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Die Praxis der Herrscherverehrung

in Rom und seinen Provinzen

herausgegeben von

Hubert ancik

und Konrad Hitzl

M o h r Sieb eck

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HUBERT CANOK,  geboren 1937; Studium der Klassischen Philologie^ Orien^mik und

Theologe in Berlin, Münster, Manchester und Tübingen; 1965 Prom otion; 1970 H abilita

tion;

 Professor für Klassische Philologie in Tübingen.

KDNRAD HITZL,

  geboren 1953; Studium der Klassischen Archäologie, Alten Geschichte

und Ä gyptologie in Mainz und Heidelberg; 1982 Promotion in Klassischer Archäologie;

1993 Habilitation; zur Zeit Privatdozent an der Universität Tübingen.

ISBN 3-16-147895-9

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio

graphie; detaillierte bibliographische Daten  sind  im Internet über

  http://dnb ddb de 

abrufbar.

©2003 J.

 C.B.Mohr

  Paul Siebeck) Tübingen.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt Jede Verwertung

außerhalb

 der

  engen

 Grenzen

 des

  Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung

 des

  Verlags

unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,

Mikroverfilmungen und die Emspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Syste

men.

Das Buch wurde vo n swiss edit Dr. Wolfram Schneider-Lastin in Zürich gesetzt, von

Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges- Werkdruckpapier gedruckt und von

der  Buchbinderei Held in Rotcenburg gebunden.

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Vorwort

1.

  Der

 Band,

 der

  hier vorgelegt wird, dokumentiert

  die

  Ergebnisse einer

Tagung über

 die

 »Praxis der Herrscherverehxung

  in

 Rom und seinen Pro

vinzen«,

  die im

  April 2002

  im

  Rahmen

  des

  Schwerpunktprogramms

»Römische Reichs-

  und

 Provinzialreligion«

  der

  Deutschen Forschungs

gemeinschaft stattfand.

1

Die Begriffe >Herrscherverehrung, Reichs-

  und

 Provinzialreligion<

  er

wiesen sich,

  wie zu

  erwarten

 war, als

  mehrdeutig.

  Die

 Anw endung

  des

Begriffs >Priester< oder gar >Mitder<

 auf

 die römische Religion

 ist

 natürlich

immer umstritten

  und

 höchst problematisch. N ic ht jeder Herrscher, dar

über immerhin bestand Einvernehmen,

  ist

  Kaiser, nicht jede Form

 von

Pietät, Verehrung, Loyalität

  ist

 religiöser Ku lt

  im

 strikten Sinne.

 Die

 Ver

ehrung des lebende n ist vo n der des verstorbenen und konsekrierten »ver-

göttlichten«) Herrschers,

  die

  Gebete

  und

 Opfer

  für  pro) das

 Wohl

 des

Kaisers

 und

  seines Hauses sind

 von

  Anbetung, Anrufung, Beopferung

 des

Herrschers oder seines Bildes

  zu

  scheiden.

  Die

  Herrscherverehrung

  ist

reichsweit verbreitet,

  de

  facto

  und im

 Bewußtsein

  der

 Bevölkerung:

  in

sofern eine >Reichsreligion<.

 Sie ist ein

 Indiz

 für die

 relative religiöse

 Ho

mogenität

  des

 Imperium,

  ist

 aber,

  wie

  alle antiken Religionen, nach

 Art

und Intensität Sprache, Häufigkeit, D ichte , >Substrate<

  und

  Kontexte)

lokal

 und

 regional verschieden

  - nur so

 kann

  sie ja in die

 örtlichen Reli

gionssysteme eingelagert werden.

2.

  Die

  Praxis

  der

 Herrscherverehrung

  ist das

 Them a, also Ha ndlungen,

Rituale, Liturgie, O rganisation. W as wurd e wirklich gemacht, wo ,

 wie oft,

von wem,

  aus

 we lche n Anlässen? Welche Bindung, E motionalität, Lo ya

lität erzeugte

  die

  religiöse Praxis? Welche Bedeutung

 hat die

 praktizierte

1

 Zu

  diesem Forschungsschwerpunkt

  vgl.

  HUBERT

  CAN CIK/ JÖRG RÜ?KE

Hrsg.), Römische Reichs-  und  ProvinzialreHgion, Tübingen  1997;

 WOLFGANG

SPICKERMANN  in Verbindung mit H.  CANCIK  und J. ROTKE)  Hrsg.)» Religion in

den germanischen Provinzen Roms, Tübingen 2001;

  NICOLE BELAYCHE,

  Iudaea-

Palaestina.

  The

  Pagan Cults

  in

  Ro m an Palestine Second

  to

  Fourth Century),

Tübingen 200 t Religion der römischen Provinzen, Bd . 1); W .

 SPICKERMANN,

 Ger-

maniae

 I,

 Tübingen 2003 Religion

  der

 römischen Provin zen, Bd . 2).

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Vorwort

VII

ben, weil er (Augustus) Kult für sich wollte mit Tempeln und mit der

Gestalt von Göttern durch Flamines und Priester«.

Der römische Kaiserkult hängt sich in die bestehenden Götterkulte ein,

verknüpft sich im griechischen Osten mit der hellenistischen Herrscher

verehrung. Aus dieser Tradition heraus gilt die Bereitschaft zur Verehrung

im Osten, anders als in der Zentrale oder im Westen, in erster Linie dem

lebenden Herrscher. Die Bezeichnung des Kaisers zu seinen Lebzeiten als

G o t t

  tbeds)

  bereitet keine mentalen Probleme. Dennoch gibt es kein spe

zifisches Ritual, Fest, Kerygma des Kaiserkultes, keine besonderen Kult

anlagen, wie andere Religionen sie sich erdachten. Insofern also nicht

»neue« Religion. Aber der Kaiserkult ist kein Heroenkult - nie erscheinen

die

  Divi

  als Nothelfer in einer Schlacht; kein  genr.ilizischer Ahnenkult,

kein chthonischer, aber auch kein str ikt olympischer Götcerkult: denn die

Kaiser blieben »gemachte« Götter; sie sind nicht von Ewigkeit her. Von

den neuen , sogenan nten graeco- orientalischen Religionen unterscheidet

sich der Kaiserkult durch das Fehlen eines eigenen Kerygma und Dogma.

Die vergöttlichten Kaiser sind

 Divi^

  aber sie geben kein Orakel, begründen

keine Mysterien; man richtet keine Bitten an sie um gute Seefahrt, Ernte,

Nachwuchs. Insofern eine neue, eine dezidiert politische Religion.

4.'

  Unser Verständnis der antiken Herrscherverehrung wird belastet und

stimuliert durch zeitgenössische Erfahrungen und die eigene religiöse So

zialisation. Die Ablehnung jeglichen Bilderdienstes im Judentum schließt

Herrscherkult im klassischen Sinne aus. Die Verweigerung des »Kaiserop

fers« in so vielen christlichen Martyrologien hat allerdings eine spezifisch

christl iche Kaiserverehrung nicht verhindert . Zwar werden heute, nach

dem kläglichen Ende des ersten und zweiten deutschen Kaiserreiches, we

nige nur »die hohe Wonne ganz« in der einstigen Königs-, dann Kaiser

hymne erfühlen:

7

Heil dir im Siegerkranz

. Herrscher des Vaterlands

Heil König/Kaiser Dir

Füh l' in des Thrones Glanz

die hohe Wonne ganz:

Liebling des Volks zu sein

Heil Herrscher Dir

7

 Text:  BALTHASAR GERHARD SCHU(H)MACHER  (geb.

 1755;

 publiziert in Spener-

sche Zeitung 1793); zitiert nach:

  AJDOLF SCHOTTMÜLLER,

  Preußens Ehrenspiegel.

Eine Sammlung vaterländischer Gedichte,

  2

1863,

 S.

 277.

 Melodie wie: »God save

the King/Queen«.

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VIII

Vorwort

Doch der Führer- und Personenkult von einst, der junge Kult um eine

verunglückte Prinzessin, die Feiern zum 300. Gründungstag des preußi

schen Königtums (2001) lehren, daß für undurchschaubare, abstrakte,

komplexe ökonomische und politische Strukturen und Probleme immer

wieder einfache Namen und Lösungen gesucht werden, besonders gern in

vertrauten Leit- und Referenzfiguren, Vater- und Muttergestalten, familia-

len Konstellationen. Der hier vorgelegte Band soll auch zur Beantwortung

der Frage beitragen, wo die Grenzen zwischen Politik und Religion zu

ziehen sind, wie die Fetischisierung von Staatszielen, die Personalisierung

von Politik beschränkt werden kann.

5.

  Die insgesamt dreizehn Beiträge können nicht alle Bereiche der Kai

serkultpraxis abdecken, sondern konzentrieren sich auf Schwerpunkte.

»Die Herrscherverehrung als reichsweite Religion« steht im Mittelpunkt

der Untersuchungen von Angelos Chaniotis, Hubert Cancik, Peter Herz,

Matthias Peppel und K onrad HitzL »Die Stadt Rom« w ird in den Artikeln

von Jörg Rüpke, Ruth Stepper und Babett Edelmann fokussiert. »Regio

nale Studien« bilden das Arbeitsfeld von Kaja Harter-Uibopuu, Heike

Kunz und Jürgen Süß. »Christentum und Spätantike« werden durch die

Aufsätze von Christoph Auffarth und Pedro Barcelo einbezogen

6. Wir danken den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem For

schungsschwerpunkt, und besonders den Gästen aus Heidelberg und

Wien, für kontroverse, kooperative, kreative Arbeit, Die Deutsche For

schungsgemeinschaft hat diese Fachtagung im Rahmen des Projektes »Rö

mische Reichs- und Provinzialreligion« gefördert Die Gastgeber im Ta

gungshaus der Universität Tübingen (Heinrich-Fabri-Institut, Blaub euren,

Alb) hab'en uns kompetent und freundlich betreut. Die Herren Matthias

Osthof und Dr. Wolfram Schneider-Lastin haben Disketten und M anu

skripte mit mehr Geduld und Mühe bearbeitet, als anfänglich benötigt zu

werden schienen Der Verlag Mohr Siebeck hat den Band bereitwillig in

sein religionswissenschaftliches Programm aufgenommen. Ihnen allen gilt

unser Dank.

Tübingen und Lustnau im Oktober 2002

Hubert Cancik Konrad Hitzl

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Inhaltsverzeichnis

Vorw ort . . * V

Die Herrscherverehrung als reichsweite Religion

A N G E L O S C H A N I O T I S

Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches im Kontext

der zeitgenössischen Ritualpraxis 3

HU BER T C A N C IK

De r Ka iser-Eid Zur Praxis der röm ischen Herrscherverehrung 29

P E T E R H E R 2

N e u e Forschungen zum Festkalender der röm ischen Kaiserzeit 47

MATTHIAS PEPPEL

G ott oder M ensch? Kaiserverehrung und Herrschaftskontrolle 69

K O N R A D H I T Z L

Kultstätten und Praxis des Kaiserkults anhand vo n Fallbeispielen 97

Die Stadt Rom

JÖRG RÜPKE

Kaiserliche Religionspolitik und priesterliche Rekrutierungs

mechanismen. Überlegungen zur Elitenformation am Beispiel

der Sodalitäten des Herrscherkultes in An toninianischer Zeit . 131

RUTH STEPPER

Der Kaiser als Priester: Schwerpunkte und Reichweite seines

oberpontifikalen Hande lns 157

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Inhaltsverzeichnis

BABETT EDELMANN

Arvalbrüder und Kaiserkult. Zur Topographie des römischen

Kaiserkultes . 189

Regionale Studien

K A J A H A R T E R - U I B O P U U

Kaiserkult und Kais erver ehrung in den Koina

des griechischen Mutterlandes 209

H EIK E K UNZ

Kais erver ehrung und Kaiserkult in der Prov inz Sicilia.

Traditionen - Form en - Org anisation 233

JÜRGEN SÜSS

Kaiserkult und Urbanistik Kultbezirke für römische Kaiser

in kleinasiatischen Städten 249

Christentum und Spätantike

CHRISTOPH AUEFARTH

Herrscherku lt und Christuskult . 283

PEDRO BARCELÖ

Beobachtungen zur Verehrung des christlichen Kaisers

in der Spätantike 319

Register 341

Topographisches Reg ister 341

Personen- und Götternamen 346

Begriffs- und Sachregister 353

Adressenliste der M itarbeiterinnen und Mitarbeiter 361

Kurzbiographien der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 365

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  ie H errsc he rve reh run g als reichsweite Religion

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Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches

im Kontext der zeitgenössischen Ritualpraxis

von

ANGELOS CHANIOTIS

1.

  Ritualtransfer und Rekursivität von Ritualen im Kaiserkult

Kurz vor der Mitte des

 2.

 Jahrhunderts n. Chr. kam ein gewisser Alexan-

dros in seine Heimatstadt zurück, das kleine und völlig bedeutungslose

Städtchen der südlichen Schwarzmeerküste Abonouteichos. Mit Hilfe ei

nes Orakelspruches überzeugte er seine Mitbürger, einen Tempel zu er

richten, in dessen Baugrube Glykon, der neue Asklepios, in Gestalt einer

Schlange in Erscheinung treten sollte. Das neue Heiligtum wurde Sitz

eines Orakels, einer Heilstätte und eines Mysterienkultes. Alexander bot

somit in einem Paket, was die Gläubigen bislang oft in mehreren Heilig

tümern suchen mußten. Eine ganze Reihe von Elementen im Kult des

Glykon sind eindeutig als Übernahmen aus anderen zeitgenössischen Kul

ten zu erkennen: Die Art der Befragung des Schlangengottes erinnert an

die Orakelbefragung Apollons in Korope, des Amphilochos in Mällos und

eines Kultes in Thyatteira; die Bezeichnungen für das Kultpersonal   ex-

egetes, keryx, theologos, hypophetes

 usw.) entsprechen genau jenen anderer

Heiligtümer, vor allem von Mysterienkulten; auch das Singen von Hym

nen spielte wie in vielen anderen Kultzentren eine zentrale Rolle; und die

Mysterien des Glykon, mit Hierophanten und D adouchos, mit dem Ritual

der Prorrhesis, der Ausweisung der Gegner des Kultes, und dem Dro-

menon - einem sakralen Schauspiel, in dem eine heilige Hochzeit und die

Geburt eines göttlichen Kindes dargestellt wurden, erweist sich als ein

plumpes Abbild der eleusinischen Mysterien. Die Kultgründung Alexan

ders des falschen Propheten stellt, zumindest in der Form, in der Lukian

Alexander oder der falsche Prophet sie beschreibt, ein Paradebeispiel für

zwei zentrale Aspekte der Entwicklung von Ritualen dar: für den Ritual-

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Angelos Chaniotis

transfer und für die Rekursivität von Ritualen.

1

  Der Begriff des Ritual

transfers bezeichnet die Übertragung alttradierter Rituale in einen neuen

kultischen, ideologisch en, sozialen un d z. T. räumlichen Ko ntext - in die

sem Fall werden z. B. rituelle Praktiken des eleusinischen Kultes aus ihrem

Kontext gerissen und an einen anderen Ort, aber auch in einen anderen

kultischen Kontext verlagert. Die Rekursivität von Ritualen bezeichnet die

selektive Übernahme einzelner Handlungen, Handlungssequenzen oder

Äußerlichkeiten (z. B. Kleider, Bilder usw,)

7

 die eigentlich in anderen, z. T-

ganz andersartigen Kulten ihren Platz haben, durch einen neu gegründeten

oder neu gestalteten Kult. Der Gründer oder Neugestalter des Kultes er

findet in der Regel keine neuen Rituale, sondern rekurriert auf bereits

vorhandene Rituale und verbindet sie in ein neues Ganzes. Und dieses

neue Ganze verdankt seine Besonderheit nicht der Eigenart jedes einzel

nen Rituals, sondern der eigenartigen Kombination. Alexanders Unter

nehmen war lange Zeit erfolgreich. Zu diesem Erfolg verhalf ihm die Tat

sache, daß einzelne Elemente seines Kultes den Kultteilnehmern vertraut

waren, zum Teil aber auch die Tatsache, daß die geschickte und einzigar

tige Verbindung heterogener Elemente seinem Kult ein besonderes Profil

gab und ihn - bei allen Ähnlichkeiten - von allen anderen zeitgenössischen

Kulten unterschied.

Die Begriffe von Ritualtransfer und Rekursivität von Ritualen sind bis

zu einem gewissen Grade dafür geeignet, auch die Gestaltung, Aufnahme,

Rezeption und Praktizierung des Kaiserkultes in den östlichen Provinzen

des Reiches, mit denen ich mich hier ausschließlich befassen werde, zu

verstehen. Die Betonung liegt aber auf dem Zusatz »bis zu einem gewissen

Grad«. Denn die Beschäftigung mit dem Transfer und der Rekursivität

von Ritualen ist gezwungenermaßen eine einseitige Beschäftigung mit der

Rolle von Akteuren, mit der Rolle jener Männer (wir müssen davon aus

gehen, daß es sich in der Regel um Männer handelt), die aktiv die Initiative

für die Gestaltung des Kaiserkultes ergriffen; sie kann nur eine Beschäf

tigung mit Ritaalexperten sein, mit Mitgliedern der Elite einer Stadt oder

einer Provinz - denn auch dies muß man stillschweigend voraussetzen,

daß nämlich die Rituale als standardisierte und demnach normierte und

inszenierte Handlungssequenzen das Produkt der Tätigkeit von Personen

sind, die Nonnen einführen und vermitteln,

2

  Der Kaiserkult hatte aber

1

 Unter den wichtigsten Arbeiten der letzten Zeit zu Alexander voii Abouno-

teichos sind zu nennen:

  MIRON   1996;  SFAMENI GASPAÄRO

 1996 und

 1999;  VICTOR

1997. Zum Ritualtransfer und zur Rekursivität von Ritualen im Kult des Glykon

s. CHANIOTIS

 2002a

2

 Hierzu s.

 CHANIOTIS

 2002b und 2003a.

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Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches 5

nicht nur seine Akteure und Regisseure, sondern auch seine Zuschauer

und Rezeptoren; um ihn als ein Phänomen der zeitgenössischen Ritual

praxis richtig zu verstehen, muß man auch die Rezeptoren des Kaiserkul

tes berücksichtigen. Dies ist außerordentlich schwierig, Wir haben zwar

normative Texte (Regelungen des Kultes), uns fehlen aber performative

Ritualtexte (Hymnen und Gebete) und vor allem deskriptive Texte (Be

schreibungen des Vollzugs von Ritualen, wie etwa Kallixenos' Beschrei

bung der Pompe der Ptolemaia in Alexandrien). Wir kennen einige Nor

men des Kaiserkultes, aber über ihre Durchführung und ihre Wahrneh

mung lassen uns die Quellen im Stich, Erst über Umwege können wir

diese Aspe kte - und dann nur unzureichend - studieren. W ir können z. B.

nach Hinweisen auf Spannungen, auf ein mangelndes Interesse an oder

sogar auf Ablehnung der Rituale des Kaiserkultes suchen, die Strafan

drohungen bei nicht Vollzug der Rituale, wie im Falle des   hi ros nomos

von Gytheion (SEG XI 923 Z. 30-32, 40-41) sind wohl als Hinweise auf

solche Spannungen zu deuten. Ich folge einem anderen Umweg: Ich

möchte die Rituale des Kaiserkultes vor dem Hintergrund der kaiserzeit

lichen Ritualpraxis bei der Götterverehrung untersuchen, um so Konver

genzen und Unterschiede festzustellen, die vielleicht Einblicke in die Stel

lung des Kaiserkultes im religiösen Leben im Osten des Reiches geben.

Regionale Untersuchungen des Kaiserkultes sind gewiß nützlich; ihre mi

kroskopische und möglichst kontextnahe Analyse von Phänomenen ist

eine unabdingbare Voraussetzung für die Rekonstruktion des großen Bil

des;

  aber auch dieses große Bild muß man von einer gewissen Distanz

betrachten, um es überhaupt vollständig wahrn ehm en zu kön nen. Ich wer

de hier versuchen, die Konvergenzen zwischen den rituellen und zere

moniellen Praktiken des Kaiserkultes im östlichen Teil des Römischen

Reiches und den zeitgenössischen Ritualen der Götterverehrung an we

nigen ausgewählten Beispielen aufzuzeigen, dabei werde ich aber stets

auch auf die methodischen Probleme unserer Beschäftigung mit den Quel

len hinweisen - vor allem mit epigraphischen Quellen.

Die rituellen und zeremoniellen Praktiken des Kaiserkultes weisen be

kanntlich viele Gemeinsamkeiten zum hellenistischen~Herrscherkult

  auf

3

Wie der Herrscherkult so besteht auch der Kult des Kaisers aus einem

Triptychon von Handlungen: der Prozession, dem Opfer und dem Wett-

3

 S

z. B.

 PRICE

 1984a, 23f.; Price

 (ebenda,

 88-91 unterstreicht zu Recht auch die

Übernahme römischer Praktiken; für die römischen Rituale s.

 CLAUSS

  1999. Die

Bibliographie zum hellenistischen Herrscherkult ist sehr umfangreich. Zu den Ri

tualen

 s

ecwa

 HABICHT

 1970,139-144,147-153;

  LANCIEKS  1993;  THOMPSON

 2000;

CHANIOTIS

 2003b

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6

Angelos Chaniotis

kämpf.  Dieses Triptychon macht ein Fest aus; der Ausdruck  pompe kai

thysia kai agon  ist gewissermaßen ein Synonym des Wortes  heorte.  Alle

Untersuchungen des hellenist ischen Herrscherkultes betonen die Tatsa

che,

  daß der hellenistische Herrscherkult eine starke Parallelität zur kul

tischen Verehrung der Götter aufweist,

4

  und so überrascht es auch nicht ,

wenn sich der Kaiserkult in seiner äußeren Form und im Vokabular der

Verehrung vom Kult der Götter nur wenig unterscheidet . Dies läßt sich in

zahllosen Einzelheiten feststellen, und es war sicher beabsichtigt. In einer

Kultregelung aus Mytilene wird z. B. die lex sacra über den Kult des Zeus

{Diakos nomos)

  ausdrücklich als das Vorbild genannt, dem die Rituale der

Geburtstagsfeier für Augustus folgen sollte.

5

  Ich werde mich im folgenden

etwas ausführlicher mit solchen Einzelheiten befassen, weil sie für Trans

fer und Rekursivität von Ritualen im Kaiserkult von zentraler Bedeutung

sind.

2.  D ie Insz enie run g u n d d ie Ri tua le des Kaiser fes tes

2.1.

  Geburtstag

Fangen wir mit dem Anlaß für das Feiern des Festes für den Kaiser an. In

der Regel handelt es sich um den Geburtstag des Kaisers.

6

  Ebenso wurden

wichtige Götterfeste am G ebu rtstag vo n G ötte rn gefeiert, z. B. die Th ar-

gelia am G ebu rtstag A po llon s (7. Tha rgelion), die Panathen aia am G e

burtstag Athena s (28, H eka tom baio n), das Fest der Artem is in Eph esos am

Ge burtstag der G ött in (6. Tha rgelion).

7

  Diese Praxis stellt man auch bei

den meisten Festen für hellenistische Herrscher

8

  sowie bei den Feiern

eponymoi bemerai)

  für andere Sterbliche fest.

9

  Diese Praxis war so weit

verbreitet, daß ich mich hier auf wenige Belege beschränken kann. Der

Geburts tag des Augustus in Athen wurde nach dem Vorbi ld der Geburts

tagsfeier für Apollon gestaltet.

10

  Eine Inschrift aus Lyttos auf Kreta be

richtet von der Weihung einer Statue an Trajan; dies wurde mit Geld fi-

4

  S. z. B.  HABICHT  1970,

  195 200.

5

 IG RIV 39 A Z. 7-4: Agon; A Z. 19-20: O pfer.

* P R I C E

  1984a, 103-105, 118, 218-

 S.

 auch

  CHANIOTIS

  -

  RETHEMIOTAKIS

  1992,

32;

  H O F F

  1992, 230f.

7

  Apollon:  DEUBNER  1966, 179 Athena: ebenda, 23; Artem is: LEphesos 27.

8

 S.

 z .

 B.

  HABICHT 1970, 148, 156; GAUTHIER  1989, 64-67.

Z. B. IscrCos ED 263; LEphesos 2223a; LTralles 220; J.

 BINGEN

  1990 (Anti-

noos).

10

 SEG XVII 34; vgl. hierzu  MAVROJANNIS  1995, 92-94.

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Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches

nanziert, das eigentlich für Schaustellungen anläßlich des Geburtstags des

Kaisers bestimmt war, aber nicht vollständig ausgegeben worden war.

11

Das Geld, das für einen sakralen Zweck bestimmt war, aber nicht voll

ständig ausgegeben wurde, durfte nicht »zweckentfremdet« an die Stadt

kasse zurückfließen, sondern wurde für eine weitere Weihung an den Kai

ser, also weiterhin für einen sakralen Zweck, verwendet.

12

  Die nächsten

Parallelen liefern uns zwei Inschriften aus Stratonikeia, die nicht den Kai

serkult, sondern ein städtisches Fest betreffen. Die Stadt weihte Jahr für

Jahr Statuen des Wohltäters Flavianus Hekatodoros vom Restbetrag des

Geldes, das er für Spektakel vermacht hatte.

13

  Wie im Falle des Götter

kultes, bei dem monatliche Opfer immer am gleichen Tag (z. B. dem 7. Tag

fürApollon) stattfanden, so wurde auch der Geburtstag des Kaisers häufig

nicht nur einmal im Jahr gefeiert, sondern jeden Monat am gleichen Tag,

so z. B. in Pergamon.

14

2.2.

  Inszenierung

Weitere Übereinstimmungen des Kaiserkultes mit der Verehrung der Göt

ter treten zu Tage, wenn wir das Fest des Kaisers betrachten. Eine Heorte

bestand aus drei Teilen: Prozession, Opfer mit Bankett und Agon. Die

Prozession war seit der frühesten Zeit ein Ritual, das ohne Inszenierung

gar nicht stattf inden konnte: Man mußte den Ausgangsort und den Zeit

punkt des Beginns der Prozession bestimmen, die Route, die Reihenfolge

der Teilnehmer, ihre Kleidung, die musikalische Begleitung, möglicher

weise die Stationen. Seit der hellenistischen Zeit beobachtet man ein ge

steigertes Interesse an der Inszenierung der Prozession. Die einschlägigen

Kultregelungen befassen sich immer weniger mit rein rituellen Aspekten,

wie mit der Farbe und dem Geschlecht des Opfertieres, und immer mehr

mit der Kleidung der Teilnehmer, ihrer Anordnung nach organisatorischen

Prinzipien und hierarchischen Strukturen, mit Ordnung, mit dem Glanz

der Prozession durch die Teilnahme von Reitern, Musikern und beliebten

11

 I.Cret. Ipcviü 23: »vom Restbetrag der Schaustellungen  tbeoria)  für den Ge

burtstag des Dominus«; zu diesem Text  s. H . W .  PLEKETS  Kommentar in SEG

XLin 724.

12

 Zu diesem Phänomen s. z. B. IG X  2.2.1, 300 und mit meinem Kommentar in

EBGR 1999 [2002], Nr. 73 und 131.

13

 SEG X LIII 724-725: ek pleonasmatos hon apelipe  theorion. Vgl. hierzu H.W.

PiXKrrs Kommentar in SEG XLIII 724 und meinen Kommentar inEB GR 1993/94

[1997], 3

N r. 255.

14

 I G R I V  35: emmenos genesios  ton Sebastou; s. auch  PRICE 1984a, 118.

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8

Angelos Chaniotis

Athleten, durch das Tragen von Kränzen und prächtigen Kleidern, mit der

Schönheit

  und

 Größe

 der

 O pfertiere,

  mit

 dem Tragen

 von

 Ku ltgegenstän

den durch Spondophoren, Hieraphoren, Kalathephoren, Skeptrophoren,

Pyrphoren, Kanephoren, Athlophoren, Lampadophoren, Kleidophoren

usw.

l s

  Auch

 in der

  Kaiserzeit befassen sich

  die

  normativen Texte

  mit der

Inszenierung

  des

 Rituals.

 Die

  Kultregelung über

 den

 täglichen D iens t

 des

Priesters

  im

 Asklepieion

  von

  Epidauros läßt trotz

  des

  sehr fragmentari

schen Erhaltungszustandes

  des

  Textes doch

  das

 Interesse

  an

  einer Insze

nierung erkennen. Dies spiegelt sich

 in den

 sehr detaillierten Anweisungen

an den Priester wider,

 die

 exakt festlegen, wo, wann und

 wie er

 die Rituale

durchführen soll.

 Der Ort

  wird genau angegeben

  z. B. »im

 Inneren

 des

Gebäudes,

  im

 M etroion,«

  »im

  Kultbau Aphrodites,« »vor

  der

 vorderen

Tür«),  die

 Türen w erden genau angegeben, durch w elche

  der

 Priester ein

zelne sakrale Räume betreten soll,

  der

 Zeitpunkt jeder Handlung wird

bestimmt

  z. B. »in der

  ersten Stunde«),

  ja

  sogar

 der für

  einzelne Kult-

funkrionäre vorgesehene Platz »der Priester legt sich

  in der

  Mitte hin«,

»der Pyrphoros setzt sich

  auf

 einen T hron«).

16

All dies werden

 wir in den

 Texten,

 die den

 Kaiserkult betreffen, w ie

derfinden.

  Das

 Interesse

  für die

  Kleidung

  der

  offiziellen Teilnehmer

 er

kennen wir

 z.

 B.

 in

 der Stiftungsurkunde der De m osthen eia

 in

 Oinoanda:

17

Demosthenes stiftete eine goldene Krone  mit  getriebenen Portraits  von

Hadrian

  und

 Apollon,

  die

 vom Ag ono thete s getragen wer den sollte. Sol

che Kronen sind fester Bestandteil

  der

  Kleidung

  der

 Kaiserpriester.

lg

  Der

artige Priesterkronen haben eine lange Tradition

  im

  griechischen Kult.

Eine solche Krone

  - für den

  Kult

  des

  Sarapis bestimmt

  -

  fand

  man im

ägyptischen Kysis;

19

  es handelt sich um  eine goldene Krone,  die eine Sta

tuette

 des

 Sarapis stützt. Auch

 der

 Ausdruck  stephanos

 t u

 theou  »Krone

des Gottes«) bezeichnet wahrscheinlich

  mit

 dem

  Bild

 des

  Gottes verzierte

Kronen.

20

 Die

 Inschrift

  aus

 Oinoanda ordnet

  an, daß der

 Agonothet

  die

15

 Ausführlich zu diesem Thema s.

 CHANIOTIS

 1995 und 1997a, 245-243. S. auch

KÖHLER  1996 vgl.  CHANIOTIS  1997b).

16

 LSCG Suppl. 25

 A 2,

 4-5,

 8,

 10-12, B 19, 22,

 C

  23.

17

  WÖRRLE

  1938 SEG XXXVIII

  1462);

 vgl.

  ROGEFS

 1991.

18

  RUMSCHEID

 2000, 8-11, 39, nimmt zwar

 in

 dieser sehr verdienstvollen Arbeit

an,

 daß diese Kronen nur für Agonotheten bestimmt waren und von Priestern des

Kaiserkultes nur in ihrer Eigenschaft als Agonotheten getragen wurden. Diese Mei

nung kann ich nicht teilen, wie ich an anderer Stelle EBGR 2000 [2003]) ausführen

werde.

19

  REDDE

 1989, 431-433,

 440f.

20

  Z.

 B. in

 Syll.

3

 708

 Z. 29 btros,

 ca.

 100

 v.

 Chr.) und SEG XLIII 773

 IX. 23f.

Ephesos,

 2. Jh.

 v. Chr.). Hierzu

  s. ROBERT

  1960a,

 459

 mit Anm-2; vgl. auch

  den

Ausdruck

 ho p r

tou

 theou

  stephanos .

  RIGSBY

 1999.

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Der Kaiserkult  im Osten des Römischen Reiches

9

vorhin genannte goldene Krone und ein Pu rpurg ew and tragen sollte SEG

X X X V I I I  1462 Z. 56-57). Ähnlich ordn et eine koische Ku ltregelung  an,

daß  der Nike-Pr iester e inen purpurn en Ch iton, goldene Ringe  und  einen

Kranz aus jungen Zweigen tragen soll;

 der

 Priester

  des

 Dionysos

  in

 Skep

sis trug einen goldenen Kninz,  ein purpurnes Gewand  und die zum Ge

wand passenden Schuhe.

21

 Die Kleiderordnung  ist  auch sonst Gegenstand

de r Urkunde  aus Oinoanda:  Die zeh n S ebastoph oroi sollen  mit  weißem

Gewand  und Selleriekranz  die Kaiserbilder  und das Bild A po llon s tragen

Z.

  62-63).

23.  Tragen vo Statuen

A uc h  das Tragen  von G öttersta tuen,  das in  O inoanda  am A gon  des Kai

sers eine  so  wichtige Rolle spielt, gehört  zu den  beliebten Ritualen  des

Göt te rkul tes ,  vor  allem seit  der  hellenistischen Zeit.

22

 An der Spitze der

Prozession  für  Zeus Sosipolis  in  Magnesia  am  Mäande r t r ug  z. B . der

Stephanephoros  die  hölzernen  und  schön bekleideten Statuetten  der 12

Götter LSAM  32). Seit  der hellenistischen Zeit begeg net  uns  auch  der

Ausdruck

  agalma pompikon

  als Bezeichnun g solcher  in  Prozessionen ge

tragener Statuen.

23

  Im

  hellenistischen Herrscherkult

  ist

  dies eine Rand

erscheinung,

24

  aber  das Tragen  des Bildes  des  Kaisers wird  zu  einem der

wichtigsten Rituale  des Kaiserkultes.

25

  Dieses Ritual  ist  sowohl direkt als

auch indirekt durch  die Bezeichnungen

  sebastopboros> eikonophoros

  und

komistes theion protomon

  belegt

26

 Von der  Inschrift  aus  O inoanda  war

bereits  die Rede  SEG X X X V I II  1462 Z. 62:

 propompeusousin

  tos

 sebas-

tikas eikonas).

  Ein  bekanntes Reskr ipt  von An toninu s Pius  aus  Ephesos

betrifft  die Erhal tung  und Pflege  der  silbernen Kaiserbilder;

27

  eine Steuer

für die Pflege

 von

 Kaiserstatuen,

 die

 nich t als Ku ltstatuen dienten, son der n

in Prozessionen getragen wurden, ist uns  durch eine Gruppe von Ostraka

in Ägypten belegt,  die  zuletzt  von D . Fishwick studiert wo rden sind.

23

Eine vor  wenigen Jahren veröffentlichte Inschrift belegt darüber hinaus die

21

 LSCG 163 Z. 3-12; SEG XXVI 1334 Z. 11-12.

22

  BÖMER  1952,1900-1994;  CHANIOTIS 1995, 153 mit Anm. 94.

25

  ROBERT  1931,  530t  Z. B. TAM III136.

24

 Bilder

 der

 Herrscher werden

 in der

 Prozession

  der

 Ptolemaia

 in

 Alexandrien

mitgeführc; s. RICE  1983, 102-110.

25

  PRICE  1984a, 189-190; CIAUSS  1999, 304.

26

 Sebastopboros:  z.B. SEG  XXXIX  1462 Z.61; XLIV  1187;  eikonophoros-.-

MAMA IX 131;  komistes theion protomon:  P.Oxy. 519 und 1265 Z.9.

27

 LEphesos 25 =  OLIVER

  1989,

 Nr. 9.

2 8

  FISHWICK

  1989.

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10

Angelos Chaniotis

Existenz eines Vereins in Alexandrien, der der Pflege der Ikonen der Kaiser

und dem Kult von Faustina Pharia Sosistolos gewidmet war.

29

  Die Häufung

von Zeugnissen in Ägypten ist natürlich nicht zufällig und hängt sicher mit

der lokalen Tradition zusammen, Götterstatuen am Fest zu tragen.

2A.  Opfer und Bankett

Der Höhepunkt der Prozession ist das Erreichen des Altars und das an

schließende Opfer. Opfert iere wurden sowohl für das Wohlergehen des

Kaisers als auch an den Kaiser geopfert,

30

  und dabei wird das für das

olympische Opfer charakterist ische Wort  tbysia  nicht etwa,  enagismos)

verwendet. Das Ehrendekret für den Wohltäter Epameinondas von Akrai-

phia beschreibt seine Tätigkeit mit folgenden Worten

  IG

  VII 2712

Z.

  22-31): »Am Fest , nachdem er dem Hermes, dem Herakles und den

Augusti einen Stier geopfert hatte, veranstaltete er einen Agon; ... er op

ferte den Augusti einen Stier und bot der Stadt einen Tag lang ein Ban

kett .« Beim Opfer für den Kaiser wurden auch die tradit ionellen Bräuche

beachtet , wie die Prüfung der Opfert iere,

31

  die Bekränzung der Teilneh

mer, das Singen vo n H ym ne n s. u.) , das Da rbringe n von Op ferkuc hen,

das Brennen von Weihrauch, und das Anzünden von Lampen. Eine be

kan nte Ku ltregelu ng aus Pe rga m on liefert ein anschauliches Beispiel IG R

IV 292): Der  Eukosmos  der für schöne O rd nu ng sorgende Kultbeamte)

soll te an der monatl ichen Geburtstagsfeier für Augustus und an den an

deren Geburtstagsfeiern der Kaiser Kränze für die Sänger der Hymnen,

ferner Opferkuchen

  popanon)

y

  Weihrauch

  libanon)

  und Lampen

  lycb-

nous)  für Augustus zur Verfügung stellen.

Zum Opferri tual gehört auch das anschließende Bankett .

32

  Es ist in die

sem Zusammenhang zu betonen , daß dem B anket t

  demothoinia^ euocbia)

als sehr kostspieliger Angelegenheit auch in den Texten, welche die Göt

terverehrung betreffen, eine besondere Rolle zugeschrieben wird.

33

  Der

29

 BERNAND  -  BERNAND  1998, 97-101 SEG XLVIII 1960): hoi  apo

 sysseitiou

Sebaston

  eikonon kai

  austeznes Pharias Sosistolou

 Neas Sebastes.

30

 Zu dieser Unterscheidung s.

 PRICE

  1984a, 210-220. Zum Opfer an den Kaiser

s. auch  CLAUSS 1999, 316-318.

31

 S.

 vor allem die Kultregelung aus Myxilene IGR IV 39 A; vgl.

  PRICE

  1984a,

217-219). Die Klausel über das Aufziehen der Opfertiere A 21-29) läßt sich jetzt

mit der entsprechenden Klausel eines Kultgesetzes aus Bargylia, das das Opfer an

Artemis Kindyas betrifft, vergleichen SEG XLV 1508); zum Text aus Bargylia

s.

 jetzt auch ZiMMEKMAisnsr 2000.

32

 S. z.

 B.

  IG VII 2172; SEG X LIII 717-718. Zum Bankett in der hellenistischen

Zeit s. SCHMITT PANTEL

  1981,

  85-99 und 1992, 415-418.

33

  S.

 z.B. die Initiative des Damas in Milet:  HERJRMANN  1997, N r. 134.

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Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches H

Text von Akraiphia ist ein gutes Beispiel für die Verflechtung von Kaiser-

und Götterverehrung (IG VII 2712 Z. 55 -90 ): D er A go n der Ptoia z u

Ehren Äpollons haue seit 30 Jahren nicht mehr stattgefunden, als Epa-

meinondas das Amt des Agonothetes freiwillig und mit großem Eifer

übernahm. Er erneuerte den Agon, kombinierte ihn aber auch mit der

Verehrung der Kaiser

  {Ptoia kai Kaisar

 eia).

  Als die Zeit des Agons kam,

verteilte er Brot und Wein an Bürger und ansässige Fremde gleicherma

ßen;

34

  er veranstaltete in großem Stil die von den Vätern überlieferten

Prozessionen und führte in gottesfürchtiger Haltung den traditionellen

Reigentanz durch, brachte den Göttern und den Augusti Stieropfer dar,

verteilte das Opferfleisch und organisierte Frühstück, Süßweinempfang

und Abendessen zehn Tage lang; seine Frau lud die Frauen und Kinder

sowie die erwachsenen Sklaven und Sklavinnen zum Bankett ein. Er war

der erste, der auch die Skenetrien nicht vergaß. Und bei den Schaustellun

gen der thymelischen Agone bot er im Theater süßen Wein, so daß seine

Großzügigkeit auch in den Nachbarstädten berühmt wurde.

2J. Weihungen

Eine Gruppe von Inschriften übertrifft in ihrer Zahl alle anderen Zeug

nisse für den Kaiserkult: die an Mitglieder des Kaiserhauses adressierten

Weihinschriften. Nicht jede Inschrift auf einer Statuenbasis, die einen Kai

ser nennt, ist allerdings eine Weihinschrift an einen Kaiser; leider werden

gelegentlich Texte, in denen der Kaiser im Akkusativ genannt wird, als

Weihinschriften mißverstanden, obwohl sie eigentlich nur die Errichtung

einer Kaiserstatue belegen, nicht die Weihung einer Statue an den Kaiser.

Aber auch nicht alle Inschriften, in denen der Name des Kaisers im Dativ

steht, sind unbedingt als religiöse Weihungen an den Kaiser zu deuten und

noch weniger belegen sie eine göttliche Verehrung des Kaisers. 1999 ver

öffentlichte Hasan Malay eine späthellenistische Inschrift aus dem Muse

um £esme mit folgendem Inhalt:

35

 »Euxenos, Sohn des Euxenos, nachdem .

er von den ihn bedrohenden Gefahren gerettet worden ist, (>weihte<) als

Geschenk der Dankbarkeit

  cbaristerion)

  an Apollon Nisyrites Soter und

an Artemis Epiphanes und an Hermogenes, Sohn des Timokrates, der ihn

mit Wohlwollen behandelt hat«. Der Name des Hermogenes steht genau

wie die Namen von Apollon und Artemis im Dativ. Auch er ist als Emp-

 

M

  Zu Brot und Wein bei solchen Festen s. zuletzt JONES 1999, 8-17.

35

  MALAY

  1999, Nr. 118. S. auch meinen Kommentar in EBGR 1999

  [2002],

Nr. 148.

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12

Angelos Chaniotis

fänger des Geschenkes genannt, m, E. weil er als Arzt Euxenos behandelt

hatte. Daß Hermogenes von Euxenos kult isch verehrt wurde, ist ebenso

wenig aus diesem Text zu schließen wie aus vielen anderen ähnlich for

mulierten Inschriften für Ärzte, die zusammen mit Göttern genannt sind.

Ähnlich darf man im Falle von »Weibinscbriften« an den Kaiser aus einem

Dativ nicht unbedingt eine kult ische Verehrung erschließen. Ein charak

teristisches Beispiel hierfür ist eine Inschrift trajanischer Zeit aus Pbü-

adelpheia SE G X L 1059, 116/117 n. C hr.) . »F ür Im per ator N erv a Traia-

nus Caesar Augustus Germanicus Dacicus Parchicus Optimus und die

Katoikia hat Neoptolemos Markos, Sohn des Diodotos, Sieger an den

Nemea von eigenem Geld die Statue des Zeus Soter aufgestellt«. Auf den

ersten Blick würde man meinen, daß es sich hier um eine Weihung der

Statu e eines Go ttes Zeu s) an einen anderen G ot t Trajan) hand elt - also

um einen »visiting Gott«; aber auch das Wort

  katoikia

  Dorfgemeinde)

steht im Dativ, obwohl die Katoikia kein Empfänger kult ischer Ehren war

vgl. un ten § 4). D ie Sache läßt sich m . E. nicht e indeutig entscheiden, u nd

das Vermeiden eines Verbes

  {anatithemi^ aphieroo^ kathieroo)

  macht die

Entscheidung nicht gerade leichter. Es scheint mir aber wahrscheinlich,

daß der Dativ hier und in ähnlichen Fällen eher als Hinweis auf ein Ge

schenk denn als Hinweis auf kult ische Verehrung zu verstehen ist

Es gibt aber ganz eindeutige Fälle, in denen wir es mit einer Weihung zu

tun haben, ja sogar mit dem Vollzug von Weiheritualen, die in der Regel

leider nicht näher erläutert werden. Daß die Aufstellung von Statuen mit

Bitaalen verb unde n wa r, zeigt eine Inschrift aus Iasos SEG X LH I 718,

frühes  3, Jh . n. Ch r.) . D e r Kaiserpriester M . Aurelius Da ph no us Kataplous

weihte im frühen  3. Jh . Sutu en  andriantes^  sicher keine Kultsutuen); ihre

Aufstellung w ar mit einem Op fe r ygL Z . 18/19:

 tois syntbysasi)

  und einem

Bankett verbunden, in dem der großzügige Priester al ten Wein spendete.

Selbst in christlicher Zeit führten die letzten Heiden Weiherituale im Zu

sammenhang mit der Aufstel lung von Sutuen durch. So stel l te der Prä-

torianerpraefekt Flavius Eutolrnius um 390 in Aphrodisias »nach Vollzug

der tradit ionellen Weiheri tuale« eine Sutue von Honorius  auf

36

2.6.

  Hymnen

Der Kaiserkult ist jedoch nicht allein ein Fall von Ritualtransfer, d. h, vom

Übertragen alttradierter Rituale in einen neuen kultischen, ideologischen,

*

  RO O T CH £ 1989,

 N r.

 25.

 Für das Verb

 k thieroo

  in diesem Kontext

 vgl.

 LPerge

56, 60-61, 65.

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Der Kaiserkuk im Osten des Römischen Reiches

15

sozialen und z. X räumlichen Kontext, noch wird er nur von älteren Tra

ditionen gespeist; er ist vielmehr auch das Ergebnis aktueller Entwicklun

gen in der Ritaalpraxis. Diese Konvergenz stellt man nur durch einen

Vergleich mit Entwicklungen in den kaiserzeitlichen Ritualen fest, etwa in

der immer wichtigeren Rolle des Singens von Hymnen im zeitgenössi

schen Kult. Alexander von Abonouteichos liefert hierfür ein gutes Bei

spie l

3 7

  Er forderte die Städte von Paphlagonien und Pontos auf, Knaben

chöre zu entsenden, um für den Gott lobende Hymnen zu singen. Die

Knaben stammten aus den besten Familien und sollen von besonderer

Schönheit gewesen sein. Das Singen von Paianen ist bekanntlich mit dem

Kult des Asklepios aufs engste verbunden, und so wäre es an sich nicht

erstaunlich, wenn die Hymnoidie auch im Kult Glykons, des Neuen As

klepios, eine so herausragende Stellung eingenommen hätte. Die regel

mäßige Entsendung der Chöre läßt sich aber nicht nur so erklären; sie ist

auch nicht nur-Teil der Strategie Alexanders, die Eliten der Nachbarstädte

insti tutionell mit seinem Heiligtum zu verbinden oder seinen aus schönen

Knaben bestehenden Harem zu vergrößern, wie Lukian behauptet . In der

Kaiserzeit beobach ten, wir eine wach sende Bed eutun g d er H ym no die , die

auch mit einer Verinnerlichung des Rituals zusammenhängt, mit dem Be

dürfnis, die Götter mit Worten, nicht mit Taten zu ehren, mit einer Ten

denz, das Interesse vom mechanischen Vollzug des Rituals auf das Lob der

Macht und der Güte des Gottes  aretalogia, eulogia^ hypsosis)  zu verla

gern.

38

  Ein Orakelspruch Apollons in Didyma bringt dies deutlich zum

Ausdruckt »Ihr Unsel igen, was sol len mir wohlgenähr te Hekatomben

von Schafen, glänzende Statuen aus reichem Gold oder Standbilder, die

aus Silber oder Erz kunstvoll hergestellt sind? Die Götter sind keines

Besitzes bedürftig, sondern dessen, was alter Brauch ist - daran haben sie

ihre Freu de. Im m er ist es fromm , w enn die Kn aben w ie früher bei m einem

Tempel Hymnen singen, zu dem Augenblick, wenn die sich drehende Tür

angel im Begriff steht, den Orakelspruch aus dem unbetretbaren Inneren

zu offenbaren. Ich habe Freude an jedem Gesang, selbst wenn es ein mo~,

derner ist; sehr aber, wenn er alt ist; am meisten aber, wenn er uralt ist,

denn so ist es am besten. Für frommen Sinn gegen Gott wird es immer

unverkürzten Dank geben. Mit Hymnen habe ich einst zum erstenmal die

37

  LTJTCIAN, Alexander

  41.

  Diskussion bei  VICTOR  1997, 49-50, 159-160;  C H A -

NIOTIS 2002a, 76-7 7.

 \

n

  Zu Aretalogien s. MEKKELBACH  1995, 214-224. Für  eulogeo  und hypsoo s. die

zahlreichen Belege in den Beichnnschriften:

  PETZL

 1994, N r. 16, 20,

 33,

 34, 36, 37,

44,  54, 59, 60, 62-64^68, 69, 80, 96, 97,101.

39

 I.Didyma 217; Übersetzung bei  MERKELBACH -  STAUBER  1998, 76-77.

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14

Angelos Chaniotis

vielschadenden Krankheiten vertrieben, indem

  ich die

  Leid bringenden,

vei-wünschten Fäden  der  M oiren erweicht habe.« Au ch eine  aus  dieser

Zeit,  dem  2. Jh.  n. Chr., stammende Inschrift  von  Stratonikeia  ist auf

schlußreich. Sosandros, Sekretär

 des

 Rates

 und

 Möchtegerndichter, stellte

den Antrag, 30 Knaben auszuwäh len, die jeden Tag in einer P roz ession zu

den Statuen  des Zeus und der Hekate vor das  Rathaus ziehen  und einen

von

  ihm

 verfaßten H ym nu s singen sollten.

40

 Die

  Begründung interessiert

uns hier »Es ist angemessen, daß wir unsere Eusebeia gegenüber den Göt

tern auch mit der

 prosodos

  (Bitte) und mit der

  tbreskeia

  (Religiosität) zei

gen,  die

 durch das Singen von H ym ne n zum Ausdruck kom mt.«

 Ein

 Ora

kel, das in  Ephesos gefunden -wurde, aber Koloe oder Sardeis betrifft  ca.

165

 n.

 Chr.), em pfahl

 als

 Mittel gegen

 die

 Pest, eine Statue der Artemis

 zu

holen, und schloß m it den folgenden Worten: »Wenn ihr m eine Befehle

 für

die Göttin ausgeführt habt, dann verehrt  sie, die Pfeile schleudernde, un

bezwingbare, weithin treffende, vielgerühmte, scharfblickende Jungfrau,

mit Hymnen und Opfern,

 und bei

 Re igen und festlichem Schmause sollen

die Mädchen und die Knaben die Jungfrau preisen

  ...«

41

 Wenn wir auch im

Kaiserkult eine starke Präsenz  von  Hymnoden beobachten

42

  oder nach

dem Vorbild  der tbeologoi  und aretalogoi  auch  sebastologoi  für die Lob

preisung  der  Kaiser eigeführt wurden,

43

 so ist dies auch Folge  der zeitge

nössischen Tendenzen.

27. Ästbetisierung  es  Rituals

Auch wenn  man  epigraphisch überlieferte Regelungen,  die den Kult des

Kaisers betreffen,  mit  zeitgenössischen Kultgesetzen vergleicht, zeigen

sich viele Parallelitäten,

  so in der

 Verw endung verschiedener Kultpara-

phernalia (wie tragbare Statuen, Weihrauchbrenner, Ban kettische u. ä.) so

w ie

  in der

  starken Einbeziehung

  der

 Jugend

  z. B. SEG

 XXXV III

  1462

Z.  65-67).  Eine Konvergenz mit der zeitgenössischen Ritualpraxis ist aber

vor allem  in der Ästhetisierung  des Rituals  zu beobach ten. Seit der helle

nistischen Zeit häufen sich

 die

 Kultregelungen,

  die auf die

 Schönheit

 der

Proz ession, der Teilnehmer und der Opfertiere Wert legen und das Ritual

40

1.Stratonikeia

  1101;

  LSAM 69. Diskussion und weitere Beispiele bei

  CHANIO

TIS

 2003a.

41

 SEG XLI

  981;

  Übersetzung von H. Engelmann bei

  MEKKELBACH

 -

  STAUBER

1998,

  296-297.

42

 S. zuletzt  HALPMANN  1990, 21-26 zu SEG XL 1128); für Rom  s. PALMER

1993.  Vgl.  PRICE 1984a, 70, 88 mit Anm. 43, 90, 105, 118, 209, 247  Anm.  44.

4J

 Zu

 sebastologos

 s.  ROBERT

 1960b, 321.

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Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches 15

vor allem als Prachtentfaltung und schönes Spektakel erscheinen lassen

wollen.

44

  Die Dekrete, die Prozessionen betreffen, befassen sich fast aus

schließlich mit der Schönheit

  kalos),

  der Ordnung

  eutaxia),

  der Majestät

epipbaneia)

  und den ästhetischen Aspekten der Prozession

  charis).

  Die

verantwortlichen: Magistrate wurden geehrt, weil sie ein schönes Spektakel

theo)

  angeboten hatten. Auch die Lektüre der zeitgenössischen Quellen

verrät eine Transformation der Feste von Kulthandlungen zu Objekten

ästhetischen Genusses. In einem Gedicht Theokrits (15, 21-24) bittet eine

Frau ihre Freundin, zum Palast mitzukommen, um sich Adonis anzu

schauen

  tbasomenai).

  Sie hätte gehört, daß die König in in jenem Jahr

etwas ganz Beeindruckendes vorbereitet hätte. Diese Frauen gingen nicht

als Teilnehmer zum Fest, sondern als Zuschauerinnen eines von der Kö

nigin inszenierten Spektakels. Das Gedicht Theokrits entwickelt sich dann

in eine Ekphrasis, eine Beschreibung dessen, was die Frauen mit staunen

den Augen sehen: »Schau mal diese bunten Kleider, wie fein und elegant

sie sind, als ob von Göttern genäht.«

45

 Im 4. Mim os des Herodas w ird der

Besuch des Asklepiosheiligcums in Kos durch zwei andere Frauen als ein

ästhetisches Erlebnis dargestellt und die reiche Ausstattung des Heiligtums

mit Skulpturen hervorgehoben.

, Diese Tendenz setzt sich ohne Unterbrechung bis in die Kaiserzeit fort.

D er bereits erwähnte A ntrag des Sosandros vo n Stratonikeia (s. o.

A nm . 40) hat eine sehr deutliche ästhetische K om ponente. Sein Antrag

betrifft eigentlich das Singen eines Hymnus, die Abfassung eines perfor-

mativen Ritualtextes. Sosandros' Dekret betrifft aber auch die Inszenie

rung der Performanz dieses Texts. Der Hymnus sollte jeden Morgen ge

sungen werden. 30 Knaben, alle weiß gekleidet, mit Kränzen auf dem

Haupt und Zweigen in den Händen, sollten in einer Prozession, geführt

vom Paidonomos und den Paidophylakes, durch die Straßen von Strato

nikeia zum Rathaus ziehen. Dort sollten sie vor den Statuen des Zeus und

der Hekate Platz nehmen. Ein Herold sollte sie begleiten, offenbar, um

mit lauter Stimme um Stille zu bitten und das Gebet zu sprechen. Ein

Kitharaspieler sorgte für die musikalische Begleitung.

44

  Zum folgenden s.

 CHANIOTIS

  1995 und 1997a, 245-248 (mit weiterer Litera

tur).

 V gl

  PRICE

 1984a, 110-112.

45

 Vgl.

  GOLDHILL

  1994, 216-223. Zur Ansicht, es handele sich hier um die Dar

stellung von »women's superficial religiosity«

  (LAMBERT

 2001), gelangt man nur,

wenn man dieses Gedicht Theokrits isoliert und nicht vor dem Hintergrund des

hellenistischen Materials betrachtet.

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16 Angelos Chaniotis

Das Ehrendekret für den Kaiserpriester Apollonios von Kalindoia

(1 n. Chr.) ist ein weiteres gutes Beispiel für das gleiche Interesse in der

Kais;erzeit/

6

  Apollonios hatte freiwillig das Amt des Priesters von Zeus,

Roma und Augustus angenommen und mit besonderer Prunkentfaltung

durchgeführt, »Er hat kein Übermaß an Ausgaben für die Götter und das

Vaterland versäumt, indem er die Opfer, die über das ganze Jahr hinweg

jeden Monat dem Zeus und Caesar Augustus dargebracht wurden, mit

eigenen Mitteln dargeboten hat; er hat den Göttern prachtvolle Ehren

teimas polyteleis)

  dargebracht, für die Bürger ein üppiges Bankett und

Trinkgelage angeboten

  bestiasin kai euocbian megalomere\

  indem er dem

ganzen Volk

  pandemei)

  in volksfreündlicher Art und Weise

  {ledkos)

 ein

Abendmahl und ein Triclinium anbot, und er hat die Prozession am Tag

der Panegyris bunt und sehenswürdig gestaltet

  pompen poikilen kai axio-

tbeaton)\

  er veranstaltete extravagante Spiele

  agonas polyteleis),

  die dieser

Götter würdig sind.« Der Mann wird ferner für die glanzvollen Leistun

gen

  epidoseis lamprotatas)

  gelobt, für die Schaustellungen

  tbea kai apate)

und das Vergnügen

  diacbysis psycbes).

Die Inschrift von Oinoanda spricht eine ähnliche Sprache.  Im  Abschnitt

über die Pro zession heißt es z. B . (SEG XX X VI II 1462 Z. 62-6 5): »Es

sollen 10 Sebastophoroi gewählt werden, die, bekleidet mit einem weißen

Gewand und einem Selleriekranz, die Kaiserbilder und das Bild des Gottes

unserer Ahnen, Apollon, und den vorgenannten heiligen Altar tragen und

ziehen und bei den Prozessionen geleiten sollen; ebenso sollen vom Ago-

nothet gewählt werden 20 Mastigophoroi, die in we ißen G ewändern ohne

Unterkleid und mit Schilden und Peitschen vorangehen und für die Ord

nung bei den Veranstaltungen im Theater sorgen sollen.« Es handelt sich

nicht nur um Schaustellungen im Theater (Z. 68-69): »Es sollen die Pro

zessionen durch das Theater führen und gemeinsam an den Tagen des

Festes opfern« (Übers. M. Wörrle). Prozessionen im Theater sind seit der

spätklassischen Zeit immer häufiger belegt.

47

  Solche Prozessionen sind an

erster Stelle Spektakel.

46

 SEG XXXV 744.

47

  CHANIOTIS 1997a, 248 mit Anm.

 149.

 Auch in Gytheion spielt das Theater eine

zentrale Rolle im Kaiserkult; s. SEG XI 923 und   PRICE 1984a, 109.

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Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches

17

3 .  Die Organisation des Kaiserkultes

31.  Priester

Auch die Organisation der Rituale des Kaiserkultes weist Merkmale auf,

die man in der gleichen historischen Periode in der Organisation der Ri

tuale des öffentlichen Götterkultes findet. Die Besetzung des Priesteram

tes des Archiereus und der Archiereia durch ein Ehepaar (oder ein männ

liches u nd ein weibliches Mitglied der gleichen Familie) sollte m. E. als

sicher gelten - auch wenn immer wieder Stimmen gegen diese Annahme

erhoben w erden.

48

  Dies scheint auf den ersten Blick eine Besonderheit des

Kaiserkultes zu sein, eine Folge der politischen Bedeutung und vor allem

der gesellschaftlichen Bedeutung dieses Amtes für die Mitglieder der lo

kalen Elite. Es ist aber keinesfalls so. Ähnliches läßt sich auch in Götter

kulten - wenn auch nicht sehr oft - feststellen. In Ormelai dienten ein

Mann und seine Frau als Priester und Priesterin des Zeus Sabazios, in der

Nähe von Thyatteira stellen wir dies im Kult der Thea Hekate Soteira

fest.

49

  Umgekehrt ist die lebenslängliche Besetzung des Amtes des Kaiser

priesters,

50

  ja selbst sein Verkauf belegt.

51

 Eine Inschrift aus Kos registriert

z. B. den Kauf des Priesteramtes des Asklepios und des Augustus durch

eine Person für den Betrag von 10.000 Drachmen (IscrCos ED 266). Die

Geldstrafen, die Grabschändern auferlegt wurden, waren nicht nur für die

Finanzierung von Heiligtümern,

52

  sondern manchmal auch für den Kai

serkult gedacht.

53

 Private Kultvereine waren nicht nur dem Kult von Göt

tern,

  sondern auch der Kaiserverehrung gewidmet.

54

48

  S. zuletzt CAMPANILE 1994, 22-25.

4

Ormelai: IGR IV

 889;

  Thyatteira: MAI^Y  1999, Nr. 36.

50

 Z. B. IGR III115; LArykanda 38. Die Besetzung eines Priesteramtes

  dia biou

ist im Götterkult ofc belegt; s. z.

 B.

 IscrCos 177 Z.

 6;

  LAlexandreia/Troas

 9;

 LAdra-

mytteion 23; I.Knidos  59; LSelge 15 und 20. S. auch  WÖRJRLE 1990, 43f.

51

  Allgemein zum Verkauf von Priesterämtem s.

 DEBOKD

  1982, 63-75; vgl.

WöRJRLE 1990, 44-47.

52

 Z.

 B.

 STTUJBBE 1991, 34f. und 1997, 364-366 (Index); IPLIK^IOGLU

  1991,

 20.

53

 Z.

 B.

 I.Ephesos

  3214;

  TAM V 2,1281; MAMA VIII 552. VgL  PKICE 1984a, 85

und 119.

54

  PRICE 1984a,

 84.

 VgL die Existenz privater Stiftungen für die Finanzierung von

Banketts am Geburtstag des Kaisers (z. B. I.Ephesos 3245).

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18

Angelos Chaniotis

3.2.  ersönliche  Initiativen

Ferner spielen auch persönliche Initiativen bei der Gestaltung von Ritua

len im Kaiserkult eine ebenso große Rolle wie in der Götterverehrung. Für

den Kaiserkult verweise ich auf die Initiativen von Apollonios in Kalin-

doia (s. o. Anm. 46), des Demosthenes in Oinoanda, des Potens und des

Daphnos in Iasos (SEG XLIII 717-718). Auch bei der Götter Verehrung

wurden die Regelungen oft aufgrund der Initiative von Individuen

geändert.

55

  Das gleiche gilt in bezug auf Verhandlungen innerhalb einer

Gemeinde für die Gestaltung des Kaiserkultes. Bei unseren normativen

Texten handelt es sich um Beschlüsse aufgrund von Anträgen, die von

Magistraten (seltener von Privatpersonen) gestellt und dann im Rat und in

der Volksversammlung besprochen, kritisiere, ergänzt, geändert, abgelehnt

oder angenommen wurden. Wir besitzen heute nur das Endergebnis eines

Diskussionsprozesses. In. den meisten Fällen können wir aber gar nicht

wissen, ob es Widerstand oder Kritik gab, und wir werden auch niemals

erfahren, wie viele Anträge über Rituale tatsächlich abgelehnt wurden.

Selbst wenn die Anträge von der Volksversammlung angenommen wur

den, läßt sich der Grad der Akzeptanz nicht bestimmen. Oppositionen

sind schwer zu erahnen. Und in der Regel fehlen uns Hinweise

 darauf

ob

die Mitglieder der Elite nur die Ansichten einer schweigenden Mehrheit

artikulierten oder eigene Ideen präsentierten. Ein gutes Beispiel ist die

mehrfach erwähnte Stiftungsinschrift der Dem ostheneia in Oinoanda

(SEG XXXVIII 1462). Die ursprüngliche Epangeleia des Demosthenes

erwähnt mit keinem Wort den Kaiser; erst der von der Gemeinde geneh

migte Text spricht von der Krone mit dem Bild des Kaisers und von der

Einbeziehung des Kaisers in das Fest.

56

4.

  Divergenzen zwischen Ritualen des Götter- und des Kaiserkultes

Bei allen Konvergenzen fällt aber vor allem der Unterschied zu einer deut

lichen kaiserzeitlichen Tendenz in Richtung einer Verinnerlichung der Re

ligion auf, die sich in vielen Formen äußerte, z. B. im Singen von Hym nen,

in Aretalogien (Lobpreisungen der Götter), in Gebeten, in der Einwei

hung in Mysterien, in der persönlichen Frömmigkeit der Weihung, vor

allem aber in der Forderung nach einem reinen Herzen. Vereinzelt finden

auch im Kaiserkult diese Tendenzen ihren Niederschlag, etwa in der be

reits erwähnten Rolle der Hymnen.

55

  CHANIOTIS 2002b und 2003a.

56

  RO GE RS 1991.

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Der Kaiserkult im Osten des Römischen Reiches

19

Eine weitere Tendenz ist die Suche nach einem persönlichen Kontakt

zwischen Menschen und Gott . Dies wäre durch eine private Verehrung des

lebenden oder des toten Kaisers zu erreichen (Gebete, Gelübde, Weihun

gen),

  aber dies scheint im Oste h des Reiches n u r eine geringe Be deutun g

besessen zu haben,

5 7

  und dies unterscheidet den Kaiserkult etwa vom pri

vaten He rrsc her ku lt des Hellenismus, z. B. vo m sehr weit verbreiteten

privaten Kult Arsinoes.

58

  U n d doch ha t jüngst F. Richa rd Ep itheta w ie

apobaterios embaterios

  und

  epibaterios

  mit dem Schutz, den der lebende

Kaiser den Seeleuten gewähren sollte, in Verbindung gebracht.

59

  Das

Wohlergehen des Kaisers wurde zumindest indirekt mit dem Wohlergehen

der Menschen assoziiert;

60

  Mitglieder der Kaiserfamilie waren mit Eigen

schaften belegt, die auch im privaten Bereich das Leben der Menschen

positiv beein flußten (z. B. Kind ersegen ).

61

  Auch Weihungen von Gegen

ständen an den lebenden Kaiser sind belegt, etwa in Pessinous, wo ein

anonymer Kaiser einem Mann erlaubte, ihm einen kleinen aus Gold und

Edelsteinen bestehenden Schatz zu weihen.

62

  Die Person der Kaiser wurde

ferner anscheinend in Mysterienkulten mit einbezogen. Die Mitglieder ei

nes dionysischen Mystenvereins in Ephesos weihten eine Statue des Kai

sers Hadrian, der als Synthronos des Dionysos bezeichnet wird (SEG

XXVI 1272). Der Terminus

  Sebastopbantes

  impliziert auch die Existenz

von Mysterien des Kaisers.

63

In bezug auf das Gebet und das Gelübde kann man wohl nicht mehr

A. D. Nocks Ansicht folgen, daß Gebete (auch Opfer , Gelübde und Wei

hungen) keinen Bestandteil des Kaiserkultes darstellten

64

  - eine Ansicht,

die jüngst wied er von D . Fishwick ve rtreten wu rde.

6 5

  Von Gebeten und

Opfern spricht in eindeutiger Weise eine Inschrift aus Thyatteira.

66

  Die

57

 Vgl.

 PRICE

  1984a,

 118-121.

 Für den Westen s.

 CLAUSS

  1999, 413-419.

58

 Für die private Verehrung der hellenistischen Herrscher s. CHANIOTIS 2003b.

Speziell zu Arsinoe s.

 z. B.

  MAIAISE

  1994;

  ANASTASSIADES

  1998.

  Für private Opfer

während der Prozessionen des Kaiserkultes s.

 PRICE

  1984a, 112.

59

  RICHARD 1989. Zu diesen Epitheta

 s,

 z.

 B.

  OGIS

 309;

  IG IV

 701;

  I.Erythrai

  60,

207.

60

 S. z.

 B.

  die Weihung eines Altars an Zeus in Firanlar (Bithynien) für das Wohl

ergehen eines Kaisers (Elagabal?), aber auch für gute Ernte: SEG XXXVIII 1273.

61

  S.z.B.

  HABICHT

  1996, 51-54;

 CLAUSS

 199,9, 342-353.

62

  DEVREKER

  1992,

  25-26 (SEG XL II 1164, ca. 100 n. Chr.).

63

  ROBERT 1960b, 321-322;  PLEKET  1965; HERRMANN  1996, 340f.;  CLAUSS 1999,

339-341.

. N O C K  1930, 14.

 S.

 aber  PRICE  1984b, 91-93.

6 5

  FISIIW ICK 1990.

66

  IG R IV 1273 Z .

 11-13:

 pasas tos eis ton tbeofn fori] eis tous kyrious auto-

kraftoras] euchas

 kai

  thysias.  Anders  FISHWICK 1990,130.

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2

Angelos Chaniotis

Deutung zweier weiterer Zeugnisse ist problematischer. Eine Weihin

schrift aus Aizanoi berichtet von der Weihung eines Altars an Zeus Ana

dotes,

  die Sebastoi Theoi und den Demos.

6 7

  Die Weihung wird mit dem

Verb

  kathieroo

  zum Ausdruck gebracht und als

  euche?

 Gelübde oder Er

füllung von Gelübde, für das Wohlergehen des Zeuspriesters Ti. Claudius

Menogenes und seiner Familie bezeichnet. Wie in einem vorhin bespro

chenen Text (s. o. An m . 35) läßt sich hie r nich t eindeu tig sagen, o b das

Gelübde sowohl an Zeus Anadotes als auch an die Augusti adressiert war

oder ob nur Zeus der Adressat des Gelübdes war, die Augusti (und der

Demos) nur als Empfänger eines Geschenkes verstanden werden sollen;

daß die Augusti im Gelübde und dem Opfer eingeschlossen waren, scheint

zwar wahrscheinlicher, sicher ist es nicht. Problematisch ist auch ein Text

aus Pednelissos (SEG II 718, 2.Jh. n.Chr.) . Ein Priester des Zeus und

Prothytes der August i weihte zusammen mit se iner Frau Hadrian und

dem Demos 200 denarii als  euche.  Da auch in diesem Fall der Empfänger

der Demos und der Kaiser ist, hat vielleicht hier das Wort   euche  nicht die

Bedeutung »Gelübde«, sondern bezeichnet möglicherweise eine Epangelia

- das Versprechen eines Geschenkes -, vielleicht als   summa bonoraria  für

die Bekleidung des Priesteramtes.

68

Auch wenn letztere Zeugnisse als Gelübde an die vergöttlichten Kaiser

verstanden werden sollten, sind sie nicht zahlreich und scheinen eher eine

Randerscheinung im Kaiserkult widerzuspiegeln. Ein anderer wichtiger

Bestandteil der Rituale für die Götter, der in der Kaiserzeit nicht an Be

deutung verloren hatte, war die kultische Reinheit, wie dies aus zahlrei

chen Kultgesetzen hervorgeht. Die kultische Reinheit scheint jedoch für

den Kaiserkult ebenso völlig bedeutungslos gewesen zu sein wie die For

derung nach einem reinen Sinn.

69

5.  Eine wei te re » inconsis tency in Greek and Roman re l ig ion«

Wenn man den Kaiserkult in seine einzelnen Bestandteile zerlegt und sie

separat betrachtet, stellt man mit wenigen Ausnahmen fest, daß er zum

Teil traditionelle Rituale übernahm (Prozession, Opfer, Agon), zum Teil

den kaiserzeitlichen Tendenzen der Gestaltung von Ritualen entsprach

67

 W öiuu x 1995, 68-75 (SEG XLV 1719): efujcben.. kathierosanton... anetheken.

68

  Vgl FISHWICK 1990, 123.

69

 Zur Verbreitung der Idee einer Reinheit des Sinnes vor allem in der Kaiser zeit

s. CHANIOTIS 1997C.

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Der Kaiserkult

 im

 Osten des Römischen Reiches

21

(Ästhetisierung, Rolle für die Akkulturation der Jugend, wachsende Be

deutung der performativen Ritualtexte). Auch das einschlägige Vokabular

der Kaiserverehrung weist Ähnlichkeiten zum geläufigen Vokabular der

griechischen Rituale und des griechischen Götterglaubens auf (etwa Be

griffe wie  tbysia^ bomos^ eusebeia  usw.).

70

 Ein wichtiger Aspekt des ideo

logischen Hintergrunds des Kaiserkultes - das Prinzip des   do ut des  -

findet man sowohl in der griechischen Weihungspraxis als auch im helle

nistischen Herrscherkult wieder.

71

  Schließlich wird die enge Verwandt

schaft des Kaiserkultes mit den religiösen Traditionen der Göttervereh

rung auch durch die Assimilation von Mitgliedern der kaiserlichen Familie

an einzelne Götter betont (z. B. des Augustus an Zeus Eleutherios, Zeus

Patroos und Apollon, des Caius Caesar an Ares, des Claudius an Zeus

Megistos, des Nero an Apollon, der Agrippina an Demeter Karpophoros,

des Hadrian an Zeus Dodonaios, Zeus Olympios Soter Ktistes, des An-

toninus Pius an Zeus Eleutherios usw.).

Macht all dies die Rituale des Kaiserkultes zu Bestandteilen von Reli

gion? Ist die eusebeia  gegenüber dem Kaiser mit der Frömmigkeit gegen

über den traditionellen Göttern und der Gottesfurcht identisch, nur weil

das gleiche Wort verwendet wird? Hier sind Verallgemeinerungen nicht

zulässig. Die ambivalente Haltung gegenüber dem Kaiserkult im griechi

schen Osten wird vielleicht am besten durch eine vor kurzem veröffent

lichte Inschrift aus loulis verdeutlicht:

72

 Es handelt sich um eine Weihung

an die olympischen Götter und an die Theoi Sebastoi (d. h. Augustus und

Livia) für das Wohlergehen des Augustus. Augustus erscheint hier also als

jener der zugleich beschützt werden und (als Empfänger der Weihung)

beschützen soll. Dies ist für uns befremdend. Befremdend ist auch, daß ein

Tieropfer mal an einen Kaiser und mal (eigentlich viel öfter) für einen

Kaiser dargebracht wird (s. o. Anm. 3Q. All dies erweckt den Eindruck,

daß bei aller äußeren Ähnlichkeit und Parallelität der Götterkult und die

Verehrung der Kaiser nichts miteinander zu tun haben. Und doch wäre

dieser Eindruck m. E. falsch. Es is t' irreführend, wenn wir uns auf die

Diskrepanzen innerhalb des Kaiserkultes konzentrieren, ohne die Dis

krepanzen innerhalb des griechischen Kultes zur Kenntnis zu nehmen. Ich

gebe nur wenige Beispiele. Zahllose Menschen sprachen ein Gelübde und

flehten die Götter um Hilfe an, offenbar, weil sie an ihre Macht glaubten.

70

 S.

 z.B.

 PRICE

 1984b.

71

 Weihungspraxis:

  GROTTANELLI

  1991;

 hellenistischer Herrscherkult:

  CHANIO-

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72

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Angelos Chaaioris

Und doch erfahren w ir aus den Heiluiigswundern von Epidauros oder aus

vielen Beichtinschriften, daß viele von ihnen gerade nach der Erfüllung

ihres Wunsches das versprochene Weihgeschenk nicht darbrachten, also

die Macht der Götter geringschätzten.

73

 Menschen erbauten Gräber für die

Verstorbenen und brachten Totenspenden dar, und doch schrieben viele

auf die Grabsteine Texte, in denen sie dem Toten eine jede Existenz nach

dem Tod verneinende Äußerung in den Mund legten/

4

 Diskrepanzen und

manchmal gezielte Viel- und Zweideutigkeiten sind keine Exklusivität des

Kaiserkultes. Sie sind Aspekte einer nicht gestifteten, auf der lokalen

Ebene praktizierten und vom Mangel einheitlicher N orm en charakterisier

ten Religion. Henk Versnel hat vielfach auf dieses Phänomen hingewie

sen/

5

  Auch das Paradoxon der. sterblichen Göttlichkeit gehört zu den

Diskrepanzen, mit denen uns die griechische Kultpraxis konfrontiert.

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M.

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  1995.

 Neu e Inschriftenfunde aus Aizanoi II: Das Problem der

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K.ZIMMERMANN

  2000. Späthellenistische Kultpraxis in einer karischen

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 ZOUMBAKI

  - L.

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Der Kaiser-Eid

Zur Praxis der römischen Herrscherverehrung

von

H UB E RT CANCIK

§ 1  iurandae arae von Horaz zu Lucan

Im Jahre 14 oder 13 v. C hn schickt Ho raz eine poetische Epistel an den

Kaiser Au gustus. D arin schreibt er:

1

Praesenti tibi maturos largimur honores

Iurandasque tuum per numen ponimus aras,

Nil oriturum alias, nil ortum tale fatentes.

Das soll bedeuten:

>Reichlich und rechtzeitig erweisen wir dir Ehrungen, während du noch auf

Erden gegenwärtig bist, nicht

 erst

 nach deinem Tode, wie es für Romulus, Liber,

Castor und Pollux getan wurde.

2

 Und wir stellen Altäre auf, an denen man bei

deinem Namen schwören kann muß). Dabei ..bekennen wir öffentlich, daß

nichts Derartiges wie dein Num en)

 niem ls

 und nirgends aufgehen wird, nichts

Derartiges aufgegangen ist.<

Drei kultische Akte nennt der Dichter:

a) die Markierung des sakralen Raumes und die Bereitstellung des Kult

geräts Altar);

b) einen Ritu s am Altar Schwur);

c) das Bekenntnis zu dem Einzigartigen.

Der Ritus, den Horaz heraushebt, ist nicht Gebet, Gelübde oder Opfer,

sondern Schwören bei dem Numen des Augustus. Die genaue Bezeich

nung des Schwurgottes war gewiß auf dem Altar eingeschrieben; eine Sta

tue beim Altar ist möglich, aber nicht notwendig.

1

  HORAZ,

  epist. 2,1,15-17.

2

 Diese Beispiele sind genannt in 2,1,5.

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3

Hubert Cancik

So hat das Volk von Rom nach der Ermordung Caesars, des Diktators,

auf dem Forum eine Säule errichtet und darauf  Parenti Patriae  geschrie

ben. Bei dieser Säule, berich tet Su eton, hat das Volk geopfert, Ge lübd e

abgelegt und »gewisse Streitigkeiten geschlichtet, wobei der Eid >bei Cae

sar geleistet wurde«.

3

  Der Kaisereid gehört also zur Praxis des Herr

scherkultes.

Weshalb beschränkt Horaz sich auf den Schwur? Warum schwört er bei

dem Numen und nicht bei dem Genius oder der Salus des Princeps? Wel

che Altäre meint Horaz? Was bedeutet das Bekenntnis?

a) Den frühesten Altar für das Numen Augusti , der mir bekannt ist , hat

Tiberius in Rom aufgestellt, zwischen 5 und 10 n. Chr.

4

  Auf dem Forum

zu Narbo wird 12/13 n. Chr. eine Ära Numinis Augusti aufgestell t .

5

Beides ist ohne Verbindung zu Horaz- Doch ist  numen  bei Horaz viel

leicht nicht Kultname stricto sensu, sondern eine gehobene Bezeichnung

für >götcliches Wesen und Wirken<. Dann könnte man an die Ära Pacis

Augustae denken, die im Sommer 13 v. Chr. beschlossen wurde,

6

  und an

den C om pital-Ku lt , den Au gus tus im Jah re 12 v. Chr. , in seinem ersten

Jahr als pontifex maximus eingeführt hat.

7

  Mehrere Altäre für Laren und

Genius des Kaisers sind erhalten/ Falls die Abfassung der horazischen

Epistel auf 14/13 sicher datiert ist, dürfte, man sie als Zeugnis für die

Planung des Compita lkul tes werten.

9

3

  SUETON,   Iulius   85:  postea plebs) solidam columnam [...Jinforo statuit inscrip-

sitque >parenti

 patriae<.

  apud eam longo tempore saaificare vota suscipere con-

troversias  quasdam interposito per Caesarem  iure iurando distrahere perseveravit.

4

 Die

 Fasti

 Praenestini  datieren die Weihung der

 ara numinis Augusti

  auf den

17.

 Januar des Jahres

 

n. Chr.

  (EHRENBERG-JONES,

 1976,46), der Text ist allerdingsstark ergänzt:...

  immolant nfumini Augusti ad ajram quam

 dedicaverat TL

  Caesar.

s

  ILS 112   (EHRENBERG-JONES,   1976, 85 f.), beschlossen am

 10.

 August 7 n. Chr.

Die Dedikationsformel nennt ausdrücklich das

 numen Augusti.

6

 AUGUSTUS,

  Monumentum Ancyranum cap.  12;   Einweihung: 9 v. Chr. VgL

HORAZ, C 4,15.

7

 G.

 NIEBLING,

 Laribus Augusus magistri

 primi.

 D er Beginn des Compitalkultes

der Lares und des Genius Augusti, in: Historia 5 (1956)   303-331;   zur Datierung

von Hör. ep. 2,1:   330 f.

8

  Rom, Vatikan. Museen:   HELBIG   I nr.255; nr.  83:   Lares Augusti und Genii

Caesarum.

9

 Die Datierung beruht auf 2,1,253 f. (Unterwerfung der Alpenvölker durch

Drusus und Tiberius, 15-14 v. Chr.); vgl. Anm.

 7.

