strukturen,

• eine Planung von oben nach untenmit verbindlichen Eckdaten,

• eine komplizierte Verwaltung mitselbstverstärkenden Bürokratisie-rungsprozessen sowie

• überwiegend fächergegliedertenUnterricht.2

Mit der geplanten Dezentralisierungstaatlicher Verantwortung erhalten dieregionalen Berufsbildungszentrenmehr Gestaltungsfreiräume für dieAufbau- und Ablauforganisation derInstitution. Obwohl dies von ‚oben’verordnet ist (Landtagsbeschlüsse,Deputationsbeschlüsse etc.) handeltes sich nicht ausschließlich um eine

Top-Down-Strategie, sondern viel-mehr um eine bipolare Strategie, da essowohl Top-Down und Bottom-UpVeränderungsimpulse und -möglich-keiten gibt (vgl. HASENBANK 2001, S.135). In den laufenden Pilotprojektenwird ausdrücklich auf Partizipationund Gestaltung durch alle an der Insti-tution Beteiligten gesetzt, um Kennt-nisse und Ergebnisse darüber zu er-halten, welche Organisationsstrukturfür ein eigenverantwortlich handeln-des Regionales Berufsbildungszen-trum geeignet und angemessen ist.Dies bedeutet für die Beteiligten, dasssie die Steuerungsinstrumente undStrukturen für Ihr Regionales Berufs-bildungszentrum selbst definieren undentwickeln müssen. Das wäre der ers -te Schritt auf den Weg zu einer lernen-den Organisation.

Unumstritten ist, dass die im Grund-gesetz geregelte staatliche Aufsichtüber das Schulwesen unberührtbleibt, was die Möglichkeiten der Ei-genständigkeit Regionaler Berufsbil-dungszentren einschränkt. In Bezugauf die geplante (oder bereits umge-

setzte) Delegation staatlicher Verant-wortlichkeiten (Budgetierung, Gebäu-demanagement, Curriculumentwick -lung etc.) an die Berufsbildungszent -ren, verweist AVENARIUS darauf, dassdabei de jure keine tatsächliche son-dern eine geliehene Eigenständigkeitentsteht: Die Berufsbildungszentrenals nicht rechtsfähige Anstalten desöffentlichen Rechtes handeln demzu-folge nicht aus eigenem, sondern ausübertragenem Recht. Dies allerdingssetzt der (ausdrücklich erwünschten)Handlungsfähigkeit Regionaler Be-rufsbildungszentren eindeutige Gren-zen, u. a. in Bezug auf die Tätigungvon Investitionen oder die Bereitstel-lung von Weiterbildungsangeboten zuMarktpreisen. Beides wäre wichtig,wenn angestrebt wird, dass die Regio-nalen Berufsbildungszentren attrakti-ve, wettbewerbsfähige, das lebensbe-gleitende Lernen unterstützende Insti-tutionen werden. Dies wird durch diegeltende Verfasstheit beruflicherSchulen, aber auch durch die Frag-mentierung der Aus- und Weiterbil-dungssysteme verhindert. Um eigen-

Strategiewandel

Strukturwandel Kulturwandel

Innova

tionsm

anag

emen

tO

rgan

isationsm

anag

ement

Personalmanagement

Interne Bedingungen

Größe des Berufs-bildungszentrums,Standort, Finanzen,Verfasstheit

PersonelleBedingungen

Funktion, Alter, beruflicher, sozialer Hintergrund, Ziele,Werte,Barrieren desWissens, Wollens,Könnens undWagens

Externe Bedingungsgrößen

Politisch-rechtliche, sozio-kulturelle,wirtschaftliche, technologische

Bedingungen

Problemspezifische BedingungenPolitische Konstellationen, Gesamtreform, Gesetzesgrundlagen, Arbeitsmarktsituation

Bedingen die Organisationsstruktur und die Handlungsfähigkeit Regionaler Berufsbildungszentren

P

I OSteuerungsebene

Operative Ebene

Abb. 2: Bedingungen für die Organisationsentwicklung nach dem IOP-Modell zur Führung der Schule von THOM/RITZ

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verantwortliche regionale Berufsbil-dungszentren zu etablieren und le-bensbegleitende Lernwege systema-tisch aufzubauen fordert RAUNER des-halb seit längerem die berufliche Erst-ausbildung aus der ‚Fessel’ des Se-kundarbereichs II zu lösen und zusam-men mit der beruflichen Weiterbildungals dritte Säule, neben Schule undHochschule, im Bildungssystemrechtlich zu verankern. Damit wäre esmöglich, berufliche Schulen ähnlichden Hochschulen zu organisieren. EinKonzept für die Gestaltung von Schu-len mit geliehener Eigenständigkeit(Teilautonomie) hat DUBS auf der Basisdes New Public Managements (NPM)entwickelt. Mit Blick auf die Gestal-tung Regionaler Berufsbildungszent -ren lässt es sich wie in Abb. 1 darge-stellt veranschaulichen.

Eine Adaption des NPM auf Bildungs-institutionen wird mit Blick auf derenSystem- und Aufgabenkomplexität inder öffentlichen Diskussion kritischhinterfragt. NPM setzt vornehmlich aufouput- und wirkungsorientierte Steue-rung bei einem Maximum von Wettbe-werb und einem Minimum von Vorga-ben. Kritiker verweisen darauf, dassBildungsinstitutionen neben ökonomi-schen Aspekten wie z. B. das Kosten-Nutzen-Verhältnis, vorrangig auch pä-dagogische Ziele erfüllen müssen,was mit dem eher technokratischenNPM-Konzept nicht hinreichend be-rücksichtigt werde. Die Schwierigkeitder Standardisierung pädagogischerProzesse, die Individuen und Interak-tion zentrieren, erfordern eine auf dieBildungsinstitution zugeschnittene Er-weiterung des NPM-Konzeptes. DasKonzept von DUBS bietet m. E. den-noch wichtige Impulse zur Strukturie-rung von Regionalen Berufsbildungs-zentren unter Beibehaltung der recht-lichen Rahmenbedingungen. Die ein-zelnen Autonomiebereiche bietenunterschiedliche Möglichkeiten zurNeustrukturierung von Aufbau- undAblaufprozessen, die sowohl Delega-tionsmöglichkeiten (für die Schullei-tung) als auch Partizipationsmöglich-keiten (für Lehrkräfte) schafft. Anreiz-systeme können dabei die Motivationzur (Mit)Gestaltung des Schulentwick -lungsprozesses fördern. Die Fragenach geeigneten Anreizsystemen inRegionalen Berufsbildungszentren istein neues und kontrovers diskutiertesThema. Die Institutionalisierung von

materiellen (z. B. Prämienleistungen)oder immateriellen (z. B. Weiterbil-dungsangebote, Stundenreduzierung)Anreizen setzt ein umfassendes undfunktionierendes Personalbeurtei-lungssystem voraus.

Für die Entwicklung von Organisa-tionsstrukturen Regionaler Berufsbil-dungszentren ist das IOP-Führungs-modell von THOM/RITZ von besonde-rem Interesse. Mithilfe dieses Modellsbietet sich den Regionalen Berufsbil-dungszentren die Möglichkeit, eineOrganisationsstruktur unter Einbezugder Veränderung von Zielen (= Strate-giewandel, z. B. Entwicklungsper-spektive eines Regionalen Berufsbil-dungszentrums), Instrumenten, Ver-fahren und Strukturen (= Strukturwan-del, z. B. neue Hierarchieebenen undVerantwortungsbereiche) sowie vonWerten (= Kulturwandel) (THOM/RITZ

2002, S. 6) zu entwickeln (s. Abb. 2).