  - Bei   HERSMANN,   1968, ist die

Horazstelle nicht behandelt. Wohl auszuschließen sind private Altäre, wie sie bei

H O R A Z ,

 c

4,5,34 f. genannt sind: ... et Laribus tuum miscet  numen. Die Annahme

von

  WEINSTOCK   (1971,

  213), Horaz bezeuge einen tatsächlichen »Versuch«, einen

offiziellen Titel  »Numen AuzustU  zu schaffen, scheint mir nicht bewiesen.

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Der Kaisereid

31

b) Zur Ehre der Altäre wird Aug ustus erhoben, aber auch die Aufnah

me unter

 die

 Schwurgötcer

  ist

  eine hohe Ehre. Augustus wird Zeuge, Bür

ge,

  Richter der Verpflichtung,  die der Schwörende übernimmt,  und Voll

strecker

  des

  Fluches,

  den der

 M eineidige über sich bringt.

  Die

  Götter

schwören

  bei der

  Styx, denn

  sie ist

  »das Älteste

  und

 Teuerste«.

10

  Kaiser

Claudius schätzte  die  Kaiserin Livia, seine Großmutter,  so  hoch,  daß er

den Frauen gebot, ihren Namen  als Eid zu  nehmen.

11

  Die Juden  in Ale-

xandrien dagegen ehrten

  den

 Kaiser C aius Caligula w eder durch Stand

bilder noc h dadu rch, daß sie seinen N am en  im Schwur gebrauchten.

12

 Sol

che Leute werden bestraft:

13

  quod numquam

  per

 genium suum deierassent.

Der öffentliche Schwur enthält

  ein

 >Bekenntnis<

  zu

  dem Kaiser und kann

als Mittel

  zur

 Kontrolle gebraucht werden.

c) Horaz legt  in  oder nach seinem Schwur  ein  überwältigendes >Be-

kenntnis<

  ab. Er

 muß

 die

 E inzigartigkeit

  des

 N um en Augusti anerkennen

und öffentlich bekannt machen  fateri).

1

*  Dazu hilft ihm ein Polyptoton,

die asyndetische Gemination  und das Hysteron-Proteron  -  alles in einem

Vers. Weder nach Qualität  tale)  noch  in  Raum oder Zeit  alias)  kommt

irgendetwas diesem Numen gleich. Nur an die Gestirne soll man denken   -

ihre Größe, Höhe, ihren Glanz,  an die  Sonne zumal. Weil  sie  alles sieht,

wird sie so oft als  Schwurgottheit angerufen.  Die Sonne  ist  auch Bild des

allsehenden Herrschers.

15

  Sein Amtsantritt  am Jahresanfang  ist wie der

Aufgang  der Sonne.  Der  Herrscher strahlt zusammen  mit dem  großen

Gestirn. Er  glänzt sogar noch heller als dieses und ist größer am Himm el

als  das  frühe Morgenrot:

16

10

  ARISTOTELES,

  Metaphysik

  1 3

983b

 ff.; vgl.

 HESIOO,

  Theogonie

  385 ff.;

 SER-

VIUS,  ad Aen.  6 134; vgl.  H IRZ E L ,  1902 15.

11

  CASSIUS  D IO 60,5. Vgl. SUETON,  Claudius 11,2:.. .

 ins

 iurandum neque sanctias

sibi neque crebnus instituit quam

 per

 Augustum.

  Vgl.  CANCIK, 1996.

12

 JOSEPHUS,  antiquitates Iudaicae

  18,8,1.

'

13

  SUETON,  Caligula

  27,3:

  Caligula selbst schwört bei dem  numen Drusillae,  sei

ner Schwester  (SUFH  Cal. 24,2).

14

 fateor  häufig  in der  Gerichtssprache, auch  das  erzwungene Geständnis; vgl.

ÖJIOAO^SIV,

 öiioXoyixx

15

 A.

 A U Ö I D I ,

  Die

  monarchische Repräsentation

  im

  römischen Kaiserreiche.

(1934; 1935),

  3

1970,  257ff.  (zur Strahleakrone).

16

  STATTJS,  Silve 4,1,3

 U vgl.

 1,1,103; vg l.  VERGIL,  Aeneis 12,162

 ff.

  (König Lati-

nus);  HORAZ,  c. 4,5,5  ff.;  MARTIAL  4,1,4. Statius benutzt  die Topik  des Herrscher

lobes  und

  Herrscherkultes; eine direkte Abhängigkeit

  von

 Horaz  (FR. VOIOLWER,

z. St.)  ist  nicht anzunehmen. Hier besteht  ein  religiöses Konnnuum, keine litera

rische Abhängigkeit.

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3

Hubert Cancik

atque orimr cum sole novo, cum grandibus astris,

clarius ipse nitens et primo maior Eöo.

Die abundierende Bildersprache dieser Verse verrät einen schwächeren

Dichter und meint einen schlechteren Kaiser. Horaz ist knapp und meint

Augustus. Aber das Bild von der Sonne und die Hyperbolik der >AU<- und

>Einzig<-Prädikationen sind gleich. Die republikanische Opposition in

Rom hat, lange vor den Chrisdanern, dieses Ritual und seine Bildersprache

durchschaut; noch zur Zeit Neros wagt sie zu bekennen:

17

Die Bürgerkriege sind es, welche die vergöttlichten Herrscher den Himmlischen

gleichstellen werden. Roma wird die Manen (der verstorbenen Herrscher) mit

Blitzen ausstaffieren, mit (Sonnen-)Strahlen und Sternen, in den Tempeln der

Götter wird Roma bei den Schatten (der toten Kaiser) schwören.<

Bella pares superis facient civilia divos:

fulminibus Manes radiisque ornabit et astris

inque deum templis iurabit Roma per umbras.

Auch Lucan nennt nur den Schwur als Ritual: offenbar ist der Kaisereid

ein besonders signifikanter Kultakt im römischen Herrscherkult.

Einige nicht-literarische Beispiele mögen diese kultische Praxis erhellen.

Dabei werden Antworten gesucht auf die folgenden Fragen: Welche Be

deutung haben die Schwüre von Bürgern und Beamten bei, für, auf den

Kaiser in der Praxis des Herrscherkults? Sind es nur äußerliche »Loyali

tätsakte« (W issowa)? W ie verband s ich der Kaiser eid mit anderen R iten

und Göttern? Welche Emotionen, welche >Bindung<> welches >Band<   vin-

culum)  zwischen Herrscher und Bürgern (Untertanen) erzeugte oder ver

stärkte der Kaisereid?

§ 2 »das gan ze Leb en«

§ 2J D er Eid von Pbazimon-Gangra Papblagonia/Galatia),

6. 3.  3 v. Chr.

1.

  Der früheste vollständig erhaltene Treue-Eid für Augustus stammt aus

Gangra in Paphlagonien, dem nördlichen Distrikt der Provinz Galatia.

18

17

  LUCAN

  7,457-459. -  VgL den Eid, den Laelius, der Primipilus, seinem Caesar

bei Lucan leistet (1,373-386): Verwandtenmord, Zerstörung von Tempeln, ja Zer

störung von Rom verspricht er seinem Feldherrn (Hinweis von M. Peppel).

l

* Text

  EHMNBERG-JONES,

 1976, nr.

 315;  HEKÄMANN,

 1968,95 ff. Die Datierung

des Eides von Samos ist unsicher (6 ,5 oder 2 v. Chr.); der Wortlaut des Eides selbst

ist nicht erhalten.

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Der Kaisereid

33

Diese Provinz wurde 25 v.Chr. eingerichtet; das ehemalige Königreich

Paphlagon ien w urd e wo hl 6/5 v. Ch r. hinzugefügt.

19

  Diese Verwaltungs

maßnahme war wohl der Anlaß für die Vereidigung der Bevölkerung. Das

Datum der Vereidigung ist in der Inschrift sorgfältig dokumentiert: vom

12.  Co nsulatsjahr des Aug ustus   (1.  Januar -

  31.

 De zem ber 5 v. Ch r.) ab ,

im dritten Jahr der lokalen paphlagonischen, nicht der galatischen Ära,

»am Tag vor den märzlichen Nonen«. Die Wahl des Tages und die latini

sierende Datumsangabe zeigen einen Kenner des römischen Kalenders in

Paphlago nien. A m 6. M ärz des Jahres 12 v. C hr . war Au gustu s z u m

  pon-

tifex maximus

  gewählt wo rden . Mehrere Ferialia erinnern an diesen Tag.

20

Das Zeitmuster der Datierung aus römischem Consulat , paphlagonischer

Ära und römischem Feriale ist ein Indikator für die religionsgeschichtliche

Situation des Textes und des Ereignisses, das er berichtet. Der Eid wird

abgenommen beim Altar des Sebastos und zwar in speziellen Kaiserkult

stätten , den Sebasteia der Stadt u n d - erstaunlicherweise - in den Seba-

steien der (Unter-)Bezirke des Distrikts.

2 1

  Ein Bild des Sebastos, und sei es

nur gemalt , wird man bei dem Altar erwarten dürfen. Die anderen

Schwurgötter - Himmel, Erde, Sonne - sind allgemein praesent und be

dürfen keiner bildlichen Darstellung. Eine

  supplicatio ture acvino

  w ird auf

dem Altar verrichtet worden sein. »Alle«, so wird betont, wurden erfaßt,

und alle schworen denselben Eid; ob einzeln, in Gruppen oder durch Re-

praesentanten, wird nicht gesagt. Dieser Vorgang lehrt, wie schnell, wie

breit, wie umfassend Kaiserkult auch in erst neu erworbenen Gebieten

eingeführt we rden ko nn te, u n d zwar nich t .spontan, lokal, du rch ung e-

plante Diffusion, sondern offensichtlich zentral gelenkt.

22

  Wurden auch

andere römische Neuerwerbungen in dieser Form vereidigt? Blieb der

6. M är z >Nationa]feiertag< vo n Pap hlag on ien, ggf. m it jährlic her E rn eu e

rung des Eides?

2.   Geschw oren wi rd bei den t radi tionellen Eidgöt tern: Zeu s, Erde, Son

ne,

  bei allen männlichen und weiblichen Gottheiten und bei dem Sebastos

selbst. Er steht zwar als letzter, aber ohne jede Unterscheidung bei den

19

  Zur Geschichte der schon aus hethitischen Texten bekannten Region (heth,

Pala) vgL

  CH. MAEZK,

  Stadt, Ära und Territorium in Pontus-Bithynia und Nord-

Galatia, 1993.

20

  eriale Maffeianurriy

  Cumanum

Praenestinum;

  fastz

  Cuprenses.

  In Praeneste

machen die

 duoviri

 ein Opfer,

 d s

 Volk ist bekränzt und hat /e rä e; vg l   OVI D,   fast.

3,419 ff.

21

  Diese Ortsangaben sind stark ergänzt Die Angabe der Präambel (»in Gangra

auf [der] A[goraj«) ist ebenfalls stark ergänzt.

22

  Welche Zentrale(n) an der Ausrichtung der Eidesleistung beteiligt war(en), ist

in der Inschrift nicht angegeben.

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34

Hubert Cancik

großen Gottheiten. Die Paphlagonier und die daselbst tätigen Römer ver

sprechen

  eunoia

  (>guten Sinn, Wohlwollen, Zuneigung<) dem Kaiser und

seinen Nachkommen: der dynastische Gedanke ist also bereits fest. Sie

verfluchen sich selbst für den Fall des Eidbruchs: ihren Körper, die Seele,

das eigene Leben und das ihrer Kinder und ihres ganzen Geschlechtes,

Sippenhaf t also .

Die verbale Inszenierung von Versprechen und Verfluchen ist formal

und semantisch sehr stark Durch Reihenbildung oder polare Doppelung

wird Lückenlosigkeit, Unentrinnbarkeit, Intensität, Steigerung vermittelt:

(a) verfolgen und abwehren, mit Waffen und mit Eisen, über Land und

Meer;

(b) treu sein mit Wort, Werk, Gedanken; mit Leib und Seele; selbst und

Kinder und Nachkommen;

(c) einschreiten gegen den, der feindlich spricht, plant oder handelt.

Variierende Wiederholung klingt wie Schadenszauber: £^6Xa.av

  KOCI

7tocv62iSiocv - »Vernichtung un d Ganzvernichtung bis zu meiner ganzen

Nachfolgerschaft und allen von mir«, ruft der Schwören de auf sich herab.

Der Schwur erfaßt Äußeres und Inneres, auch die Seele, den Logos, die

Einsicht, eben >Alles<. Hier wird mehr verlangt als nur äußere Konformität

und Loyalität; verlangt wird >Hingabe< der ganzen Person, existentielle

Bindung<, und dies »auf jede Art und Weise« und für »das gesamte Le

ben«, Elfmal wird in diesem kurzen Text das Wörtchen  iz<xc/n(xv  ge

braucht. Der Kaisereid verlangt von allen alles auf jegliche Weise, und dies

nicht etwa in einer Notsituation, in großer Gefahr und kriegerischer Be

drängnis, sondern mitten im augusteischen Frieden. Ist das Loyalitätsre

ligion? Welcher antike Gott verlangt so viel commitment?

23

2 .2  Der Eid von Aritium Lusitania, 37 n. Chr.)

1.

  Die Einschwörung ganzer Provinzen wurde vereinzelt in der späten

Republik insbesondere in militärischer Notlage vorgenommen,

24

  in gro

ßem Stil zum ersten Mal von Octavian im Jahre 32 v. Chr., als der Konflikt

mit Antonius unbeherrschbar wurde:

25

25

 Die nächsten Parallelen stehen in Texten der Zauberer, dionysischer Religio

sität, orientalischer Religionen, etwa in den Hymnen und Gebeten bei

  APULEIUS,

Met. XI. Totale oder weitgehende >Hingabe< in einem religiösen Dienst gibt es im

Kult der Kybele oder der Vesta.

24

  CAESAR,

  BG 7,1; BCiv. 2,18,5; 3,102,2.

25

  AUGUSTUS,

 Mon. Ancyr. cap .25; auch die griechische Fassung ist erhalten. -

VgL

 SUETON,

 Aug. 17,2;

 CASSIUS D I O

  50,6,6. Nach dem Sieg von Actium wurden

auch die östlichen Provinzen vereidigt

  HERRMANN,

  1968, 7S ff.

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Der Kaisereid

35

iuravit in mea verba tota Italia sponte sua ... iuraverunt in eadem verba provio-

ciae Galliae, Hispaoiae, Africa, Sicilia, Sardinia.

Dieser Eid wurde, so der Konsens der Forschung, normalisiert zum Treu

eid aller Bürger bei jeder Accession eines neuen Kaisers. Ob dieser Eid

jährlich nur von allen Beamten oder auch von den Senatoren, den Militärs

und (Teilen) der Bevölkerung erneuert wurde, ist unklar.

26

Nach dem Tode des Augustus schwören als erste die Consuln   in verba

Tiberii^

  so Tacitus, dann die Praefekten der Praetorianer und der Annona,

»bald darauf Senat und Militär und das Volk<e

27

 Später beantragt Messalla,

»den Eid auf den Namen Tiberius jährlich zu erneuern«:

28

  per annos re-

novandztm sacramentum in nomen Tiberiü

Dieser allgemeine Kaisereid zur Accession und, möglicherweise, zum

jährlichen Gedächtnis ist literarisch und epigraphisch nur selten belegt.

Ein vollständiges Form ular ist m. W . nur für die Thronb esteigung des

C.

 Caesar Germ anicus (Caligula; 18. 3. 37) bekannt, un d zw ar erfreuli

cherweise aus dem Westen und aus dem Osten des Imperium, in einer

lateinischen Fassung aus Aritium (Lusitania) und einer griechischen aus

Assos (Asia). Die beiden Fassungen zeigen einen einheitlichen Kern und

deutliche lokale Differenzierungen, also Reichsreligion mit provinziellen

Variationen. Auch die Stadt Akraiphiai (Boiotien) hat diesen Eid abgelegt,

und zwar durch einen Repräsentanten vor der Versammlung des Koinon

der Achaier, Boioter, Lokrer, Euboier und Phoker. Dabei war der römi

sche Statthalter anwesend.

29

  Offenbar haben zuvor die Bürger von Akrai

phiai den Eid in Anwesenheit ihres Repraesentanten Epaminondas abge

legt

2.

  Die Bürger von Aritium im fernen Lusitanien schwören bereits am

11.

 5. 37, also we niger als zwei M onate nach de m Regierungsantritt des

Kaisers Caligula.

30

  Der Vorgang ist nach Zeit, Ort und beteiligten Amts

personen dokumentiert Der Legat Caligulas, der das Verfahren wohl für

die ganze Provinz organisiert haben dürfte, ist genannt und zwei lokale

magistri^ die in Aritiu m tätig wur den . Die Bürger, offenbar alles Röm er

*

  HERRMANN,

  1968, 107-110.

27

 TACITUS,

 ann. 1,7,2. Vg 1,34,1: Germanicus schwört die ävitates Belgicae auf

Tiberius ein.

28

  TAC.

 ann. 8,4.

29

 IG VII 2711,3 ff.;

  HERRMANN,

 1968, 106. Für Hinweise zu dieser Stelle danke

ich Dr. Aonette Hupfloher.

50

  Text CIL II 172;

  HERRMANN,

  1968, 122. Einen Grund für die Wahl dieses

Tages habe ich nicht gefunden; vgl. die N otizen über die begeisterte Reaktion der

Provinzen auf Caligulas Regierungsantritt:

  SUETON,

 Caligula 13-15.

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36

Hubert Cancik

lateinischer Zunge, schwören nicht bei Himmel, Sonne, Erde, sondern bei

ihrem Staatsgott und dem Gründer der Dynastie, also bei Iuppiter Opti-

mus Maximus, Divus Augustus und »allen übrigen Göttern«. Eine lokale

Gottheit ist nicht beteiligt, die Lokalität nur allgemein angegeben: »in der

alten Stadt«. Die Bürger versprechen, die Feinde des Kaisers zu verfolgen

»zu Land und Meer«, auch die feindliche Gesinnung ist verboten. Was im

Eid vo n Gangra ein umfassendes W ohlwo llen ( s w o i a ) hieß, wird im For

mular von Aritium umschrieben:

»und nicht werde ich mich oder meine Kinder für lieber/teurer halten als das

Heil des Kaisers«

neque  me neque liberos meos eius salute cariores  babebo.

Der Fluch soll den Meineidigen treffen und seine Kinder. Dieser Teil der

Schwurformel ist sogar literarisch überliefert. Caligula hat, so Sueton, die

Nafnen seiner Schw estern in alle Eide eingefüg t; der Schwur sollte lauten:

31

neque  me liberosque  meos cariores  babebo quam Gaium babeo et sorores eius

»und nicht werde ich mich und meine Kinder lieber haben als Gaius und seine

Schwestern«.

Diese Fassung von Sippenhaft und Geschlechterfluch zeigt deutlicher als

der Eid von Gangra, wie der Kaisereid menschliche Basistriebe, Selbstlie

be, Kinderliebe, Selbsterhaltungstrieb, auf den Herrscher >überträgt<. Die

familialen Beziehungen werden umgepolt und dienen der psychischen

Bindung an den Herrscher als >XJbervater<. Der Schwur ist die religiöse,

explizite Form dieser >Übertragung<.

§ 23 Der Eid von

  A o

Asia, 37 n. Chr.)

Ein dritter Text - von wieviel hunderten? - bezeugt den Bürgereid zum

Herrschaftsantritt Caligulas für eine dritte Provinz. Die Bürgerschaft von

Assos in der Provinz Asia schwört an einem nicht genannten Tag des

Jahres 37 n. Chr.

32

  dem Kaiser und seinem Hause >gute Gesinnung< und

die rechte Untersche idung vo n Freund u nd F eind. Schwurgötter sind Zeus

31

  SOTTON,

  Caligula 15,3:  de sororibus auctor

 ftdt

ut  Omnibus sacramentis  ad-

icerentur.

  - In der Inschrift von Aritium ist das zweite

 neque

  ergänzt;

  liberosque

wäre leichter. - Die Einbeziehung von Kindern, Nachkommen und Sippschaft in

den Eid ist früh und oft bezeugt: Pythisches Orakel bei

  HERODOT

  6,86 (Horkos

kommt aus der Unterwelt und vertilgt das ganze Geschlecht und das ganze Haus

des Meineidigen); Lrvius 10,38 (Eid der samnitischen legio Imteata  mit exsecratio

capitis famüiaeque

  et  stirpis);  Lrv, 22,53,19 (Scipio nach Cannae, 216 v. Chr.).

32

 Texc

  HERRMANN,

  1968, 123.

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Der Kaisereid

37

Soter, Caesar Au gus tus u nd Ath ene , »die väterliche, reine Parthenos «. D er

Eid ist kürzer als die von Gangra und Arit ium. Die Nennung der Stadt

göttin unter den Schwurgöttern zeigt städtisches Selbstbewußtsein. Keine

Sippenhaftung, kein Geschlechterfluch, sogar das Wort >Fluch< ist gemie

den: »Wenn wir gut schwören, soll es uns gut sein, wenn wir aber mein

eidig werden, das Gegenteil«.

Alle fromme Erregung ist verlagert in einen Beschluß des Rates und

Volkes von Assos und der daselbst tätigen Römer. Der Beschluß ist zu

sammen mit dem Eid dokumentiert:

>Da der von allen Menschen erhoffte Regierungsantritt des Gaius jetzt vermeldet

wurde, da der Kosmos darob kein Maß für seine Freude gefunden hat, da jetzt

jede Stadt und jedes Volk zur Anschauung des neuen) Gottes nach Rom geeilt

ist, wurde beschlossen, eine Gesandtschaft der ersten und besten der Röm er und

Hellenen nach Rom zu entsenden; sie soll dort die Freude der Stadt kundtun

und den Kaiser an den Besuch erinnern, den er mit seinem Vater Germanicus

einst der Stadt Assos abgestattet, und an die Versprechungen, die damals abge

geben wurden.«*

33

Viele Emotionen werden geweckt, die Ttöcv-Formeln zeigen die universale,

ja kosmische Bedeutung des Regierungswechsels in Rom: aller Menschen

Gebet und Hoffnung wird jetzt erfüllt; jede Stadt, jedes Volk macht sich

auf, den neuen Gott zu sehen,

34

  ein

  sü es

  Leb en be gin nt für die ganze

Menschheit; der Kosmos kann die übergroße Freude nicht fassen.

Natürlich ist das rhetorisch, übertr ieben, selbst ohne Maß. Dennoch

sind diese Formeln nicht ohne Wirkung auf die Einstellung, das Gemüt,

die Phantasie der Untertanen. Welcher andere Kult hat in dieser Weise

Emo tionen geweckt, formiert, in symbo lische Han dlu ng en umg esetzt?

35

D er Tag w u rd e wahrsche inlich als Jahresfest eingerichtet, dessen religiöser

Kern die

 renovatio sacramenti

  gewesen sein kö nn te. Jedenfalls feiert in der

Nachbarprovinz Bithynia der proconsularische Legat Plinius Secundus am

28. Jan ua r öffentlich de n

  dies imperii

  seines Kaisers Traian, wohl im Jahre

33

  Der Besuch fand während der Tätigkeit des Germanicus im Osten statt,

  1.

 Ja

nuar  8 bis

 10.

 Oktober

  19.

 Der Bezug auf dieses Ereignis ist ein weiteres Indiz für

das Selbstbewußtsein dieser uralten Stadt.

34

 VgL die Erzählung von den drei >Weisen aus dem Morgenlande«: Mt 2 und die

Liturgie des Festes Epiphanie; vgl. auch

 die

 Prophezeiungen von der Wallfahrt aller

Völker zum Zion.

35

 VgL im Rahmen des Herrscherkultes u. a. die Dokumente aus Priene, Apamea,

Eumeneia, Dorvlaeum zu einer neuen »Ordnung der Zeit« in der Provinz Asü, 9

v. Chr. OG IS

 458;

  EHRENBERG-JONES,

 1976,

 nr.

 98).

 Für die graeco-orientalischen

Kulte

 s i

 wiederum auf  APULEIUS, M et. XI verwiesen.

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38

Hubert Cancik

112 n. Chr., also imm erhin noc h ca. 15 Jahre nach dem Herrschaftsantritt

des Kaisers 28. 1. 98). Er meldet den V ollzug nach Rom :

36

»Den Tag, Herr, an dem du das Imperium dadurch gerettet hast, daß du es

übernommen hast, haben wir mit so großer Freude gefeiert, wie du es verdienst.

Wir haben zu den Göttern gebetet, daß sie dich dem Menschengeschlecht, des

sen Schutz und, Sicherheit auf deinem Heil beruht, unversehrt und in Blüte

erhalten. Ich habe auch den Kommilitonen den Eid nach feierlicher Sitce vorge

sprochen, wobei die Provinzialen voll Eifer mit derselben Frömmigkeit den Eid

schworen.«

Der Kaiser bedankt sich mit einem Satze klassischen Lateins und schließt

so den Kreislauf zwischen Zentrale und Peripherie; er schreibt:

»Gern, mein liebster Plinius) Secundus, habe ich aus deinem Schreiben erkannt,

mit wie großer Religion und Freude die Kommilitonen zusammen mit den Pro

vinzialen unter deiner Anleitung meinen

 dies imperii

 gefeiert haben.«

Plinius:  Diem, domine, quo servasti imperium, dum suscipis, quanta mereris

laetitia celebravimus, precati deos ut te generi humano, cuius tutela et securitas

saluti tuae innisa est, incolumem, florentem praestarent. Praeivimus et commi-

Ktonibus ius iurandum more solenini eadem provincialibus certatim pietate iu-

rantibus.

Traian:  Quanta religione et laetitia commilitones cum provincialibus te prae-

eunte diem imperii mei celebraverint, Kbenter, mi Secunde carissime, agnovi

Etteris tuis.

A uc h hier dürfte der Herrschaftsantritt des Kaisers und der erste Schwur

auf seine Person von den Einwohnern der Provinz und den damals dort

tätigen Kommilitonen erinnert worden sein. Ebenso wie der Notenwech

sel zwischen Traian und seinem Legaten in Bithynien realisiert die Wall

fahrt der Assier nach Rom die ideelle Verbindung von Peripherie und

Zentrale durch das Medium der Religion. Die Dokumentation dieser

Wallfahrt durch eine Inschrift in Assos signalisiert und erinnert diesen

Austausch lapidar, in dauerhafter Form. Die Gesandtschaft hat »im Na

men der Stadt« Assos in Rom zum kapitolinischen Zeus gebetet und ihm

geopfert, vielleicht sogar in der

  area Capitolina;

  vielleicht hat sie ihre Tä

tigkeit auch durch eine Inschrift auf dem Capitol dokumentiert.

37

  Es fällt

auf, daß die Assier nichts von der erhofften Audienz und dem Anblick des

neuen Gottes berichten.

36

  PLDSTOS,

 epist. 10,52 und 53 wohl 112 n. Chr.). Der Tag ist durch das

  eriale

Duranum

 gesichert. Auch epist. 10,102 und 103 dokumentieren die Feier des

 dies

imperii wohl 113 n. Chr.) mit Freude und Kult, aber ohne Eid.

37

 Eine >Wa)lf ahrt< nach Rom wurde auch von dem boiotischen Koinon anläßlich

des Regierungsantritcs des neuen Gottes Augustus Germanicus beschlossen: IG IV

27711 Akraiphiai), Z. 51-77, s. o. §2.2 .

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Der Kaisereid

39

Das Verhältnis von Eid und Psephisma der Bürgerschaft von Assos ist

in der Inschrift nicht angegeben, auch nicht der Tag, der Ort, das Ritual

des Schwurs. Man möchte annehmen, daß beides bei derselben Gelegen

he it stattfand, vielleicht - da die Stadt anscheinend ke in Sebasteion ein ge-

.richtet hat - beim Tem pel der einheim ischen Parthenos/

38

Soviel zum Kaisereid als Teil des Herrscherkultes und Teil der römi

schen Reichsreligion, der für Römer und HeJlenen verbindlich war, ver

hältnismäßig oft durchgeführt wurde, der die Praesenz der Provinzialen

verlangte und ein hohes commitment Die Zeremonie hat einen festen

Kern, erlaubt aber viele Variationen. Konnten Christianer daran teilneh

men?

§ 3

  sed et iuramus

  - »aber auch wir schw ören«

§ 3J Der Eid bei T ertullian

»Auch wir schwören«, schreibt Tertullian von Karthago und bekennt da

mit seine Treue zu dem Kaiser und zu der römischen Gesellschaft. Die

Christianer in der Provinz Africa proconsularis um 200 n. Chr. beten für

de n K aiser un d für de n Bestand des Reiches.

39

 A ll dies - Schwören, Kaiser,

Re ichstreu e - ist keineswegs selbstverständlich, s chon gar nicht für einen

Rigoristen, Fanatiker, satirischen Polemiker wie TercuUian. Hatte doch der

neue Moses in der Bergpredigt das neue Gesetz gegeben:

40

»Ich aber sage euch: Ihr sollt überhaupt nicht schwören, weder beim Himmel,

..., noch bei der Erde, ... noch bei Jerusalem,..., noch bei deinem Haupte ...«

D ie christliche Naherwarcung hatte den baldigen U ntergang d es verhaßten

Babylon - Edom - Roma geweissagü »Herr, komm schnell«, lautet der

Schlußsatz der Offenbarung des Johannes.

41

Ein Jahrhunden danach schreibt Tertullian:

42

38

  Zur

  Topographie von Assos

  s. E.  SCHWERTHEIM,

 Art. Assos,

  in:

  DNP 2,1997,

Sp.

 112-113. •

39

 TERTULLIAN,

 Apologeucum 32,2 und 30,3-4.

40

 MT

;

 5,33-37: »Wiederum habt

 ihr

 gehört, daß

 den

  Alten gesagt worden

 ist:

 >Du

sollst nicht falsch schwören« ... Ich aber sage euch: ^f| öjiöacu ökcoc,«. VgL

 JAK.

5,12. - Weniger rigoros:

  PAULUS,

 Gal. 1,20; Rom.

  1,9;. 9.1;

  Hebr. 6,16.

4l

*Vgl.

 JOH.

  Apk. 13 Das Tier aus dem Meere, aus der Erde); 17 Babylon):

22,20. - Vgl. Thess. 2,7.  '

  h

4

*

 TERTULLIAN.

 Apologeticum

 32;

  zum Zusammenhang von Eid und Ehrung

 s.

  o.

§

  1.

 - Einige Cbristianer zur Zeit TemiUians scheuen sich jedoch nicht, beim

 genius

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4

Hubert Cancik

»... indem wir darum beten, daß das Ende der Welt aufgeschoben wird, fördern

wir die Dauer Roms. Aber wir schwören auch, zwar nicht bei den Genien der

Caesaren, so doch bei ihrem Heil, das erhabener ist als alle Genien. Wißt ihr

nicht, daß die Genien >Daemonen< genannt werden ...? ... Daemonen übrigens,

das heißt die Genien, pflegen wir zu beschwören, auf

 daß

 wir sie von den Men

schen austreiben, nicht bei ihnen zu schwören, daß wir ihnen die Ehre einer

Gottheit übertragen«.

Tercullian folgt also in der Eschatologie und in der Frage des Eides einer

gemäßigten, romfreundlichen Richtung der Chrisnaner. Der Schwur bei

dem genius  des Kaisers war den Römern um 200 eine konventionelle und

respektierte Form:

43

citrus denique apud vos per omnes deos quam per unum genium Caesaris pei-

eratur.

Aber auch der Schwur

  per salutem Augusti(-am)

  ist seit augusteischer Zeit

unter den Römern bekannt:

44

  hier gab es also eine erfreuliche Überein

stimmung. Trotz dieser grundsätzlichen Übereinstimmung gibt es in an

deren Schriften Tertullians aber immer noch erhebliche Bedenken gegen

den Soldateneid und den Beamteneid.

45

 Es fällt auf, daß Tercullian nirgends

den allgemeinen Bürgereid oder Kaisereid bespricht, dem sich die Chri

stianer doch viel weniger entziehen konnten als dem Beamten- oder Mi

litäreid.

§ 32 Die Herrscherverehrung der Christianer

Die Christianer in der Provinz Africa schwören also bei der Salus Cae

saris, sie beten für den Bestand des imperium Romanum. Sie lehnen jedoch

die Praxis römischer Herrscherverehrung ab. Tercullian beschreibt sie , w ie

folgt: Schwören bei dem Genius und Opfern für die Salus Caesaris: der

Schwur ist auch hier signifikanter Teil der Verehrung;

46

  Weihrauchköraer

für einen A s; zw ei Tropfen Wein; das Blut eines lebensmü den Rindes, das

bei der Opferschau von den Priestern als fehlerhaft zurückgewiesen wer-

zu schwören; Acta Scilitanorum 3:

  et

 iuramus

  per

 genium

 Dom ini nostri et pro

salute eius  swppUcamus.

43

  TERT.

 Apol. 28,4. Vorstufen:

 TERT.

 ad nationes 1,10,33; 1,17; 2,9,14.

44

  WEINSTOCK, 1971, 172 ff.

45

  TERTUIXIAN,  de Corona 11: das göttliche

 sacramentum

  in der Taufe steht im

Widerspruch zu dem humanum sacramentum und zum Fluch auf Vater, Mutter

und die Nächsten, die der Christ doch lieben soll. -  TERT. de idololatna  17,3; 20,5;

21: luppiter tibi sit irazus.

 Der Christ soll antworten:

 immo

 tibi

46

 TERT.

 Apol. 28,4; 32,2; 35,10.

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Der Kaisereid

41

den müßte;

47

 an Kaiserfesttagen die Türpfosten  mit frischem Lorbeer u m

winden; helle Lichter in den Hauseingang stellen; Feiern auf dem Forum.

48

Das alles machen  die  Christianer nicht  mit.  Aber feiern wollen  sie den

Kaiser auch, allerdings

  nur

 unter sich,

  im

 Hause

 und in

  Reinheit, Nüch

ternheit und Anstand  (casti, sobrü, probi)  ̂ Sie rufen nicht: »Iuppiter me h

re deine Jahre  zu  Lasten  der unseren«.

50

  Sie  befragen nicht Astrologen,

Haruspices, Auguren, Magier nach dem Leben des Kaisers.

51

  Sondern sie

beten  für ihn: barhäuptig,  die  Arme ausgebreitet,  den  Blick nach oben

gerichtet, ohne einen Vorsprecher.  Sie beten nicht  nur an den  offiziellen

Festen, sondern sind »immer«  im »Gebet  für alle Kaiser«. Sie erbitcen:

52

»langes Leben,

ungefährdetes Imperium,

sicheres Haus,

starke Heere,

treuen Senat,

braves Volk,

ruhigen Erdkreis.«

Das Gebet »für alle Kaiser« enthält eine »Litanei«  von sieben Bitten, je

weils zweigliedrig Bikola), verständig, um fassend, in  vernünftiger Anord

nung.

 Es

 klingt

 wie ein

 offiziöser Text

 der

 Gem einde

  von

 Karthago.

Tercullians Gebet  für den  Kaiser, sein Schwur  bei der  salus Caesaris

»Kaiser-Heil«), sein Bekenntnis zur Dauer des Reiches zeigt Diese Chri

stianer sind  die  besseren Untertanen und die  besseren Römer. Hier läßt

47

  TERT. ApoL 30,5-6. Das Blut

 des

 Rindes weist auf

 ein

  besonderes Ritual. -  Die

Opfermetaphorik, mit der im N T das Jüdische Opfer allegorisierc wird Hebräer

brief) wird hier

 auf

 römische Opfer angewandt.

 In

 beiden Fällen wird

 die

 Opfer

terminologie

  zur

 spirituellen Überbietung

  des

  Tieropfers benutzt. Systematisch

durchgeführt bei Augustin, vgl. H. C ANCIK-LINDEMAIER,  Opfer. Religionswissen-

schafdiche Bemerkungen  zur  Nutzbarkeit eines religiösen Ausdrucks,  in:

H.-J.

  ALTHLAUS

  / H.

  CANCIK-LINDEMAIER

  / K.

  HOFPMANN-CURTIUS

  / U.

  RJEB-

STOCK

  Hrsg.), Der Krieg in den Köpfen Untersuchungen des Ludwig-Uhland-

Instituts der Universität Tübingen 73), Tübingen 1989, 109-120. Zu der Verknüp

fung von Opfer und Gesinnung des Opfernden vgl. H.  CANCIK-LINDEMAIER, Tun

und Geben. Zum Ort des sogenannten Opfers  in der römischen Kultur, in: R

 JA-

NOWSKI /

 M.

  WELKER  Hrsg.), Opfer. Theologische  und  kulturelle Kontexte,

Frankfurt am Main 2000, 58-85.

48

  TERT. Apol. 35,4 und

  11..

 Auch an diesen sollemnitates publicae  ist »Freude«

die leitende Affektation s. o. §

 2.3):

  gaudia

 publica,

 gaudia

 Caesar um.

49

  TERT. Apol. 35 4.

50

  TERT. Apol. 35 7.

^

  TERT.

 Apol. 35,12.

52

  TERT. Apol. 30 4.

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4

Hubert Cancik

sich erkennen, wie und warum gerade diese Religion im Verlaufe des

nächsten Jahrhunderts sich zur dominanten Reichsreligion entwickelt hat.

§ 4 Zusam men fassung und Fragen

§4,1 Zusammenfassung

4.1.1 In diesem Beitrag wurden einige Eide verschiedenen Inhalts bei,

auf und für den Kaiser vorgestellt. Die Beispiele stammen aus Rom und

den Provinzen Galaria, Lusitania, As ia, Africa vo n 14 v. C hr . H or az ) bis

zu r severischen D ynast ie Tertullian).

4.1.2 a) Der Eid ist - wie Gelübde, Gebet, Segen/Fluch, Opfer, einfache

Divinarion - ein allen Religionen des  Imperium Romanum  gemeinsamer

Ritus, auch der sogenannten monotheistischen Religionen.

b) Der Eid der Bürger bei, für und auf den Kaiser ist ein festes, signi

fikantes Ritual des Herrscherkultes, neben den vota,  den Opfern für den

Kaiser und sein Ha us) und ähnlichen Ehrungen w ie der Einrichtung einer

neuen Ära, der Umbenennung von Monaten, Städten, Gebäuden.

c) Die Eidesleistung schafft durch ihre juristischen Folgen, die kultische

und verbale Inszenierung eine Bindung

  (vinculum)

  zwischen Kaiser und

Bürgern, der Bürger untereinander, im Osten des Reiches besonders zwi

schen Hellenen und Römern, die denselben Eid schwören. Der Kaisereid

ist also ein Ritual der römischen >Reichsreligion<.

4.1.3 Angesichts der Frequenz und der Massen von Teilnehmern, die

man für den Bürgereid auf den Kaiser annehmen m uß , ist seine Be zeu gu ng

gering, vielleicht darf man sagen: erstaunlich gering.

4.1.4 Im Vergleich zu anderen religiösen Texten der griechischen und

römischen A ntike ist mir das starke persönliche com m itment auffällig, das

in den Kaisereiden gefordert wird. Die Eigenliebe

  {conservatio sui\

  die

Kinderliebe, die Bindung an die Sippe werden ausgerichtet auf den Caesar.

Durch den Eid soll ein Band erzeugt oder verstärkt werden, das so fest ist

wie der Lebenswille des Menschen überhaupt. Wieweit das damals gelang,

ist mir unklar.

Die Übertragung familialer Beziehungen auf die Beziehung Kaiser -

Bürger wird auch durch andere religiöse Maßnahmen betrieben; nur drei

Beispiele: a) die Au fnahme des  genius Augusti  in den privaten Hauskult

und in den stadtrömischen Compitalkult,

53

  b) den Schwur bei dem genius

53

 Vgl.

  WEINSTOCK,

  1971, 215 ff. - Kaiserstatuetten haben sich jedoch in den

pompeianischen Lararien nur selten gefunden; ob unter den gemalten drei Genien

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Der Kaisereid

43

des Kaisers analog dem beim  genius  des pater familias

>

  c) die >Vater<-Titel

der Caesaren:

pater

 patriae,

 parens

 patriae.

In dieser Hinsicht wird es auffällig, daß die Ikonographie der Kaiser und

Divi nicht an die Ikonographie der hellenistischen Vatergottheiten an

knüpft.

54

§4.2 Fragen

4.2.1 Umfang und Frequenz des obligatorischen >Kaisereides< der Bürger:

a) Sind bei der Einrichtung v on Pro vinzen und D istrikten

  (provinciae -

STtap/ioa;

 conventus

  - w a p / i a i ) immer alle Bürger/Einwohner vereidigt

worden?

b) Sind alle Bür ger/Einw ohner bei jedem Th ronw echsel auf den neuen

Herrscher vereidigt worden?

c) Bei welchen Gelegenheiten wurde dieser bzw. ein analoger Eid >er-

neuert<? Sicher gab es hierfür beim   dies imperii  eine Gelegenheit: war sie

aber zwingend, und für welchen Kreis?

55

d) H ab en die .Christianer diesen allgemeinen K aisereid Treue-Eid)

S6

geschworen oder nicht?

4.2.2 Wie läßt sich die Bindekraft des Herrscherkults erfassen, die  vis

vinctionis

  des

  vinculurrti

  Welche Quellen und Methoden gibt es zur Un

tersuchung der Psychologie des Herrscherkultes?

4.2.3

  K URT LATTE

  hat in seiner Geschichte der römischen Religion das

Kapitel über die Kaiserzeit unter den religionssoziologischen Begriff

»Loyalitätsreligion« gebracht

57

 Er umschreibt sie mit folgenden Ausdrük -

ken:  sie sei »keine eigentliche Religion«, sie sei Anerkennung der politi

schen Wirklichkeit, »nicht religiöses Bekenntnis«; es gebe zwar ein spon

tanes Gefühl hinter ,dem Kult des Kaisers: »nur fällt es aus dem Bereich

des spezifisch Religiösen heraus«.

58

  Die Beteuerung der Loyalität in der

Kaiserzeit zeige kein »stärkeres religiöses Empfinden der Beteiligten«;

59

der mittlere den Kaiser meint, ist unsicher. - Zu den  literarischen Quellen;

 HORAZ

c 4,5,34;

 PETRON,

 Satiricon

 60; CASSIUS D I O

  51,19,7.

54

  Hinweis von Dr. K. Hitzl.

55

  Vgl o. § 2.3 zu PLINTUS d. J.

56

 »Allgemein«

 im

 Unterschied zum Eid der Beamten

 {in acta, in verba, in lege \

der Richter, der Zeugen; der Berufsstände Ärzte, Soldaten) etc.

57

  Der Ausdruck »Loyalitätsreligion« wird als Titel und Kategorie benutzt von

K.

 LATTE, Römische Religionsgeschichte. München 1960),

 2

1967, S. 312 ff.

58

  LATTE, 308; 309.

5 9

  LATTE, 313.

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44

Hubert Cancik

»die äußeren Formen der Loyalitätsreligion steigern sich mit der Zeit,

ohne daß ihnen eine größere Intensität des Empfindens entspräche«.

60

  Er

faßt der Ausdruck »Loyalitätsreligion« die Religiosität der Kaisereide,

Praxis und Konzept von römischer Herrscherverehrung und Kaiserkult?

Bibliographie

H .

  CANCIK

  1996. »Nichts blieb übrig für die Verehrung der Götter«. Hi

storische Reflexion über Herrscherverehrung bei Tacitus, in: Geschichte

- Tradition - Reflexion. Festschrift für Martin Hengel zum 70. Geburts

tag,

  hrsg. v. H

  CANCIK

  / H.

  LICHTENBERGER

  / P.

 SCHAUER,

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Tübingen; Bd. 2: Griechische und römische Religion, hrsg. v. H.

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Neue Forschungen zum Festkalender

der römischen Kaiserzeit

von

P E T E R H E R Z

Wenn ich im folgenden den Begriff Festkalender verwende, dann sind die

folgenden Prämissen zu bedenken.

1

  Es gab nicht

  en

  Festkalender, son

dern man muß davon ausgehen, daß in jeder Periode der römischen Kai

serzeit eine Vielzahl von Festkalendern nebeneinander existierte. Diese

Kalender hatten zwar eine gewisse Schnittmenge an allgemein verbindli

chen Festen miteinander gemeinsam, stellten aber ansonsten jeweils die

Feste als beachtenswert heraus, die man nach sehr unterschiedlichen reli

giösen, sozialen und eventuell lokalen Gesichtspunkten als relevant und

daher feiernswert feststellte.

2

Um diese Feststellung an einigen Beispielen zu verdeutlichen: der Ge

bu rtst ag eines Kaisers und de r Tag seines offiziellen He rrschaftsbe ginn s

waren natürlich Daten von allgemeiner Bedeutung und dürften daher in

allen Festkalendern seiner Regierungszeit registriert und gefeiert worden

sein. Der Tag hingegen, an dem dieser Kaiser eine bestimmte Stadt in

1

 Lit. zu den Festkalendern: J. Rüpke, Kalender und Öffentlichkeit. Die Ge

schichte der Repräsentation und religiösen Qualifikation von Zeit in Rom, Berlin,

New York 1995 R W 40) bietet ein aktuellen Überblick über die Forschung bis

Mitte der 90er Jahre, die auf der großen Materialsammlung von A. Degrassi, In-

scriptiones Italiae XIII , 2. Fasti anni Numani et Iuliani, accedunt ferialia, menologia

rustica, parapegmata, Roma 1963 [im folgenden: Degrassi, Fasti

 •+•

  p.] aufbaut.

2

  Sehr ernüchternd ist in diesem Zusammenhang das Bild, das das Haushalts

buch des Soknopaios-Heiligmms = P.Louvre I Nr . 4) bietet, das jetzt in einer

Neuedition du rch A.Jördens Hrsg.), Griechische Papyri aus Soknopaiu Nesos

P.Louvre I), Bonn 1998 vorgelegt wurde. Unter einer Vielzahl von völlig auf den

einheimischen Kult ausgerichteten.Festen findet sich ein einziger Termin des Kai

serkultes erwähnt. Vgl, auch A. Grimm, Die altägyptischen Festkalender in den

Tempeln der griechisch-römischen Epoche, Wiesbaden 1994 Ägypten und Altes

Testament 15) u.

 Sh.

  El-Sabban, Temple festival calenders of ancient Egypt, Liver

pool 2000.

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48

Peter Herz

einem feierlichen  adventus  betreten hatte, kon nte von dieser speziellen

Stadt natürlich auch später noch als Fest gefeiert werden, war aber bereits

für die Nachbarstadt oder gar die Stadt Rom vollkommen irrelevant und

für diese daher nicht feiernswert.

3

Der Tag, an dem die römischen Veteranen ins Zivilleben entlassen wur

den oder an dem eine bestimmte Einheit ihre Feldzeichen erhalten hatte

und damit ins Leben gerufen worden war, konnte im gesamten römischen

Heer bzw. in dieser speziellen Einheit als Fest begangen werden,

4

  lieferte

aber für die Zivilbevölkerung kaum einen Anlaß, diesen Tag zu feiern.

Eine Aufweichung dieser Regel kann man lediglich in Fällen vermuten, in

denen die Einheit inmitten einer Stadt garnisonierte.

Die einzige Ausnahme von dieser topographischen Regel stellt die Stadt

Rom dar, denn wir können durchaus feststellen, daß einige Feste, die ur

sprünglich mit Ereignissen verknüpft waren, die nur für Rom von Belang

waren, in einer späteren Phase eine überregionale Bedeutung erhielten.

Dies ist aber vor allem unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, daß durch

die enge Beziehung zwischen dem jeweiligen Kaiser und der Hauptstadt

diese zunächst rein lokalen Feste aufgewertet wurden und auf diesem

Wege überregionale Relevanz gewannen. Eine ganz entscheidende Rolle

kommt dabei der römischen Armee zu, die als Träger einer reichseinheit

lichen Tradition für eine Verbreitung ursprünglich stadtrömisch-italischer

Vorstellungen sorgte. Denn selbst als nur noch ein sehr geringer Teil der

Soldaten italischer Provenienz war, hielt man unbeirrt an der Vorstellung

fest, der

  exeratus Romanus

  sei identisch mit dem

  exercitus populi Rom ani

der alten Zeit und tradierte daher auch durchaus typisch römische Feste

wie Neptunalia, Vestalia usw.

5

3

  Vgl. zu den lokalen Epibaterios-Kulten von Kaisern: H. Halfmann, Itmera

principum. Geschichte und Typologie der Kaiserreisen im römischen Reich, Stutt

gart 1986,

  2

 f.

4

 Zum Fahnenkult vgl. neben Th. Pekary, Das Opfer vor dem Kaiserbild, BJb

186, 1986, 91-103 vor allem O. StoU, Die Fahnenwache in der römischen Armee,

ZPE 108,1995,107-118 = Römisches Heer und Gesellschaft. Gesammelte Beiträge

1991-1999, Stutegan 2001, 47-58 u. dens-, Excubatio ad signa. Fahnenwache, mi

litärische Symbolik und Kulturgeschichte, St. Katharinen 1995.

5

 Vgl. dazu P. Herz, Sacrifice and sacrificial ceremonies in the Roman army of

the imperial period, in: A. I. Baumgarten (Ed.), Sacrifice in religious experience,

Leiden, Boston, Köln 2002 (Numen 93), 81-100 und vor allem O. StoU, Zwischen

Integration

 und

 Abgrenzung. Die Religion

 des

 römischen Heeres im Nahen Osten.

Studien zum Verhältnis von Armee und Zivilbevölkerung im römischen Syrien und

den Nachbargebieten, St. Katharinen 2001 (Mainzer Althistorische Studien 3).

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Neue Forschungen zum Festkalender

49

Bei zwei Festterminen, dem römischen Jahresanfang am

  1.

  Januar des

julianischen Kalenders und dem

  3.

  Januar, dem Tag der

  nunatpatio voto-

rum

ist daneben eine gesonderte Traditionslinie zu berücksichtigen. Die

Kalendae Ianuariae

  zogen ihre Bedeutung ursprünglich lediglich aus der

Tatsache, daß an diesem Tag seit der späten Republik in Rom die

  consules

ordinarii  in einer feierlichen Zeremonie ihr Amt antraten.

6

  In einer ersten

Stufe wurde dieser Termin auch in die Festverzeichnisse in Gebieten

  auf-

genommen, die wie die Provinz Asia oder Aegyptus einen völlig anderen

Kalender besaßen/ So finden wir für die Provinz Asia neben dem 23. Sep

tember, dem Neujahrstag des asianischen Kalenders und zugleich Ge

burtstag des A ugustus auch die Feier der Januarkaienden registriert.

8

  Ähn

liches läßt sich auch für Aegyptus nachweisen, wo der Januartermin

zusätzlich zu dem offiziellen Jahresbeginn am 1. Th oth = 29 . Aug ust be

achtet wu rde.

9

  Dabei scheint sich auch der ehemals feierliche und getra

gene Charakter des ursprünglich stadtrömischen Festes gründlich verän

dert zu haben, denn einige christliche Autoren registrierten mit Abscheu

die allgemeinen Lustbarkeiten, die in ihrer Zeit mit diesem Anlaß ver

knüpft waren.

10

Bei den uns vorliegenden Festkalendern, die Informationen zu Feier

lichkeiten des Kaiserkultes liefern können, lassen sich zwei grundsätzlich

zu unterscheidende Typen feststellen.

1.

  Nonnale Jahreskalender, bei denen die Feste des Kaiserkultes in das

übliche Kalenderjahr mit seinen Festen integriert sind. Dazu kann man die

Fasti Praenesuni aus der frühen Kaiser zeit,

11

  aber auch die sogenannten

6

  Vgl. F.

 Graf

Kalendae Ianuariae, in: F. Graf (Hrsg .), Ans ich ten griechischer

Rituale. Geburcstags-Symposion für Walter Burkert. Castelen bei Basel 15. bis

18.  März 1996, Stuttgart, Leipzig 1998,199-216. Leider ist der Tag der   mtncupatio

votorum   noch nicht entsprechend gut aufgearbeitet worden.

7

  Da zu vgl. F. Perp illou-Tho ma s, Fetes d figypte ptolem aique et romaine

d apres la docum entation p apyrologique grecque, Louvain 1993 (Studia He lleni-

stica 31), 100 ff. mit weiterem (vor allem papyrologischem) Material.

8

 Vgl. die Vereinsordnung der Hym nod en vo n Pergamon: Altertümer von Per-

gamon VIII 2, Berlin 1895, Nr. 374.

* Vgl. neben Perpillou-T hom as, Fetes auch J. R. Rea, O n th e Greek Ca lends, in:

Proceedings of the XVIII International Congress of Papyrology II, Athen 1988,

203-208.

10

  VgL neben den Hinweisen bei Perpillou-Thomas, Fetes und

  Graf

Kalendae

auch das Material bei D . Baudy , Strenarum comm ercium. Üb er Geschenke und

Glückwünsche zum römischen Neujahrsfest, RhM 130, 1987, 1-28 und M. Meslin,

La fete des kalends de janvier dans Fempire romain, Bruxelles 1970.

11

  Degrassi, Fasri p. 107 ff. zu den Fasti Praenestim.

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5

Peter Herz

Kalend aria des Furius P hilocalus a us de m 4. Jh. un d des Po lem ius Silvius

aus dem 5-Jh. zählen.

12

2.  Auswahlsammlungen, die bevorzugt Feierlichkeiten des Kaiserkultes

verzeichnen, während die übrigen Feste des Kalenderjahres nur in redu

zierter Zahl (Feriale Duranum)

1 3

  erscheinen oder gänzlich fehlen (Feriale

Cumanum) .

1 4

Als 3. Variante und in ihr er speziellen Fo rm prak tisch als eine sin gulare

Quelle sind die Commentarii der Fratres Arvales anzusehen, die jetzt in

einer neuen Edition vorliegen.

15

  Hier werden eine ganze Reihe von Festen,

des frühen Kaiserkultes registriert, allerdings nicht nur als reine Datums

oder Festangabe, sondern in Verbindung mit den dazu anfallenden Opfern

und teilweise mit den dazugehörigen Gebets- oder Votatexten.

Leider muß man feststellen, daß die einschlägigen Quellen die mehr als

vier Jahrhunderte umfassende Periode, in der man im strengen Sinne von

Kaiserkult reden kann, sehr ungleichgewichtig bedenken. Während wir für

die frühe Kaiserzeit durch eine Vielzahl an Quellen informiert werden,

beginnt mit der flavischen Dynastie (69-96) eine ausgesprochene Durst

strecke, d. h. wir können im Gegensatz zur ersten römischen Dynastie nur

eine Mindestprogramm an Festen für die jeweiligen Kaiser nennen. Vor

allem ist der weitgehende Ausfall der Arvalakten zu nennen, die zwar in

substantiellen Partien erhalten sind, aber aus nicht näher bekannten Grün

den seit dem Ende der julisch-claudischen Dynastie weitgehend darauf

verzichteten, die Feste des Kaiserkultes zu verzeichnen.

Diese partielle Aporie gilt auch mit gewissen Modifikationen für die

beiden folgenden Dynastien der Antonine und der Severer (96-235). Wir

müssen daher für diese beiden Dynastien unsere Informationen aus einer

Mehrzahl an Quellen sehr unterschiedlicher Qualität zusammenstückeln,

die sehr zufällig auf uns gekommen sind. Das Feriale Duranum, ein für

de n Dienstgebrauch einer Hilfstruppeneinheit im m esopotam ischen D u -

ra-Europos bestimmtes Verzeichnis auf Papyrus, informiert uns allerdings

12

 Degrassi, Fasä

  p-

 237 ff. zu den Kaiendarien  des Philocalus bz^r. p. 263 ff,  des

Polemhis Silvius. Daneben auch M . R. Salzman, O n Roman Time. The codex-ca-

lender of 354 and the rhy thm s of urban lif e in late antiquity, Berkeley, Los Angeles

1990.

13

  Zum Feriale Duranum vgl. immer noch die erste Gesamtedition von R. O.

Fink, A.

 S

Hoey, W.

 F.

 Snyder, The Feriale Duranum , YCSt 7,1940,1-221 [zitiert

als F.D.].

14

 Zum Feriale Cumanum: Degrassi, Fasti p. 27S ff.

:5

 J. Scheid, Recherches archeologiques a la Magliana. Commentarii fratrum ar-

valium qui supersunt. Les copies epigraphiques des protocoles annuels de la con-

frerie arvale

  21

 av. J.-C. - 304.ap. J--C), Paris 199S. Zitiert als CFA ed. Scheid

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Neue Forschungen z um Festkalender

51

sehr ungleichgewichtig vor al lem über Festtermine der antoninischen und

severischen Kaiser. Ergänzt wird diese Quelle durch drei andere Papyri

(P.Oslo 77, BGU 362, P.Oxy. 2553), die aber nur punktuelle Informatio

nen liefern und noch nicht abschließend kommentiert sind. Einiges soll im

zweiten Teil meines Beitrages angesprochen werden.

Daß in der Reali tät ursprünglich wesentl ich mehr an Feiern und auch

Informationen vorhanden gewesen sein muß, zeigt eher zufäll ig die Hi-

storia Augusta. Wenn der unbekannte Autor es nicht für nötig befunden

hätte, in der Vita des Commodus Nachweise für die durch diesen Kaiser

vorgenommenen Änderungen der Monatsnamen zu l iefern und zusammen

mit den entsprechenden Festeerminen zu belegen, würden wir nicht viel

mehr als das Datum seines Geburtstages und seines Regierungsantritts

besitzen.

16

Nach dem halben Jahrhundert der Reichskrise können wir ers t mit dem

Beginn der tetrarchischen Zeit wieder davon sprechen, daß sich ein über

eine längere Periode konstanter Festkalender ausbilden konnte. Doch sieht

man einmal von den Feierl ichkeiten für Constantius Chlorus ab, der als

Vater des späteren Kaisers Constantinus naturgemäß eine Sonderstellung

einnimmt, so sind von den eigentlich tetrarchischen Feierlichkeiten ledig

l ich der Regierungsantr i t t und der Geburts tag des Dioclet ianus mit abso

luter Sicherheit überliefert.

Mit welchen Festen oder Fest typen können wir rechnen? Wenn man

einen Mindestbestand an Festl ichkeiten umschreiben möchte, dann um

faßte er auf jeden Fall den Geburtstag

  dies natalis)

  des Kaisers bzw, der

Kaiserin und das offizielle Datum seines Regierungsantritts

  dies imperii).

Daneben verfügte man, vor al lem wenn es um poli t isch motivierte Fest

l ichkeiten ging, über ein ganzes Spektrum von Möglichkeiten, um Feste

aufzuwerten und ihre Bedeutung für die Öffentl ichkeit zu verdeutl ichen.

Dazu ein kurzer Überbl ick der Methoden, die in ihrer Gesamthei t noch

nicht untersucht s ind.

1. Man dehnte das Fest , das ursprünglich auf einen einzigen Tag kon

zentriert war* über mehrere Tage aus, wobei nicht festgelegt war, ob diese

Eiweiterungstage vorgeschaltet wurden, also auf den eigentl ichen Festter

min hinführten, oder ihm folgten. Die Konzeption, daß die zeit l iche Aus

dehnung eines Festes zugleich eine Maßeinheit für seine Bedeutung sein

könne, hatte sich bereits in der römischen Republik ausgebildet, wobei die

16

 SHA Comm. 11,13-12,9, vgl. für den historischen Wert dieser Nachricht die

Ausführung von H . Nesselhauf, Die vita Comm odi und die acta urbis, Bonner

Historia-Augusta-Colloquhim 1964/65, Bonn 1966,127-13 .

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5

Peter Herz

Anzahl der für

  supplicationes

  bestimmten Termine bei Caesar oder die

Länge der

  ludi victoriae

  recht aufschlußreich sind. Das beste Beispiel ist

der

  dies natalis

  des A ugu stus am 23. September, dessen Feiern bereits z u

seinen Lebzeiten auf den 24. September a usgedehnt wu rden.

1 7

2.

  Ein Prozeß der Doppelung von Festanlässen. Dabei nahm man be

reits als Fest etablierte Daten und legte mit voller Absicht neue Feste auf

diese Tage. Man verstärkte also auf diese Weise zum einen die bereits

vorhandene Festeigenschaft und hob zum anderen das neue Fest in seiner

religiösen bzw. ideologischen Wertigkeit besonders hervor. Dazu als Bei

spiel der Tag des Triumphes, den Kaiser Lucius Verus am Ende seines

siegreichen Feldzuges über die Parther feierte. Man wählte dazu den

12.

 O kto be r, d en Tag der Augustalia, die an die Rückk ehr des A ugu stus

im J. 19 v. Ch r. erinn erten. Au gustus ha tte damals nach einem längeren

Aufenthal t im O sten des Imp eriums in der N ac ht vom 11. zum 12. O k

tober wieder die Stadt betreten und dabei wahrscheinlich die von den

Parthern zurückgegebenen Feldzeichen mitgebracht.

18

Lucius Verus knüpfte damit also direkt an das inzwischen fast kano

nisch gewordene Vorbild des Augustus an. Bei den Antoninen nutzte man

diesen Term in aber no ch zusätzlich, indem man am Tag der Triumphf eiern

die beiden noch minderjährigen Söhne des Marcus Aurelius mit dem Titel

Caesar auszeichnete und so die künftige Kontinuität und Sieghafdgkeit

der Dynastie für die Öffentlichkeit unterstrich.

1 9

  Die Sieghafdgkeit der

Dynastie spielte wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Auswahl eines

Da tums für die Erheb ung des Co m m od us zu m A ugustus , d. h . zu m

gleichberechtigten Mitherrscher seines Vaters. Denn der für Commodus

zu vermutende Tag der Erhebu ng zum A ugus tus , der 27 . N ove m ber , w ar

in den Kontext des sannatischen Triumphes des J. 176 eingebettet.

20

3,  Verlagerung von Festterminen. Besonders gerne griff man zu diesem

Ins trum en t, we nn es sich um d ie Feier des offiziellen Re gierun gsan tritts

handelte. Dabei sind die Belege vor allem für die Dynastie der Severer

17

 Dazu I. König, Der doppelte G eburtstag des Augustus, 23. und 24. September

(Suet. Aug. 51,1), Epigraphica 24, 1972, 3-15.

18

  Vgl. dazu die Fasti Armterni (Degrassi, Fasu p. 194 f.): Fer(iae)  ex s enatus)

c(onsulto)

  /

 q(uod) e(o)

 d ie) Imp. Caes. Aug. ex

 transmarin(i ) provznc(zis)

  / urbem

intravit

 araq(ue) Fort(unae) Reducz  constzt uta).

19

  SHA Comm.

  11,13:  Nominatus inter Caesar es: quartum zduum Octobrzum,

quas Herculeas postea nomznavzt, Pudente et PolUone  conss.

  (12.10. 166).

20

 SHA Comm-12,4:

 Cumpatre

  appellatus

 Imperator:  VKaL

  Exsuperatorias

 Pol-

Uone

 herum

 et

 Apro

 >iterum< consulzbus (176) und SHA Comm. 12,5:

  Triumphavit:

X kal laru zsdem consulibus

  (176).

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Neue Forschungen zum Festkalender

5

besonders aufschlußreich, da sie auch etwas über die jeweils zu Grunde

liegenden Motivationen aussagen.

21

Septimius Severus feierte lediglich den Tag seiner .Usurpation am

9. April, wahrend die offizielle Anerkennung durch den Senat sich 1. nur

grob datieren läßt und 2. sicherlich niemals offiziell gefeiert wurde. Seve

rus verkürzte damit die Regierungszeit des von ihm gestürzten Rivalen

Didius Iulianus auf wenige Wochen und unterstrich damit, daß seine ei

gene Regierung von Anfang an identisch mit der rechtmäßigen Regierung

in der Nachfolge des Helvius Pertinax gewesen war.

Ähnlich verfuhr sein Nachkomme Severus Alexander, in dessen Herr

schaftszeit der  26.  Juni, an dem ihn sein Cousin Heliogabalus im J. 221

zum Caesar und Mitregent gemacht hatte, als der eigentliche

  dies imperii

betrachtet wurde Der 13./14, März

 222,

 an dem die Praetorianer Elagabal

ermordeten und Severus Alexander am nächsten Tag mit den Kompeten

zen seines Amtes durch den Senat ausgestattet wurde, konnte sich in der

Realität niemals durchsetzen, obwohl dieses Datum im Feriale Duranum

genannt wird.

22

Macrianus hingegen, der im J. 217 von der Position

  des praefectus prae-

torio zum Kaiser aufstieg, wählte als seinen offiziellen Regierungsbeginn

den

  11.

 April, den dies natalis des Septimius Severus. Zum einen versuchte

er damit, sich in die Tradition eines inzwischen allgemein geschätzten

Herrschers zu stellen, zum anderen trennte er seinen eigenen Regierungs

beginn damit vermeintlich öffentlichkeitswirksam von der Erm ordung sei

nes Vorgängers Caracalla, der am

  8

April auf der Straße nach Karrhai

ermordet worden war.

4.  Anlagerung von neuen Festen an bereits bestehende Konzentratio

nen von Feierlichkeiten. Betrachtet man den Festkalender des gesamten

Jahres, so stellt man unschwer gewisse Tagesgruppen fest, an denen sich

die für den Kaiserkult wichtigen Termine ballen. Einige dieser Konzen

trationen sind sicherlich eher zufällig entstanden, was etwa für die Abfolge

der Kaisergeburtstage im September gilt.

23

Anders sieht dies bei einer Festkonzentration zu Beginn des Monats

Mai aus, die sich über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten ent

wickelte. Ausgangspunkt ist der

  12.

 Mai, der seine Bedeutung durch die

ludi

 Martiales

  bzw.

 Martialici

 erhalten hatte, die an die

 dedicatio

 der

 aedis

21

 P.

 Herz, Der

 dies imperii

 unter den Severern, ZPE

 31, 1978,

 285-290.

22

 D.

 Fishwick, Dated inscripuons and the Feriale Duranum,

 Syria

 65,1988,349-

361

 =

 The imperial cuk in the Latin West

 11,1,

 Leiden

 1991,

 593-608.

23

 Trajan

  (18.

 September), Antoninus Pius

  (19.

 September), Augustus

  (23.

 Sep

tember).

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5

Peter Herz

Mortis Ultoris  im' J. 2 v . C h r. erinnerten.

24

  Da der Mars Ultor Tempel an

die Dominanz Roms über die Parther erinnerte, lagerte man zu einem

leider noch nicht genauer zu bestimmenden Termin die  ludi Persici^ die mit

dem 13. Mai begannen , an dieses Datu m an. M an stellte sich damit sow ohl

in die Tradition des ersten  princeps,  machte aber gleichzeitig durch die

zeitliche Ausdehnung des Festes bis zum 17- Mai deutlich, daß man an sich

der M einung war, mit dem eigenen Erfolg Augu stus übertroffen zu h aben.

Die Spezifizierung  >Persfci<  verweist dabei auf ein Ereignis nach der Ab

lösung der parthischen Herrscher durch die neupersischen Sasaniden.

Dieses >Spielen< mit dem bestehenden Festkalender läßt sich bis auf den

ersten princeps  zurückführen, der bereits entsprechend agierte. So wählte

Aug ustus den 30. Janu ar als D atu m für die

  dedicatio

  der

  ara Pacis Augus-

tae,

  wodurch der Geburtstag seiner Ehefrau Livia indirekt aufgewertet

wurde,

25

  Später wählte Claudius, ein Enkel der Livia, den  17. Janu ar, den

Tag, an dem Livia den späteren Augustus geheiratet hatte und in die  gens

Julia

  übergegangen war, als Datum für ihre feierliche

  consecratio.

26

Neue Ergebni s se

Anfang der 80er Jahre haben unabhängig voneinander die beiden ameri

kanischen Kolleginnen L Levine u n d . M . R. Salzman die ursprün gliche

Datierung des damals neugefundenen Freskokalenders von Santa Maria

Magg iore ins

 4.

 Jh. korr igieren kö nne n un d m it sehr gewichtigen Grü nde n

ein Abfassungsdatum dieses wichtigen Zeugnisses in der Zeit nach den

Antoninen und vor der Periode der Tetrarchen wahrscheinlich gemacht.

27

Daher scheint es angemessen, sich dem Kalender des Furius Philocalus

24

 P.  Herz, Zum Tempel des Mars Ultor, in: J. Ganzen, Der Tempel des Mars

Ultor auf

 dem

 Form Augusti, Roma 1996 (Beiheft der Römischen Mitteilungen 11),

265-281 mit der Festlegung des  1. August 3 v. Chr. für die Dedikaton des Forum

Augusti und des 12. Mai 2 v. Ch r. für die Einweihung des Mars-Ultor-Tempels.

25

 Vgl die Eintragung der Fasti Praenestini (Degrassi, Fasti p. 117: Feriae  ex  .c.

quo[d eo j die

 ara Pacis

 Augustaje in campoj / Martio

 dedicata

 [ejst ...) zusammen

mit CFA 12 b

 8

  ff. und c

 1

  ff. ecL Scheid; natali Iulzae

 Augptstae.

26

 CFA 17,16 ff. ed. Scheid:

 [ob

 consecrjationem

  divae

 Aug(H tae)

  ...

27

  I. Levine, A reconsideration of the date of the Esquiline Calendar and of its

polirical fesrivals, AJA 86, 1982, 429-435; M R. Salzman, New evidence for the

dating of the Calendar of Santa Maria Maggiore in Rome, TAPhA 111, 1981,

215-227. Erstpublikauon: F . Magi, II calendario dipinto sotto Santa Maria Maggio

re, con appendici sui graf&i del vano XVI a cura di P- Castren, Roma 1972, 23 ff:;

bei Rüpke, Kalender 86-90 als fasti porticus bezeichnet

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Neue Forschungen zum Festkalender

55

von 354 un d dem späteren W erk des Silvius aus dem 5. Jh. zuzu we nd en,

um einige durch diese Neudatierung aufgeworfene Fragen anzusprechen.

Durch die Untersuchungen von Levine und Salzman konnten die vor

h er recht rätselhaften

  ludi Sarmatiä,

  die vo m 25. No vem ber bis 1. Dez em

ber (Philocalus) bzw . am 27. N ov em be r (Silvius) gefeiert wu rde n, vo n bei

den Autorinnen mit überzeugenden Argumenten auf die Feier der großen

ludi triumphales  M ark Au reis zurückgefüh rt w erden.

28

  Gleichzeitig dürfte

diese Feier am 27. N ov em be r auch m it den in einem Pap yrus gemeldeten

Siegesfeiern des vergöttlichten Mark Aurel identisch sein (... J £mviKi(Dv

eso-ö A\>pri?Lioa) AvTCov[iav>]).

29

 D er 27. No vem be r is t auch w ahrschein

lich identisch mit dem

  dies imperii

  des Commodus, da die Histor ia Au-

gusta für dieses Datum die Notiz

  Cum patre appellatus imperator: V Kai

Exsuperatorias Po lhone iterum et Apro consulibus

  bewahrt hat.

30

  Dies er

klärt auch auf überzeugende Weise, warum der

  dies imperii divi Com modi

nicht in den uns erhaltenen Partien des severerzeitlichen  Feriale Duranum

erscheint. Denn man hat in der Forschung meist zu Unrecht den Regie

rungsantri t t des Commodus rrüt der Übernahme seiner Alleinherrschaft

nach de m T od seines Vaters M arcus A urelius am 19. M ärz 180 g leichsetzen

wollen und dabei völlig vergessen, daß Commodus bereits seit dem

27.

 N ov em be r 176 den Titel eines Au gustus trug , d. h. seine Erh eb un g zu

diesem Rang gehört in den Kontext der großen Triumphalspiele des Mar

cus Aurelius gegen Ende des J. 176.

3i

Allerdings hat dieser erste erfolgreiche Einbruch in die bis zu diesem

Zeitpunkt fast als kanonisch geltende Meinung, daß die beiden späteren

Kaiendarien des Philocalus bzw. des Silvius lediglich Feste der tetrarchi-

schen bzw. konstantinischen Zeit registr ieren, keine erkennbaren Auswir

kungen auf die anschließende Forschung gehabt. Ich hingegen möchte

jetzt ganz konsequent vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis die Frage

stellen, ob diese Weiterführung früherer Spieltermine aus antoninischer

Zeit in Festverzeichnissen des 4. und  5. Jh . lediglich ein Einzelfall ist o de r

ob man die hier gewonnenen Einsichten auch auf andere Festtermine

25

  Für die historischen Umstände vgl. A. Birley, Marcus Aurelius. A Biography,

revised edition London 1987, 195 ff., der beide Termine, 27. Novem ber  dies im

perii Commodi)

 und den

  23.

 Dezember (Tag des Triumphes), berücksichtigt, ohne

allerdings zu tief in die Problematik der Überlieferung einzudringen.

29

 P. Oxy. 2553 Z. 6-8.

30

 SHA Comm. 12,2.

31

  D. Kienast, Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchro

nologie, 2. durchgesehene u. erweiterte Aufl. Dannstadt 1996, 147. Die Probleme

nüt der komplizierten Nachrichtenlage der Historia Augusta,-sollen in anderem

Zusammenhang ausführlicher behandelt werden.

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Peter Herz

übertragen kann. Mit anderen Worten, in welchem Umfang berücksichti

gen diese stadtrömischen Kalender des 4. Jhs. in ihrem ansonsten w eit ge

hend auf die konstantinische Dynastie zugeschnittenen Festkanon die Pe

riode der >klassischen< Kaiserzeit? Ein solches Unterfangen ist nicht nur

unter dem Aspekt angemessen, daß man damit etwas in der Deutung die

ser Zeugnisse voranschreiten kann, sondern diese Festkalender sind ja

auch als lebendige Dokumente der historischen Traditionen, denen sich

das Imperium Romanum auch während des 4. und 5. Jh. immer noch

verpflichtet fühlte, nicht gerade unerheblich.

Nachdem bereits die vorher in ihrer Deutung höchst umstrittenen

  ludi

Sarmatia

  als die alten Siegesfeiern Mark Aureis entlarvt wor den sind , ist

die Suche nach weiteren potentiellen Ansätzen für solche Siegesfeiern aus

früheren Z eiten, die auch noch im 4. und 5. Jh. fortlebten, durchaus sinn

voll zu nennen. Im folgenden die jetzt zu prüfenden Termine, die man

global der Kategorie der Siegesspiele zuordnen  darf wobei die typische

Form dieser spätantiken  ludi victoriae  aus 5 Tagen ludi  bestand, die durch

einen Tag, den insgesamt 6. des Zyklos, mit  ludi circenses  beschlossen

wurden.

32

Generell läßt sich für das jüngere Festsrerzeichnis des Silvius feststellen,

daß die bei Philocalus noch extensiv gefeierten  ludi  jetzt in ihrem Umfang

deutlich reduziert wor den sind, wob ei es den Ansch ein hat, man habe sich

vor allem auf die Kerntage konzentriert, also das eigentlich wichtige Da

tum dieser ludi.  Einige dieser D ate n sind aus historisch-politischen G rün

den höchst verdächtig, nachdem erst einmal die vorher fast als unumstöß

lich geltende Regel, daß mit diesen Festen nur Feiern der konstantinischen

oder höchstens der tetrarchischen Periode gemeint sein könn ten , ins Wan

ken geraten ist.

33

32

 Eine gewisse Sonderstellung nehmen bei PHlocalus. zwei kleinere, d. h. in die

sem Fall eintägige, Siegesfeiern am 27. un d 3 0. Juli ein, die >ob  Victorias Sarmaticas<

bzw.  >ob Victorias Marcomanniats<  gefeiert wurden. Sie sind bisher praktisch un

kommentiert geblieben, obwohl m. E. ihre Bedeutung für die historische Entwick

lung, die wir im Pbilocalus-Kalender fassen können, noch nicht recht verstanden

wird. Interessant ist auf jeden Fall, daß die Möglichkeit besteht, daß der Kalender

von Santa Maria Maggiore am Ende der Liste für den M onat Juli  >[circ(en e )  Mar-

comarvnt\s  vict(i ) / m(issus) XXIlI[iy

  gelesen werd en kann. Während die Lesung

durch M agi, Calendario. 24 tragfähig ist, ist seine dam alige D eutung auf ein E reignis

der tetrarchischen Periode durch die Forschung überholt.

M

  Es ist in diesem Zusamm enhang doch etwas überraschend, w en n Salzman, O n

Roman Time 137, nachdem sie selbst zusammen mit Levine durch ihren Beitrag

von 1981 den entscheidenden Impuls geliefert hat, diese orthodoxe Meinung

  auf-

zubrechen, später feststellen kann: »Nine imperial military victories, taking up

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Neue Forschungen zum Festkalender

7

Als erstes möchte ich mich jetzt der bei Silvius überlieferten Festnotiz

Adiabenicis victis

  zuwenden, für die im Zeitraum vom

  28.

 Januar bis zu m

1.

 Februar ein F estzy klos registriert wu rd e, w obe i m an für diese Feiern

bisher einen Sieg der tetrarchischen Periode in Betracht zog.

34

  Dabei muß

man zunächst feststellen, daß die

 ludi Adiabenici

  einen gewissen Sonderfall

in der Überlieferung darstellen, da sie nur bei Silvius notiert sind, während

sie bei Philocalus fehlen. Die Meinung, daß sie bei Philocalus durch einen

Irrtum ausgefallen sind, dürfte w ahrscheinlich der Realität sehr nahe ko m

men. Denn der übliche Weg der Tradition war, daß die ursprünglich bei

Philocalus registrierten Festtermine bei Silvius nur noch in reduzierter

Form erscheinen. Wenn die ludi Adiabenici  aber bei Silvius registriert wer

den, dann müssen sie 1. bereits zur Zeit des Philocalus gefeien worden

sein^ und 2. damals eine wesen tlich längere Dau er als  im  5. Jh. besessen

haben. Wenn also Polemius Silvius für den   31, Januar >Circenses Adiabenis

victis< meldet, dann kann man analog zu den m eisten anderen Eintragun

gen für die Zeit des Philocalus fünf Tage mit den üblichen  ludi  vermuten,

also eine wahrscheinliche Dauer vo m 26. bis 30. Januar mit den  ludi cir-

censes am  31. Januar.

Zu m einen umschließen die Feierlichkeiten d en 28 . Januar, also genau

den Tag, an dem im J. 98 n. Chr. Trajan die Alleinherrschaft antrat, d er

Kaiser also, der in den oftmals ermüdenden offiziellen Genealogien der

späteren Antonine oder der Severer stets mit dem Epitheton  Partbicus

ausgezeichnet wird. Zum anderen wissen wir durch das  Feriale Duranum

mit ausreichender Sicherheit, daß dieser 28. Januar auch der offizielle  dies

imperii  des jugendlichen Augustus Caracalla war und gleichzeitig mit die

ser Erhebung die offizielle Verkündigung des Sieges über die Parther im

J. 198 verknüpft war. Bei der hohen Wertschätzung, die sich für Trajans

Person und seine militärischen Leistungen auch noch im 4. und 5. Jh. fest

stellen läßt, und dem gleichzeitig immer noch großen Druck, den der gro

ße Rivale an den östlichen Grenzen Roms ausübte, wäre eine Fortführung

von solchen Spielen auch aus politischen Gründen nicht undenkbar.

35

some fifcy days, are recorded in the Calendar of 354; all but one can be securely

identified with the Constantlnan dynasty«. Die von ihr zugelassene Ausnahme

(Anm. 32) der ludi Francici interpretiert sie nach Degrassi, Fasti p. 483 als Sieg, der

alternativ von Maximian, Constantin oder Constantius IL errungen worden sein

könnte.

M

 Sakman, On Roman Time 138 mit der älteren Literatur.

35

  Für die Siegestitel vgl. generell P. Kneißl, Die Siegestitulatur der römischen

Kaiser, Götdngen 1969.

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  8

Peter Herz

Ich m öchte daher im folgenden vermu ten, daß diese

 ludi Adiabenici

y

  die

in ihrer Terminologie deutliche Anknüpfungen an die offizielle severische

Siegestenninologie mit dem Siegernamen  Parthicus Adiabemcus  zeigen,

wirklich auf die severische Zeit zurückgehen. Zwar führt die von T. D.

Barnes zusammengestellte Liste der Siegesbeinamen der Tetrarchen auch

einen

  Adiabemcus

  und einen

  Sarmaticus

  auf

36

  doch scheint mir dies nicht

auszureichen, um deswegen uneingeschränkt ein tetrarchisches Datum für

die ursprüngliche Einrichtung dieser  ludi  zu postulieren, ohne dabei Al

ternativen zu bedenken. Im Gegenteil scheint die Fortführung dieser alten

ludi victoriae> zu denen auch die bereits angesprochenen  ludi Sarmatici

gehören, ein bewußter politischer Akt gewesen zu sein, durch den sich die

späteren Herrscher in die historische Tradition der >vorbildlichen< Kaiser

der alten Zeit einordneten.

Weniger eindeutig einem bestimmten Kaiser oder einer Dynastie zu

zuordnen sind hingegen die bereits angesprochenen

  ludi Persici,

  die nach

dem Zeugnis des Philocalus v om 13. bis zum 17. Mai dauerten. Do ch auch

bei diesen  ludi  scheint vorab eine Beobachtung höchst auffällig. Denn

diese Spiele schließen unmittelbar an die alten

  ludi Martialici

  oder

  ludi

Martides

  des 12. Mai an, die seit der Regierungszeit des Au gustus gefeiert

wurden (vgl. in diesem Sinne auch das Zeugnis des

  Peride  Duranumf

 

und wahrscheinlich an einen seiner größten politischen Triumphe erinner

ten, die Rückgabe der verlorenen Feldzeichen durch die Parther.

3

* Dane

ben repräsentiert der 12. Mai auch das D atu m , an dem im J. 2 v. Chr. der

große Tempel des Mars Ult or auf dem  Forum Augusti  eingeweiht wurde.

39

Persische Siegesf eiern, die sich dur ch die zeitliche A bfolge vo m 13. bis

17.

  Mai mit voller Absicht ganz an die Tradition des alten augusteischen

Festes anschließen, scheinen daher sehr wohl möglich zu sein. Sie wären

zugleich eine politische Aussage von höchster Qualität für den triumphie

renden Herrscher, der sich als Sieger über den Gegner an der Ostgrenze

des römischen Reiches auch zugleich als ein würdiger Nachfolger des A u

gustus präsentieren konnte. Durch die zeitliche Ausdehnung der Feiern

auf mehrere Tage wurde aber gleichzeitig der Öffentlichkeit unmißver

ständlich klar gemacht, daß dieser Kaiser an sich ein noch größerer Sieger

über die Feinde im Osten war als der allseits verehrte Begründer des Prin-

36

 T. D. Barnes, Imperial campaigns, A.D. 285-311, Phoenix 30, 1976, 174-193,

vgl Kienast, Kaisertabelle 268.

37

 F.D. 11,9.

38

  Literatur zu dieser Frage bei D. Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch,

Darmstadt 19993 (durchgesehene und erweiterte Auflage), 342 ff.

39

 Herz, Mars Ultor 275 ff.

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Neue Forschungen zum Festkalender

61

dakteur des Kalenders hatte sich weder bei der Notiz für den Sieg Con-

stant ins von Hadrianopolis  Fugato Licinio arcenses)  noch be im 28. Ok

tober, dem Datum seines entscheidenden Sieges über Maxentius aus dem

J. 312, gescheut, den politischen Anlaß für diese Feiern

  evictio vyranni)

  im

Kalender eindeutig anzusprechen.

49

  Hier l iegt die Betonung der Notiz

aber gerade

  nicht

  auf dem Erringen des Sieges über den Gegner, sondern

auf der Durchführung des Triumphes, dessen Feier ja nicht zwingend mit

dem Tagesdatum zusammenfallen mußte, an dem man den dazu notwen

digen Sieg errungen hatte

50

Daher dürfte es vermutlich wesentlich sinnvoller sein, wenn man die

eigentlichen Feiern für den Sieg Constantins über Licinius mit der Ernen

nu ng seines Sohnes Constaritius IL zu m Caesar am 8- N ov em be r un d de r

formalen Entscheidung des Herrschers , Byzanz zur neuen Hauptstadt

Ko nstantino polis zu erheben, verbindet (Them. 4,58 b) un d da her u m ei

nige Monate verschiebt.

51

Man hat allerdings bei all diesen Überlegungen in der Regel fast völlig

übersehen, daß auch im J. 335 der 18. Septemb er von Co nstan tin wo hl

sehr absichtsvoll gewählt worden war, um seinen Verwandten Delmatius

zum Caesar für die Diözesen

  Thracia et Macedonia

  zu ernennen. Mögli

cherweise wurde bei dieser Gelegenheit auch Hannibalianus zum   rex re-

gum  mit weitgehenden Verantwortungen im Bereich der Ostgrenze er

hoben.

52

  Hier scheint ein ideologischer Bezug auf die Person des großen

Kaisers Trajan wesentlich wahrscheinlicher zu sein als der Hinweis auf

A9

 Degrassi, Fasti p. 257.

50

  Eine solche Verknüpfung aus ideologischen Gründen wäre beim panhischen

Triumph des Lucius Verus und der Caesar-Erhebung des Commodus am 12. Ok

tober denkbar, vgl. P. Herz, Gedanken zu den Spielen der Provinz Asia in Kyzi-

kos, Nikephoros 11, 1998 [1999], 171-182.

51

  In diesem Sinne G. Dagron, Naissance d'une capitale. Constantinople et ses

institutions de 330

 a

451,  Paris 1974, 32 ff. mit einer ausführlichen Diskussion der

Belege.

52

  G. Wirth, H annibalian. Anmerkungen z ur Geschichte eines überflüssigen Kö

nigs,

 BJb

 190,

 1990, 201-232. Es wird zwar nur Dalmatius ausdrücklich mit diesem

Datum verbunden, doch die gesamtpolitische Lage (vgl. dazu Wirth a.a.O.) spricht

m. E. nicht gegen ein Zusammenfallen beider Ernennungen. Das Datum für Del

matius wird durch Chron. min. I

  235.

 (vgl.

  O. Seeck, Geschichte des Untergangs

der antiken Welt, Stuttgart 1922 [ND. 1966] IV 384) gesichert, zu Hannibalianus

vgl.

  Chron. Pasch. 335 (Whitby, Whitby, Chronikon Paschale 20 f.), das als nach

Hydatius korrigierbares Datum den 24. September nennt. Für die Ernennung des

Hannibalianus zum

 rex

  wird zwar kein ausdrückliches Datum genannt, doch der

gesamte Kontext z. B. des Chron. Pasch, legt eine gemeinsame Aktion am selben

Tage nahe. In diesem Sinne auch Kienast, Kaisertabelle 300 mit Fragezeichen.

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62

Peter Herz

einen in der Erinnerung der Zeitgenossen zwar noch recht frischen Sieg,

aber imm erhin einen, der in einem blutigen Bürgerkrieg errungen w ord en

war . D a die Ernennungen für Da lmatius und H annibalianus am Vorabend

eines von Constantin geplanten Perserkrieges vorgenommen wurden,

kann die erste Version (also der Hinweis auf das ideologische Vorbild

Trajan) einige gewichtige Argumente für sich buchen.

Alle anderen bisher in unserer Diskussion angesprochenen Spiele sind

wahrscheinlich das Resultat vo n ehem aligen Siegesf eiern ge w esen , was sich

noch unschwer an den Namen der besiegten Völker ablesen läßt, warum

wird aber hier das triumphale Moment dieser  ludi  so betont, nicht die

Nation, über die man den Sieg errungen hatte? Waren die anderen   ludi

etwa nicht durch politische Ereignisse motiviert worden, die einen Anlaß

zum Triumphieren boten? Die in diesem Fall wohl ansprechendste Lösung

findet sich wahrscheinlich am ersten Tag dieser

 ludi

 

also dem 18. Septem

ber, der bekanntlich zur gleichen Zeit der

  dies natalis

  des

  divus Träianus

war. Trajan allein hatte einen postumen Triumph gefeiert, der gleichzeitig

mit der feierlichen Überführung seiner sterblichen Überreste aus seinem

Sterbeort Selinous in Kleinasien in die Stadt und seiner anschließenden

Beisetzung im Sockel der Trajanssäule verbunden war.

53

Die Entscheidung, eine solche Feier (Feiern für seinen  dies natalis und

seinen parthischen Triumph) demonstrativ an seinem Geburtstag stattfin

den zu lassen und dann auch noch durch die Einrichtung der entspre

chenden Spiele für die Nachwelt zu perpetuieren, wäre demnach durchaus

sinnvoll zu nennen. Dies gilt vor allem, wenn man bedenkt, daß nach dem

Ende dieser  triumphales ludi  fast bruchlos die großen Spiele für den Ge

burtstag des Augustus begannen, des anderen trendsetzenden Herrschers

der Kaiserzeit. Zeitlich wäre ein solches bewußtes Zusammenfallenlassen

der Termine im J. 118 durchaus m öglich , da sich Kaiser Had rian nach dem

Zeugnis der Arvalakten seit dem 9. Juli 118 in Ro m aufhielt und ihm auch

eine solche politisch-ideologische Symbolik durchaus zuzutrauen ist.

54

  Er

verstand es durchaus, in einem solchen Moment geschickt hinter eine ber

reits verstorbene Person zurückzutreten und ihr diese Ehrungen zukom

men zu lassen.

55

  Die angespannte innenpolitische Situation, ich erwähne

53

 Vgl dazu auch die Ausführungen von J. Bennett, Trajan oprimus princeps. A

life and ames, London, New York 1997, 2 3  f. VgL auch W den Boer, Trajan s

deificauon and Hadrian s succession, AncSoc 6, 1975, 203-212.

54

 H. Halfmann, Irinera principum. Geschichte und Typologie der Kaiserreisen

im Römischen Reich, Stuttgart 1986 (HABES 2), 190 zu diesem Datum. CFA 68 II

23 ff. Scheid (a. 118).

55

 Vgl. sein pietätvolles Vorgehen bei der völligen Restaurierung des Pantheons

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Neue Forschungen zum Festkalender

63

nur die recht dubiosen Begleitumstände seiner Adoption und die Hinrich

tung der vier Konsulare, der sich Hadrian in diesem Moment gegenüber

sah, soll dabei nur am Rande erwähnt werden.

56

Der Vorschlag des Autors wäre daher, bei den enigmatischen

  ludi tri-

umphales

  e inen Hinweis auf das Darum des postumen Triumphs Trajans

aus dem J. 118 zu erk enne n. F ü r Had rian wä re eine zeitliche K om bin ie

rung des postumen Triumphes seines Vorgängers mit dessen  dies natalis

eine ausg ezeichnete Gelegenheit gewesen, öffentlichk eitswirksa m seine

pietas

  zu dem onstr ieren, was un ter den besonderen innenpoli tischen U m

ständ en dieser Zeit (s. o.) durchaus angebracht sein ko nn te. Ein Fortleb en

dieses Festanlasses erhält bei der hohen ideologischen Aussagekraft, die

Trajan für alle seine Nachfolger als

  Parthicus

  par excellence zukam, eine

durchaus bedenkenswerte Bedeutung. Man darf in diesem Zusammenhang

auch daran erinnern, daß durch Constantin und Licinius auch das traja-

nische D en km al von Tropaeum Traiani wiederaufgebaut wu rde .

Eine bis heute nicht eindeutig geklärte Frage betrifft das Datum für den

offiziellen Geburtstag der neuen Reichshauptstadt Konstantinopolis, den

11 .  Mai. So befinden wir uns in der seltsamen Situation, daß uns zwar das

Zerem onien buch des Kaisers Ko nstantinos P orph yrog enn etos die offizi

ellen Vorschriften für die Feier dieses Festes liefert,

57

  wir allerdings kei

nerlei Informationen besitzen, die uns hinsichtlich der Gründe für die

Tages wähl klüger m achen wü rde n. De nn dies kö nn en w ir auf jeden Fall

vermuten: es war mit hoher Wahrscheinlichkeit ein mit Absicht ausge

wähltes Datum, das weder wie die Geburtstage des Kaiserhauses noch wie

die Termine von Siegen dem Zufall unterworfen war.

Zunächst müssen wir konstatieren, daß der

  11.

 Mai selbst zur Gr up pe

der Tagesdaten gehört, die

  vor

  der Regierungszeit Constantins über keine

bekannte polit ische und/oder religiöse Bedeutung verfügten. Man könnte

fast sagen, es han delte sich u m eine n fast jung fräulichen Tag . D o c h dies

dürfte kaum als Erklärung ausreichen, um die Entscheidung des Kaisers

für gerade diesen Tag zu erklären . W arum w ählte C on sta ntin z. B. nich t

des Vipsanius Agrippa. Trajan, der nicht umsonst den Spitznamen der Mauerpflan

ze trug, wäre in einem solchen Fall weniger von Zurückhaltung geprägt gewesen.

Vgl M . T. Boatwright, Hadrian and che City of Rom, Princeton/N J . 1988, 43.

56

 Vgl dazu A. Birley, Hadrian. The restless emperor, London, New York 1997,

ff. Zur Rückkehr nach Rom: 93 ff.

7

  Konst. De cerem 1,79 ed. Vogt (p.  43  ff.). Ausführlich behandelt bei

C Heucke, Circus und Hippodrom als politischer Raum. Untersuchungen zum

großen Hippodrom von Konstanonopel und zu entsprechenden Anlagen in spät-

antiken Kaiserresidenzen, Hildesheim, Zürich, New York 1994, 80 ff.

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64

Peter Herz

seinen eigenen Geburtstag am 27 . Februar» um die nach ihm benannte

Stadt offiziell zu begründen?

58

  D ies hätte u. a. garantiert, daß die Feier

seines Geburtstages b is fast in alle Ew igkeit gesichert gew esen wäre. D o c h

genau dies machte Constantin nicht.

Eine für eine weitere Diskussion tragfähige Lösung findet sich am ehe

sten,

  wenn wir einmal das Umfeld des neuen Festtages genauer prüfen.

Denn es hat sich schon des öfteren gezeigt, daß man durch eine absichts

volle Plazierung eines Festes in einen bedeutungsmäßig vorgeprägten

Kontext eine politisch-ideologische Aussage machen konnte. Und genau

hier werd en wir sehr schnell fündig, den sow oh l der 10. Mai als auch der

12. Mai, also d ie beiden Tage, die den G eburtstag der neuen Hauptstadt

einrahmten» waren bereits etablierte Festtage und zwar vor allem solche

Tage, die mit der Familie des K aisers auf das engste verbunden waren. Der

10. Mai war identisch mit dem

  dies natalis

  des

  divus Claudius Gothicus

268-270 n. Chr.)-

59

  Claudius Gothicus gehörte aber nicht nur zu der il

lustren Gruppe der großen Herrscherpersönlichkeiten des  3. Jh., die selbst

nach ihrem Tode noch zu den vorbildlichen Herrschern gezählt wurden

und deren Gedächtnis nicht einer postumen  damnatio  zum Opfer fiel.

Dies ist auf den ersten Blick sehr interessant, würde aber als Argument

nicht ganz ausreichen, denn unter den Namen der Kaiser, die auch im

Philocalus-Kalender und sogar noch bei Silvius zu den positiven Herr

schern gezählt wurden, findet sich auch Gordianus III.,

60

  der wahrschein

lich einen liebenswerten Charakter besaß, den man aber heute nicht mehr

unbedingt zu den Glanzlichtern der römischen Geschichte rechnen würde.

Der entscheidende Hinweis findet sich in der sogenannten   Origo Con-

stantini

die nachdrücklich herausstellt, daß der große Gotensieger Clau

dius der Vater des Constantius Chlorus und damit Großvater Constantins

war.

61

  Während die  Origo Constantini  1,1) Con stantius lediglich als >divi

Claudi optimi principis nepos ex patre

bezeichnet,

62

  beginnt sehr schnell

die Konstruktion einer direkten Abstammung. Wie König hervorhebt, be

ginnt die gezielte Ada ption Constantins an Claudius mit dem Panegyricus

58

  Kienast, Kaisertabelle 298 ff. für die einschlägigen Daten. Für das Zeremoniell

bei der offiziellen B egründ ung der ne uen Stadt vgl. die ausführliche D arstellung bei

Dagron, Naissance 32 ff.

59

  V gl Kienast, Kaisertabelle 231 m it den Q uellenh inw eisen, u. a- auf die  Natales

Caesarum

  bei Philocalus, vgL Salzman, On Roman Time 28 ff.

60

 Degrassi, Fasti p. 239 u. 264.

61

  VgL L König, O rigo Constantini. An ony m us Valesianus L Text un d Kom m en

tar, Trier 1987 Trierer H istorisc he Forschun gen 11).

62

  VgL auch SHA Claud. 13,2 f.

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  Peter Herz

Anhang

Tabelle I

Siegesspiele bei Furius Philocalus und Silvius

Da ten bei Silvius jeweils in [ ] verm erkt)

- [28.1.-1.2.  Adiabenicis victis]

4 . - 7 . 2 .  ludi Gottici

4.-9. 5.

  ludi Maximati

  [4.-8 . 5.:

 ludi

  ohne Spezifizierung]

13.-17. 5.  ludi Perski  [13 .-14. 5.]

15.-20. 7.

  ludi Francici

27. 7.  ob Victorias Sarmaticas

30. 7.

  ob Victorias Marcom annas

18.-22. 9.  ludi triumphales  [20. 9.]

5.-10. 10.

  ludi Alamannici

  [6. -7.10. ]

25 . 11 . -1 . 12 .  ludi Sarmatici  [27. 11.]

12 .12 . -18 .12 .

  ludi Lancionici

Tabelle II

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

kal. Mai.

VI non.

V

IV

III

pridie

non.

VIII idus

VII

VI

V

im

in

pridie

idib us)

XVII kal. Iun.

Fasü Furii Filocali

Insltal XIII,2 p. 247)

Mensis Maius

Habet dies XXXI

Senatus legitimus

Ludi

Florialici  c m XXIUL Dies Aegypt

Ludi

 Maximati

Ludi

Ludi

Ludi

Ludi

Maximati

  c

m. XXIIII

N ataUs)  CLmdi c m. XXIIII

>N atalis)  urbis Constantmopolis<

Martialici

c m. XXIIII

Ludi

 Persici

Ludi

Ludi  N atalis) Mercuri Senatus  leg.

Ludi

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Neu e Forschungen zum Festkalender 67

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

24.

25.

26.

27.

28.

29.

30.

31.

XVI

XV

XIIII

XIII

XII

XI

X

IX •

vra

VII

VI

V

im

m

pridie

Persici c m XXIU I

N aZaLis)  annonae

Zenzarius

Sol Geminis

Macellus rosa m)

  sumat

Ludl Honor et Virtus \

Ludi

Ludi

Der mit >.. < gekennzeichnete Eintrag zum

  11.

 Mai findet sich nicht bei Pbilocalus,

sondern wurde vom Autor eingesetzt.

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Gott oder Mensch

Kaiserverehrung und Herrschaftskontrolle

von

MATTHIAS PEPPEL

1 Einleitung

1

Ist der röm ische K aiser z u Lebzeiten e in Gott? - Sucht m an ein Prädikat,

das den Status des Herrschers beschreibt, so findet man in verschiedenen

Texten, welche die Herrschaft des Princeps legitimieren und glorifizieren,

folgende Aussagen: Der Kaiser ist Gott; er ist Epiphanie eines Gottes; er

ist Stellvertreter eines Gottes; er ist Bild eines Gottes; er ist wie ein Gott

oder einem Gott ähnlich. Um die Bedeutung solcher und ähnlicher Aus

sagen zu verstehen, ist nach der Eigenart und dem Kontext des jeweiligen

göttlichen Prädikates zu fragen. Zu bestimmen sind die Teilnehmer und

die Regeln des spezifischen Diskurses, in dem Aussagen über den göttli

chen Status des Herrschers getroffen werden.

2

  Nur wenn einzelne Äuße

rungen in den Kontext gesellschaftlicher Praxis gestellt werden, wenn also,

mit den Worten

  WITTGENSTEINS,

  Sprache als »Teil einer Tätigkeit, oder

einer Lebensform«

3

  aufgefaßt wird, kann man eine sinnvolle Antwort auf

die eingangs gestellte Frage nach der >Göttlichkeit< des Kaisers erwarten.

1

 Für die Durchsicht des Manuskripts danke ich herzlich Sebastian GengnageL

2

  CLAUSS

 geht über die Unterschiede hinweg, weun er schreibt: »Der römische

Kaiser war Gottheit. Er war dies

 vo

Anfang

 an,

 seit Caesar und Augustus, er war

es zu Lebzeiten, er war es auch im Westen des römischen Reiches, in Italien, in

Rom«

  (CLAUSS

  1999, 17; vgl ebd. 418 und öfter).

3

  WITTGENSTEIN

 1990, 110 f. (Philosophische Untersuchungen §

 23);

 die Bedeu

tung eines Wortes bestiinmt sich nach

 WITTGENSTEIN

  aus dessen Gebrauch in der

jeweiligen Sprache.

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7

Matthias Peppel

Grundlegend

  für das

  Verständnis

  der

 Herrscherverehrung

  im

  frühen

Prinzipat

  ist, so

  soll gezeigt werden,

  die

  ambige Stellung

  des

  lebenden

Princeps zwischen

  den

 Kategor ien »Gott«'

 und

  »Mensch«. Beispiele

 vor

allem

  aus der

  literarischen Tradition

  - die

  Auswahl reicht zeitlich

  von

Augustus

  bis

 Trajan

 -

  sollen exemplarisch demonstrieren,

  wie

 diese

 Am-

biguität

 in je

 verschiedener Weise

 und mit je

  unterschiedlichem Interesse

von denjenigen,

 die den

  Kaiser verehren, >konjugiert<

4

 wird. Zw ei Diskur

se dienen

 als

 Grundlage der U ntersuchung:

1)

  Der

  Senat entscheidet nach

  dem Tod des

  Kaisers über dessen gött

lichen Status.

 Aus der

 Perspektive

  der

 D ivinisierung

 muß der

 Kaiser

 zu

Lebzeiten seine Göttlichkeit erst unter Beweis stellen.

2) Zentrale Argumente

  und

 Topoi

  der

 philosophischen

  und

  theologi

schen Herrschaftslegitimation nu tzen den vorgöttlichen und go ttahnlichen

Status des lebenden Herrschers dazu, normative Erwartungen

 an

 den Kai

ser

 zu

 form ulieren.

2 Herrscherverehrung:

  Der

 Kaiser

 als

 potentieller G ott

2

 J

  ie

  Institution

  der

  Divinisierung

Selbst wenn

  der

 Herrscher

 von

  vielen, auch

 in

 R om , bereits

  zu

 L ebzeiten

als Gott angesehen

 und wie ein

 G ott verehrt werden konnte

  und

 w urde,

und selbst wenn

  er

  seine Person gerne

  als

  Gott inszenierte

  wie

 C aligula,

Nero oder Domitian

 - zu

  einem nach öffentlichem Sakralrecht anerkann

ten Gott wird

 er

 erst durch seine Entrückung nach dem Tod. D enn gemäß

der offiziellen und institutionalisierten Sprachregelung in.Rom können

 der

Princeps und andere Mitglieder der Herrscherfamilie erst nach ihrem T ode

als   divus  bzw.  diva  bezeichnet

 und als

 >Staatsgottheiten<

5

  verehrt werden,

eine Regel,

 an die

  sich auch Nero,

  der

 sich gerne

  als

  Sol-Apollo präsen

tierte,

6

 hielt:

 Als ihm

  nach

 der

 Pisonischen Verschwörung

  65 n.

 Chr.

 von

einem Senator

  mit

 einem Tempel

  die

  Ehren eines  divus  angetragen wur

den,

  lehnte

  er

 ab.

7

4

  SAHLINS  bestimmt eine »konjunkrurale Struktur«  als »die praktische Realisie

rung der kulturellen Kategorien

 in

 einem spezifischen historischen'Kon text,

 so wie

sie  im  interessegeleiteten Handeln  der  historischen Subjekte  zum  Ausdruck

kommt«  (SAHLINS

  1992, 14 .

5

S . 2 J .

* Vgl  BERGMANN  1998,133-230.

7

  Laut Tac.  arm 15,74,3 nicht

  aus

  Selbstbescheidung oder politischer Zurück

haltung, sond ern aufgrund

  des

 Aberglaub ens, daß

 die

 Divinisierung sich

 z u

 einem

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Gott oder Mensch?

71

Die Entrückung oder Himmelfahrt des Verstorbenen wurde, wie

  K I E R -

DOKJF

8

  gezeigt hat, von Augustus bis Drusilla noch durch einen Augen

zeugen beschworen, der aussagte, er habe den Herrscher bzw. seine Seele

zum Himmel auffahren sehen; in diesen Fällen findet die Divinisierung

nach dem Modell eines Prodigiums statt, das in seiner Gültigkeit erst vom

Senat bestätigt w erden m uß ; die Gottw erdung wird historisch zunächst als

von den Göttern gesandtes. Zeichen in die flexible Syntax der tradierten

religiösen Struktur eingefügt. Nach Brasilias Konsekration hat der

Schwurbericht über die Himmelfahrt wohl keine Rolle mehr gespielt, seit

der Apotheose des Claudius beschließt der Senat bereits vor dem Staats

begräbnis über die Divinisierung.

9

Im weiteren Verlauf der historischen Entwicklung wird die Divinisie

rung zu einer selbstverständlichen Ehrung: Im Unterschied zur Anfangs

zeit - im ersten nachchristlichen Jahrhundert werden nur fünf Kaiser kon-

sekriert - erklärt der Senat vo n Vespasian b is Marc Aurel m it A usnahm e

Domirians alle Kaiser zu

  divi

Der Machtkampf des Antoninus Pius mit

dem Senat um die Konsekration Hadrians zeigt, daß der Senat auch noch

im zweiten Jahrhundert eine Kontrollfunktion ausübte.

10

  Die Entschei

dungsfreiheit geht im Laufe des zweiten Jahrhunderts jedoch weitgehend

verloren.

11

22 Der divus als gleichberechtigter Gott

In welcher Hinsicht beeinflußt die institutionelle Form der Divinisierung

den Bedeutungsgehalt von  divus}  Wie andere neu eingeführte Staatsgötter

gilt auch der divinisierte Kaiser als ein gleichberechtigter Gott. Die Praxis

des Kultes für den verstorbenen Kaiser - Kultpriester, blutige und un

blutige Opfer, Gebete - unterscheidet sich nicht wesentlich von der Ver

ehrung eines anderen Gottes.

12

  Auch der Sprachgebrauch unterstreicht die

Omen für seinen Tod wenden könnte (aufgenommen von Tertullian

  apoL

  34,4:

maledictwn est ante apotheosin deum  aesarem  mtncupari\

 Diese negative Zeich

nung Neros muß nicht der historischen Realität entsprechen; sie könnte sich aus

den moralischen Grundannahmen erklären, die Tacitus in seiner »maximischen«

Darstellungsweise leiten

  (FLAIG

  1992, 14-25).

8

  KIERDORF

 1986a.

9

 Spätestens seit Beginn des zweiten Jahrhunderts wird, in einer vierten Phase,

die Verbrennung auf dem Scheiterhaufen am Ende des Staatsbegräbnisses zu einem

wesentlichen Bestandteil der Konsekration (KrjERDOR? 1986a, 68).

10

  Cass. D io 70,1,2.

11

  PRICE 1987, 92f.

12

  Vgl FISHV ICK 1991, 589.

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7

Matthias Peppel

gleichberechtigte Stellung  der  kaiserlichen Gottheit:

13

  Die Formel  des Ei

des

 von

 A rit ium etwa fügt

  den divus Augustus

  zwischen Iuppi ter Opt imus

Maximus  und  »alle übrigen Göttern« ein.

14

In spätrepublikanisch er Zeit gelten

  deus

 und

 divus

  als Synonyme, wobei

das Wort  divus  s tärker  das  individuelle Wirken einer Gottheit bezeichnet

und sel tener  - vor  allem  in  poet ischer Sprache  ~  geb rauch t w i r d Na ch

dem Zeugnis des Servius wo ll ten  die A utore n Varro und  Ateius (Praetex-

tatus oder Capito) sogar  den  Sprachgebrauch entgegen  der  späteren Ver

wendung normieren.

15

  Seit Caesars Vergottung wird

  divus

  -  wohl  auf

grund seines vornehmeren Klangs

16

. -  durch eine Bedeutungsverengung  zu

einem Terminus, welcher denjenigen verstorbenen Herrscher bezeichnet,

der

 vom

  Senat staatl icher gött l icher Ehren

  für

  wer t befunden wurde ,

 be

zeichnet

  divus

  also einen Menschen,

  der

 na ch seinem

 Tod zu

  einem Gott

erhöht wi rd .  In der  Dichtersprache wird  divus  weiterhin gleichberechtigt

neben

  deus

 für die  Göt ter verwandt ,  in  nichtoffizieller Sprache kann

  deus

für

  den

  lebenden

 und den

 vers torbenen

1 7

  Princeps verwandt werden.

23  Die D ivinisierung  als institutionelle Kontrolle

D er

  divus

  ist also ein vollwertiger

  deus, divus

  kann demnach  als eine Teil

menge  des  Gattungsbegriffes  deus  gelten.

18

  Im  Unterschied  zu  einer  an

deren  neu  eingeführten >Staatsgottheit<

19

  verbindet sich mit der D ivinisie-

13

  SCHWERING

  1914/1915 weist nach, daß divus/diva nicht »göttlich« meint, son

dern  in der  nichtchristlichen Literatur) stets substantivisch aufzufassen  ist vgl.

CLAUSS

  1999, 356f.).

14

IVPPITER OPT1MVS MAXIMVS

  AC

 DIWS AVGVSTUS CETERI QVE)

OMNES  DI  IMMORTALES  ILS

 190

 DESSAU;

  zum Kaisereid  vgl den Beitrag

von

  CANCIK);

  in  einer Inschrift  aus  Isernia  ist vom

  Divus Iulius

  die Rede, den

»Senat und Volk von Rom unter die Götter gerechnet haben«:  QVEM SENATVS

POPVLVSQVE ROMANVS  IN  DEORVM NVMERVM RETTVLIT  CIL

 IX

2628).

15

 Serv.

 Aen.

 5,45:

 >Divum<  et >deorum<  indifferenter plerumque ponit poeta,

quamquamsit

  dücretio, ut

 deos

 perpetuos

 dicamus

y

 divosex bominibus factos, quasi

qui diem obierint;  unde divos etiam imperatores vocamus.  sed Varro

  fr. 424 GRF

FUNAIOLI)

 et Ateius  fr. 12 bzw. 15 GRF

  FUNAIOLI) contra sentiunt> dicentes

 divos

perpetuos, deos, qui propter sui

 consecrationem

  timentur,

 ut

  sunt

 dii

 manes

  vgl.

Varro

 1mg.

  fr. 2

  GOETZ-SCHOELL).

16

  SCHVEKING

  1914/1915, 24.

17

 TLL  1 (1934) s.v. deus I B 3d ß, col. 891, 53ff.

  (GUDEMAN).

* PRICE  1984, 83 n. 40.

19

 D. h.  einer Gottheit, deren Verehrung unter  die  staatlich organisierten und

finanzierten  Sacra publica  aufgenommen wird  vgl

 CLAUSS

 1999, 356f.).

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Gore oder Mensch?

73

rung jedoch nic ht n u r eine sakralrechtliche E ntsche idung üb er die staatlich

geregelte Verehrung eines Gottes, vielmehr steht bei der Divinisierung die

Göttlichkeit des Verstorbenen als solche zur Disposition. Wie bei einer

Hei l igsprechung

20

  wird eine Aussage über das von äußeren Urtei lsakten

unabhängige Wesen des verstorbenen Herrschers getroffen. Denn »Tu

gend macht«, wie Cassius Dio betont, »viele gottgleich, aber noch nie

mand is t aufgrund einer Abst immung Got t geworden«.

21

  In dieser dem

Maecenas in den Mund gelegten Mahnung an Octavian wird nicht etwa

die Praxis der Herrscherverehrung als solche kritisiert,

22

  vielmehr wird der

substantiel le Charakter der Gött l ichkeit betont, der nach dem Verständnis

eines Senators an das gute Verhalten des Herrschers geknüpft ist. Idealiter

wird mit der Divinisierung nur die Gött l ichkeit des Princeps bestät igt , die

dieser durch sein tugendhaftes Verhalten erwiesen hat.

Die Divinisierung hat folglich eine konstative und eine performative

Komponente: Zum einen wird mit der Senatsentscheidung (der Divinisie

rung im engeren Sinne) eine feststellende Aussage über den Status des

Verstorbenen getroffen; zum anderen wird der Divinisierte erst durch den

auf die Senatsentscheidung folgenden Akt der Konsekration

2 3

  verbindlich

zu einer Gottheit erklärt ,

24

  ähnlich wie bei der performativen Äußerung

der Trauformel die Eheleute zu Mann und Frau erklärt werden.

Für den Diskurs der poli t ischen Führung sind die inst i tut ionellen Kon

notationen der >Göttlichkeit< des Kaisers zentral; denn mit diesen verbin

det die politische Elite ihrem Selbstverständnis nach den symbolischen

Anspruch auf poli t ische Überlegenheit gegenüber Volk und Kaiser.

25

  In

sofern wird die Divinisierung, darauf verweist der offizielle Sprachge

brauch, als letzte Ehrung des verstorbenen Princeps aufgefaßt .

26

  Der Senat

20

  Vgl PKICE 1984, 83.

21

 Cass. Dio  52,35,5: dpern

  j*tev yäp

  uyoGsovg

 noXkoüc,

  TCOISI,

 xsipo^ovryzöc,

 5 '

oi>5ev(;

 7cdwoT£ Qtöq s^Eveto.

22

 W ie

  FISHWICK

 1990 nachweist, lehnt Cassius Dio in seinem dem Maecenas in

den Mund gelegten Fürstenspiegel nicht den Kaiserkult ab, er wünscht sich viel

mehr eine Rückkehr zu den gemäßigten .Formen der H errscherverehrung, w ie sie

zu Augustus' Zeiten praktiziert wurden. Hervorgehoben wird von Cassius Dio

besonders die Beteiligung des Senats am politischen Entscheidungsprozeß.

23

  Zur Unterscheidung von Divinisierung (im engeren Sinne) als dem »Senats-

bescbluß, der die Divinisierung legitimiert« und der

 consecraüo

  als der »Realisie

rung in der Kultpraxis«

  KIEKDORF

  1986b, 154 sowie

  KIERDORP

  1986a pass.

24

  CLAUSS

  1999, 359; der Fall des Kaisers Decius und seines Sohnes Herennius

scheint der einzige zu sein, in dem ein bereits divinisieiter (aber wohl nicht kon-

sekrierter ) Kaiser der

  damnatio memoriae

  (s,

  2,4)

 anheimfiel

  CIL

  VI 36760;

KIENAST

 1996,204).

2 5

  PR IC E 1987, 91.

26

  Vgl die Fasten von Amkernum

  CIL

  I

2

 1, 15, p. 244,17):

 DIVO AVGVSTO

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74

Matthias Peppel

kann diese Ehrung auf Antrag (meist des Nachfolgers) beschließen, aber

auch verweigern, so geschehen im Falle des Tiberius und des Hadrian.

2 7

Abhängig ist die Entscheidung vom Legit imationsbedarf des Nachfol

gers,

28

 aber auch v on der Bew ertung der Herrschaft des vers torbene n Prin -

ceps,

29

  wie der aus Alexandria stammende Historiker und spätere

  Procu-

rator Augusti  Appian im zweiten Jahrhundert bestät igt , als die Divinisie-

ru ng bereits zu m Regelfal l gew ord en ist : »Dieser [sc. gottgleicher] Eh ren «,

so Appian, »halten die Römer auch jetzt noch, sei t jenem ersten Mal [sc.

der Vergött l ichung Caesars durch Octavian], den jeweil igen Inhaber der

Regierung nach seinem Tode für w ürdig, w en n er nich t gerade tyrannisch

oder tadelnswert gewesen war, sie, die es zuvor nicht einmal über sich

brachten, jene zu Lebzeiten Könige zu nennen.«

30

Die Divinisierung läßt sich demnach als ein Akt auffassen, in welchem

der Senat seinen Konsens sowohl mit dem verstorbenen Kaiser und seiner

Herrschaft als vor al lem auch mit dem vom Verstorbenen ausgewählten

Nachfolger demonstriert In diesem ri tualisierten Konsensakt zeigt sich

besonders deutl ich, daß der Prinzipat , wie

  FLAIG

  in seiner Arbeit zur

Usurpation betont, auf einem gesellschaft l ichen »Akzeptanz-System«

3 1

beruht.

HONO RES CAELESTES Ä SENATV DEC RETI  (vgl. Tac. anru

' 12,69,3:

  caeles-

tesque honores  Claudio decermmtur;

  arm.  15,74,3; 16,21,2).

27

 Glaubt man dem Bericht des Cassius Dio, so vertagte der Senat die Entschei

dung über den Antrag Caligulas, Tiberius zu divinisieren, bis auf die Ankunft und

Anhörung Caligulas; der Antrag wurde n icht weiter verfolgt (Cass. Dio 59,3,7); die

Divinisierung Hadrians setzte Antoninus Pius beim Senat mit dem Argument

durch, anderenfalls sei seine Adoption hinfällig (Cass. Dio 70,1,2).

28

  Plin. pari, 11 (3: certissima divinitatis fides est bonus successor)  läßt dies erken

nen; ähnlich Herodian

  4,2,1:

 »Die Römer sind gewohnt, die Kaiser zu Göttern zu

erheben, die bei ihrem Tode einen Sohn hinterließen, deribre Nachfolge antreten

konnte«; zur Divinisierung Hadrians vgl. Anm. o. (vgl.

 GESCHE

  1978).

29

  BICKERMANN

  1929, 121 spricht von einer »Ethisierung der Konsekrations-

Vorstellungen«.

30

 Appian  BC  2,148,618: cov 5f|  KOI  vüv, e£ exavou icpdytou, Tö^icdoi  TÖV

£K6OT0TE TT]V

 apXTW

 vf\vde

  apxovxa,

  TIV

 jaxi

  TÜXII

 TOPOCWIKÖC;

 r\

  s7ajLEfi3rto<;,

&7to8avövta ä^io'öaiv, 01 rcpötspov o\>SeTCepiövxca; avuoix;  £q>epov

  KOCXEVV

ßaatXeaq. ~ Tatsächlich wird die Divinisierung im Laufe des zweiten Jahrhunderts

zum Normalfall (s.

 2.1).

  Die von Appian ausgesprochene Aporie ist verständlich

für einen Au tor, der die Ptolemäer immer noch als »meine Könige«

 {Prooim.

  10,39)

bezeichnet; in Ägypten hatte die kultische Verehrung des Pharaos bereits zu Leb

zeiten eine lange Tradition.

51

 Daß der Prinzipat »wahr schein Jich das ausgeprägteste [Akzeptanz-System]

unter allen Großreichen der Weltgeschichte«

  (FI,AIG

  1992, 12) ist, wäre allerdings

erst noch zu beweisen. - Es ist möglich, daß die Bedeutung der Akzeptanz für

andere Großreiche bei weitem unterschätzt wird (vgl zu Ägypten

  ASSMANN

 2000;

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Gott oder Mensch?

75

Aus Sicht der politischen Elite wird die Senatssitzung gleichsam zu ei

nem poli t ischen »Totengericht«

32

  über die moralische Quali tät des ver

storbenen Herrschers und seiner Herrschaft, ganz so, wie es Seneca in der

Apocolocyntosis

  schildert, der menippeischen Satire, welche die entschei

dende Sena tssi tzung auf d en Oly m p projiziert . In diesem Text soll wen iger

die Divinisierung als solche kri t isiert als dem zukünftigen Herrscher vor

Augen gestellt werden, daß sein Vorgänger sich nicht eines  divus  würdig

verhalten hat .

33

  Der panegyrische Vergleich Neros mit Sol-Apollo in der

Apocolocyntosis

  drückt die Erwartungen aus, die in den jungen Princeps

und seine Herrschaft gesetzt werden.

34

2A Der lebende Kaiser

Für das Verständnis des Durchschnit tsbürgers dürften die poli t isch-legis

lat iven Implikationen der Gött l ichkeit des Kaisers nur eine untergeordnete

Rolle gespielt haben. Denn erstens gilt der  divus  als vollw ertiger G ott,

zweitens sind die feinen Nuancierungen, die etwa die Verehrung des kai

serl ichen Numens zu Lebzeiten von der des verstorbenen Kaisers als ei

genständiger Gottheit unterscheiden, sicher nicht für al le erkennbar ge

wesen und sollten es auch nicht für alle sein,

35

  und dri t tens wurde der

Kaiser von vielen bereits zu Lebzeiten als Gott angesehen und verehrt.

36

zum griechischen Königtum und seinen altorientalischen "Wurzeln

  AUFFARTH

 1991,

v. a. 154-199).

32

  MOMMSEN

  1887, 1134 hat die mit diesem Begriff verbundenen juristischen

Konnotationen überbewertet und die Konsekration als den Freispruch in einem

postumen Krinnnalverfahren aufgefaßt, in dem weder die volle

  damnatio memo-

riae)

 noch die mildere Strafe

  rescissio actoritm)

 ausgesprochen wird- Diese Auffas

sung kritisiert bereits

  VITTINGHOFF

 1937,90 und

  101-105,

 der zu Recht betont, daß

die Divinisierung die politische Beurteilung der Piincipatsführung betrifft (vgl.

BICXERMAJNN

  1929,120).

33

  PBICE

  1987,  87-91.

34

  Sen. apocoL

  4,1,27-31;

 richtig

  SCHOVAXTER

 1989, 114 Anm. 63.

35

 Dies gilt vor allem für die Aufstellung von Bildnissen, etwa wenn eine Kolos

salstatue des Kaisers in der Bübnenwand des Theaters in einem Register mit Göt

terstatuen stand

 (z.

 B. in O range, Arles und Dougga);

 FISHWICK

 1987, I> 1, 23 hebt

hervor, daß bereits im griechischen Bereich der Unterschied zwischen einer Kultstatue und einer Ehrenstatue nicht immer klar sei (vgl. den Beitrag von HrrZL).

36

  Ein fiühes literarisches Beispiel inoffizieller privater Verehrung bietet Vergils

erste Ekloge, in der der Hirt Tityrus seinem persönlichen Rettergott Octavian

einen spontanen Privatkult einrichtet (vgl.

  DXJQÜESNAY>,

  ähnlich spricht ein De-

curio in einer Inschrift aus Nola aus Dankbarkeit für seine Beförderung Caesar als

Gott an:  M. Salvio Q./.  Venusto decurioni beneficio  dei Caesaris  ILS  6343

  D E S

SAU).

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76

Matthias Peppel

Die Differenz der Diskurse von Volk und Senat wird bei der

  damnatio

memoriae

>

  die auf eine Usurpation folgen kann, virulent. Denn in diesem

Falle wurde der beseitigte Kaiser postum zum Staatsfeind erklärt. Dabei

wurde nicht nur sein Name aus allen verfügbaren Inscbriften getilgt, auch

kultische Praxis, d. h. Opfer, Feste und Priesterschaften, wie sie außerhalb

Ro m s v. a. im Osten des Reichs existierten, mußte eingestellt werden.

37

Welche Wirkung solch ein Vorgang auf Untertanen hatte, die den Herr

scher aus dankbarer Überzeugung als Gott verehrten, darüber kann man

nur spekulieren.

38

D ie  damnatio  unterstreicht, daß die Führungsschicht in Rom dem Kai

ser zu Lebzeiten keine öffentlich anerkannte Göttlichkeit zugesteht.

39

Vielmehr dient die Ambiguität des lebenden

  Kaisers

  zwischen Gott und

Mensch, seine potentielle Göttlichkeit, dazu, diesen auf ein ideales Ver

halten zu verpflichten; das Denkschema lautet daher Der Kaiser wird als

Gott verehrt werden, falls  er sich gemäß den an ihn gestellten Erwartun

gen verhält.

Durch die postume Divinisierung wird das Leben des Kaisers aus Sicht

der politischen Elite zu einem schwebenden Verfahren, in dem der Prin-

ceps zuerst Beweise dafür zu erbringen hat, daß er ein Gott ist.

40

  Alle

Aussagen, die den Herrscher zu Lebzeiten als Gott ansprechen oder mit

Gott vergleichen, stehen unter dem Vorbehalt einer postumen Beurteilung.

Gottgleiche Ehren zu Lebzeiten, z. B. die Verehrung des kaiserlichen

Numens, sind aus Sicht der Führungsschicht nur Vorschußlorbeeren, die

den Herrscher auf ein ideales Verhalten verpflichten. Dies wird an einer

Stelle bei Tacitus deutlich ausgesprochen: Daß Tiberius für sich alle gött

lichen Ehren zu L ebzeiten und nach de m To de ablehnt, wu rde laut Tacitus

unter anderem als:

41

37

 Zu sehen ist dies z. B. an der Inschrift von Akraiphia aus Böotien  IL S 8794

DESSAU),

 die

 Nero als »Neue Sonne« Griechenlands feierce, weil

 dieser der

 Provinz

Achaia auf seiner Griechenlandreise 66 oder 67 n, Chr, die Autonomie verliehen

hatte; aus Dank wurde in Akraiphia der Altar des Zeus Soter dem Zeus Eleutherios

Nero um)geweiht Z 48ff.)- Zur Datierung  BERGMANN  1998, 202.

38

 Für die Bindung an die Zentralmacht spielte sicher auch die Kontinuität der

Kaiserverehrung als solcher eine zentrale Rolle,

39

 In diesem Punkt zeigt sich deutlich, daß

  CLAUSS*

 These von der Göttlichkeit

des amtierenden Kaisers z. B, 418) nicht überzeugen kann ebd, 385: »Domitian

war ja quasi durch die nicht erfolgte Divinisierung nur noch Mensch«; Hervorhe

bung

  VI).

40

  VgL PRICE 1987, 89.

41

 Tac

 arm,

  4,38: quod ...  quidam ut degeneris animi interpretabantur optumos

quippe mortalucm altissima  cupere;  sie erculem  et Liberum apud Graecos, Qui-

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Gott oder Mensch?

77

»Zeichen entarteter Gesinnung [gedeutet]. Die besten unter den Menschen hät

ten doch den Drang nach dem Höchsten; so seien Herakles und Dionysos bei

den G riechen, Quirinus bei uns unter die G ötter gezählt worden. Besser habe es

Augustus gemacht, der darauf gehofft habe. Alles übrige stehe den Fürsten so

fort zu Gebote: nur auf eines müßten sie unablässig bedacht sein, daß man sich

in beglückender Weise ihrer erinnere; denn ein Verzicht auf Nachruhm bedeute

den Verzicht auf tüchtige Leistungen.«

Tacitus gibt hier eine Denkweise wieder, die für das Selbstverständnis der

polit ischen Elite zentral ist : Durch die Erhöhung des Kaisers zum Gott

wird dieser bestimmten Erwartungen seiner Untertanen ausgesetzt . Aus

dieser Sicht ist die Kaiserverehrung weniger ein Mittel der Propaganda,

das den Herrscher in seinen Machtbefugnissen gegen Kritik und Kontrolle

immunisiert, als umgekehrt ein Mittel der gesteigerten Kontrolle einer

übermenschlichen Machtfülle. Die Göttlichkeit wird funktionalisiert, um

individuelle Erwartungen an den Kaiser zu formulieren.

42

  Aus Sicht der

politischen Elite wird die Divinisierung zu einem Anreiz für den Princeps.

Diese Haltung wurde - glaubt man Sueton - von Augustus internalisiert .

In einem Brief an Tiberius begründete Augustus seine kostspielige Frei

gebigkeit damit, daß sie ihn zu himmlichem Ruhm erhöhen werde.

43

3 Her r scha f t s theo log ie : Göt t l i chke i t a l s Norm

3 J Der performative Charakter der Göttlichkeit

Theologisch ausdifferenziert wird die von Sueton überlieferte Aussage des

Augustus bei Plinius dem Älteren, welcher in der Theologie seiner Na

turgeschichte schreibt: »Gott heißt für einen Sterblichen, einem Sterbli

chen zu helfen, und dies ist ein Weg-zu ewigem Ruhm«, ein Weg, den nach

rinum apttd nos deum numero add itos. melius Augustum, qui  speraveri cetera

principibus

 statim adesse: unum

 insatiahiliter

 parandum,

 prosperam

  sui memoriam;

nam contemptu famae contemni virtutes

  Übersetzung E.

 HEIXER ) .

42

 Auch die gottähnlichen Tugenden des Herrschers sind, wie  W A I I A C E -

HADRILL  1981 v, a, 318) gezeigt hat, als ein Mittel der vom Kaiser gesteuerten

>Propaganda< mißverstanden; sie müssen vielmehr als ein Medium aufgefaßt wer

den, über das Erwartungen einer gesellschaftlichen Gruppe an den Kaiser formu

liert werden.

43

 Suet. Aug.

  71,5:

 benignitas  ... mea me ad caelestem gloriam efferet.

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7

Matthias Peppel

den Vorfahren auch Vespasian mit seinen Kindern beschreite.

44

  Hinte r d ie

ser Aussage steht eine funk tionalistische Auffassung von Gö ttlichke it.

Gott-Sein wird als ein bestimmtes Handeln aufgefaßt Analog zu dem

Sprichwort »Ein Freund in der Not ist ein wahrer Freund« konstituiert

sich die Bedeutung durch ein bestimmtes Verhalten. Denn »es ist sicherer,

daß die Beziehung durch die Tat geschaffen wird, als daß die Tat durch die

Beziehung garantiert ist.«

45

D oc h de r verbale od er perf ormative Ch arakter des menschlichen Go ttes

hän g t ni ch t n u r vo n dessen Verhalten ab Perform anz als das >Auffuhren<

einer bestimmten sozialen Rolle

46

) , sondern auch vom Handeln der sozia

len Mitspieler , die dem entsprechenden Subjekt Göttl ichkeit oder Gott

ähnlichkeit zusp reche n im Sinne eines performäriven Sprecha ktes). Ver

bindlich geschieht dies erst im postumen Akt der Konsekration als einem

Akt der Dankbarkeit für emfangene Wohltaten, wie auch Plinius im An

schluß an seine Definit ion des menschlichen Gottes hervorhebt.

47

Als ein funktionales Äquivalent zur Divinisierung kann die philoso

phische und theologische Herrschaftslegitimation gelten. Wie jene soll sie

den amtierenden Kaiser auf ein bestimmtes Verhalten verpflichten. Wäh

rend im polit ischen Akt der Konsekration dem toten Herrscher Göttl ich

keit jedoch verbindlich zugesprochen wird, gesteht der legitimatorische

Diskurs dem lebenden Kaiser einen göttl ichen Status nur vorläufig und

44

 Plin. nat. 2 lSf.: Deus est mortali iuvare mortalem, et baec ad aetemam gloriam

via.

 bacproceres iere Romani, bac

 nunc

 caelestipassu cum liberis suis

 vadit maximus

omnis aevi rector Vespasianus Augustus fessis rebus subveniens. bic est vetustissimus

referendi bene merentibus gratiam m os, ut tales numinibus adscribant quippe et

aliorum nomina deorum et quae supra retuli siderum ex bominum nata sunt meritis

ähnlich Ov.

 Pont

  2,9,35f.).

45

  SAHLINS  1992, 41; an der Begegnung des Entdeckers Captain Cook mit den

Hawaianern> die den Besucher anfänglich für einen Gott hielten ebd. 105-131) und

am Ende töteten, demonstriert  SAHLINS eindrucksvoll, wie kulturelle Bedeutung in

»performativen Strukturen« ebd. 13-15; 40-45) durch soziales Handeln erzeugt

und transformiert wird.

46

  In diesem Sinne sozialer Performance  wurde der Begriff im Verlaufe des cul-

tural turn

 verwendet  z.

 B.

  in

  VICTOR TURNERS

  Theorie des Rituals als social

 dra-

ma\  zur Entwicklung und den verschiedenen Aspekten des Performanzbegriffes

ygL

 WIRTH

  2002. - Den inszenatorisch-theatralischen Charakter gesellschaftlichen

Handelns reflektiert bereits die stoische Theorie von den vierpersonae  »Masken«)>

die der Mensch im Laufe seines Lebens trägt; eine der >gespielten< Rollen konsti

tuiert sich durch die Lebensentscheidungen, die vom Individuum und anderen für

es getroffen werden Cic.

 off.

  1,107-118).

47

  Die Verehrer

  »schreiben

 solche Menschen de n Göttern

  zu« (adsaibant;

s, Anm. 44).

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Gott oder Mensch?

79

gewissermaßen  auf Probe  zu. Die entsprechenden Aussagen sind  als ein

Akt autoritativen oder präskriptiven Sprechens aufzufassen- Denn

 die Er

füllung

  der

  normativen Erwartungen wird

  zur

  Voraussetzung dafür, daß

der Herrscher

  in

 den

  Augen seiner Verehrer Gott

 ist -

  dadurch,

  daß

  er

gottgemäß handelt.

Das sprachpragmatische Wechselspiel

  von

  normativem Anspruch

 und

dem

 die

  Norm performierendem Verhalten

 ist mit der

 Struktur vergleich

bar,  die nach

  JUDITH BUTLER  der

  sozialen Konstitution

  der

  weiblichen

Geschlechterrolle zugmndeliegt.

4S

  Im

  Unterschied

  zum

  autoritativen

Sprechakt,

  der dem

  Mädchen

  ein

 bestimm tes Geschlechterverhalten

 zu

spricht,

49

  bleibt

  den

  legitimatorischen Texten, welche

  den

 Kaiser

 als

  Gott

adressieren,

  ihr

 peif ormativer Charakter jed och nicht verborgen.

  Im

  Ge

genteil: Dadurch,

 daß die

 Gleichnishaftigkeit

  der

 geforderten Göttlichkeit

durch vergleichende Aussagen betont

  und

 in argumentativen Ko ntexten

reflektiert wird, bleibt

  dem

 Diskurs

  die

  soziale Kontrolle über

  den

 >Gott

auf Probe< erhalten.

Beso nders deutlich w ird der perf ormative C harakter

 der

 göttlichen Prä

dikation  in Senecas  e  dementia

dem

  Fürstenspiegel,  in

 dem

  sich der

stoische Philosoph

  und

 Prinzenerzieher

  von

 Nero

  an

 seinen Z ögling rich

tet.

 Die

 Schrift ist, wie

 TRAUTE ADAM

 gezeigt hat, von neupythagoreischen

Schriften

  zur

  Königstheologie beeinflußt.

50

  Im

 Vergleich dieser Texte

 mit

Seneca zeigt sich besonders deutlich, inwiefern sich eine performative

 und

eine eher substanzialistisch geprägte Auffassung

  des

 göttlichen Herrschers

unterscheiden.

3.2

  Neupythagoreische Schriften »Über  das  Königtum«

In

 der

 spätantiken Blütenlese

  des

  Stobaios sind Exzerpte

  aus

  drei neupy

thagoreischen Schriften

 mit dem

 Titel >Über

 das

 Königtum< Tlepi ß a c v

teiaq)

51

  von

  uns

  sonst unbekannten Autoren erhalten, welche wohl

 aus

48

  BUTLER  1993, 318:

 »In dem

 Maße,

 wie das

 Benennen

 des

 >Mädchens< transitiv

ist, das heißt den Prozeß initiiert, mit dem ein  bestimmtes >Zum-Mädchen-Werden<

erzwungen wird, regiert

 der

 Begriff oder vielmeh r dessen sym bolisch e M acht die

Formierung einer körperlich gesetzten Weiblichkeit,

  die die

 N orm niemals ganz

erreicht Dabei handelt

 es

 sich jedoch

 um ein

 >Mädchen<,

 das

 gezwun gen w ird,

 die

Norm   zu >ziueren<>  um sich  als  lebensfähiges Subjekt  zu qualifizieren  und ein

solches

  zu

 bleiben«.

49

  Ebd.

 308.

5 0

  A D A M  1970, 40-62.

51

  Grundlegend  GOODENOUGH

  1928 mit

  englischer Übersetzung); griechisch-

französischer Text bei  DELATTE 1942.

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8

Matthias Peppel

dem dri t ten oder zweiten vorchrist l ichen Jahrhundert stammen.

52

  In der

Schrift des sonst unbekannten

5 3

  Ekphantos heiß t  es:

54

»Auf der Erde und bei uns ist das von Natur aus Allerbeste der Mensch, das

Göttlichste aber der König, der in der gemeinsamen Natur mehr Anteil am

Besseren hat; er ist zwar, was sein Gehäuse betrifft, den übrigen gleich, will

sagen, er ist aus derselben M aterie entstanden, aber von einem besseren Schöpfer

gearbeitet, der ihn nach dem Modell seiner selbst gefertigt hat; seiner Einrich

tung nach ist demnach einzig und alleine der König gleichsam eine Form des

oberen Königs, immer seinem Schöpfer verwandt, den Untertanen aber durch

sein Königtum wie in einem Licht erscheinend.«

Die exzeptionelle Stellung des Königs wird hier mit seiner Gotteben

bildlichkeit begründet. Diese wird als eine innere Wesensverwandtschaft

mit dem Gott aufgefaßt, der den König nach seinem Urbild geschaffen hat.

Wie aus anderen Stellen deutlich wird, begründet sich diese Verwandt

schaft aus der Analogie der Herrschaftsstellung von Gott und König:

55

52

  Die Datierungsversuche bewegen sich zwischen dem 3. vorchristlichen und

dem 2. nachchristlichen Jahrhundert. Über die Autoren Diotogenes und Sthenidas

von Lokroi weiß man nur, daß sie Pythagoreer gewesen sein sollen. Die

 communis

opinio geht daher davon aus, daß es sich um Pseudepigrapha handelt. Nach

  THES -

LEFF

  1961 beruht der Dialekt der Texte auf einem süditalischen Dialekt des Dori

schen, ähnlich dem des Pythagoreers Archytas von Tarent

  (4. Jh .

  v. Chr.); dieser

Dialekt verselbständigt sich im dritten Jahrhundert zu einer literarischen Konven

tion, die bewußt Archaismen verwendet. Die Texte zeigen weder Ähnlichkeit mit

älteren pythagoreischen Texten noch finden sich Einflüsse, wie sie für den römi

schen Neupythagoreismus des 1. vorchristlichen Jahrhunderts prägend sind. Daher

datiert

  THESLEEP

  sie, ähnlich wie

  BURKERT

  1961, auf die Mitte des dritten Jahr

hunderts v. Chr, so daß Einfluß auf Seneca möglich ist. - Ebenfalls für eine frühe

Datierung spricht die Vielzahl ähnlicher Werke aus dem dritten und zweiten Jahr

hundert v. Chr, v. a. aus der Feder von Stoikern (Sphairos, Kleanthes, Persaios),

die uns größtenteils leider nur dem Titel nach aus Werkübersichten bekannt sind

(vgl.

  ADAM

  1970,  12-18 .

53

  Der einzige namentlich bekannte Autor Ekphantos lebte im 4 J h . v. C hr . und

schrieb Attisch; er kann daher nicht mit dem Autor des Stobaios-Textes identisch

sein

  (s.

 o.)-

54

 Ekphantos

 ap.

 Stob,

 eci

 4,7,64 p.

 272 WACHSMUTH:

 EV

  e tQ.y<£

 KCCI rcccp* djiiv

dpiGTO<jn)£cn;ccxov nev ccvOpcörcoq,

  OEIOTOTOV

  5

?

 6 ß a e n t e ü ;

  EV  T&J KOIVO;

 «pticsi

9cXE0veKtä>v iä> Kpecaovoq,

 TO

 jafcv oKävo«; xou; Xoixoiq öu-otog, oia Tsyovcbq

 £K

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dpxouivoiq

  ä>q EV

 epeati T $  ß a a t ^ a ßteftoM^vov (vgl. 4,6,22  p. 245 W.).

55

 Diotogenes ap. Stob.

 ecL

  4,7,61 p.

 265

 W.: e^ si 5e Ka i

  GÖ<; OEÖC,

 Ttoti Koajiov

ßccoiA^uc;

 Ttori ;c6Xiv-  KCCI cb<; rc6\t<; rox

KOCU.OV

 ßaciXeuq

 TOT

8e6v. d

  JOEV

 vdp

KÖXxq EK TOXX&V

 KCd 8ux<pEpövxcov cüvap nocO Eica KÖcjaco at iv ta ^ iv Kai dp -

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82

Matthias Peppel

gründet im Unterschied zu den von Stobaios überl ieferten Texten keine

qualitative Exzeptionalität des Kaisers, sie stellt vielmehr eine besondere

Veipfl ichtung eines Menschen dar, dem ein Übermaß an Macht gegeben

ist , und nicht nur eine besondere Verpfl ichtung, sondern auch eine beson

ders große Gefährdung. In  De dementia  beschreibt Seneca auch, w ie de r

Mißbrauch seiner Macht den Herrscher von der Höhe der Gottähnlichkeit

unter das Niveau der Tiere herabsinken läßt .

61

  Nach Senecas Einschätzung

wird der Kaiser also durch seine dem göttlichen Schicksal

62

  ähnliche Stel

lung nicht von vornherein gerechtfertigt, diese Stellung wird vielmehr als

eine Aufgabe aufgefaßt, die über menschliches Maß hinausreicht.

Zwar betonen auch die neupythagoreischen Quellen, daß der Herrscher

durch ein tugendhaftes Verhalten Gott nachahmt, stellen dies aber als Fol

ge seines Wesens dar, so etwa Ekphantos:

6 3

»Ich meine also, daß der König auf Erden in keiner Tugend dem König im

Himm el nachstehen kann; sondern so, wie er eine ausländische und fremde Sa

che ist, welche von dort [sc. vom Himmel] zu den Menschen gekommen ist,

dürfte einer zu der Auffassung gelangen, daß seine Tugenden Gottes W erke sind

und durch jenen [sc. G ott] seine Werke sind.«

Der König wird hier so weit der menschlichen Sphäre entrückt, daß er als

etwas Fremdes, als ein Himmelsgeschenk, erscheint. Bei Seneca dagegen

heißt es, daß die Bürgerschaft »ihren Lenker nicht anderen Sinnes ansieht

als wir die unsterblichen Götter in Ehrfurcht und Verehrung ansehen

wollten, wenn sie uns Gelegenheit gäben, sie zu sehen«.

64

  Die Wirkung

eines guten Kaisers auf die Wahrnehmung der Menschen wird hier mit der

Wirkung einer Götter-Epiphanie verglichen, aber eben nur verglichen,

gleich im anschließenden Satz wird betont, daß »der, welcher sich gemäß

dem Wesen der Götter verhält, den ihnen nächsten« - und nicht den glei-

61

  Clem. l,26,3f.

62

  Clem. 1,1,2: quid cuique mortalium fortuna datum velit, meo ore pronuntiat

(vgl. RO LL ER 2001, 240. 273 Anm . 101).

63

 Ekphantos ap. Stob. ecL  4,7,64 p. 274f. W.: eycb usv cov wcoXaußävco K ai xöv

8jci xäc;

 yQc, ßacnAsa 5w aa 6a i

 jn/nöeM*©

 t a v apexav ekaxro'öcOca

 xä>

 KCXT- cbpa-

vov ßaoiÄitoc;-

 6<XK

y

  c&orcsp a v t 6 ; ä:cöSajxöv u evxi XPIftia Kai £svov  &K£I8£V

äcpvyjiivov npöc,

 öcvOp&Tcctx;,

 Kai

 TOCC, ape-tac;

 a v

  TU;

 a w ö

  zpya

  \nrokäßoi

 Tä>

 8efl>

Kai 5r £K£ivov

  avxG .

64

  Clem. 1,19,8f.: quis ab hoc non, si possit, fortunam quoque avertere velit, sub

quo

 iustitia,

 pax, pudidtia,

  securitas,

 dignitasflorent, sub quo opulenta civitas copia

bonorum omnium abundat nee alio animo rectorem suum intuetur, quam si di

immortales potestatem visendi suifaciant, intueamur venerantes colentesquef  Quid

autemf Non proxumum Ulis locum tenet is, qui se ex deorum natura gerit, beneficus

ac Lirgus

 et in

 melius potens?

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Gott oder Mensch?

83

chen - »Platz einnimm t«. Jede Annäherung an die göttliche Sphäre wird

bei Seneca zum einen an die Bedingung eines bestimmten Verhaltens ge

knüpft, zum anderen wird der Vergleich in seinem komparativen Charak

ter betont.

Der Princeps wird nicht, wie bei Diotogenes, als das wesenhafte Bild

Gottes aufgefaßt, das nach dessen Modell geschaffen ist,

65

  vielmehr wird

dem Herrscher wie in einem Spiegel

66

  ein Bild vor Augen gestellt, wie er

sich verhalten soll, um eine gottgleiche Herrschaft zu verwirklichen. Se

neca will Nero eher zeigen, wie er - in Zukunft - »zur größten Freude

aller Mensch en w erd en wird«. W enn man berücksichtigt, daß antike Spie

gel einfache polierte Metalischeiben waren

67

  und daher in ihrer Abbil

dungstreue nicht mit modernen Spiegeln verglichen werden können, dann

wird Senecas Aussage plausibler: Die Reflexion eines antiken Spiegels ist

von solcher Qualität, daß der Betrachter in seiner Interpretation eines

unklaren und verzerrten Bildes mehr gefordert war als er dies bei einem

Spiegel ist, wie wir ihn kennen. Daher nimmt Seneca die Rolle eines spre

chenden Spiegels ein, der das unklare Spiegelbild zum Bild des idealen

Herrschers im Sinne des gottgleichen stoischen Weisen ausdeutet. Letzt

lich ist es der Philosoph Seneca, der als Vorbild für den jungen Herrscher

Nero dienen soll.

68

Müssen wir aus all den zurückhaltenden Äußerungen Senecas folgern,

daß dieser die Göttlichkeit des Kaisers für ausgeschlossen hielt? Vor dem

Hintergrund stoischer Anthropologie »wohnt in jedem guten Menschen -

welcher Go tt, ist ungewiß - ein G ott«,

69

 so ein Zitat aus Senecas Epistulae

morales.  Die göttliche Natur ist für den Menschen eine Norm, die er auf

dem Wege sittlichen Fortschritts erreichen soll - und auch erreichen kann.

Sie ist kein Privileg des Herrschers, sondern, ähnlich wie bei Plinius

d. Ä.,

70

  eine Eigenschaft, die jedem »guten« Menschen zukommt. Königs-

65

 S

Anm. 55.

66

  Clem.  1,1,1:

  cribere

  de dementia, Nero Caesar

s

 institui, ut quodam modo

speculi vice jüngerer et te tibi ostenderem perventurum  ad voluptatem maximam

omnium;  auch Plinius vergleicht seine Lobrede auf Trajan mit einem Spiegel, in

dem zukünftige Herrscher den idealen Herrscher erkennen können

  ep*

  3,18f.),

zugleich betont

  r s in

paränetische Absicht

  vgl.

 MOLES

  1990, 303-305).

67

  HARRISON

 1992, 1 zum Gleichnis des Spiegelbildes in Augustinus  Trin.  15,14

der Mensch als Spiegelbild Gottes).

«  So  auch

 ADAM

  1970, 18f.

69

 Sen. ep.

 41,2:

 In

 unoquoque

  virorum

 bonorum

  - quis

 deus incertum

  est -  ha-

bitat deus  vgl. Verg. Aen. 8,352).

70

 S 3 J

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Gotc oder Mensch?

85

aus  der  Frühzei t  des  P r inz ipa t s /

6

  wird von der  Gottebenbildlichkeit  der

Könige gesprochen.  Die  »Weisheit Salomons< präsentiert sich  als  eine

Mahnschrift  an die  »Könige, Richter  der  Erde , Herrscher über  die  M e n

ge«

77

 und

  fordert diese

 zu

 einer gerechten H errschaft

 auf. Der

 Maßs tab ,

 an

dem sich

  die

  Herrscher dabei orientieren sollen,

  ist das

  »Bild« Gottes,

 da

»Got t  den Menschen  zur Un vergä nglichk eit erschaffen  und ihn zum  Bild

seines eigenen Wesens gemacht hat«/

s

D u r c h  die  Gottebenbildlichkeit  des  Menschen soll hier nicht etwa  der

anthropomorphe Charakter Got tes betont werden , sondern  der  Auftrag

an  die  Könige  zu  einer gerechten Herrschaft, denn durch Gerechtigkeit

verdienen diese sich, wie der  weitere Text zeigt,  die  gött l iche Quali tät der-

Ewigkeit.

79

  Unvergängl ichkei t

  ist

 eine, Folge gere chten Verh altens,

  das so

mit Bedingung  für die  Bildähnlichkeit  des  Herrschers  mit  G o t t  ist. Die

Ähnlichkei t wird damit ,  wie bei  Seneca,  zur  moralischen Aufgabe,  und

zwar  für  alle Menschen;  sie  gewinnt  als  zugesprochene Verhal tensnorm

performat iven Charakter .

Dies gilt bereits  für die Priesterschrift,  auf die

 SapSal

  wört l ich zurück

greift.

80

  Die  Got tebenbi ldl ichkei t wird hier  mit dem  Herrschaftsauftrag

Gottes  an den M enschen verbunden  und ist  somit  als  eine Funkt ionsaus

sage aufzufassen/

1

  als ein autori tativer Sprechakt, der vom M enschen  ein

bestimmtes Verhalten, nämlich eine gerechte Herrschaft über  die  Erde,

fordert .  Die auf  alle Menschen bezogene Vorstel lung  des  Menschen  als

Kopie Got tes  in der  Priestersclirift geht wohl  auf  ägyptische Königstheo-

76

  ENGEL  1998,

  33-36 datiert

  die

  Schrift zwischen

  die

  Schlacht

  von

  Actium

SapSal

 6,3 dürfte  die Machtergreifung Octavians  in Alexandrien und Ägypten 31

v.Chr. voraussetzen)

  und den

  Brief

  des

  Claudius

  an die

  Alexandriner

  von 41

n. Chr.,-

 die

  scharfe Polemik gegen

 den

 B ilderkult

 zur

  Verehrung eines entfernten

Herrschers

  SapSal

 14,16-20) könnte eine Reaktion

  auf

 den Versuch Caligulas sein,

seine Kultstatue im Tempel von Jerusalem zu installieren.

77

 SapSal

 6,lf. (vgl.

 ebd.

 1,1); als »subtile indirekte Werbeform«  (ENGEL

 1998,

 28)

dürfte SapSal sich tatsächlich an junge, griechischsprachige Juden gerichtet haben.

78

 SapSal

 2,23f.: ö n ö Osöq SiCTiaEv

 TÖV

 ävOpowtov

  in*

  öccpOccpatqc

 |

 Koct sücöva

Tfjq iSiccq

  ISIÖTTITOC;

 [die älteste und am besten bezeugte Lesart neben cciSiö'CTytoq

und öfxoiöTnxoq] ercoincsv ccfrcov.

79

 SapSal5

7

\5:

 Aucccioi

 S£

 aq

 töv ociövoc

 £6>ow,

 |

 KCCI£v

 Kopicp ö u.io8oq

 CC-ÜTÖW

vgl. 9,2f. 6,19. 1,15;

  ENGEL

 1998,

  77).

80

 Gen l,26f.: IIovnccDusv ävOpoewtov KOCI' eiKÖva fiuS't&pav  Kai KaO* öjiotcö-

aiv (vgl. Sir

 17,3-9;

 JANOVSKI 2000).

81

 »Der Mensch ist [...] Bild Gottes, insofern  er  sich verantwortlich handelnd zu

seinem Lebensraum samt den  Lebewesen darin  [...]  verhält«

  (GROSS

  1981, 260f.);

konkretisiert wird der Herrschaftsauf cräg in der Noahgeschichte  (BAUMGART 1999,

267-272).

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Gott oder Mensch?

7

nimmt Christus eine dem Kaiser vergleichbare Stellung ein; denn meist ist

auch

  derprinceps,

  vo n Beginn seiner Herrsch aft a n, als Sohn eines G otte s,

nämlich des

  divus,

  legit imiert . Wiederholende und unter Vorbehalt stehen

de

94

  gött l iche Verwandtschaft des Kaisers und einmalige sowie wesensin

härente Genealogie Christ i stehen einander gegenüber.

3 J Der Herrseber als Sonne

In Plutarchs Fürstenspiegel , der sich, so der Titel , »an den ungebildeten

König« r ichtet , w ird die Go t tähnl ichkei t des Herrsche rs m it der Metaph er

der Sonne verknüpft:

95

»So wie die Sonne am Himmel als das wunderschöne Spiegelbild seiner [sc.

Gottes] und als ein Abbild denen erscheint, welche ihn [sc. Gott] in ihm sehen

körinen, so hat er [sc. der Gott] den Glanz der Wohlgerechtigkeit in den Städten

gleichsam als Bild der Vernunft, die ihn umgibt, entstehen lassen.-«

Plutarch erweitert hier das platonische Sonnengleichnis um eine Königs

theologie, die den Herrscher zum sonnengleichen Vertreter gött l icher Ge

rechtigkeit und Vernunft auf Erden macht,

96

  Ähnlich wie bei Seneca fällt

hier die Häufung von Spiegel-, Abbild- und Ähnlichkeitsverhältnissen

9 7

auf, in denen die Stellung des Herrschers mit der Gottes verglichen wird.

Durch die Potenzierung von solch vergleichenden Aussagen

98

  wird die

Gött l ichkeit des Herrschers für normative Vorgaben verfügbar gemacht

und auf diese Weise symbolisch kontroll iert . Der metaphorische Charak-

94

 Der Herrscher muß sich erst als seiner Herkunft würdig erweisen.

95

 Plut. adprinc. ineruditum, mor. 5,781F: oiov 5 ' iftioq

  EV

 oupccvQ jj.(jjTi|iaTÖ

TtspiKcAAsq aürot) [sc.

 TOÜ

 0so-ö] öY EGÖTTCpou Koct ci5coÄ.ov ceva<paiv£'cca xoxr;

KE1VOV

  evopäv 5t* a w o ü SuvccToxg, afrtco xö £v Ttö teoi

  eperyoe;

 stöudccq

  [KCCI]

^ 0 7 0 1 TO-Ö 7C£pi

  btOV

  COOT£p SlKOVCC KCCC£GTr|G£V.

96

 Vgl.

  C HES NOT

  1978, 1321-1324; nachweislich kannte Plutarch die persische

Verehrung des Königs als Bild des höchsten Gottes Ahura Mazda (vgl. Anm. 85),

als dessen Sohn das Feuer galt

  (HULTGÄRD

  1979, 115). Philo verknüpft ebenfalls

Gottebenbildlichkeit und ko-yos-Spekulation

  SpecLeg

  1,81; vgl.

  CHESNUT

  1978,

1325-1327); vgl.

 SapSal

  7,25-29 (göttliche Weisheit und Sonne), Sen.

  dem.

  1,3,5.

1,4,1 (der Herrscher als vernünftiger Weltodem; vgl.

  CHESNUT

  1978, 1325f.) und

Carmen Einsidlense

  1,27

  KORZENIEWSKI

  (Nero als

 imago solis).

97

 Zur Verwendung von Bildern bei Plutarch vgl.

  HIRSCH-LXJIPOLD

  2002.

98

 Als Analogon zu den Texten kann die theomorphe Herrscherdarstellung ge

sehen werden, deren metaphorischen Charakter

  BERGMANN

  1998, 38 hervorhebt:

»metaphorisch [...] im präzisen Sinn eines Vergleichs oder Gleichnisses«; ausge

drückt wird »nicht eine Identität von Gott und Herrscher, sondern eine Ähnlich

keit von Kräften, Wirkungsweisen und Kompetenzbereichen des Herrschers mit

denen der Gottheiten, deren Attribute er trägt« (ebd.).

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88

Matthias Peppel

ter der Gottähnlichkeit ist bereits für die ägyptische Königstheologie be

legt, in d er de r Ph ara o v o r al lem m it de m Sonn engo tt Re verglichen ~wird.

Die funkt ionale Analogie von Got t und Herrscher wird nicht nur von

Plutarch, sondern auch an vielen anderen Stellen durch die Metapher der

Sonne oder den Vergleich mit dem Sonnengott

100

  ausgedrückt . Der Ver

gleich von Kaiser und Sol-Helios und dem häufig mit ihm gleichgesetzten

Apol l

101

 im Kontext vo n Herrsch erlob un d Herrscherlegi timat ion lä ßt eine

funktionale Semantik erkennen, in der wichtige Aufgaben der Herrschaft

hervorgehoben werden. Hintergrund des Vergleichs bilden Philosopheme

verschiedener Schulen und die sinnliche Evidenz des Zentralgestirns: Nach

Dion von Prusa gibt es »kein offensichtlicheres und schöneres Beispiel [sc.

für die Herrschaft des Kaisers] als .die Führung, des Alls, die unter Kon

trolle des ersten und besten Gottes steht«.

102

  Zu diesem Zweck mußten

nur die stoischen Aussagen über das vernünftige, die Weltgeschicke len

kende Zentralgestini »Sol« umgekehrt werden, das laut Cicero »der Füh

rer und Fürs t und Lenker der übrigen Himmelsl ichter , der Vers tand und

das ordnende Prinzip«

103

  is t , und schon konnte man die universale Herr

schaft des Kaisers bestens illustrieren. In der dritten der Königsreden, die

der Stoiker Dion von Prusa an Trajan gerichtet hat ,

10 4

  findet sich die wohl

umfangreichste Sammlung der Vergleichspunkte von Kaiser und Sonne.

Durchmustert man den Abschni t t bei Dion

105

  und die vor al lem in nero-

nischer Zeit häufigen Vergleiche und Metaphern mit Sol,

10 6

  so ergeben sich

folgende Hauptfunkt ionen:

99

  OCKINGA 1984,128f.;

 nicht zufällig ägyptische Seeleute preisen Augustus kurz

vor seinem Tod mit den Worten: per illum se vivere, per illum navigare, übertäte

atque

 fortunis per illum frui

  (Suet.

 Aug.

 98,2).

100

  Die Homonymie Sonne/Sonnengott ist aufgrund der fehlenden Distinktion

durch G roß- un d Kleinschreibung nicht immer klar zu differenzieren und verbleibt

zum Teil auch beabsichtige in der Zw eideutigkeit

101

 Schon im

 5.

 Jh. (AiscL

 Hie.

 212-214).

102

 Dio on 3,50: o\>  uf|v cpccvsp<frt£pov av o-65e

 KÖ&AIOV

 ersp ov 72voito Tf\q toi)

nccvxöq

 fiTEuwia?,

 f[ x>nö

  T $ rtpärcp xs Kai dpiGxcg> 9s$.

103

  Cic. rep. 6,17,17: Sol

 [...J,

  dux etprineeps et moderator luminum reliquorum ,

mens mundi et temperatio

y

  tanta magn itudine ut cuncta sua luce lustret et compleat

(nach

 REINHART

 1926, 121-128 Poseidonische Lehre; vgl. SV Fl  499; Cic.  natdeor.

2,40-50; Plin.

 not.

 2,4,12f.:

 bunc

  [sc.

 solem) principale

  naturae regimen ac num en

credere decet opera eius aestimantes).

104

  MOLES  1990,  350-360.

105

 Dio

 or.

  3,73-85.

106

  Sen.

 apoeol 4,1,27-31. dem.  1,8,4;

 Luc.

 1,48-50; Carm. Eins. 1,15-35  KOR ZE-

NIEWSKI;

 Anthologie Graeca  9,178 (zusammen mit den epigraphischen, numisma

tischen und archäologischen Zeugnissen bei

  BERGMANN

  1998, 134-230).

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Gott oder Mensch?

89

-das Spenden von Leben im weitesten Sinne; Ähnlich wie die Sonne

schenkt der Kaiser den Menschen Leben und Wohlergehen;

- Zentralität

107

: die Sonne wie der Herrscher sind Ausgangspunkt allen

Lichts und Lebens, auf die Sonne wie auf den Herrscher ist die Wahr

nehmung aller zentriert;

- Ordnung: Die Sonne verursacht Tag und Nacht und die Jahreszeiten, sie

sorgt im Wechsel für die nötige Helligkeit und Dunkelheit, Hitze und

Kälte, sie ist für die geordnete Bew egung der Gestirne verantwortlich -

entsprechend hat der Kaiser für die jeweiligen Bedürfnisse seiner Unter

tanen zu sorgen;

103

- Regelmäßigkeit: Die Sonne ist in ihrer Bewegung absolut und rational

berechenbar - auf ähnliche Weise soll das Tun des Kaisers nachvollzieh-

und vorhersehbar sein;

- Einheit in der Pluralität: Nach pythagoreischer Vorstellung verursacht

die Sonne die Sphärenharmonie, die aus einer Vielzahl individueller Teile

eine, geord nete Einheit erzeugt,

:09

  ohne daß die Teile ihre Individualität

verlieren - gerade diese Fu nktion g ilt auch für den Kaiser, der ein he

terogenes Reich durch Ordnung zu einer Einheit formen muß;

- Universalität: Die Sonne ist für alles Leben verantwortlich, sie lenkt als

Zentralgestirn alle anderen Planeten; die Sonne sieht und hört alles und

wird umgekehrt von allen gesehen und gehört - besonders der letzte

Aspekt w ird an verschiedenen Stellen hervorgehoben , u m auszudrücken,

daß der Kaiser ständiger Aufmerksamkeit und symbolischer Kontrolle

ausgesetzt ist.

110

Im Kontext des Fürstenspiegels und verwandter Texte wird der Vergleich

mit der Sonne eingesetzt, um die gottgleiche Überlegenheit des Kaisers

über die Menschen zu illustrieren, aber vor allem, um dem Herrscher vor

Augen zu führen, daß seine Herrschaft strengen normativen Kriterien und

totaler Aufmerksamkeit unterworfen ist, daß sie, ein gängiger Topos, eine

107

 Nicht zu verwechseln mit dem von Aristarch von Samos vertretenen astrolo

gischen Heliozentrismus, der nach dem Zeugnis Plutarchs von dem Stoiker Kle-

anthes scharf bekämpft wurde  SVF  I 500) und sich nicht durchsetzen konnte

(NOAC K 1992, 3-8).