Das Modell beruht auf einer veränder-ten Zusammenarbeit von Steuerungs-ebene (Ebene der politischen Ent-scheidungen) und operativen Ebene(innerschulischen Ebene) auf Basis ei-nes Kontraktmanagements. Übertra-gen auf die regionalen Berufsbil-dungszentren gewährleistet dies einengrößeren Handlungsspielraum auf deroperativen Ebene, für deren Steue-rung die Schulleitungsebene verant-wortlich ist. Auf der operativen Ebenestehen die drei Elemente Innovations-management, Organisationsmanage-ment und Personalmanagement imVordergrund. Das Innovationsma-nagement soll sicherstellen, dass dievereinbarten Ziele erreicht werden, dieQualität der Ausbildung (und damit dieWettbewerbsfähigkeit des regionalenBerufsbildungszentrums) erhöht wirdund dass eine Imageverbesserung derInstitution eintritt. Mittels Organisa-tionsmanagement werden Arbeits-und Gremienstrukturen festgelegt, diedieser Zielerreichung dienlich sind.Das Personalmanagement umfasst u.a. Instrumente zur Personalgewinnungund Personalentwicklung.

Der Verantwortungsbereich der Schul-leitung wird damit nach THOM/RITZ umAufgaben der Personalentwicklung,der institutionellen Strategie- und Ziel-findung, der Ergebnisverantwortungsowie der Finanzverantwortung er-weitert. Für regionale Berufsbildungs-

zentren liegt hier die Chance über ver-änderte Aufgabenzuschnitte neueAufbau- und Ablaufstrukturen zuschaffen und von einer (Dienst)Anwei-sungskultur zu einer Kooperationskul-tur zu gelangen. Der Aufbau einer Ko-operationskultur ist nach THOM/RITZ

Voraussetzung, für die Entwicklungvon Rahmenbedingungen, die Innova-tionen initiieren, fördern und umset-zen. Für das Gelingen einer Koopera-tionskultur müssen alle Ebenen der In-stitution durch kooperatives Handelngeprägt sein (MÜNCH 1999, S. 170):

• die Ebene der Organisation selbst,die aus der Systemperspektive be-trachtet wird und alle Beteiligten alsMitglieder des Systems definiert;

• die Ebene der Gruppe, die zum ei-nen die Interaktion innerhalb desKollegiums selbst (horizontal) undzum anderen zwischen Schullei-tung und Kollegium (vertikal) um-fasst;

• die Ebene der Dyade, die auf dieInteraktion innerhalb der Schullei-tung (in der Regel noch Schulleiterund Stellvertreter) abzielt;

• die Ebene des Individuums.

Die Entwicklung einer neuen Organi-sationsstruktur, welche Professiona-lität, Leistungsfähigkeit und Effizienzauf der Basis des ‚kooperativen Han-delns’ herausbildet, ist eng verknüpftmit dem Handlungsfeld Personalma-nagement.

2. Personalmanagement

Wenn bei der Entwicklung von regio-nalen Berufsbildungszentren nichtmehr die Erlasse im Vordergrund ste-hen, sondern Zielvorgaben für die je-weilige Institution, dann ist dies auchverbunden mit einem veränderten Ver-ständnis von ‚Schulführung’. DieFunktion der Schulleitung wird überdie pädagogische Leitung hinaus umdie Aufgaben des Personalmanage-ments ergänzt werden. Damit wird dieSchulleitungsfunktion zur Schlüssel-funktion. Die Führungsverantwortungvon Schulleitung beinhaltet nach THOM

(THOM 2002):

1. Zielbildungsverantwortung

Ausgehend von den Zielvorgaben derKultusministerien/Bildungsbehördenhat die Schulleitung die Verantwortung

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für die Bildung von Zielen für alle Be-teiligten. Diese Ziele müssen konkret,erreichbar und messbar sein.

2. Organisationsverantwortung

Dies umfasst umsetzbare und ziel-orientierte Arbeits- und Koordinations-strukturen. Sowohl Schulleitung alsauch das Kollegium haben Kenntnisüber die eigenen Aufgaben-, Kompe-tenz- und Verantwortungsbereiche.

3. Informationsverantwortung

Die Schulleitung entwickelt ein Sys-tem, das die notwendige Transparenzüber Vorgaben, Neuerungen, Ereig-nisse für alle Beteiligten schafft.

4. Kontrollverantwortung

Dies beinhaltet die Überprüfung derformulierten Ziele auf der Führungs-ebene selbst, auf der Ebene der Lehr-kräfte sowie auf der Ebene der Institu-tion selbst.

5. Förderungsverantwortung

Dies umfasst den gesamten Bereichder Personalentwicklung.

Personalentwicklung als Aufgabe vonSchulleitung ist ein Novum und es feh-len bislang Konzepte und Modelle mit

entsprechenden Erfahrungswerten zuderen Anwendung. Ein zu erarbeiten-des Personalentwicklungskonzept fürRegionale Berufsbildungszentren soll-te darauf abzielen, Personal mit einemhohen Maß an Fach-, Methoden-,Selbst-, und Sozialkompetenz zu ge-winnen. Es sollte sowohl Instrumentezur Personalmotivation und -förde-rung beschreiben, die der Potenzial-entwicklung dienen als auch Instru-mente zur Begleitung in kritischen Si-tuationen und zur Personalbeurtei-lung.

Nach STRITTMATTER ist Personalentwik-klung in Schulen durch sieben Hand-lungsfelder gekennzeichnet (s. Abb.3).

Die Erfüllung dieser Handlungsfeldersetzt nicht nur eine Vertrauens- undKooperationskultur sowie transparen-te Kommunikationsstrukturen inner-halb des Regionalen Berufsbildungs-zentrums voraus, sondern auchSchulleitungen, die professionell pla-nen, steuern, kommunizieren und eva-luieren können. Bislang waren Schul-leiter auf Grund ihrer Ausbildung undihrer Aufgabe der pädagogischen Lei-tung ‚primus inter pares’ (HASENBANK

2001, S. 72). Dieses Leitbild greift beiden geplanten Veränderungen nicht

mehr. Schulleiter werden als ‚changemanager’ gehandelt und es bedarf zu-sätzlicher Ressourcen (z. B. Qualifizie-rung, Zeitreserven), damit sie ihren er-weiterten Aufgaben gerecht werdenkönnen. Die Pluralität der Schullei-tungsaufgaben verweist zudem aufdie Notwendigkeit, dass auf Schullei-tungsebene ein Team agiert, das sichdurch verschiedene Professionen er-gänzt.

Aber auch das Leitbild der Lehrkräfteist im Wandel begriffen. Ein regionalesBerufsbildungszentrum, das im obenbeschriebenen Sinne auf Koopera-tions- und Vertrauenskultur basiert, er-fordert von Lehrkräften, die Bereit-schaft und Kompetenz den Entwick -lungsprozess aktiv mitzugestalten, dieBereitschaft und Kompetenz in Teamszu agieren und Synergien zu nutzensowie die Bereitschaft und Kompe-tenz, die eigene Professionalität mitBlick auf veränderte Lehr-/Lernkultu-ren weiter zu entwickeln. Lehrkräftesind damit die entscheidenden Ge-lenkstellen bei der Gestaltung der or-ganisationalen sowie der Lernprozes-se. Dies bedingt, dass, im Rahmenvon Personalförderung und Personal-beurteilung, entsprechende Bedarfsa-nalysen durchgeführt und Qualifizie-rungskonzepte bereitgestellt werden.