108

  Dio  or.  3,78-81.

109

 Diotogenes ap. Stob.

 ecL

  4,7,61 (Anm. 55);

  Carm. Eins.

  1 29-31

 KORZENIEWS-

Ki: talis divina potestas, /  quae genuit mundum septemque intexuit orbis / arüßcis

zonas et toto miscet am ore.

110

 Besonders anschaulich Sen. clem,

 1 8 4f.:

 tibi non magis  quam soll latere  con-

tingit. Multa contra [: circa

  LIPSIUS]

  te lux esty  omnium in istam conversi oculi

sunt;

 prodire te putes, oreris. Loqui non potes, nisi u t vocem  tuam, quae ubique sunty

gentes  excipiant.

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Gott oder Mensch?

91

konform verhält, steht die kultische Praxis gegenüber, in welcher der le

bende Kaiser als Gott verehrt wird,  damit

11

*  er sich so verhält.

119

Vom Verehrten selbst kann der göttliche Status als Legitimationsstütze

genutzt werden: Ziel ist es, die eigene Göttlichkeit als genealogisch gesi

chert zu suggerieren. Neben der regelmäßigen Berufung auf den väterli

chen  divus  wäre beispielsweise die Wohngemeinschaft des Augustus mit

dem Sonnengott Apoll auf dem Palatin

120

  zu nennen, die durch eine aben

teuerliche Zeugungs-

12 1

  und Kindheitsgeschichte

12 2

  ergänzt wurde. Zu of

fensiv durfte der Kaiser seinen göttlichen Status gegenüber dem Senat je

doch nicht propagieren. Nicht zufällig scheiterten im ersten Jahrhundert

drei Kaiser, die ihre Selbstdarstellung als Gott sehr weit trieben und sich

so der Kontrolle entzogen: Caligula, Nero

123

  und Domitian.

124

So richtig es ist, im Zusamm enhang m it dem Kaiserkult z u betonen , daß

die antike Auffassung ein Ko ntinuum zwische n Mensch und G ott kennt,

125

so trifft dies nicht den Kern der vorgestellten Diskurse. Denn in deren

binärer Logik geht es nicht um ein Mehr oder Weniger oder eine »Wer

tigkeit«

126

 der Göttlichkeit, es geht vielmeh r um eine Entscheidung, ob der

Kaiser sich als G ott oder ob er sich nur als ein schwac her M ensch erweist,

der die Erwartungen in seine Herrschaft enttäuscht oder gar seine Macht

mißbraucht. In diesem Sinne kann man eine Anek dote umformulieren, die

bereits über Demetrios Poliorketes, aber auch über Kaiser Hadrian berich

tet wird: Als eine alte Frau mit ihren Bitten v om Herrscher nicht angehört

wird, spricht sie zu ihm: »Dann sei auch nicht Kaiser (bzw. König).«

12 7

  In

der performativen Logik der hier vorgestellten Diskurse müßte sie sagen:

»Dann sei auch nicht Gott «

118

  So

 CHANIOTIS

  in seinem Diskussionsbeitrag.

119

  Den Diskurs des »damit« praktiziert vor allem der Osten, aber auch ein großer

Teil der Bevölkerung im Westen, in Italien und auch in Rom (vgl. Anm 117).

u0

  Weiteres Material zu Augustus* Anknüpfung

  an

  Apoll bei

 LAMBRECHTS

 1953.

121

  Suet.

 Aug.

  94,4: Apoll wohnt Augustus' Mutter Ana in Schlangengestalt be i

m

  Suet. Aug.  94,6:

  Der nicht aufzufindende Säugling blickt auf

 einem urm

 Rich

tung Sonnenaufgang; (vgl. ebd. 79,2: der sonnengleiche Blick des Herrschers); im

selben Bedeutungszusammenhang steht die Sonnenuhr, das  orologium  Augusti,

mit dem Obelisken aus der ägytischen »Sonnenstadt« (Heliopolis).

12J

  Vgl Anm. 37; zur »Verschiebung der Sprachebenen«, bei der Elemente des

inoffiziellen Herrscherlobes in die offizielle Selbstdarstellung als Sol übernommen

werden,

 BERGMANN

  1998,

 226f.

124

  Nero und Domitian verfielen der  damnatio mem oriae, Caligula entging ihr

wohl nur durch die Intervention des Claudius.

l2$

 Vgl. etwa

 BEABD

 1994, 750: »[TJhere was no simple polarity, but

 a

 continuous

specmim, between the human and the divine«.

m

  So CIAXJSS 1999, 301.

127

  »Kai

  | T^

  ßacOsue« (Plut  Dem. 42 3f.; Cass. D io 59,6,3).

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

anh and von allbeispielen

von

K O N R A D H I T Z L

Der folgende Aufsatz beschäftigt sich mit drei einzelnen Themen zum

römischen Kaiserkult und möchte einen Beitrag zur antiken Praxis dieser

Religion leisten.

1

  Die Themen lauten:

1.

  Römisches Verständnis von Kultstätten und Statuen des Kaisers

Anhand der Quellen zu sakralen Gebäuden in Rom soll herausgearbeitet

werden, warum nach römischem Verständnis für Kaiserkultstätten fast

ausschließlich das Wort

  templum

  Verwendung findet. Ferner wird die Fra

ge behandelt, ob man mit einer einfachen Trennung in Kult- und Ehren

statuen der Semantik von Kaiserbildnissen gerecht werden kann. Als Kon

sequenz aus dieser Diskussion wird die Einführung einer dritten Katego

rie, der Verehrungsstatue, vorgeschlagen.

2.

  Der Kaiserkult für Tiberius in Kyrene

Im Apollon-Heiligtum von Kyrene wurde ein spätklassisches Schatzhaus

zu einer Kaiserkultstätte für Tiberius umgewandelt. Diskutiert werden

sollen der Zeitpunkt der Umwandlung, die Datierung der erhaltenen Sta

tue und des Porträtkopfes sowie die Dauer des Tiberiuskultes in Kyrene.

1

 Mein Dank für Anregungen und konstruktive Kritik gilt

  llen

 Teilnehmern der

Tagung »Die Praxis der Herrscherverehrung in Rom und seinen Provinzen«, die

vom 4. bis zum 6. April 2002 in Blaubeuren statefand. Namentlich danken möchte

ich H. CANCIK, A. CHANIOTIS, P. HERZ, A. HUPFLOHER, S. LEHMANN, B. NOACK

und

  M.

  PEPPEL.

  Antike Autoren werden zitiert nach DNP 1 (1996)

  XXXIXtf.

Neben den in der Bibliographie genannten Abkürzungen werden außerdem ver

wendet:

AvP = Altertümer von Pergamon

DNP = Der Neue Pauly

OGIS = W. DnTENBERGER 1903. Orientis Graeci inscriptiones selectae I.

SEG = Supplementum epigraphicum Graecum

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9

Konrad Hitzl

3.  Hadrian im Asklepieion von Pergamon

In der Bibliothek des pergamenischen Asklepieions wurde eine Statue des

Kaisers Hadrian mit ihrer beschrifteten Basis gefunden. Das in früheren

Publikationen als Kultstatue interpretierte Standbild wird wegen der

 Auf

stellung in einer Bibliothek seit längerem nur als Ehrenstatue angesehen.

Diese Auffassung wird unter Berücksichtigung einer kultischen Konzep

tion für das römische Asklepieion überprüft;

1.

  Römisches Verständnis von Kultstätten und Statuen des Kaisers

Die römische Sprache verfügte über mehrere Begriffe, um Kultanlagen

bezeichnen zu können. Nach   ULRIKE EGELHAAF-GAJSER  wären  aedes, ca-

sa,  delubrum^ domus, fanum^ mansio, monumentum^ sacrarium, sacrum,

sanctuarium, sedes

 und

  templum

  als Bezeichnung für Kultstätten denkbar.

2

Für Anlagen des Kaiserkults engt sich diese Wortwahl in der römischen

Sakralterminologie deutlich ein, und nur »die Dreiergruppe

  aedes, tem-

plum

  und

 fanum«?

  sowie

  delubrum

  scheinen in Frage zu kommen Doch

w ie

  H E I D I H Ä N L E I N - S C H Ä J E R

  zeigen konnte, werden Bauwerke zur kul

tischen Verehrung des Augustus fast ausschließlich entweder

  templwn

oder

  aedes

  genannt;

4

  delubrum

  komm t nur einmal vor,

5

 fanum

  nie.

6

2

 EGELHAAP-GAISER

  2000, 503ff.

3

  EGELHAAF-GAISER 2000,  152.

4

  HANLEIN-SCHAFER 1985, 5ff.

5

 Tac. ann. IV 37. . /

6

 In seinen Briefen an Atticus erwähnt Cicero mehrfach Gärten, die er bei Rom

jenseits des Tiber kaufen wolle, um für seine verstorbene Tochter Tullia ein

 fanüm

zur

 priv ten Vergöttlichung einzurichten (Cic. Att. XII1 9.22 -25.27 -33. 35-40. 42.

44.

  46.; XIII 1. 3-5. Die Zählung richtet sich nach der Tusculum-Ausgabe von

H. KARTEN  1998. Marcus Tullius Cicero, Atricus-Briefe.

  5.

 Auflage. Düsseldorf -

Zürich). Nach   WREDE  1978, 28f. 80f. 91 soll

 dieses farntm

 den Grabbau für Tullia

bezeichnen. Dies ist ganz unwahrscheinlich, zumal sich Ciceros Pläne für  das  fa-

num  gut fünf Monate nach Tullias Tod, die bis dahin keine angemessene Grabstätte

bekommen haue, zerschlugen. Vielmehr dürfte sich das sepulcrum  für Tullia bei

Arpinum, dem Stammsitz der Familie Ciceros, befunden haben (diese Meinung

wurde zuerst von H.

 CANCIK

  im Tübinger Colloquium geäußert). Das

 fanum

 hin

gegen sollte ausschließlich der (5wto6scüoi£ dienen (Cic. Att. XII 22. 38) und war

zunächst bei Arpinum und dann bei Rom jenseits des Tiber geplant (Cic. Att. XII

19.

  22). Cicero schreibt:  epulcri similitudinem effugere  non tarn propter poenam

legis

  studeo,

  quam ut maxime adsequar «SOTOBECÖCIV  (Cic. Att. XII 38), Die Ähn

lichkeit des

 fanum

  mit einem sepulcrum  sollte bewußt veimieden werden, denn

zum einen mußten vermutlich auch für Kenotaphe Abgaben bezahlt werden und

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

99

H ÄNLEIN- SCH ÄPER

  und

  EGELHAAF-GAISER

  sind sich prinzipiell darüber

einig, daß der Begriff  ternplum  eher  den »gesamten Kultbezirk, also den

Tempel mit dem umgebenden Areal, bez eich net «/ während  aedes  »nur das

Kultgebäude

  als

  solches« meint.

8

  Grundsätzlich

  ist

  festzustellen,

  daß je

nach Intention b ew ußt oder im täglichen Sprachgebrauch auch unw issent

lich  »ternplum  und  aedes in gewissem Maße als Synonyme«

9

  benutzt wur

den-

  Fast jedes sakrale Gebäude in Rom w ird in den Q uellen sow ohl  aedes

als auch  ternplum  genannt, wobei sich aber meistens Schwerpunkte fest

stellen lassen.

  Die

  Kultanlagen

  für die

  divinisierten Kaiser werden seit

Augustus vornehmlich

  mit dem

 Begriff

  ternplum

  bezeichnet.

10

  Lediglich

der Tempel des vergöttlichten Caesar heißt offiziell

  aedes divi lulii

11

  Dies

verwundert nicht, weil auch

 die

  übrigen sakralen Bauten

  des

 Forum

 Ro-

manum,

  mit

 Ausnahme

  der

 Kaiserkulttempel,

  aedes

  sind:

  aedes Saturni,

aedes Concordiae  und aedes Castorum.

12

  Das

  gleiche Bild bietet

  das Ka-

pitol

 mit der  aedes Iovis Optimi Maximi,

  der

  aedes Opis

  sowie

  der aedes

FideL

  Wenn das störende Beispiel des Tempels

  für

  den Divus Iulius nicht

wäre, könnte

  man

 versucht sein,

  das

  hohe Gründungsalter

  der

  übrigen

Bauten

  mit

 dem  aedes-üt iitt

  zu

  verbinden, doch dies

  ist

  nicht möglich.

Daher läßt sich eher vermuten,

  daß die

  Bereiche

  des

  Kapitols

  und des

Forum Romanum insgesamt sakraler Natur waren

 und mit

  ihren ganzen

Flächen

  als

 templa  galten,

  in

 denen

  die

 einzelnen  aedes  standen. Dagegen

dürfte

  für

 den noc h nicht ergrabenen Tempel

 des

 Div us A ugustus südlich

der basilica lulia  ein eigenes  ternplum  eingerichtet worden sein,

 wie es für

das südlich

  des

 flavischen Am phitheaters gelegene  ternplum divi Claudii

gesichert  ist.  Diese Benennungspraxis erhielt sich mindestens  bis in das

späte 2. Jh. n. Chr. A uc h der auf dem Foru m Rom anum unmittelbar neben

der  aedes Concordiae  errichtete Tempel des Divus Vespasianus wird in den

Quellen häufiger  ternplum  als aedes  genannt.

13

zum anderen bot die Form des Grabmals für Cicero keine Möglichkeit einer op

timalen Apotheose. Nach

  WKEDE

  haue dagegen Cicero bewußt vermieden, das

Grabmal seiner Tochter wie ein Grabmal aussehen 2U lassen

  (WREDE

 1978, 80).

7

  EGELKAAT-GAISER 2000, 153.

8

  HANLEIN-SCHAFER  1985, 8.

* HÄNI-EIN-SCHÄIER  1985, 8.

10

  STEINBY

 2000, 73f. Zu den Bezeichnungen für

 den

  Tempel des Divus Augustus

s.  HANLEIN-SCHAFER  1985,

 113ff.

11

  STEINBY

  1996,

 116ff.;  HANLEIN-SCHAFER

  1985,

 255ff.

12

 Vgl Plan und Legende in: DNP

  10

 (2001)

 1093f.

 s. v. Roma IE. Topographie

und Archäologie M. HEINZELMANN).

13

 Der Tempel des Divus Vespasianus wird ebenda

 1093f.

 Nr.

 61

 als »Aedes Divi

Vespasiani« ausgewiesen; die Bezeichnung Ternplum wäre korrekter gewesen.

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100

Konrad Hitzl

In seiner Tiberius-Vita schreibt Sueton über den Kaiser  Templa, fla-

mines

y

  sacerdotes decerni sibi prohibuit, etiam statuas atque imagines nisi

permittente  se poni; permisitque ea sola condicione, ne inter simulacra deo-

rwm sed inter ornamenta aedium ponerentur.

u

  Üb ersetzun g: »Daß für ihn

Tempel, Eigenpriester un d Kultgemeinschaf ten beschlossen wu rde n, ver

bot er, auch daß Statuen und Bildnisse aufgestellt wurden, außer er hätte es

erlaubt; und er erlaubte es unter der einen Bedingung, daß sie nicht zwi

schen den Götterbildern, sondern zwischen den Gebäudeausstattungen

aufgestellt wurden«.

15

  Tiberius bzw. Sueton bringen klar zum Ausdruck,

was einen Kaiserkult unverkennbar macht. Im personellen Bereich sind es

die dauerhafte Einsetzung eines für den Kult zuständigen Funktionärs,

eines Flamen, sowie die Bildung von Kultgemeinschaften, Sacerdotes,

wozu wohl in erster Linie die Augustalen zu zählen sind. Im repräsenta

tiven Bereich ist es vor allem die Errichtung von  templa,  d. h. auf einem

eigenen Grundstück neu gebauten Tempelanlagen. Aufgrund der eingangs

aufgestellten Unterscheidungskriterien zwischen

  templwn

  und

  aedes

  ist es

völlig klar, daß ab der frühen Kaiserzeit nicht die  aedes,  sondern nur das

templwn  einen würd igen Kaiserkultbau bezeichnen ko nn te. So ver wu n

dert es nicht, daß Tacitus fast nur über

  templa

  in Zusammenhang mit dem

Kaiserkult schreibt.

16

  Die einmalige Verwendung von  aedes  und  delubrum

läßt sich erklären.

17

Im Geg ensatz zu Tempeln, Priestern un d Kultgemeinschaften m acht

Tiberius in bezug auf seine kultische Verehrung bei

 statuae

  und

  imagines

14

 Suet. Tib. 26.

15

 Ü bersetzung K. HI TZL nach H  MARTXNFT

 1997.

 C. Suetonius Tranquillus, D ie

Kaiserviten /  de vita Caesarum  - Berühmte Männer / de viris ilhistribus.  Düssel

dorf - Zürich. 365.

16

 Tac. ann. I  7 ;  IV 15. 55-57; XIV 31; XV 74, 3. Ebenso Suet. Aug. 52 und

natürlich Tib. 26.

17

  In Tac. anru IV 55 ist die aedes Augusto  in Pergamon wohl als sprachliche

Variation zu werten  Pergamenos  -  ... -  aede Augusto ibi sita satis  adeptos credi-

tum)

y

  da nur ein Satz vorher bereits das W on tempti steht. In T ac ano. IV 37 wird

berichtet, daß die Provinz H ispania ulterior, gemeint ist die Baetica, im Jahr

  5

 eine

Gesandtschaft an den Senat schickte, um nach dem Vorbild von Asia ein Heiligtum

für Tiberius und seine Mutter -  delubrwn Tiberio matrique eins - zu errichten.

Tiberius lehnte dies in einer Rede vor dem Senat ab. Tacitus dürfce sich in dieser

Passage für den Begriff

  delubrum

  entschieden haben, weil er bewußt klarstellen

oder unbewußt signalisieren wollte, daß über die architektonische Gestaltung des

gewünschten Heiligtums nichts bekannt sei. Zur neutralen Übersetzung »Heilig

tum« für  delubrwn  s. EGEIHAAP-GAISER  2000, 518. Die von  EGELHAA?-GAISER

2000, 336f.

 herausgearbeitete Definition antiquarischer Autoren

 als

 »Heiligtum mit

eigener Wasserquelle« hat für Tacitus keine Relevanz.

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

101

Zugeständnisse, Unter einer

  statua

  ist das vollständige Standbild des Dar

gestell ten im Rahmen einer vorhandenen Typenbreite zu verstehen. Dem

gegenüber könnte  imago  ganz im Sinne des deutschen Wortes »Bildnis«

eine Doppelfunkrion erfüllen. Zum einen könnte die auf das Porträt re

duzierte Plastik, meist in Form einer.Büste, gemeint sein, und zum an

deren das gemalte Bild als Figur, Büste oder Kopf.  Klar ist jedenfalls, daß

Tiber ius bzw. Sueton mit

  statuas atque imagines

  die Gesamtheit aller kai

serlichen Da rstellung en erfassen wollten. Sie du rften n u r  inter orn&menta

aedium  und nicht  inter sirrmlacra deorum  aufgestell t werden. Diese Un

terscheidung deckt sich auf den ersten Blick mit unserem Verständnis von

römischen Kult- und Ehrenstatuen. Der Ausdruck  inter  simuLacra  deorum

scheint auf eine gängige Praxis hinzuweisen, die aber gerade für die frübe

Kaiserzeit nicht belegt ist.

18

  Divinisierte Herrscher erhielten ohnehin einen

eigenen Tempel mit ihrer einzelnen Kultstatue. Entweder wird auf Prak

tiken in den Provinzen angespielt, die jedoch archäologisch kaum nach

weisbar sind,

19

 od er Sueton verrät hier den Geist seiner Zeit , m an d enk e an

eine gängige Interpretation des Pantheons in Rom.

20

  In jedem Fall will

18

 Für Caesar errichtete man schon zu Lebzeiten, im Jahr 45 v. Ch r., im Tempel

des Jupiter auf dem Kapitol eine seiner unzähligen Statuen mit einer Inschrift, die

ihn als Halbgott f mi9eoq) bezeichnet haben soll  JEHNE 1997,103). Nach Tac anru

XV 74, 3 wurde der Antrag des designierten Konsuls Cerialis Anicius, dem  divo

Neroni  bereits zu Lebzeiten einen Tempel in Rom zu errichten, von Nero persön

lich abgelehnt. Allerdings hatte schon einige Jahre zuvor der Senat beschlossen,

eine Statue des Kaisers in gleicher Größe wie das Kultbild im Tempel des Mars

Ultor aufzustellen Tac ann. XIII 8, 1: ..., effigiemque eins pari magnitudine ac

Martis Ultoris eodem in templo

  censuere.

  Augustus dagegen hatte sich gerade in

Rom zurückhaltend gegeben; vgl. u. A nm. 20.

19

  Eine Inschrift aus Lugdunum, in der ein Freigelassener namens

 Marens

 Her

enmus Albanus  zwei Götterbilder zusammen mit einem Bildnis des Tiberius in

einer

 aedes

 wohl gemeinsam aufstellte, zitiert  CLAUSS 1999,295 unter Berufung auf

CIL XIII 1769 c.

20

  CLAKIDGE

  1998,

 206:

 »... but it

 is

 possible that the Pantheon provided a setring

- not a temple in the conventional sense - in which the living emperor would

appear in Company with the gods including bis ow n deified predecessors)«. Schon

im von Agrippa errichteten Vorgangerbau sollte nach Cass. Dio 53, 27, 2-4 eine

Statue des Augustus aufgestellt und der Bau nach dem Kaiser benannt werden,

doch Augustus lehnte beides

 ab;

 dazu

  HÄNLEIN-SCHAFER

  1985, 19f. In diesen Zu

sammenhang gehört auch der Christenbrief des jüngeren Plinius Plin. epist X 96).

Dort heißt es: Qui negabant esse se Christianos  autfuisse, cum praeeunte m e deos

appelUrent et imagini tuae

y

 quam propter hoc iusseram  tum  simulacris  numinum

adferri) ture ac vvno

 supp carent,

  ...,  dimittendos esse  putavi.  Übersetzung nach

H . KASTEN  1995. Gaius Plinius Caecilius Secundus, Briefe /

  epistularum libri de-

cem.

  7. Auflage. Zürich. 643: »Diejenigen, die leugneten, C hristen zu sein oder

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102

Konrad Hitzl

Tiberius nach dem Zeugnis Suetons mit den Göttern bildlich und damit

auch hierarchisch nicht auf eine Stufe gestellt werden. Neben anderen  er-

namenta aedium

  sind Bildnisse des Kaisers, wenngleich erst nach dessen

persönlicher Erlaubnis, jedoch denkbar. Das Wort

  aedium

  kann nur eine

sprachliche Variante zu den vorausgegangenen  templa  sein, denn es muß

sich dem Sinn nach auf vollständige Tempelanlagen mit umgebenden Por

tiken, die reich mit  ornamenta  ausgestattet w aren, beziehen . Diese  orna-

menta  konnten Bauschmuck, Wandverkleidungen, Gärten, Wasseranlagen,

aber auch Statuen sein. Som it scheinen Tiberius un d/ od er S ueton zwischen

einer Kultstatue und einer Ehrenstatue klar zu differenzieren.

D ie soeben erörterte Passage im 26 . Kap itel der Tiberiu s-Vita Sueton s

könnte eine Grundlage für die Diskussion um die Wertigkeit von Kult-

und Ehrenstatuen bei den Römern bilden.  M A N F K E D C L A U S S  lehnt den

Begriff der Ehrenstatue für Kaiserbildnisse kategorisch ab: »Eine Gottheit

ist eine Gottheit, gleichgültig wie man sie darstellt. Wahrscheinlich besa

ßen manche Kultgegenstände eine höhere Feierlichkeit , aber so wenig es

Ehrenstatuen für Gottheiten gab, so wenig gab es solche für die Kaiser -

um einmal die Gegenposition zu formulieren«.

21

  A N N E T T E H U P F L O H E R

behauptet: »Kaiserstatuen sind potentiell Kultobjekte«.

22

  Aber schon in

griechischen Heiligtümern gab es zahlreiche Götterstatuen als Weihge

schenke, man denke an die Zeusstatuen in der Altis von Olympia,

23

  denen

sicher nicht geopfert wurde. Andererseits ist  C L A U S S  zuzust immen, daß es

nach unserer Fachterminologie keine Ehrenstatuen für Götter geben kann.

Es ist w oh l auch richtig, daß eine sogenannte kaiserliche Ehre nsta tue nich t

auf eine Stufe mit den Ehrenstatuen verdienter Bürgerinnen und Bürger in

den Städten des römischen Reiches gestellt wurde. Aber nicht alle Bild

nisse von Göttern und Kaisern waren Kultstatuen, sonst würde die von

gewesen zu sein, glaubte ich freilassen zu müssen, da sie nach einer von mir vor

gesprochenen Formel unsre Götter anriefen und vor Deinem Bilde, das ich zu

diesem Zweck zusammen mit den Statuen der Götter hatte bringen lassen, mit

Weihrauch und Wein opferten.« Die alleinige  imagp  des Kaisers genügte Plinius

anscheinend nicht, um Christen zu überfuhren, sondern es mußte das kaiserliche

Bildnis^

  zusammen mit den simulacra nu.minu.rn verehrt werden. Erst das Abbild

des Kaisers im Verein mit anderen Gottheiten ließ keinen Zweifel daran, daß die

Darbringung von W eihrauch und W ein keine Ehrung , sondern ein rituelles Opfer

für einen Gott war, das überzeugte Christen ablehnen mußten. Diese Beispiele

scheinen zu bestätigen, daß Suetons Formulierung  inter  simulacra  deoj-um vom

Geist seiner Zeit geprägt ist.

2 1

  CLAUSS 1999, 305.

22

  HUPFLOHER 2000, 156.

23

 Paus. V

 21,

  1 - 2 4 , 1 1 .

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Kultstätten

 und

 Praxis

 des

 Kaiserkults

1 3

Sueton Kaiser Tiberius zugeschriebene Unterscheidung keinen Sinn erge

ben.

24

  Gerade  im Hinbl ick  auf die  Sueton-Passage stellt  CLAUSS die Frage:

»Wäre  die  Büste

25

  durch  das  Aufstellen zwischen  den  Götterbi ldern  zu

einem Götterbi ld geworden? Oder

  war sie es an

  sich, weil

  der

  Kaiser

Gottheit war?«. Die Ant w ort fällt folgendermaßen  aus: »An der  göttlichen

und/oder menschlichen Qualität  des  Kaisers kann sich durch  den Auf-

stellungsort seiner Büste nichts geändert hab en .. . . Der Aufstellungsort  der

Büste  des  Tiberius macht  aus dem  Dargestell ten weder Gottheit noch

Mensch, sondern beeinflußt allenfalls  die  >Werugkeit< seiner Göttlich

keit«.

26

  Dies  mag zutreffend sein, aber Gö ttlichke it  hat  nicht automatisch

eine durch Menschen vollzogene kultische Handlung

  zur

 Folge.

 Man

 wird

wohl behaupten dürfen,

 daß die

  nicht kultischen Statuen

  von

 G öt t e rn

 und

Kaisern sowohl Ausdruck eines religiösen Empfindens  als  auch einer stän

digen sichtbaren Verehrung waren

  und

  sich dadurch

  von den

  üblichen

römischen Ehrenstatuen,  die  eine ephemere  und  profane Würdigung dar

stellten,

27

  unterschieden. Sollte diese Feststellung zutreffend sein,  so  wäre

in

  der

 Term inologie eine neu e Kategorie zwischen Ku lt-

  und

  Ehrenstatue

einzuführen:  die Verehrun gsstatue. Diejenigen Bildnisse  von  Göttern  und

Kaisern,  vor  denen keine kultischen Handlungen stattfanden

28

  und die

dennoch nicht

  mit den

  Ehrenstatuen verdienter Bürgerinnen

  und

  Bürger

auf einer Stufe standen, könnte  man als Verehrungsstatuen bezeichnen,  um

ihre eigenständige Wertigkeit terminologisch abzugrenzen.  In der  R e t r o

spektive

 mag es

  erlaubt sein, kaiserliche Verehrungsstatuen

  als

  potentielle

Kultobjekte anzusprechen,

29

  .doch damit  ist  nicht geklärt,  wie  diese Frage

24

 Vgl.  WITSCHEL  1995, 253ff. mit Aom. 1.  58.

25

  CIAUSS  1999, 295 definiert eine  imago als »ein bewegliches Bildnis, meist in

Form einer Büste«, die er von  einer »unverrückbaren  statua« unterscheidet. Auf

den folgenden Seiten übersetzt  CIAUSS imago  stets als Büste.

26

  CLAXJSS 1999 301.

27

 Ein anderes Verständnis unterstellt Cicero den Griechen; Cic. Verr. 2 2,158:

Non crederem hoc de Statuts nisi iacentis revulsasque vidissem, propterea quod apud

omnis Graecos hie mos est, ut  honorem hominibus habitum  in  monumentis eins

modi non mdla religione  deorum consecrari arbitrentur.

28

  CI-AUSS  1999, 35f.  benennt  die Kriterien,  die  seiner Meinung nach Menschen

zu Gottheiten machen- Die  bloße Aufstellung einer StatQe gehört nicht zu diesen

Kriterien.

29

 Es gibt derzeit keine Methode, um die ursprüngliche Funktion einer erhaltenen

Kaiserstatue  zu  bestimmen, denn weder Typus noch Größe noch Material sind

einwandfreie Kriterien. Lediglich wenn der genaue Aufstellungsort bekannt ist und

sich die Inschrift auf der Basis erhalten hat wie im Fall der noch zu besprechenden

Hadriansstatue  aus dem A sklepieion von  Pergamon, kann  der  Versuch einer au-

thentischen Rekonstruktion und  Interpretation erfolgreich sein.

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

105

Möglichkeit, für Kaiser Tiberius einen Kult einzurichten, bestand darin,

ein vorhandenes Gebäude, möglichst in einem heiligen Bezirk, umzufunk

tionieren, also eine

  edes

  innerhalb eines

  templum

  neu zu weihen. Ein

solcher Fall ist im nordafrikanischen Kyrene nachweisbar.

Das Apollon-Heiligtum von Kyrene liegt innerhalb der Mauern im

nordw estlichen Stadtbereich Abb. 1). A n der Sädmauer des H eiligtums

befindet sich ein kleines Gebäude A bh ,-t-N rr2 2), dessen Architektur sich

so vollständig erhalten hatte, daß eine Restaurierung möglich war.

36

  Der

sicher als Schatzhaus

37

  anzusprechende, dorische Bau besitzt einen recht

eckigen Grundriß von 11,855 m Lange und

 7 236

 m Breite ohne Vorhalle.

38

Das Gebäude wird in der Fachliteratur als Strategeion bezeichnet und in

die M itte des 4 . Jh. v. Chr. datiert; die B ezeich nung rührt vo n drei Stra

tegen her, deren erhaltene Namen auf drei Metopen über dem Eingang

eingemeißelt wurden.

39

  Die Inschrift auf dem Architrav darunter soll be

sagen, daß das Schatzhaus dem Apollon aus dem zehnten Teil einer

Kriegsbeute errichtet worden ist.

40

  Wohl in tiberischer Zeit wurde das

Strategeion wiederverwendet. Eine zweizeilige Inschrift auf dem Türsturz

lautet in Abschrift und vollständiger Lesung:

41

statuarischen Gzuppen claudischer Zeit, was nach Ansicht des

  Verf.

 auch daran

liegen könnte, daß alle tiberischen Gruppen vor 23 n. Chr., dem Todesjahr des

Drusus minor, entstanden sind. Spättiberische Gruppen dürfte es nicht gegeben

haben, doch soll diese Frage hier nicht weiter vertieft werden. Sichere oder wahr

scheinliche tiberische Gruppen wurden in Beziers, Korinth, Samos und Leptis

Magna gefunden. Dagegen weist die von der Forschung im Kern für tiberisch

erachtete Gruppe aus Veleia - heute im Museum von Parma - nach Meinung des

Verf. keine Statuen

 aus

  der Zeit des Tiberius auf. Generell zum Thema der julisch-

claudischen Statuengruppen

 BÖSCHUNG

 2002.

3 6

  GISM ONDI 1951, 7ff.

37

  GOODCHILD

 1971, 113f. spricht fälschlich von einem kleinen Tempel.

38

  Zu den

 Maßen

 GISMONDI  1951, 12ff.

39

  OUVEBIO

  1930,

 203f.

 mit Abb. 59.

  61;

  SEG IX 1944) Nr.

 89.

  90. Aus Grün

den der Symmetrie könnte auf der rechts anschließenden und verlorenen Metope

der Name eines vierten Strategen eingemeißelt gewesen sein.

40

  Publiziezt wurde, soweit ich sehe, bisher nur ein Fragment über der rechten

Türwange mit den Buchstaben AEMIO

  OLIVERIO

  1930, 204 Abb. 60), was sich

problemlos zu riO]AEMIO[N ergänzen ließe vgl. SEG IX [1944] Nr.

 76).

  Da sich

der Architrav an der Eingangsseite so gut wie vollständig erhalten hat

  GISMONDI

1951,

  8 Abb. 1; 21 Abb. 18), müßte auch der große Rest der Inschrift gut lesbar

sein,

 s. dazu auch u. Appendix. Warum wurde sie nicht vollständig veröffentlicht?

41

 Der Türsturz ist abgebildet bei

  OLIVERIO

  1930,198 Abb.

 56;

  in der Abschrift

wurde COS vergessen. Die korrekte Abschrift mit richtiger Lesung findet sich bei

POLACCO

 1955,

 49.

  Nur

 OLIVERIO

 1930, 198 weist darauf

 hin, daß

  für die Inschrift

auf dem Türsturz eine ältere Inschrift entfernt worden sein soll: »Le lettere, alte

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106 Konrad Hitzl

TI CAESAR [AUGU]STI F COS IMP TRIB POT

SU[FENAS PR]OCULUS F C

Ti(berio) Caesari [Augu]sti f(ilio) co(n)s(uli) imp(eratori) trib(unicia) pot(estate)

Su[fenas Pr]oculus f(aciendum) c(uravit)

D e r N a me

  Tiberius Caesar Augusti ftlms

  ist wicht vo r de r A do ptio n des

Tiber ius du rch Aug ustus 4 n. C hr . ,  als T iber ius den N am en  Tiberius Iulius

Caesar

  erhielt, denkbar.

42

  Andererseits hieß der Nachfolger des Augustus

ab 14 n. C h r. offiziell

  Tiberius Caesar Augustus**

  un d der v erstorbene

Kaiser war zum   Dvvus Augustus  geworden, wodurch eine Dat ierung der

Inschrift des Strategeion in die Jah re 4 bis 14 n. C hr . nahegelegt wird u n d

zumeist auch akzeptiert ist.

44

  Mit dieser Datierung stimmen aber weder

der erste Konsulat noch die erste iinperatorische Akklamation noch die

erste

  tribunzda potestas

  übereiuu

45

  Wenn aber der zweite Teil der Inschrift

keine chronologische Zuweisung erlaubt, wäre es methodisch falsch, den

N a m e n  Tiberius Caefar Augusti filius  als Beweis für eine sichere Datie

rung wert en z u wollen.

46

  Da aus historischen Gründen eine kultische Ver-

m. 0.09 ed alquanto accurate, risaltano bene sulla faccia, che pare sia stata attenta-

mente scalpellata per fare scomparire q akiasi traccia di una iscrizione preesisten-

te«;  ebenso  OLTVHUO  1931, 31:  »L'architrave monumentale di una porta, iscritto

per la seconda volta e dedicato alTimperatore Tiberio da

  u\fena]

  Proculo, il quäle

aveva curato la costruzione o piuttosto la trasformazione dell'edificio sulla cui

porta poggiava«.

42

  KIENAST 1990,

  77,

43

  KIENAST 1990, 77.

44

  POLACCO  1955, 50: »quindi tra il 4 d. C e il 14 d. C « ;  POLACCO  1955, 55: »ma

non ancora Augusto e perciö avanti il 14 d.  C « ;  BÖSCHUNG  1993,57: »der zu einer

inschrifrlich als Tiberius bezeichneten Statue gehört und in die Jahre 4-14 n. Chr.

datiert werden kann«. Noch enger datie  BÖSCHUNG 2002,174: »In den Jahren 4-7

n. Chr. wurde der Bau durch eine Inschrift über der Tür dem Tiberius zugeeignet«.

45

 Nach  KIENAST 1990, 78 war Tiberius

 13

 v. Chr. zum ersten Mal Konsul, erhielt

im Jahr 10 oder 9 v. Chr. seine erste imperatorische Akklamation und bekam am

26. Juni 6 v. Chr. seine erste

 tribumcia potestas.

46

  Der Name

 Sufenas Proctdus

 begegnet in Kyrene nach  GASPERTNI  1971, 5f. auf

vier Inschriften. Neben den beiden Inschriften des Strategeion läßt ein überarbei

teter und wiederverwendeter Marmorblock von der Agora noch die Buchstaben I

IULIUS AUG / DIVI NEPOS CAE / M SUFENAS M F P / COH LUSITA-

N O R U erkennen; der Block ist beschrieben und abgebildet bei

  STXJCCHI

 1965, 327

Taf. 59,8.. GA SPERINI  1971,  20f. Anm. 21  ergänzt die Inschrift folgendermaßen: [T]I

IULIUS AUG [USTI FILIUS] / DIVI NE PO S CAE[SAR ] / M SUFENAS

M F PCROCULUS ] / C O H LUSITANOR U[M ]. Der Na me des

Tiberius im Nominativ als Sohn des Augustus und Enkel des vergöttlichten Caesar

weist auf eine Datierung vor 14 n. Ch r. hin- Auf dem A rchitrav der Außenseite des

südlichen Propylons zum Kaisareion in Kyrene findet sich die Inschrift M SU-

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

1 7

ehrung des Tiberius eher nach als vor dem Tod des Augustus denkbar

erscheint,

47

  bleiben nur zwei Erklärungsmöglichkeiten. Entweder hatte

nun in Kyrene zum Zei tpunkt der Umwidmung des Stra tegeion keine

genaue Kenntnis von der korrekten Titulatur des Tiberius und begnügte

sich mit allgemeinen, sicher richtigen Angaben oder man hatte in der In

schrift bewußt auf alle Zählungen verzichtet, vielleicht um den Zeitpunkt

der Einführung des Kultes für Tiberius zu verschleiern. Im Inneren des

Strategeion steht vor der Rückwand eine Basis, auf der vierteilig die In

schrift des Türsturzes wiederholt wird:

48

TI CAESARI AUGUSTI F

C O S I M P T R I B P O T

SUFENAS PROGULUS

F C

Diese vollständige Inschrift bestätigt die Ergänzung der Inschrift über

dem Türsturz und macht klar , daß die Auslassung von Zählungen für

Konsulat , imperator ische Akklamation und

  tribunicia potestas

  nicht ver

sehentlich erfolgt sein kann. Die Eixiführung eines Kultes für Tiberius in

Kyrene könnte sehr bald nach dem Tod des Augustus stattgefunden ha

ben, auf jeden Fall aber zu Lebzeiten seines Nachfolgers.

Bei der Freilegung des Strategeion wurden im Cellainneren der Torso

einer marmornen Gewandstatue, zwei marmorne Arme, e in Marmorkopf

und eine bronzene Kugel entdeckt.

49

  Da keine Fragmente weiterer Stand

bilder zutage kamen,

50

  ist es mehr als wahrscheinlich, daß alle Teile zu

FENAS PROCULUS REF CUR, die sich mühelos zu

 Mfarats) Sufenas Proadus

ref iciendwn) acr avit)  auflösen laßt;  GASPERINI  1971, 4 Abb. 1. 5f. mit Abb. 3.

Zwei korrespondierende Inschriften auf dem äußeren und inneren Architrav des

Ostpropylons erwähnen dagegen eine Restaurierung durch einen C   Rubeliius

Blandnsy

  die vor dem Jahr 18 n. Chr., eventuell zeitgleich mit der Restaurierung

durch Sufenas Procains, erfolgt sein dürfte; dazu s.  HÄKLEIN-SCHAFER

  1985,

 223ff.

Alle Belege zusammen scheinen für eine Datierung der Aktivitäten des

 Sufenas

Procidus um das Jahr 14 n. Chr. herum zu sprechen,

47

  Die historischen Quellen lassen in keiner Weise erkennen, daß Augustus zu

Propagandazwecken oder aus familienpolitischen Gründen an einer kultischen

Verehrung des Tiberius interessiert gewesen wäre; warum hät te gerade Kyrene eine

Ausnahme bilden sollen?

48

 Die Abschrift findet sich bei

  POLACCO

  1955,

 55.

 Die Inschrift selber läßt sich

bei  POLACCO  1955, Taf.4,2 sowie bei  STUCCHI  1960, Taf  30 1  mit einiger Mühe

erkennen.

49

  Zur Fundsituauon  POLACCO  1955, 51 mit Taf. 4,1;  STUCCHI  1960, 71 mit

Taf.

 23,2.

50

 Nach  G O O P C H I L D  1971, 114 stand in der Mitte des Fußbodens »eine runde

Basis,

 die einem Dreifuß oder einem Altar als Unterlage gedient haben könnte«. In

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108

Konrad Hitzl

einer einzigen, mitt lerweile wieder zusammengesetzten Statue gehörten

51

(Abb.  2. 3). Der

 Dargestellte müßte Tiberius sein>

 der

 somit

 im

  Strategeion

einen Kult erhalten hätte. Aufgrund seines ungewöhnlichen Aussehens

erfuhr

  der

  Kopf mehrfach Beachtung

52

  (Abb.

 4).

  Einige Forscher sahen

 ihn

als

  ein zu

  Lebzei ten

  des

  Tiberius entstandenes Porträt

  des

  Kaisers an.

53

Andere erkannten einen unbenennbaren frühkaiserzeit l ichen

  Kopf

S4

  oder

sogar

  ein

  spätantikes Bildnis.

55

  SAJSTDRO STUCCHI  hatte nämlich zeigen

können ,

 daß der

 Po r t rä tkopf

  auf

  einer ehemals weiblichen Gewandstatue

saß,

  die in

  Zwei tverwendung umgearbei tet worden war.

56

  Auch

  der

  Kopf

wurde nach  S T U C C H I  umgearbeitet ; ursprünglich soll te

  er

 Tiberius

 und in

Zweitverwendung einen spätantiken Kaiser darstel len.

57

  Die

  Umarbe i tun

gen sollen

  im 4.

  oder 5,

 Jh. n. Chr.

 stat tgefunden haben.

58

Wirklichkeit handelt

 es

 sich

 bei der

 sog. runden Basis

 um

 rechteckige, übereinan-

- dergelegte Blöcke (darunter eine Triglyphe),

 die als

 Spolien

  vom

  alten Apollon-

Tempel stammten,

 der im 4. Jh.  v. Chr.

 erneuert worden

 war. Der

 oberste Block,

vielleicht ehemals eine Metope, läßt

 auf

  seiner Oberseite eine flache kreisrunde

Erhöhung erkennen  (GOODCHILDS  »runde Basis«), auf der das originale Weihge-

schenk gestanden haben dürfte.

  Zu den

 Spolien

  im

  Strategeion s.

 PERNIER

 1935,

40ff. mit

 Abb.  37-41.  Nach  PERNIER  1935,

 43

 liegt

 der

  römische Fußboden

  gut

einen Meter über

 dem

 ursprünglichen Niveau

 des

 Strategeion. Dazu schreibt

 Po-

LACCO

  1955, 50: »B pavimento

 del

 sacello

 era

 semplicemente battuto

 e al

 centro

 si

alzava  il dono votivo degli strateghi  ad Apollo«. Dieses Weingeschenk war in ti

berischer Zeit sicher nicht mehr vorhanden.  BÖSCHUNG 2002, 174 übernimm t un

kritisch

  die

 Meinung

 von

 GOODCHILD.

51

 Den

  restaurierten Zustand zeigen  POLACCO  1955, Taf. 4,2

 und

  STUCCHI

 1960,

Tai. 25.  Das Standbild soll nach  STUCCHI  1960, 71 Anm.  1 eine Hö he v on 2,03 m

aufweisen, eine für  Kaiserstatuen normale Größe.

5 2

P O L A C C O

  1955, 49ff.

  Taf. 4-6;  GROSS

  1959, 521f.;

  STUCCHI

  1960, 71ff.

Taf.

 23-34;

  ROSENBAUM

  1960, 43ff. Nr.

 17

  Taf.

 15,3-4;  POULSEN

  1968, 18 mit

Anm-

 32;

  GOODCHILD 1971,114 Taf.

 55;

  BÖSCHUNG

 1993,57;

 FUTSCHEN

 /

  ZANKER

1994,11 Nr. 24;  BÖSCHUNG 2002,174.

53

  POLACCO  1955, 54 mit  spätaugusteischer Datierung);  GROSS  1959, 521f.;

POULSEN  1968, 18;  BÖSCHUNG  1993, 57;  FITTSCHEN  /  ZANKER  1994, 11 Nr. 24;

BÖSCHUNG  2002,

  174.

54

  ROSENBAUM  1960,

 43:

  »Statue

 of

 a young m an«.

55

  STUCCHI  1960,

 71ff.

 G ründe gegen eine Deutung

 als

 Tiberius-Porträt

 und für

eine spätantike Datierung faßt R. G.

  GOODCHILD

  in:

  ROSENBAUM

  1960, 44f. in

einer Miszelle zusammen.

56

  STUCCHI  1960,

 73ff. Taf.

 26-30

  mit

 Datierung

 des

 Originals

 der

 Statue

 in die

erste Hälfte

  des 4. Jh. v. Cbr.

57

  STUCCHI  1960,

 80ff.

58

  STUCCHI

  1960,

 7 .

  90.

 Der

 M einung von

  STUCCHI

  folgt

  GOODCHILD

  1971,114

vollständig.

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

109

Die beiden genannten Datierungsvorschläge - frühkaiserzeitlich oder

spätantik - scheinen sich auf den ersten Blick diametral gegenüberzuste

hen. Wertet man jedoch alle Fakten ohne vorgefaßte Meinung aus, so

kommt man zu dem Schluß, daß beide Seiten recht und unrecht zugleich

haben. Zunächst einmal ist es undenkbar, daß in der frühen Kaiserzeit eine

Statue des Tiberius aus einem Porträtkopf und dem Torso einer ehemals

weiblichen G ewandf igur zusamm engesetzt w ord en sein soll .

59

  Ferner wird

von den Verfechtern einer frühen Datierung ein Parallelfall unterschlagen.

Ein auf der Agora von Kyrene gefundenes Porträt des Marc Aurel war

ebenfalls einer umgearbeiteten weiblichen Gewandstatue des gleichen

Typs wie im Strategeion aufgesetzt worden,

60

  Derartige Figuren sind kein

Kennzeichen einer skurilen kyrenischen Tradition, sondern einer aus der

Not heraus geborenen Praxis, wie sie unumgänglich war, wenn man zum

Beispiel nach einem schweren Erdbeben möglichst schnell wieder einen

Normalzustand herstellen wollte. Ein solches schweres Erdbeben ist in

Kyrene für das Jahr 365 n. Chr, bezeugt.

61

  Da es keiner Frage  bedarf,  daß

Kaiserstatuen das Bild römischer Städte wesentlich prägten, muß die Wie

deraufrichtung umgestürzter kaiserlicher Standbilder zu den ersten Re

staur ierungsmaßnahmen nach einer Naturkatastrophe gehör t haben. Zur

Not mußten Torsen und Por ta tköpfe auch ersetz t werden.

Der Kopf der Statue aus dem Strategeion bietet ebenfalls einige Pro

bleme (Abb. 4). Wie zuletzt  P A U L Z A N K E R  feststellte, ist die Porträtkunst

Kyrenes eng mit derjenigen Griechenlands verbunden, das heißt auf einem

hohen Niveau,

62

  In dieses Bild paßt der Kopf aus dem Strategeion nicht.

Die glatten leeren Gesichtsflächen sowie die üb ergro ßen ma ndelförm igen

Augen finden keine Parallelen in der Porträtplastik der ersten drei Jahr

hunder te nach Christus.

63

  W ie

  S TUC C HI

  r ichtig erkannt hat, wnrde der

Kopf aus dem Strategeion in einer Art und Weise überarbeitet, die ihre

engsten Parallelen erst im späteren 4. oder frühen

  5.

 Jahrh und er t n. Chr ,

findet,

64

  Doch das spätantike Porträt soll te keine spätantike Person dar

stellen. Die Porträtforschung hat richtig gesehen, daß die Anlage der Fri

sur einem Schema folgt, wenn auch »grotesk vergröbert«,

65

  das für eine

59

  BÖSCHUNG  2002, 174 stört dieser Umstand nicht

60

  STUCCHI  1965, 316f. Taf. 56,3-4. Zum Typus der weiblichen Gewandstatuen

vgl.

 die nicht überarbeiteten Exemplare bei

  ROSENBAUM

 1960, Taf. 71,1-4.

6 1

  GO OD CH ILD 1971, 46f.

ö

  ZANKER 1983, 26.

63

 Ein Vergleich des Kopfes aus dem Strategeion mit den Tafeln bei  ZANKER 1983

bestätigt diese Aussage.

64

  STUCCHI

  1960, 78ff.

65

  BÖSCHUNG

 2002, 174.

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110

Konrad Hitzl

Reihe von frühen Tiberiusporträts verbindlich ist und als »Adoptionsty-

pus«, »1 . Bildnistypus« oder »Typus Kopenh agen 623« bezeichnet w ird.

6

*

Das ungewöhnliche Aussehen des kyrenischen Kopfes läßt sich damit er

klären, daß mit stilistischen Mitteln der Spätantike versucht wurde, ein

individuelles Porträt der frühen Kaiserzeit nachzubilden, ein bisher an

scheinend singulärer Fall.

67

Die Summe der Erkenntisse läßt nur einen Schluß zu. Entweder in den

Jahren 4 bis 14 n. Chr. oder unm ittelbar nach dem Tod des A ugu stus

wurde das Strategeion in Kyrene zu einem Kaiserkultgebäude umgewan

delt. D er Türsturz sow ie eine Basis vor der Rü ckw and erhielten identische

Inschriften. Auf der Basis stand eine marmorne Statue des Tiberius im

1. Bildnistypus mit einem bro nzen en G lobu s w oh l in der rechten Ha nd .

Im Jahr 365 n. Chr. erschütterte ein schweres Erdbeben Kyrene. Vermut

lich fügte dieses Erdbeben der originalen Statue mitsamt ihrem Porträt

kopf so starke Schäden zu, daß an eine Neuaufstellung nicht mehr zu

denken war. So wurde, verm utlich noch im 4. Jh. n. Chr., eine gut erhal

tene weibliche Gew andstatue zu einer männlichen Figur umgearbeitet; der

bronzene Globus wurde der nach vorne gestreckten, senkrecht gehaltenen

rechten Hand aufgesetzt

68

  (Abb. 2. 3). Auch ein unbeschädigt gebliebener

Kopf wurde überarbeitet und zu einem Einsatzkopf des Tiberius im

1. Bildnistypus in spätantiker Manier umgewandelt.

Der Kult für Tiberius wurde im Strategeion von Kyrene offensichtlich

dreieinhalb Jahrhunderte kontinuierlich gepflegt. Selbst das schwere Erd

beben des Jahres 365 zog keinen Abbruch nach sich, sondern man ver

suchte mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, den Kult fortzusetzen.

D ie s ist für das spätere 4. Jh. n. Chr. k einesw egs selbstverständlich, erst

recht nicht bei einem Kult für Tiberius, der im Urteil der Nachwelt nicht

gut abschnitt und auch nicht divinisiert worden war. Erst das Christentum

dürfte die kultische Verehrung für Tiberius unterbunden haben. Auffällig

66

 Zum Typus

 BÖSCHUNG

  1993, 57;

 FUTSCHEN

  /

  ZANKER

 1994,

 lOff.

  Die Schaf

fung dieses Bildnistypus anläßlich der Adoption des Tiberius durch Augustus ist

Hypothese.

67

 Im Gegensatz zum Kopf aus dem Strategeion handelt es sich bei dem Porträt

des Marc Aurel auf einer umgearbeiteten weiblichen- Gewandstatue (vgl. o.

Ajiro. 60) um einen originalen Kopf des

 2.

 Jh. n. Chr.

Globen werden naturgemäß in einer waagerecht ausgestreckten Hand gehalten

und nicht einer senkrechten Hand aufgesetzt.

 Vgl.  ROSENBAUM

 1960,44: »Another

anomaly is a bronze sphere which was found near the statue and wbich, as Po-

LACCO

  has pointed out correaly, cannot originally have belonged to it: the right

hand of the statue was not made to hold a sphere«. Der bronzene Globus im

Strategeion muß bereits zur ersten Tiberiusstatue gehört haben.

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

111

ist,

  daß die

  spätantike Ersatzstatue

  des

 Tiberius

  im

 Strategeion

  bei den

Ausgrabungen

  auf dem

  Rücken liegend

  vor

  ihrer Basis,

  mit den

 Füßen

zum Eingang zeigend, gefunden wurde.

69

  Sie

  kann folglich weder

  von

Menschenhand noch durch Naturgewalt

 von der

  Basis gestürzt worden

sein.

70

  Anscheinend wurde

  sie

  bewußt

  auf dem

 Fu ßbo den deponiert,

 als

der Kaiserkult

  in

  Kyrene endgültig eingestellt wurde,

3.  Hadrian  im Asklepie ion  von Pergamon

Die Ursprünge

  des

 unterhalb

  des

 Burgbergs

 von

 Pergamon

 in der

 Ebene

gelegenen Asklepieions gehen mindestens

 bis in

 das 4. Jh.

 v.

 Chr. zurück.

71

Eine erste Blüte erfuhr  das Heiligtum  im  Hellenismus unter  den perga-

menischen Königen (Abb. 5 . Kern der Anlage war der alte Askle piostem -

pel

  im

 W esten

 des

 Geländes

 auf

 einem ehemals leichten H öhenr ücken ,

 an

dessen

  Fuß

  drei Quellen entsprangen,

  die als

  Badebrunnen (Norden),

Felsbrunnen (Westen)

  und

  Schöpfbrunnen (Osten) bezeichnet werde n.

Hallenanlagen im Süden, Osten und Westen sowie Inkubationsbauten ver

vollständigten den hellenistischen Kom plex.

72

 W ährend der R egierungszeit

Attalos* IIL,

 des

 letzten pergamenischen Kö nigs (138-133

  v.

 Chr.), wurde

eine Panzerstatue

  des

 Herrschers

  im

  Tempel des Asklepios aufgestellt,

 um

den König zum atiwctoq

  des

 G ottes

  zu

 machen.

73

 Bis in

 das 2. Jh.

 n.

 Chr.

blieb

 das

 A sklepios-Heiligtum

  im

  wesentlichen unverändert.

6 9

  POLACCO

  1*55, Taf. 4,1;

  STUCCHI

  1960, Tat 23,2.

70

 Für

 R.

 G.

 GOODCHILD in: ROSENBAUM

  i960, 44, der ein weiteres Erdbeben für

die endgültige Zerstörung des Strategeion annimmt, ist

 die

 Fundsituation ein klarer

Beweis, daß die Statue nicht

 auf

 der rückwärtigen Basis gestanden haben kann.

71

  RADT 1999, 220.

71

  Zum hellenistischen Asklepieion

  ZIEGENAUS  /  D E  LUCA

  1968 sowie

  ZIEGE

NAUS

 / D E

 LUCA

  1975.

73

 FRÄNKEL

 1890, Nr.

 246; FKÄNKEL

 1895, S.

 510;

 OGIS Nr.

 332.

Abschrift nach OGIS Nr. 332 Z. S-10:

..., Ka6i£pG>aca Se auto-ü

 KOCI

 ayoX\xa

KZVT&7U>\ V

  xeOcopaKtoMivov

  KOCI ßeßriKdc, erci:

  cnri xöv

 sv

 tä>i

vaßt xcrö Zc z1\poc, XcncPi-nmoö, iva f\[i] o w va o q tfl>i Ge i,

tlbersetzung K. HTTZL:

..., und eine Statue von ihm [seil. Attalos IIL]

 zu

  weihen,

fünf Ellen groß, gepanzert und auf den Beutewaffen stehend,

  im

Tempel des Asklepios Soter, damit er dem Gott ein Kultparmer sei.

Gefunden wurde die Inschrift 1871 als Türsch welle eines Hauses in Klisseköi in der

Umgebung von Elaia, der Hafenstadt Pergamons

  (BEAN

  1976, 295

  s. v.

  ELAIA).

Aus diesem Grund wird bei

 FRÄNKEL

 1890,

 153ff.

 unterstellt, daß die Inschrift »ein

Volksdecret der Stadt Elaia«

 sei.

 Dies

 ist

 völlig unwahrscheinlich.

 Der in

 der

 In-

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112

Konrad Hitzl

Eine Erweiterung  und prachtvolle Ausgestaltung erfuhr  das pergame-

nische Asklepieion  in  hadrianischer Zeit

74

  (Abb. 5). Zwar wurde  auf dem

Burgberg noc h das sog. Trajaneum, der v o n Kaiser Trajan gestattete zw eite

Neokorietempel, fertiggestellt

  und zu den

 K ultstatuen

  des

  Zeus Philios

und

  des

  Trajan kam noch eine

  des

 Hadrian hin zu /

5

  doch

  die

 eigentliche

Bautätigkeit fand

  in

  der Ebene statt. Vielleicht schon

  in

  vorhadrianischer

Zeit war die Strecke von der Unterstadt

 in

 das Asklepieion auf etwa einem

Kilometer Länge

  als

  überdachter Wandelweg,

  die

 sog.

  via  tecta,

  angelegt

worden.

  Die

 letzten

 130 m bis

 zum Eingang

  in

  das Heiligtum nahm eine

offene Hallenstraße

  ein,

  über deren hadrianische Datierung Einigkeit

herrscht

76

  (Abb.

 5

 N r. 7).

 Das

  römische Asklepieion ummantelte

  die

 älte

ren Bauten, die vielfach abgerissen wurden.

77

  Im Süden, Westen und Nor

den rahmten lange Portiken

 auf

 einer Länge

 von

 120

 m

  und einer Breite

von

 90 m

  das Gelände ein (Abb.

 5

  Nr. 2-4); hinter der Nordstoa entstand

an der Westseite ein Theater (Abb.

 5 Nr.

  1). Besonders prunkvoll war die

Ostseite

  des

 Asklepieions konzipiert.

78

  Ein

 hofartiges Propy lon verband

den inneren Bereich mit der Hallenstraße (Abb. 5 N r . 6); daneben entstand

der sog. obere Rundbau (Abb.

 5 Nr.

 8).

 Das

 rechteckige Gebäude

  in der

Nordostecke kann

 mit

  großer Sicherheit

  als

 Bibliothek gedeutet wer den

(Abb.

  5 N r. 5). D er sog. untere Rundbau

  in

 der Südostecke, der über eine

Kryptoporticus direkt  mit dem inneren Bereich verbunden war, entstand

erst in nachhadrianischer Zeit

79

  (Abb. 5 Nr . 9).

D ie Ko sten für den Ausbau des Ask lepieions scheint »ausschließlich

 die

pergamenische Oberschicht« übernommen

  zu

 haben.

80

 Der

  obere Rund

bau wurde von

 L Cuspius Pactumeius Rufinus

  finanziert.

81

 Das

 Gebäude

von

  24 m

  Innendurchmesser lehnt sich architektonisch und inhaltlich

 an

schrift aufgeführte Umfang  der  bleibenden und einmaligen Ehrungen für König

Attalos (für Hilfe bei

 der

  Übersetzung

 des

  gesamten

 Textes habe

 ich BEATE NO ACK

sehr

 zu

  danken) läßt sich nur

 mit der

  Hauptstadt Pergamon erklären,

  so

 auch

HABICHT  1969,

 3

 und  RADT 1999, 223. Sehr wahrscheinlich wurde das pergame

nische Dekret  in allen bedeutenderen Städten des Reiches, darunter auch Elaia,

durch Abschriften auf Stelen bekannt gemacht.

74

 Zusammenfassend zuletzt

  HALEMANN

  2001,

 55ff.

75

  RADT  1999,  209ff.

76

 D E

  LUCA

  1984 mit weiterer Literatur.

 In

 der jüngeren Forschung wird

  der

Begriff »HaUenstraße« durch »Säulenstraße« ersetzt.

77

  RADT

  1999,  223ff.

78

  ZIEGENAUS

  1981.

79

  RADT 1999, 228.

80

  HALFMANN  2001, 56.

81

  HALPMANN 2001, 56f. mit Anm. 188-190 zur Person des Rufinus.

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

113

das Pantheon in Rom mit 42 m innerem Durchmesser an. Es ist wohl

zweifelsfrei als Rundtempel des Zeus-Asklepios-Soter zu identifizieren,

einer aus dem geist igen Umfeld der hadrianischen Epoche stammenden

universalen Got teskonstrukt ion.

8 2

  Die Kultstatue des Gottes stand in der

dem Eingang gegenüberl iegenden Ostnische.

83

  Das neben dem Tempel des

Zeus-Asklepios liegende Propylon stiftete A

  Claudius Cbarax

Nördl ich

davon en ich te te  Flavia Melitine  einen Bibliotheksbau,

85

  der vielleicht

nicht zur ursprüngl ichen Konzept ion gehörte.

86

  Zuvor war die nördl iche

Stoa auf Kosten eines

 [

Jus Pollio

  und seiner Gat t in

 [

Jope

  erbaut un d

laut Inschrift den anderen Göttern, dem Asklepios Soter, Kaiser Hadrian

und der Vaterstadt geweiht worden.

8 7

  Auch das Theater war eine private

Stiftung.

88

Die Bibliothek des Asklepieions bestand aus einem ehemals wohl flach

gedeckten Raum von 18,50 m Länge und 16,52 m Breite, dessen Fußboden

und W änd e reich mit verschiedenen M arm orsorten inkrust iere waren.

89

  A n

de r W estseite befanden sich zwei Eingänge, vo n de nen d er nördliche in die

Nordhalle und der südliche auf den freien Platz führten. Die beiden Sei

tenwände im Süden und im Norden sowie die öst l iche Rückwand l inks

und rechts einer größeren Halbrundnische enthiel ten rechteckige Bücher

nischen, die erst 1,75 m über dem Bodenniveau begannen. Während unklar

ist, welchem Zweck die Nische in der Mitte der Westwund diente, kann es

an der Funktion der Mittelnische in der rückwärtigen Ostwand, »eine mit

82

  HABICHT

  1969, llff.;

  KRANZ

  1990,

 134ff.;  R ADT.

 1999, 231;

 HALSMANN

 2001,

57.

 Eine Weihung für Zeus Soter Asklepios bei

  HABICHT

  1969, N r. 63.

83

  ZIEGENAUS 1981, 45.

Zur Person des

  Cbarax

  HABICHT

  1969, N r.

 8.  141;

  HABICHT

  1959/60,

 109ff.;

HALSMANN

  2001,

 57f. Z um Bauwerk

  ZIEGENAUS

  1981,

 5ff.;

  RADT

  1999, 232.

85

  Über

  kcvia

  Melitine  ist nur wenig bekannt, dazu

  HALFMANN

  2001, 58 mit

Anm. 194. 195. Eine im Asklepieion gefundene Statuenbasis ehrt sie laut Inschrift

für die Erbauung einer Bibliothek im Heiligtum;

  HABICHT

  1969, N r. 38 Z. 10-12:

KaTaaKE-üdaaoav rf|v ev xföi ieptöi totf Xarcfjpoc; ÄcncÄ/rpcicri) ßißyUoOfiKrjv.

Nach Lage der Dinge komme dafür nur der rechteckige Bau in der Nordost-Ecke

des Asklepieions in Frage, zumal dort die noch zu besprechende Statue des

Hadrian gefunden wurde, die ebenfalls von

  fovict

  Melitine  gestiftet worden war.

Zur Typologie antiker Bibliotheken s.

 CALLMER

  1944,145ff. Einen Zusammenhang

zwischen einem Umbau der oberen Terrasse des Gynmasions in Pergamon und

dem Bau des Bibliothekssaals im Asklepieion sieht

  MIELSCH

 1995, 772.

86

  RA DT 1999, 232.

87

  HA BIC HT 1969, N r. 64; RA DT 1999, 231; HALSMANN 2001, 58 mit Anm, 196.

88

  RADT 1999,  233f.

89

 Beschreibungen bei

 WEEGAND 1932 10f.; DEUBNER  1938,

 40ff.;

  CALLMER

 1944,

175f.; RADT

  1999,

 232f.

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114

Konrad Hitzl

feinen Mosaikwürfeln ausgelegte Konche«,

50

 keinen Zweifel geben. Vor ihr

fand sich auf dem Fußboden eine 108,5 cm breite, 91 cm tiefe und 54 cm

hohe marmorne Statuenbasis mit einer zweizeiligen Inschrift auf der Vor

derseite:

91

0EONAAPIANON

OA MEATTTNH

Auch die zugehörige Statue hatte sich erhalten (Abb. 6). »Das überlebens

große Marmorstandbild des Kaisers in heroischer Nacktheit, in der Linken

das Schwert haltend, rechts zu Füßen den Panzer, fand sich, in mehrere

Teile zerschlagen, in der Gegend der nördlichen Saaltür, unweit eines by

zantinischen Kalkofens«.

92

  Die restaurierte Statue befindet sich auf ihrer

Basis heute im Museum von Bergama

93

  (Abb. 6).

Da die von

  Flavia Melitine

  gestiftete Statue Kaiser Hädrian darstellen

soll, das Porträt der gefundenen Statue eindeutig Hadrian wiedergibt und

innerhalb der Bibliothek keine Fragmente anderer Statuen zutage kamen,

kann es als sicher gelten, daß die 2,30 m hohe Figur des Kaisers in' der

mittleren Nische der Ostwand stand.

94

  Rechnet man den Beginn der Ni

sche in 1,75 m Höhe sowie die Höhe der Basis von 54 cm hinzu, so lag die

Scheitelhöhe bei ungefähr 4,60 m. Das Standbild Hadrians muß innerhalb

der Bibliothek dominierend gewesen sein. Es herrscht in der Forschung

Einigkeit darüber, daß die Statue bereits zu Lebzeiten Hadrians errichtet

wurdfe, eventuell anläßlich eines Besuches in Pergamon im Jahr 124 (ge

sichert) oder 129 n. Chr. (ungesichert).

93

  Somit erhebt sich die Frage, wie

das Standbild Hadrians in der Bibliothe k des Ask lepieions z u bew erten ist.

Während

  T H E O D O R W I E G A N D

  und

  ERICH BOEHRINGER

  aufgrund der ge-

90

  WIEGAND

  1932,10.

91

  Die Inschrift wurde von

  WIEGAND

  1932, 51 Nr.

 

und

  HABICHT

  1969, Nr. 6

publiziert.

92

  WIEGAND

 1932,10. Den ersten Hinweis auf diese

 Starue

 verdanke ich

  ANNET

TE  HUPFLOHER.

93

 Die einzige, bis heute voUständige Aufnahme von Basis und Statue findet sich

bei

  DEUBNER

 1938, 41

  Abb. 32.

 Abbildungen der Statue:

 WEGNER

 1956, Taf. 14b;

ELSNER

  1998, 200

  Abb. 131.

  Abbildungen des Kopfes:

  BOEHRTNGER

  1959, 157

Abb.

 25;

  HÖRN

  /

  BOEHRENGER

 1966, 477

  Abb. 57

Eine hervorragende Aufnahme

nur der Basis findet sich in der Publikation von

  HABICHT

 1969, Taf-

 

Nr. 6.

94

 Angaben zur Statuengröße nur bei

 ELSNER

  1998, 200.

95

  WIEGAND

  1932,

 51; HABICHT

  1969,

 29;

 RADT

 1999, 212. Wie schon

  WIEGAND

1932,

 51 bemerkte, setzt die Anrede €>EOX in Pergamon keine Konsekration des

Kaisers voraus. Bereits 118 n. Chr. wird Hadrian in Pergamon inschrifdich Ösöq

ASpiccvög genannt:

 HABICHT

 1969, Nr. 21. bes. Z.

 36;

 weitere Beispiele führt

  H A

BICHT 1969, 29 Anm. 1 an.

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

115

fundenen Statue d en R aum als »Kaiser saal« bez eichn eten ,

96

  war seit der

Deutung des Traktes als Bibliothek durch

  O TTRIED DEUBNER

  eine Inter

pretation des Standbildes als Ehrenstatue selbstverständlich geworden.

97

Es gibt jedoch Gründe, die für eine Kultstatue sprechen:

1.

  Der Typus des unbek leideten Standbildes, die Bezeichn ung als Theos

und die hohe Aufstellung würden eine Interpretation als Kultstatue un

terstützen. Es ist durchaus möglich, daß die Bibliothek der  Flavia Melitine

nicht zum sog. hadrianischen Bauprogramm gehörte. Die Stifterin wäre

somit kaum an eventuelle Absprachen bezüglich der Kaiserverehrung ge

bunden gewesen und hätte ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen kön

nen.

2.

  Die Weihinschrift der nörd lichen Stoa setz t Hadrian bereits auf eine

Stufe mit Asklepios und den anderen Göttern.

3.

  In einer pergamenischen Inschrift wird Hadrian ausdrücklich als

NE]OS AXKAHIIIOX bezeichnet.

98

4.

  D ie P osition der Statue in der M ittelnische der Ostw and entspricht

der Aufstellung der Kultstatue des Zeus-Asklepios im Rundtempel.

5. Im alten Asklepiostempel stand noch die Panzerstatue Attalos' IIL,

die zusammen mit dem Standbild des Gottes als Synnaos Theos kultisch

verehrt w ur d e. Da s Standbild Hadrians muß der Statue des Attalos m in

destens ebenbürtig gewesen sein.

100

96

  WIEGAND

  1932, 10.

 51.

 Plan vor Taf.

 1.

  Taf

 .2;  BOEHRINGER

 1959, 158.

97

  DEUBNER

 1938,

 43: »Man mag

  seine [seil. Hadrians] Statue als die eines Schüt

zers

 und Förderers

 der

 Studien hier hergestellt

 haben«.

 Von

 HABICHT 1969 26.28f.

wird die Basis unter »Ehreninschriften - Für Angehörige des Kaiserhauses« einge

ordnet.

9 8

  FRÄNKEL 1895, Nr. 365.

99

 Vgl. oben Anm. 73. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, daß die Panzer-

statue des letzten pergamenischen Königs bewußt entfernt worden wäre, und die

letzte Plünderung des Asklepieions war im Jahr 155 v. Chr.

  (HABICHT

  1969, 3;

RADT

  1999, 222f.) erfolgt

100

  In diesem Zusammenhang ist die Feststellung wichtig, daß gerade zur Zeit

Hadrians die

 Attaliden

 wieder zu Ehren kamen.

 VIRGILIO

 1993,108: »La memoria

degli Attalidi riemerge con marcato significato ideologico e culturale nel clima

deirimpero di Adriano«;

 VIRGILIO

 1993, 114: »I/imperatore e Perede degli Atta

lidi, in senso giuridico - per l'antico testamento di Attalo III - e ideale. La rievo-

cazione della memoria degli Attalidi e anche un omaggio alla dinastia che contribui

non poco alla formazione delHmpero di Roma«. Auf dem Burgberg von Pergamon

wurden vor der Nordhalle des sog. Trajaneums zwei hellenistische Exedren in

Zweitverwendung aufgebaut. Die westliche Exedra war laut Inschrift eine Weihung

des späteren Königs Attalos II. Nach

  KAUT

  1999, 215 »wird man wohl zu Recht

annehmen können, daß beide Denkmäler ursprünglich etwas mit dem Königskult

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116

Konrad Hitzl

Die Summe aller Argumente spricht nach Meinung des

  Verf

für eine

Interpretation der Figur des Hadrian in der Mittelnische der Bibliothek

des Asklepieions als Kultstatue.

101

  Flavia Melitine  hatte wohl nicht nur die

Bibliothek und das Standbild gestiftet, sondern auch für Hadrian einen

£.ult in der Nische der Bibliotheksrückwand eingerichtet. Sollte diese

Theorie st immen, dann müssen regelmäßige kultische Handlungen, durch

Kultpersonal vollzogen, vor der Statue stattgefunden haben, anderenfalls

wäre das Standbild nur als Verehrungsstatue anzusprechen. Kaiserkult

wurde sicher nicht nur in Tempeln oder besonderen Räumen praktiziert ,

auch separierte Kompartimente innerhalb geschlossener Anlagen konnten

zur kultischen Verehrung eines kaiserlichen Bildnisses genutzt werden. In

den meisten Fällen können derartige Kultnischen nur vermutet werden,

ein präziser Nachweis ist kaum möglich. Die Bibliothek des Asklepieions

in Pergamon könnte eine Ausnahme bilden und ein Licht auf die Praxis

des Kaiserkults unterhalb der staatlich-städtischen Ebene werfen.

A p p e n d i x

Aussagen zur Weibinscbrift auf dem Architrav des Strategeion in Kyrene

1)   G A S P A R E O L I V E B I O   1931 . Scavi di Ciren e. Berg am o. 31f.:

»Due triglifi appartenenti ad un edificio del III secolo a. C. con sopra

iscritt i i no m i di Ar istide f. di Bakal, A ut ob io di A nio ch o, Aristofane di

Paraibata; - un frammento di architrave dorico con sopra scritto a let

tere più grandi delle altre:  [dai]  nemi[o]. E siccome Aristofane di Pa

raibata è ricord ato in un altr a iscrizione come com and ante d i trecen to

giovani

  triacatùirca),

  l analogia con altre iscrizioni mi ha ind otto a pr o

spettare la ipotesi che i tre personaggi suddetti facciano parte degli ar

tefici della Vittoria, per eternare la quale fu inalzato forse il monumento

stesso, a spese dei nemici e verisimilmente con i loro trofei.«

2)  LUI GI P ER NI ER   1935. Il tem pio e l altare di Apo llo a Cirene. Bergamo. 43 :

»Altre iscrizioni sulla facciata di quello dicono che strateghi cirenei, -

dei quali le metope conservano tre nomi:

  Aristophanes di Paraibata,

Aristis di Bakalo, Autobios di Aniocho,

  - dedicarono ad Ap ollo ( l edi

ficio stesso) come decima (della preda) sui nemici.«

zu tun hatten und daß man sie ins Trajaneum übernahm, um hier eine Kontinuität

des alten Herrscherkults auch im Kaiserkult zu demonstrieren«.

101

  Derselben Meinung ist auch   VIRGILIO   1993, 114: »Flavia Melitine è onorata

per avere ristrutturato la Biblioteca dell Asklepieion di Pergamo- Ella stessa aveva

dedicato una statua di culto di Adriano nelTAsklepieion.«

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults 117

3)   ITALO GISMONDI   1951. Il restauro dello Strategheion di C irene. In:

Quaderni di Archeologia della Libia 2. 7:

»Da alcune iscrizioni incise suirarchitrave e sulle metope dell edificio

risulta che questo fu dedicato ad Apollo dagli strateghi di Cirene

dell anno X (metà circa del 4° secolo a. C ) ; il nome di tre di essi:

Aristophanes  di  Paraibata, Aristis di  Bakalo, Antobios  di  Aniocho  è ri

cordato nell iscrizione delle metope, mentre quella dell architrave in

forma che il monumento fu dedicato ad Apollo come decima del bot

tino tolto ai nemici«

4)

  LUIGI POLACCO

  1955. Il volto di Tiberio. Rom . 49:

»Nell estate del 1929, durante gli scavi italiani del santuario di Apollo a

Cirene, vennero alla luce i resti di un edificio, a S dei Propilei romani. Si

trattava di un sacello da alcuni strateghi cirenei dedicato ad Apollo

ancora nel IV sec. a. C , e che un funzionario rom ano ebbe a restaurare

e a ridedicare, questa volta a Tiberio.«

5)   SANDRO STUCCHI   1960. La statua dello Strategheion di Cirene. In: Ar

cheologia Classica 12. 71:

»Nella campagna estiva del 1929 fu scoperto completamente nella zona

del santuario di Apollo a Cirene un piccolo edificio, che fu riconosciuto

per un dono fatto dagli strateghi cirenei ad Apollo nel IV sec. a. C.

L architettura del piccolo edificio è stata studiata con ogni cura dall ar

chitetto Italo Gismondi che ne attuò poi la ricostruzione.«

6)

  RICHARD GEORGE GOODCHILD   1971. Kyrene und Apollonia. Zürich.

113f :

»An der. entgegengesetzten Seite der antiken Straße steht als auffal

lendstes Monument das völlig restaurierte und wieder eingedeckte

STRATEGHEION - ein kleiner Tempel, der ursprünglich im  4.  Jahr

hundert v.  Chr. von drei Generälen

  strategboi)

 aus Kyrene erbaut wor

den war. Er war Apollon gewidmet als ein Teil des diesem Gott zu

kommenden «Zehnten» aus der Kriegsbeute eines Feldzugs gegen die

Macaeer und Nasamoner (libysche Stämme, die in der unfruchtbaren

Syrte ansässig waren).«

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1928-32: Das Asklepieion. Abhandlungen der Preußischen Akademie

der Wissenschaften. Jahrgang 1932. Phil.~Hist. Klasse Nr. 5. Berlin.

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults 121

M .

 WEGNER

  1956. Hadrian, Plotina, Marciana, Matidia, Sabina. Das rö

mische Herrscherbild II 3. Berlin.

O.  ZIEGENAUS   / G.   DE LUCA   1968. Das Asklepieion. 1. Teil. Der südliche

Temenosbezirk in hellenistischer und frührömischer Zeit, AvP XI 1.

Berlin.

O.  ZIEGENAUS   / G.  D E L U C A  1975.  Das Asklepieion.   2.  Teil. Der nördliche

Temenosbezirk und angrenzende Anlagen in hellenistischer und früh

römischer Zeit. AvP XI 2. Berlin.

O . ZIEGENAUS   1981. Das Asklepieion.   3.   Teil. Die Kultbauten aus römi

scher Zeit an der Ostseite des Heiligen Bezirks. AvP X I 3. Berlin.

Abbildungsnachweise

Abb. 1: Reproduktion nach R. G.  GOODCHILD   1971. Kyrene und Apol

lonia. Zürich. Plan nach

 S

200.

Abb.

 2:   Reproduktion nach   L.  POLACCO   1955. Il volto di Tiberio. Rom.

Taf. IV 2.

Abb.

 3: Reproduktion nach S. STUCCHI   1960. La statua dello Strategheion

di Cirene. In: Archeologia Classica 12. Taf. XXV.

Abb.

 4: Reproduktion nach  S STUCCHI  1960. La statua dello Strategheion

di Cirene. In: Archeologia Classica 12. Taf. XXIV.

Abb. 5: Reproduktion nach O.

 DEUBNER

  1938. Das Asklepieion von Per-

gamon. Kurze vorläufige Beschreibung. Berlin. Plan L

Abb.

 6: Reproduktion nach O .  DEUBNER   1938. Das Asklepieion von Per-

gamon. Kurze vorläufige Beschreibung. Berlin. 41 Abb. 32.

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122

Konrad Hitzl

KYR N

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uanniHK«  M M U N  .» » ^ « « « r

Abb 1

  Kyrene

topographischer

 Plan Nr. 22 =

 Strategeion im Apollon Heiligtum

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkults

4 .  2 Kyrene, Strategeion, Statue desTiberius mit Basis vor der Cellariickwand

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124

Konrad Hitzl

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Kultstatten und Praxis des Kaiserkults

125

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Abb,

  4  Kyrene Strategeion Kopf des Tiberius Vorderansicht

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126

Konrad Hitzl

Abb,

 3  Pergamon topographischer Plan

 des Asklepieions Nr. 5 =

  ibliothek

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Kultstätten und Praxis des Kaiserkülts

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Abb.

  6  Pergamon Museum Statue des Hadrian mit Basis

aus der Bibliothek des Asklepieions

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  ie Stadt Rom

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  aiserliche Religionspolitik

und priesterliche Rekrutierungsmechanismen

Überlegungen

 zur Elitenformation am Beispiel der Sodalitäten

des

 Herrscherkultes in Antoninianischer Zeit

 

von

JÖRG RÜPK

1 Das Material und die Fragestellung

Die großen Priesterschaften der stadtröroischen religiösen Infrastruktur

sind mehrfach zum Gegenstand prosopographischer Analysen geworden.

Trotz aller Unterschiede in der römischen Konzeption von  magistratus

und

  sacerdotium

 

hatte die Aufarbeitung der inschrifdichen Hinterlassen

schaft der Antike im

  Corpus Inscriptionum Latinarum

  und in vergleich

baren Unternehmungen gezeigt, daß - wie es von der stärker aus litera

rischen Quellen zu rekonstruierenden Geschichte der republikanischen

Priesterschaften her auch gar nicht anders zu erwarten war - die Mitglied

schaft in den prestigereichen priesterlichen Kollegien eng mit dem Anse

hen der Familien und dem Fortkommen im  cursus bonorum  korreliert

war.

3

 Mit der Zusammenstellung von  GEORGE HOWE von 1904 - einer bei

GEORG WISSOWA

  geschriebenen, Hallenser Dissertation.-, die große Teile

des Personals der kaiserzeitlichen  sacra publica  erstmals in übersichtlicher

und, soweit möglich, chronologisch geordneter Form vorstellte,

4

 war das

unübersehbar geworden.

Dieser Beitrag entstand im Wintersemester 2001/02 im Rahmen eines von der

Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Forschungsauf enthaltes am Deut

schen Archäologischen Institut in Rom Für die dort gewährte Gastfreundschaft

möchte ich mich herzlich bedanken.

Dazu SCHEID 1985.

3

 Vgl.

 schon die Bemerkungen VOHBARDT

  1871) im Vorwort zu seiner

 Prosopo-

graphie der großen republikanischen collegia und Einzelpriester.

4

 Howx 1904.

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132

Jörg Rüpke

Auf dieser Arbeit wie auch auf den prosopographischen Artikeln der

WissowAschen  Realenzyklopädie  und der Prosopograpbza imperii Rom ani

von - zunächst -  E D M U N D G R O A G   und   A R T H U R S T E I N   konnten verschie

dene althistorische Dissertatio nen seit den 1950er Jahren aufbauen die

sich jeweils auf einzelne Priesterschafcen oder Epochen konzentrierten

und diese prosopographisch detailreich aufarbeiteten und analysierten.

5

  Im

Gegensatz zur Arbeit von Howx war die Auswahl der Priesterschaften

stark eingeschränkt und ganz auf die senatorische Schicht konzentriere;

erst jüngst ist mit dem um fangreichen allerdings in der Betrachtung der

einzelnen Personen sehr knappen Aufsatz von   JOHN SC HEID   und   M A R I A

GRAZIA GRANENO CECER.E   die Breite der Untersuchung   H O W E S  wieder

annähernd erreicht worden.

6

  Es ver steh t sich fast vo n selbst daß Frauen in

priesterlichen Fu nkt ione n denen ja auch keine magistratischen Äm ter of

fenstanden selbst die Virgines Vestales von diesen Untersuchungen aus

geschlossen waren - allein die Arbeit von  rau  HOF P M A N LEWIS  macht

hier eine Ausnalune.

Faßt man die Ergebnisse dieser Arb eiten zusamm en mu ß man sich auf

wenige Bemerkungen beschränken; die Gewinne liegen vor allem in De

tails.

 Festhalten kann man eine d ie ge sam te P rinzipatszeit über andauernde

unterschiedliche Wertigkeit des Prestiges der großen Kollegien: Die Pon-

tifices und die Auguren standen durchg ehend an der Spitze m it deutli

chem Abstand gefolgt von den Quindecimviri sacris faciundis und den

Septemviri epulonum . De r hochra ngige n Besetzun g der Fratres Arvales -

Zeugnisse die die Au ßen wirk ung diese s Sachverhalts beträfen besitzen

wir ja nicht - des ersten Jahrhunderts n. Chr. schien die Situation seit

Flavischer Zeit nicht mehr zu entsprechen;  SC HEID  konnte aber durch die

komplette prosopographische Aufarbeitung dieser Priesterschaft zeigen

daß die Untersc hiede zu den an deren Priesterschaften der Zeit der Fla vier

und Adoptivkaiser nicht signifikant waren/

Eine durch  leges annales  oder vergleichbaren Usus geregelte präzise

Einordnung der Priesterschaften in den Cursus honorum gab es nicht

dazu standen bei den auf Lebenszeit vergebenen und entsprechend selten

zu b esetzenden Äm tern dieser Priesterschafcen auch gar nicht genug Plät

ze zur Verfügung. Andererseits zeichneten sich doch bestimmte und im

5

  HOFFMAN LEWIS 1955; PISTOR 1965; SIMON 1973; HO USTON 1971; SCHUMA

CHER  1973; HARRISON   1974;  SCHEID  1975 und 1990a. Für die Republik erneut

SZEMLER 1972.

6

  SCHEID GRANINO CECERE  1999. Leider ist die Benutzbarkeit durch zahlreiche

Satzfehler stark eingeschränkt.

7

  SCHEID   1990a 155-200.

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Kaiserliche Religionspolitik

133

Verlaufe der Zeit schwankende Muster ab: Die zahlreichen Kooptationen

erst nach dem Konsulat während des ersten Jahrhunderts, die insbeson

dere für Plebejer galten, gingen unter den Antoninen deutlich zurück.

8

 Die

klare Bevorzugung von Patriziern und den immer wieder neu in den Pa

trizierstand Erhobenen ging mit der sinkenden Bedeutung der Unter

scheidung zwischen Patriziern und Plebejern allmählich verloren.

9

Von besonderem Interesse ist die geographische Rekrutierung: Auch

hier, bei diesen funktionell doch im wesentlichen auf die Stadt Rom be

zogenen Ämtern, spiegelt sich die Ausdehnung und Ausbildung einer aus

dem ganzen römischen Imperium rekrutierten Oberschicht wider. Ver

gleicht man die oft ungesicherten Herkunftsorte der Am tsinhaber und ihre

Verteilung mit den Herkunfsorten der Mitglieder des Senats oder ihre

Verteilung unter den Konsuln und höchsten Magistraten, so ist allenfalls

eine leichte Verzögerung dieses Prozesses bei den Priesterschaften festzu

stellen.

10

Bei all diesen Untersuchungen wie ihrer Rezeption besteht große Ei

nigkeit darüber, daß in der jeweiligen Zusammensetzung dieser Gruppen

kaiserliche Politik - bei der Gleichförmigkeit der Prozesse und der Iden

tität der Personen ist es kaum sinnvoll, von einer eigenen Religionspolitik

zu sprechen - ihren Widerhall fand.

11

  Das ist auf einer ganz oberflächli

chen Ebene auch gar nicht zu bestreiten, aber es ist dann doch zu fragen,

wie dieser Prozeß im einzelnen aussah. Kann man den Kaiser bei solchen

Aussagen als Projektionsfläche eines Laissez-faire-Prozesses verstehen

oder eher als Triebfeder eines höchst komplexen Uhrwerks? Die Frage

nach der Realität kaiserlichen politischen Handelns, die

  FERGUS MILLAR

gestellt hat,

12

  ist in einem viel bescheideneren Rahmen - und mit ent

sprechend beschränkteren Ergebnissen ~ auch für den religiösen Bereich

und die Besetzung der Priesterschaf cen zu stellen.

13

Diese Aufgabe soll im folgenden in zwei Schritten unternommen wer

den. Zunächst möchte ich die Geschichte der Priesterschaften des Herr

scherkults in der Zeit von M arc Aurel und Commodus rekonstruieren und

dabei auf einige bisher übersehene Details aufmerksam machen. Im zwei

ten Scbritc sollen die erhobenen Befunde in den größeren Zusammenhang

SCHUMACHER

  1978,

 785k; vgl

  ALEÖLDY

 1977, 84f, 106f.

9

 VgL

 noch

 PISTOR

 1965.

10

 Siehe

  SCHUMACHER  1978,  807f.

11

 Kurz etwa

 SCHUMACHER

 1982.

12

  MILIAR 1977.

13

 Vgl für eine grundsätzlich andere Position in dieser Frage den Beitrag von

RU TH STEPPER

 in diesem Band.

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134

Jörg Rüpke

der Rekrutierungsmechanismen eingeordnet w erden. Auch wenn die be

handelten Priesterschaften selbst ihre Aufgaben im wesentlichen in der

Stadt Rom oder im latinischen Umland fanden, so rekrutierten sie sich

doch zunehmend aus dem gesamten Imperium; ihre Selbstdarstellung oder

Ehrung auf Inschriften, die einen, ja den wesentlichen Beitrag zur Kennt

nis der Besetzung dieser Positionen leisten, ist ein im ganzen Mittelmeer

raum verbreitetes Phänomen. Zumindest jene religiösen Spezialisten, die

der im ganzen euromediterranen Raum agierenden Führungsschicht ange

hörten, sind mit ihren »stadtrömischen« Ämtern oft allein aus Basen von

Ehrenstatuen, Ehrendekreten oder auch Grabinschriften bekannt, die sich

in Nordostspanien, Dakien, Palmyra, dem nordafrikanischen Thysdrus

oder gar in der Germania superior finden. Daß diese Ämter aufgeführt, als

religiöse Ämter verstanden oder erläutert beziehungsweise unterdrückt

wurden, bildet auch einen Teil dessen, worüber im Rahmen von »Reichs

religion« gesprochen werden muß.

2 Sodales Antoniniani

Am  7.  März 161 n. Chr. starb wieder ein Augustus, wie seit mehr als zwei

Generationen jetzt üblich, eines natürlichen Todes. Sein Name war Im

perator Caesar Titas Aelius Hadrianus Antoninus Augustus Pius, kurz:.

Antoninus Pius. Er wurde konsekriert, der neue Gott hieß Divus (Au

gustus Pius) Antoninus Pius. Was im Fall der Konsekration passierte,

kennt man zur Genüge; seit Augustus war das so üblich. In der

 Historia

Augusta

  hat es stereotype Wiederholung gefunden: Der Gott bekommt

einen Flamen und Sodales, Festtage mit Wagenrennen, einen Tempel. Auch

im Fall des Divus Antoninus Pius scheint der Senatsbeschluß nicht we

sentlich anders ausgesehen zu haben.

14

 Die Sodales Antoniniani waren ge

schaffen.

Die erste Besetzung

Folgende Personen lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit der ersten

Generation von Sodales Antoniniani zuordnen:

u

  SHA Ant Pius 13 Ji

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136

Jörg Rüpke

L. Venuleius A pro rianu s Octavius

20

Patrizier. Anfang 110er ~ nac h 168 n. C hr . Na ch de m streng

21

  ch rono lo

gischen Cursus der Ehreninschriften war er seit Mitte der 130er Jahre

Augur, nach dem Konsulat, vermutlich in den 150er Jahren, auch Sodalis

Hadrianalis.

22

  Schließlich Sodalis Antoninianus, sicher als Gründungsmit

glied seit dem Jah r 161 . Das Au gu rat w urd e noc h vo r der Qu äs tur (die er

suo anno

im Ja hr 137, erreicht haben dü rfte) verliehen. Suffek tkons ul

wahrscheinlich  145,

23

  wurde Venuleius Consul Ordinarius des Jahres

  168.

24

L. Octav ius Co rnelius P. Salvius P . f. Iulianus Aem ilianus

25

Anfang 2. Jh.~nach 168 n. C h r. P ontifex, Sodalis H adrianalis u n d Sodalis

Antoninianus. Consul Ordinarius des Jahres 148 und Curator aedium sa-

crarum im Ja hr 150 - zwischen diesen beiden Ä m tern w erde n in der afr i

kanischen Ehreninschrift seine Priesterschaften eingeordnet.

26

  Zuletzt war

er Prokonsul von Africa, wohl 167/168. Es handelt sich um den berühm

ten Juristen der sabinianischen Schule, Salvius Iulianus, den Verfasser von

Digestae

  in 90 Büchern und Redakteur des

  edictum perpetuum.

27

Q. Pompeius Q. f. Sosius Priscus

28

Patrizier . E tw a 117-180 n . Ch r.

29

  Pontif ex, Sodalis Hadrianalis und Sodalis

Antoninianus; die erste Priesterschaft dürfte er (so der chronologische

Cursus für die ersten beiden) zwischen Quästur und Prätur erlangt ha-

2 0

P1R V 253 .

21

  Eine Ausnahme bilden die - jeweils zusammengefaßten - Iterationen und die

beiden Sodalitäten (zu beiden   PFIAUM  wie Anm. 24).

22

  Da für die auf Konsulat und Sodalität folgende spanische Statthalterschaft nur

ein Terminus ante quem von 161 festgestellt werden kann

  (THOMASSON

  1984, 16),

gibt es auch für das Priesteramt keinen früheren sicheren Terminus ante quem. Für

die nach dem Tod Hadrians (138) gegründete Sodalität kann man erst für die 150er

Jahre großen Ersatzbedarf vermuten.

23

  ALFÖLDY 1977, 150f.

24

 Beleg für die Priesterämter:

 CIL

  ll 1432f. =  Inscr.

  IL

 7 1 16f.  (jeweils einander

ergänzend). Zur Person   PFIAUM  1966, 14-19.

25

  PIR S 102/

X

S 103.

26

  Vermutlich trifft der Zeitpunkt nur auf das früheste Amt zu, wahrscheinlich

auf das Ponrifikat. Dann folgte die erste Sodalität in den 150er Jahren (anders

PFLAUM

  1967, 200, der die Sodalität ebenfalls zwischen 148 und 150 n. Chr. an

setzt).

27

 Siehe HLL

 § 414.

  - Belege für die Priesterämter:

 CIL

  8,24094 =

 ILS   8973.

 Zur

Person   PFIAUM   1966, 8-12;   KOLB   1993,  206f.

28

  PIR

  2

P 656.

29

  Er starb im Alter von 62 Jahren:

  CIL

  6,1490 =

  ILS

  1106 (Epitaph des Ur

enkels).

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Kaiserliche Religionspolitik 139

C. Aufidius C. f. Victorinus

49

1 1 0 er - e twa 186 n. Chr .

50

  Vermutlich zunächst Fetiale,

51

 dann Quindec im-

vir s. f. un d Sodalis Anto nin ianu s (später A nto nin ian us Verianus M arcia-

nus)

5 2

  Das Quindecimvirat dürfte im Umkreis des ersten Konsulats (155)

erreicht worden sein. Consul II Ordinarius im Jahr 183 nach einer wohl

vorangegangenen Praef ea u ra urbis. Aufidius war auch Proko nsul von

Africa.

55

M. Vetrulenus Sex. f. Civica Barbarus

54

Anfang 120er~nach 169 n. Chr.

55

  Sodalis An tonin ianus w oh l seit 1 61. Vier

Jahre zuvor (157) war er Konsul gewesen.

56

A nonymus

5 7

Ende I .V. 2 .Jh . -e twa 168 n .Chr .

5 8

  Sodalis Antoninianus, höchstwahr

scheinlich seit 161, das hieße zu m Ze itpu nk t eines zu postulierende n Ko n

sulates (160 od er 161), das der aufgeführten Fu nk tio n eines C ura to r ae-

dium sacrarum, die Anfang 162 zu datieren wäre, unmittelbar voraus

ging-

5

 

49

  ALFÖLDY

  (1977, 361-365) folgend identifiziere ich Aufidius nicht mit dem

unbekannten Sodalen von CIL  6,1546 = 6,41134. - PIR

  2

A

  393

 (s. a.

 2

A 1374).

50

  Dio  72 ll lf.:  Selbstmord

51

  Die in der Inschrift gegebene Reihenfolge der Priesterämter, aber auch ihre

Stellung in der Ämterliste insgesamt sind nicht chronologisch auszuwerten.

52

  Aufgiiind der Platzverhältnisse in der Inschrift schlägt   ALFÖLDY,   CIL, sicher

richtig die Ergänzung als Sodalis Hadrianalis Antoninianus Verianus Marcianus

vor.

53

 Beleg für die Priesterämter:  E  1957,121 = 1934,155 = CIL  6,41140. Zur Per

son

  PFLAUM

  1966,

  41-48.

54

 Zu den verwandtschaftlichen Verhältnissen mit dem Kaiserhaus s.

 PFLAUM

  und

RE

 14 843f.

  (Stemma). - RE SuppL 14,845 = Vettulenus 2.

55

  Der Terminus post quem der Inschrift, die vom divinisierten Verus spricht,

während Vettulenus allerdings noch - gegen   PFLAUMS   (1966) Theorie - von An-

toninianus spricht (iepet Ävreövswiavßi); möglicherweise war Verus noch nicht*

lange verstorben.

56

 Beleg für die Priesterämter:  E  1958,15. Zur Person   PFI-AUM   1966, 48-50.

57

 Zu allen Identifizierungsversuchen ausführlich   ALFÖLDY;   ihm folgte zuletzt

KOLB

  1993,

  216f. - PIR

  l

In c 38.

5

* Die Sodalität, die aller Wahrscheinlichkeit nach in die Zeit vor 169, als die

Sodales Antoniniani zu Antoniniani Veriani wurden, gehört, legt die weitere Er

gänzung der Inschrift (s.  ALFÖLDY   1977, 363) nahe und ermöglicht die Rekon

struktion des Cursus. Der Anonymus scheint noch am Germanenfeldzug von 168

als Comes teilgenommen zu haben.

59

 Belege für

 die

 Priesterämter: CIL  6,1546 = 6,41134. Zur Person   ALFÖLDY  1977,

361-365.

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140 Jörg Rüpke

[— ] Fidus A [ ] Gallus Paccianus

60

Vermutlich schon I.V. 2-Jh.-kurz vor 169 n.Chr.

61

  Vermutlich in der

angegebenen Reihenfolge

62

  Epulone, Sodalis Hadrianalis schon vor 161

und seit 161 Sodalis Antoninianus.- D ies e Funktionen lassen sich nicht

chronologisch sicher in die nur mit den senatorischen und kaiserlichen

Statthalterschaften (Greta et Cyrenaica sowie Aquitania) am Ende des

Cursus schließende Karriere einordnen.

63

M. Didius M. £ Severus Iulianus, der spätere Kaiser Imp. Caesar M. Di-

dius Severus Iulianus Augustus

64

30.

 Januar 133 -2. Juni 193 n. Ch r. Di e extrem frühe Förderung des D idius

durch Marc Aurel (Quästur vor dem gesetzlichen Mindestalter) läßt ver

muten, daß er schon zu den Gründungsmitgliedern der Sodales Antoni-

niani gehörte. Mit seiner Erhebung zum Au gustus am 28. März 193 wurde

er auch Pontifex maximus; für eine Kooptation in »alle (großen) Kolle

gien« gibt es keinerlei Beleg.

65

  Suffektkonsul etwa im Jahr 175; Legatus

60

  Ich identifiziere im folgenden mit dieser Person den anonymen Empfänger der

Ebreninschrift  CIL  6,1568. Die Argumente dafür sind a) die Zeitstellung, b) das

gemeinsame Amt des Legatus Augusti pro praetore provinciae Aquitanicae, c) die

Ehrung durch eine   civitas  dieser Provinz (Lemvices, Cadurci) an einem Ort au

ßerhalb der Provinz - Lyon vielleicht als Geburtsort, Rom als Reichshauptstadt -

und d) die Tatsache, daß auf einer Inschrift die Mitgliedschaft bei den Sodales

Hadrianales, auf einer anderen die bei den Aritoniniani erhalten ist (und sich die

jeweils andere problemlos ergänzen ließe): Es zeigt sich, daß im übrigen alle be

kannten, im Jahr 161 lebenden Sodales Hadrianales als Antoniniani berufen wur

den.

  ALFÖLDY

  (1977, 175, Anm. 152) erwägt unter Ergänzung einer Konsulats

angabe (die für die in Frage kommenden Provinzen untypisch wäre) in der In

schrift eine Identifizierung des Statthalters in  6 1568  mit M. Censorius Paullus. -

PIR

2

F153.

61

 Der Terminus ante quem ergibt sich

  us

 der Bezeichnung als Sodalis Antoni

nianus (und noch nicht Antoninianus. Verianus, dazu ausführlich

  PFLAUM

  1966,

passim). Da zum einen nach der zweiten Statthalterschaft keine weiteren Ämter

sicher zu erwarten sind (es also kein argumentum e silentio für ein jüngeres Alter

gibt) und zum anderen die Kooptation in die Sodalität einen schon länger koop

tierten Epulonen erwarten läßt, könnte Paccianus in schon vorgerücktem Alter

gestorben sein.

62

 Die Ehreninschriften nennen die Priesterämter geschlossen am Ende und sind

daher chronologisch nicht weiter auszuwerten.

63

  Belege für die Priesterämter: CIL  13,1803; 6,1568(0/L 6,1568) = 6,41135.(0/1

6,41135)

64

 PIR

 2

D

 77

65

 Ein solcher fehlt epigraphisch auch für

 d s

 Oberponnfikat;  CIL  6,32396 = AA

97d,4, eine Notiz für den 1. oder  13. Juni 193, ist nach der Rekonstruktion durch

SCHEID

 auf Pemnax zu beziehen.

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Kaiserliche Religionspolicik

141

Augusti pro praetore von Pontus et Bithynia (zwischen 183 und 186);

Prokonsul von Africa (189/190).

66

Q. Pompeius Q. f. Senecio Fuscus Saxa Vryntianus Sosius Priscus

67

Patrizier. Um 135-nach 169 n. Chr. Salius CoUinus und wohl noch .unter

Antoninus Pius Sodalis Hadrianalis,

68

  dann, vielleicht noch als Grün

dungsmitglied, Sodalis Antoninianus Verianus. Darüber hinaus ist er auch

noch als Pontifex nachgewiesen. Pompeius war Quaestor kandidatus wohl

um 162 und Consul Ordinarius des Jahres 169 n. Chr. Er war als Prokon

sul für Asia bestimmt.

69

C. Aelius P. f. Domitianus Gaurus

Ritter, der durch Antoninus Pius mit einem

  equus publicus

  beschenkt

wurde. I.V. 2.Jh.-nach 161 n. Chr.

70

  D e r - vielleicht durch seine juristi

schen Leistungen als

  scriba

  prominente - Aufsteiger in den Riteerstand

unter Antoninus Pius wurde Sacerdos Laurentium Lavinatium und -

schon als Ritter - Kalator der Sodales Marciani Antoniniani. Nach meh

reren Schreiber-Positionen ritterlicher Praefectus cohortis und Praefectus

fabrum. Eventuell Jurist.

71

Beobachtungen

Auf den ersten Blick weist die hier zusammengestellte Personengruppe

keine Überraschungen auf: In Hinblick auf den sozialen Status, die zum

Zeitpunkt der Aufnahme abgeleisteten Ämter und das Alter dürften die

zeitgenössischen Kollegien der Pontifices, der Auguren, vermutlich auch

der Quindecimviri sacris faciundis oder der Arvalbrüder nicht deutlich

anders ausgesehen haben. Dennoch gibt es eine überraschende Gemein

samkeit: Für die Hälfte der Sodales läßt sich die gleichzeitige Mitglied

schaft in der nach dem T ode des vorangegangenen Au gustus, des Hadrian,

errichteten Priesterschaft nachweisen. Das Kollegium der Sodales Hadri-

anales besaß im Jahr 161 n . Chr. verm utlich folgende Mitglieder (nicht

vö llig gesicherte M itgliedschaft in diesem Jahr ist durch Kursive markiert):

66

 Belege für die Priesterämter:

 CIL   6 1401

 =

  ILS

 412 (nur Sodalis); Cohen

2

 3,

Didius -13 (Pont. max.). Zur Person

 PFLAUM

 1966,

 60-71;  KIENAST

  1990, 154f.

6 7

P IR

1

P492.

68

 Nach

 PFIAUM

 (1967, 200) vor 161 n. Cbr. Hadrianalis.

69

 Belege für die Priesterämter: CIL   14,3609 = IL S 1104 = Inscrlt 4,1,126; CIL

10,3724.

70

 Die Inschrift, die Antoninus »Pius«

 nennt, muß

 nach

 DESSAU, ILS,

 nach dessen

Tod und vor

 dem

 Tod des Verus 169 aufgestellt worden sein.

71

 Dig 8,2,10. Belege für die Priesterämter:  Epk ep 8 368 = ILS 2748.

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142

Jörg Rüpke

L. Venuleius Apronianus Octavius

Q. Pompeius  Q. /  Sosius Priscus

C. Brutiius C .f.

 Praesens

,[— ]  Fidus A[— ]  Gallus Paccianus

*G

 Popilius

  Cf.

  Carus

 Pedo

L.  Ocuvius  Cornelius P, Salvius P, f. lulianus Aemilianus

L. Dasumius P. f. Tullius Tuscus

*C. Septimius Severus

Q. Pompeius Q. f. Senecio Fuscus Saxa Vryncianus Sosius Priscus

C. Aufidius C. f. Victorinus

Nur für die beiden mit Sternen markierten Personen ist eine gleichzeitige

oder spätere Zugehörigkeit zu den Sodales Antoniniani nicht wahrschein

lich zu machen.

72

  Umgekehrt läßt sich nicht ausschließen, daß noch wei

tere Mitgliedschaften bei den Sodales Hadrianales nur keine erhaltene Be

zeugung gefunden haben. So bleibt der Eindruck, daß die Besetzung der

neugegründeten Priesterschaft der Sodales Antoniniani weitestgehend die

zur Verfügung stehenden Sodales Hadrianales berücksichtigte. Was als

neues Kollegium erschien, war faktisch durch weitgehende Personalunion

nur eine Variante eines schon vorhandenen.

Dieser Eindruck wird durch die Kooptationen der Folgezeit verstärkt:

Sowohl Q. Pompeius Q. f. Senecio Sosius Priscus

73

 als auch T. Flav ius T . f.

Sulpicianus

74

  wurden Mitte der 160er Jahre sowohl Hadrianales wie An-

toniiiiani.

So etwas wie eine Religionspolitik ist für Marc Aurel bislang nicht be

schrieben worden. Die beobachtete Entwicklung der beiden Sodalitäten

fügt sich immerhin in das sich herausbildende Verfahren ein, den Kreis der

Führungsschicht nicht beliebig auszudehnen und gerade Patrizierfamilien

in der Ämterbesetzung angemessen zu berücksichtigen.

75

  Die Aufmerk

samkeit ist an dieser Stelle auch auf den Kalator zu lenken: Wahrend wir in

dieser Position in Flavisch-Trajanischer Zeit ausschließlich Freigelassene

kennen, erscheint nun ein Ritter , und zwar Ritter zum Zeitpunkt der

Gründung des Kollegiums, in dieser Funktion. Hier deutet sich eine Ent

wicklung an, die w ir zwanz ig Jahre spater in anderer F o rm fassen kö nn en.

72

 In beiden Fällen liegen Inschriften aus der Ze it nach 161  n. Chr. vor, die keinen

Raum für die Ergänzung dieser zweiten Sodalität bieten. Das ist kein Ausschluß

kriterium, es bleibt aber eine Begrenzung der im folgenden entwickelten A nnahme.

73

 Der Sohn des mehrfachen Priesters und (ebenfalls schon) polyonymen Konsuls

von

 149,

 s. o., CIL  10,3724 (vor dem Tode

 Verus*?); Inscr

Ii  4,1,126 « CIL  14,3609

= ILS  1104 (ausführlichster Cursus),

74

  CIL

  6,31712

  =AE

  1981,762.

75

 Siehe  ALSÖLDY  1977, 85.

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Kaiserliche Religionspolitik

145

(leiblichen) Eltern konsekriert und deren verstorbene Freunde durch Sta

tuen geehrt,

82

  läßt sich zeitlich nicht präzisieren, sie weist aber in dieselbe

Richtung eines kollektiven Kultes, in dem die scharfen Umrisse in der

Unterscheidung zwischen Götter- und Totenkult in der Öffentlichen Re

präsentat ion verschwimmen.

33

  Das greift zeitgenössische Entwicklungen

auf, die auch in der Titulatur divinisierter Kaiser in provinzialen

  Inschrif-

ten zu greifen sind: Die Verehrung des lebenden Herrschers uiid des kon-

sekrierten toten verlieren an Distanz.

84

  Nach dem Tod und der Konse

kration Faustinas der Jüngeren, der Gemahlin des Kaisers, beschloß der

Senat, beiden, Faustina wie dem lebenden Kaiser, silberne Kultbilder im

monumentalen Tempel der Venus und Roma in der Stadtmit te Roms zu

errichten, samt einem Altar, vor dem alle in der Stadt heiratenden Bräute

samt Bräutigamen opfern sollten.

85

Die unmit te lbar wei tere Entwicklung - wiederum sind wir auf Hypo

thesen angewiesen - läßt den spezifischen Charakter deutlicher werden. In

einer Inschrift wohl aus dem Regierungsbeginn des Caracalla

S6

  wird das

scho n erw ähn te Mitglied des O rd o , L. A nn ius L, f. Ravu s, »wegen seiner

Verdienste als Patron« von den Sodales Herculani geehrt.

87

  Im Lichte wei

terer stadtrÖmischer Inschriften dieser Sodalität erscheint es unnötig, diese

Gruppierung auf Tibur zu beziehen. Es erscheint dann naheliegend, wenn

auch nicht zwingend, die Herkules-Sodalität auf den Ordo zu beziehen,

als eine neue oder inoffizielle Bezeichnung.

88

  Noch einmal, diese Verbin

dung ist hypothetisch. Sie paßt aber in das Bild der religiösen Präferenzen

des Commodus, dessen Hercules-Verehrung und eigene Identifizierung

mit Hercules immer stärkere Formen annahm.

89

S2

 SHA

 M. AureL

  29,8.

83

  Zur Differenz im Ritaal  SCHEID 1993.

84

  CLAUSS 1999,

 146

 m it

 Verweis

 auf ÄE 1942/43,18 und  CIL 2,5232 = ILS 6898.

85

 Dio  72,31,1.

86

  Die genaue Datierung ist problematisch, da der Geehrte im Jahr 183 exiliert

wurde, es ist entweder ein Zeitpunkt zuvor oder aber die Rückkehr aus dem Exil

zu unterstellen. Die Chronologie der Hercules-Verehrung des Caracalla bleibt un

klar, es gibt aber keinen Grund gegen einen sehr frühen Einsatz.

87

  CIL  6,1339 = ILS 1121.

88

 VgL SHA Commod.  17,11: Schaffung eines Flamen Herculanus Com modianus;

cf. 8,9.

89

 Kurz  CLAUSS  1999, 148-150; ausführlich  GROSSO 1964.

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146

Jörg Rüpke

4 Zwischenbilanz

Wie ließe sich diese Neuorientierung in das Bild der spätantoninianischen

Religionspolitik seit Marc Aurel einordnen? Der Umgang mit den Soda-

litäten zeigt die Bemühungen um eine personelle .Konzentration jener

Priesterschaf cen, die sich aus der Oberschicht rekrutierten; mit der Übe r

nahme auch des Kultes des Marc Aurel, des Commodus und weiterer

Kaiser durch die Sodales Marciani Antoniniani Commodiani Helviani

Severiani Antoniniani,

90

  also durch dieselbe Gruppe, wird diese Linie

bestätigt. Als Generalisierung läßt sich auch die Schaffung des

 ordo sacer-

dotum domus divinae

  deuten, nun bezogen auf die gesamte Herrscher

familie. Gegenüber den sodales  wurde hier eine deutliche Ausweitung der

Rekrutierungsbasis in sozialer Hinsicht vorgenommen, allerdings nicht

unter Absehung, sondern unter interner hierarchischer Verfestigung der

Unterschiede. In Anbetracht der massiven Verluste der Nobilität, auch

durch Seuchen und Kriege, in der Zeit des Marc Aurel erscheinen diese

Maßnahmen plausibel. 'Sie erlaubten zugleich eine Zunahme an Kontrolle

im Bereich religiöser Institutionen.

Die mögliche Umorientierung des Ordo auf den Hercules-Kult bezie

hungsweise den mit dem Hercules-Symbol arbeitenden Kult des lebenden

Herrschers ließe sich als Ergebnis gesteigerter Kontrolle verstehen: Nicht

durch eine Proliferation neuer Institutionen, sondern durch die bewußte

Umorientierung bestehender Priesterschaften wurden neue religiöse Ori

entierungen ins Werk gesetzt. Der Kaiser war Herr des Verfahrens.

5 Kaiserliche Kooptation

Die Suche nach dem gemeinsamen Nenner darf den scharfen Kontrast, der

gerade unter dem Stichwort »Kontrolle«

91

 besteht, nicht verdecken. Wäh

rend der Ordo größere Gestaltungsspielräume zu gewähren schien, waren

die Handlungsmöglichkeiten bei den Sodalitates eng begrenzt: Keine

 so-

dalitas

 wurde abgeschafft, die Umgestaltung erfolgte vielmehr allein über

Kooptationen, die zu Personalunionen führten, und über Aufgabenerwei

terungen bestehender Einrichtungen. Das entsprach schon republikani-

2 7 7 ^

  6

;

4 1

? L

=

^ r r

9 5

'

1 2 4

  =

  1 9 2 9

'

1 5 8

 

Z u f B e

^ h n u n g  • PPIAÜM

  1 9

8 l ,

277f Vgl. d* Gedicht

 CIL

 13,8007 =

 ILS 1195: cUvum soddk

s R f ^ l S r

0 1 1 6

* *

  a U § e m e i n e S

 Beschrdbuagsrasier für religiöse Spezialisten

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Kaiserliche Religionspolitik

147

scher Praxis und Zurückhaltung im Umgang mit priesterlicheri Insti tutio

nen. Das beste Beispiel bietet die sogenannte

92

  Lex Ogulnia,  jene Rege

lung, die die Plebejer am Kollegium der Pontifices und Augures beteiligte.

Diese grundlegende Reform des Jahres 300 v. C hr . wu rde , soweit die an

nalistische Üb erlieferung zuverlässig ist, nicht als Um ges taltung der Ko l- -

legien konzipiert. Vielmehr legt Livius nahe, daß der Antrag einfach lau

tete,  ut IV pontif ices, V augures de flehe adlegerentur

y

  daß also vier ple -

beische pontifices  und fünf plebeische  augures  hinzugewählt wurden, was

eine Gesamtzahl von neun Auguren und acht Pontif ices, zu denen man

den Pontifex maximus wohl hinzurechnen muß, ergab.

93

Diese Regelung stellte eine einmalige Angelegenheit dar; in der Folge

zeit sorgte die Selbstergänzung der Kollegien, die Kooptation, für das

Aufrechterhalten der Sollziffern. N o ch im drit ten Jahr hu nd ert v. Ch r.

drangen Elemente der Volkswahl durch die Beteil igung von gerade weni

ger als der Hälfte der Tribus, siebzehn v on fünfundd reißig, in das Beset

zungsverfahren ein, dauerhaft für den Pontifex maximus,

94

  wenigstens

kurzzeitig nach der  lex Domitia  des Jahres 104 v. C hr . un d der lex Atza  des

L ab ie n u s' im Jah r 63 v. Ch r. au ch für die üb rigen Pontifices u n d die

Augures. Auch dieses Verfahren stellte sich formal lediglich als eine

Komplizierung der Kooptation dar: Das Kollegium präsentierte die Kan

didatenliste und kooptierte den Wahlsieger. Es Hegt nahe, dieses als grund

legend ausgewiesene Verfahren der Kooptation auch für die übrigen Prie

sterschaften zu unterstellen, auch wenn etwa für die Decemviri bezie

hungsweise Quindecimviri sacris faciundis, die für das Einsehen und

Interpretieren der Sibyllinischen Bücher zuständig waren, jedes explizite

Zeugnis dafür fehlt.

Wie stellten sich die Besetzungsverfahren in der Kaiserzeit dar? Es

herrscht Einigkeit darüber, daß im Laufe des ersten Jahrhunderts n. Chr.

Wahlakte in den Komitien weitestgehend verschwanden, die Empfehlung

durch den Kaiser ersetzte den Wahlerfolg. Inwiefern galt das auch für die

Priesterschaf cen?  T H E O D O R M O M M S E N  hat nicht nur die Details, sondern

auch das Wesentliche in seinem

  Römischen Staatsrecht

  schon formuliert;

J O H N S C H E I D  hat, ausgehend von den Notizen der Arvalakten, das Pro-

92

 Technisch handelt es sich um ein

 plebhcitum,

 s.

 HÖLKESKAMP

  1988, 52,

 ABITL

 3

mit weiterer Literatur.

93

 Liv. 10,6,3-8 (ähnlich

  10,8,3);

 die Annahme des Gesetzes und erneut die End

zahlen in  10 9 lf. S. 10,6,6: Rogationem ergo promulgarttnt ut

}

  cum qu.attu.or au-

gmeS) quattuor pontifices  ea tempestate essent placeretque  augeri sacerdotum  nu-

merum

>

  quattuor ponüfices

>

  quinque augures^ de plebe omnes

>

  adlegerentur.

94

 Siehe  TAYLOR 1942; BEAKD; NO RT H ; PRICE  1998, 134-137; RÜPKE 2001, 211.

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148

Jörg Küpke

blem noch einmal aufgerollt.

95

  Das erlaubt mir, eine eher summarische

Beweisführung vorzulegen, eine Wiederholung, die vor allem dem Ziel

dient, in Erinnerung zu rufen, wie selten die Fälle sind, in denen ein Ein

griff des Kaisers in das Besetzungsverfahren überhaupt greifbar wird. Mei

ne Zusammenfassung wird allerdings den Akzent der MoMMSENschen

Darlegung verschieben: Wo

  MOMMSEN

  das Gewicht auf die freiwillige

Selbstbeschränkung des Kaisers legt und aus der kaiserlichen Perspektive

heraus das Verfahren darstellt, möchte ich gerade den Ausnahmecharakter

des kaiserlichen Eingriffs und das »Normalverfahren« betonen. Erst damit

wird das zu Beginn vorgeführte Interpretationsmuster kaiserlicher Reli

gionspolitik in das rechte Licht gerückt.

Zunächst einmal ist zu differenzieren. Als Pontifex maximus hatte der

Kaiser, so die

 communis

 opinio, das Recht und die Pflicht, die Positionen

der Virgines Vestales, des Rex sacrorum und des Flamen Dialis zu beset

zen. Das erstgenannte Recht wurde durch die noch republikanische  Lex

Papia modifiziert, nach der der Pontifex maximus eine Liste von Kandi

datinnen zusammenstellte, aus der die Vestales per Losentscheid  sortiüo)

ermittelt wurden.

96

 Eine prinzipielle-Rücknahme dieser Komplizierung für

die Kaiserzeit ist nicht belegt; wenn Gellius für seine eigene Zeit das Ver

fahren durch einen Senatsbeschluß ersetzt sieht, so liegt nach ihm darin

gerade nicht die Ermächtigung des Pontifex maximus - das Gegenteil ist ja

der Fall -, sondern eine Reaktion auf einen Mangel an Kandidatinnen.

97

Im Falle des Flamen Dialis wird in der Forschung eine Geltung des

Rechtes zur »Ergreifung«

  captio)

  auch für die beiden anderen Flamines

maiores,

 den Martialis und den Quirinalis,

98

 oder gar - »unbedenklich« -

für alle Flamines angenommen.

99

 Aber auch das widerspricht der Haupt

quelle Gellius, der zwar vom Gebrauch des Begriffes  capere beziehungs

weise der Passivform

 capi

 in bezug auf den Flamen Dialis und nur diesen)

sowie die Augures und Pontif ices berichtet, aber auf

 die

 explizite Kritik an

diesem Sprachgebrauch von antiquarischer Seite verweist.

100

 Allein in der

95

  MOMMSEN  1887

1102-1113;

 SCHEID  1990

201-214.

96

  Gell. 1 12 11. Die Belege bei  WISSOWA  1912 510.

97

 Gell. 1 12 11-12:  Sed Papiam legem mvenimus, qua caveretur, ut pontißcis

maximi arbitrato virgines e populo viginti legantur sortitioque in contione ex eo

numero fiat et

y

  cuius virginis ducta  erit ut eam ponüfex maximus capiat eaque

Vestae fiat.  12) sed ea sortitio ex lege Papia non necessaria nunc videri  solet. nam si

quis honesto loco natus adeat pontificem maximum atque ofjerat ad sacerdotium

filiam suam, cuius dumtaxat salvis reügionum observationibus ratio haberi  possit

gratia Papiae legis per senatum fit.

98

  So MOMMSEN 1887 1113.

9 9

  WISSOWA 1912 510 Anm. 3;

  ähnlich

 SCHEID 1990 213.

100

  Gell.

  l 12 15f.

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Kaiserliche Religiönspolitik

149

Erzählung von der Konfrontation zwischen dem plebeischen Pontifex

maximus P. Licinius Crassus und dem Patrizier C. Valerius Flaccus, der

Flamen Dialis werden soll,

101

  erscheint der Oberpontifex als autonom

Agierender; die weiteren Quellen, die den Flamen Dialis oder Rex sacro-

rum betreffen, lassen gerade ein kompliziertes Wahlverfahren, in das das

Pontifikalkollegium eingebunden war, erkennen.

102

Faßt man das zusammen, kommt man zu dem Ergebnis, daß sich selbst

theoretisch das Recht des Oberpontifex zur autonomen Nachfolgerbe

stimmung auf die Vestalischen Jungfrauen beschränkte, ein in historischer

Zeit faktisch nicht ausgeübtes Recht, das keinerlei Basis zur Postulierung

weitreichender Ernennungsrechte für andere Priester liefert. In diesem

Punkt ist

  MO MMS E NS

  Ausdehnung auf die Salier, Pontif ices minores und

verschiedene latinische Priesterschaften

103

  zu bestreiten.

In bezug auf die großen, politisch in der Republik zentralen Priester

schaften formuliert  MARTHA HOFFMAN LEVIS  eine andere

  communis opinio:

»I believe that, in order to give the appearance of free elecrions, Augustus al-

lowed the priests to continue the republican practice of nominating candidates

for the tribes to elect. But since both he and later emperors, as members of all

four Colleges, could make nominarions, it is obvious that the new elected priests

met with their approval, and that the actual method of elecrion had litde im-

portance.«

104

In der weiteren Argumentation der verdienstvollen prosopographischen

Untersuchung für die Julisch-Claudische Zeit ist der Kaiser das logische

Subjekt - verfahrensrechtliche Feinheiten spielen keine Rolle mehr. Auch

gegenüber dieser Position gilt es, die begonnene Differenzierung fortzu

setzen. So ist zunächst festzuhalten, daß das gesamte Wahlverfahren sicher

nur die Ponrifices und Auguren betroffen hatte; die Ausdehnung auf die

Quindecimviri sacris f aciundis und die Septemviri epulonum, also auf alle

kaiserzeitlichen

  amplissima collegia,

  ist möglich, aber nicht belegt. Inner

halb dieses Kreises konzentrierten sich die Kooptationen von Mitgliedern

des Kaiserhauses und präsumptiven Nachfolgern ganz auf die beiden erst

genannten Kollegien.

Als Verfahren für diese Kollegien hat   S CH E ID   folgenden Ablauf wahr

scheinlich gemacht: Wohl vor dem Senat

105

  wurden unter der eidlichen

Erklärung, die Kandidaten seien der Priesterschaften würdig, die   nomi-

101

  Liv. 27,8.

102

 Liv. 40,42; Tac. ann. 4,16.

10 J

  MOMMSEN 1887, 1113.

104

  HOFFMAN LEWIS 1955,16.

10 5

  SCHEID 1990, 208, Anm. 43.

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Kaiserliche Reügionspoliuk

5

stellen. Wie die Arvalakten zeigen, konnte der Kaiser - ähnlich wie ein

abwesender Magister

114

  - eine »Briefwahl« vornehmen, das heißt, sein ei

genes Votum -

  mea sententia coopto

  - zustellen. Das Verfahren ist mehr

mals,

  in besonderer Ausführlichkeit unter Hadrian beschrieben worden.

So heißt es für den 25. Februar 118 n. Chr.:

Isdem co(n)s(ulibus) {ante diem quartum) k(alendas) Mart(ias)

in

 pronao

 aedis

 Concordiae

 habita

 sollemni precfationej

per M. Valerium Trebicium D[ec]ianum  mag istrum) in locum [PJ

Metili Nepotis L Iulium Catum ex

 Utteris Imp(eratoris) C[aesaris]

Traiani Hadriani Augusti fratrem  arualeni

cooptauerunt  et ad safcrja uocauerunt ibique tabulae

apertafe

 sijgno

 [signatae, quodj exprimit kaput Augusti,

[in quibus] scriptum firit:] Impferator) Caesar Traianus

[Hadrianus] Augfustus) fra[tribus arualjibus collegis

  suis

[salutem. In

  locum

  P.

 MeJ6U Nepotis

 col-

{legajm nobis med sentenftia coopto  L] Iulium Catum.

[Adjfuerunt in

 collegiö

 M.-

 Vfalerius Trebßcius

 Decianus

magfister),

 TL Julius Candidus Caecfilius Simplex,]  TL IulfiusJ

Candidus, TL Iulius

 Alexander

 [Iulianus, L. lulijus

Catus.™

Dieses Votum wurde zu Beginn des Wahlverfahrens verlesen und dürfte

wohl unwidersprochen geblieben sein; selbstverständlich dokumentieren

die inschrifdichen  commentarii  der Arvalen immer eine damit überein

stimmende Kooptation. Angesichts der schwankenden Ausführlichkeit

der

 acta

  verbietet sich eine statistische Auswertung; die Pliniusbriefe spre

chen für eine nur gelegentliche kaiserliche Stimmabgabe. Unklar bleibt

aber auch in diesen Fällen die eigentliche Triebfeder hinter dem Votum:

Zwar hätte der Kaiser mit einem solchen Verfahren Kandidaten gegen den

Mehrheitswillen des Kollegiums durchsetzen können  -  gerade die Form

der Stimmabgabe ließ einen schriftlichen Widerspruch nicht zu, Abwesen

heit erhöhte »die Chance, Gehorsam zu finden« -, aber das kaiserliche

Mit stimm en k önn te auch auf Betreiben vo n M itgliedern des K ollegiums,

ihren Kandidaten durchzusetzen, zurückgehen.

Dio dehnt das Ernennungsrecht auch auf solche Kollegien aus, in denen

der Kaiser nicht Mitglied war. Die Nichtmitgliedschaft des Kaisers trifft

für die meisten K ollegien zu; jenseits der Pontifices un d Au guren ist eine

Mitgliedschaft nur beim Vorliegen expliziter Zeugnisse anzunehmen, für

die Arvalen ist die Mitgliedschaft des Kaisers wahrscheinlich, für die So

dales Augustales durch supernumeräre Dekurien gelegentlich bezeugt. Die

"* AA IS^-S

e b B r iC £ C i ne S P r 0 m a s i s t e r s b e i d e r

  Bestallung eines pubS cus.

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Kaiserliche Religionspolitik 153

sprechung der priesterl ichen zu den magistrat ischen Mustern, wenn er-

stere au ch viel m ehr Variabilität - bed ingt du rch die insgesamt viel kleinere

Anzahl von Posit ionen und deren lebenslange Besetzung - bieten.

Die hier vorgelegte Untersuchung legt aber nahe, eine weitergehende

Antwort zu formulieren und zu diesem Zweck auf die Ausgangsfrage nach

den kaiser l ichen Gestal tungsspiel räumen zurückzukommen. Diese Aus

gangsfrage muß angesichts der begrenzten Handlungsmöglichkeiten und

des noch viel begrenzteren Handlungswillens des Ponrifex maxhnus um

formuliert w erd en : Welchen Beitrag leisteten die Priesterschaften zu r E n t

lastung kaiserl icher Entscheidungen?

Unter dieser Perspektive erscheinen die Kollegien auf allen Ebenen als

Mechanismen einer Eli tebildung innerhalb der jeweils eigenen sozialen

Gruppe, sei es als Empfehlung von Kandidaten für einen weiteren

  Auf

stieg, sei es als Bestätigung und Überhöhung des durch die magistratische

Karriere längst erworbenen Prest iges. Das galt für den schon als Quästor

kooptierten Augur ebenso wie für den lat inischen Priester mit bis dahin

lediglich centenaren ritterlichen Positionen. Es waren nicht der Kaiser

oder ein von ihm straff organisiertes Spitzelsystem, die allerorten auf Ta

lentsuche gewesen wären. Es war vielmehr eine Fülle von unverbundenen

Gruppen auf unterschiedl ichen Ebenen sowie konkurr ierenden Gruppen

auf gleichen Ebenen, die ein Bild ihres eigenen Ansehens und ihrer eigenen

Aufgabe entwarfen und sich entsprechend ergänzten. Auch hier hatte der

Kaiser Möglichkeiten direkter Einflußnahme, aber es gibt keinen Beleg

dafür, daß er sie extensiv nutzte.

12 0

  Und selbst dieses Agieren blieb im

Rahmen der vorhandenen Vakanzen; man wird  M O M M S E N  zust immen,

daß die Schaffung supernumerärer Plätze für die Mitglieder der kaiserli

chen Familie gerade auf die Initiative des Senates oder der Kollegien zu

rückgehen dürfte.

12 1

  Auch die Beschränkung auf die Vakanzen darf nicht

unterschätzt werden: Unter den etwa vierzig Kalatoren der Pontifices und

Flamines der Inschriften von 101 und 102 n. Chr.

12 2

  befindet sich der Frei

gelassene des Kaisers Trajan an fünfu ndd reißigster Pos ition; alle vo ran ge -

120

  Vgl. - trotz der kaiserzentrienen Schlußbemerkungen (82) -  SCHAFER  2000,

62-69,

  die die Bandbreite relevanter Patronagebeziehungen für provinziale

  Auf

steiger vorfuhrt.

m

  MOMMSEN

  1887,

  lllOf.

 Vgl. den Kommentar von

  KÖSTEFMANN ZU

 T ac

 arm.

3,19,1:

 Auch hier dürfte es sich um zusätzliche Plätze handeln. Das von Dio 51,20,3

beschriebene kaiserliche Recht zur Schaffung solcher Positionen impliziert gerade

das Recht des Senates (als verleihende Körperschaft) zu diesem Schritt und dürfte,

wie  SCHEID  (1978) plausibel gemacht hat, auch nur so und begrenzt genutzt wor

den sein.

122

  CIL

  6,31034 (102);

 CIL

  6,32445 (101).

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154

Jörg Rüpke

stellten Kalatoren dienten priesterlichen Patronen, die zum Teil schon mehr

als zwei Jahrzehnte im A mt waren; manche der jüngeren Besetzung standen

auch in der fast zwanzigjährigen Regierungszeit nicht zur N eubesetzung an.

Religionspolitik war in dieser Perspektive nicht mehr länger bloßes

Mittel  kaiserlicher Sozialpolitik. Vielmehr erscheint in der hier gewählten

(und notwendig engen) Perspektive der Bereich religiöser Spezialisten als

Qin  Indikator und  Beschleuniger  sozialer Prozesse der Elitenbüdung und

internen gesellschaftlichen Schichtung, die jenen breiten Unterbau lieferte,

auf dem die Herrschaftsform des Prinzipats ihre W irkung entfalten konn

te.  Zentrale Steuerung ist nur die Spitze des Eisberges gesellschaftlicher

Selbstorganisation.

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158

Ruth Stepper

fernde, gottesdienstliche Handlungen verrichtende Kaiser der landläufigen

Vorstellung von einem Priester gerecht Dabei ist der Kontext des Voll

zugs von religiösen Ritualen bei weitem nicht der dominierende Aktions

rahmen. Abhängig von den einzelnen in seiner Person vereinigten Prie-

sterämtern - der Oberpontifikat war zw ar das wich tigste, aber keineswegs

das einzige kaiserliche   sacerdotmm   - fungierte der Kaiser vor allem als

Entscheidungsträger in sakralen und rechtlichen Belangen. Auf dieser

Ebene tritt er uns eindringlich in den antiken Quellen entgegen. Beide

Rollen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, gehören nach römischem

Verständnis jedoch eng zusammen. Sie machen das Bild eines   sacerdos

pMicus  vollständig.

Welche Priestertümer der Kaiser im einzelnen bekleidete, gibt Augustus

in seinen  Res Gestae  an: Pontifex maximus, augur, XV virum sacris faci-

undi% VII virum epulonum

y

  frater arvalis, sodalis T itius, feüalis fui?  Die

hier aufgelisteten priesterlichen Funktionen hat Augustus sukzessive er

worben und zum Standard für die ihm nachfolgenden römischen Kaiser

gemacht. Darüber hinaus kamen in der Folgezeit Mitgliedschaften in den

Sodalitäten für divinisierte Vorgänger hinzu.

3

  Entscheidend ist die Ku

mulation all dieser Priesterwürden. Der römische Kaiser war damit Prie

ster für unterschiedliche Kultbereiche. Er hat alle staatlich maßgeblichen

Kulte im römischen Reich mittels seiner   sacerdotia  repräsentiert. Kein an-

derer Römer neben ihm war Mitglied in so vielen bedeutsamen Priester

kollegien und dies in führender Position. Lediglich der zum Caesar er

hobene Nachfolger konnte seit Nero in der Regel ähnlich viele Priester

würden aufweisen. Doch einen entscheidenden Unterschied gab es, den

Oberpontifikat.  Pontifex maximus  konnte nur der römische Kaiser sein.

Eine Doppelbesetzung der höchsten sakralen Würde wurde erst dann ein

geführt, als es zw ei gleichberechtigte August i gab 238 n. Chr.). D er O be r

pontifikat ist demnach sowohl ein Distinktivum als auch die in der Kai

sertitulatur faßbare Formel für das kaiserliche Priestertum schlechthin.

4

In der Forschun g gibt es unterschiedliche M einungen hinsichtlich K om

petenz und Bedeutung des Oberpontifikats.  BLEICKXN hat die seit  MOMM

SEN  behaupteten magistratischen Befugnisse  des pontifex maximus  als dem

diktionell ausgerichtet gewesen sein, als die von Priestern ohne Probleme möglich

und angebracht.

2

R G 7 .

3

  Im einzelnen waren dies die

  sodales Augustales, CLzu diales, Flaviales, Had ria-

nales

 und

  Antoniräani.

4

  Von allen Priesterwürden des römischen princeps hat nur der Oberpontifikat

Aufnahme in die Kaiserntulatur gefunden» vgl.  PEKRET  1929, 48.

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Der Kaiser als Priester

159

römischen Staatsrecht zuwiderlaufend zu Recht zurückgewiesen und ihm

jede beamtengleiche Gewalt abgesprochen.

5

  Demnach konnte ein

  pontifex

maximus

  hinsichtlich seiner Befugnisse schwerlich in Konkurrenz zu ei

nem hoh en römischen Magistrat treten.

6

  BLEICKENS

 Ablehnung dieser Per

spektive ist für die Zeit der römischen Republik berechtigt. In der Kai

serzeit jedoch muß dem Versitzenden des Pontifikalkollegiums, dem Kai

ser, eine andere Position eingeräumt werden. Auch wenn sich formalrecht

lich kaum etwas an dem Amt des

  ponüfex maximus

  geändert hat, muß

man seinem kaiserlichen Inhaber eine andere Autorität zusprechen als dem

republikanischen Vorgänger.

Die sehr zügig unter Augustus erfolgende Integration des höchsten

Priesteramtes in die kaiserliche Titulatur ließ in der Forschung Zweifel

daran aufkommen, ob mit diesem Amt noch konkrete Befugnisse verbun

den gewesen seien/ gerade so, als würde der titulare Rang des Oberpon-

tifikats die Wahrnehmung priesterlicher Aufgaben ausschließen. Es steht

jedoch außer Frage, daß dem Amt des

  ponüfex maximus

  bis zu seiner

endgültigen Zurückweisung durch Gratian und Theodosius spezifische

Rechte und Pflichten erhalten blieben.

8

  Irreführend ist es, den Oberpon-

tifikat lediglich als funktionslose Hülse des römischen Kaisertums zu be

greifen.

9

5

  BLEICHEN  1957,  346ff.  In der Tradition MOMMSENS stehen J. MARQUARDT  und

G.  WISSOWA.

 Eine von

 BLEICHEN

 abweichende Position hat

 CALONOE  1968, der

  im

Oberpontifikat eine Mischform aus Magistratur und sacerdotium  sieht. Nach

 CA-

LONOE

 ist der pontifex maximus

 im

 Besitz verschiedener magistratischer Befugnisse

Recht zur coercitio, iurisdictio,

  ins edicendi ins

 agendi

 cum

 populo für die comitia

acriata

 und in bestimmten Fällen für die

 comiüa

  tributa).

6

  Besonderes Gewicht erlangte der Oberpontifikat, wenn sein Inhaber gleich

zeitig eine hohe Magistratur bekleidete.

7

  PABST

  1997, 176 stellt etwas erstaunt fest, »daß dem Amt Aufgaben erhalten

bleiben«.

8

 Dies machte es auch schließlich unumgänglich, den Oberpontifikat doppelt zu

besetzen, als es zwei gleichberechtigt herrschende Augusti im römischen Reich gab.

Unter Pupienus und Balbinus geschah dies zum ersten Mal. Die Existenz zweier

pontifices maximi wertet

 PABST

 1997, 176 als »contradictio in adiecto«. Da

 man

  den

Oberpontifikat jedoch funktional zu begreifen hat, würde die Weigerung, die Be

setzung

 des

  Oberpontifikats an die Zahl gleichberechtigt herrschender Augusti an

zupassen, dem Verständnis des römischen Kaisertums zuwiderlaufen. Es ist dem

nach folgerichtig, wenn es so

 viele

 pontifices

 m aximi wie

 Kaiser gab.

9

 Diesen Versuch unternimmt

  PABST

 1997, 177: »Die Qualität

 des

 ponüfex ma-

ximus, die dem Kaiser qua Kaiser seit dem

 3. Jh.

 selbstredend eignet, fordert nicht

essentiell, daß er als solcher tätig wird.«

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160

Ruth Stepper

Der U m gan g m it dem Oberpontifikat zeigt, daß er für Interpretationen

einen breiten Raum bot. Zu Zwecken der Selbstdarstellung war er bisher

noch gar nicht benutzt worden.

10

  Amt und Titel konnten aufgrund ihrer

Verankerung  in. der religiösen Tradition der Röm er einen charismatischen

Wert zugesprochen bekommen.

11

  Dieses Potential hat Caesar als erster

genutzt, um seiner Person eine besondere Weihe zu verleihen.

12

 Während

R o s s

  TAYLOR

  den Oberpontifikat als eine Qualifikation für »divine ruler-

ship« ansieht,

15

 wendet

  TA£GER

 dagegen ein, daß man damit die Bedeutung

der charismatischen Elemente dieses Priestertums überschätzen würde, wo

doch das Augenmerk auf dessen politischer und gesellschaftlicher Seite

liegen müsse.

14

  Ein gleichlautendes Urteil fällt dieser über den Oberpon

tifikat des. Augustus

15

  sowie über die Bedeutung der vier

  amplissima col-

legia  in der ausgehenden Republik.

16

  Die historische Praxis, ablesbar vor

allem an Münzen und Inschriften, gibt jedoch Ross

  TAYLOR

  recht. Au

ßerdem darf man nicht vergessen, daß die

 pontifices

  - und allen voran der

pontifex maximus  - bei den zahlreichen regelmäßigen Kulthandlungen in

Rom eine bedeutende Rolle spielten und in eindrucksvoller Weise wahr

nehmbar waren

1 7

  Art, Kontext und Häufigkeit seiner Präsenz in der Öf

fentlichkeit sind für das Ansehen und den Stellenwert eines Priesters von

zentraler Bedeutung- Daraus läßt sich schließen, daß nicht allein politische

Zwecke, sondern auch charismatisch intexpretierbare Rollenzuweisungen

die Bedeutung des Oberpontifikats ungeheuer steigerten, noch bevor ihn

die Kaiser monopolisierten.

Die exklusive Zugehörigkeit des Kaisers zu den vier höchsten römi

schen Priesterkollegien un d die Mono polisierung des Oberponrifikats, der

fortwährend seit Augustus in der Kaisertitulatur geführt wurde, legen na

he,  daß die Position des Kaisers als Priester von eminenter Bedeutung für

10

  DEININGER 1972, 991.

11

 Bei einem Blick in Ovids Fasti findet man Hinweise, wie der Oberpontifikat

seinen Inhaber Augustus dem Göttlichen näherbringt, vgl. Ov. fast. 3, 415-428; 4,

949-954.

12

 Dazu

  STEPPER

 1999, 174-177.

13

 Ross

  TAYLOR

  1931, 59f. Auch

  BERLINGER

  1935, 73 gestützt auf

  LINK

 1910,

55ff.) sieht einen Grund für die Heiligkeit des römischen Kaisers in seinem Amt als

pontifex maximtcs:

 »Der Kaiser war das heilige Oberhaupt der römischen Reichs

kirche. Da die Priester sancti  sind, waren es auch die römischen Kaiser in ihrem

Pries teramte.«

14

  TAEGER 1960, 59 Anm. 42.

15

  TAEGER 1960, 123f.

16

  TAEGER 1960, 113t

17

 VgL etwa Hör. carm. 3, 30, 7ff. .

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Der Kaiser als Priester

161

die Definition des Kaisertums war. Um so mehr mag es auf den ersten

Blick verwundern, daß, wie

  ALFÖ LDI

  bemerkt, »die priesterlichen Oblie

genh eiten des Kaisers politisc h nicht so folgenschwer [waren], daß sie der

Kaisertracht eine eigene Note aufprägen hätten können. Auch die sakralen

Gerätschaften der großen Priesterkollegien waren, von Privaten ständig

gehandhabt, wenig dazu geeignet, zu Abzeichen der Herrschaft zu wer

den.«

18

  Welche Erklärung gibt es dafür? Hinsichtlich der Kleidung ist zu

bedenken, daß der Kaiser, wenn er als pontifex maximus  in Erscheinung

trat, kein besonderes Gewand trug- Die traditionelle Kleidung des höch

sten römischen Priesters war die   toga praetexta}

9

  A m Gew and ließ sich

der Oberpontifikat nicht festmachen. Daher war es auch kaum geeignet,

zeichenhafte Bedeutung zu erlangen. Anders verhält es sich mit den em

blemartigen Priestergeräten  simpulum , Utuus, tripus  und patera.  Insbeson

dere auf Münzen läßt sich seit der späten römischen Republik in ihrer

isolierten Darstellung die Entwicklung zu einer zeichenhaften Verwen

dung dieser Geräte nachweisen.

20

 Ein wichtiger Grund, warum jedoch kei

nes dieser Geräte eine konstant dominante Rolle in der Versinnbildlichung

der kaiserlichen Priesterwürde spielte, dürfte darin zu finden sein, daß sich

die stabile Komposition aller vier Geräte als Abbild der   quattuor amplis-

sima collegia  durchgesetzt hat, in denen der Kaiser viele andere Kollegen

neben sich hatte. Einzig und allein der Obeipontifikat war exklusiv ihm

vorbehalten. Doch dafür hat sich kein eindeutiges Emblem etabliert.

21

Letztlich liegt die fehlende Ausbildung einer speziellen Tracht oder Insi-

gnie für das kaiserliche Priestertum darin begründet, daß es in der antiken

Welt nicht die uns geläufige Trennung von Herrschertum und Priestertum

gegeben hat.

18

  ALFÖLDI

  2

1977, 142. Er weist darauf hin, daß der Krummstab der Auguren

gewissermaßen eine Ausnahme darstellt, jedoch auch nur für eine bestimmte Zeit.

Vo n Sulla bis Augu stus spielen Augurat und   lituus  eine prominente Rolle, was sich

auf Münzen und in der bildenden Kunst niedergeschlagen hat. Schon bald aber

büßt der Krummstab seine üisignienhafte Bedeutung ein und reiht sich wieder

unter die anderen Priestergeräte ein,

  ALPÖLDI

  2

1977, 142f.

19

  Mit einem expliziten Hinweis darauf HA Alex. Sev. 40, 9.

20

  Vgl. dazu die gut dokumentierte Studie von  SIEBERT  1999, 117-136. Danach

läßt sich die Schöpfkelle den

 pontifice^

  der Krummstab den Auguren, der Dreifuß

den Quindecimviri und die Öpferschale den Septemviri zuordnen.

21

  SIEBERT  1999, 133 nennt das

  aspergillum

  als Zeichen für die Würde des

  pon

tifex maximtts.  Ebd ., 172 wird jedoch auf eine weitere M öglichkeit verwiesen, w o

nach auch die K ombination v on   lituus und  simpulum  als Amtsabzeichen des  pon

tifex maximus  gelten kann. Daraus ist der Schluß zu ziehen, daß es kein klar de

finierbares und exklusives Emblem für den  pontifex maximus  gab.

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162

Ruth Stepper

Den Obeipontifikat des römischen Kaisers ak stadtrömischen Posten

2 U

  bewerten, der in der Kaisertitulatur »mitgeschleppt* wurde, wird we

der seiner Bedeutung noch seiner Entwicklung gerecht. Aus welchem

Grund sollte ein Amt, das angesichts seiner lokalen Beschränkung für das

Reichsganze von höchstens sekundärer Bedeutung gewesen sein könnte,

so dauerhaft und ohne Unterbrechung in einer Kaisertitulatur propagiert

werden, die durch die übrigen dort aufgeführten Titel und Befugnisse eine

über die Stadt Rom hinausgehende bzw. reichsweite Geltung signalisiere?

Dieses Amt, das zweifellos ein integraler Bestandteil des römischen Kai

sertums war, läßt sich meines Erachtens nur dann adäquat deuten, wenn

man von einer reichsweiten Zuständigkeit ausgeht Wie sollte man außer

dem die in der Spätantike von der Kirche in Gang gesetzte Auseinander

setzung um das kaiserliche Priestertum verstehen, wenn es sich lediglich

um ein stadtrömisches Amt gehandelt haben soll? Die reichsweite Geltung

wird unter Kaiser Julian am signifikantesten erkennbar. Doch Julian kann

diese nicht erst ins Leben gerufen haben, da er unter dem Druck der nun

dominierenden christlichen Kirche auf vorhandene Strukturen zurückge

griffen hat und diese nicht erst schaffen konnte- Neu ist seine Interpreta

tion des Oberpontifikats, den er zu einer Waffe im Kampf für den alten

Glauben und gegen das Christentum umfunktionierte-

Wahrend in der römischen Republik die einzelnen Kollegien weitge

hend nebeneinander bestanden, ohne in ihrer Gesamtheit bei öffentlichen

Auftritten zum Zwecke gemeinsamer Handlungen präsent zu sein, änderte

sich dies an deren Ende grundlegend.

22

  Durch die Einbindung der staat

lichen Priester Roms in den Dienst des neuen Systems seit Augustus wer

den diese als Gesamtheit wahrnehmbar. Bei Prozessionen und Opfern tre

ten sie nun gemeinsam

 auf.

23

  Die Trennung ihrer unterschiedlichen Funk

tionen oder Zuständigkeiten verliert an Bedeutung, da sie in der Person

des

 prineeps

  einen gemeinsamen Träger gefunden haben. De r sich bildende

Prinzipat geht mit einer Vereinheitlichung und Hierarchisierung religiöser

Institutionen einher. Erst ab dem dritten Jahrhundert zeichnet sich eine

Wende ab. Während in der Phase der Soldatenkaiser die Erhebung des

Thronnacbfolgers zum Caesar mit dessen Aufnahme in die  quattuor am-

  plissima collegia verbunden bleibt,

24

  was sich anhand von Münzemissionen

22

  Dazu

 RÜPKE 2001,

 231.

23

 Anschauliches Beispiel sind die Friese der Ära aris A ugustae.

4

 N och Carus 282-283) setzt diese Tradition bei der Caesaxenernennung seiner

beiden Sohne Carinus und Numerianus fort Auch Terricus I. 271-274) und dessen

Sohn Terricus IL, die Vertreter des Gallischen Sonderreiches, propagieren die Zu

gehörigkeit zu den qxattuor amplissima collegia, obgleich mit ziemlicher Sicherheit

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Der Kaiser als Priester

163

mit der Darstellung standardisierter Priestergeräte nachweisen läßt, ändert

sich dies mit der Regierungsübernahme Diokletians. Von nun an vermißt

man die in Form der Priestergeräte symbolisierten Hinweise auf die  Auf-

nahme der

  Caesares

  in die angesehensten Priesterkollegien Roms. Unver

zichtbar hingegen bleibt der Oberpontifikat, auch wenn er unter den

Tetrarchen nicht besonders betont propagiert wird-

25

  Bei dem Versuch ei

ner heidnischen Restauration unter Kaiser Julian spielen die einzelnen rö

mischen  sacerdotia  keine Rolle mehr. Er berufe sich bei seinen Erneue

rungsversuchen des alten Götterglaubens ausschließlich auf den Oberpon

tifikat, auch wenn seine Auffassung von diesem Amt nicht sehr viel mit

dem traditionellen Aufgabenbereich eines  pontifex maximvts  zu tun hat.

Julians Ideologisierung des Obeip on tif ikats im Widerstreit mit de m C hr i

stentum hat schließlich den Ausschlag gegeben, warum Gratian als christ

l icher Kaiser dieses Amt zurückgewiesen hat, ja zurückweisen mußte. Ju

lian hatte mit dem Oberpontif ikat ein persönliches Glaubensbekenntnis

verbunden. Aus dem höchsten kaiserlichen Priesteramt wurde so eine Be

kenntnisfalle- N u n erst u n d nicht seit der konstantinisch en W ende stell te

sich zwangsläufig die Frage, ob es einem christlichen Kaiser erlaubt  sei,

das Amt des  pontifex maximus  zu besorgen. Die Antwort war ein ent

schiedenes Nein.

26

Doch welche Aufgaben hatte der Kaiser als

 pontifex maximus

  zu erfül

len? Gab es bevorzugte oder auffallend wichtige Bereiche, in denen er als

höchster Priester Roms ein besonderes Engagement zeigte oder zeigen

konnte? Lassen sich individuelle Unterschiede in der Amtsführung bzw.

in dem sich darin widerspiegelnden Selbstverständnis ausmachen? Wenn

im folgenden vo n'best imm ten Sch werpun kten oberpontifikalen Han delns

ausgeschlossen werden kann, daß sie  tatsächlich in die Priesterkollegien aufgenom

men wurden. Tetricus und seine Vorgänger Postumus und Victorinus führen auch

den pontifex  772aximus-Tizd um damit ihren Anspruch auf die Herrschaft über das

gesamte Imperium zu signalisieren, ohne tatsächlich im Besitz dieses Amtes zu sein.

Wollten  sie  als römische Kaiser wahrgenommen werden, war der Oberpontifikat

obligatorisch.

25

  Münzen, die Diokletian und Maximian als pontifices  maximi  ausweisen, sind

nicht sehr häufig- Der

 pontifex maximzcs-Tizel

  findet sich in der Münzprägung für

Diokletian ganz vereinzelt im Zeitraum der Jahre 290-292, für Maximian in einem

ähnlichen Zeitraum (290-293). Die Inschriften hingegen beinhalten, sooft die kai

serlichen Äm ter un d Befugnisse aufgelistet werden, meist auch den Oberponöfikat,

so etwa

  TLS

  615-618 (darunter ein Meilenstein, ansonsten handelt es sich um De-

dikationen aus dem zivilen und militärischen Bereich, darunter die Inschrift eines

Statthalters).

u

  Vgl dazu  STEPPER

 2 2

 (im Druck).

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164

Ruth Stepper

die Rede ist, soll nicht bestritten werden, daß es über die hier getroffene

Auswahl hinaus andere wichtige Entscheidungs- und Tätigkeitsfelder der

römischen Kaiser gab, in denen sie als  pontifices maximi  akt iv wurden.

Doch nicht in allen Bereichen lassen sich die

 principe

als höchste Priester

Roms gleichermaßen gut oder angemessen erfassen. Insbesondere das Dar

bringen von Opfern oder die Beteil igung an der Dedikation von Tempeln

sind so selbstverständlich mit ihrer Rolle als  pontifex maximus  verbun

den,

27

  daß in den Quellen nicht eigens oder lediglich punktuell darauf

eingegangen wird. Andererseits gestatten nicht alle durch Quellen hinrei

chend erschließbaren Bereiche, in denen die Kaiser fortgesetzt Entschei

dungen trafen, aussagekräftige Rückschlüsse auf die kaiserliche Amtsfüh

rung.

28

  Der hier unternommene Versuch einer Schwerpunktbestimmung in

der oberpontifikalen Praxis des Kaisers erscheint hingegen vor allem dann

sinnvoll , wenn sich mögliche Entwicklungslinien, Konstanten oder Brüche

hinsichtlich der Trad ition aufzeigen lassen. V on diesem Th em a läßt sich die

Erörterung der Frage, ob die Autorität bzw. Zuständigkeit des Kaisers als

pontifex maximus  reichsweit Geltung ha tte, nicht trennen- F ü r die Be ur

teilung des kaiserlichen Priesterstatus ist sie zentral und bisher keineswegs

eindeutig beantwortet. Um so wichtiger erscheint es, zur Klärung dieses

Sachverhalts in dem hier vorgestellten Kontext beizutragen.

2.  Regeln und Spie l räume be i der In te rpre ta t ion

der Tabuvorschr i f ten des flamen Dialis

W ähr en d des 1. nach christlichen Jahrh un de rts setz ten sich die Kaiser w ie

derholt mit der Frage nach Regeln und Spielräumen bei der Interpretation

der Tabuvorschriften des

  flamen Dialis

  auseinander.

29

  Der Jupiterpriester

17

 Bei jeder Neugründung eines Tempels mußten die römischen pontißces neue

Kultsatzungen aufstellen, vgl. ROHDE  1936, S. 125.

28

  Eine in den Zuständigkeitsbereich der ponäfices  fallende, überaus bedeutsame

Angelegenheit, die das Erb- und Familienrecht betraf waren die in Form der

  ar~

rogatio  vollzogenen Adoptionen, die eines ponofikalen Gutachtens bedurften. Auf

eine Behandlung der kaiserzeitlichen Praxis in dieser Frage wird hier verzichtet.

Zum Thema Adoption bereitet

  CHRISTIANE KUNST,

 Universität Potsdam, eine um

fassende Untersuchung vor. Ein nicht zu vernachlässigender, in der Forschung

hinreichend erschlossener Bereich war die Personalp olirik innerhalb der Priester-

kollegien, deren Gestaltung dem Kaiser als höchstem Priester durch ein exklusives

Empfehlungsrecht bei der Wiederbesetzung vakanter Priesterstellen vorbehalten

war. Vgl dazu die prosopographischen Studien von  HOFFMAN LETPIS  1955;  SCHEID

1978; SIMO N 1973; H AR KISO N 1974; SCHUMAC HER 1973; SCHUMACHER 1978.

29

 Zu diesem Priestertum vgl. SIMON  1996.

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Der Kaiser als Priester

165

unterstand traditionell der Aufsicht des pontifex maximus.  Augustus sorg

te kurz nach seiner Wahl zum höchsten römischen Priester (6-März 12

v. Chr.)

30

 für die W iederb esetzu ng der Stelle des flamen Dialis  (11 v . Ch r.),

nac hd em dieses Am t-seit dem Tod des L. Co rnelius Merula (87 v. C hr.)

unbesetzt geblieben war.

31

  Augustus ernannte Servius Cornelius Lentulus

Maluginensis,  consul suffectus  des Jahres 10 n. Chr., der sich jedoch nicht

allein mit seinem angesehenen Priesteramt zufrieden geben wollte. Als

Consular hatte Servius Maluginensis Aussicht auf die Verwaltung der Pro

vinz Asia und versuchte beim Nachfolger des Augustus, Tiberius, eine

Lockerung seiner Amtsbeschränkungen, die ihm eine längere Abwesenheit

von Italien verboten, zu erreichen (22 n- Ch r.) . Tib erius untersag te dem

Antragsteller jedoch die angestrebte Übernahme einer Provinzverwal

tung.

32

  Das Amt des

 flamen Dialis

  verwehrte auch weiterhin seinem In

haber eine aussichtsreiche politische Karriere, im Gegensatz zu den an

deren flamines maiores? Schon kurze Zeit später, nach dem Tod des Ser

vius Maluginensis, m uß te Tiberius aber einräum en, welcher akute Reform

bedarf für den Posten  dtsflamen Dialis  bestand.

34

  Im Jahre 23 wurde über

einen Gesetzesvorschlag beraten, der dem Kandidatenmangel bei der Be

stimmung des Jupiterpriesters abhelfen sollte. Bemerkenswert an dieser

Beratung ist , daß Tiberius Gründe für die drastische Abnahme von Kan

didaten zur Sprache bringt. Der Kreis möglicher Bewerber sei bereits da

durch erheblich beschränkt, weil die ftir den flamen Dialis  obligatorische

Eheschließung in Form der confarreatio  nur noch selten praktiziert würde.

Außerdem bringe dieses Priestertum für seinen Inhaber und dessen Frau,

die an den priesterlichen Aufgaben Anteil Habe, einen veränderten Rechts

status mit sich, da der Jupiterpriester aus der väterlichen Gewalt in die des

pondfex maximus

  überwechsle. Darin lagen für Tiberius die wichtigsten

30

 RG 10.

31

  SCHEID  1999,14 widerspricht der von WISSOWA

 2

1912, 71 vertretenen Ansicht,

daß die so lange Zeit unterlassene W iederbesetzung des Jupiterpriestertum s auf die

Schwierigkeit zurückzuführen sei, geeignete Kandidaten ausfindig zu machen.

Scheid nimmt an, daß Augustus durch seinen konkurrenzlosen Einfluß auf das

Ponüßkalkollegium und den Senat die einer captio  vorausgehende  nominatio von

drei Kandidaten verhinderte, um dem mit ihm verfeindeten, jedoch als   pondfex

maximus

 bis 13 v. Chr . amtierenden Lepidus keine Gelegenheit für öffentliche

 Auf-

tritte zu geben: »Et sans cette nominatio, le grand pontife ne pouvait pas agir.«

32

 Tac. ann. 3, 58 und 3,

 71,

 2 f.

33

 Daraufweist Servius Maluginensis bei seiner Antragsbegründung hin , vgl Tac

ann. 3, 58, 1:

 [.-] neque aliud ms suum quam Martialium Quirznaliumque flami-

num:

 porro,

 si hi duxissent provincia > cur DiaUbus ict vetitum?

34

 Tac. ann. 4, 16.

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166

Ruth Stepper

Hindernisse für einen breiteren Bewerberkreis. Da der Beschluß auf eine

Verbesserung der rechtlichen Stellung der flaminica Dialis  abzielte,

35

  läßt

sich ermessen, daß wohl oft genug die Ehefrauen möglicher Kandidaten

vor dieser Aufgabe zurückschreckten und eine Kandidatur ihrer Männer

für ein Priesteramt, das sie selbst gleichermaßen in die Pflicht nahm, ver

hinderten. Die Bereitschaft zu weitreichenderen Reformen war jedoch ge

ring, was daran erkennbar wird , daß man nichts an den Am tspflichten und

Beschränkungen dieses Priestertums änderte.

3

*

Andererseits wurden durchaus Abweichungen von den Tabuvorschrif

ten des flamen Dicdis  unter Tiberius akzeptiert. Als Caligula im Jahre 39

seinen zweiten Consulat antrat, hinderte er den Jupiterpriester daran, den

Eid abzulegen,

37

  da für diesen Priester die Ableistung eines Eides generell

als

  nefas

  galt.

38

  Tiberius jedoch hatte dies so praktiziert.

39

Unter Domitian tritt der Jupiterpriester noch einmal in den Mittelpunkt

des Interesses. Der  flamen Dialis  konnte sich nicht von seiner Ehefrau

scheiden lassen, da die Ausübung seines Priesteramtes an die kultisch

zwingend notwendige eheliche Gemeinschaft mit der flaminica Dialis  ge

bunden war. Domitian hat dieses Verbot nicht aufgehoben, die Scheidung

nach einer entsprechenden Anfrage in einem konkreten Fall jedoch ge

stattet.

40

 Der Akt der Scheidung wurde unter Anwesenheit der Priester (oi

ispsic;), damit sind wohl die

 pontifices

  gemeint, und Vollzug vieler schau

derhafter und merkwürdiger Riten durchgeführt. Obgleich der Kaiser da

mit eine Abweichung von der gesetzlichen Norm zugelassen hat, wurden

die Vorschriften und Tabus für den Priester des höchsten römischen

Staatsgottes als grundsätzlich unumstößlich betrachtet, so daß Reformen

nahezu ausgeschlossen waren. Bei der von Domitian erlaubten Scheidung

35

 Die Verfügungsgewalt des Jupiterpriesters über seine Frau sollte sich auf die

Verrichtung ihrer priesterlichen Pflichten beschränken. In allen anderen Angele

genheiten sollte

  die

 flaminica  weiterhin der Gewalt ihres Vaters unterstehen. Tac.

ann. 4, 16, 3.

36

 Tac ann, 4, 16, 3: igitxr tractatis reügionibus pladtxm instituto flamimtm  nihil

demutarz

37

  Cass. Dio 59, 13, 1. Zum Thema Kaisereid siehe den in diesem Band abge

druckten Beitrag von H.

  CANCIK.

38

  Gell. 10,1 5, 31; Plut. Quaest Rom. 44; Liv. 31, 50, 7.

39

 Cass. Dio 59,13,1:

 neroc

 5s

  TO-ÜIO

 waxeOaotq

 CCÜGK XÖV

 fxev w o Aio<; iepea

exrötoasv ev i§

  crove piQ

 ojmöaai (i5i<* 70p Kcri töte, c6o7cep iiti  xoö Tißepiou,

xdv öpKOv ercoiofivro) [...].

40

 Plut QuaesL Rom.

 50:

 [...] ö

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 w o Aiöq, [...] ööev ovd

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Der Kaiser als Priester

167

handelt  es  sich  um  e ine Ausnahme  und  nicht  um  eine Aufhebung  der

Regel. Es ist gänzlich un wahrscheinlich daß der geschiedene flamen Dialis

sein Priestertum behalten konnte. Einen Bruch  mit den Vorschriften üb er

das äußere Erscheinungsbild

  des

 Jupi terpr iesters nah m D om it ian

  in Kauf

als

  er

  sich

  bei den von ihm

  gestifteten

  Capitolia,

  Wettkämpfen

  zu

  Ehren

der kapitolinischen Göttertrias in Beg leitung  des  flamen Dialis   zeigte der

jedoch nicht

  in

  seiner üblichen Kleidung son dern

  in

  griechischer

  Auf-

machung

41

  mit  Krone

42

  die mit den  Bildern  des  Kaisers  und der  drei ka-

pitolinischen Gottheiten geschmückt  war erschien.