Personalentwicklung

Da sein und Anteil nehmen

Impulse und konstruktivesFeedback geben

Begleitung in kritischenBerufsphasen

Personalportfolio-ArbeitTeamentwicklung

CoachingKonfliktmanagement

Professionalität undInnovationsfähigkeit erhöhen

Zeit für Unterstützung undZusammenarbeit sichern

Abb. 3: Sieben Handlungsfelder der Personalentwicklung nach STRITTMATTER (2001)

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3. Qualitätssicherung

Wenn Zielvorgaben an die Stelle vonErlassen rücken und innerhalb der re-gionalen Berufsbildungszentren ver-änderte Strukturen zu Empowermentund zu einem Mehr an Qualität auf al-len Ebenen führen soll, sind zielbezo-gene, messbare Standards notwen-dig.

Die Stärkung der Eigenverantwortlich-keit regionaler Berufsbildungszentrenführt, wie beschrieben, zu einer Neu-definition unterschiedlicher Aufgaben-bereiche und des Rollenverständnis-ses von SchuIaufsicht, Schulleitung,Lehrende etc. In diesem Zusammen-hang ist die Einführung eines Quali-tätssicherungssystems unerlässlich.Nach STRITTMATTER sind dabei dreiHandlungsebenen der Qualitätssiche-rung zu unterscheiden:

a. Qualitätssicherung als Rechen-schaftslegung

Veränderte Steuerungs- und Leitungs-aufgaben bedingen eine Verpflichtungzur Qualitätsevaluation und Rechen-schaftslegung. D. h., wenn die Bil-dungsbehörde einen großen Teil derVerantwortung an die beruflichen

Schulzentren delegiert, benötigt sieein Instrument, das prüft, ob vorgege-bene Sollwerte eingehalten werdenund zudem sicherstellt, dass dieSchulaufsicht vertrauenswürdigeKenntnisse über das Geschehen anden beruflichen Schulen erhält. Es istdavon auszugehen, dass Kultusmini-sterien/Bildungsbehörden selbst einQualitätssicherungssystem favorisie-ren und entsprechende Standards zurQualitätsevaluation vorgeben werden.

b. Qualitätssicherung als Teil der inter-nen Profilentwicklung

Aus der Weiterentwicklung beruflicherSchulen zu Regionalen Berufsbil-dungszentren ergibt sich für die beruf-lichen Schulen ein erweiterter Hand-lungs- und Kompetenzspielraum derper se einen internen Profilentwick -lungsprozess in Gang setzen wird. Umdiesen Prozess zu unterstützen und zusteuern, bedarf es eines internen Qua-litätsdiskurses, der alle Ebenen undAkteure der Institution ‚beruflicheSchule’ einbezieht und Qualität spezi-fisch definiert und evaluiert. Daraus er-gibt sich die Notwendigkeit eines In-strumentes zur Selbstevaluation, zumeinen auf der individuellen Ebene (Auf-

gabenerfüllung von Personen), zumanderen auf der institutionsbezogenenEbene (Aufgabenerfüllung der Institu-tion bzw. von Abteilungen). Das inter-ne Qualitätssicherungssystem einesBerufsbildungszentrums sollte sich inein effektives System der Leitbildent-wicklung einfügen und auf professio-nelle Weiterentwicklung der sichselbst Evaluierenden abzielen. Grund-legend hierfür ist der Aufbau einerFeed-back-kultur, die horizontal undvertikal wirkt.

c. Qualitätssicherung als Wettbe-werbskriterium

Dieser Aspekt der Qualitätssicherungbezieht sich auf die Zertifizierung vonBildungsgängen (oder Verwaltungsab-läufen), die für eine bestimmte Pro-duktqualität bürgt, was im Wettbe-werb zu anderen Berufsbildungsinsti-tutionen notwendig und/oder sinnvollsein kann. Die Zertifizierung kann Be-standteil des gewählten Qualitätssi-cherungssystems unter a. und b. sein.

Aus dem Zusammenspiel der Hand-lungsebenen Qualitätssicherung alsRechenschaftslegung einerseits undinterne Profilentwicklung andererseits

Externe Rechenschaft

Qualitätsversicherungdurch Behörden /

Öffentlichkeit

Interne Professionalität

Qualitätssicherung ausProfessioneller Verpflichtung

Kontrolle

Einhalten derRahmenvorgaben

Wachstum, Entwicklung

Erkennen vonEntwicklungsbedarf,

Reagieren auf neue Situationen

Macht

VertrauenVerantwortungs-bewusstsein

Dialog

Abb. 4: Kognitive Landkarte der Evaluation von Strittmatter nach NISBET

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Müssen

Können

Wollen

Leidens-Lösungs-Druck

Konkurrenz-Ansporn

- Einladung zu Privilegien- Appell an Professionalität- Appell an Selbstwirksam-

keitssehnsüchte- Zuversicht stärken

- Spezifisches Wissen / Können zum Thema- professionelle Kompetenzen- soziale Kompetenzen (Kommunikation, Teamfähigkeit etc.)- reservierte Zeitgefäße

- Bedrohungen ausweichen- Gesetzliche Verpflichtung

Impulsgeber

- Schulleitung- Projektgruppe- Experten- Schulaufsicht

Abb. 5: Bedingungen für die Aufnahme von Neuerungen an Schulen (STRITTMATTER nach ALTRICHTER/POSCH 1999)

halten provoziert und damit die fürLern- und Entwicklungsprozessenotwendige Offenheit, Neugier, Pro-blemlösehaltung und Vertrauens-kultur verhindert (Konkurrenzpro-blem 3).

Aus diesem Grund ist es empfehlens-wert, die unterschiedlichen Interessender Handlungsebenen Fremdevalua-tion/Selbstevaluation zu differenzie-ren. Die von NISBET (NISBET 1990) ent-wickelte zweidimensionale KognitiveLandkarte der Evaluation veranschau-licht über vier Felder, welche Interes-sen bedient werden müssen: Kontrol-le, Externe Rechenschaft, Wachstumund Entwicklung und ProfessionelleVerpflichtung. Aus der Perspektive ei-nes jeden Feldes können spezifischeEvaluationsansätze abgeleitet werden.So verweisen z. B. die Bereiche Kon-trolle/Externe Rechenschaft auf An-sätze der Fremdevaluation, wohinge-gen den Feldern Wachstum, Entwick -lung/Professionelle Verpflichtung An-

sätze der Selbstevaluation zuzuord-nen sind.

Die unterschiedlichen Interessen müs-sen miteinander ausgehandelt wer-den, damit die Instrumente der Fremd-und Selbstevaluation kompatibel sind.Dies kann entlang folgender Fragenerfolgen:

• Wie viel Rechenschaft im Sinne derLegitimationspflicht braucht wer,wofür?

• Wie kann die Professionalität ge-stärkt werden?

• In welches Verhältnis sind Selbst-evaluation und externe Qualitäts-evaluation zu setzen?

Eine Klärung der Fragen wird dadurcherschwert, dass es bislang weder einehinreichende, konsensfähige Defini-tion für „Qualität in Bildungsinstitutio-nen“ gibt, noch wissenschaftlich ab-gesicherte Metaevaluationen oderLangzeiterfahrung über die Einführung

können sich unterschiedliche Konflikt-linien ergeben, die nach STRITTMATTER

(2002, S. 96) dann entstehen, wenn

• die am Entwicklungsprozess Betei-ligten sich auf die Aussage ‚(Unter-richts)Qualität ist nicht messbar’zurückziehen und sich damit jeg-licher Kontrolle und Rechenschafts-legung entziehen (Vermeidungspro-blem);

• bei dem Entwicklungsprozess sehrviel Energie im Initiieren und Umset-zen von parallel laufenden Projek-ten stecken muss, dass die Evalua-tion auf der Strecke bleibt (Konkur-renzproblem 1);

• die externe Qualitätsevaluation sehrviel Energie abfordert (z. B. für dieDokumentation), dass die eigenenEntwicklungstätigkeiten einge-schränkt werden (Konkurrenzpro-blem 2);

• die Evaluation Ängste auslöst, de-fensives und beschönigendes Ver-

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von Qualitätssicherungssystemen anallgemein- und berufsbildenden Schu-len existieren. Hinzu kommt, dass fürBildungsinstitutionen konzipierte Qua-litätsmanagementsysteme wenig be-kannt sind und im Vergleich zu in derWirtschaft eingesetzten Verfahren(ISO 9000 ff./EFQM3/TQM) ein gerin-geres Ansehen haben.