43

  Dafür mußte  er seine

obligatorische Kopfbedeckung galerus  mit apex,  ablegen die er laut Vor-

schrif t jedoch ununterbrochen  zu  tragen hatte/

4

 Do mit ian  hob dis  pontifex

maxirmts

  diese Regel

  auf und

  ordnete

  sie

  seinem eigenen herrscherlichen

Interesse unter.  Der  Kaiser definierte  die Gültigkeit  von  Vorschrif tea

Was können  die  hier vorgestellten Begebenheiten über  den  Kaiser  als

pontifex maximus  aussagen? Einerseits zeigt sich daß die für das Priester-

tum   des flamen Dialis  als  substantiell anzusehenden Bestimmungen  wie

seine räumliche Bindung  an  Italien oder  die  eheliche Gemeinschaft mit der

flaminica

  seh r stabil wa ren

 und

  sich gegenüber Reformen

  als

  unzugänglich

erwiesen.  Die Praxis  der Vertretung durc h die pontifices   bei  einer fortdau-

ernden Vakanz

die in der

  späten römischen Republik

  zu

  einer festen

  In-

sti tution gedieh war für den  Kaiser  und pontifex maxirrms   nicht akzep-

tabel. Wenn  es einen Jup iterpriester  gab und für  dessen Nachwahl sorgte

der Kaiser dann mußte  er  auch  vor Ort  sein um  seinen Priesterdienst  in

angemessener Weise verrichten  zu  können. Andere Vorschriften die seine

Kle idung oder bes t immte Handlungen

  wie die

  Eidesleistung betrafen

wurden hingegen

1

 keineswegs  als  unumstößl ich betrachtet .  Man  gewinnt

den Eindruck

daß die

  Kaiser Abweichungen

  von der

  Norm gestatteten

w e n n  sie  selbst  die  Nutznießer davon waren.  In  solchen Fällen erscheint

der  flamen Dialis   mitunter  als  willfähriges O bje kt  in der  H a n d  des  Kai-

sers der als pontifex maxirrms   die

  Verfügungsgewalt üb er

  ihn hat.

 Ange -

sichts  der herausragenden Bedeutung Jup i ters  für den  römischen Staat und

41

  Sueton spricht

 von

 Sandalen

 und

  einer griechisch geschnittenen Purpurtoga.

ALFÖLDI

  2

1977

269

 geht

 von

 einem Pallium

 aus.

42

  AUPÖLDI

  2

1977 269  charakterisiert diese Kronen  als  hellenistische Priester-

kränze.

43

 Suet  Dom. 4 4:  Certamini praesedit crepidatus px?pureaque amictus toga

Graecamcoy capite gestans coronam amream  cum  effigie levis ac  Innonis Minervae-

que adsidentibus  Diali sacerdote et collegio Flavialium pari babitu, nisi quod iÜo-

rum coronis  inerat et ipsius  imago*   Zur  Deutung dieser Kronen  als  Büstenkronen

von Agonotheten siehe   RUMSCHEID  2000 9f.

44

  Gell.  10 15 17: sine apice sub divo esse  liptum non  est.

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168

Ruth Stepper

Staatskult kann es nicht ve rw un dern daß der

 flamen Dialis

  in einer be-

sonderen geradezu exklusiven Verbindung zum Kaiser erscheinen sollte.

Viel eindringlicher als in der literarischen Überlieferung läßt sich die

Nähe zwischen Kaiser und

  flamen Dialis

  in der Ikonographie nachweisen.

Ein prominentes Beispiel dafür ist der Südfries der  Ära Pacis Augustae

y

  auf

dem uns der flamen Dialis   wie auch die anderen   flamines maiores {flamen

Martialis

  u n d

  Quirinalis

  sowie der

  flamen Julialis)

  in der unmittelbaren

Nachbarschaft des ersten Mannes Roms begegnen.

45

  Wie stabil diese per-

sonelle Nähe zwischen Kaiser und Priester des höchsten römischen Staats-

gottes war demonstriert ein Relief aus späterer Zeit das Marc Aurel vor

dem Tempel des Jupi ter Capi tolinus nach dem Ende der M arkom annen -

kriege beim Opfer zeigt. Direkt neben ihm im Hintergrund steht der

  fla

men Dialis

  m it galervis und

 apexf

3.  Verfahrensweisen bei der Aufsicht über die Vestal innen

Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld des Kaisers als  pontifex maximus

war die Aufsicht über die Vestalinnen und deren Kultobliegenheiten. Die-

ser Bereich war sehr sensibel und läßt unterschiedliche Ansätze bzw. Ab-

sichten der Kaiser erkennen. Augustus bekannt als Init iator zahlreicher

Reformen zur Wiederbelebung der  religio Romana,  hat sich in versch ie-

dener Weise für die Vestalinnen und deren Priestertum eingesetzt. Um

anhaltende Nachwuchsprobleme bei den Priesterinnen Vestas zu lösen hat

Augustus die Qualifikationsschwelle für Bewerberinnen drastisch herab-

gesetzt. Seit 5 n. Chr. wurden auch die Töchter Freigelassener zugelassen.

47

W enig Sinn für die kultischen Trad itionen bewies er jedoch als er wenige

Jah re vo rhe r etwa eineinhalb M onate nach seiner W ahl zu m  pontifex ma-

ximus,  die traditionell in der  aedes Vestae   aufbewahrten   pignora imperii,

die das W ohl un d die Dau erhaftigkeit des röm ischen Staates verb ürg ten

kurzerhand in die  domus Augusta  auf de n Palatin brach te.

48

Mit seiner späteren oberpontifikalen Fürsorge gegenüber den Vestalin-

nen verträgt sich sein Verhalten während des Bürgerkrieges jedoch ganz

un d gar nicht. O ctav ian scheute sich nicht das bei den Vestalinnen d e-

ponierte Testament seines Gegners Marc Anton gewaltsam in seinen Besitz

45

 Dazu   KOEPPEL  1987.

46

 Siehe  KOEPPEL  1986 9ff. Kar. 25 Abb. 29.

47

  Cass. Dio 55 22 5.

48

  Ov. fast. 3 422

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Der Kaiser

 als

 Priester

169

zu bringen.

49

  Die Priesterinnen der Vesta verweigerten pflichtgemäß die

Herausgabe. Plutarch spricht vom Widerstand der Vestalinnen, als Octa-

vian unter Anwendung von Gewalt in das Heiligtum der Vesta eindrang.

Diesem gravierenden Vergehen gegen das römische Sakralrecht

50

  folgte

eine weitere Straftat, als er das Dokument aus dem Vestaheiligtum raubte.

Eines dritten Vergehens machte er sich mit der Veröffentlichung des Te

staments angesichts des noch lebenden Testators schuldig.

51

  In einer neu

eren Untersuchung wird unter Hinweis auf die Aussagen der fasti  Ovids

die These aufgestellt, daß Octavian das strenge KeuschJbteitsgebot der Ve

stalinnen verletzt hätte.

52

  Damit sind sexuelle Übergriffe Octavians auf die

Priesterinnen Vestas gemeint, die sich anhand der Quellen jedoch nicht

belegen lassen. Auch wenn man dieser These eine gewisse Logik nicht

absprechen kann, muß man sich dennoch fragen, aus welchem Grund

Octavian sich an den Vestalinnen vergangen haben soll. Die nachweisbaren

Vergehen Octavians im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Te

staments seines Rivalen hatten handfeste, politisch kalkulierte Gründe.

Welchen Vorteil jedoch hätte ihm der von

  K O K TEN

  angenommene Inzest

gebracht?

Keines seiner Verbrechen im Zusammenhang mit der gesetzeswidrigen

Veröffentlichung des fremden Testaments wurde strafrechtlich verfolgt, da

der dafür zuständige  pontifex maximus  Lepidus, der für den Schutz der

Vestalinnen verantwortlich war, in der Verbannung lebte und folglich

nicht eingreifen konnte. Seine Kollegen, die das in seiner Vertretung hätten

veranlassen müssen, unterließen dies entweder aus Gründen der Selbster

haltung oder sahen als Parteigänger Octavians, der selbst seit 48 v. Chr. zu

den   pontifices  zählte, darüber hinweg. Wir wissen, daß Octavian beim

öffentlichen Verlesen des geraubten Testaments bei den meisten Senatoren

Mißfallen erntete,

53

  geahndet jedoch wurde es nicht.

Die gesamte Kaiserzeit hindurch ist erkennbar, daß insbesondere die

Aufsicht über die Vestalinnen ein in verschiedener Hinsicht heikles Thema

war. Wie Augustus bemühte sich auch Tiberius darum, den Dienst einer

49

 Plut. Arn. 58, 3; Cass. Dio 50, 3, 4.

50

 Die böswillige Schändung des Vestatempels durch das Eindringen eines Man

nes bedeutete eine Stöi-ung

 der

 öffentlichen Ordnung

 und

 verlangte eine strafrecht

liche Verfolgung. Zu diesem Delikt vgl. Ov. fast. 6, 450-452; Lact. inst. 3, 20, 3-4;

Serv. Aen. 9, 4, 23-26.

51

 Nach der lex Cornelia defalsis vom

 Jahre

 81 v. Chr. galt die Veröffentlichung

eines Testaments zu Lebzeiten des Testators als ein Kapitalverbrechen, Dig. 48, 1,

1-2 sowie 48, 10, 1-2 und 5.

52

  KÖRTEN

  1992,

 66ff.

5>

 Plut. Aat. 58, 3-4.

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170

Ruth Stepper

Vestapriesterin attraktiver zu machen. Sueton überliefert, daß er den Ve-

stalinnen testamentarisch ein Legat ausgesetzt habe.*

4

  Als im Jahre 19

n. Chr. zwei Väter ihre Töchter für den Vestadienst anboten, entschädigte

Tiberius die abgewiesene Kandidatin mit einer größeren Geldsumme.

55

Ähnlich belohnte er die Vestalin Cornelia im Jahre 23 für ihren Eintritt in

die Priesterschaft der  virgines Vestae.

56

 Die Besetzung vakanter Stellen, die

der pontif ex maxim us  in Form der  captio  vorzunehmen hatte, wird uns für

mehrere Kaiser überliefert.

57

Zur Ausübung der patria potestas  gegenüber den Vestalinnen gehölte

auch die Bestrafung einer Vestalin, die gegen ihr Keuschheitsgelübde ver

stoßen hat. Aber selten zeigten die Kaiser so viel Eifer wie Domitian, der

in zw ei G erichtsverfahren 83 un d 90 n. Chr.) vier Vestalinnen , darunter

die   vestalis maxima

y

  mit dem Tode bestrafte.

58

  Wie wir von Sueton erfah

ren,  sind weder Vespasian noch Titus, obgleich ihnen diese Fälle bekannt

waren, dagegen vorgegangen.

59

  Domitian hingegen erwarb sich mit seinem

hartnäckigen Vorgehen den Ruf eines strengen Sittenwächters. Nachdem

die Obervestalin bei dem ersten Verfahren 83 n. Chr. freigesprochen wor

den war, wurde einige Jahre später ein zweites Verfahren angestrengt, das

mit ihrer Verurteilung endete. Sie wurde daraufhin lebendig begraben.

Auch die mitangeklagten und überführten Verführer wurden mit dem

Tode bestraft. Lediglich ein Verdächtiger, dessen Schuld nicht nachgewie

sen werden konnte, kam mit seinem Leben davon. Er wurde in die Ver

bannung geschickt.

60

  Zum Vorgehen Domitians ist zu sagen, daß die Hin

richtung einer unkeuschen Vestalin rechtlich m öglich war. A llerdings war

diese Praxis bereits in den Zeiten der römischen Republik außer Gebrauch

gekommen. Was jedoch die Zeitgenossen an der Vorgehensweise Domiti

ans besonders störte, war eine Reihe von Verfahrensfehlern, die sich ein

ebenso streng wie korrekt verfahrender  pontif ex maximus  nicht leisten

durfte. So sah er von einer Vorladung der angeklagten Obervestalin Cor

nelia ab, die damit keine Gelegenheit hatte, sich zu verteidigen und even

tuell einen Freispruch zu erwirken. Dies wog um so schwerer, als sich der

M

 Suet. Tib. 76.

55

 Tac. am . 2, 86. .

56

 Tac. ann. 4, 16, 4.

57

  Neben Tiberius auch für Nero, Tac. ann 15, 22, 2, sowie Trajan, Relief in

Terracina mit

 Trajan c pite velato

 und einem Mädchen, an dem er gerade die

  c ptio

vollzieht

vgl.  SIMON  1990, 231.

58

 Darüber berichten Suet. Dom. 8 und Plin. episL 4, 11. Zu den Vestalinnen vgl.

STAPLES 1998 und CANCIK-LINDEMAIER 1996.

59

 Suet. Dom. 8,  f.

60

 Suet. Dom. 8, 4.

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Der Kaiser als Priester

171

rechtliche Status einer Vestalin von dem anderer römischer Frauen unter

schied, da sie das Recht besaß, vor Gericht als Zeugin aufzutreten.

61

  A u

ßerdem nahm Domitian keine Rücksicht auf das Meinungsbild im ver

handlungsführenden Pontif ikalkollegium.

62

  Mit der Urteilsvollstreckung

bea uftragte er schließlich seine Ko llegen, um einem öffentlichen A uftritt

angesichts der, wenn wir den Berichterstattern Glauben schenken dürfen,

emotional aufgeladenen Stimmung in Rom zu entgehen: »Sofort wurden

die

 ponüfices

  ausgeschickt, um sie verg raben und töten zu lassen« Plin.

epist. 4, 11, 7). Alle diese Verfahrensfehler na hm D om itia n in Kauf um das

Urteil rasch vollstrecken zu können. Es zeigt sich, daß dieser recht nega

tive Eindruck von Domitian nicht allein dem Zerrbild der darüber berich

tenden Autoren zuzuschreiben ist . Auch Statius, der sich mit mehreren

Gedichten panegyrischen Charakters an Kaiser Domitian hervorgetan hat,

spricht von der auffallenden Wachsamkeit Domitians, um verborgene Ge

fahren aufzudecken.

63

Zu einer weiteren Serie von H inric htu ng en meh rerer Vestalinnen kam es

unter Caracalla

y

  worüber Cassius Dio berichtet .

64

  Die näheren Umstände,

die den Kaiser zur Anwendung seiner

  patria potestas

  gegenüber den

  vir-

gines Vestae

  vera nlaß ten, sind nic ht ganz klar. Offensichtlich gerieten die

Priester innen in den Verdacht, das Keu schh eitsgebo t verletzt z u hab en,

was für einen Fall expressis verbis mitgeteilt wird. Cassius Dio kennt auch

die Namen der beschuldigten Vestalinnen.

65

  Ungewöhnlich an diesen Vor

fällen ist, daß von mitangeklagten Verführern keine Rede ist. Statt dessen

ist Cassius Dio davon überzeugt, daß Caracalla selbst eine der vier Ve

stalinnen geschändet hat.

66

Als Sch änd un g einer Vestapriesterin empfan den die Zeitgeno ssen zw ei

fellos Kaiser Elagabals Hochzeit mit Aquilia Severa, die sogar

  vestalis ma-

xima

  gewesen war.

67

  Auch Cassius Dio ist empört darüber und rügt, daß

Elagabal sich mit diesem Verbrechen gebrüstet habe, wofür er doch auf

dem Forum ausgepeitscht, ins Gefängnis geworfen und hingerichtet hätte

61

 Gell. 7, 7, 2. Tacitus spricht von einer alten Sitte

  vetus mos\

  Vestalinnen auf

dem Forum und vor Gericht zu verhören, vgl Tac. arm. 2, 34, 4.

62

 Davon zeugt der als ohnmächtige Reaktion auf Domitians Vorgehen gedeutete

plötzliche Tod eines pontifex,  Helvius Agrippa, im Sitzungsraum des Senats, vgl.

Cass.

 Dio 67, 3,

 3

2

  Angaben nach der Ausgabe von F

 OSTER

 /

  CAJRY,

 LCL ).

63

 VgL Stat. silv. 1, 1, 35f. und 5, 3,

 178: fach

  explor tor

 opertae.

64

  Cass. Dio 78, 16, 1 - 3 .

65

 Aurelia Severa, Pomponia Rufina, Cannutia Crescentia, die der Vollstreckung

des Urteils durch Selbstmord zuvorkam, und Clodia Laeta.

66

 Cass. Dio 78, 16, 1.

67

  Cass. D io 80, 9, 3.

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172

Ruth Stepper

werden sollen.

68

  Obgleich sich Elagabal bald nur noch als Priester für den

syrischen Sonnengott Elagabal sah

69

 und diesem alles andere unterordnete,

blieb er pontifex maximus  und hatte von Amts wegen die Aufsicht über

die Vestalinnen. Er hat nicht nur aufs gröbste gegen römisches Sakralrecht

verstoßen, als er sich mit der Vestalin verheiratete, da er sich aus dieser

Verbindung göttliche Kinder erhoffte,

70

  sondern auch seine Aufsichts

pflicht ignoriert. Auch wenn Elagabal auf Druck der Öffentlichkeit diese

Ehe wieder - zumindest für einige Zeit - löste,

71

  gab es keine Interventi

onsmöglichkeiten für das Kollegium, einen derartigen Schritt zu verhin

dern oder zu ahnden. Das kaiserzeitliche System mußte auch einen

  pon-

tifex maximus  ertragen, der gegen die Regeln verstieß.

Fübrungslos un d dam it handlungsunfähig wur de die römische Religion,

als es keinen Kaiser mehr gab, der das Amt

 des

 pontifex maximus  ausübte.

Wer sollte dessen traditionelle Rechte und Pflichten ausüben? Symmachus

hatte sich in zwei Briefen darum bemüht, herauszufinden, wer eine des

Inzests überführte Vestalin,

  us

 Alba samt ihrem Verführer ihrer gerechten

Strafe zuzuführen berechtigt ist, um damit dem Urteilsspruch des zustän

digen Kollegiums der pontifices  von Rom zu entsprechen.

72

  Symmachus

war selbst M itglied im röm ischen Pontifikal kollegium und insofern m it

verantwortlich für die Ahndung von Verstößen gegen die sakralen Vor

schriften. Wann genau sich dieser Vorfall ereignete, ist nicht überliefert.

Die betreffenden Briefe stammen jedoch aus der letzten Dekade des vier

ten Jahrhunderts. Zu dieser Zeit war der römische Kaiser bereits nicht

mehr pontifex maximus  und dam it auch nicht länger m it der Aufsicht ü ber

die röm ische R eligion befaßt. Symm achus wandte sic h, auf der Suche nach

einem Ersatz für den nicht mehr zur Verfügung stehenden

  pontifex ma-

ximus

vergeblich an den

 praefectus urbU

  die Urteilsvollstreckung vorzu

nehmen. Ob er mit seinem zweiten Schreiben an den  praefectus praetorio

Italiae

  Erfolg hatte, ist nicht überliefert.

Solange der Kaiser den Oberpontifikat innehatte, kam den Vestaprie-

sterinnen eine außerordentlich große Bedeutung innerhalb des römischen

Kultwesens zu. Nicht nur die Ahndung von Verstößen gegen das Keusch

heitsgelübde, sondern auch das kaiserliche Engagement zur Stärkung die-

68

  Cass. D i o 80 9 4.

69

 Er wurde als

 sacerdos amplissimus

  dei invicti

 solis lagabali

  bezeichnet, vgl.

ILS 9058 Militärdiplom aus dem Jahr 222). In der Münzprägung erscheint er als

summus sacerdos

 Aug. so etwa BMC Emp. V 565, 230-233; 585, 333.

70

  Cass. D i o 80 9 3.

71

  Cass. D io 80, 9, 4 mit dem Verweis, daß er sie später wieder zurückholte.

71

 Symm. epist. 9, 147f.

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Der Kaiser als Priester

173

ses  Priestertums lassen eine besondere Nähe zwischen dem verantwortl i

chen  pontifex maximus  un d den Die nerin nen Vestas, ähnlich wie beim

flamen Dialis

erkennen. In der Öffentlicbkeit wurde sie bei zahlreichen

gemeinsamen Auftr i t ten wahrnehmbar. Anlässe dafür waren nicht nur

Opferhandlungen oder Prozessionen, sondern auch Spiele,, selbst wenn

deren Rah men nicht imm er passend war. So hat N e ro ungeach tet eines seit

Augustus bestehenden Verbots

73

  die Priesterinnen Vestas sogar zu Wett

kämpfen von Athleten eingeladen.

74

  Es wird allerdings auch deutlich, daß

gerade jene Kaiser, denen man sexuelle Ausschweifungen unterstellte, in

Verdacht gerieten, sich obendrein an Vestalinnen vergangen zu haben/

5

Diese Anschuldigungen beruhen nicht unbedingt auf tatsächlichen Vor

fällen, sondern entsprechen häufig auch den in der kaiserzeitlichen Ge

schichtsschreibung greifbaren stereotypen Verhaltensmustern eines

schlechten Kaisers. Die seit Augustus vom Kaiser angestrebte enge Bin

dung der Dienerinnen Vestas an seine Person ist allerdings die Vorausset

zung dafür, daß ihr Schicksal so unauflöslich mit dem seinigen verknüpft

war.

4.

  D ie Kont ro l l e übe r das Begräbn i swesen

Über Personalfragen hinaus hatten die pontifices  auch konkrete kultische

Angelegenheiten zu regeln. Einer ihrer bevorzugten Tätigkeitsbereiche

war das Begräbniswesen, das sie zu beaufsichtigen hatten. Es gibt zabJrei-

che Anhaltspunkte für Reglementierungen in diesem Bereich, die zeigen,

daß man recht sorgfältig und beharrlich auf die Einhaltung der Begräbnis

od er Um bettungsvo rschrif ten achtete.

Neben all täglichen Genehmigungen für die Anlage von Grabstätten, die

kaum das persönliche Interesse des

  pontifex maximns

  gefunden haben

werden, gab es auch Fälle, in denen eine besondere Initiative des Kaisers

gefragt war. So versprac h sich D om itian gew iß eine abschreckende W ir

ku ng von seiner Straf aktion gegen einen Freigelassenen , dessen Grab mal er

niederreißen ließ, als sich herausstellte, daß dafür Steine verwendet wor

den waren, die für den Jupitertempel bestimmt gewesen waren.. Gebeine

und Aschenreste des dort bestatteten Sohnes landeten im Meer.

76

  Obgleich

73

  Laut Suet. Aug. 44, 3 hat Augustus anläßlich der Spiele, die zu Ehren seiner

Übernahme des Oberponrifikats gefeiert wurden, ein Verbot für alle Frauen erlas

sen, den Wertkämpfen der nackt auftretenden Athleten beizuwohnen.

74

 Suet. Nero 12, 4.

75

 So bei Nero, Caracalla und Elagabal.

76

 Suet. Dom. 8, 5.

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174

Ruth Stepper

es sich nicht um einen gewöhnlichen Diebstahl handelte, da das Bauma

terial für den W iederaufbau des Jupitertem pels vorgesehen w ar un d d am it

einem sakralen Zweck diente, erscheint Domitians Vorgehen dennoch

ziemlich hart. Es paßt jedoch zu seiner Haltung, die er, wie wir bereits

gesehen haben, bei der Ausübung seiner Disziplinargewalt gegenüber den

Vestalinnen an den Tag legte.

Aus einer Anfrage des Plinius als Statthalter von Bithynien und Pontus

an Kaiser Trajan geht hervor, daß auch in den Provinzen die Umbettung

von Gebeinen Verstorbener einer Genehmigung bedurfte.

77

  Die Gründe

für ein derartiges Vorhaben konnten verschiedener Natur sein. Plinius gibt

an, daß vor a l lem al tersbedingte oder durch Überschwemmungen verur

sachte Schäden an den Gräbern eine Umbettung erforderlich machten. Da

er jedoch im Zweifel war, ob er eine entsprechende Erlaubnis von sich aus

erteilen könnte, wandte er sich an Trajan und bat ihn in seiner Eigenschaft

als pontifex maximus  um eine verbindliche Auskunft. Im kaiserlichen Re

skript

73

  wurde ihm empfohlen, sich an das Vorbild seiner Amtsvorgänger

zu halten, um je nach Lage des Falls eine Erlaubnis zu erteilen oder zu

verweigern. Trajan begründete diese Vorgehensweise, die Plinius die Ent

scheidung überließ, damit, daß es für die Provinzialen unzumutbar wäre,

sich in solchen Fällen eigens an die römischen

 pontifices

  zu wenden. Es ist

verständlich, daß Trajan bzw. das römische Pontifikalkollegium nicht

selbst die Genehmigungsverfahren von Provinzialen in die Hand nehmen

wollte. Schon aus arbeitsökonomischen Gründen war es geboten, die Ent

scheidungsbefugnis an den jeweiligen Statthalter zu delegieren. Neben den

unmittelbaren Umwelt- oder Witterungseinflüssen gab es aber auch an

dere Gründe, die zu einer Umbettung der sterblichen Überreste Verstor

bener führten. In zwei Grabinschriften wird darauf verwiesen,

79

  daß die

Toten, Freigelassene des Kaiserhauses, fern der Hauptstadt verstorben sind

und bestattet wurden, um später nach Rom überführt zu werden.

80

  Es war

durchaus übl ich, anderswo verstorbene Angehörige der  domus Augusta

nach Rom zu überführen.

81

  Eine entsprechende Genehmigung erteil te der

Kaiser o der das Pontif ikalkollegium in Ro m .

82

  Ein besonders gut doku-

77

 Plin. epist. 10, 68.

78

 Plin. epist. 10, 69.

79

  ILS 1685 und 1792.

80

 Bei ILS 1685, datierbar in die Zeit Marc Aureis, ist davon die Rede, daß den

Verstorbenen dessen Ehefrau bestattet hat und  reüquias eins permissu  imp. ipsa

pertidit

 consecr vitque £../. In ILS 1792 ist das Todesdatum angegeben

  12.

 August

117) und die Überführung für das Jahr 130 vermerkt.

81

  Vgl dazu  SCHUMACHER  1976, 136f. mit weiteren Belegen für Überführungen.

82

 So auch bei den hier genannten Inschriften: permissu  imp ILS 1685), ex per-

missu collegii pontif ic.  ILS 1792).

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Der Kaiser als Priester

75

mentierter Fall begegnet uns in TL Claudius Zosimus, der das Amt eines

Vorkosters bei der kaiserlichen Tafel unter Doroitian bekleidete, in Mainz

verstorben ist und dort begraben wurde, was sich inschriftlich belegen

läßt,

83

  Eine weitere Grabinschrift, die auf denselben Zosimus hinweist,

gibt es in Rom.

84

  Demzufolge wurde Zosimus später nach Rom überführt,

auch wenn dies auf dem dort von seiner Ehefrau und Tochter aufgestellten

Grabstein nicht eigens vermerkt ist:

85

Angesichts der Größe des  Imperium Roman um  darf es nicht ver wun

dern, daß römische Maßstäbe in der Begräbnispraxis nicht ohne weiteres

überall eingehalten wurden. Immer wieder gab es Verstöße gegen geltende

Vorschriften. So erließ Kaiser Antoninus Pius ein generelles Bestattungs

verbot für Tote innerhalb der Stadtgrenzen:

  intra urbes sepeliri mortuos

vetuit? D iese s Verbot hatte offensichtlich eine reichsweite Geltung, w ofür

der Plural  urbes  spricht. Unter Marc Aurel wurden die Bestattungsvor

schriften unter dem Eindruck der Pest verschärft. Insbesondere die eigen

mächtige Anlage von Grabstätten auf Landgütern wurde untersagt. Dieses

Verbot, das die augenblickliche Situation erforderte, wurde über die Dauer

der Seuche hinaus aufrechterhalten. Der Biograph Marc Aureis berichtet,

daß es bis z u seiner Z eit in Kraft geblieben sei.

87

  Derlei Gesetzesinitiativen

des Kaisers sind formalrechtlich gesehen nicht unmittelbar mit seinem

Amt als

 pontifex maximus

  zu begründen, da der höchste Priester Roms

traditionell keine gesetzgeberische Gewalt hatte. Dennoch wird erkenn

bar, daß er damit die von den pontifices  ausgeübte Kontrolle und die an

gestrebte Vereinheitlichung des Begräbniswesens aus seiner Verantwor

tung als pontifex maximus  heraus effektiv gestalten wollte. Die genannten

Verbote entspringen damit seiner oberponuf ikalen Fürsorge in einem Be

reich, der eine strenge Aufsicht erforderte, da sich in der Praxis Verstöße

gegen die geltenden Vorschriften häuften. Davon zeugt eine Reihe kaiser

licher Verordnungen, wie sie Constantius IL

88

 und Julian

89

 erlassen haben,

um der Beschädigung bzw. Zerstörung von Gräbern entgegenzutreten.

Julian schließlich beharrte auf einer strikten Trennung der Sphäre des To-

83

 Zu Inschrift und Interpretation

  SCHUMACHER

  1976.

84

 CIL VI 9003 = ILS 1796.

3

 Eine plausible Begründung für die späte Überfulining des Zosimus nach Rom

i t t SCHUMACHER  1976, 141.

HA Pius 12, 3.

87

 HA Marc. Anton.

 13,

 4:

 quando quidem caverunt ne quis viHae adfabricaretmr

sepidchrum.

88

 CTh. 9, 17, 1-4.

89

 CTh.

 

17, 5.

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176

Ruth Stepper

des von der Welt der Lebenden bei der Durchführung von Begräbnisfei

erlichkeiten. Deshalb ordnete er an daß die Bestattung eines Toten aus

schließlich nach ts nach Sonn enuntergang ode r vor Sonnenaufgang zu er

folgen habe.

90

Von den Beschlüssen des Pontifikalkollegiums zur Genehmigung einer

Bestattung konnte durchaus auch ein Kaiser selbst betroffen sein. Äußerst

ungehalten reagierte der Senat als bekannt wurde daß Pertinax den toten

Commodus in das Mausoleum Hadrians überführe und damit für eine

ordnungsgemäße Bestattung gesorgt hatte:  senatus adclamavit: >Quo auc-

töre sepelierunt? parririda sepultus eruatur trahatur<?

1

  Ein Senator mel

dete sich zu W ort u n d stellte fest daß die Be stattun g des erm or de ten

Commodus gegen den Bescheid der

 pontifices

  verstoßen habe und deshalb

als unrechtmäßig zu betrachten sei: Iniuste sepultus est. qua ponüfex dico

hoc collegzwn pontificum dick?

1

  Im Anschluß daran beantragte derselbe

Senator und  ponüfex w oh l in Übereinst imm ung m it dem Kollegium die

damnatio memoriae  für den toten Kaiser.

93

  An diesem Vorfall läßt sich

ablesen w an n das Ko llegium in der Käiserzeit übe rhaup t no ch u nabh ängig

vom  ponüfex maximus  agieren konnte. Gerade dann wenn ein ungeliebter

Kaiser den Tod gefunden hat und der neue Kaiser noch nicht sicher im

Sattel saß war der Augenblick gekommen um sich von kaiserlichen Di

rektiven zu befreien. Genutzt hat es allerdings wenig da Commodus von

Septimius Severus dennoch konsekriert wurde.

94

5.

  Die Frage nach der Reichwei te des ka ise r l ichen Oberpont i f ika ts

Insbeson dere die W iederbesetzung vakanter Priesterstellen in R om die

der Kaiser in seiner Eigenschaft als   ponüfex maximus  veranlaßte wird

m itun ter als Indiz dafür gewertet daß dessen Zuständigkeit a n die Stadt

Rom gebunden blieb.

9S

  Was jedoch die Reichweite der Kompetenzen des

90

 Ebd.

91

 H A Comm . 20 2.f.

92

  HA Comm. 20 3.

93

  HA Comm. 20 4 f.

94

 AE

  1951

75.

95

 So  PABST 1997 176: »Daß noch Constantius IL ohne Bedenken

 replevit nob ili-

bus sacerdotia ist für uns hier vor allem deshalb beachtenswert weil es wie bei

Gratian anläßlich einer Visite der Hauptstadt geschah die Aktualisierung des Pon-

tif ex-maximus-Amtes mithin an die mr s gebunden gedacht wurde.« Ebd. 177 wird

betont daß der Kaiser »aufgrund des Sakralrechts nur in Rom in der Lage wäre«

sein Amt  ls pontifex maximus  auszuüben.

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Der Kaiser als Priester

177

ganzen Kollegiums anbelangt, so blieb diese bereits in republikanischer

Zeit nicht auf die Stadt Rom beschränkt. Für die latinischen Nachbarstäd

te ist bekannt, daß die dortigen Priesterschaften nach der Eroberung durch

Rom nicht aufgelöst, sondern dem römischen Pontifikalkollegium unter

stellt wurden,

96

  was noch am Ende des 4. Jahrhunderts bei der Verurtei

lung einer Vestalin aus Alba durch die römischen  pontißces  gängige Praxis

war.

97

  Einen direkten Hinweis auf die sich weiterentwickelnde Zentrali

sierung des Sakralwesens beim Pontifikalkollegium Roms bietet der im

zweiten Jahrhundert n. Chr. lebende Sextus Pompeius Festus mit der No

tiz,

  daß die römischen

  pontißces

  die Oberaufsicht über die

  municipalm

sacra

 hatten.

98

In der neuesten Forschung wird betont, daß sich mit der politischen

Expansion auch die religiöse Kontrolle Roms räumlich ausdehnte. Unter

dem Eindruck des Krieges gegen Hannibal in Italien wurden auch Vor

zeichen außerhalb Roms und Italiens zur Kenntnis genommen und ent

sühnt.

99

  Das Auftreten der Prodigien läßt sich in drei geographische Be

reiche einteilen: Die Stadt Rom, Italien und Gebiete außerhalb Italiens,

100

Im Jahr 218 v. Chr. wurde das zu dieser Zeit noch aus zehn Mitgliedern

bestehende Kollegium der  quindeämviri  aufgrund verschiedener schlech

ter Vorzeichen, die bis aus Gallien vermeldet wurden,

10 1

  beauftragt, die

Sibyllinischen Bücher einzusehen.

10 2

  Für das Jahr 203 v. Chr, berichtet

Livius von Prodigien aus Antium, Capua, Reate, Anagnia, Frusino und

Arpinum , denen m an mit

 hostiae maiores

  begegnete,

10 3

  Das Kollegium der

pontißces

  benannte die Götter, denen geopfert werden sollte.

10 4

  Die Praxis

96

 Vgl

  WISSOWA

 2

1912,

 5 9ÖL

 Später wurden die Priester dieser Gemeinden vom

Kaiser

 als ponafex maxirrms

 ernannt; vgl. ebd., 489 und 521.

97

 Dazu Symm. epist.

 9 147f.

98

 Vgl. das von ihm epitomierte Werk De sigpificatu verborum s. v. mwucipalia

sacra

  p. 146 Lindsay).

99

 Zum Prodigien wesen in republikanischer Zeit

  ROSENBERGER

 1998.

100

 Je weiter entfernt ein ProcÜgium beobachtet wurde, um so unschärfer wurde

die Ortsangabe gehandhabt. Prodigien in Rom wurden durch die Angabe bestimm

ter Plätze oder Tempel genau lokalisiert. Für Gebiete in Italien wurde die jeweilige

Stadt angegeben, während es für

 das

 Vorzeichen aus der Provinz lediglich

  »in Gal-

lia«

  heißt. Eine Übersicht über die geographische Verteilung der Prodigien findet

sich

 bei

 WÜLKER

 1903, 94-101; vgl. auch

 MACBAIN

 1982, 107-117. Über Ursachen

und Sinn von Prodigien vgl.

 ROSENBERGER

 1998, 25ff.

101

 Liv. 21, 62, 1-5. [...] et in  allia lupum vigili glactittm  ex vagina raptum abs-

tulisse. Liv. 21, 62, 5.

102

 Liv. 21, 62, 6.

103

 Liv. 30, 2, 10-13.

104

 Liv. 30, 2,13.

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178

Ruth Stepper

der römischen Republik beweist damit hinreichend, daß auße

r

römische

Prodigien offiziel l anerkannt werden konnten.

105

  Nachdem das Handeln

Roms weit über die eigenen Stadtgrenzen hinausreichte, ist es nur logisch,

auch den priesterl ichen Aktionsradius an die neuen Gegebenheiten anzu

passen.

Voraussetzung für diese Entwicklung war die erfolgreiche militärische

Expansion Roms. Im vierten, vielleicht sogar erst zu Beginn des dritten

Jah rhun derts v. Ch r. Fall v o n Tarent) nahm R o m den N am en Italien auf

und verwendete ihn im Rahmen seiner expansionist ischen Propaganda.

106

Im jurist ischen und rel igiösen Bereich wurde das römische Fallrecht den

territorialen Realitäten, die sich aus den Eroberungen ergeben hatten, an

gepaßt. De m nach durf te

  derpontifex maximus

  die Stadt R om , nicht jedoch

Italien verlassen-

10 7

  Auch der von Kaiser Tiberius im Zusammenhang mit

der oben behandelten Anfrage, des   flamen Dialis  zitierte Fall des  pontifex

maximus  L. M etellus, der dem  flamen MartiaUs-und Consul des Jahres 242

v. C hr . A. Postum ius Albinu s verb ot, zu m bevorstehen den Entsch ei

dungskampf gegen die Karthager nach Sizilien aufzubrechen,

108

  beweist,

daß zu dieser Zeit Italien und keineswegs die Stadt Rom als maßgeblicher

Handlungsraum der römischen Pries ter gal t . An den Grenzen I tal iens en

dete deren Akt ionsradius . Den erwähnten Antrag auf Übernahme einer

Statthalterschaft begi-ündete der  flamen Dialis  gegenüber Tiberius damit ,

daß es keinen hinreichenden Grund gebe, dem Jupiterpriester zu verbie

ten, Italien zu verlassen* Diese Beschränkung gab es nach Aussage des

poli tisch a mb itionierten   flamen Dialis  für die Priester des Mars und Qui-

rinus nicht . Ihnen wurde eine Provinzverwaltung zugestanden-

109

  Im Krieg

gegen Karthago hatte diese Vorschrift jedoch noch Bestand, als der  flamen

Martialis

  A. Postumius Albinus aus Rücksicht auf seine sakralen Pflichten

nicht nach Sizilien ziehen durfte. Man darf davon ausgehen, daß es eine

entsprechende Reform gab, die dem   flamen Martialis  eine größere Bewe

gungsfreiheit einräumte. Ein Grund für das Zustandekommen dieser Än

derung des Wirkungskreises könnte auch darin l iegen, daß man in Rom

105

 So auch  RUOFF-VÄÄNÄNEN  1972.

10 6

  CA TAIA NO 1971, 807.

107

  GABBA

 1978, 13; vgl. Liv. 28, 38,

 12:

 [„] quia sacrorum cura pontificem ma-

ximum in Italia retinebat 205 v. Chr.)

108

 Tac ann. 3, 71, 3 .

109

 Tac ann. 3, 58, 1:  frustra.vulgatum  di itans  non Heere  Dialibus egredi Italia

neque aliud ius suum quam Martüäium Quirinaliumque flaminum: porro si hi

duxissent pravinciaSy

  cur Dialibus id vetitum? nulia de

 eo

 populi

 scica>

 non in

 lihris

caerimoniarum

  reperiri.

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Der Kaiser als Priester

179

uriter Umständen bei der Definition des priesterlichen Handlungsraumes

über I talien hinauszugehen bereit war.

11 0

  Im Falle des flamen Dialis der

für den Kult des höchsten römischen Staatsgottes zur Verfügung zu stehen

hatte, blieben die Grenzen Italiens jedoch verbindlich. Es gab allerdings

eine Zeit, in der auch das Priestertum des  flamen Dialis  e ine Neuinter

pretation hinsichtlich seines Amtsbereiches erfuhr. Noch Livius überlie

fert die alte Bestimmung: fhzmini Diali noctem unam manere extra urbem

nefas est.

m

  Die nich t allein in der Be wa hru ng des Alten sich erschöpfend e

Tätigkeit der  pontifices  läßt sich an diesem Beispiel besonders gut veran

schaulichen. Unter Umständen war man bereit , Neues zuzulassen und in

das traditionelle Gefüge zu integrieren.

112

  Die Kaiser jedoch billigten in

der Regel Neuerungen nur dann, wenn sie ihren herrschaftspolitischen

Interessen oder Vorstellungen entgegenkamen.

Die Gleichsetzung bestimmter Städte in den Provinzen mit i talischen

Gemeinden durch das sogenannte  ins Italicum

m

  verschafft K larheit da r

über, auf welchen rechtlichen Grundlagen die Erweiterung der priesterli

chen Zuständigkeit Roms über I talien hinaus erfolgen konnte. Dieses

rechtliche Verfahren scheint unter Augustus geschaffen worden zu sein,

indem man eine alte religiöse Praxis formalisierte, die erlaubte, ein Stück

erobertes Land außerhalb der Halbinsel für »italisch« zu erklären, um dort

beispielsweise Auspizien vornehmen zu können.

114

  Mit diesem Privileg

110

 Dann würde sich die Frage stellen, ob man tatsächlich vom »kaiserzeitliche[n]

Fortleben eines engeren Italienbegriffs« sprechen kann, vgl. TARPIN  2001,  3.

111

  Liv. 5, 52, 13.

1X1

  ROHDE  1936, 127 spricht diese beiden Seiten der Tätigkeit der pontifices  an:

»Erst aus dem eigentümlich römischen Verhalten gegenüber dem Alten, das sich

bewährt hat, ist dann als Zweites die Entstehung einer D oktrin zu begreifen, die die

einzelnen Tatsachen des Kultes miteinander in Zusammenhang brachte und Schlüs

se daraus zog, die bei Neuschöpfungen, mochten diese nun in den Bezirk des

staatlichen oder des privaten Götcerdienstes gehören, wirksam werden und dem

Neuen den Charakter des Althergebrachten zu geben vermochten. Dieses Zweite

ist die nonnbildende Tätigkeit der pontifices;  sie trat in ihrer äußeren Erscheinung

zuiück hinter der ersten vornehmeren, doch ist ihr Einfluß nicht hoch genug an

zuschlagen.« Diese »normbildende Tätigkeit« der pond fices  war gerade zu einer

Zeit gefragt und mehrheitsfähig, in der Rom als überaus erfolgreich expandierende

Macht über die Grenzen Italiens hinaus begann, das Mittelmeer zu erobern. Dazu

bedurfte es bestimmter Voraussetzungen,  ROHDE  1936, 133.

113

 Die genaue Bedeutung des italischen Rechts ist umstritten. Die einzig wirklich

sichere Komponente des  ius Itaticum  ist die Identifikation eines Territoriums mit

italischem Grund, mit allen Begleiterscheinungen in rechtlicher und sozialer Hin

sicht, wie Tacitus ann.  13,  30, 1) betont. Zu diesem Thema siehe  FERENCZY 1982.

114

 Serv. Aen. 2,  178;  vgl. dazu  CATALANO  1978.

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180

Ruth Stepper

gingen die julisch-claudische Dynastie, die Flavier und die Antonine spar

sam, die Severer freigebiger um.

11 5

 Im Ergebnis läßt sich festhalten, daß der

Zuständigkeitsbereich der römischen pontißces  und ihres Vorsitzenden in

dem Maße wuchs, in dem sich die außenpolitisch erfolgreiche römische

civitas  selbst räumlich vergrößerte.

Seit der

  constitutio Antoniniana

  von 212/13,

116

  durch die alle freien

Reichsbewohner zu römischen Bürgern wurden, waren die römischen

pontißces

  ohn ehin reichsweit für bestimm te unter pontifikale Verantwort

lichkeit fallende familien- und erbrechtliche Entscheidungen zuständig.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt muß man von einer für das gesamte Reich

geltenden Handlungsbefugnis der römischen

  pontißces

  sprechen. In der

Praxis hat jedoch häufig der Kaiser die Entscheidungsgewalt über derlei

Angelegenheiten monopolisiert.

117

Ein untrügliches Indiz dafür, daß der Kaiser als

  pontifex maximus

reichsweite Verantwortung übernahm, bietet die Vorgehensweise Kaiser

Julians. Sein Programm einer Erneuerung der alten Götter und Kulte hat

er unter Berufung auf seine Stellung als

 pontifex maximus

  in die Tat um

zusetzen versucht. Rom als Bezugspunkt seines Handelns spielte dabei

keine Rolle. Er verstand sich als oberster Priester des gesamten römischen

Reiches. Deshalb sah er sich auch berechtigt, allen Priestern in den Pro

vinzen Anweisungen und Verhaltensempfehlungen zu geben, wie seine

Briefe dokumentieren.

11 8

  Es gibt kein vergleichbares Zeugnis aus der frü

hen oder hohen Kaiserzeit, in dem der Kaiser in ähnlicher Weise reichs

weit aktiv geworden wäre. Bislang haben die Kaiser immer auf eine An

frage hin reagiert, um Entscheidungen zu treffen. Julian war der erste

Kaiser, der vo n sich aus in seiner Priesterrolle ak tiv wurde und dabei völlig

neue Wege ging. Zudem wird nirgendwo erkennbar, daß sich Julian als

Vorsitzender eines Kollegiums verstand, mit dem er sich viele Aufgaben

teilen konnte. Diese Loslösung von Strukturen, Verfahrensweisen und In

halten ermöglichte ihm erst eine Neudefinition seines Oberpriestertums.

So gelang es Julian, sich als ein von den Göttern Berufener zu stilisieren,

119

der mit seinem Amtskollegen des ersten und zweiten Jahrhunderts kaum

noch etwas gemeinsam hatte. Dieses völlig gewandelte Selbstverständnis

115

 Dig. 50, 15.

116

  Siehe WOLFF  1976.

117

  So gab es seit Diokletian die arrogatio per rescriptum principis  ̂ d.h. ein ex

klusives Arrogationsrecht des Kaisers. Ein Beispiel dafür bietet CJ

 

47 (48). 5.

118

  Dazu lul epist. ZZ und 89 b Bidez-Cumont.

119

 SoKo-övrd y avoci

  diä xobq zoi>c,

  äp isp£oc

 n£\\crcov

 [...]. Iul. epist. 89 b

Bidez-Cumont, 298 d.

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Der Kaiser als Priester 181

als  pontifex maximus  ist ein Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen.

Die seit dem dritten Jahrhundert anhaltende Romferne der Kaiser hat den

Grund dafür gelegt. Aber auch das Christentum mit seinem Religionsver

ständnis hat entscheidend zu Julians Haltung beigetragen* Seine Auffas

sung von einer reichsweiten Verantwortung als Priester kann er jedoch

nicht erst selbst kreiert haben, da sich der alte Glauben bereits auf dem

Rückzug befand. Hier muß Julian auf vorhandene Gegebenheiten zurück

gegriffen haben, wie sie sich lange vorher, in trajanischer Zeit, fassen las

sen. In der bereits erwähnten Anfrage des Plinius an Kaiser Trajan hin

sichtlich von Umbettungsgesuchen der Provinzialen

12 0

  gewinnt die auch in

den Provinzen anerkannte Autorität des Kaisers als  pontifex maximus

deutliche Konturen. Plinius ist sich nicht sicher, ob er eine Umbettung

von sich aus gestatten könne, da er weiß, daß in solchen Fällen in der

Heimat die

 pontißces

  zu fragen sind:

  [...] quia sciebam in urbe nostra ex

eins modi causis collegium pontificum adiri solere

y

  te, domine, maximum

pontificem consulendum putavi

y

  quid observare me velis-

  Im Hinblick auf

unsere Fragestellung ist von Belang, daß Plinius Trajan ausdrücklich in

seiner Funktion als

 pontifex maximus

  anspricht. Plinius erhält den Rat,

sich an das Vorbild der früheren Statthalter zu halten, um je nach Lage des

Falls eine Erlaubnis zu erteilen oder zu verweigern.

12 1

  Trajan begründet

dies damit, daß es für die Provinzialbevölkerung kaum zumutbar wäre

(Durum est iniungere necessitatem provincialibus pontificum adeundo-

rum\  sich in solch en Fällen eigens an die röm ischen

 pondfices

  zu wenden.

Er sagt hingegen nicht, daß in der Provinz die römischen Begräbnisvor

schriften keine Gültigkeit hätten oder daß er für diese Angelegenheit nicht

zuständig wäre* Ganz im Gegenteil, Trajan reagiert ohne Vorbehalte auf

diesen Appell an seine priesterliche Autorität und kommt zu einer prak

tikablen Lösung, die er Plinius nahelegt. Da der

 pontifex maximus

  nicht in

allen Fällen dieser Art überall im Reich persönlich eine Genehmigung

erteilen kann, muß er diese Aufgabe delegieren. Wenn Plinius nun nach

der Maßgabe Trajans Genebmigungen erteilt oder vorenthält, dann tut er

dies mit Berufung auf die Autorität des Kaisers als  pontifex maximus.

Aufschlußreich ist, w ie sich die reichsweit geltende Zuständigkeit des Kai

sers als pontifex maximus  durchsetzte. Nicht der Kaiser hat die Initiative

ergriffen oder von sich aus eine Verantwortung reklamiert, sondern der

Übereifer mancher Statthalter gab den Anstoß, die oberpontifikale Verant

wortung des Kaisers reichsweit zur Geltung zu bringen. Dahinter steckt

120 plin. epist. 10, 68.

i2i plin. epist. 10, 69.

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182

Ruth Stepper

die allgemein verbreitete Vorstellung und Erwartung einer universalen

Entscheidungsgewalt des Kaisers, auch in seiner Eigenschaft als oberster

Sachwalter der römischen Religion.

Deutliche Hinweise, die für die reichsweite Zuständigkeit des kaiserli

chen Obeipontifikats sprechen, bieten die Inschriften. Den im Zusam

menhang mit der Überführungspraxis im Begräbniswesen bereits erwähn

ten Grabinschriften aus dem zweiten Jahrhundert

122

  ist zu entnehmen, daß

die Verstorbenen, in beiden Fällen Freigelassene des Kaiserhauses, fern

von Rom bestattet,

ni

  später nach Rom überführt wurden. Für unsere Fra

gestellung ist besonders aufschlußreich, daß in beiden Fällen vermerkt

wurde, wer die Genehmigung für eine Überführung der sterblichen Über

reste der Toten erteilt hat. Während dies in der älteren Inschrift

  ex per-

missu collegü ponüfic[um]

m

  geschah, wird in der zeitlich später datierba-

ren Inschrift der Kaiser genannt  {permissu impferatorisj).

12 5

  Daraus geht

unzweideutig hervor, daß die römischen  pontifices  bzw. der ponüfex ma-

xirrms  reichsweit in Aktion traten. Wenn sie dies nicht immer und überall

taten, dann liegt dies daran, daß der Kaiser, wie das Beispiel des trajani-

sehen Reskripts zeigt, praktikable Alternativen gefunden hat, um seine

Kollegen in Rom zu entlasten und um den Provinzialen zeitraubende Ver

waltungswege angesichts der gebotenen Eile bei Bestattungen zu ersparen.

Daß der kaiserliche Oberpontifikat die Grenzen Roms und Italiens

sprengte und reichsweit Gültigkeit erlangte, hängt mit einer Entwicklung

zusammen, die sich als Romanisierung des religiösen Systems bezeichnen

läßt

126

  und die Durchdringung des Imperiums und seiner verschiedenen

Gemeinschaften mit dem römischen Religionssystem meint. Rom hat sei

nen eroberten Gebieten und Völkerschaften auch im Hinblick auf Prie-

stertümer und religiöse Organisation die eigenen, römischen Maßstäbe

und Vorstellungen auferlegt.

127

  Das geschah zweifellos vor allem aus

machtpolitischen und herrschaf tserhaltenden Erwägungen heraus. Es hatte

jedoch den Nebeneffekt, daß der Kaiser schließlich seine Autorität als

122

  ILS 1685 und 1792. Den Hinweis auf diese Inschriften verdanke ich Herrn

Professor

  PETER HERZ

 (Regensburg).

123

  In dem einen Fall (ILS 1792) handelt es sich bei dem Todesort um Selinus

(Kilikien), das zweite Beispiel (ILS 1685) nennt Carnuntum.

124

 ILS 1792.

125

  ILS 1685.

126

  GORDON

 1990 240ff.

  spricht von »Romanization of religion«.

127

  Dazu gehörte u.

 a.die

 Angleichung der sozialen Struktur der örtlichen Prie

sterschaften an römische Maßstäbe und die Übernahme römischer Gegebenheiten

im Priesterwesen, das grundsätzlich keine Priesterkasten kannte. Beispiele aus ver

schiedenen Regionen bietet

  GORDON

  1990.

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Der Kaiser als Priester

183

pomifex maximus

  überall im Reich ungehindert zur Geltung bringen

konnte.

Neben einer geographischen Ausdehnung der Zuständigkeit der römi

schen

 pontißces

  gab es andere Bestrebungen, die auf eine inhaltliche K om

petenzerweiterung zielten. D ie im Jahre 47 de n römischen

 ponüfices

  über

tragene Revision und Pflege der

  Etrusca disciplina,

  die Kaiser Claudius

veranlaßt hat, ist ein lehrreiches B'eispiel für diese Tendenz.

128

  Mit derlei

Maßnahmen beabsichtigten die Kaiser, die Kontrolle der zunehmend als

brisant eingestuften Wahrsagekunst zu zentralisieren und jede davon aus

gehende Gefahr für das Herrschaftssystem zu bannen,

129

  wenngleich Clau

dius eine andere Begr ündu ng angab: Er w olle dam it gewährleisten, daß die

Kunst der Haruspices nicht in Vergessenheit gerate. Beide Zielrichtungen,

sowohl die geographische wie auch die inhaltliche Ausdehnung der ober-

pontif ikalen Autor ität, ergänzen sich. D ie Zuständigkeit des

 pontifex ma

ximus

  sollte konkurrenzlos sein.

6. Ergebnis

Wie sich gezeigt hat, war der Kaiser in vielfältiger Weise als

 pontifex ma

ximus

  tätig und wahrnehmbar. Gerade die Verschiedenheit seiner Aufga

benbereiche konnte er nutzen, um im kultischen Bereich unangefochten

zu dominieren. Als Inhaber der

 patria potestas

  hatte

 der pontifex maximus

eine besonders enge Verbindung zum

 flamen Dialis

  und zu den

  virgines

VestaleSy

  die aufgrund ihrer Priesterämter für Jupiter und Vesta außeror

dentlich exponiert waren. Deutlich wurde auch, daß der Kaiser Angele

genheiten des Pontifikalkollegiums in zunehmendem Maße monopolisier

te.

  Auch wenn das Kollegium, wie in der Vergangenheit, bei der Verur

teilung vo n Vestalinnen mitwirkte, kam es imm er weniger auf die Meinung

der priesterlichen Kollegen des Kaisers an. Diese Entwicklung läßt sich

nicht ausschließlich mit dem Dominanzanspruch des Kaisers begründen.

Die Bevölkerung, aber auch beflissene Statthalter haben diesen Trend be

schleunigt, wie bei der Behandlung des Begräbniswesens gezeigt werden

konnte. In seiner Funktion als Priester hatte der Kaiser die Möglichkeit,

eigene Akzente zu setzen. Er konnte sich, wie Domitian, als strenger Sit-

128

  Tac. ann. 11, 15.

129

  Später haben die Kaiser diese Gefahr durch generelle Verbote von Wabrsagerei

und Astrologie einzudämmen versucht. Mit diesem Thema befaßt sich eingehend

FÖGEN 1993.

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184

Ruth Stepper

tenwächter und unnachgiebiger Rächer sakraler Vergehen gebärden. An

dere haben sich in der Rolle eines von Strafen absehenden moralischen

Vorbildes gefallen, wie zum Beispiel Trajan, in bewußter Abgrenzung von

seinem ungeliebten Vorgänger. Im

  Panegyricus

  unternimmt Plinius den

Versuch, den Oberpontifxkat im Sinne einer ethisch-moralischen Forde

rung umzudeuten.

13 0

  Die seinem Inhaber zukommende Aufgabe, als Ord

ner und Bewahrer des römischen Kultwesens tätig zu werden, blieb un

verändert. Auch der eindeutig zum Christentum sich bekennende Con-

stantius IL hat für die Wiederbesetzung vakanter Stellen in den Priester

schaften gesorgt.

131

  Es sollte uns jedoch nicht verwundern, daß sich im

Vergleich einzelner Kaiser zum Teil signifikante Unterschiede in der ober-

pontif ikalen Praxis belegen lassen, vor allem in b ezu g auf deren Selbstver

ständnis als höchste Priester Roms. Hier gab es einen Spielraum, den jeder

Kaiser für sich nutzte.

13 2

  Dies konnte ihm um so wirkungsvoller gelingen,

da er als

 pontif ex maximus

  für das gesamte Reich zuständig war.

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130

  Seine herausragende Tugend ist die pietas.  Vgl. auch die Charakterisierung von

Trajans Frau Plotina als geeignete Frau des pontifex maximu s,  Plin. paneg. 83, 5.

131

  Symm. reL 3, 7:

 replevit nobilibus sacerdoti^.

132

  Insofern möchte ich der von  RÜPKE  in seinem hier abgedruckten Beitrag über

»Kaiserliche Religionspolitik und priesterliche Rekmtierungsmechanismen: Über

legungen zur Elitenfbrmation am Beispiel der Sodalitaten des Herrscherkultes in

Antomnianischer Zeit« vertretenen Ansicht widersprechen, wenn er pauschal von

»begrenzten Handlungsmöglichkeiten und [einem] noch viel begrenzteren Hand

lungswillen des Pontifex maximus« spricht.

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Arvalb rüder u nd Kaiserkult

Zur Topographie des römischen Kaiserkultes

von

BABETT EDELMANN

1 Einleitung

In seinem Buch

  Romulus et  e freres

  nennt

  JOHN SCHEID

  die Akten der

römischen Arvalbruderschaft eine Fundgrube an Informationen über die

politische Instrumentalisierung religiöser Systeme in der römischen Kai

serzeit.

1

  Daran anknüpfend, stellt die Autorin im folgenden die Frage,

welche religionspolitische Aussagekraft die Akten des Arvalkollegiums in

der julisch-claudischen Epoche vor dem Hintergrund kultischer Topo

graphie besitzen. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Problemstellungen:

Zum ersten soll exemplarisch veranschaulicht werden, in welchem Um

fang man von politischer Instrumentalisierung religiöser Zeremonien spre

chen kann, und wie sich die jeweilige ideologische Ausrichtung einzelner

Kaiser in der rituellen Topographie niederschlug. Zum anderen soll die

Untersuchung zeigen, welche relativierenden Informationen sich gewin

nen lassen, wenn man die topographischen Informationen der Arvalakten

mit den literarischen Quellen kontrastiert.

Der eigentlichen Untersuchung werden einige einleitende Bemerkungen

zum Kollegium der Arvalbrüder vorangestellt, die in knapper Form die

Geschichte der Bruderschaft in republikanischer Zeit, ihre Rolle im Sy

stem der augusteischen Reformen und ihre Bedeutung für den Kaiserkult

skizzieren. Im Anschluß daran werden Kontinuitäten und Diskontinui

täten innerhalb der zeremoniellen Topographie des Kaiserkultes anhand

der Beispiele des

 Iuppiter-Optimus-Maximus-

  und des

 Divus-Augustus-

Tempels dargestellt. In einem dritten Punkt wird das Problem der Dis-

1

  SCHEID.  1990,  749f.

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190 .

Babett Edelmann

krepanz zwischen rein l i terarischen Quellen und den Arvalakten am Bei

spiel des  Apollo-Palatinus-Tempels  un d der  Ära Providentiae  beleuchtet.

Den Abschluß der Ausführungen bildet schließlich der Versuch, eine Ant

wort auf die Fragen zu geben, warum das augusteische >Großprojekt< des

Forum Augusti  mi t dem   Mars-Ultor-Tempel  einen lediglich schw achen

Niederschlag in den Arvalakten fand und welche Schlüsse man daraus

ziehen kann.

2 Das Pr ies te rkol legium der Arva len

Wären die Marmortafeln, in welche die Arvalbrüder* ihre jährlichen Pro

tokolle

3

  einmeißeln ließen, in den Kalköfen des Mittelalters und der frühen

Neuzeit verschwunden, so wären wir auf die äußerst spärlichen literari

schen Quellen über diese Priesterschafc angewiesen.

4

  Der erste Beleg für

die Existenz des Kollegiums stammt aus der späten Republik, Varro dis

kutiere in seinem Werk De  lingua Latina  die Etymologie der Bezeichnung

fratres Arvales  un d stellt sie in den K on text landw irtschaftlicher K ulte.

Das dabei von ihm verwendete Präsens

 faciunt

  legt die Verm utung nahe ,

daß die Priesterschafc in den 40er Jahren des ersten vorchristlichen Jahr

hunderts noch lebendig war, wenn sie sicherlich auch nicht zu den bedeu

tendsten religiösen Gruppen der Republik gehörte.

5

  Die Zeremonien der

Bruderschaft konzentrierten sich auf die  Dea Dia,  deren genaue Herkunft

und Charakter sich nicht präzisieren lassen. Das Hauptfest der Göttin im

Monat Mai hatte eine stark bäuerliche Färbung, was in die Richtung eines

Fruchtbarkeitskultes weist .

6

1

  SCH EID 1990; OLSHAU SEN 1981.

3

  Die Protokolle der Arvalpriester liegen in neuester Ausgabe bei   SCHEID   1998

vor.

4

 Varro 1.1. 5, 85; Plin. na t. 18, 6; Gell. 7, 7, 8; Fulg. m yth. 9; Min. FeL 25, 12;

Paul. Fest. 5L; Macr. Sat. 3, 5, 7; Pseudo-Philoxenius s. v. Arvales Sodales.

5

  Die  Arvales fratres werden in der

 lex Dom itia

 aus dem Jah r 103 v. Ch r. nicht

unter den Priesterschaften aufgeführt, die sich durch Volkswahl ergänzen

  (vgl.

 LAT

TE  1967,395f.). Auch d ie in die Jahre 36 bis

 21 v .

 Chr. datierten Fasten der Arval-

brüder weisen auf eine eher geringe Bedeutung hin (Fasti Arval. [Inscr. It. XIII 2,

30-46]).

  Generell ist die Geschichte dieses Priesterkollegiums während der Repu

blik weitgehend unbekannt. Aufgrund sprachlicher Besonderheiten des von ihnen

deklamierten Liedes, welches das Protokoll des Jahres 218 überliefert, kann man

allerdings vermuten, daß die Bruderschaft bereits vor dem Ende des

 4.

 Jahrhunderts

v. Chr. aküv und folglich älter als die vier

amplissima

  collegia  war.

6

  Das Heiligtum der Göttin befand sich außerhalb Roms am fünften Meilenstein

der via Campana  rechts des Tiber. Zu den Ausgrabungen vgl   BROISE  1987.

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Arvalbrüder und Kaiserkult

191

Die augusteische Restauration dieses Kultes, die in die Jahre 29/28

v. Ch r. datiert werden m u ß / führte - soviel kann m an mit Sicherheit sa

gen- zu entscheidenden Veränderungen sowohl der kultischen Aktivitä

ten der Bruderschaft als auch ihrer sozialen Zusammensetzung. Die Ar-

valen und ihre Riten erscheinen von diesem Zeitpunkt an ganz auf die

Regierung und die familiären Angelegenheiten des Kaisers abgestimmt,

während der Kult der  Dea Dia  dahinter zurücktritt Dies darf allerdings

nicht zu dem Schluß verleiten, die kultische Tätigkeit der fratres Arvales

habe zwei völlig verschiedenen Inhalten gegolten,

8

  nämlich einerseits dem

Fruchtbarkeitskult der  Dea Dia  und andererseits der Sorge um den gött

lichen Segen für das Kaiserhaus. Diese beiden religiösen Konzepte waren

vielm ehr - wi e noch zu zeigen sein w ird - eng m iteinan der verf lochten.

Die augusteische Reform des Arvalkollegiums und seine Inanspruch

nahme für den Kaiserkult beruhten im wesentlichen auf zwei Aspekten:

zum ersten dem Grundgedanken einer archaischen Sodalität und zum

zweitön dem zelebrierten Fruchtbarkeitskult , in dessen Mittelpunkt die

Dea Dia   stand.

Daß die Priesterschaft der  fratres Arvales  mit ihrem Kult der   Dea Dia

als archaische Sodalität aufgefaßt werden muß,

9

  belegen ihr  Carmen,  ihr

kultischer Tanz sowie der r i tuelle Ausschluß von Eisen aus dem Hain der

Göttin. Da die Bruderschaft darüber hinaus aiüologisch in enge Verbin

dung zu Romulus gestellt wurde,

10

  ist anzunehmen, daß ihr hohes Alter

bereits in der Antike geglaubte Realität war bzw. als solche angesehen

werden sollte. Innerhalb der augusteischen Religionspolitik ordnete sich

die Arvalbruderschafc gemeinsam mit den Titiusbrüdern und den Fetialen

in eine Re ihe neugestalteter Kultgem einschaften ein, die archaische V or

bilder imitierten.

11

  Daneben bot die Kultgemeinschafc einer archaischen

Sodalität

12

  in mehrfacher Hinsicht Anknüpfungspunkte für die augustei-

7

  SCHEID   1990,

  690-694.

8

 Vgl.   OLSHAUSEN   1981, 822, der keinen direkten inneren Zusammenhang zwi

schen beiden Kulten sieht.

Ulpian nennt die Gruppe der Arvalbrüder  Sodales (überliefert bei Pseudo

Philoxenius s. v. Arvales Sodales). Vgl. auch   SCHEID  1990, 35-39,  699ff.

10

 Vgl Anm. 14.

11

  Mon. Anc. 7, An dieser Stelle weist Augustus selbst ausdrücklich darauf hin,

daß er neben den vier

 amplissima collegia

  auch Mitglied in den Bruderschaften der

Arvalen, Titier und Fetialen war.

12

  Im Übergang von der Republik zum Prinzipat ist ein allgemeiner Trend bzw.

ein Interesse für das Modell archaischer Sodalitäten erkennbar. Erinnert sei bei

spielsweise an die Luperci, die Salii, die Augustales oder die Claudiales. Bis ins

3. Jahrhundert finden sich 25 Sodalitäten, die den Kult der verstorbenen Kaiser

versahen.

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192

Babett Edelmann

sehe Reform polit ik.

  Ein

  großes Potential

  lag

 vermu tl ich

 in den

  traditionell

engen Bindungen zwischen Mitgliedern dieser Gemeinschaften,  die  ver

wandtschaftlichen Beziehungen nachgebildet waren.  Das  kann damit   er

klär t werden,

 daß in

  archaischer Zeit

  die

  Sodalitäten

  bis

  dahin rein genti-

lizisch ausgerichtete Kultgemeinschaften ablösten.

13

  In  Übere ins t immung

damit beschreibt  der - mit  großer Wahrscheinlichkeit   aus der  Kaiserzeit

s tammende  -  a i t iologische Mythos   der K u l tg ründung   die Arvalen   als M i t

glieder einer Familie.  Es  he ißt , Romulus   sei nachdem se ine Nährmut te r

Acca Larentia   einen ihrer zwölf Söhne verloren hatte, selbst   an  dessen

Stelle getreten,  und so  seien   die   Mi lchbrüder   zu den  Arvalbrüdern   ge

worden.

14

 Augus tus t ra t se iner Fu nktio n   als erstes M itglied   der vornehmen

Bruderschaft entsprechend

  als

 neuer R omulus

  auf.

15

  Laut Sueton

  und Cas-

sius Dio  strebte Octavian zwischen seinem Sieg  bei Act ium   und dem Jah r

27  v. Ch r.  eine Assimilation   an  Romulus   an und  e rwog   in  dieser Phase

sogar

  die

 Ü be r na hme

  des

 Rom ulus -Namens .

16

  Poli t isch bedeutsamer

  er

scheint,  daß sich   im Kreis   der Arv albrü der eine große Zahl früherer Ge g

ner  des  Augustus fanden, frühere Proskribierte, unter ihnen Pompeianer

und Anhänge r

  des

  An ton ius .

1 7

 Vor

  d iesem Hintergrund sind

  die

  Arval

brüder  als  Repräsentanten einer neuen Einigkeit   im   archaischen Kult   zu

verstehen.  Das Kollegium wu rde   ein Auffangbecken   für  ehemalige Feinde

u n d

  bot

 Augus tus

  die

  Möglichkeit , diese Männer durch soziale Auszeich

nung an sich  und das neu e politische System   zu b inden.  Die Re form dieser

Sodalität konnte  der  römischen Elite also  nur  schmeicheln, unterstr ich   sie

doc h

  die

 pseudo-familiären Band e zwischen No bili tät

  und

  Pr inzeps.

In  der  bäuer l ichen Ausprägung   des  Dea-Dia~¥Lulzes  liegt   das  zweite

Motiv

  für

  seine Instrumentalisierung

  im

  Herrscherkult .

18

  In der

  landwir t

schaftlichen Komponente spiegelte sich

 die von

  Augustus p ropagier te

  Er

neuerung traditioneller altrömischer Werte, wie sie  auch Vergil   in  seinen

Georgica

  preist,  die etwa zeitgleich  mit der Reform   der  Arvalpriesterschaft

13

 Vgl.  WISSOWA   1912 481.

14

  Diese Erklärung stammt

  von dem

  tiberianischen Juristen

  Masurius Sabmus

(Gell.

 7 7 8

Plin. nat.18, 6). VgL auch   SCHEID   1975,

 321ff.

15

 Zum  Versuch einer Assimilation  an den mythischen Stadtgründer  in der sog.

>Romulus-Periode<  des Augustus   vgl. KORNEMANN   1938

81-91;

  ALFÖLDI  1971

36ff.

16

 Suet. Aug.  7; Cass.  Dio  53,  16 5.

17

  SCHEID   1975 16-108.

18

  SCHEID   1990,  708ff. Es war also durchaus nicht

  so,

 daß die agrarische Dimen

sion des Arvalkultes zugunsten des Herrscherkultes zurücktrat. Vielmehr war das

Gegenteil der Fall:  Sie wurde  zu einem entscheidenden Faktor  bei der  politischen

Instrumentalisierung  des  Dea-Dia-Kulzes.

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Arvalbrüder und Kaiserkult

193

im Ja hr 29 v. C hr . vollendet w ur de n. Vergil feiert im zw eiten Bu ch d ie

Rückkehr zum goldenen Zeitalter des bäuerlichen Lebens im alten Rom,

das charakterisiert ist durch Frieden und Wohlstand. Parallel dazu weist

das Zeremoniell des Maifestes der

  Dea Dia

  den Kult der Arvalbrüder als

Ritual aus, das auf das Gedeihen der Ernte ausgerichtet war. Die agrari

sche Komponente im Kult der  Dea Dia  fügte sich folglich genau in das

polit ische Programm der Jahre nach Actium ein. Hier wurde das Ideal der

Georgica   in kultische Dimensionen umgesetzt. Die Vorstellungen, die dem

reorganisierten Kult der  Dea Dia  zugrunde lagen, deckten sich also mit

den großen ideologischen Themen der Jahre 29/28 v. Chr.:  Pietas  in Form

von Restauration des Kultes und der Tempel, Romulus-Nachfolge und  Pax.

3 K on t i nu i t ä t e n und D i s ko n t i nu i t ä t e n

Kapitol

Augustus rühmt sich in seinem Tatenbericht, er habe den kapitolinischen

IupptteT-Hem-pel

  mit gewaltigem Aufwand wiederherstellen lassen.

19

  Im

Zuge dieser Maßnahme verwandelte er das zentrale Staatsheiligtum Roms

zu einem auf Kaiser und Kaiserhaus ausgerichteten Zentrum des neuen

Kultes.

20

  Die Akten des Arvalkollegiums geben ein Bild davon, daß das

Kapitol die Kultstätte war, die von den Arvalbrüdern in ihrer Eigenschaft

als Priester des Herrscherkultes am häufigsten frequentiert wurde.

In der Regel fanden im Tempel des  Iuppiter Optimus Maximus  jährlich

am   3.  Jan uar die  vota  für das Wohlergehen des Kaisers statt. Ferner op

ferten die Arvalbrüder dort am Geburtstag der Kaiser und ihrer lebenden,

verstorbenen oder divinisierten Familienmitglieder. Bedeutende Tage für

die Regierung der Herrscher wie der  dies imperii,  d ie Üb ernah m e von

Konsulaten oder der  tribunicia potestas,  der Einzug in Rom, die Verlei

hung des pater-patriae-Titek  ode r der Tag der Ad op tion wurd en - je nach

Herrscher verschieden stark - in die Zeremonien der Arvalbrüder einbe

zogen, wenngleich eine deutliche religionspolitische Akzentverschiebung

19

 CapitoHum

  et Pompeium theatrum utrumque opus

 impensa

  grandi refed sine

väla inscriptione

  nominis mei.

  (Mon. Ana 20).

20

  Augustus entfernte eine Vielzahl der auf dem Kapitol aufgestellten Ehrensta

tuen (Suet. Cal. 34, 1) und nahm eigene Statuenweihungen vor. Zu den wichtigsten

Neuerungen baulicher Tätigkeit in der  area Capitolina  gehörten sicherlich der

luppiter-Tonans-Hempd   (Cass. Dio 54, 4, 2) und der Rundtempel für  Mars Ultor

(Cass.

 Dio 54, 8,3). Beide Bauwerke waren in ihrer Entstehung und Bedeutung mit

Person und Politik des Augustus verbunden.

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194

Babetc Edelmann

unter  den  einzelnen Kaisern zutage tritt, deren Tendenzen   im   folgenden

erläutert werden sollen.

Die kultischen Aktivitäten

  der

 Arvalen

 auf dem

 Kap itol un ter Tiberiu s

belegen,

21

  daß

  dieser

  den

  Herrscherku l t eher

  eng

  begrenzte.

  Nur

  seine

wichtigsten Lebensdaten,  die  seines Vorgängers Augustus   und se iner M ut

ter Livia wurden

  mit

 O pf ern gefeiert. D arü be r hinaus fanden lediglich aus

Anlaß einer Erkrankung kurz  vor  seinem   Tod  außerordentliche  vota

statt.

22

Demgegenüber lassen

  die

  kultischen A ktivitäte n un ter Caligula

23

  ins

gesamt eine deutliche quantitative Ausweitung   der  kapitolinischen Zere

monien erkennen. Zwar knüpf te  er mit  Opfern   am   Geburtstag   des Au

gustus

  und der

  Livia

  an

  t iberianische Gepflogenheiten

  an die

 k aiserliche

Familie scheint unter seiner Regentschaft aber eine völlig neue kultische

Würdigung erfahren  zu  haben.   Das  Kapitol rückte   er   dabei   in den  Mi t

te lpunkt

  der

  kultischen Verehrung

  des

  Kaiserhauses

  und der

  Dynast ie .

Neben seinem Vater Gennanicus  und  se iner Mutter Agrippina   I.  w u r de n

seine Großmutter Antonia sowie seine vierte Frau Milonia Caesonia   an

ihren Geburtstagen

  mit

 Op fern geehrt . A uc h

  der

 G ebur ts tag

  des

 Tiberius

w u r d e  als offizieller Festtag beibeha lten,

24

  wenngleich Caligula   die  D ivi -

nisierung seines Vorgängers n ich t vollzog.

25

 Die Verm utung liegt nahe,  daß

darüber hinaus auch Caligulas Schwester Drusilla

  -

  aufgrund

  der

  be son

deren Beziehung  zu ihrem B ruder  - an   ihrem Geburtstag   von den Arvalen

geehrt wurde.

Auch  die  Feiern   für den  Kaiser selbst wurden erheblich ausgeweitet:

D er dies imperii,  der Einzug   in Rom und der Tag  der Ann ahm e des  pater-

patriae-Tnels

  wurden

 von den

 Arvalpriestern jährlich

 mit

 Opfern

  auf dem

Kapitol gefeiert.

  Daß

  auc h tagesp olitische Ereignisse

  im

  Zeremoniell

  der

Arvalbrüder ihren Niederschlag fanden, zeigt sich   in  Opfern anläßlich  der

Aufdeckung

  der

 V erschwörung

  des

  Lentulus Gaetulicus

  im

 Jahr

 39.

F ür die Reg ierungszeit   des Claudius

26

  s ind Zeremonien   auf dem Kapitol

lediglich  aus  Anlaß   der  V erleihung   des pater-patjiae-Tizels  und am Ge

burtstag  des  Augustus belegt. Dies   ist zum einen  auf die äuß erst spärliche

Fundlage  für die Regierungsjahre   des  Claudius zurückzuführen,   auf der

anderen Seite

 muß man

  annehmen,

  daß die in den

  l i terarischen Qu ellen

2 1

  SCHEID   1998 7-24.

22

 Ebd.,   21;  vgl. auch   SCHEID   1990,   312f.

23

  SCHEID

  1998 25-42.

24

 Cass. D io  59,   3,  7.

25

 Zu  Caligulas Vorgehen  in der Frage  der  DivJnisierung des T iberius vgl.  ebd.

26

  SCHEID   1998 43-54.

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Aryalbrüder und Kaiserkult

195

dokumentierte Zurückhaltung dieses Kaisers in kultischen Angelegenhei

ten auch zu einer Reduzierung der arvalischen Aktivitäten führte.

N e r o

2 7

  hingegen dehnte den Umfang der Opfer wieder beträchtlich aus

und stellte vor allem seine Person, weniger seine Familie oder Vorgänger,

in den Mittelpunkt. Sein Geburtstag, Gelübde für sein Heil und seine

glückl iche Rückkehr sowie Amtsübernahmen und Imper ien bi ldeten den

Schwerpunkt der Opferzeremonien. Tagespolit ische Anlässe spielten zu

sätzlich eine besondere Rolle.

28

Templum Divi Augusti

In der sakralen Hierarchie des Arvalkultes stand das

  Templum Divi Au-

gusti  unmittelbar hinter dem Kapitol. Die Aussage Suetons über das Brük-

kenprojekt Caligulas

29

 un d die Ortsangab e

  in Palatio*

0

 der Arvalakten be

stätigen die Lage des Heiligtums in der Talsenke zwischen Kapitol und

Palann.

Die Daten der Opferzeremonien der Arvalbrüder beziehen sich unter

Caligula hauptsächlich auf den vergöttlichten Augustus. Die obligatori

schen Zeremonien der Arvalbrüder erfolgten an seinem  dies imperii,  an

läßlich der Konsulatsübernahme und am Tag seines Einzugs in die Stadt

nicht nur - wie bereits ei-wähnt - auf dem KapitoL, sondern auch vor dem

Heiligtum des vergöttl ichten Augustus. Da unter Caligula auch die übri

gen in den Arvalakten bezeugten Kultstätten in engem Bezug zu Augustus

standen,

31

  l iegt der Schluß nahe, Caligula habe versucht, sich unter Aus

klammerung des Tiberius unmittelbar in die Tradition des ersten Prinzeps

zu stellen, um dadurch seine Herrschaft zu legitimieren.

32

27

 Ebd., 55-95.

28

 Dazu zählen beispielsweise außerreguläre Gelübde

 pro

 saltae

 et

 reditu

 Neron is.

29

  [...]  super templum Divi Augusti ponte  transmisso  Palatmm  CapitoUwmque

coniuxit.

  (Suet. Cal. 22, 9).

30

  HÄNLEIN-SCHÄFER  1985,124 gelang

 es,

 plausibel nachzuweisen, daß die in den

Ai-valakten bezeichnete Lage des Tempels in Pabuio als Angabe der Region gedeu

tet werden muß. Es handelt sich hier um die regio

  X, Palatiwru,

 die sich bis in die

Talsenke des Forums erstreckte.

31

 Als Beispiele seien hier nur die

 ara

 Providentiae,

 die

 ara Paris

 oder das Stand

bild des Augustus am Marcellustheater erwähnt.

32

 Diese enge Bezugnahme auf Augustus wird u. a. durch ein Opfer am

 23.

 April

38 n. Chr. sehr deutlich  (SCHEID  1998, 30, Z.

 26).

  Dabei opferten die Arvalbrüder

vor einer Statue des Augustus beim M arcellustheater. Der

 23.

 April war der

 Tag

 der

Dedikation des Kultbildes durch Livia und Tiberius im Jahr 22 n. Chr. (vgl. auch

Cass.

 Dio 59, 3, 7).

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  96

Babett Edelmann

In ähnlicher Weise scheint Nero den Bezug zu Augustus gesucht zu

haben, dehnte er doch sogar die jährlichen  vota  auf den Tempel des   Divus

Augustus  aus un d feierte eben so wie Caligula die Jahrestage seines K on

sulates und seines

 dies imperii

  nicht nur auf dem Kapitol, sondern auch im

Augustustempel. Die Bedeutung der Arvalbrüder für die Inszenierung von

Opfern aus aktuellem polit ischem Anlaß spiegelt sich in einem Opfer am

23. Jun i 59. A n diesem Tag vollzogen die Ai-valbrüder Op fer auf dem

Kapitol, im Augustustempel und auf dem Augustusforum- Grund dieser

Opferprozession durc h die gesamte Stadt w ar die Sorge u m das W ohl des

Kaisers und seine Rückkehr nach Rom, das er nach der Ermordung Agrip-

pinas im März verlassen hatte.

33

Vor allem Caligula und Nero nutzten das Prestige, das sich mit dem

Augustustempel verband, um ihren Herrschaftsanspruch an bedeutenden

Tagen der Dynastie - im besonderen an solchen Tagen, die einen Bezug zu

Augustus herzustellen vermochten - durch Opfer zu legitimieren und sich

in die Tradition des ersten Prinzeps zu stellen. Die Person des Augustus

spielte mithin als Legitimationsargument im Herrscherkult seiner Nach

folger eine zentrale Rolle.

Die psychologische Komponente öffentlicher Sakralhandlungen, wie sie

die Arvalbrüder zelebrierten, darf nicht unterschätzt werden. Das legen

auch die Opfer der Arvalen auf dem Kapitol und im Tempel des  Divus

Augustus  anläßl ich der Rückkehr Neros nach der Ermordung seiner Mut

ter nahe. Die Botschaft, die dadurch vermittelt wurde, lautete: Rechtfer

t igung der Tat im Namen des Augustus und Sanktionierung dieser und

künftiger Maßnahmen kraft dynastischer Tra<dition.

Die Einbindung der Arvalbruderschaft und ihrer religiösen Kulthand

lungen in den Herrscherkult eröffnete den römischen Herrschern also

zum einen die Möglichkeit, die sich von Kaiser zu Kaiser wandelnden

polit isch-dynastischen Ausrichtungen nach außen zu tragen, zum anderen

boten sie aber auch ein flexibles Instrumentarium, das in der Lage war,

kurzfristig auf tagespolitische Ereignisse zu reagieren und vor allem durch

die kultische Topographie gezielt Botschaften an die Öffentlichkeit zu

transportieren. Die polit ische Inanspruchnahme der Arvalbruderschaft be

saß darüber hinaus aufgrund ihrer lokalen Ungebundenheit

34

  e inen mani-

pulativen Spielraum, der es ermöglichte, je nach Maßgabe der Erforder

nisse eine den kultischen Ereignissen angemessene und deren Aussage un

terstützende Topographie zu wählen.

33

 Tac. A nn. 14, 10, 3; 14, 13,  1;  vgl. auch   SCHEID   1990, 394-400.

34

 Erst ab dem Jahr

  7

 n . Chr. scheint der Tempel der  Concordia  auf dem  Forum

Komanum

  dem Kollegium der Arvales

 fratres

  als stadtrömischer Sitz zugewiesen

worden zu sein   (SCHEID   1998, 146ff.)-

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Arvalbrüder und Kaiserkult

197

4 Diskrepanzen zwischen den historischen Quel len

und den Arvalakten

Aedis Apollims

Das erste Beispiel der

  Aedis Apollinis^

  soll den Fall einer Kultstätte

  auf-

zeigen, die in den literarischen Quellen als Zentrum des Kaiserkultes dar

gestellt ist, in den Arvalakten aber nicht erwähnt wird.

36

  Die literarischen

Quellen zum Tempel des

  Apollo Palatinos

  vermitteln den Eindruck, diese

Kultstätte sei - vor allem wegen ihres engen Bezuges zum Haus des Au

gustus - als eine der zentralen Stätten des Herrscherkultes konzipiert wor

den. In den Arvalakten der julisch-claudischen Epoche erscheint der Tem

pel des palatinischen

  Apoll

  jedoch lediglich ein einziges Mal irn Juni 15

n.Chr. anläßlich der Kooptation eines neuen Mitglieds der Bruderschaft.

Im Spiegel der Arvalakten scheint der

  Apoll-Tempel

  also keine zentrale

Bedeutung für den Kaiserkult der julisch-claudischen Epoche besessen zu

haben Eine Erklärung dieser Diskrepanz zwischen literarischen Quellen

und Arvalakten könnte in der von Augustus in den Jahren vor und nach

Actium präferierten

37

  hellenistischen Prägung des A^o//-Kultes vermutet

werden.

  Apoll

  nahm für ihn in dieser Phase eine zentrale Position als der

Gott ein, der das neue Zeitalter symbolisierte.

3

* Das unterstreichen auch

die Münzemissionen der Jahre vor 27 v. Chr.,

3

* die eine Angleichung der

Bildnisse vo n Apoll  und Augustus erkennen lassen.

40

 Daneben verzeichnen

35

 Als wichtigste Beispiele seien hier nur Ov. fast. 4,

  953f State Palatvnae laurus

y

praetextaque queren /stet domus: aetemos tres, habet una deos\ Asc on. tog. can d 80

his temporibus

...

  nobüissima

 und Vell. 2, 81, 3

 ab eo (Au gusto) singidari extrttctttm

munificentia, est

  zitiert. VgL auch Mon. Ana 4, 1; Prop. 2, 31, 9f£j Plin. nat 34, 24,

32; Suet. Aug. 29, 3; los. bell. lud. 2, 81; Ov. trist. 3, 1, 60; Serv. Aen. 8, 720; Verg.

georg. 3. Der Tempel des palatinischen   Apoll  war aus Anlaß des Sieges von Nau-

locho s gegen Sex. Pom peius gelobt wo rde n Cass. Dio 49, 15, 5). Seine Ded ikation

fand am 9. Okto ber 28 v . Chr. statt. Cass. Di o 53, 1, 3; Fasti Arval. [Inscr. It. XIII

2,  37]).

3 6

  Vgl. C ARE TTON I 1988; GR OS 1993.

37

  Die nach dem Muster hellenistischer Palast-Heiligtümer - vor allem dem der

pergamenischen Ak ropolis, die gleichzeitig W ohnsitz der Attaliden un d Tempel der

Athena war - errichtete Anlage des

  Apollo-Palatinus-Tempeh

  unterstreicht diese

Annahme vgl  ZANKER  1983).

38

  D ie Ü berführung d er sibyllinischen Bücher auf den Palatin Suet. Aug . 31)

sowie die Saecularspiele 17 v. Chr. zeugen von dieser Bedeutung des palatmischen

Apoll  für Augustus.

39

  LlEGLE 1991.

4 0

  Vgl. A LF ÖL DI 1973, 51; LAMBRECHTS 1988.

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198

Babett Edelmann

die Fasten der Arvalbrüder einen Festtag am 9. Oktober - also dem Tag

der Weihe des Apo//-Tempels ~ eines Jahres vor 21 v. Chr.

41

  Dieser Festtag

belegt, daß die Arvalbrüder zu dieser Zeit als Träger des Kaiserkultes sehr

wohl auch dem palatinischen

 Apoll

  opferten, diesem Gott also in den 20er

Jahren des ersten Jahrhunderts v. Chr. noch eine besondere Rolle im kul

tischen Ritual der Arvalbrüder zugedacht war. Danach aber tauchen -

abgesehen von der Kooptation des Jahres 15 n. Chr. - weder  Apoll  noch

sein palatinischer Tempel in den Akten der Axvalbruderschaft wieder auf.

Daher drängt sich der Eindruck auf, Augustus habe ein Seheitern seiner

griechisch-hellenistisch geprägten apollinischen Politik der frühen Jahre

sowohl auf dem religiösen als auch auf dem politischen Sektor befürchtet

und daraufhin den Versuch zugunsten einer formal eher republikanisch

konservativen Politik aufgegeben. Das bedeutete, daß in der Folgezeit der

Apo//-Kult hellenistischer Ausprägung zumindest im Rahmen der Vereh

rung des Prinzeps und seiner Familie traditionell römischen oder neuen

augusteischen Göttern weichen mußte.

Dieses politische Umdenken des Augustus nach dem Jahr 27 v. Chr.

zeigt sich auch im Umgang mit dem Kult des

  Divus Iulius.

  Der Bau des

Divus-Iulius-Üem peh

  auf dem F orum fiel noc h in eine Zeit, in der die

Anlehnung an das Erbe des vergöttlichten Caesar stark propagiert wurde.

Die Errichtung des Augustus-Mausoleums, des Apo//-Tempels und des

Pantheon s ergeben gemeinsam m it dem Bau dieses neuen Tempels das Bild

eines Plans, in dessen Mittelpunkt die Errichtung einer Monarchie nach

hellenistischem Modell stand. Nach Actdum und der Überwindung der

Gegner, spätestens aber nach de m Januar 27 v. Chr. galt es, eine neue

innenpolitische Ordnung zu errichten, die der Sonderstellung des Augu

stus eine dauerhafte Basis verlieh. Die neue Machtposition war nicht ohne

Kompromisse und Zugeständnisse an Senat und Aristokratie zu halten.

Dieser Situation hätte die kultische Verehrung Caesars sowenig entspro

chen wie die Einbeziehung des

 Apoll

  in den Herrscherkult. Daher spielte

der

  Divus Iulius

  im Kaiserkult der Arvalen ebensowenig eine Rolle wie

der  Apollo Palatinus.

Ära Providentiae

Mit d em Altar der

 Providentia

  kehrt sich das bisher vorgegebene Schema

um ,

  d. h. hier liegt eine offensichtlich bedeutsame Stätte des He rrsch er

kultes vor, die uns in den literarischen Quellen nicht begegnet. Die

  ara

41

 Fasti Azval. Inscr. It. 20 D 2, 37).

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Arvalbrüder und Kaiserkult

199

Providentiae

  ist lediglich auf einer M ün ze au s tiberischer Ze it belegt, auf

der vor allern ihre Ähnlichkeit mit der

  ara Pacis

  auffallt.

42

Für die Zeit Caligulas sind zwei Zeremonien an dieser Ara nachgewie

sen,

43

  die über die Lage des Altars und seine Bedeutung Aufschluß geben

kö nne n. Vo r a l lem das D atu m des 26. Ju ni, an d em die Arvalen i m Jahr 38

n. Chr. ein Opfer an der

  ara Providentiae

  darbrach ten, rüc kt dabei in den

Mit te lpunkt der Erwägungen.

Bis vor wenigen Jahren wurde aufgrund der numismatischen Beweise

als hypothetisches Jahr der Errichtung bzw. Dedikation des Altars der

Providentia

  das Jah r 29 n. C hr . angen om me n, das  25. Jahr nach der A d

opt ion des Tiber ius. Diese Vermutung wurde jedoch durch das von  WER

NER

  ECK

  1996 publizierte

  senatus consultum

  über den Prozeß gegen

  Cn.

Calpitrnius Piso  aus dem Jahr 20 n. Chr. widerlegt.

44

  In diesem Senatsbe

schluß heißt es, der Name des Piso sei aus dem Titulus einer Statue des

Germanicus zu entfernen, welche die

  sodales Augustales »in campo ad

aram Prouidentiae«

45

  aufgestellt hätten . D er Altar m u ß folglich spätestens

am Todestag des Germ anicu s, dem 10. O kt ob er 19 n. Ch r. , bestanden ha

ben. Es stell t sich' daher die Frage nach Zeitp un kt u n d G ru nd seiner E r

richtung. Die Arvalakten liefern einige Anhaltspunkte für die Beantwor

tung, vor allem, wenn man arvalische Kulthandlungen an der

  ara Provi

dentiae

  mit jenen an der

  ara Pacis

 vergleicht. A m

  30.

 Jan uar un d am 4. Juli

38 n. C hr . fande n Opfer an der

 ara Pacis

 statt. Dab ei han delte es sich beim

4.Juli um den Jahrestag ihrer Stif tung

  [dedicatio)

  im Jahr 13 v .C h r . /

6

wa hrend der 30. Janua r 9 v. C hr. den Tag ihrer Weihe  constitutio)  mar

kierte.

47

  Das Opfer der Arvalen am 26-Juni 38 n. Chr. könnte nun - par

allel dazu ~ den Jahrestag der Stiftung der

  ara Providentiae

  gefeiert haben.

Da wir annehmen können, daß Caiigula den Jahrestag der Adoption seines

wenig geliebten Vorgängers, dessen Divinisierung er , wenn nicht verhin

dert , so doch zumindest nicht wirklich forciert hat/

8

  nicht zum Anlaß für

42

  BMCRomEmp I, 139ff. Nr. 146-450.

43

 Am 26. Juni 38 n. Chr . fand ein Opfer

  in

 campo grippae

 ad aram Prouiden-

tiae Augustae

 statt  (SCHEID  1998, 30, Z.56), das den Jahrestag der Adoption des

Tiberius feiert (4 n. Chr.) (vgl. Vell. 2, 103, 3). Eine zweite Zeremonie wurde zwi

schen dem 16. und 25. Oktober 39 n. Chr.

 ad aram Proaidenüa{e  Augustae]

 ver

zeichnet  (SCHEID  1998, 37, Z.5). Die Vermutung, der Anlaß habe in Zusammen

hang mit der Verschwörung des Lenculus Gaetulicus gestanden, scheint sinnvoll

(Cass.

 Dio 59, 22, 5; Suet. Cl. 9).

44

  E C K 1996.

45

 Ebd., 45.

46

 Fasti Amit. (Inscr. It. XIII 2, 176).

47

 Fasn Praen. (Inscr. It. X11I 2, 116f.).

48

 Cass. D io 59, 3, 7.

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2

Babett Edelmann

Opfer gewählt hat, und weil die

  Providentia Augusta

  die Voraussicht des

ersten Prinzeps für den Erhalt der gesamten Dynastie symbolisierte, .läßt

sich die These aufstellen, Tiberius selbst habe die

 ara Providentuie

  in Ver

bind ung z um Tag seiner A do pti on gesetzt . In diesem Fall wurde sie am

26. Jun i entw eder gestiftet o der geweiht. N u r so erklä rt sich, daß C aligula -

parallel zum Opfer am Stiftuixgstag der

  ara Paris

  - auch am Stiftungstag

der

  ara Providentuie

  ein O pfe r vo n de r Ai-valpriesterschaft dar brin ge n

ließ.

Daraus ergeben sich einige Schlußfolgerungen für die Einbindung der

ara Providentuie

  in de n HeiTScherkult. Bei de r Verehru ng de r

  Providentia

handelte es sich um einen Kult der klugen Voraussicht des Augustus, der

mit der Regelung seiner Nachfolge für den Staat Sorge getragen hatte. Daß

eine Statue des Germamcus bei dem Altar stand, kann nicht verwundern,

hatte doch Augustus vorausschauend dafür gesorgt, daß Tiberius - even

tuell sogar am selben Tag seiner Adoption durch Augustus, am   26. Jun i, -

Germamcus adoptierte. Die

  Providentia

  be zo g sich also nicht n u r auf die

direkte Nachfolge des Augustus, sondern auf den Erhalt der julischen

Dynast ie überhaupt .

Das führt wiederum zu der Frage, wann beschlossen wurde, dieser au

gusteischen Eigenschaft einen Kult zu stiften und einen Altar zu errichten.

Es ist möglich, daß Adoption und Beschluß über den Bau des Altars in

dasselbe Ja h r 4 n. C hr . fielen. N ac h dem To d d er potentiellen E rbe n C .

un d L. Caesar muß te beto nt we rden, daß die Dyn astie fortleben werde

und die Voraussicht des Augustus nicht versagt hatte.

49

Als Standort des Altars wird gemeinhin die der

  ara Paris

  gegenüberlie

gende Seite der

  via Flaminia

  auf dem

  campus Agrippae

  angenommen. Es

49

  Dagegen argumentiert  ECK,  es sei angesichts der unglücklichen Nachfolgere

gelung 4 n. Chr. für Senat und Prinzeps untypisch gewesen, die hypothetische

Nachfolge noch zu Lebzeiten des Augustus mit einem Altar zu ehren. Er hält es für

wahrscheinlicher, daß der Altar zwischen Herbst 14 und 17 n. Chr. errichtet wur

de.

  Dafür spräche, so  ECK,  auch die Nichterwähnung des Baus in den  Res Gestae,

die zuletzt 13 n. Chr. überarbeitet wurden  (ECK  1996, 200). Dem ist jedoch ent

gegenzuhalten, daß auch andere gesicherte augusteische Altäre keine Erwähnung in

den

 Res Gestae

 fanden. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang eine mögliche

Ergänzung der

 Fasti Praenestini,

  die

  RÜSSEL SCOTT

  für den

  17.

 Januar vorschlägt,

d. h. den Tag, für den seit  MOMMSENS  Ergänzung die

 dedicatio

  einer

 ara numinis

Augusti angenommen wird (Inscr. It- XIII 2 ,115).  SCOTT geht- anders als  M O M M -

SEN - davon aus, daß es sich hier nicht um den Jahrestag der Dedikation einer

 ara

numinis Augusti handele, sondern um den Tag, an dem im Jahr  oder 7 n. Chr. die

ara Providentuie

 von Tiberius geweiht worden sei, was angesichts einer Stiftung am

26L Juni 4 möglich erscheint  (SCOTT  1982, 441).

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Arvalbrüder

 und

 Kaiserkult

201

wird dabei stets  von  einem engen architektonischen  und  propagandisti

schen Zusammenhang zwischen beiden Bauwerken ausgegangen.

50

  Die

Ausführungen

  von

  EDMUND BUCHNER

  zur ara Pacis

  haben indes deutlich

gemacht,

  daß

  dieser Altar

  in

  direkter Beziehung

  zum

  Horologium

  des

Augustus stand  und  sogar topographisch  in  dessen Liniensystem einbe

zogen war.

51

  Darüber hinaus haben bereits

  die

  Ausgrabungen

  1937 ge-

zeigt, daß der Altar 35 m von der via  Flaminia  entfernt  lag.  Diese Entfer

nung ist zu groß, als daß von  einem architektonischen Gesamtkonzept von

ara  acis

 und

 ara Providentuie

  auszugehen wäre. Ferner

 ist

 kein Sinn darin

erkennbar,  auf der Rückseite  der ara Pacis  einen zweiten Altar ähnlicher

Bauweise

 zu

 errichten.

 Die

 Annahme,

 die

 ara Providendae

  sei in die

 Park-

und Gartenanlage

  des

  campus Agrippae

  landschaftlich eingebunden

  ge-

wesen, erscheint daher weitaus wahrscheinlicher, zumal  die ara  Providen

tiae

  nur

  ihren Eigenwert eingebüßt hätte, wäre

  sie in den

  topographisch

und ideologisch aufeinander abgestimmten Komplex der

 ara Pacis und der

Sonnenuhr eingebunden worden.

Die Altäre der Pax Augusta

  und der

 Providentia Augu sta  standen

 wie

kaum

  ein

  anderes Bauwerk

für die

  kultische Verehrung

  des

 Augustus

  zu

seinen Lebzeiten.  Sie  symbolisierten nicht nur den Frieden und die Vor

aussicht

  bzw.

 eine

 Are

 göttlicher Vorsehung, sondern Au gustus selbst trat

als

 die

 Person ifikation dieses Friedens

 und

 dieser Vorsehung

  auf. Die Op-

fer der fratres Arvales  unter Caligula an  diesen Altären schlugen gleichsam

eine Brücke

  zu

 Augustus

 und

 dienten somit

  der

 Legitimation

  der

 eigenen

Herrschaft. Caliguks Weg zur Apotheose verlief also über die A bstraktio

nen, die seine Vorgänger etabliert hatten. Schon darin wird deutlich, daß es

nur

  ein

  kleiner Schritt

  vom

  Kult

  für Pax und Providentia  zum

 Kult

  für

Augustus selbst

 war.

 Daher

  ist

  schwer vorstellbar,

  daß die

 Masse

 der Be-

völkerung  die  intellektuelle Trennlinie zwischen  der Verehrung  der Ab-

straktionen

  des

  Kaisers

 und der

  kultischen Verehrung

  des

  Kaisers selbst

vollzog.

52

50

  VgL u. a.  R O D D A Z  1984 127;  TORELLI  1999 166.

5 1

  B U C H N E R

  1976.

52

  Außer

 den

 Altarbauten

 für Pax

Providentia

  und

 Gens IuUa sind

 in

 den über

lieferten Fragmenten der Arvalakten k eine Altäre als Ku lt- und O pferstatten belegt.

Die großen literarisch

 und

 epigraphisch b elegten augusteischen A ltäre

 wie die ara

Fortuna Reducis

  oder die ara

  Cereris Matris

 et

 O pis Augustae

  werd en dort nicht als

Kultstätten aufgeführt.

  Sie

  dürften aber durch ihre

 auf den

  ersten Prinzeps zuge

schnittene Erscheinung  das  Gesamtbild  des  Herrscherkoltes  in Rom  mitgeprägt

und einen entscheidenden Beitrag

  zur

 Visualisierung seiner kultischen Sonderstel

lung geleistet haben.

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2 2

Babett Edelmann

5

  fratres Arvales

  - P riestersc haft m it Son der Status?

Abschließend sollen die Arvalbrüder noch einmal als Träger des Kaiser

kultes in den Mittelpunkt rücken und der Frage nachgegangen werden, ob

diese stadtrömische Priesterschaft tatsächlich die Sonderstellung besaß, die

die einmalige Quellenlage glauben macht. Sind die Akten der Arvalen also

überliefert, weil sie tatsächlich eine außergewöhnliche Stellung im römi

schen Kaiserkult besaßen, oder verdanken sie ihre heutige Bedeutung nur

dem Umstand, daß ihre Akten überliefert sind? Eine Antwort auf diese

Frage ergibt sich, wenn man die Rolle des Augustusforums im Zeremo

niell der Arvalbrüder beleuchtet.

Daß Augustus die Anlage des Forums mit dem Tempel

  des Mars Ultor

als zentrales Projekt betrachtete, entnehmen wir seinen

  Res GestaeP

  D a

he r ist es - w ie im Fall des

 Apollo-Palatinus-Tem pels

  - verwun derlich, daß

in den Arvalakten nur zwei Opferzeremonien auf dem Augustusforum

verzeichnet sind, die beide in die Sommermonate des Jahres 59 n. Chr.

fallen,

54

  daß also weder Tiberius noch Gaius oder Claudius den Arvalen

den Auftrag erteilten, hier zu opfern.

Einen Erkläningsansatz bietet eine Inschrift der Salier am Tempel des

Mars Ultor die über die Rolle dieser Priesterschaft im Kult des Mars

Auskunft gibt.

55

  Die Inschrif t berichtet davon, daß die Gebäude der pa-

latinischen Salier - Aufbewahrungsorte der heiligen Waffen des Mars -

von den

  pontifices

  der Vesta wiederhergestell t wurden. Diese Nachricht

läßt sich so deu ten , da ß die Waffen in der Kaiserzeit wo hl nic ht m eh r - wie

zu republikanischer Zeit - in der

  regia

  aufbewahrt wurden, sondern im

neu errichteten Tempel des

  Mars Ultor

  auf dem Forum. Diese lokale Ver

änderung könnte aus einer Neuorganisation des Salierkultes unter Au

gustus resultiert haben, der spätestens mit der Übernahme des Ober-

pontifikats 6. M är z 12 v. Ch r.) die sakralrechtliche K om pe ten z für eine

derartige Neuerung besessen hätte. Die Neuordnung sah demzufolge eine

stärkere Anlehnung des Salierkultes an den Kult des

  Mars Ultor

  vor . Daß

besonders die in der Inschrift erwähnten palatinischen Salier davon be

troffen wa ren, erklärt sich aus der k ultischen Praxis, de nn d ie palatinischen

Salier waren gemeinsam mit dem

  flamen Martialis

  dem Mars als Priester

schaft zugeordnet. Es wäre für Augustus also naheliegend gewesen, gerade

dieser hoch angesehenen Priesterschaft die neue Kultstätte zuzuweisen.

56

53

 Mon. Anc. 21.

54

  SCHEID 1998, 71.

55

  CIL VI 2158 = ILS

  9 ;

 vgl.

  HERZ

  1996.

56

  H E R 2 1996, 268.

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Arvalbruder und Kaiserkult

2 3

Die Nachr icht in den

  Res Gestae

  von der Aufnahme des Augustusnamens

in das Salierlied

57

  ist ein weiteres Indiz dafür, daß Augustus auch zu dieser

SodaKtät enge Verbindungen pflegte und daß möglicherweise auch die pa-

latinischen Salier auf Kaiserkult und Kaiserhaus ausgerichtet wurden. Hat

ma n hier also die- kultische N euo rgan isatio n einer archaischen Priester

schaft mit speziellen Funktionen im Kaiserkult nach dem Modell der Ar

valbrüder anzunehmen? Betrachtet man die ideologische Gestaltung und

Symbolik des Augustusforums, ist es durchaus denkbar, daß die palatini-

schen Salier mit ihrem Umzug auf das   Forum Augustum   eine verstärk te

Einbindung in den Kaiserkult erfuhren, eventuell unter einem militäri

schen Aspekt.

58

  Trifft diese Hypothese zu, fiele ein relativierendes Licht

auf die Arvalbrüder, da anzunehmen wäre, sie seien eine unter vielen auf

den Kaiserkult ausgerichteten Priesterschaften und Sodalitäten gewesen,

die ihren Sonderstatus heute lediglich dem Umstand verdankt, daß ihre

Akten überliefert sind. Die Anzahl der auf den Herrscherkult bezogenen

Kulthandlungen müßte entsprechend um ein Vielfaches erweitert und die

Frage nach der kultischen Zurückhaltung des Augustus in Rom neu be

werte t werden.

Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, daß die kulti

sche Topographie des Herrscherkultes in Rom, wie sie uns in den Arval-

akten entgegentritt, lediglich einen Bruchteil der Realität vermittelt.

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57

 Mon. A na 10.

58

 Der militärische Aspekt ergäbe sich aus der Verbindung der  alii mit dem G ott

Mars.

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  egionale Studien

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Kaiserkult und Kaiserverehrung in den Koina

des griechischen Mutterlandes

von

K A J A H A R T E R - U I B O P X T U

Eine der offensichtlichsten Änderungen im öffentlichen Leben der grie

chischen Polis in der Kaiserzeit war die Einführung des Kaiserkultes. Epi

graphische literarische und archäologische Quellen geben Auskunft über

die Organisation der Feierlichkeiten für die neuen Götter und die Bauten

zu deren Ehren. Dieses Phänomen soll hier auch auf der Ebene der Koina

untersucht werden um die Frage erörtern zu können wie sich diese den

Poleis übergeordneten Institutionen verhielten. Zu erwarten sind dabei -

soviel sei vorweggenommen - die Einführung neuer Priesterämter ebenso

wie die Einrichtung von Feierlichkeiten. Genauso sollen die Quellen zur

Kaiserverehrung auf genom men w erden we nn de nn eine scharfe T rennung

dieser beiden Phänomene möglich ist. Ehrenstatuen und Feierlichkeiten

bei denen die göttlichen Kaiser im M ittel pu nk t stehen kö nn en - auch

wenn Kulthandlungen nicht dezidiert erwähnt sind - Licht auf die Ein

stellung der Koina zum Kaiser in Rom werfen. Eine Gegenüberstellung

der Quellen zum Kaiserkult mit den Quellen zu anderen Kulten und dem

politischen Bereich der Koina soll Aussagen zur Stellung des Kaiserkultes

in den einzelnen Koina ermöglichen.

1

  Im Mittelpunkt meines Beitrages

steht damit weniger eine Studie der möglichen Formen und religiösen

As pek te des Ka iserku ltes wie er vo n den verschieden en Ko ina gepflegt

wu rde sondern eine Un tersu chu ng der Au sw irkun g der Einführung des

Kaiserkultes auf die Koina. Die Träger des Kultes sind dabei von größerem

Interesse als die Ge ehrte n dah er w erde n auch Fragen nach der Selbstver

waltung Rechtsprechung und ähnlichen öffentlich-rechtlichen Gebieten

gestellt.

1

  Die Idee zur vorliegenden Studie entstand im Rahmen meines Habilitations-

vorhabens »Lokale Autonomie und römische Einflußnahme. Die Verfassung und

Verwaltung der Poleis der römischen Provinz Achaia«.

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210

Kaja

 Harter-Uibopuu

Zunächst werden die landschaftlichen Organisationen des Mutterlandes

anhand dreier Beispiele untersucht: das Koinon der Thessaler, das Koinon

der Boioter und das Koinon der Eleutherolakonen.

2

  Dabei sind vor allem

die Stellung der Mitgliedsstädte innerhalb des Koinons und ihr Verhältnis

zur Bundesleitung von Interesse, die sich auch in einer interessanten Ge

wichtung der Kultaktivitäten widerspiegeln: Neben den Bundesstaaten,

die als Vertretung einzelner Poleis auch in der Kaiserzeit weiterlebten,

existierten auch überregionale Verbände, in denen Poleis ebenso wie Bun

desstaaten zusammengeschlossen waren. So stehen im zweiten Teil der

vorliegenden Studie die Panachäer, die Amphiktyonie von Delphi und das

Panhellenion im Mittelpunkt. Auch in diesen Organisationen wurde der

Kaiserkult eingeführt, im Falle des Panhellenion bildete er sogar den Kern

der Bundesaktivitäten.

In der gebotenen Kürze soll auch das Problem eines »Provinzialland-

tages« der Provinz Achaia angesprochen werden. Die meisten anderen

Pro vinzen des römischen Reiches hatten eine Provinzialversamm lung, die

Hauptträger des Kaiserkultes war und eine Vertretung der Städte gegen

über dem Kaiser wahrnahm. Warum läßt sich weder unter den landschaft

lichen Organisationen noch unter den überregionalen Verbänden die Vor

machtstellung eines einzelnen ausmachen, der als

  concilium Achaiae

  ange

sprochen werden könnte? Ein kurzer historischer Rückblick und ein Aus

blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse sollen im jeweiligen Fall die

möglichen Gründe für den vorherrschenden Pardkularismus verdeutli

chen.

Die landschaftl ichen Organisationen

Sowohl auf der Peloponnes als auch in Mittelgriechenland - also dem

Kerngebiet der späteren römischen Provinz Achaia - beherrschten wäh

rend  des  Hellenismus Bundesstaaten das politische Geschehen. Ihr Wei

terleben und ihre Entwicklung sind für das 2 und 1.Jh. v.Chr. unter

sucht, eine eingehende Studie zu den Koiia in der Kaiserzeit fehlt derzeit

noch.

3

  Für diese Zeit der Eingliederung Griechenlands in das Imperium

Romanum stellt sich vor allem die Frage nach den Funktionsweisen der

Koina in politischer Abhängigkeit und deren Tätigkeitsbereichen.

2

 Das Koinon der Achaer, das in der zu untersuchenden Zeit die meisten Zeug

nisse hinterlassen hat und zu den aktivsten Organisationen des Mutterlandes

gezählt werden kann, ist Gegenstand einer noch unveröffendichten Studie von

A. HUPFLOHER.

3

  MARTIN 1984.

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Kaiserkult und Kaiserverehmng

211

Das Thessalische Koinon

197 v. Chr., nach der Niederlage bei Kynoskephalai, mußte Makedonien

alle griechischen Gebiete an Rom abtreten, darunter auch Thessalien.

4

196

v. Chr. wurde das Thessalische Koinon wieder gegründet, wobei es keine

direkten Hinweise auf römische Einflußnahme auf die Gestaltung der

Bundesverfassung gibt. Interessant ist aber, daß Livius von einem Ein

greifen des Flamininus in die Stadtverfassungen in Thessalien berichtet, in

denen er den Rat und die Richterstellen nach dem Vermögen besetzte.

5

Das Koinon selbst scheint seit dieser Zeit keine primäre Bundesversamm

lung mehr besessen zu haben, die Entscheidungen wurden von einem Syn-

edrion von Repräsentanten gefällt, das unter der Leitung eines Strategos

stand.

6

  Beachtlich ist die Sonderstellung, die Thessalien um die Mitte des

2.

 Jh. v. Chr . innehatte: es behielt die v o n F lamininus zugesicherte Freiheit

auch nach seiner Angliederung an die Provinz Macedonia und wurde 146

v. Chr. nicht aufgelöst.

7

31 v. C hr . gelangte Thessalien unter Octavians Kontrolle, der es zum

Eckstein seines G riechenlandprogramm es machte. Bereits 27/6 v. Chr. war

er selbst Strategos des Koinons (IG EX 2, 415b) und schlug diesem die

Gebiete der Ainanen, Oitaier und Doloper zu. Seit dieser Zeit führte das

Koinon - um den Kaiser zu ehren - den Namen

  Sehasteon

Verschiedene

Gründe werd en für Augu stus Interesse an Thessalien genannt, darunter

die Mög lichkeit, eine Kontrolle für Makedonien zu haben, der große land

wirtschaftliche Reichtum in den Ebenen und die Ressourcen für die Ka

vallerie. Darüber hinaus bestanden zumindest seit Flamininus

>

  Eingreifen

in die Stadtverfassungen gute Kontakte zwischen der herrschenden Schicht

in Thessalien und dem römischen Senat.

8

Die Institutionen des Koinons in der Kaiserzeit sind bekannt: die Ent

scheidungsfindung oblag dem Bundesrat (Synedrion),

9

  der unter der Lei

tung eines eponymen Strategen stand, welcher durch Inschriften und

Münzen gut belegt ist. Dazu findet sich ein Grammateus als stellvertre

tender Leiter. Im Hipparchos und im Tarantinarchos haben sich alte mi

litärische Ämter erhalten, wenn auch der genaue Aufgabenbereich nicht

bekannt ist.

10

  Weiterhin wurd en der Kult der Athena Itonia in Philia -

4

 Pol. 18,44,3; Liv. 33,30,2.

5

 Liv. 34,51,4-4.

6

  MARTIN  1984,  12 64.

7

  LASSEN 1938, 219-220; MARTIN  1984,

 38ff.

6

  BUKKER  1993, 5ff;  HEIJLY  1980, 35; zur weiteren Geschichte siehe  HABICHT

1987.

9

 SEG 37, 492 und 493

10

  HELLY  1980,  37ff.

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212

Kaja Hairer-Uibopuu

hierbei handelt es sich wohl um das Bundesheiligtum - und des Zeus

Eleutherios vom Koinon gepflegt Die Münzprägung Thessaliens in der

Kaiserzeit zeigt, daß stets eine Bundesprägung vorgenommen wurde, in

der die Münzen nach den Stra tegen dat ier t wurden. Neben Münzen mit

Kaiseipor trä ts werden auch Münzen ohne  dieses geprägt, sogenannte

pseudoautonome Münzen. Zu Zei ten des Augustus, Tiber ius und Clau

dius findet sich zusätzlich ein für Griechenland einzigartiger Münztyp, der

lediglich das Po rträ t und die Um schrif t  Thessalon Sebasteon  trägt, ein Zei

chen für das Selbstbewußtsein des Koinons.

11

  Die Tatsache, daß die Bun

desprägung bis in die Zeit des Gallienus vorherrschend war, zeigt den

engen Zusammenhalt der thessalischen Städte und die relativ starke Stel

lung des Koinons.

Zu den Aktivitäten des Koinons wird neben der Selbstverwaltung stets

die Gerichtsbarkeit angeführt, die durch zwei Textzeugnisse belegt ist. IG

IX 2, 261 enthält Regelungen in einem Grenzstreit zwischen den beiden

thessalischen Städten Kierion und Metropolis. Sie hatten sich an den rö

m ischen Legaten C. Po ppa eus Sabinus g ewandt, der seinerseits dem

Grammateus des Synedrions des thessalischen Koinons ein Schreiben zu

kommen ließ, in dem er das Synedrion aufforderte, die Angelegenheit al

leine zu entscheiden. Daraufhin fand vor dem Synedrion eine Verhandlung

statt , deren Ausgang in einer geheimen Abstimmung bestimmt -wurde.

Deutlich zeigt der Text, daß in den Augen des römischen Legaten das

Koinon selbst für die Verwaltung seiner Gebiete zuständig war, vor ver

allgemeinernden Aussagen muß aber gewarnt werden, da im Fall der Strei

t igkei ten zwischen Lamia und Hypata der römische Amtsträger , der Pro-

consul unter Hadrian, den Konflikt selbst entschied und von einer Mit

wirkung des Koinons, das zu dieser Zeit sicher noch bestand, nicht ge

sprochen werden kann.

12

  Auch der zweite Text zur Ger ichtsbarkei t des

Koinons, D 48,6,5,1  Marcianus libro quarto decimo institutionum)  muß

mit Vorsicht gelesen werden. In einem Reskript an das Koinon der Thes-

saler stell t Hadrian fest , daß in Fällen der Anwendung von   vis  zunächst

über diese geurteil t werden mußte, bevor der eigentliche Eigentumsstreit

geklärt werden konnte. Daß diese Stelle Gerichtsbarkeit des Koinons be

lege,

13

  scheint überinterpretiert, denn es ist keinesfalls anzunehmen, daß

Eigentumsstreit igkeiten aus der Kompetenz der Poleis vor ein Bundesge

richt gezogen worden waren. Das hieße nämlich, daß ein Großteil der

11

  BURRER 1993,  .

12

ILS 5947a, contra  BURRER

 1993,

 16.

13

  BUR RER 1993, 15.

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

213

alltäglichen Prozesse um konkurrierende Ansprüche nicht von den nor

malen Gerichten der Polis sondern von Bundesgerichten, die aus Abge

sandten verschiedener Poleis zusammengesetzt waren und nicht immer

tagten, hätten entschieden werden müssen. Das aber ist höchst unwahr

scheinlich. Mit großer Sicherheit belegt aber die Quelle einen Fall, in dem

die thessalischen Städte in ihrer Anfrage an den römischen Kaiser durch

das Koinon vertreten worden waren, eines der Rechte der Provinzialland-

tage.

14

Die Quellen zum Kaiserkult und zur Kaiserverehrung im Thessalischen

Koinon sind äußerst spärlich. Es ist nicht bekannt, in welcher Stadt das

Zentrum des Kaiserkultes des Koinons beheimatet war, es bieten sich mit

Larisa un d H y p at a zwei Städte an. Larisa - das vo n Strabon 9,5,3) als

bedeutende Stadt bezeichnet wird - war weiterhin Zentrum des Landes

un d Ha up tstad t des Bundes, hier w urd e der vom Ko inon organisier te Kult

des Zeus Eleutherios gefeiert.

1S

  Möglicherweise stehen damit auch die in

IG IX 2 614 b erwähnten Kaisareia in Verbindung. Über die Organisation

des Ago ns un d des dazu gehö rende n Festes ist allerdings nichts beka nnt, so

daß über die Kultpraxis im Rahmen dieses Ereignisses keine Aussagen

getroffen werden können. Als sicher hat zu gelten, daß die Bundesämter

des Thessalischen Koinons durch die Einführung eines Archiereus erwei

tert wurden. Dies belegt SEG 19, 402, eine Ehreninschrift der Amphik-

tyonie von Delphi für den thessalischen Archiereus Andronikos aus Me

tropolis. Im Unterschied zu den kleinasiatischen Koina hatte dieser Arch

iereus aber nicht die Leitung des Bundes, die weiterhin beim Strategen

verblieb.

SEG 19, 402:  το κοιν[όν τον]  | Α μφ ικτυ[όνω ν Ά ν]δρόνεικο[ν — ]ο δώ ρο υ

Θ [εσσ αλον]

 p

 Μ ητροπο λ[είτην] αρχιερέα τοϋ κ[ο ινο^ το ν Θ εσ]σ<χλ<3>ν κα ι

άγ[ω νοθέτην τ<3>ν] Π υθίω ν,  τ χ \ ς  [εις αυτούς]  εύνοιας κ[αι τής προς τον]

|

10

 θεον ειχ7[εβείας και]

 |

 τής ά λλη [ς αρετής] 3νεκα .

  vacat

  6

Die Statuengruppen IG IX 2 606 und 607 zeugen von der Verehrung der

Kaiser Claudius, Vespasian und Domitian durch das Thessalische Koinon,

wobei allerdings nur die Inschrift  für Clau dius vo n einem Go tt spricht IG

IX 2, 606 a:

  [Θ εσ σ α λ ο ί Κ λ α ύ ]δ ιο ν Κ α ίσ α ρ α [Γ ερ μ α ν ικ ο ν ] Σ εβ α σ το ν

θεόν ,

17

  die beiden anderen Inschriften enthalten keine Hinweise auf -

sicher nicht in Abrede gestellte -

  Göttlichkeit der Kaiser.

14

 DEINDJGER

  1965,

  I6lff

15

 Die Spiele wurden unter Augustus erneuert: IG IX 2 , 531 un d 532, u. a.

u

  Das Koinon der Amphiktyonen ehrt) den Thessaler Andronikos, Sohn des

-doros,

 aus Metropolis, Archiereus des Koinons der Thessaler und Agonothet der

Pythien wegen seines Wohlwollens ihnen gegenüber, seiner Frömmigkeit gegen

über dem Gott und seiner übrigen Tugend.

17

 Die Thessaler ehren) Claudius Caesar Germanicus Augustus, den Go tt.

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214

Kaja Harter-Uibopuu

Als zweites mögliches Zentrum des Kaiserkultes wird Hypata genannt,

aus dem zahlreiche Archiereis stammen. Betrachtet man diese Inschriften

aber genauer, zeigt sich, daß es sich bei den genannten Amtsträgern nicht

mit Sicherheit um Archiereis des Koinons handelt, wahrscheinlich hatten

sie dieses Amt in der Polis Hypata inne, wo der Kult der

  Tbeoi Sebastoi

  im

frühen 2. Jh. n. Chr. eingeführt worden war.

18

Zusammenfassend läßt sich zu den Verhältnissen in Thessalien sagen,

daß der Kaiserkult - obwohl das Koinon selbst in anderen Bereichen sehr

aktiv war - nicht gut belegt ist. Es scheint, als ob die Verehrung und der

Kult der Kaiser eher Angelegenheit der einzelnen PoKs als des gesamten

Koinons war. Untypisch für die Verhältnisse im kaiserzeitlichen Grie

chenland waren die weitreichenden Kompetenzen des Koinons. Der

Grund dafür wird sicher in der Bevorzugung in augusteischer Zeit aus

wirtschaftlichen und militärischen Überlegungen zu suchen sein.

Das oiotiscbe Koinon

Im Unterschied zum Thessalischen Koinon wurde das Boiotische Koinon ,

in dessen Reihen sich stets Widerstand gegen die Machtübernahme durch

Rom gefunden hatte, 146 v. Chr. aufgelöst und wahrscheinlich 140 y. Chr.

wieder hergestellt.

19

  Später finden sich keine direkten Beweise für die Exi

stenz des Koinons bis in die Zeit der Thronbesteigung Caligulas. Die In

schriftengruppe IG VII 2711-2713 aus Akraiphia ist das erste und ausführ

lichste Zeugn is z u den Verhältnissen im Boiotisch en Ko inon im 1. Jh.

n. Chr. Gemeinsam mit den anderen Koina Mittel- und Zentralgriechen

lands (den Panachäern, vgl. unten) wollte das Boiotische Koinon zur

Thronbesteigung Caligulas eine Gesandtschaft nach Rom mit den gebüh

renden Glückwünschen für das Wohlergehen des neuen Kaisers entsenden.

Allerdings reichten die finanziellen Mittel des Koinons dazu nicht aus und

so drohte ihm das Ausscheiden aus dem Dachverband. Dies wurde von

Epam einondas, Sohn des Epam einondas, einem Bürger vo n Akraiphia ver

hindert, der die Gesandtschaft auf eigene Kosten unternahm und auch für

die Reisekosten seiner Begleiter aufkam. IG VH 2711 enthält eine Samm

lung von Dekreten, in denen auf diese Vorgänge Bezug genommen wird.

18

  SEKUNDA  1997,  216ff.  Vgl. z. B. IG IX 2, 32 und 44. Einen Einblick in die

Organisation des städtischen Kaiserkultes gewährt SEG 36, 545 Q eine Freilas

sungsinschrift aus Edbinos. Hierin ist vorgesehen, daß die Hälfte der Einkünfte aus

den üblichen Freflassungsgebühren an die Priester und Agonotheten der Augusti

zu übergeben sei (Z. 4ff.).

19

  MARTIN  1984,

  178-229;

  ROESCH  1965, 71f.;  SALMON  1994,  229f.

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

215

Darunter findet sich auch ein Ehrendekret des Boiotischen Koinons, das

als wertvolle Quelle für die Verhältnisse im Koinon dient und von den

Verantwortl ichen des Koinons an die Amtsträger von Akraiphia gesandt

worden war (Z .51-77) .

2 0

D ie entscheidungsf indend e In stanz , also de n Rat des K oinon s, b i ldeten

die Naopoioi , Amtsträger, die in der ausgehenden Klassik und im Helle

nismus für den Ne uba u u nd den Erhal t von Tempeln im K oinon zuständig

gewesen waren.

21

  Das vorl iegende Psephisma wurde in einer Sitzung an

läßlich der Pamboiotia erlassen. Auch Pausanias erwähnt, daß die Sitzun

gen der Boioter im Heil igtum der Athena Itonia bei Koroneia stat tfanden,

wo die Pamboiotia tradit ionellerweise durchgeführt wurden (9,34,1). Der

Schreiber des Synedrions, der für die Übergabe des Psephisma an die

Akraiphrer mitverantwortl ich zeichnete, wird in IG VII 2871 als Gram-

mateus Naopoion bezeichnet und hat gleichzeit ig das Amt des Epimeletes

der Pamboiotia^ (Z. 2- 4) . Diese enge Verb indun g der Bu ndesleitun g m it

den tradit ionellen Agonen und das Fehlen anderer Nachrichten zum Koi

non legen den Schluß nahe, daß die Ausrichtung dieses Festes, neben dem

die anderen ehemaligen Bundesfeste wie z. B. die Ptoia zurücktreten muß

ten, die primäre Aufgabe des Koinons und somit auch ein Mittel der Iden

t ifikation der Boioter gewesen war. Direkte Nachrichten zum Kaiserkult

im Rahmen dieses Festes sind nicht erhalten.

Auch im Boiotischen Koinon wurde aber das Amt eines Kaiserpriesters

eingeführt, wie der Grabstein IG VII 3426 (Chaironeia) beweist:

öcyaQili

 TOOTI.  vacat

  <t>Xaßiav Aocveucav

  TTJV

 öcpxiepsiocv

 |

  Sia ßiou

  TO13  TE

KOIVOS

 BoicDtcöv Tfjq

 | Tca>via<;

 AQilvÄq KOCI

 xoi3 KOIVOS

 <J>aficscöv

 £6voi>;

 Kai

Tf^q 'Ou-ovoiaq xä>v |

  EkXr\va>v

  Ttapcc

  T<&

  Tpcupoüvup,

  TTJV

  | öcyvoraTriv

iepacpöpov

 xf\c, ayiac,

 Eicnj5cx^ i e p a a v

 8iöc

 ßtot>

 TfV;

  ÖCTO

 £eipi&So<;

 |

 EioiSoq-

6 ßoKöräpxrj«; xo

  y'  KCCI

  ccpxi£peti<; I

10

  Siä ßtou

  TÜÖV

 Zeßacrcäv

  KOCL

 Tfjq

^aji7cpox(dTTj<;) | Xccipcovecöv   KÖ\£<ÖC Xoyicrng IV. Ko<ti>p. | Ae^irato«; Tf^v

7Ä.DicüTdTr|v jUT^TEpa |avii|fi7]<; ocpiani«;

  SWEKOC £K  rt\

Kaxöc tcc<;

 |

 SiaOfJKaq

£vroXfi<;-/o xK^9i^jmxTi) ß(o-ü^fj<;) 5(fi|io'ü).

22

20

  OLIVER

  1971, 22l£f; OLrvER 1989, 69-77 (m it weiterführender Literatur);

  D E I -

NINGER 1965, 90f.

21

  SCHACHTER

  1994,

 82ff

22

  Gutes Glück Flavia Laneika, Archiereia auf Lebenszeit des Koinons der Boi

oter der Itonia Athena und des Koinons des Volkes der Phoker und der Homonoia

der Hellenen beim Trophonion, geweihteste Hieraphoros der heiligen Isis, Prie

sterin auf Lebenszeit der Isis von Siris. Der Boiotarch zum dritten Mal und Arch-

iereus auf Lebenszeit der Sebastoi und Logistes der berühmten Stadt der Chai-

roneier Cn. Cornelius Dexippos (für) die süßeste Mutter zum besten Andenken

dem Auftrag des Testaments folgend. Auf Beschluß des Rates und des Volkes.

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216

Kaja Harter-Uibopuu

Während

 die

  bestattete Flavia Laneika wohl Oberpriesterin

 des

 Kultes

 der

Athena Itonia  bei  Koroneia war und  eine Identifizierung  als  Kaiserprie-

sterin nicht  als  gesichert angenommen werden kann, war ihr  Sohn Cn.

Cornelius Dexippos Archiereus

  der

 Sebastoi

  auf

 L ebenszeit

  -

  möglicher

weise  des K oinons  - und Logistes  der Po lis Chaironeia. Darüber hinaus

trägt

  er den

  Titel Boiotarches.

  War der

  Boiotarch früher

  als

  Leiter

  des

Koinons hauptsächlich  mit  militärischen Befugnissen ausgestattet,  so

scheinen seine Aufgaben nunmehr

 im

 kultischen Bereich

 zu

 liegen.

 Da das

A m t

  -

  ebenso

 wie

 das

 Amt des

 Phokarchen

  im

 phokischen Koinon

 -

  erst

im

  3.

 Jh. n. Chr. eingeführt wird, könnte hier eine bew ußte Nac hahm ung

der anderen griechischen Koina vorliegen,

  die mit dem

  Asiarchen, Bithy-

niarchen, Galatarchen

 und -

  geographisch viel näher

  -

  Makedoniarchen

Kaiserpriester besaßen, deren Titel sofort

  die

  Wirkungsstätte erkennen

ließ,

23

  Über diese Nennung

  von

  Priesterämtern hinausgehende Quellen

zum Kaiserkult finden sich für das boiotische K oinon nicht, ebensow enig

können Monumente

  der

  Kaiserverehrung festgestellt werden,

  die vom

Koinon geweiht worden waren.

Auf

  der

  anderen Seite zeigen

  die

  einzelnen Poleis Boiotiens sehr rege

Kaiserverebrung

  und

  einen ausgeprägten Kaiserkult Hier

 sei in

 Kürze

 auf

die Inschrift IG VII 2713 ver wiesen.

24

  Epameinondas, inzwischen Archie

reus

 der

  Augusti (wohl

  der

 Polis Akraiphia)

  auf

  Lebenszeit, stellte

  in

  sei

ner Heimatgemeinde  den Antrag, Kaiser N er o,  der  sich durch seine Frei

heitserklärung

  in

  Korinth

  um die

  griechischen Poleis verdient gemacht

hatte, göttliche Ehren zuteil werde n

 zu

 lassen. Ihm sollte ein Altar

 mit der

Aufschrift »Dem Zeus Eleutherios Nero  für  alle Ewigkeit« geweiht wer

den,

  darüber hinaus sollten Agalmata

 im

  Ptoion aufgestellt werden. Auch

aus anderen Städten sind zahlreiche Belege

  für

 Kaiserkult

  und

 K aiserver-

ebrung erhalten, eine gesonderte Aufstellung würde allerdings

  den

 Rah

men

 der

  vorliegenden Studie sprengen.

25

Der Befund,

  daß die

  gemeinsamen Aktivitäten

  des

  Koinons deutlich

hinter den einzelnen Interessen der Poleis zurücktreten, findet sich auch in

anderen Bereichen.

  So

 prägten

  die

  einzelnen boiotischen Städte Bronze-

münien, eine Bundesprägung analog

 zu

 der

 des

 Thessalischen K oino ns

 ist

für die Kaiserzeit  in  Boiotien nicht mehr nachzuweisen.  Die Quellen be

legen,

 daß die

 Poleis direkt

  mit Rom in

  Verbindung traten, ohne sich

 auf

23

  IG VII 3426, IG IX 1, 218; IG XII 3, 531 und 53Z  DEININGER  1965 zu den

Priestertümem

 der

 anderen Koina.

24

 Auf das Ehrendekret  für Epameinondas  IG VII 2712  geht A  CHANIOTIS in

diesem Band ein.

25

  FOSSEY 1991, 97-118.

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

217

eine Vermittlung durch

 das

 Koinon

 zu

 verlassen.

26

  Einen besonderen Fall

stellt die inschriftlich erhaltene Korrespondenz zwischen Hadrian und der

Polis Koroneia über Reparaturen

  am

  Kopaisdamm dar.

27

  Deutlich zeigt

sich der Parükularismus auch

  im

 Verhalten

 der

 Städte

 bei der

 Suche nach

einem Gesandten

 für die

 K omm ission

  zu

 Caligula. N ich t

  das

 Koinon

 in

tern berät über eine geeignete Person und .nimmt

  die

 Entschuldigung

 der

einzelnen Mitglieder entgegen,

  die

  Städte treten vielmehr einzeln beim

Dachverband auf und bringen ihre Argumente dort vor. Deutlicher kann

die Schwäche

  des

  Koinons kaum mehr gezeigt werden.

Im Vergleich  zu  Thessalien zeigt  das  Boiotische Koinon  ein  anderes

Bild: abgesehen  von der Organisation  der Pam boiotia lassen sich keine

Wirkungsbereiche

  des

 Ko inons festmachen, Boiotien scheint

  in der

 Kai

serzeit aus unabhängigen Poleis bestanden

 zu

 haben,

 die

 auch ihr V erhält

nis

 zu

 Rom selbst

 in

 der Hand hatten.

 Ein

 Grund für dieses Verhalten mag

in

  der

  mangelnden Förderung

  des

  Koinons durch

  Rom

 liegen,

  es war

geduldet, erhielt aber nicht die Unterstützung,

  die

 dem T hessalischen K oi

non zugedacht

 war. Die

  fehlende Unterstützung

  des

  Koinons durch

 die

boiotischen Poleis wird

 in IG VII

  2711

 mit der

 wirtschaftlichen Lage

 be

gründet, dies zeigen zumindest für das

  1.

 Jh.

 n.

 Ch r. auch andere Qu ellen.

Wo bereits

  das

 Geld

 für den

 Erhalt

  der

  eigenen Polis fehlt,

  ist an

  Kon

tributionen für ein Ko inon nicht

 zu

 denken. Äh nlich w ie im Thessalischen

Koinon

  ist

 auch hier der Kaiserkult nicht Angelegen heit

  des

 Bundes, auch

wenn

  die

  Einrichtungen dafür vorhanden waren.

  Es

  scheint,

  als ob der

wesentlich lebendigere Kult und die Verehrung

 der

 Kaiser vornehmlich

  in

den Poleis

  zu

 finden waren.

Das Koinon

  er

  Eleutherolakonen

Einen Sonderfall unter  den Koina  der  Kaiserzeit stellt  das  Koinon der

Eleutherolakonen dar. Nach

  der

 Au flösung

  des

 Achäischen Koinons

 146

v. Chr. erhielt Sparta

  den

  Status einer  civitas foederata,

  die

  lakonischen

Küstenstädte aber wurden

  in

 einem eigenen  KOIVÖV

 TCÖV

 AaK Eöcajiovicöv

zusammengefaßt.  21 v. Chr. reorganisierte Augustus den Bund  als Koinon

der Eleutherolakonen und galt damit als Garant für die W iederherstellung

der alten Freiheit.

28

2 6

  FOSSEY  1979, 554ff.

27

  IG VII  2870; (XrvER 1989,  253ff.

28

  CHRIMES

  1952, 435-441;

  BOWERSOCK

  1965, 91ff.

  KAHRSTEDT

  1954, 203-216:

VgL IG V 1, 1160.

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218

Kaja Harter-Uibopuu

An der Spitze des Koinons stand ein Strategos, nach dem auch die städ

tischen Dekrete von Gytheion datiert waren (vgl IG V 1, 1161 und 1167).

Dazu ist aus den Zeiten des Lakedaimonischen Koinons ein Tamias belegt.

Pausanias nennt als Versammlung ein Synedrion, das wohl auch hier einen

Bundesrat darstellte (Paus. 3,21,7). Eine Bundesversammlung ist nicht be

legt. Zumindest für die Zeit des Lakedaimonischen Koinons ist auch eine

gemeinsame Bundesprägung belegt, die den engen Zusammenhang der

Städte deutlich macht. Gemeinsame Agone wurden beim Heiligtum des

Apollon bei Asopos für Artemis Kyparissia gefeiert eventuell auch beim

Bundesheiligtum des Poseidon am Tainaron. Weitere Texte über politische

oder administrative Tätigkeiten der Eleutherolakonen sind nicht überlie

fert. Auch die Nachrichten zur Kaiserverehrung sind spärlich. Der Bund

weihte Nerva eine Statue in Gytheion (IG V 1, 1161, vgl. unten), ähnliche

W eihungen sind auch aus den einzeln en P oleis bekannt (z. B. IG V 1,

1237).

IG V 1, 1161: AütoK[p Topa] ]  Nspowv Kca<7[oc]|[p]a Eeßoccrcöv xö|  KOWÖV

T<E>V

  *E^£[\>]p6epo?iaK<bv(Dv

 | <rcpocTTTyo*övTO<; |

 'EmvsuaSa  TO\)

 |

 <tnXoxocpswo*o

vacat

9

Von größtem Interesse für die Praxis der Kaiserverehrung sind aber die

beiden Texte SEG 11, 922 und 923. Dabei handelt es sich um einen Brief

des Tiberius an die Gytheaten und einen Beschluß der Polis aus dem Jahr

15 n. Chr., ein Kaiserfest abzuhalten. Die detaillierte Ordnung des Festes

ist für das Mutterland einmalig und ermöglicht Aufschlüsse über den tat

sächlichen Ablauf der Feiern für die Kaiser.

30

Zunächst stellen die beiden Texte die vorliegende Studie allerdings wie

der vo r das Problem» daß es sich dabei um e in Dekr et der Polis G yth eion

und einen Brief an dieselbe Polis handelt. Dennoch wird gerade in diesen

Texten die enge Verbindung zwischen Koinon und Polis klar. Der Stra

1

tege , der in SEG 11, 923, Z. 33 genannt ist, ist sicher der Stratege des

Koinons, da die Polis Gytheion selbst keinen Strategen sondern Ephoren

hatte. A n drei Stellen im Text wird das Ko inon direkt angesprochen: Li via

wird als Tyche des Koinons und der Stadt verehrt (Z. 9f.), des C. Iulius

Eurykles als Euergetes des Koinons und der Stadt gedacht und sein Sohn

C.  Iulius Lakon wird

  KTISSJJXÜV,

  Pfleger der Wache und des Schutzes des

Koinons und der Stadt genannt (Z. 19-22). Dennoch bleibt festzuhalten,

29

  Imperator Nerva Caesar Augustus- Das Koinon der Eleutherolakonen unter

dem Strategen Epineikidas, Sohn des PKlochareinos.

30

  OLIVER  1989, 58-65 mit den maßgeblichen Editionen und weiterführender

Literatur.

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

219

daß keinerlei direkte Mitwirkung von. Amtsträgem des Koinons an den

Feierlichkeiten festzustellen ist.

Die Organisation der Kaisareia hatte der Agoranomos von Gytheion,

das Fest selbst dauerte acht Tage und bestand aus Opfern, einem Umzug

und Agonen. Von den acht Tagen standen fünf Tage im Zeichen der kai

serlichen Familie: Der erste Tag war Augustus, der als Theos Soter Eleu-

therios angesprochen wird, geweiht (Z. 7f.), der zw eite dem Tiberius

(Z. 8f.), der für sich in dem Brief SEG 11, 922 göttliche Verehrung ablehnt,

der dritte der Livia als Tyche der Stadt und des Koinons (Z. 9f.). D er

4.

  Tag der Feiern ist der Nike des Germanicus geweiht, der 5. der Aphro

dite des Drusus, der 6. dem Flamininus, der die Gebiete der spartanischen

Küstenstädte von Sparta losgelöst hatte; dann folgen die Gedenktage für

die Familie des Eurykles. Z.27 bis 30 regeln die Opfer, die nach dem

Festzug beim Kaisareion für das W ohl der Principes und der Götte r abge

halten werden sollen.

Gerade die vorliegende Inschrift zeigt den engen Zusammenhang zwi

schen Kaiserkult und Kaiserverehrung. Natürlich ist sie nicht als direktes

Zeugnis für den Kaiserkult sondern für die Kaiserverehrung in Gytheion

heranzu ziehen, da die O pfer - w ie Z. 29 deutlich sagt - nicht den vergött-

lichten Kaisern selbst dargebracht werden, sondern für ihr Wohl.

31

  D e n

noch sieht Tiberius selbst in den Beschlüssen der Polis durchaus göttliche

Ehren für Augustus, wenn er Gytheion mitteilt:

32

SEG 11, 922 Z. 17-20: [£]<p

T

 otc; üjxftc; £ toavG>v xpoöTJKSiv OT<o)^ajLLßdvco KCCI

KOWQ

 rcäcvrocc;

  v8p6|rco*u<;

  KCCI

  icaqc xf|v

  \>J.ISTEPOCV

  nöhiv  £^capexo\>^

(piA oostv

  TÖR JJSTESSI TÖ)V

  tot* | £p,oöftcrcpd«; sie, ßbtavxa

  TÖV KÖCJXOV

suspTEOiftv

  TCCC;

  Gsou; itpercofoac; |

  TIJ.I <̂

  can:ö<; <5s dpKOtyica xerte;

{.letptcotepav; te  KCCI  vepe>7isioi,<;.

33

31

 Z.

 29:

 \)7t£p *cf[

TÖV I^JXÖVCDV

 Kai 6sß>v acorrpica; Kai öäövo-o Tf\q r\yzy,o-

viaq atixßv 5icqxovficj. - Für das Heil der Hegemones und der Götter und die

ewige Dauer ihrer Herrschaft.

32

 Ob dem einfachen Besucher der Kaisareia in Gytheion ein gradueller Unter

schied der Ehren für den Gott Augustus, den Kaiser Tiberius und die Tyche der

Livia auffiel und er somit in der Lage war, zwischen Kaiserkult und Kaiservereh

rung scharf zu unterscheiden, mag dahingestellt bleiben.

33

 Diesbezüglich lobe ich Euch und nehme an, daß es sich ziemt, daß alle Men

schen gemeinsam und Eure Stadt insbesondere die den Göttern zukommenden

Ehren für die Größe der Wohltaten, die mein Vater der ganzen Welt gegenüber

erwiesen hat, uneingeschränkt einhalten. Ich jedoch selbst begnüge mich mit maß

volleren und menschlichen Ehren.

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22

Kaja Harter-Uibopuu

Zwei rechtshistorische Phänomene sollen im Zusammenhang mit der Kai

serverehrung hier noch angesprochen werden. Zunächst sind in dem De

kret der Polis Strafsanktionen für die mangelhafte Durchführung der Fei

erlichkeiten enthalten. Der Agoranomos mußte - wie jeder griechische

Amtsträger - Rechenschaft über seine Amtsführung ablegen, dabei stand

jedem Bürger vo n G yth eion eine Popularklage frei, bei deren Einbringung

er selbst kein Vermögensrisiko trug. Wenn die Verdingung von Schauspie

lern und die Beibringung der heiligen Geräte nicht zur Zufriedenheit der

Polis verliefen, standen als Strafen nicht nur Amtsunfähigkeit für die Zu

kunft, sondern auch die Konfiskation der Güter aus (Z. 15). Diese   Straf

androhung erscheint sehr streng, der Regelfall waren doch Geldstrafen, die

einen festgesetzten Betrag oder ein Duplum nennen. Derartiges findet sich

in den Z. 30-32, in denen dem Agoranomos und den Ephoren eine Strafe

von 2000 Drachmen für die heilige Kasse angedroht wird, wenn der Fest

zug und die Opfer nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Auf eine

ordentliche Durchführung der Kaisareia, die wohl als wichtigstes Fest der

Polis Gytheion zu gelten haben, -wurde demnach größter Wert gelegt. Der

stark fragmentierte Beginn der Inschrift SEG 11, 922 ist ebenfalls für den

Rechtsbistoriker von größtem Interesse: auch hier wird Vermögenseinzug

angedroht, dazu Ächtung, Atimie und Straffreiheit für denjenigen, der den

Atimos tötet. Als Delikt sind hier sicher nicht mehr Verwaltungsvergehen

anzunehm en, w ie w ir sie in SEG 11, 923 kennengelernt haben. Die Schärfe

der Sanktion läßt hier möglicherweise an Tempelraub oder ein ähnliches

Vergehen denken, vielleicht steckt auch - wie L.

 W ENG ER

  vermutet - eine

griechische Parallele zum

  crimen maiestatis

  dahinter, einen Zusammen

hang mit der Kaiserverehrung legt jedenfalls der anschließende Brief des

Tiberius nahe. Jedenfalls zeigt dieses Zeugnis, daß Plutarchs Bemerkung,

die griechischen Poleis hätten in der Kaiserzeit auch das Recht besessen,

Atimie zu verhängen, den Tatsachen entspricht, das Fragment zeigt, wie

weit die Gerichtsbarkeit der griechischen Polis gehen konnte.

Natürlich ist der Erhalt derart detaillierter Texte zur Kaiserverehrung

als Glücksfall zu bezeichnen, aber gerade sie zeigen, daß das Verhältnis

von Kaiserverehnmg durch das Koinon und durch die einzelnen Poleis

deutlich zu Ungunsten des Koinons lag. In Gytheion, der bei weitem

mächtigsten Stadt des Koinons, wäre durchaus die Möglichkeit vorhanden

gewesen, das Koinon in die Kaisareia einzubinden oder die vorhandenen

Mittel für die Durchführung von Spielen des Koinons zu nutzen- Den

noch entschied sich die Polis dafür, das Fest alleine durchzuführen und

damit auch das Wohlwollen des Kaisers eher auf sie selbst als auf das

gesamte Koinon auszudehnen. So zeigt sich auch in den Weihungen, daß

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

221

die einzelnen Poleis bei weitem aktiver waren als das gesamte Koinon, von

dem lediglich die Aufstellung einer Statue des Ne rv a überlief eit ist (IG V

1,

  1161, siehe oben).

Zusammenfassung

Im ersten Abschnitt meiner Studie habe ich drei sehr verschiedene Koina

vorgestellt, die unterschiedlich geprägt und ausgeformt sind. Während die

Thessaler als polirisch und administrativ aktiver Bund in der Kaiserzeit

auftreten, trifft für die Boioter das Urteil einer Umwandlung eines ehe

mals bedeutenden Bundesstaates in ein Koinon zur Erhaltung und Pflege

eines Kultes (hier der Athena Itonia) zu. Bei den Eleutherolakonen scheint

der Kult eher eine untergeordnete Rolle zu spielen, der Zusammenschluß

der Periökenstädte dürfte vor allem wirtschaftlicher und politischer Natur

gew esen sein, soviel lassen die w enig en Q ue llen erkennen. D ie Stellung des

Kaiserkultes und der Kaiserverehrung ist in allen drei Koina nicht heraus

ragend. Vor allem die Thessaler und die Boioter zeigen deutlich, daß der

Kaiserkult zwar in den Städten sehr gut ausgebildet ist, das Koinon aber -

trotz vorhandener Einrichtungen und Ämter - hier keine deutlichen Spu

ren hinterlassen hat. Auch die Organisation der Kaisareia in Gytheion

zeigt zwar eine Verbindung zum Koinon, die Durchführung bleibt aber

allein der Polis überlassen. Keines der drei Koina zeigt Ansätze dazu, über

seine natürlichen Grenzen ausgreifen und in irgendeiner Are eine Vertre

tung der ganzen Provinz erreichen zu wollen oder den Kaiserkult der

Provinz überregional organisieren zu wollen. Derartige Bestrebungen wä

ren eher von den überregionalen Organisationen zu erwarten, die nun im

zweiten Teil der Studie besprochen werden sollen.

Die überregionalen Organisationen

N ac hd em sich gezeigt hat, daß keine der landschaftlichen Organ isationen

den Wunsch oder die Möglichkeit hatte, über ihre Grenzen hinaus zur

Vertretung großer Teile oder der ganzen Provinz zu werden, sollen nun

drei überregionale Organisationen u ntersucht werd en. A uc h in Zeiten der

Pax Romana,

  als die Idee einer Symmachie obsolet geworden war, gab es

mehrere interessante Zusanunenschlüsse landschaftlicher Organisationen,

deren Ziele hier erläutert werden sollen.

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Kaja Haiter-Uibopuu

ie Panacbäer

Bereits  für das Ja h r 34/33  v. Chr .  ist ein Zusammenschluß  von  fünf m it

telgriechischen Koina erwähnt,

 die M.

 Iun ius Silanus ehren

  IG II

2

 4144,

Athen . Den Boiote rn , Euböern, L okrern , Ph ok em  und D o re m schließen

sich in  weiterer Folge  die Achäer an, so daß sich der Verband  zur Zeit der

Thronbesteigung Caligulas

  in dem

  Dekre t

  zu

  Ehren

  des

  Epameinondas

von Akraiphia und in dem Begleitschreiben  des Verbandes  an die  A m t s

träger von Akraip hia als Έ λ λ η νες und Π οΰνέλληνες beze ichnet und dam it

das Ziel, als Vertretung

  der

  Griechen anerkannt

  zu

  werden, deutl ich macht

IG  VII 2711, Ζ . 10-16).

34

Im Unterschied

  zu den

 vo rhe r genannten landschaftlichen Org anisatio

nen handelte

  es

  sich hier aber nicht

  um

  eine Vertretung einzelner Poleis

oder  ähnlicher Staatswesen, sondern  um  einen Dachverband  von  Födera

t ionen.

  Das

  Koinon stand unter Leitung eines Strategos

  IG VII 2711,

Z.  1), seine Versammlung wird in den Texten  als Synedr ion ode r Synodo s

bezeichnet  IG VII 2711 , Z. 7 . Ein  weiteres sicher belegtes  Amt des Ver

bandes

 ist der

 G rammateus.

  Aus

 Epidauros

  ist ein

 Ehrendekre t

  für T. Sta-

tilius Timokrates erhalten  IG IV l

2

,  80/81 ,  der  sich  um das  Koinon  in

schwierigen Zeiten verdient gemacht hatte.

 In dem

 D ekre t,

 das in

 das Jah r

66

  n. Chr .

  datiert w ird, w ird

  der

  imm er stärker werden de Einfluß

  des

Achäischen Koinons spürbar:  Die  Versammlung -wird  nun  Π οΰναχαϊκον

συνέδριον  Ζ . 14)  genannt,  trägt aber weiterhin  den  offiziellen N am en

»Koinon

  der

 Achäer, Boioter, E uböer, Lo krer, P hok er

  und

 Dorer« . Na ch

dem Ende  des  1. Jh .  n. Chr .  sind keine weiteren N ach rich ten  zu  diesem

Dachverband erhalten,  der  Versuch, eine gem einsame Vertretun g eines

Großteiles  der  Provinz  mit  relativ geringer Institutionalisierung du rch

zuführen, scheint gescheitert. Auffällig  ist, daß von  Anfang  an  einzelne

Poleis  an dem Synedr ion nicht te ilnahmen,  so  fehlen Athen  und  Sparta,

aber auch  die  Eleutherolakonen oder  die  Th essa ler schlösse n sich  den

Mittelgriechen nicht an, so daß von einer geregelten Vertretun g der gesam

ten Provinz nicht gesprochen werden kann.

35

Ein gemeinsamer Kult  des  Dachverbandes  ist  ni ch t überliefert, dies

scheint  für die  rein administrativ gesehene Insti tution nic ht notw endig

gewesen

  zu

  sein. Auch

  zur

 Kaiserverehrung sind

  die

 Qu ellen d ü nn gesät:

das einzige direkte Zeugnis  ist  eine Weihung einer Statue  des Claudius  in

Koroneia,  die durch  den Dac h verba nd erfolgte  IG VII 2878 . A ufschluß -

34

  MARTIN

  1984, 600-602 und 612-613;

  DEININGER

  1965, 88-90;

  OLIVER

  1971,

221-237;  OLIVER

  1978 1),

 185-188

3 5

  O L IVE R

  1978 1), 188.

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

3

reich ist aber ein in der Inschriftengruppe von Akraiphia erhaltener Brief

des Caligula (IG VI I 2711, Z. 21-4 2). Er dankt für die erwiesenen Ehrun

gen anläßlich seiner Thronbesteigung und lobt die vorzügliche Einstellung

und Frömmigkeit der Griechen. Darüber hinaus ersucht er darum, die

Anzahl der für ihn beschlossenen Statuenweihungen zu beschränken und

sich mit der Aufstellung vo n Statuen in den großen panhellenischen H eilig

tümern von Olympia, Delphi, Isthmia und Nemea zu begnügen. Allerdings

erlaubt der Text keine Aussage darüber, ob es sich nun um Psephismata des

Dachverbandes oder seiner einzelnen Mitglieder handelt. Spezielle Kaiser

priester scheint das panachäische Koinon nicht besessen zu haben.

Die Amphiktyonie von Delphi

Nachdem das Heiligtum des Apollon in Delphi den Tiefstand des späten

Hellenismus im ausgehenden

  1.

 Jh. v. Chr. überw unden hatte, berichtet

Pausanias ausführlich über die Geschichte der Amphiktyonie zu Beginn

der Kaiserzeit und die Umgestaltung des Rates (10,8,3-5).

36

  In zumindest

drei Etappen erfolgte dabei die Änderung der Stimmverhältnisse im Rat

der Amphiktyonen. Zunächst wurde unter Augustus Nikopolis als neues

Mitglied aufgenommen, das 10 Stimmen auf Kosten der Malier, Ainanen,

Phthioten, Perrhaiber, Doloper und Magneten erhielt. Auffallend ist, daß

er das Stimm Verhältnis innerhalb der bestehenden Reg eln änderte und ke i

ne neuen Ratsstimmen einführte. Sicherlich war es nicht sein Plan, eine

Art Provinzialvertretung zu schaffen, vielmehr wird man davon ausgehen

müssen, daß er seiner neu gegründeten Stadt Nikopolis auf diese Weise

Anerkennung zumindest in Mittelgriechenland verschaffen und ihr Ein

fluß auf internationalem Gebiet ermöglichen wollte.

37

  Die Amphiktyonie

selbst blieb weiterhin eine lokale Organisation, die für die Verwaltung der

beiden Heiligtümer bei den Thermopylen und in Delphi sowie für die

Durchführung der Pythia verantwortlich war. Unter Nero muß es zu ei

ner Aufwertung der Stimm en der Thessaler gekom men sein, w ie F D III 4,

302 berichtet. Auch dieser Kaiser kannte die Verhältnisse in der Amphik

tyonie genau und kontrollierte sie. Gegen diese Aufwertung wurde dann

Einspruch erhoben, und so traf Hadrian in einem Brief an die Stadt Delph i

Anordnungen über die Aufteilung der Stimmen und die korrekte Abhal

tung der Pythien.

38

*  MARTIN  1984, 647ff.  (und Appendix V)

;

  DAUX  1975, 348-362;  FLACELI£RE

1971,  168-186;  SANCHEZ  2001, 426-436 mit ausführlicher Diskussion des For

schungsstandes und weiterführender Literatur

y7

  V. a.

  DAUX

  1975,  352-360.

9

  OLIVER 1989, 183-190; SANCHEZ 2001, 428^36;  FLACELD RE 1971, 171ff.

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  4

Kaja Harter -Uibopuu

FD

  III 4 302 col. II Ζ 1-6:

  [κα]θ'  μέντοι

 χρή

  ιζ ο ν ϊν  κατά τού[ς] νόμους,

[εί]σ[ήνε/καν] | γνώ μην

 εις την

 λα μ προ τάτην σ [ύγ]κλητον εισηγη[σ άιιε]νρι

τας ψήφους

  ας

 πλέονα ς τα>[ν] άλλω ν έχου σ ιν Θ εσ[σα ]λ[οΐ Α ]θη αίοις

  και

Λ ακ εδαΐΐοννο[ι]ς δια νεμη θή ναι

  καιτοα[ς]

 Ράλ[λα ι]ς πό λεσ ιν,

 ϊνα η

  κοινόν

πά ντ[ω ]ν τα>ν Έ λλ/r [νω ν

 το

 συνέ|δρ[ι]ον.

39

U m   die Stimmen  der Aitoler  und von  Nikopol i s werde  er  sich - so  ver

sprach

 der

 Kaiser

 -

  persönlich   in   Delphi kümmern. Damit sprach Hadrian

erstmals  den  Wunsch   an auch  die  Griechen   des   Mutterlandes   in  einem

Koinon vereint  zu   sehen,   er  wollte dazu   - mit M odifikationen   - die Am-

phiktyonie  von  De lphi   als  bereits bestehende Insti tution verwenden.   Al

lerdings scheint dieser Plan nicht funktioniert  zu  haben,   da in der Am-

phiktyonie

  von

  jeher

  zu

  viele griechische Staaten nicht vertreten waren.

Auch

  die

  uneinheitliche Verteilung

  der

  Stimmen

  war

  einer gemeinsamen

Vertretung abträglich. Darüber hinaus wird zur Zeit  der U m w a nd lung   der

Amphiktyonie  im  Jahr   129 n Chr.  bereits   das  Panhel lenion zumindest   in

Planung gewesen sein,

  das

  dann

  die

  Rol le

  der

  gemeinsamen Vertretung

übernehmen sollte.

40

  Ob nun die  Umgestal tung,   die  Hadr ian   in   Angriff

nehmen wollxe, auch  so  durchgeföbxt wurde oder   die  Zus t immung   der

Amphiktyonen nicht fand,

  ist

  n icht bekannt .

  Als

  sicher

  ist

  jedenfalls fest

zuhal ten,

  daß zu

  Pausanias Zeiten

  die

  Spartaner nicht

  mit

  eigenen Stirn-,

m en  im Rat  ver t re ten waren. Zwar wurde   die  Gesam tzahl   der  A mph i k

tyonen  auf 30 angehob en, dafür w urde n aber   die  Makedonier   in das  Ko i

non aufgenommen.  Sie  erhielten ebenso  wie die Thessaler   und  N ikopol i s

je  6 S t imm en,  je zwei St immen ha t ten  die  Phoker, Delphier , Dorer, Ionier ,

Boioter  und  Lokrer .   Die  Amphik tyon ie   war zu  e iner Ver tre tung Nord-

und Mittelgriechenlands geworden.

41

Natürlich erhielt

  das

  prestigereiche Heiligtum

  in

  Phokis immer wieder

Zuwendungen  von  Seiten   der  Kaiser,   die  dort auch einen idealen   Ort der

Selbstdarstellung  vor  e inem großen griechischen Publikum vorfanden.

Pausanias berichtet von der Aufstellung   der Kaiserstatuen   in der M armaria

(10,8,6),

  do rt diente, woh l   die   Tholos   als  Kaisertempel. Zuständig   für den

Kaiserkult waren sowohl  ein  Hiereus oder Archiereus   als  auch   der Epi-

meletes  des  Koinons, wobei   das  Priesteramt   neu   e ingeführt wurde, wäh

rend  das Amt des  Epimeletes   als  Festbesorger schon   vor der  Kaiserzeit

39

 So wie es notwendig  war gemäß  den Gesetzen, berichteten  sie dem herausra

genden Senat, und schlugen vor, daß die  überzähligen Stimmen  der anderen,  die die

Thessaler halten, unter den Athenern,  den Spartanern  und  anderen Städten verteilt

werden sollten, damit es ein  gemeinsames Synedrion aller Hellenen  sei.

40

  SPAVFORTH   1999,  342ff.

41

  DATO   1975, 362;  SANCHEZ   2001,  458ff.

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

5

existierte. N u n w urd en lediglich die Ko m peten zen dieses Am tsträgers er

weitert.

42

  Die beiden Ämter sind z. B. in der Ehreninschrift für Nero be

legt:

FD III4, 258:

 [Ν έρω να Κ λαύ]δ[ιον] Κ λαυδ[ίου Κ αί][σ]α ρρς Σ εβα σ τσ ϋ κα ι

Γ ερμ αν[ι]|  [κ]οΌ Κ αίσ αρο ς έ*ηΌ νον

7

  θεού Σεβασ[[τ]οΌ ά ^ γο νο ν, Κ αίσ αρ α,

Σ εβα[σ]Ρτόν, Γ ερμανικό ν, α ρχιερέα, δη|[μ α]ρ χική ς εξου σ ίας, α υτο

κρά τορ α , το κοινόν το ν Α μφ ικτυόνω ν. |  vacat

 0 05m

  έπι ιερέω ς τα>ν Σ ε

βα σ τώ ν κα ι επιμ ελη τού  | Α μφ ικτυόνω ν Π ο Λ ίο υ Μ εμμίου Κ λεάνδρου.

43

D ie Inschriften IG IV 590, Ζ . 16 u n d IG IX 2 44 belegen   darüber hinaus

die Einführung des Amtes eines Helladarchen, der wohl auch priesterliehe

Aufgaben zu erfüllen hatte und parallel zum Helladarchen des Achäischen

Koinons existierte.