Ein Beispiel für die Entwicklung underfolgreiche Einführung eines ‚passge-nauen’ Qualitätssicherungssystemsist Q2E (Q2E = Qualität durch Entwick -lung und Evaluation), das in der Nord-westschweiz realisiert wird4. Q2E wur-de 1996 an 16 Schulen initiiert undgeht von der Grundannahme aus,dass jede Schule ein maßgeschnei-dertes Qualitätssicherungssystem be-nötigt, damit sich ein Maximum an Ak-zeptanz und Wirkung entfalten kann.Es umfasst die vier Segmente: Aufbaueiner Feed-back-kultur, systematischeSelbstevaluation, externe Schulevalu-ation sowie qualitätssichernde Mitar-beiterführung. Zwölf Schulen sind in-zwischen zertifiziert und eine kürzlichveröffentlichte Publikation fasst die Er-fahrungen mit der Einführung zusam-men (LANDWEHR/STEINER 2003).

Fazit

Mit der Weiterentwicklung beruflicherSchulen zu regionalen Berufsbil-dungszentren realisieren inzwischenfünf Bundesländer die dringend ange-mahnten Reformen. Für die beruf-lichen Schulen besteht hierbei die gro-ße Chance, sich innerhalb des Sys-tems der Berufsbildung neu zu profi-lieren und zu positionieren. Entschei-dend ist dabei, dass die Reformkon-zepte einen relativ offenen Entwick -lungsrahmen setzen, der den Akteurengenügend Spielraum zur partizipativenAusgestaltung lässt und sie nicht zu‚Betroffenen’, sondern zu Beteiligtenmacht. Ein top-down verordneter Ent-wicklungsprozess ist – mit Blick aufdie beschriebenen Handlungsfelder –zum Scheitern verurteilt. Die Initiierungeines solchen Prozesses zunächst aufengagierte und charismatische Schul-leitungen und/oder Lehrkräfte zu stüt-zen, wird langfristig ebenfalls nichtausreichen. Die geplanten Reformenwerden in hohem Maße struktur- undkulturverändernd wirken und zu einemveränderten Leitbild beruflicher Schu-len führen. Für den Erfolg der Refor-

men ist es unumgänglich, den Fokusauf die Gesamtheit der Akteure zurichten. Der angestrebte Wandel be-ruflicher Schulen zu regionalen Be-rufsbildungszentren kann m. E. nurüber den Aufbau von ‚bottom-up’-Strukturen gelingen, welche die Lehr-kräfte motivieren und befähigen, denWeiterentwicklungsprozess mit zu tra-gen und zu gestalten.

Nach STRITTMATTER (1999, S. 195) istdabei die Interdependenz der Motivedes ‚Müssens’, ‚Könnens’ und ‚Wol-lens’ zu berücksichtigen (vgl. Abb. 5).

Für die Pilotprojekte in den fünf ge-nannten Bundesländern, können fol-gende Motive identifiziert werden:Nach Auffassung der Kultusministe-rien/Bildungsbehörden müssen sichdie beruflichen Schulen neu positio-nieren, damit auch angesichts destechnologischen, wirtschaftlichen undsozialen Wandels die Qualität der Aus-bildung gewährleistet wird. Die beruf-lichen Schulen müssen eigenständigerwerden, damit innovatives, gestalten-des und flexibles Handeln möglichwird.

Die beruflichen Schulen können, aufGrund ihres fachlichen und pädagogi-schen Know-hows sowie der vorhan-denen Ressourcen, regionale Berufs-bildungszentren werden. Im Rahmender Pilotprojekte sollen darüber hinausHemmnisse und Barrieren identifiziert(und gelöst) werden, die dem Könnenentgegenstehen (z. B. im BereichKommunikation, Teamfähigkeit, Feed-back-Kultur).

Zumindest für die Mehrheit der Lehr-kräfte an den Pilotschulen gilt5: siewollen regionales Berufsbildungszen-trum werden und sie wollen die Ziele,das Leitbild und die Struktur des re-gionalen Berufsbildungszentrums ak-tiv mitgestalten.

Es zeichnet sich jedoch ab, dass meh-rere Faktoren das Zusammenspiel von‚Müssen-Können-Wollen’ behindern:knappe finanzielle und personelleRessourcen, damit einhergehend feh-lende Zeitreserven sowie fehlendeQualifizierungskonzepte für Schullei-tungen und Lehrkräfte. Die laufendenReformprojekte werden mit einem ge-ringen Budget bei nahezu gleich blei-benden personellen Ressourcen um-gesetzt. Für die geplante Strukturre-

form benötigt jede berufliche Schuleinsbesondere reservierte Zeitgefäßeum z. B. zukunftsweisende Entwick -lungsperspektiven zu diskutieren,neue Organisations- und Gremien-strukturen auszuhandeln, Ziele zu de-finieren, Kooperationsformen zu ent-wickeln oder weitere Kompetenzen zuerwerben. Damit die beruflichen Schu-len diese zusätzlichen ‚Reformaufga-ben’ auch bewältigen können, ist eineexterne, professionelle Begleitung undBeratung zwingend erforderlich.

Bislang entwickelt und erprobt jedesBundesland isoliert eigene Arbeits-schritte und -pakete in nahezu identi-schen Handlungsfeldern. Erstrebens-wert wäre eine Zusammenführung derErgebnisse und der Austausch von Er-fahrungen, um bei zentralen Hand-lungsfeldern wie Qualitätssicherung,Personalbudgetierung, Entwicklungvon Weiterbildungsangeboten ge-meinsame Lösungen zu erreichen.Darüber hinaus wäre die Entwicklungeiner länderübergreifenden Datenba-sis für die strukturelle Weiterentwick -lung beruflicher Schulen zu regionalenBerufsbildungszentren sinnvoll. Da-durch könnten gemeinsame Schluss-folgerungen für eine langfristige Eta-blierung regionaler Berufsbildungs-zentren getroffen und Maßnahmen fürentsprechend zu schaffende Rahmen-bedingungen abgeleitet werden. Eineländerübergreifende Kooperation soll-te über gemeinsame Fachtagungen,Arbeitsgruppen etc. institutionalisiertwerden und, neben der bildungspoliti-schen Ebene, auch die Ebene der Eva-luation umfassen.

Anmerkungen

1 Die Diskussion um ein verändertes Leit-bild und Profil berufsbildender Schulenist eng mit dem Begriff ‚Kompetenzzent -rum’ verknüpft. Da dieser Begriff jedochvielfältig benutzt wird von freien Bil-dungsträgern, Kammern, Unternehmenund Parteien hat sich inzwischen, ins-besondere in den norddeutschen Län-dern, die Formulierung ‚regionale Be-rufsbildungszentren’ etabliert. BeideBegriffe werden hier synonym verwen-det.

2 Hier vollzieht sich ein Wandel: gemässder Handreichung der Kultusminister-konferenz (KMK) werden alle neugeord-neten Rahmenlehrpläne nach Lernfel-dern strukturiert. Weitere Informationenunter www.kmk.org./.

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Forum/Rezension

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Günter Pätzold/Anne Busian/HinrichRiemann/Judith Wingels

Strukturen schaffen – Erfah-rungen ermöglichen. Adaptionvon Modellversuchsinnovatio-nen in der beruflichen Bildung

Bertelsmann-Verlag, Bielefeld 2002,330 Seiten, Euro 35,00, ISBN 3-7639-3013-2.

Im BLK-Programm „Neue Lernkon-zepte in der dualen Berufsausbildung“wurde ein Forschungsauftrag ausge-schrieben, mit dessen Hilfe ermitteltwerden sollte, welche Bedingungenzur Verstetigung von Modellversuchs-ergebnissen in beruflichen Schulenbeigetragen haben. Dabei sollte unter-sucht werden, ob neue Lernkonzepte,die im Versuchszeitraum entwickeltund implementiert wurden, auch nachBeendigung des Modellversuchs wei-ter praktiziert und transferiert wurdenoder warum dies (nicht) der Fall war.Die Ergebnisse dieser Untersuchungvon GÜNTER PÄTZOLD und seinen Mitar-beitern liegen nun vor.

Im ersten Teil des Buches werden zu-nächst die Ziele, die Konzeption und

das Forschungsdesign der Untersu-chung dargestellt. Die zentralen Be-griffe wie Verstetigung und Transferwerden ebenfalls vorab geklärt. Dabeikommen die Autoren zu dem Schluss,dass eine 1:1-Übertragung von Mo-dellversuchsinnovationen nicht mög-lich ist, sondern ein Prozess der Adap-tion stattfinden muss, indem andern-orts erarbeitete Ergebnisse für das ei-gene Praxisfeld nutzbar gemacht wer-den. Diese begriffliche Analyse wirdauch (später) durch die empirischenErgebnisse gestützt. Das Untersu-chungsdesign enthält einen Mix ausqualitativen und quantitativen Daten-erhebungen. Als Stichprobe wurden114 der insgesamt 244 seit 1971durchgeführten BLK-Modellversuchenin der beruflichen Bildung ausgewählt,die sich schwerpunktmäßig mit der Er-probung von neuen Lernkonzeptenbeschäftigten. Die Autoren führten beidiesen Modellversuchen Recherchenund Inhaltsanalysen anhand vorlie-gender Dokumentationen und Veröf-fentlichungen durch, mit dem Ziel, dieausgewählten Modellversuche in ihrenIntentionen, Maßnahmen und Ergeb-nissen inhaltlich zu analysieren, umförderliche und hemmende Transfer-

bedingungen aufzuspüren. Auf Basisder Sekundäranalysen wurden dieModellversuchsakteure schriftlich be-fragt. Schließlich wurden 10 verschie-denartige Modellversuche für vertie-fende Fallstudien ausgewählt und leit-fadengestütze Interviews in 8 Bundes-ländern an 17 Standorten mit 43 Per-sonen durchgeführt. Der zweite um-fassendste Teil beschreibt auf 230 Sei-ten sehr ausführlich 9 Modellversuche,die im Rahmen dieser Fallstudien ver-tiefend untersucht wurden. Für all die-jenigen, die an einer Modernisierungder beruflichen Bildung interessiertsind, enthält jede Fallstudie eine auf-schlussreiche Beschreibung, die denProzess der Einführung von Innovatio-nen in beruflichen Schulen und ihreWirksamkeit enthüllt.

Im dritten, etwa fünfzigseitigen Teildes Buches fassen die Autoren dieUntersuchungsergebnisse zusammenund geben einige richtungsweisendeEmpfehlungen für die Bildungspraxisund -politik. Die Untersuchung belegt,dass Modellversuchsinnovationensich nicht quasi von selbst verstetig-ten und transferieren. In den unter-suchten Modellversuchen wurden

3 Im Modellversuch ‚Qualitätsentwikklungan Berufsschulen (QUABS)’, der imRahmen des BLK-Programms ‚NeueLernkonzepte in der dualen Berufsaus-bildung’ gefördert wird, haben 8 berufli-che Schulen in drei Bundesländern dieUmsetzung von EFQM und DIN/EN/ISOerprobt. Nähere Informationen unterwww.quabs.de.

4 Als weiteres Beispiel ist FQS (Formati-ves Qualitätsevaluations-System) zunennen. Im Zentrum von FQS steht dieSelbstevaluation. Rechenschaftspflichtund externe Beurteilung sind in dasKonzept eingebunden. Nähere Informa-tionen z. B. unter www.qualitaet-in-schulen.de/vorstellung.

5 In jedem Bundesland war die Teilnahmean der Ausschreibung zum jeweiligenPilotprojekt an die mehrheitliche Zu-stimmung der Gesamtkonferenz ge-knüpft.

Literatur

ALTRICHTER, H./POSCH, P.: Wege zur Schul-qualität. Studien über den Aufbau vonqualitätssichernden und qualitätsentwik-

kelnden Systemen in berufsbildendenSchulen. Innovationen in der Berufsbil-dung, Innsbruck/Wien: Studienverlag,1999. S. 195-197.

Bund-Länder-Kommission für Bildungs-planung und Forschungsförderung(Hrsg.): Weiterentwicklung berufsbilden-der Schulen als Partner in regionalen Be-rufsbildungsnetzwerken. Materialien zurBildungsplanung und zur Forschungs-förderung, Heft 105, Bonn 2003.

DUBS, R.: Die Führung einer Schule. Lea-dership und Management. Stuttgart1994.

ENDER, B./STRITTMATTER, A.: Personalent-wicklung als Schulleitungsaufgabe.Innsbruck/Wien 2001.

LANDWEHR, N./STEINER, P.: Qualität durchEvaluation und Entwicklung. Konzepte,Verfahren und Instrumente zum Aufbaueines Qualitätsmanagements an Schu-len. Bern 2003.

MÜNCH, E.: Neue Führungsperspektiven inder Schulleitung. Kooperation zwischenSchulleiter und Stellvertreter. Neuwied1999.

NISBET, J.: Rapporteur’s Report. In: Councilof Europe (Ed.): The Evaluation of Edu-cational Programmes: Methods, Usesand Benefits. Amsterdam 1990.

STRITTMATTER, A.: Bedingungen für die Auf-nahme von Neuerungen an Schulen. Un-veröffentlichtes Manuskript. Sursee1998.

STRITTMATTER, A.: Qualitätsentwicklung undEvaluation. In: THONHAUSER, J./PATRY, J.-L. (Hrsg.): Evaluation im Bildungsbe-reich. Wissenschaft und Praxis im Dia-log. Innsbruck/Wien: 1999. S. 173-188.

THOM, N.: Personalführung als Schullei-tungsaufgabe. Ein Überblick. Referat zurFachtagung der Vereinigung Schullei-tungsbeauftragte Schweiz (VSL CH) am20. November 2002.

THOM, N./RITZ, A.: Innovation, Organisationund Personal. Merkmale einer effektivenSchulführung. In: THOM, N./RITZ, A./STEI-NER, R. (Hrsg.): Effektive Schulführung.Chancen und Risiken des Public Ma-nagements im Bildungswesen. Bern u. a.2002. S. 3-35.

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Rezension

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kaum gezielte Maßnahmen zur Verste-tigung ergriffen. Insgesamt sind hin-sichtlich der in den Modellversuchenentwickelten und erprobten Lernkon-zepte nur wenige Verstetigungseffekte(manchmal in andere Bildungsgänge)auszumachen. Wenn neu erprobteLernkonzepte flächendeckend (teil-weise landesweit) verbreitet wurden,dann gelang dies, wenn die Dissemi-nation mit der Curriculumentwicklungverknüpft wurde und die Vorgaben indie Lehrpläne aufgenommen wurden.Forderten KultusadministrationenTransfermaßnahmen ein und unter-stützten diese aktiv, zeigten sich auchentsprechende Effekte. Im Falle vonTransferbemühungen zeigte sichauch, dass die spezifischen Bedin-gungen der „Transfernehmer“ nichtberücksichtigt (oder nicht wahrge-nommen) wurden und erst als festge-stellt wurde, dass eine direkte Über-nahme der Konzepte und Materialiennicht funktionierte, man sich der gra-vierenden Unterschiede in den jeweili-gen Rahmenbedingungen bewusstwurde.

Als wesentliche Erfolgsfaktoren für dieModellversuchsdurchführung wurdendie freiwillige Mitwirkung, eine hoheintrinsische Motivation und die fachli-che Kompetenz der beteiligten Lehreridentifiziert. Die Analysen haben ge-zeigt, dass die Verstetigung und derTransfer besonders unterstützt wer-den, wenn Lehrer ihre Vorarbeiten indie Konzeption und Arbeit im Modell-versuch weiter fortsetzen konnten(bottom-up-Stratgie). In der Regelgeht die Verstetigung nur von der Initi-ative einzelner Personen aus und wur-de oft dadurch behindert, dass im Mo-dellversuch erfolgte schulorganisatori-sche Änderungen nach Projektab-schluss wieder rückgängig gemachtwerden (mussten). Weiterhin wurdefestgestellt, dass die Implementationneuer Lernkonzepte in einer Schulebesonders von der Akzeptanz im Kol-legium abhängig ist. In den Lehrerkol-legien fand sich in den Fallstudien inBezug auf die Akzeptanz durchge-hend eine Zweiteilung (oder gar Drei-

teilung) in „Befürworter“ (evtl. „Neutra-le“) und „Skeptiker“. Besonders fürden schulinternen Transfer ist es vordiesem Hintergrund ratsam, andereBildungsgänge frühzeitig in den Mo-dellversuch mit einzubinden und nichterst dann, wenn dieser abgeschlossenist. In den Modellversuchen hat sichdie Einstellung der Beteiligten (z. B.hinsichtlich Teamarbeit) oft durch dieModellversuchsarbeit verändert. Diebeteiligten Lehrer waren aufgeschlos-sener für neue Lernkonzepte, Unter-richtsmethoden und neue Formen derZusammenarbeit und setzten bei-spielsweise auch oft die entwickeltenUnterrichtsmaterialien oder -mediennach Ende der Modellversuchsarbeitweiter ein. Allerdings werden die Leh-rer nach dem Ende des Modellver-suchs in der Regel schnell wieder vomSchulalltag eingeholt, sodass (nachWegfall der Stundenermäßigung) dieWeiterführung bzw. Weiterentwicklungvon innovativen Lernkonzepten imnormalen Schulalltag nicht mehr gelei-stet werden konnte. Bei einer positi-ven Modellversuchserfahrung nehmendie Lehrer gerne an neuen Modellver-suchsvorhaben aktiv teil. Dadurch ent-wickelten sich in einigen Schulen inof-fizielle Innovationsgruppen im Kolle-gium, die als Verstetigungs- oderTransfer-Motoren wirken. Immer wie-der gefordert wurde ein gesondertesTransferbudget für Maßnahmen nachAbschluss der Modellversuchslaufzeit,da gerade dann Maßnahmen eingelei-tet werden sollten, die den Transferfördern (z. B. Entlastungsstunden fürMultiplikatorenaufgaben, Druck undVersand von Berichten, Deckung vonReisekosten für Fortbildungen).

Nach Meinung der Autoren sollte einErfolg versprechendes Transferkon-zept die Reflexion über verschiedeneRahmenbedingungen zwischen Trans-fergeber und Transfernehmer gezieltmit einplanen. Für eine Anpassung derModellversuchskonzepte an die Be-dingungen der Transfernehmer wärees daher wichtig, nicht ausschließlichErgebnisse, sondern auch die Prozes-se auf dem Weg zum Ergebnis zu do-

kumentieren. So kann es für Transfer-nehmer hilfreich sein, wenn auf Fehlerund Sackgassen ebenso wie auf mög-liche Lösungswege hingewiesen wird.Weiterhin sollten Modellversuchser-gebnisse systematisch (statt verein-zelt) in die landesweite Lehrerfortbil-dung einfließen und dies bedarf einerbesseren Kooperation zwischen denModellversuchen und den Lehrerfort-bildungsinstituten. In den untersuch-ten Modellversuchen waren einbundesländerübergreifender Transferund Kooperation nicht zu beobachten,da meist eine Koordinierungsstellefehlte, die Informationsmöglichkeitenüber Modellversuchsergebnisse bietetund Kommunikation unterstützt. Dies-bezüglich wird empfohlen, dass dieKultusbehörden und Landesinstituteeine aktivere Rolle einnehmen müs-sten, um den Transfer während undnach Beendigung der Modellversuchezu verbessern. Weiterhin wird empfoh-len, dass sowohl für die Versteti-gungs- und Transfermaßnahmen inden Modellversuchen als auch fürTransfernehmer eine Finanzierung ein-geplant werden sollte.

Die exemplarisch beschriebenen Er-gebnisse machen deutlich, dass dieDiskussion um den Nutzen und dieQualität von Modellversuchen fortzu-führen ist. Die hier vorgestellten Resul-tate haben eine hohe politische Bri-sanz im Hinblick auf die Wirksamkeitder Modellversuchsförderung sowieeine praktische Relevanz in Bezug aufdie Wirksamkeit und Verbreitung vonInnovationen in der Berufsbildungs-praxis. Darüber hinaus haben die Er-gebnisse des Forschungsauftragsauch eine wissenschaftliche Bedeu-tung als empirischer und theoretischerBeitrag zur Evaluations- und Innova-tionsforschung in der beruflichen Bil-dung. Dem Buch ist zu wünschen,dass es einen großen Leserkreis ausPraxis, Wissenschaft und Politik fin-det.

Waldemar Bauer

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Bericht

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Fachtagung mit überwältigen-der Resonanz:

„Neuordnung im BerufsfeldElektrotechnik-Informatik – eineHerausforderung für Betriebe,Schulen und Lehrerbildung“ am28. und 29 März 2003 bei Phoe-nix Contact in Blomberg

Die diesjährige Fachtagung derBundesArbeitsGemeinschaft für Be-rufsbildung in der Fachrichtung Elek-trotechnik-Informatik e. V. stand ganzim Zeichen der Neuordnung im Be-rufsfeld Elektrotechnik-Informatik.

Mit über 270 Teilnehmern fand der Ta-gungsschwerpunkt größten Anklang:Dieser Erfolg belegt sowohl das Inter-esse zum Austausch als auch ein drin-gendes Informationsbedürfnis derLehrkäfte in Schulen und Unterneh-men. Die große Teilnehmerzahl konntenur dank der professionellen Unter-stützung des Teams der Firma Phoe-nix Contact GmbH & Co KG unter derLeitung von Herrn HENGSBACH bewäl-tigt werden. Dennoch musste circa 50weiteren interessierten Kolleginnenund Kollegen eine Absage erteilt wer-den, da die Kapazitätsgrenzen bereitsüberschritten waren. Die angereistenTeilnehmer erlebten ein beeindrucken-des Tagungsumfeld bei Phoenix Con-tact, das wesentlich zum erfolgreichenVerlauf der Tagung beitrug.

Den inhaltlichen Auftakt stellte derVortrag von FELIX RAUNER „Die Berufs-bildung im Berufsfeld Elektrotechnik-Informatik vor grundlegenden Wei-chenstellungen?“, der in pointierterDarstellung die Neuordnungsproble-matik umriss und dabei vorsorglichvor halbherzigen Umsetzungen warn-te. Es folgte eine Vorstellung der viel-fältigen und beeindruckenden Bil-dungsaktivitäten der Firma PhoenixContact durch KLAUS HENGSBACH unddaran anschließend ein Diskussions-forum über die Leitideen, Strukturenund Ausbildungsvorgaben für die neu-en handwerklichen und industriellenElektroberufe.

Es war den Veranstaltern gelungen,alle maßgeblich Beteiligten am Neu-ordnungsverfahren für diese Exper-tenrunde zu gewinnen: Für die Sozial-partner die Herren BAUMEISTER (ZVEH),MÜLLER (ZVEI) und DREWES (IG Metall),für das BIBB die Herren BORCH und

WEISSMANN und für die KMK die HerrenBACHMANN und KATZENMEYER.

Als sehr erfreulich und produktiv fürdas Gesamtergebnis der Neuordnungwurde die frühzeitige Abstimmung undZusammenarbeit der Akteure hervor-gehoben. In den Reaktionen vieler Di-skussionsteilnehmer aus dem Publi-kum wurde aber auch eine unzurei-chende Einbeziehung der Fachöffent-lichkeit und der Betroffenen in Schulenund Betrieben erkennbar.

Um dieses Defizit auszugleichen, wur-den im Anschluss 5 parallele Works-hops zu den Berufsgruppen Geräte-berufe (BÄNSCH/ULBRICHT), Anlagenbe-rufe (BACHMANN/KATZENMEYER/PREUSS/SCHMID), Gebäudeberufe (RICHTER/RÖSS GER), Informationsberufe (HAHLHE-GE) und Antriebsberufe (PIERINGER)durchgeführt. Die oben genanntenMitglieder des KMK-Rahmenlehrplan-ausschusses stellten die Kernpunkteder Lehrpläne für die neuen hand-werklichen und industriellen Elektro-berufe vor und stellten sich der kriti-schen Diskussion. Die Zuordnung derneuen Berufe zu den Berufsgruppenzeigt die nachfolgende Übersicht.

Die sehr große Informationsmengedes ersten Tages erforderte einen kul-turellen Ausgleich: Dieser gelang miteiner sehr anregenden Abendveran-staltung im Hotel Stern in Bad Mein-berg.

Derart gut gerüstet wurden am 2. Tagdie Workshops fortgesetzt. Dabei wur-den exemplarische Überlegungen derLernfeldumsetzung in Lernsituationen,die den Ansprüchen der neuen Kom-petenzprofile genügen können, vorge-stellt und breit diskutiert.

Sowohl den Tagungsteilnehmern alsauch einer breiten Fachöffentlichkeitsoll eine aussagefähige Dokumenta-tion der zentralen Beiträge der Tagungund der Neuordnungsthematik insge-samt zur Verfügung gestellt werden.Daher wird die nächste Ausgabe vonlernen & lehren, Heft 71, die Neuord-nung im Berufsfeld Elektrotechnik-In-formatik, u. a. mit Beiträgen von derFachtagung, zum Schwerpunkt ha-ben.

Einige Referenten stellen darüber hin-aus Ihre Beiträge bereits vorab zurVerfügung.

Sie können diese Beiträge über die öf-fentlichen Seiten der BAG-Homepagewww.bag-elektrotechnik-informatik.deunter INFOS/NEWS downloaden.

Insgesamt hat sich die BAG-Homepa-ge im Rahmen der Vorbereitung derFachtagung als sehr wichtiges Infor-mationsforum bewährt. Sie soll nunals weiter gehende Kommunikations-plattform ausgebaut werden.

Abschließend noch ein Hinweis insbe-sondere auch für die Interessenten,die zur Tagung abgelehnt werdenmussten: die nächste Fachtagung derBAG für Berufsbildung in der Fach-richtung Elektrotechnik-Informatik e.V.findet im Rahmen der Hochschultagefür berufliche Bildung vom 10. bis 12.März 2004 in Darmstadt statt. Da diemit der Neuordnung gestellten Wei-chen nun auch befahren werden müs-sen, werden die neuen Berufe und de-ren Ausgestaltung auch dort wiede-rum einen breiten Raum einnehmen.

Klaus Dänhardt

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Autorenverzeichnis/Hinweis

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AutorenverzeichnisAdolph, Gottfried Prof. Dr., Schwerfelstr. 22, 51427Bergisch-Gladbach. E-mail: [email protected]

Bauer, Waldemar Dipl.-Gwl., M.A., Berufsschullehrer,Wissenschaftlicher Mitarbeiter am In-stitut Technik und Bildung, UniversitätBremen, Am Fallturm 1, 28359 Bre-men. E-Mail: [email protected].

Berben, Thomas Dipl.-Ing., Berufsschullehrer, Wissen-schaftlicher Mitarbeiter an der TU-Hamburg-Harburg; TU-Hamburg-Har-burg, AB 1-12, Prozesstechnik undBerufliche Bildung, 21071 Hamburg.E-mail: [email protected].

Biber, Jörg Dr. paed. , Mitarbeiter an der TUDresden, Institut für Berufliche Fach-richtungen, 01062 Dresden.E-mail: [email protected].

Dänhardt, KlausDr., Schulleiter, Andreas-Gordon-Schule, Weidengasse 8, 99084 Erfurt.E-mail: [email protected]

Gutberlet, Claudia

Dipl. Berufspädagogin, Berufsschul-lehrerin, Berufsschulzentrum Dippol-diswalde, Weißeritzstraße 11, 01744Dippoldiswalde. E-mail:[email protected].

Kleiner, Michael

Dipl.-Ing., Dipl.-Berufspäd. , Wissen-schaftlicher Mitarbeiter am InstitutTechnik & Bildung, Universität Bre-men, Am Fallturm 1, 28359 Bremen.E-mail: [email protected].

Kurz, Sabine

Dipl. Erziehungswissenschaftlerin,Wissenschaftliche Mitarbeiterin amInstitut Technik und Bildung, Univer-sität Bremen, Am Fallturm 1, 28359Bremen.E-mail: [email protected].

Przygodda, Karin

Berufsschullehrerin, Wissenschaftli-che Mitarbeiterin am Institut Technikund Bildung, Universität Bremen, Am

Fallturm 1, 28359 Bremen.E-Mail: [email protected].

Romer, Claudia Staatsinstitut für Schulpädagogik undBildungsforschung, Abteilung Berufli-che Schulen, München.E-mail: [email protected].

Spöttl, GeorgProf. Dr., Berufliche FachrichtungMetalltechnik, BerufsbildungsinstitutArbeit und Technik – biat, UniversitätFlensburg, Munketoft 3, 24937 Flens-burg.E-mail: [email protected],de.

Stuber, FranzProf. Dr., Professur für Technikwis-senschaft an der FachhochschuleMünster, Leonardo-Campus 7, 48149Münster.E-mail: [email protected].

Tröller, Horst OStR, Herwig-Blankertz-Schule,Liemeckestraße 4, 34466 Wolfhagen.E-Mail: [email protected].

Abschlusstagung des Programmträgers

zum BLK-Programm „Neue Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“

am 22. und 23. September 2003 an der Universität Bremen

Das Programm „Neue Lernkonzepte in der dualen Berufsausbildung“ ist ein Modellversuchsprogramm der Bund-Länder-Kommission für Forschungsförderung und Bildungsplanung (BLK) im Bereich der beruflichen Bildung. Es umfasst 21 Mo-dellversuche und 4 Forschungsaufträge und endet im September 2003 nach fünf Jahren Laufzeit. In diesem Rahmen wer-den in ca. 100 beruflichen Schulen in 14 Bundesländern mit unterschiedlichen Akzentuierungen neue Lernkonzepte ent-wickelt, erprobt und implementiert.

An den zwei Tagen werden in Vorträgen und sechs Workshops die wesentlichen Ergebnisse des Programms präsentiertund diskutiert. Für die parallel laufenden Workshops sind folgende Themenschwerpunkte geplant: Daneben werden sichdie Modellversuche in einem Forum vorstellen.

– Workshop 1: Curriculumentwicklung

– Workshop 2: Schulentwicklung

– Workshop 3: Lehrerrolle und Lehrerbildung

– Workshop 4: Ausgestaltung von Lernfeldern

– Workshop 5: Multimediales Lernen

– Workshop 6: Kundenorientierung in der Berufsausbildung

Weitere Informationen im Sekretariat des BLK-Programmträgers:

Dirk Stieglitz, Tel. 0421/218-4645, Email: [email protected]

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Hinweise

Ständiger Hinweis

Bundesarbeitsgemeinschaft Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik

Alle Mitglieder der BAG Elektrotechnik-Informatik und der BAG Metalltechnik müssen eine Einzugsermächtigung ertei-len oder zum Beginn eines jeden Kalenderjahres den Jahresbeitrag (zur Zeit 27,- EUR eingeschlossen alle Kosten fürden verbilligten Bezug der Zeitschrift lernen & lehren) überweisen. Austritte aus der BAG Elektrotechnik-Informatik bzw.der BAG Metalltechnik sind nur zum Ende eines Kalenderjahres möglich und müssen drei Monate zuvor schriftlich mit-geteilt werden.

Die Anschrift der Geschäftsstelle der Bundes arbeits -gemeinschaft Elektrotechnik-Informatik lautet:

BAG Elektrotechnik-Informatik

Geschäftsstelle, z. H. Herrn A. Willi Petersen

c/o biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik

Munketoft 3

24937 Flensburg

Tel.: 04123 / 959 727

Fax: 04123 / 959 728

Konto-Nr. 7224025,

Kreissparkasse Pinneberg (BLZ 221 514 10).

Die Anschrift der Geschäftsstelle der Bundesarbeits -gemeinschaft Metalltechnik lautet:

BAG Metalltechnik

Geschäftsstelle, z. H. Herrn Michael Sander

c/o Forschungsgruppe Praxisnahe Berufsbildung (FPB)

Wilhelm-Herbst-Str. 7

28359 Bremen

Tel.: 0421 / 218 4924

Fax: 0421 / 218 4624

Konto-Nr. 10045201,

Kreissparkasse Verden (BLZ 291 526 70).

Beitrittserklärung

Ich bitte um Aufnahme in die Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung

Elektrotechnik-Informatik e. V. bzw. Metalltechnik e. V.

Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt z. Z. 27,- EUR. Auszubildende, Referendare und Studenten zahlen z. Z. 15,- EURgegen Vorlage eines jährliches Nachweises über ihren gegenwärtigen Status. Der Mitgliedsbeitrag wird grundsätzlichper Bankeinzug abgerufen. Mit der Aufnahme in die BAG beziehe ich kostenlos die Zeitschrift lernen & lehren.

Name: .....................................................................................Vorname: .........................................................................

Anschrift: ..........................................................................................................................................................................

E-mail: ..............................................................................................................................................................................

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Ermächtigung zum Einzug des Beitrages mittels Lastschrift:

Kreditinstitut: ..........................................................................................................................................

Bankleitzahl: .....................................Girokonto-Nr.: ..............................................................................

Weist mein Konto die erforderliche Deckung nicht auf, besteht für das kontoführende Kreditinstitut keine Verpflichtung zur Einlösung.

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Garantie: Diese Beitrittserklärung kann innerhalb von 10 Tagen schriftlich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fach-richtung Elektrotechnik-Informatik e. V. bzw. der Fachrichtung Metalltechnik e. V. widerrufen werden. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügtdie Absendung innerhalb dieser 10 Tage (Poststempel). Die Kenntnisnahme dieses Hinweises bestätige ich durch meine Unterschrift.

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Bitte absenden an:BAG Elektrotechnik-Informatik e. V., Geschäftsstelle:biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik, z. H. HerrnA. Willi Petersen, Auf dem Campus 1, 24943 Flensburg.

BAG Metalltechnik e. V., Geschäftsstelle:Forschungs gruppe Praxisnahe Berufsbildung (FPB), z. H.Herrn Michael Sander, Wilhelm-Herbst-Str. 7, 28359 Bremen.

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lernen & lehren

Eine Zeitschrift für alle, die in

Betrieblicher Ausbildung,Berufsbildender Schule,

Hochschule und Erwachsenenbildung sowieVerwaltung und Gewerkschaften

im Berufsfeld Elektrotechnik-Informatik/Metalltechnik tätig sind.

Inhalte:

- Ausbildung und Unterricht an konkreten Beispielen- Technische, soziale und bildungspolitische Fragen beruflicher Bildung

- Besprechung aktueller Literatur- Innovationen in Technik-Ausbildung und Technik-Unterricht

lernen & lehren erscheint vierteljährlich, Bezugspreis EUR 25,56 (4 Hefte) zuzüglich EUR 5,12 Versandkosten (Ein-zelheft EUR 7,68).

Von den Abonnenten der Zeitschrift lernen & lehren haben sich allein über 600 in der Bundesarbeitsgemeinschaft fürBerufsbildung in der Fachrichtung Elektrotechnik-Informatik e. V. sowie in der Bundesarbeitsgemeinschaft für Be-rufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V. zusammengeschlossen. Auch Sie können Mitglied in einer derBundesarbeitsgemeinschaften werden. Sie erhalten dann lernen & lehren zum ermäßigten Bezugspreis. Mit der bei-gefügten Beitrittserklärung können Sie lernen & lehren bestellen und Mitglied in einer der Bundesarbeitsgemein-schaften werden.

Folgende Hefte sind noch erhältlich:

57: Die Inbetriebnahme

58: Lernfelder in technisch-ge-werblichen Ausbildungsberufen

59: Auf dem Weg zu dem Berufs-feld Elektrotechnik/Informatik

60: Qualifizierung in der Recycling-und Entsorgungsbranche

61: Lernfelder und Ausbildungsre-form

62: Arbeitsprozesswissen – Lern-felder – Fachdidaktik

63: Rapid Prototyping

64: Arbeitsprozesse und Lernfelder

65: Kfz-Service und Neuordnungder Kfz-Berufe

66: Dienstleistung und Kunden-orientierung

67: Berufsbildung im Elektrohand-werk

68: Berufsbildung für den informa-tisierten Arbeitsprozess

69: Virtuelles Projektmanagement

Bezug über:Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft GmbHPostfach 1559, 38285 WolfenbüttelTelefon (05331) 80 08 40, Fax (05331) 80 08 58

Von Heft 16: „Neuordnung im Handwerk“ bis Heft 56: „Gestaltungsorientierung“ ist noch eine Vielzahl von Heften erhältlich. Informationen über: Donat Verlag, Borgfelder Heerstraße 29, 28357 Bremen, Telefon (0421) 27 48 86, Fax (0421) 27 51 06