44

IG IX 2, 44,

  Ζ 1-9 (Hypata): [ή] πό λις Ύ πα τα | Τ . Φ λα ουίου Κ ύλ|λου υίόν

Ε ύβίοτον p τον α ρχιερέα [κ]αί άτω νοθέτην το ν Σεβαστό ν | Θ εό ν έπι τοις

δύ ο στεφ ά[νοις και άγο)]νοθέτην το ν μεγάλω ν Π υθίω ν και

  folium

έλλαδάρχτ|ν τον εύεργέτην.

45

Auch   für die Amphiktyonie von Delphi ist man also bei der Rekonstruk

tion des Kaiserkultes auf Ämternamen angewiesen, weitere Quellen exi

stieren nicht. So verneint denn

  S ANC HEZ

  die Existenz eines offiziellen Kai

serkultes der Amphiktyonie gänzlich und sieht in den erwähnten Hiereis

und Archiereis Priesterämter, die in einer Polis ausgeübt wurden..

46

  Zur

relativ guten Kenntnis der Verehrung der Kaiser in Delphi tragen der hohe

archäologische Forschungsstand und die gute Erhaltung der epigraphi-

schen Quellen bei.

42

  SANCHEZ   2001,   437fL: Die Kompetenzen

  es

  Epimeletes lagen vor allem im

Bereich der Finanzverwaltung u nd der Verwaltung des Heiligtums, darüber hinaus

vermittelte er auch zwischen der Amphiktyonie und den römischen Amtsträgern.

43

  Nero Claudius, Sohn  es  Claudius Caesar Augustus, Enkel  es Germanicus

Caesar, Nachfahre

  es

  göttlichen Augustus, Caesar Augustus Germanicus, Ponti-

fex, Träger der tribunicia potestas, Imperator. Das Koinon der Ampbiktyonen.

Unter dem Priester der Augusa und Epimeletes der Ampbiktyonen Publius Mem-

mius Kleandros. VgL Syll.

3

 813  Β Ζ . lff.

4 4

  VgL OLTVER 1978 (2), lff. und PU EC H 1983, 15ff.

45

 Die Polis Hypata (ehrt) T. Flavius Eubiotos, Sohn des T. Flavius Kyllos, den

Archiereus und Agonothetes der Divi Augusti bei den zwei

 Kränzen, Agonothetes

der großen Pythien, Epimeletes des Koinons der Ampbiktyonen und Helladarcb,

den Euergetes.

 Vg

SEKUNDA   1997, 216.

46

  SANCHEZ   2001, 442. Ein eigener Kaiserkult der Ampbiktyonie sei nicht not

wendig gewesen, da mit Ausnahme der Tbessaler alle Mitglieder an dem Kult in

Acbaia teilgenommen hätten. Er folgt damit der von

  PUECH

  1983 angesprochenen

These einer Provinzialversammlung im Rahmen

  es

 Achäischen Koinons.

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226

Kaja Harter-Uibopuu

as Panbeilenion

Nachdem das panhellenische Ideal bereits

  in

 Delphi formuliert w ord en

war, wu rde 131/2 n. Chr. in Athen ein Heiligtum gew eiht, in dem H adrian

mit Zeus Panhellenios verehrt wurde. Dieses wurde von einem Synedrion,

den Panhellenen, verwaltet,

  die

 aus verschiedenen Bereichen Griechen

lands, Kleinasiens und anderer griechischer Gebiete stammten und sowohl

Poleis als auch Ethne vertraten. Insgesamt zeugen zumindest 54 epigra-

phische Texte von dieser Organisation, die provinzübergreifend eine Ver

sammlung aller »echten Griechen« sein sollte.

47

  Allerdings stammen be

reits aus den 70er Jahren des 2. Jh. n. Chr. die ersten N achrichten vo n

finanziellen Schwierigkeiten des Koinons, gegen Ende des Jh. scheint

 es

fast unmöglich, Teilnehmer für die Panhellenia, die penteterischen Spiele

des P anhellenions, zu finden. Im 3. Jh. verliert sich dann die Spur dieser

groß angelegten Organisation.

Heftig diskutiert wird in der Forschung die Frage, auf wessen Idee das

Panhellenion gegründet wurde. Während

  JONES

  die Meinung vertritt, hier

läge eine rein griechische Idee  zu Eh ren ihres W ohltäters Hadrian vor ,

nimmt

  SPA^JORTH

  an, daß die Initiative vom Kaiser oder dessen Umge

bung ausgegangen sein muß. Die Gründung sei dann vor allem von den

Griechen an Had rians H of betrieben w or de n, darüber hinaus hätte Ath en ,

das als neues Zentrum des Synedrions aller Griechen ausersehen war, gro

ßes Interesse gehabt,  da es neben der Ehre auch wirtschaftlichen

  Auf

schwung damit verbunden sah.

48

Die Möglichkeit, als Mitglied aufgenommen zu werden, bestand grund

sätzlich für alle Griechen, sofern sie in Zweifelsfällen nachweisen konnten,

daß  sie vo n griechischen S tädten aus dem Mutterland abstamm ten, w ie

Inschriften für Kyrene und Magnesia am Mäander belegen.

49

 Auffallend ist

aber, daß z. B. Städte wie Ephesos und Smyrna dem Panhellenion fern

blieben.  O b der Grund dafür in Schw ierigkeiten mit der Un terord nun g

unter die Vormachtstellung Athens zu suchen ist oder in der Überlegung,

daß eine Teilnahme an dieser Organisation nicht notwendig sei, ist heute

nicht mehr zu entscheiden. Jedenfalls scheint die Möglichkeit, am Panhel

lenion teilzunehmen, dazu geführt zu haben, daß sich zahlreiche Städte in

den Randgebieten der griechischen Welt mit ihren Wurzeln beschäftigten

und die in der Diplomatie bereits in früheren Zeiten oft angeführten Ver-

4 7

  OLIVER

  1978 1),  189fL;

  SPA V FOR T H-WA L KE R

  1985, 78ff.;  dies.  1986, 88ff.;

WÖRRJLE 1992, 337£f.; JONES  1996, 29ff.;

  S P A V F O R T H

 1999, 339ff.

4 8

  JONES  1996 , 30ff.; dagegen

 S P A W O R T H

 1999, 343f.

49

  Kyrene:  OLIVER  1989, N r. 120, 27 5-2 78 ; Magnesia: IG II

2

 1091.

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Kaiserkult und Kaiserverehrung

227

wandtschaftsverhältnisse erneut erforscht und öffentlich gemacht wurden.

Dam it war eine neue Identifizierungsm öglichkeit gegeben,

  die ein

 Gefühl

der Zusammengehörigkeit entstehen lassen sollte.

50

Die wichtigste Aufgabe

  des

 Panhellenions

  war die

 Durchführung

 des

Kaiserkultes- Dazu war das Amt des Hiereus eingeführt, der

 in

 den Texten

gut bezeugt

  ist.

 G emeinsam

  mit dem

 Archon

  der

 P anhellenen

  und dem

Agonothetes der großen Panhellenia leitete er das Koinon, wobei der Brief

an

 die

  Aizaneten belegt,

  daß die

  drei Ämter auch

  in

  Personalunion

 von

einem Mann gehalten werden konnten.

51

OGIS 504, Z. 1-3: 'O ocp^cov

 xßv

 nccveXXfivcüv icori iepetic; 6eo-Q A Spiaw ö

n[aveXXriv{o o]

  |

  Kori &ycövo9sTr|<; xtöv jjsyöctaöv naveM,r|vCcöv Tixcx;

[OX&ßioq KtiXXoq]

 Kai oi

  UCCVZXXT^QC

AiCavEixtöv xf^i ßou&fii

  KCCI

 xfl)[i

Sfjjacoi xcapav].

52

Zunächst wurde

  der

 Kult

  nur für

  Hadrian Panhellenios durchgeführt,

nach seinem Tod wurde sein Nachfolger

  in

 den Kult integriert, in weiterer

Folge auch

  die

 Th eoi Sebastoi. Eine Inschrift

  aus

  Aizanoi zeigt deutlich

die Nähe des Panhellenions

  zu

 Eleusis, dessen Mysterien für Hadrian per

sönlich große Bedeutung hatten. In Eleusis errichtete das Panhellenion

 für

seinen Gründer zwei Bögen mit Inschriften. Auch

 zu

 einem zweiten grie

chischen Heiligtum

  ist

 ein Naheverhältnis nachzuw eisen: dem He iligtum

des Zeus Eleutherios

  und der

 Hom onoia

  in

  Plataiai,

  wo

  weiterhin

 die

Eleutheria durchgeführt wurden.

53

  Das

 Panhellenion hatte aber auch

 ei

gene Agone,

  die

  großen Panhellenia,

  die

 erstmals

  137 n.

 Ch r. unter

 der

Leitung des Agonothetes ausgetragen wurden.

Die Vertreter

  der

 Städte trugen den N am en Panhellenes

  und

 trugen

  -

wie eine Inschrift aus Aizanoi ausweist

 -

  wohl Kronen mit Kaiserbüsten,

wie sie auch die provinzialen Priester trugen.

54

  Der Text SEG 29, 127 zeigt,

daß zumindest

  in

 Athen

  die

 Wahl zu m Panhellen

  an

  bestimmte Voraus

setzungen geknüpft war,

  da er

 Gerichtsverfahren über

  die

  korrekte Aus

wahl anspricht. Das Amt wird

  in

  Inschriften immer wieder voll Stolz von

seinen Trägern genannt und scheint

 -

  zumindest

  zu

 Beginn

 -

  großes Pre-

50

 JONES 1996, 43ff.

51

  SPAVFORTH  1999,  344ff.

52

 Der Archon der Panhellenen und Priester des göttlichen Hadrian Panhellenios

und Agonothetes der großen Panhellenia, T. Flavius Kyllos und die Panhellenen

großen den Rat und das Volk der Aizainten. VgL

 SEKUNDA

  1997, 213f.

53

 Zu Eleusis:

 SPAWFORTH-WALKER

 1985,100-103;

 JONES

 1996,

 36ff.; SPAVFORTH

1999,  344ff.;

 Zum Kult von Plataiai:

 JONES

  1999,

 45ff.

54

  WÖRKLE

 1992, Nr.

 4,

  mit

  Abb.; der

 Text der Inschrift ist in eine Krone einge

schrieben, die zwei Kaiserbüsten ausweist.

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228

Kaja Harter-Uibopuu

stige gehabt zu haben. Mit Sicherheit wird man annehmen können, daß

hier auch ein neues Betätigungsfeld für die griechische Nob ilität geschaf

fen worden war.

55

Über die kultischen Funktionen des Panhellenions hinaus ist vor allem

Selbstverwaltung zu erfassen, der Rat beschäftigte sich mit der Aufnahme

neuer Mitglieder und Ratsherren.

56

  Einmischung in allgemeine politische

Belange scheint nicht stattgefunden zu haben, ebensowenig läßt sich ge

meinsames Auftreten nach dem großen Erdbeben in Smyrna und Rhodos

erkennen, obwohl Rhodos sicher Miglied des Panhellenions war.

57

  Damit

weist das Panhellenion einerseits durch die herausragende Stellung des

Kaiserkultes Ähnlichkeit zu den anderen Provinziallandtagen auf, ande

rerseits fehlen aber die allgemein-politischen und rechtlichen Belange, die

diese Koina auch ausmachten.

Der größte Unterschied zu den Provinziallandtagen des griechischen

Ostens ist aber bereits in der Grundlage der Mitgliedschaft zu fassen. Das

Panhellenion war nicht auf die Provinz Achaia beschränkt, sondern darauf

angelegt, die Versammlung aller Griechen zu sein, die Hadrian wohl be

reits in seinem Brief an die Delphier angesprochen hatte. Dennoch zeigt

sein frühes Scheitern, daß die gebotenen Identifikationsm öglichkeiten

nicht Grund genug waren, eine enge Verbindung über einen längeren Zeit

raum aufrecht zu erhalten.

 SPAVFORTH

 merkt

 an,

  daß die Organisation des

Panhellenions nicht G riechenland zeige, w ie es war, sondern w ie Hadrian

es gerne sehen wollte.

58

Zusammenfassung

Der Kaiserkult und d ie Verehrung der Kaiser wa ren in Griechenland -

bedingt durch die Abwesenheit eines Provinziallandtages - anders orga

nisiert als in den anderen griechischen Provinzen. Am stärksten durchge

staltet erscheint das Koinon in der Provinz Asia. Die Provinzialvertretung

war die führende Kraft im Kaiserkult und scheint stets den Vorrang vor

den einzelnen Städten gehabt zu haben, die sich ihrerseits bemühen, Pro-

5 5

  SPA W OR TH -W ALK ER 1986, 104f.

56

  Die von OLIVER  1970 veitretene Ansicht, daß das Panhellenion in Ath en auch

als Gerichtshof für Berufungen fungiert habe, läßt sich nicht halten, da die Quellen

nur von Entscheidungen innerhalb des Panhellenions sprechen (vgl.

  JONES

  1996,

38f.).

5 7

  SP AW ORT H-W ALK ER 1986, 90f.;

  Jones

  1996 , 42f.

5

* SP AV FO RT H 1999, 351f.

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Käiserkult und Kaiserverehrung

229

vinzialtempel errichten zu dürfen. Ein interessanter Fall ist auch Kreta das

bereits im Hellenismus ein Koinon hatte das politisch ausgerichtet war. In

der Kaiserzeit präsentierte es sich dann genau so wie auch der Landtag in

Asien es stand unter der Leitung eines Archiereus war mit dem Kaiser

kult beschäftigt und hatte auch die Möglichkeit römische Amtsträger in

Rom anzuklagen. Auch in Zypern stand der Kaiserkult im Vordergrund

darüber hinaus sind neben Ehrungen verdienter Mitglieder keine Aktivi

täten überliefen. Ahnliches gilt auch für das Koinon der Makedonen-

59

In den Gebieten der Provinz Achaia war - soviel ist als Ergebnis der

vorliegenden Studie festzuhalten - der Kaiserkult wesentlich mehr auf der

Ebene der Polis angesiedelt. Das beste Beispiel dafür ist wahrscheinlich

das Koinon der Eleutherolakonen in dem die mächtigste Stadt Gytheion

die Möglichkeit gehabt hätte das Koinon selbst in seine Kaisareia einzu

binden diese aber - trotz erwiesener Verbindung des Festes zum Koinon -

alleine durchführte. Die Änderung in der Struktur der Koina durch die

Einführung eines neuen Priesteramtes zumeist eines Archiereus ist zwar

greifbar aber nicht prominent. Insgesamt kann also eine detaillierte Studie

zum Kaiserkult in den Koina der Provinz Achaia nicht nur von diesen

selbst ausgehen sondern muß vo r allem den Kaiserkult in den Poleis er

fassen um Vergleichsmöglichkeiten zu schaffen und zeigen zu können wo

Zentren oder Lücken vorhanden waren. Der Partikularismus scheint tief

verwurzelt zu sein und muß in jedem Einzelfall auf politisch-historischer

und wirtschaftlich-sozialer Basis untersucht werden. N u r so wird man die

Stellung des Kaiserkultes im griechischen Mutterland richtig bewerten

können.

59

 Zur Provinz

 Asia: S R F. PKICE

Rituals and Power Cambridge

 1984;

  zu den

anderen Koina immer noch: J.

 DEINENGER

Die Provinziallandtage der römischen

Kaiserzeit.

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Kaiserverehrung und Kaise rkul t

1

  in der Provinz Sicil ia

Traditionen - Formen - Organisation

von

H E I K E K U N Z

1 Hellenistische Traditionen und römische Elemente

1 1 Hellenistische Traditionen

Die Kaiserverehrung auf Sizilien knüpfte auf verschiedenen Ebenen an

Traditionen der hellenistischen Herrscherverehrung an. Auf der Basis der

Quellen lassen sich konkret folgende Bereiche benennen:

1 1 1 Syrakus als Zentrum der Herrscherverehrung

Das Reich König Hierons IL umfaßte kein zusammenhängendes Territo-

rium, sondern neben Syrakus noch die kleineren Städte Agyrion, Akrai,

Heloros, Herbessos ?), Kentoripe, Leontinoi, Megara Hyblaia, Neton

und Tauromenion. In diesen Städten sind die Spuren für Herrschervereh-

rung spärlich: So fehlen etwa Ehrenstatuen für den König, deren Existenz

man gleichwohl voraussetzen  darf da Hiero n w oh l mit der dortigen Bau-

tätigkeit in Verbindung stand.

2

  Von einer zentralen Verehrung in Syrakus

1

 Die Terminologie versteht Kult analog zu der antiken Bezeichnung

 cultus

 als

offiziellen rituellen Dienst am Kaiser, während Verehrung

  veneratio)

  einen Akt

der Ehrbezeigung und Huldigung darstellt, der entweder außerhalb des offiziellen

Programms oder aber in Formen mit geringerer religiöser Symbolkraft vor allem

durch die Errichtung von Ehrenstatuen oder Ehreninschriften) stattfindet.

 Vene-

ratio kann in antikem Sprachgebrauch jedoch auch den Überbegriff zu beiden Be-

reichen bilden.

2

 In Neton

 n nnten sich

 die Epheben

 des

 Gymnasiums nach Hieron

 II.

  IG XIV

240).

 In Akrai können das Theater und das Bouleuterion in die Zeit Hierons II.

datiert werden Bauherr oder Geldgeber sind nicht bekannt). Agyrion erfahr eine

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  34

Heike Kunz

kann daher nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Syrakus aber war

Königsresidenz: Hier befand sich der Palast Hierons IL, Hofhaltung und

•Repräsentation verliehen seiner Präsenz in Syrakus besonderen Ausdruck;

es is t anzunehmen, daß sich dies auf Art und Umfang der Herrscherver

ehrung auswirkte.

Für die Zeit des Provinzstatthalters C Verres ist die Beleglage hingegen

etwas erfreulicher: Verres wurde in Syrakus laut Cicero auf einer Inschrift

als  patronus  und als   soter  der Insel Sizilien verehrt;

3

  seine Funktion als

Amtsträger der römischen Provinz Sicilia mit Amtssitz in Syrakus ist da

mit direkt verknüpft . Ihm zu Ehren wurde in Syrakus auch ein jährl iches

Fest gefeiert:  Syracusanam quidem civitatem ut abs te adfecta est ita in te

esse animatam videmns, apud quos etiam Verria illa flagitiosa sublata sunt.

Etenim minime conveniebat ei deorüm honores haberi qui simulacra deo

rüm abstulisset  ... .

4

  »Die Gemeinde Syrakus jedenfalls sehen wir gegen

dich gesinnt, wie sie von dir behandelt worden ist , bei welchen auch das

schändliche Verres-Fest aufgehoben worden ist . Denn es gehörte sich kei

neswegs, jemandem gött l iche Ehren zu erweisen, der Götterbi lder ent

wendet hat te«.

D as Verres-Fest w a r zue rst in M essana au s de r Abgaben freiheit , die

C . Verres dieser Ge m einde gew ährt hatte , entstanden- In Syrak us w ur de n

die Verria dan n auf A no rd nu ng des C . Verres eingeführt un d ersetzten

dort die Marcellia, ein Fest für M. Claudius Marcellus (den Eroberer von

Syrakus 212 v. Chr-).

5

  Ein Verres-Fest wurde folglich nicht nur in Syrakus,

sondern auch in anderen Städten Siziliens gefeiert; es kann nicht als Beleg

für eine zentrale Verehrung in Syrakus gewertet werden.

Auch wenn die Gleichsetzung des Verres-Festes mit gött l ichen Ehren

bei Cicero im Zeichen einer Polemik steht, dürfte das Fest Opfer für den

Prov inzstatthalter eingeschlossen hab en . A ls Beispiele für weitere Feste zu

Ehren von römischen Provinzstat thal tern führt Cicero nämlich die Mucia

und Marcellia an - Feste zu Ehren des Q. Mucius Scaevola, Proconsul von

Asia im Jahre 97 v- Chr., sowie des M- Claudius Marcellus zusammen mit

Neuausstattung (Diod. 16,83,3). Hieron bemühte sich allgemein um Heiligtümer

und Gymnasien, warum also nicht auch um die der kleineren Städte seines Reiches

(Moscbion fr. 1,1).

3

 Cic. Verr. 2,2,154:

 haque eum non solum PA3TRONV M illius insuhce

y

 sed eti~

am SOTERA insaiptum vidi Syracusis:   »Daher bezeichnet ihn eine Inschrift, die

ich in Syrakus gesehen habe, nicht nur als Patronus dieser Insel, sondern auch als

Soter.«

4

  Cic. Verr.  2,4,151.

5

 Verria in Messana (Cic. Verr. 2,4,24;

  151:

  durch C. Verres vom Geld des He-

raklios in Syrakus eingeführt).

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Kaiserverehrung und Kaiserkult

235

dem Geschlecht der Marcelli , unter denen auch Provinzstatthalter von

Sicilia waren. Bei den Mucia, die erfreulicherweise auch inschriftlich belegt

sind, handelte es sich, wie vermutlich bei den Marcellia und Verria auch,

um einen Agon,

6

  in dessen Verlauf

  thydai

  dargebracht wurden; auch an

den jährlichen Spielen zu Ehren der Marcelli fanden Opfer

  sacra)

  und

Festmähler  epula). s t at t / O b C . Verres jedoch einen Kult m it Priester un d

Tempel besaß, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Die Verehrung des Provinzstatthalters in der Provinzhauptstadt inner

halb eines auf die gesamte Provinz zielenden Kontextes erlaubt vielleicht

die Hypothese, daß sich in Syrakus auch das Zentrum des Kaiserkults der

Provinz Sicilia mit Kultstätte befand, auch wenn es keine direkten Zeug

nisse dafür gibt: Vollzog also der Provinzstatthalter in Syrakus die

  vota

publica

  am   3.  Ja nu ar für das He il des Kaisers, jbei dene n im N am en un d

6

  Die MODKisia (oder Sco^pia Koa Mowfeia auf zwei Statuenbasen in Per-

gamon; später allgemeiner: Euergesia) sind das erste Fest, das für einen römischen

Provinzstatthalter belegt ist (IvOl 327- IGR TV 188; OGIS 439); es handelte sich

um thymelische und szenische Spiele, die vermutlich durch ein Dekret des

 koinon

von Asia eingerichtet worden waren und in einem Rotauonsprinzip in mehreren

Städten Asiens abgehalten wurden.

 K. J.

  RIGSBY,

  Provincia Asia, in: Transactions

and Proceedings of the American Philological Association 118, 123-153, bes. 141-

149.

 Weitere Beispiele für die Verehrung römischer Magistrate im

 2./1.

 Jh..v. Chr.:

M. Annhis, in Macedonia 117 v. Chr. durch einen Reiterwetckampf geehrt (Syll.

3

700);  L. Valerius Flaccus, Spiele in Tralles 90 v. Chr. (Cic. Place. 52, 55-56, 59);

T. Q. Flamininus, dem »Befreier« von Griechenland, Kult durch Opfer und Prie

ster in Chalkis (Plut. Flamininus 12,7; 16,5ff.); Q. Tullius Cicero, Ciceros Bruder,

lehnt als Proconsul von Asia einen für ihn vorgesehenen Tempel ab (Cic. ad Q. fr.

1,1,26 ,  ein Ehrendenkmal der Ciceronen (für M. Tullius Cicero und Q. Tullius

Cicero) befand sich auf  Samos:  H .

  KYKIELEIS,

 Führer durch das Heraion von Sa-

mos,

  Athen 1981, 96. Eine Inschrift für Q. TuJJius Cicero aus Klaros bei K.

 TU

CHELT,  Frühe Denkmäler Roms in Kleinasien, Teil L Roma und Promagistrate,

Tübingen 1979, 165.

7

 VgL Cic. Veix.  2,2,51:   ...

 ad eum diem quae saais epufosque  opus essent

... »...

was für diesen Tag an Opfern und Festmählern nötig sei ...«. Daß Agone als solche

in Sizilien bekannt waren, zeigen die folgenden Beispiele: Tauromenion (IG XIV

422;

 434: Pythia), A itne (schol. Pind. O .   6,161:  Aitnaia); Syrakus (Diod. 11,71 für

Zeus E leutherios); schol Theok. 7,106: £v

 C*QX\X£L

für die Epheben eines Gym

nasiums); diese Wettkämpfe ahmten die Großen Spiele in Griechenland nach, nur

der Agon ev

  CTCIXACCK;

  stellt eine Lokalvariation dar (vgl I.

  RINGWOOD ARNOLD

1960, 248). Die Agone, die in der Kaiser zeit in Rom (Capitolia) und Italien (z. B.

Neapolis: Sebasta/Augustalia bzw. Puteolit Eusebeia) so beliebt wurden, stehen

unm ittelbar in dieser Tradition; sie haben ihre Vorbilder nicht nur in Griechenland,

sondern vor allem auch in Italien und wohl auch

 Sizilien.

 Das Programm der Spiele

variierte kaum, so daß reichsweit eine gewisse Einheitlichkeit festzustellen ist

(s. L RING WO OD ARN OLD 1960, 251).

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236

Heike Kunz

zum Wohle der Provinz ein Opfer gelobt und das letztjährige Gelübde

eingelöst wurde?

1.1.2 Urbanistik und Herrsch er Verehrung

Die Tradition der Herrscherverehrung im urbanistischen Kontext ist für

Sizil ien durch die Errichtung von Statuen dokumentiert: In Syrakus weiht

das Volk eine Statue des Gelon (des Sohnes von Hieron IL) an Zeus Hella-

nios;

8

  sie war vermutlich im Bereich des Heiligtums des Gottes, vielleicht

aber auch an einem ande ren öffentlichen Platz - wie etwa der Ag ora -

aufgestell t . Der Kult des Zeus Hellanios dürfte durch Pyrrhos, den König

der M olosser in Epeiro s, 278 v. C hr . nach S izilien gelangt sein.

9

  H ie ron

etwa wurde auf Münzen häufig zusammen mit Zeus dargestell t ; es ist

jedoch weder eine Assoziation mit dem Gott bezeugt noch Herrscherkult

durch die Erwähnung eines Priesters oder die Abbildung eines Altars oder

Tempels.

10

  Ob für Hieron IL ein Agon veranstaltet wurde, ist nicht be

kannt; als wahrscheinlich kann aber gelten, daß Theaterspiele auch zu sei

nen Ehren abgehalten wurden; daß man dort auch für ihn opferte, wäre

möglich.

11

Eine eherne Statue des M. Claudius Marcellus sowie vergoldete Statuen

des CVerres und seines Sohnes sah Cicero im Rathaus von Syrakus;

12

Statuen des CVerres befanden sich in ganz Sizil ien auf Marktplätzen

8

 Syll.

2

  428: 6 8ccp,o<;   TÖ)V  ZupaKOaicöv ßaatXscc T^Xcova ßacnXeoc; lepcovoq

. Ali E^ocvicoi-

9

 P. R.   FRANKE,   Die antiken Münzen von Epirus, Bd. 1, Wiesbaden 1961, 273;

W. GIESECKE,   Sicilia Numismatica, Leipzig 1923, 111, 132, 158.

10

  Philistis, die Gattin Hierons IL, hingegen ist auf Münzdarstellungen mit De

meter assoziiert, trägt gleichzeitig aber die Züge der Königin Arsinoe, der Gattin

des Ptolemaios IL Philadelphos (W.  GIESECKE,   Sicilia Numismatica, Leipzig 1923,

147,

  Nr. 1-4), Die Installation eines Herrscherkultes durch den Herrscher selbst,

wie zeitgleich in Ägypten praktiziert, ist für Hieron IL eher zweifelhaft. Die mi

litärischen Erfolge begründeten zwar das Königtum von Hieron IL, mit seinen

Niederlagen gegenüber Rom aber büßte er an Machtstellung ein (s. auch H. BERVE

1959,

  58-59). Seine Kontakte zu Ägypten regten daher wohl zur Nachahmung

bestimmter religiöser Vorstellungen an (Assoziation mit einem Gott; dies allerdings

ist nichts Revolutionäres in der griechischen Welt), führten aber wohl oicht wie

do rt zur Einrichtung eines Kultes mit Kultstätte und Priesterschaft (der Vater von

Ptolemaios IL wurde als Theos Soter, der König und die Königin als Theoi Adel-

phoi, Arsinoe auch als Thea Philadelphos verehrt).

n

  Die Cunei in der Cavea des Theaters von Syrakus waren nämlich nach Hieron,

seiner Gattin Philistis, seinem Sohn Gelon, dessen Gattin Nereis sowie bestimmten

Göttern (z. B. die Theoi Pantes) und Heroen benannt (Syll.

2

 429). Diese Tradition

setzte sich auf Sizilien auch in der Kaiserzeit fort: Theaterspiele fanden zu Ehren

des Kaisers und lokaler Gottheiten statt.

12

 Cic. Verr. 2,2,50.

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Kaiserverehrung und Kaiserkult

237

(z. B. eine Reiterstatue und ein Ehre nbo gen in Syrakus

13

) und in Heilig

tümern.

14

Das Verhältnis von Ehrenstatuen und Göttl ichkeit wird an der folgen

den Textpassage aus der zweiten Verrine Ciceros deutlich:

  Non crederem

hoc de statiris nisi iacentis revulsasque vidissem, propterea quod apud omrds

Graecos hie mos  est ut honorem hominibus habitwn in monumentis eius

modi non nulla religione deorum consecrati arbitrentur}

1

  »Ich w ürd e das

mit den Statuen nicht glauben, wenn ich sie nicht hätte liegen sehen, zu

Boden gestürzt, deshalb nicht, weil bei allen Griechen dieser Brauch

herrscht, daß sie meinen, daß die Ehre, die den Menschen durch solche

De nk m äler gil t, du rch eine gewisse Götterv erehru ng geweiht sei-«. Eh ren

statuen konnten nach Cicero von den Griechen als göttl ich betrachtet wer

den, wenn sich die Menschen gern an die Taten der geehrten Person erin

nerten; sie konnten aber auch wieder entfernt werden, wenn sich negative

Erfahrungen eingestellt hatten, d. h. die W ahrne hm ung der Ehren statuen

als göttlich und nichtgöttlich oszillierte mit den Verdiensten der betreffen

den Person.

16

Die Verehrung des Kaisers und der Mitglieder der Kaiserfamilie durch

Ehreninschriften und Statuen - gestiftet von Privatpersonen oder von der

städtischen Gemeinde - ist für Sizilien auf dem städtischen Forum be

zeugt.

17

  Statuen und Reliefs befanden sich in Theater und Amphitheater;

als Beispiel sei hier eine Säulenbasis mit dreiseitigem Relief auf einer Plin-

13

  Cic. Verr. 2,2,154, vgl einen Ehrenbogen für Augustus bei R.J. A.

  WILSON

1990,

 113 Aam. 337.

14

 Cic. Verr. 2,2,158 :...

 in

 aedibus sacris  ... Statuen des C. Verres in Heiligtümern

könnten die Vorläufer für das örtliche Nebeneinander von Lokalkulten und Kai

serkult bzw . Kaiserver ehrung in der Kaiserzeit gebildet haben (s. Kap. 3.1).

15

 Cic. Verr. 2,2,158.

16

 Auch in Rom kannte man die Ehrung bedeutender Feldherren im Triumphzug

sowie die Errichtung von Ehrenstatuen; besonders bedeutende Männer der Ge

schichte Roms (wie Rom ulus) konn ten als göttlich betrachtet werden; in Tempeln

(wie dem des luppiter Feretrius auf dem Kapitol) wurden etwa die von einem

Feldherrn im Zweikampf erbeutenden Waffen geweiht; da dieses Phänom en aber in

Widerspruch zu einer strengen republikanischen Haltung stand und in Rom mit

gewisser Skepsis betrachtet wurde, schreibt es Cicero hier nur den Griechen zu.

17

  Das früheste Beispiel einer Weihinschrift an einer Statuenbasis, gestiftet von

der Privatperson P(ublius) M(arcius?) Annieius an ein Mitglied der Kaiserfamilie

(G Caesar) stamm t vom Forum in Agrigent und ist zwischen 17 v. Chr. und 4

n. Chr . zu daueren: Eine Seite der  asis trägt die Aufschrift G   CAESARIAVGVS-

TI

  F üio), die andere

  VOTVM CAESARIS FILIO:

  E

  E  MIRO,

  UAtüvitä della

Soprintendenza archeologica di Agrigento (anni 1980-84), in: Kokalos

  30/31,

1984/85,

 453-465, hier 464-465.

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238 Heike Kunz

the aus Catina vom Ende des 2/ A nf an g des 3. Jh. n. Chr. genannt, die vo n

der Frontseite der Bühne des Theaters stammt; das Relief nimmt Bezug

auf einen militärischen Sieg eines römischen Kaisers über Barbaren: Das

Frontbild zeigt eine Trophäe, die von zwei Niken getragen wird, an den

Seiten sieht man jeweils männliche und weibliche Gefangene, vermutlich

aus einem Triumphzug eines Krieges gegen die Germanen (vielleicht ge

führt von Marcus Aurelius gegen die Markomannen oder Caracalla gegen

die Alamannen). Im Gymnasium von Agrigent, das Hermes und Herakles

geweiht war, weisen Inschriften hochrangigen städtischen Persönlichkei

ten Sitzplätze zu; aus einer von ihnen läßt sich wohl entnehmen, daß das

Gymnasium zu Ehren des Augustus bestand.

18

1.13 »Städtebund« und Herrscherverehrung

Die Städte des Reiches von Hieron IL besaßen eine gemeinsame Münz

prägung: Dies bezeugt das Ethnikon 2IKEAI&TAN als Münzbeischrift,

die den »Sikelioten« die Münzhoheit zuweist. Häufiges Motiv ist das als

Demeter verschleierte Haupt der Philistis, der Gattin Hierons II.

19

  Die

Darstellung, die Philistis als Gottheit zeigt, ist der des Portraits der Kö

nigin Arsinoe, der Gattin des Königs Ptolemaios II. Philadelphos, ange

glichen.

20

In der Zeit des Statthalters C. Verres repräsentierte ein   commune Siciliae

als Vertretung der sizilischen Gemeinwesen die Provinz nach außen; es

stiftete vergoldete Ehrenstatuen für C. Verres außerhalb Siziliens (nämlich

in Rom ) im Nam en der Provinz.

21

  Erst wieder in der Spätantike findet sich

das  commune Siciliae   in einem Brief des Quintus Aurelius Symmachus aus

dem Jahr 378/379 n. Chr.; er ist an den praefectus praetorzo  Galliens, Ita

liens und Afrikas und späteren Konsuln Decimus Magnus Ausonius, den

18

  Es handelt sich um zwei Reihen Kalksteinsitze: im nördlichen Sektor, westli

che Reih e lautet die Inschrift: vac. 0 ? [— ] Kcricrapa A-ayo-ocrov

  <pX L\xzvoq

 Aoa>

Kiox> TSTvatioo   [A]OX>[KI]O"D  oio'ö r<xpi[ ] ; im südlichen Sektor derselben R e ih e

vac.  [ ] 5a)ä>v <5s <x[v5]pä>v[ J im südlichen Sektor, östliche Reihe: [— ]

SE^TO-O *E[-]axio*ü [2eJ;|V|o[-o -DioiS T]ofKpox>  AOTÖKIOC; [ — ] Q  im nördlichen Sek

tor derselben Reihe: AOX>KIO-D vio[c — ] o [—7op.vaoiap%o<; xcöv  TS e<pf\ßcov KOCL

v$]arcepcöv TOÜC ccv{K]kvca<;Tä)v iöuov *Ep|icfci

 KOCL  HpaicXs[t]

 (AE , 1996, 809, vgl.

R. J. A .

  WILSON

  1996,

  87;

  Sextus Rufus ist als

  duumvir

  von Agrigentum auf einer

Münze bezeugt, die nach 2 v. Chr. zu datieren ist, da sie Augustus   als

  pater patriae

bezeichnet. D ie Inschrift h ier datiert also zwisc hen 2 v. Chr. und 14 n. Ch n R. J. A

W IL SO N 1990, 43 f ig. 3 2c) .

19

 W .  GIESECKE,  Sicilia Numismatica, 1923, Leipzig, 147, Nr.   .1-4.

2 0

  H . BERVE 1959, 69, 79.

21

  Cic. Verr. 2,2,114; 145; 154.

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Kaiserverehrung und Kaiserkult

239

berühmten Dichter und Lehrer der Rhetorik, gerichtet :

  Ambrosium de

summ atibus provincialis fori ad dominos et principes nostros Siciliae com

mune legarit varis instructum mandatis

>

  quae spectare Visa sunt bonum

publicum?

1

  »Das

 comm une Siciliae

  entsandte Ambrosius an unsere Herren

und Vorgesetzten, einen der wichtigsten Leute des provinzialen Gerichts

wesens, und stat tete ihn mit verschiedenen Aufträgen aus, die man in be-

zug zum öffentlichen Wohl zu stehen glaubte.« Das

  commune Siciliae

schickte einen Delegierten, eine herausragende Persönlichkeit des sizili-

sehen Gerichtswesens, an den kaiserl ichen  Hof;

23

  es fungierte demnach

ganz offensichtl ich als M edium der K om m un ika tion zwischen Kaiser und

Provinz. Funktionen im Bereich des Kaiserkults sind indes nicht belegt .

Die in einer kaiserzeitlichen Inschrift erwähnten

  ceivitates Siciliae,

  die au

ßerhalb der Provinz eine Ehrenstatue st iften,

24

  sind vielleicht mit dem

commune Siciliae

  identisch.

1J.A Verehrung des Herrschergeschlechts

Der Sohn Hierons IL, Gelon, der noch vor seinem Vater 216/215 v. Chr.

starb,

25

  is t auf Münzen ebenso wie sein Vater mit dem Diadem der helle

nistischen Könige dargestellt

26

  und erhiel t Ehrenstatuen.

C Claudius Marcellus

  {praetor

  des Jahres 80 v, C hr . un d Provinzstat t

halter von Sicilia 79 v. Chr.) wurde in Syrakus durch ein Fest geehrt, das

sich auf das Geschlecht und den Namen der Marcell i , beginnend mit

M. Claudius Marcellus, erstreckte;

27

  in derselben Stadt wurden Statuen für

C. Verres, desse n Vater u n d dessen Soh n errichtet.

23

22

  Syrom. epist 1,17.

23

 F .  SARTOFI,   II

 commune Siciliae

 nel tardo impero, in: Klio

 63,

  1981,2, 401-409,

hier 404.

24

 Die  ceivitates Siciliae  stiften C. Plautius Rufus,   legatus pro pr(aetore),  in Au-

ximum im Picenum eine Weihinschrift, weil er die Provinz beschützt habe

 (pro-

vincia

 defensa):  ILS 926.

25

 Hie ron s Tod tra t im Frühjahr 215 v. Chr . ein.

26

 B.  V.  HEAD,

 Historia Num morum . A Manual of Greek Nuniismatics, Oxford

1911

2

, 184.

27

  Cic. Verr.

 2,2,51:... quem Uli  diemfestum cum recentibus beneficiis

 C

 M arcelli

debitum reddebant, tum generi nommi familiae  Marcellorrum  maxima voluntate

tribuebant.

  »... diesen Fesnag begingen sie sowohl als Dankesschuld für die jüng

sten Wohltaten des C- Marcellus, vor allem aber widmeten sie ihn mit höchster

Bereitwilligkeit dem Geschlecht, dem Namen, der Familie der Marceller«.

2S

 Cic. Verr. 2,2,145:

 Syracusana civitas, ut eam potissimum nominem, dedit ipsi

statuam

 -

 est bonos

 -

  etpatri-  bella haeepietatis et quaestuosa simulatio

 -

  etfüio

  -

ferri hoc potest, hunc enim puerum non oderant.  »Die Gemeinde von Syrakus,

damit ich sie zuallererst nenne, gab jenem eine Statue - das ist eine Ehre - und

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24

Heike Kunz

W ährend H iero n IL und C Verres auf Sizilien zw ar vielleicht O pfe r

empfingen, jedoch nicht sicher eine feste Kultstätte und Priester besaßen,

wurde für Augustus - wie auch im griechischen Osten - schon zu Leb

zeiten ein Kult installiert: Eine Münze von Halaesa aus augusteischer Zeit

nennt einen

  flamen Augusti

  Paccius Maximus.

29

  Ein weiterer Beleg ist die

bereits erwähnte Inschrif t vom Gymnasium in Agrigentum: Sie kann zwi

schen 2 v. Chr. und 14 n. Chr. datiert werden und erwähnt einen

  flamen

L. Egnatius. Eine Inschrift von Thermae Himeraeae aus augusteischer Zeit

bezeugt Kult für Augustus und Livia (nicht Iulia Augusta) und erwähnt

zugleich Tiberius als Adoptivsohn:  Ära imp(eratori) Cae[s(ari) A u-

g(usto)]/et Livfiae ...]/ matri [Tib. Caes(aris)] / imp(eratoris) Cae[s(ans)

Aug(usti) f(&i)p

0

  »Ein Altar dem Caesar Au gustus und der Livia . . , M u t

ter des Tiberius Caesar, des Sohnes des Imperator Caesar Augustus.«

12 Römische Elemente

Die Lares Augusti und der Genius Augusti wurden mit Reform des La

renkultes 7 v. C hr . in Ro m au ch auf Sizilien verehrt. D ies bez eug t eine

Inschrift aus Lipara:

31

 [Larjibus Augusteis et Genio Caesafris] I [Libjero-

rumque eins

  G

  Publilius [C. l(ibertus)] I [Piljargurus, sevir primus et prior.

»Den augusteischen Laren und dem Genius Caesars und seiner Kinder

C Publilius Pilargurus, Freigelassener des Gaius, erster

  sevir

  zu Beginn

des Jahres.« Bei den Kindern muß es sich nicht zwingend um Gaius und

Lucius, die Enkel des Kaisers Augustus» handeln, denen 4 n. Chr. in Rom

ein Kult eingerichtet wurde; die Rekonstruktion der-Inschrif t nimmt je

doch ein frühes Datum an.

M it dem Kaiser assoziierte G ot th ei t auf Sizilien ist Iupp iter: So z. B .

bezeugt durch einen männlichen Torso aus Catina, der Teil einer Kaiser

statue de r iulisch-claudischen D yna stie aus de r 1. Hälfte des 1. Jh . n. C hr .

(eher Tiberius als Claudius) war; die Statue ahmt die Darstellungsweise

des Iuppiter Capitolinus nach und war möglicherweise in einem Gebäude

für den Kaiserkult aufgestellt.

32

  L ivia wu rd e auf Sizilien, z. B. auf e iner

seinem

 Vater - das ist eine schöne und einträgliche Vortäuschung von Kindesliebe -

und dem Sohn - das kann man ertragen, diesen Knaben nämlich haßten sie nicht.«

2

ABuRNETT, Rom an Provindal Coinage, Bd. I, 1992, no .

 633;

  vgl. R.J.A.

WILSON  1990, 43 f  ig. 32b:  Paccius Maximus als duumvir  und  flamen,  auf späteren

Münzen nur noch als flamen,

30

 CIL X 2,7340.

31

  AE, 1939,

 346

 a.

32

  Catania, Castello Ursino, Marmor inv. nr. 146, collezione Biscari, gefanden

1737 auf dem Areal des convento di Sant* Agostino.

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Kaiserverehrung und Kaiserkult

241

Inschrift aus Gaulus/h. Gozzo (einer kleinen, Malta vorgelagerten Insel),

aber auch auf Münzen aus Panhormus

3 3

  ebenso wie in Italien

34

  und an

deren Provinzen des Imper ium Romanum

3 5

  mit Ceres assoziiert.

D ie Fasti Am iterni n otie ren als Fest a m 3. Septem ber »Sizilien«. D er

Sieg des Augustus bei Naulochos über Sextus Pompeius wurde bis zum

Verbot unter Caligula mit einem Fest begangen;

36

  Münzen aus Panhormus

verweisen auf diesen Festtag wohl ebenso wie auf den

  dies natalis

  des

Augustus.

37

  Auf Sizilien hatte es Feiern zu Ehren des Geburtstages eines

Herrschers schon lange vor Augustus gegeben: Bereits für die Zeit des

T im ol eo n (seit 345/44 v. C h r. in Sizilien) sind sie den Q uelle n nach für

ganz Sizilien bezeugt.

38

2 Die Her r sche rvor s t e l lung

Die Herrschervorstellung variierte nach den jeweiligen Verdiensten bzw.

nach den progranunatischen und religionspolit ischen Zielsetzungen. Der

Selbstdarstellung der Herrschaft Hierons IL etwa wurde durch prächtige

Bauten in Syralcus Aus dru ck verliehen; daru nter sind vo r allem die E rrich

tung des Tempels des Olympischen Zeus und eines riesigen Altars für

33

 R. J. A.   WILSON   1990, 44 fig.34b: mit Patera und Szepter (Avers), Widder

(Revers).

34

 Die Münzprägung Roms fertigt 15/16 n. Chr. ähnliche Motive wie das in

Anm. 33  für Sizilien genannte:  R. J.   A.  WILSON   1990, 44 fig. 34b.

35

 E.  BARTMAN,   Portraits of Livia: Imaging the Imperial Woman in Augustan

Rome, Cambridge 1999, z. B. 107:  Lepcis Magna (Statue);  103:   Caesaraugusta, Hip-

po Regius und Cypius (Münzen).

36

 Acäacae Siculaeque  victoriae: Suet. Cal. 23,1

37

 Nach   G.   MANGANARO,   La Sicilia da Sesto Pom peo a Diocleziano, in: AN RW

II 11.1, 1988, 3-89; hier 55f., wurde augusteisches  aes  aus Rom, das bereits zirku

liert war, als öffentliche Gabe, in Details verändert, in Sizilien unter Tiberius erneut

ausgegeben: Dargestellt waren u. a. ein kleiner (Lorbeer-)Zweig, die Lyra und der

Steinbock, d ie vielleicht auf den

 dies natalis

 des Augustus hindeuten; andere Mün

zen mit der Darstellung von Schiffsbug und Aphlaston weisen auf die Siege bei

Actium und Naulochos. Die Münzen sind auf ca. 21 n. Chr. datier bar un d bezeu

gen vielleicht die Durchführung von Feierlichkeiten zu Ehren des Divus Augustus

auf Sizilien.

38

 N ep . Timoleon   4,4:  proelia maxima natali suo  die feck  omnia. Quo  factum est,

ut eins diem natalem festwn haberet universa Sicilia.

  »Die größten Schlachten

schlug er alle an seinem Geburtstag. Daher kam es, daß ganz Sizilien seinen Ge

burtstag zum Fest hatte«; vgl.  P.   H E R Z ,   Kaiserfeste der Prinzipatszeit, in: ANRW

n 16.2, 1978, 1135-1200.

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  4

Heike Kunz

Zeus E leutherios  zu  nennen.

59

  C Verres wurde in Syrakus als Soter geehrt,

weil er sich im Kampf um die Seeräuber verdient gemacht hatte.

40

  Eine

römische Münzserie zwischen 119 und 138 n.Chr. feierte den  adventus

des Kaisers Hadrian in Sizilien und ehrte ihn als

  restitutor Siciliae*

1

3 Lok a le E i nb ind un g des Ka i se rku l ts

3.1 Die municipia Latinae condicionis Centuripae und Halaesa als

Beispiele für Kaiserkultstätten in umgebauten hellenistischen Stoai

Aus Centuripae stammt ein Gebäudekomplex, der verschiedentlich als

edificio degli Augustales,  d. L als Au gustalgebäud e interpretiert w ord en

ist.

42

  Direkt an das Forum, das nicht im topographischen Zentrum der

Stadt lag, grenzt eine Stoa, deren erste Bauphase der hellenistischen Zeit

zuz ure ch nen ist ; die heu te sichtbaren Reste der Säulenh alle stam m en je

doch aus der mitt leren Kaiserzeit . In einem Raum hinter den Säulen wur

den mehrere Portraits des Kaiserhauses gefunden (von Augusrus, Ger-

manicus, dem jüngeren Drusus und einem unbekannten Pr inzen aus iu-

lisch-claudischer Zeit) . Eine Inschrif t aus dem l.Jh. n.Chr. , die einen

quattuorvir Augustalis

  nennt, wurde unmittelbar außerhalb der südlichen

Mauer dieses Raums entdeckt.

43

  Im   2.  Jh. n. Ch r . wu rde der Raum durch

eine Mauer nach Norden hin abgeschlossen und in vier kleinere Räume

unterteilt: drei lagen zum Forum hin, ein vierter nach Westen dahinter. Im

»   Z.  B.  Diod. 16,83,2.

«oC ic.Verr. 2,4,154.

41

  H .

 MATTTNGLY,

  Coins of the Roman Empire in the British Museum, Bd. 3,

1966,

 p.  496; 526.  A.  HOLM,  Geschichte Siziliens im A lthermm, Bd. 3, Berlin 1878,

Nr. 75:  Auf dem Revers Hadrian und die vor ihm stehende personifizierte SiciJia,

Schale und Ähren haltend; zwischen ihnen ein brennender girlandenumkranzter

Altar mit Opfertier. Hadrian erhebt die rechte Hand zum adventus-GestuSy  Sidlia

opfert am Altar.

 VgL

 J .  LEHNEN

  1997,  219;

 neben lokalen Unterschieden reichsweit

einheitliches adventus Zeremoniell:  z. B. 195 und  passim.

42

 R J . A.   WILSON   1990,111-113, 297 mit Anm.  91;  G.  LIBERTINI,   Nuove inda-

gini sulle costruzioni presso il mulino Barbagallo, in: Notizie degli Scavi di Anti-*

chitä 1953, 353-368.

43

  AE, 1955, 193, tiberianisch?  [Numim Domus  A]ugus[ti]  /  [sajcrum L. Cd-

pitfrmjus Apthonetus, Ullvir Ajtgustalis.

  »Dem Numen des Hauses des Augustus

geweiht, Calpurnius Apthonems, Ullvir Augustalis.« Als alternative Ergänzung

wird von G . MANGANARO,  La Sidlia da Sesto Pompeo

 a

 Diocleziano,

 in :

 A N R W I I

11-1,1988,

 3-89; hier 47 vorgeschlagen: [Larib ns) A jugxsftis] /  [sa]crwn /  L.  Cd-

pu[rni]iis  Apthonetns, Ullvir Augustalis.

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Kaiserverehrung und Kaiserkult

43

Norden entstand ein neuer Gebäudeteil , der mehrfach als Podiumtempel

interpret ier t w ord en ist , da er durc h Stufen im No rd en und- zum Fo rum

hin erreichbar w ar und somit über dem Niveau des Fo rum lag; diese De u

tung ist nicht zweifelsfrei gesichert; auch eine Büste des Hadrian wird mit

diesem Teil der Anlage häufig in Verbindung gebracht; ob zu Recht, ist

nic ht zu entscheiden. Vo n der Au sgrabun gszon e s tammen auch Fragm ente

einer Kaiserstatue mit Brustpanzer, ohne daß die Fundstelle genauer be

kannt wäre Die Frage lau ter Wurde der Kaiserkul t

  zuerst

  innerhalb der

Stoa praktiziert und später im neu errichteten Podiumtempel? Der ur

sprüngl iche Kul t raum wä re dann zum W ohn - und Versammlungsraum des

collegium   der  quattuorviri Augustales  geworden, so zumindest das Votum

einiger Arch äologen, daru nter R . J . A .

 W I L S O N .

  Wenn dies summt, wäre es

ein seltenes und kleines Beispiel für ein Augustalgebäude im romischen

Reich, das sonst nur für Ital ien und Dakien

4 4

  bezeugt ist.

In Halaesa wurde eine L-förmige hellenist ische Stoa aus dem

  2 .

 Jh .

v. Ch x. m it rechteckigen R äum en an de r Rückseite jedes Flügels e ntdeck t.

Zwischen 50 un d 120 n. Ch r. w urd e ein Rau m m it M armorfuß boden aus

gestattet, ma n fand d arin den Sockel ein er m arm orn en Statuenbasis. K leine

rechteckige oder runde Basen für Votive und Statuetten in jedem Raum

des westl ichen Flügels und Weihinschriften machen die Deutung der Räu

me als

  saceüa

  wahrscheinlich. Eine Inschrift nennt den Kult der Ceres,

45

andere erwähnen die Theoi Pantes oder die Concordia August i :

46

  E in be

reits bestehendes  sacellum  wurde also im 1. Jh. n. Chx. vielleicht dem Kai

serkult geweiht . Dies würde auf ein ört l iches Nebeneinander von Kaiser

kul t und t radi t ionel len Kil l ten deuten/

7

3.2 Fürsorge der lokalen Kaiserkultpriester (Augustales)

für andere Lokalkulte

Seit 12 v. C hr . w ur de n die Augu stales in vielen Ko lonien u nd M unizipie n

im Westen des Imperiums für den Kult des Genius Augusti , des Numen

Aug ust i un d der Lares Aug ust i nach dem Vorbi ld der s tadtrömischen

  ma-

gistri vici

  eingesetzt. Auf Sizilien variierte ihr

  collegium

  zwischen vier und

sechs Mitgliedern.

44

 In Scolaciurb, Misenum, Ostia, Herculaneum, Rosellae, Otricoli, Tivoli (Italia)

und Sannizegethusa (D ada) R J . A.   WILSON   1990, 297 -mit Anm .

 91.

45

 A E ,  1973,   273.

46

 AE , 1973,267; AE ,  1973,271: [Concojrdiae Aug vstae) [sacr wn)] /[— ZJetbas

sevfir Attg.J. .

47

 Zur Stoa

 in

 Halaesa insgesamt

 s.

 R. J. A .  WILSON   1990, 46-47.

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  44

Heike Kunz

Die Augustales engagierten sich auch in lokalen Kulten, dies galt nicht

nur für Sizilien, sondern war allgemein übliche Praxis. Ein Beispiel ist die

oben genannte Weihinschrift aus Halaesa vom Ende des 2./der 1. Hälfte

des

  3 .

 Jh . n. C hr. an der B asis einer Statue der Ceres :

  Cereri acr(um).

Iulius Acilius Her/mes, pro bonor(e) seviratus d(onum) d(edit) d(edica-

vit).**

 »D er Ceres gew eiht Iulius Acilius He rm es, gab zum Gesc henk un d

weihte dies für die Ehre seines Amtes als  sevir.«  Die Statue der Ceres,

offensichtlich kein e Kult-, son de rn eine Votivstatue, w a r in einem de r kle i

nen bereits erwähnten  sacella  der Stoa an der Westseite der Agora aufge

stellt.

In Panhormus errichtete ein

  sevir

  dem Gott Mercur einen Altar , hier

handelte es sich also um die Einrichtung eines Kultes:

  M- Ulpius Italici

lib(ertu ) Eutycbus aram et basim Mercuri, pr(op)ter summam bonoraruim,

pro seviratu pecunia sua posuit d(ecurionum) d(ecreto).^   »M. Ulpius Eu -

tychus, Freigelassener des Italicus, errichtete einen Altar und eine Basis für

Mercur, wegen einer Ehrenabgabe für sein Amt als

 sevir

50

  auf eigene Ko

sten und auf Beschluß der Decurionen.«

4 Organisa t ion des Kaiserkul t s

Im Jahre 32 v. C hr . sc hw or die ganze Prov inz Sicilia in einer gem einsamen,

zentral geschaffenen Formel auf Augustus.

51

  Dieses Datum steht vielleicht

in Zusammenhang mit der raschen Verbreitung des Kultes für Augustus

auf Sizilien; der Eid dürfte an den entstehenden Kultstätten

52

  zu bes t imm

ten Zeitpunkten abgelegt worden sein.

•«AE, 1973, 273.

49

 CIL X 2,7267.

50

 Bei der

 summa honoraria

  handelte es sich um Gelder, die ein Augustale bei

Am tsantritt entrichtete; vgl. D. LADAGE   1971, 116.

51

 Res gestae divi Augusti

 25: Iuravit in mea verba tota Italia sponte  sua, etme

belli quo vici ad Actiwn ducem depoposcit. Iuraverunt in eadem verba provinciae

Galliae Hispaniae Africa Sicilia

 Sardinia.  »Ganz Italien schwor freiwillig auf meine

Worte, und forderte mich als Führer in dem Krieg, in dem ich bei Actium gesiegt

habe.

 Auf dieselben W orte schworen die gallischen Provinzen, die beiden Hispania,

Africa, Sicilia, Sardinia.«

52

 Auf Sizilien ist Kaiserkult erst nach der Zeit des Augustus für

 vici

 und

 emporia

bezeugt (z.

 B.

  CIL X 2,7212, gefunden in Mazara del Vallo,  vicus von Lilybaeum,

auf der Piazza Grande beim Haus der Chiaximonti; G.   MANGANARO,  Die Villa von

Piazza Armerina, Residenz des kaiserlichen Prokurators, und ein mit ihr verbun

denes Emporium von Henna, in:  D.PAPENKJSS/V.M.  STROCKA   [Hrsg.], Palast

und Hütte, Mainz 1982, 493-513; hier 504-506, doch ist ein Zusammenhang mit

dem Kaiserkult nicht ganz sicher). Träger des Kaiserkults in der Provinz Sicilia

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Kaiserverehrung und Kaiserkult

245

Die den Augustales übergeordneten Priesterschaften für den Kaiserkult

auf Sizilien waren  flamen  und   sacerdos.  Diese beiden Ämter jedoch waren

einander gleichrangig.

53

  Das Amt eines

  flamen

  ode r

  sacerdos

  -wurde häufig

von Mitgliedern der städtischen Führungsschicht bekleidet, doch auch das

Amt eines

  sevir Augustalis,

  das meist vo n Freigelassenen besetzt w ur de ,

galt als Ehrenamt.

In der Priestertitulatur lassen sich für Sizilien wie für die anderen west

lichen Provinzen lokale Variationen besonders zu Beginn der Kaiserzeit

feststellen; Sizilien aber hebt sich dadurch hervor, daß dort der Titel  fla

men   früh verbreitet war.

54

  Die frühe griechische Inschrift vom Gymnasi

um in Agrigent (s. o. Anm. 18) begreift (pTiö^iev gar als lateinisches Lehn

wort und übersetzt nicht ins Griechische zurück. Dies steht im Gegensatz

zum griechischen Osten des Römischen Reiches, wo

  flamen

  meist der

Bezeichnung iepeuc; tot> a 8ß aarc n3 entspricht.

55

W ähre nd die M ün ze aus Halaesa (s. o.) einen  flamen Augusti  nennt ,

macht die an anderer Stelle bereits erwähnte Inschrift aus Gaulus/h. Goz-

zo die lokale Variation gegenüber stad trömisch er Titu latu r deutlich:  Cereri

Iuliae Augustae divi Augu ti

y

  matri Tiberii Caesaris Augusti, Lutatia  C .

f(ilia) sacerdos Augustae zmp(eratoris) perpet(ui\ uxor M. Livi M. f(ilii)

Qui(nti) Optati flaminis G[a]ul(itanorum) Iuliae Augusti imp(eratoris)

perpet(ui) cum vfiro et] liberis s(ua) p(ecunia) consacravit.

56

  »Der Ceres

Iulia Augusta des vergöttl ichten Augustus, Mutter des Tiberius Caesar

Augustus, weihte Lutatia, Tochter des Gaius, Priesterin der Augusta und

des Imperator auf Lebenszeit , Gattin des M. Livius Quintus Optatus,

Sohn des Marcus, Flamen der Gaulitaner, der Iulia und des Augustus Im

perator auf Lebenszeit dies mit ihrem Mann und ihren Kindern auf eigene

Kosten.« D er. Titel Iulia Au gu sta w ur de Livia nach dem W illen des A u

gustus verliehen, daher ist die Inschrift zwischen 14 n. Chr. und 42 n. Chr.

waren nach den erhaltenen Inschriften und Münzen meist die städtische Elite: So

stiftet die ganze Gemeinde, ein Magistrat oder ein Priester auf Beschluß der De-

curionen; es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die breite Bevölkerung

am Kult beteiligt war (z. B durch den Eid auf den Kaiser, der an den einzelnen

Kaiserkultstätten geleistet wurde) .

'*   VgL D. LADAGE 1971, 14, 43.

54

 D .

 LADAGE

  1971, 44: In der Baetica etwa fand sich zunächst nur ein

 ponüfex

Augusti.

  In Rom war Antonius seit 40 oder 39 v. Chr.

  flamen divi Iidt\

  während

Augustus nur durch den Kult der Lares oder des Genius Augusti verehrt wurde. In

Sizilien orientierte man sich beim Kult für Augustus vielleicht am Vorbild C- Iulius

Caesars und kombinierte es mit dem Augustustitel.

* D. LADA GE 1971, 14.

56

  CIL X  2,7501.

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246 Heike Kunz

zu datieren; da Livia hier explizit Mutter des Tiberius Caesar Augustus

genannt wird, stammt die Inschrift vermutlich aus tiberianischer Zeit. Die

Weihung an Livia (Iulia Augusta), also an ein weibliches Mitglied der

Kaiserfamilie, vollzog die Priesterin zusammen mit ihrem Ehemann. Die

Ehegatten teilten sich auch das Priesteramt: Beide waren Priester sowohl

für Augustus als auch für Iulia Augusta. Ein Unterschied bestand jedoch

in der Priesterti tulatur: Die Frau war

  sacerdos

y

  nicht

  flamimca Gaulita-

norum

y

  eine lokale Variante, die für Ro m n icht bek ann t ist. De r Zu satz

eines Ethnikons war hingegen häuf ig im Imper ium Romanum Ebenso

fällt auf, daß die weiteren Zusätze hinter dem einfachen Priestertitel nicht

ganz analog gebildet sind  (sacerdos Augustae  vs. flamen Gaulitanorum

Iuliae

  bzw.

  sacerdos imp(eratoris) perpet{ui)

  vs.

 flamen Augusti imp(era-

toris) perpet(ui)),

  vielleicht handelt es sich hierbei um Auslassungen aus

Platzgründen. Bei beiden Priestertiteln wurde indes nicht auf die Ergän

zung  imperator perpetuus  verzichtet: Spielten in diesem K ult für A ug ustu s

tatsächlich dessen militärische Leistungen eine Rolle oder war der Titel

nur ein äußeres Zeichen der Anerkennung für militärische Erfolge, mit der

sich die städtische Gemeinde hervortun und die Gunst des amtierenden

Kaisers erwerben wollte? Eine Kenntnis der stadtrömischen Titulaturen

darf für die Inschrift vorausgesetzt werden: Diese wurden hier wohl be

wußt durch einen Zusatz erweitert . Die genaue Zeit , in der Gaulus  mu-

nicipium

  wurde, läßt sich leider nicht bestimmen.

57

  E in Zusammenhang

der Inschrift mit dem Wunsch nach einem höheren Status für die Stadt ist

hypothetisch.

Spätere Inschriften aus Sizilien weisen ka um lokale Be son derh eiten auf:

Aus Mazara del Vallo, einem vicus  von Lilybaeum, ist  ein flamen divorum

Aitgustorum peipetuus*

  bek annt, in Messana wird auf einem G rabstein

eine flaminica divae Augustae  erwähnt.

59

  Bei aller Vorsicht im Hinblick

auf die spärliche Quellenlage darf vielleicht die These gewagt werden, daß

die Priestertitulaturen auf Sizilien schneller und stärker stadtrömischem

Einfluß unterlagen als in manchen anderen westlichen Provinzen.

57

  Die Inschriften, die  m unidpium  oder decuriones  erwähnen, sind spät: CIL X

2,7502-

 7503.

58

 C IL X 2,7212.

59

 Messiae Przscifil iae) Crispinae

 laminicae

 divae Aug(ustae) ex testamento  Mes

st Modiani patris Modianus frater. CIL X 2,6978, gefunden an der Seite der Pforte

des Frauenklosters S. Gregorio.

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Kaiserverehiung und Kaiserkult 247

5 Zusammenfassung

Rom machte in hellenistischer Zeit durch die Ausdehnung seines Herr

schaftsgebiets über Italien hinaus zuallererst in Sizilien unmittelbar und -

nicht zuletzt durch die Verehrung römischer Magistrate - nachhaltig Be

kanntschaft mit der Herrscherverehrung.

Die Kaiserverehrung auf Sizilien kann in verschiedenen Bereichen auf

hellenistische Traditionen zurückverfolgt werden. Kaiserkult und Kaiser

verehrung sind auf Sizilien vor allem auf munizipaler Ebene bezeugt.

Durch die Einbindung des Kaiserkults in das dortige lokale Traditions-

gefüge variierte seine Ausübung im Bereich der Gestaltung von Kultstät

ten ebenso wie wohl in weiten Teilen der Kultpraxis. Über die Kultpraxis

an reichsw eiten Festen für de n K aiser (z. B. de m

  dies natalis)

  oder der

adventu -Feier

  kö nn en für Sizilien keine verläßlichen Aussagen gemach t

werden; viele Komponenten des

  adventus-Zeremomells

  aber wa ren w oh l

reichsweit einheitlich. D ie Ein setzu ng vo n Augustales für den. K ult der

Lares Au gust i und des N um en A ugu st i läßt römischen Einfluß erkennen,

das Priestercollegium war aber in die lokale städtische Tradition eingebun

den. Die Titulatur der kaiserzeitlichen Priesterschaften war nicht einheit

lich, orientierte sich aber - von bestimmten Fällen abgesehen - insgesamt

stärker an stadtrömischem Vorbild als in manchen anderen westlichen

Provinzen. Hinsichtlich der Gestalt von Kaiserstatuen oder der Assozia

tion von Mitgliedern des Kaiserhauses mit bestimmten Gottheiten folgte

man dem stadtrömischen Muster . Durch die Zentrale vorgegeben und

reichsweit verbreitet war der Eid auf den Kaiser.

Der Kaiser selbst wurde temporär im Zusammenhang mit der gesamten

Provinz erwähnt und gefeiert. Dem Provinzstatthalter kam vielleicht bei

Kultakten, die er stellvertretend für die ganze Provinz ausführte, eine be

sondere Rolle zu.

Vermutlich war der Kaiserkult der einzige Kult in Sizilien, der auf der

Ebene der Praxis eine lokale, eine reichsweite und - durch Einbeziehung

des Provinzstatthalters und vielleicht des  commune Siciliae  - eine provin-

ziale Komponente besaß.

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  48

Heike Kunz

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H .

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 LADAGE

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Zeremoniell der Kaiserankunft in den Städten des Imperium Rom anum.

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Kaiserkult

 und Urbanistik

Kultbezirke für römische Kaiser in kleinasiatischen Städten*

von

JÜRGEN Süss

In den Städten des Römischen Reichs entstanden zahlreiche Bauwerke zu

Ehren römischer Kaiser von ganz unterschiedlicher Form. Wo wurden die

Kaiserkultstätten errichtet, in welcher Gestalt wurden sie erbaut und wie

veränderten sie das Stadtbild? Gab es signifikante Unterschiede zwischen

den Städten oder Gleichförmigkeit?

Diesen Fragen wird im Folgenden anhand von städtischen und provin-

zialen Sebasteia, also Kaiserkultstätcen im öffentlichen Raum nachgegan

gen. Diese Studie konzentriert sich auf die römischen Provinzen Asia und

Galatia einschließlich der Region Pisidia, die sich durch Dichte an Bei

spielen auszeichnen und zugleich Kontraste stärker hervortreten lassen, als

es die Beschränkung auf eine einzige Provinz erlauben würde Private

Kultstätten oder Kulteinrichtungen von Vereinen werden hier nicht be

rücksichtigt, ebenso wenig sog. Kaisersäle in Thermen und Gymnasien.

1

Auch eine Betrachtung des Kaiserkultes in den alten Heiligtümern der

Götter wird an dieser Stelle ausgespart.

Kaiserkultstätten, also Bauwerke zu Ehren römischer Herrscher mit ei

ner kultischen Funktion,

2

  prägten das Stadtbild von der frühen Kaiserzeit

Für wertvolle Anregungen möchte ich mich ganz besonders bei A. CHANIOTIS

und R.

 STIJPPERICH

  bedanken. Zu allen bier vorgestellten Beispielen findet sich

ausführlich Literatur im Literaturverzeichnis am Ende des Artikels sowie in

 J.

 Süss,

Kaiserkult und Stadt. Kultstätten römischer Kaiser in Asia und Galatia Diss. Mün

chen 1995), veröffentlicht auf Mikrofiche 1999.

1

 Zu Thermen und Gymnasien: Süss 1999, 105 ff.

2

 Zum Kaiser-)KuIt: A. CHANIOTIS in diesem Band; s. auch PRICE 1934 passim;

T H .

  PEKARY,

 Das römische Kaiserbild in Stadt, Kult und Gesellschaft = Das rö

mische Herrscherbild) Berlin 1935) und M. CLAUSS,

 Kaiser und Gotc Stuttgart-

Leipzig 1999) passim. Zum Kult gehören vor allem an einem Altar dargebrachte

Opfer, Priester und Kultstatuen.

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25

Jürgen Süss

bis mindestens weit ins   3.  Jh . hinein. Gil t die Ch arakterisierung des Se-

basteions vo n Alexandria, welche Philon 40 n. C hr . vorn ahm , auch für

andere Kaiserbezirke? Er schreibt, dass das Sebasteion hoch bzw. an er

höhter Stelle erbaut ((istecöpoq i8pi)TOa), am größten QiEyiOTOq) und am

sichtbarsten sei  ( zi<pave<yz<X'zoq)?  Auch die Münzprägung in Kleinasien

spiegelt durch die häufige Abbildung von Neokorietempeln den großen

Eindruck wider, den diese auf die Menschen der Kaiserzeit ausübten.

4

Topographisch sind für Kaiserkultbauten fünf Schwerpunkte zu erken

nen: Agora, Haupts t raße, Akropol is , Theater bzw. ähnl iche Festbauten

und Hafen.

Die Schwerpunkte sind mit der Funktion des jeweil igen Baukomplexes

eng verflochten. Erwähnt seien hier nur die Prozessionen eines Herr

scherfestes auf den H aup tstraß en, die Versamm lungen der Bevölkerung im

Theater anlässlich eines Kaiserfestes wie in Oinoanda,

5

  das Theater als

Endpunkt einer Prozession wie in Gyxheion,

6

  Aufführungen ebend ort

oder Sportwettbewerbe im Rahmen von Kaiserspielen in Stadien und Am

phi theatern.

7

  Die Bauten müssen folglich stets in einem lebensräumlichen

3

  Phil, leg. ad Gaium

 151

  f.: Zum Gesamtkomplex zählte ein Tempel des Caesar.

Der im Bau befindliche, zunächst Antonius zugedachte Tempel wurde unter Au

gustus als Teil des Forum Iulium fertig gestellt und in den späteren Quellen auch

als Sebasteion bzw. Kaisareion bezeichnet. Dazu  G. ALFÖLDY,   SHAW 2, 1990,

43

 ff.; s. auch   BAITY   1991, 602. Zur Lage: G.  H Ö L BL ,   Geschichte des Ptolemäer-

reiches (Darm stadt 1994) 268 (s. Karte 3).

4

 B.  BUKRELL,   Neokoroi. Greek Cities of the Roman East (Diss. Harvard Uni-

versity 1980). Bei vielen in Frage kommenden Bauwerken für den Kaiserkult er

geben sich nicht unerhebliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Identifikation, Lo-

kalisation und des Status. Identifikation: Wem genau war ein Tempel geweiht?

Kann überhaupt von einem Kaiserkultbau gesprochen werden oder stand die Ver

ehrung eines Gottes im Vordergrund? Lokalisation: Der bauliche Kontext der Kai

serkultstätten ist aufgrund von Zerstörung und mangelnder Untersuchung oft nicht

ausreichend geklärt. Zudem wurden die meisten Kaiserbauten, die durch Münz

bilder, antike Literatur oder Inschriften bekannt sind, nicht entdeckt, stehen also

für eine urbanistische Untersuchung nicht zur Verfügung. Status: Handelt es sich

bei einem Kaiserkultgebäude um einen munizipalen, provinzialen oder privaten

Baukomplex? Eine genaue Analyse mittels Survey, Anfertigung von Karten und

Plänen sowie Bestandsaufnahme der ausgegrabenen bzw. zugänglichen Reste

könnte zumindest teilweise Abhilfe stammen.

5

 A.

 CHANIOTIS

  in diesem Band.

6

  Zum Theaterbezug:   CLAUSS   1999, 330: Prozessionen führten über möglichst

viele öffentliche Plätze sowie vorbei an zentralen Gebäuden, wofür Gytheion

(Achaia) ein besonders guter Beleg ist Dazu:   PRICE   1984,

  111;

  HÄNLSTN-SCHÄJER

1985,  160 ff. (mit Lit.).

7

  CLAUSS 1999, 331 .

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Kaiserkult und Urbanistik 251

Zusammenhang gesehen werden, um sie historisch r ichtig beurteilen zu

können ,

8

1.

  Agora

Die meisten Kaiserkultbauten weisen einen räumlichen Bezug zu einem

Marktplatz auf. Man kann drei Gruppen von Bauwerken unterscheiden:

Kultraum, Tempel und Altar. Als erstes wird der sog. Kaiserkultraum in

einer Agorahalle behandelt.

LI Kaiserkultraum in einer Agorahalle

In

  Epbesos

  lag an der nördlichen Agorahalle, der Basilike Stoa, als östliche

Appendix ein großer Saal (Abb. 1) . Die überlebensgroßen Sitzstatuen des

Augustus und der Livia, die in diesem Raum in einer Grube gefunden

wurden und auf dem rückseitigen Podest gestanden haben dürften, die

Bauinschrift der Halle mit einer Weihung an Augustus und die kaiserliche

Familie sowie die Übereinstimmung mit Beispielen aus dem übrigen Rö

mischen Reich können als Indizien für eine Verwendung des Saales als

Kultraum gewertet werden.

9

8

 Vgl.  auch A .

 CHAN IOTIS*

 Beitrag zur Ritualpraxis des Kaiserkultes im Osten in

diesem Band.

9

 Zu den in der bilinguen Weihinschrift überlieferten Begriffen »ßactf-ticfi

CPXOÖS«  bzw. »basilica« und zur Weihung an die Stadtgöttin Artemis sowie an Au

gustus und Tiberius: D.

  KNIBBE

 - H .

 ENGELMANN

 ~ B .

  IPLIK<JIO6LU,

 Ö Jh 62,1993,

Hauptbl.

  148

  f. Nr.

 80.

  Zur Architektur:   FOSSEL-PESCHI.   1982. Einen Beweis für

die Bestimmung des auch Ostchalcidicum genannten Saales gibt es nicht. Zu Bei

spielen für Kulträume aus dem Westen, etwa aus Pompeji, Fanum und Lucus Fe-

roniae:

 BAITY

  1991 passim. Ein Tribunal als Hinweis auf die Gerichtsfunktion ist

nur in Rom sicher nachgewiesen. Zum  pronaon aedis

 Augnsü

 des Vitruv in Fanum

vgL auch A.

 NÜNNEKXCH-ASMÜS,

  Basilika und Portikus (Köln 1994) 10, 99 ff. Zu

den Statuen in Ephesos:

 P .

 SCHERKER  in: H . Thür

 (Hrsg.),

 »... un d verschönerte die

Stadt...«. Ein ephesischer Priester des Kaiserkultes in seinem Umfeld, SoSchrÖAI

27 (Wien 1997) 94 ff. spricht von einer »Bergegrube«, die beim Umbau in ein

byzantinisches Peristylhaus vielleicht im

 6.

 J k angelegt wurde. Auch Basen für die

Statuen der beiden Stifter, C. Sextilius PoUio und seine Gattin Ofillia Bassa, hat

man im Bereich der Halle ausgegraben. Sie könnten ebenso im Raum der Kaiser

bildnisse aufgestellt gewesen sein wie auch in der Haupthalle der Basilike Stoa.

SCHERRER   vermutet, dass der Raum erst in tiberischer Zeit nach dem schweren

Erdbeben an der Westküste Kleinasiens angefügt wurde und die kultische Vereh

rung des Tiberius mit einschloss. Somit wäre Augustus erst postum in diesem Saal

verehrt worden.  BALTY

 1991

  erwähnt diesen Saal nicht.

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  5

Jürgen Süss

Der Saal in Ephesos war in die dreischiffige Halle vollständig integriert

und ganz auf diese ausgerichtet. Die kostbare Ausstattung des großen

Raumes wie auch die prächtige Gestaltung der gesamten Halle machten

das Beispiel zu einem exponierten Platz der kaiserlichen Verehrung.

10

Die Frage, ob Augustus und Livia lediglich aufgrund der Weihung der

Stoa an diesem Platz vereh rt w ur de n od er auch aufgrund agoraspezifischer

Abläufe (etwa dem Ableisten eines Eides oder dem Durchführen von

Kulthandlungen an Feiertagen) oder ob ganz andere Absichten bestanden,

kann nicht beantwortet werden.

Ein weiteres mögliches Beispiel für einen Kaiserkultsaal gibt es aus dem

damals zur Provinz Asia gehörenden

  Tbera.

11

  Auch hier stand die einer

Inschrift zufolge ebenfalls »Stoa Basilike« (im Sinne von >kaiserliche Stoa<)

genannte Halle, die aus dem Hellenismus stammt, an einer prominenten

Stelle der Agora (Abb. 2).

1?

 Die Stoa wu rde im 2. Jh . n. Ch r. währ end einer

ID

 Der Saal zeichnet sich aus durch Größe (Breite: 16,30 m, Tiefe: 13,30 m) und

großzügige Marmorverkleidung, wie aus Befestigungslöchern hervorgeht. Dazu

FOSSEL-PESCHL 1982, 42 ff.

11

 Weitere Beispiele sind aus Iasos und Priene überliefert. Zu Iasos: G.  PTJGLIESE

in: Studi su Iasos di Caria, BdA Suppl. 31-32, 1985, 151  ff. Zu Priene: Süss 1999,

13

  ff. (mit Lit.). Hier kommt für den Kaiserkult, der nicht unumstritten ist, die

mittlere Exedra der Nordhalle in Frage, die sich u. a- dadurch von den anderen

Räumen und Exedren auszeichnet, dass sie eine umlaufende marmorne Bank nied

riger Höhe aufweist. Als Funktion ist entweder eine Sitzgelegenheit oder ein Platz

für Statuen zu erwägen. Diesen Hinw eis verdanke ich A. v. KIENLIN,  der die Halle

neu untersucht hat. Der Eingang der Exedra wird durch Stirnpfeiler gesäumt. Die

Halle wurde im  2.   Jh. v. Chr. errichtet. Ein nachweislicher Umbau der Exedra ist

nicht datierbar. Aus der Inschrift OGIS 458 aus Priene geht hervor, dass die Ka

lenderreform des Augustus auf einer Mannorstele im nicht entdeckten Temenos

der Roma und des Augustus in Pergamon, dem Hauptkultort der Provinz Asia,

sowie Kopien davon in den Kaisareia der Vororte eines Verwalmngsdistrikts zu

veröffentlichen seien (£v

  TCCCS

  <pr[yovpkvcci<;  xßv SioiKfjc^GOv 7cöX£Oiv)- Neben

Pergamon waren in jener Zeit die Distriktvororte, in denen der Statthalter Gericht

hielt, Ephesos, Tralles, Smyma, Sardeis, Mylasa, AJabanda und Adramyttion, nicht

aber Priene, das nur eine überregionale Bedeutung als Polis des Panionions inne

hatte. Die Abschrift des Kalenderbeschlusses, die in Priene an der fraglichen Exedra

entdeckt wurde, zeigt aber, dass dieser auch in anderen Städten publiziert wurde

(neben Priene auch in Apameia, Eumeneia und Dorylaia). War die Exedra in Priene

also nicht doch ein Kultraum des Augustus oder des

  divus

 IHIIHS}  Z U   den Haupt

orten der Verwaltungsbezirke

 (dwiKticiq/conventHs):

 R.

  HAJENSCH,

 Capita provin-

dämm. Statthaltersitze und Provinzialverwalmng in der römischen Kaiserzeit

(Mainz 1997) 298 ff. - In Tiiasos scheint die Verkleidung eines Raumes in einer

hellenistischen Stoa mit Marmor mit der Einführung des Augustuskultes eng zu

sammenzuhängen. Dazu   HÄNXEDNT-SCHÄFER   1985, 155 f.

12

 Thera:   BALTY   1991,

 391

  ff. In diesem innen 7,38 m x 10,10 m großen Raum

-wurde auch ein Podium für eine oder mehrere Statuen freigelegt.

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Kaiserkult und Urbanistik 253

umfassenden Umbaumaßnahme um einen Saal ergänzt, welcher der Kai

serverehrung diente, ohne den Umfang des Gebäudes zu verändern

(Abb.

  3).

13

  Das Ergebnis erinnert an das bereits besprochene frühkaiser-

zeitliche Beispiel aus Ephesos. Evidente Reste von Kaiserstatuen fanden

sich in Thera allerdings nicht.

In Thera - insgesamt recht gut erforscht - wurde nirgends ein neu er

richtetes Gebäude für den Kaiserkult festgestellt. Nur ein hellenistischer

>Dionysos-Tempel< am Marktplatz wurde in der frühen Kaiserzeit zu ei

nem Kaisertempel umfunktioniert und später wohl als a[pxaio]v

Kccia[öc]p£iov bezeichnet.

14

  Ein Neubau ist in Thera für den Kaiserkult

dagegen offenbar nie errichtet worden. Der römische Kaiserkult scheint

folglich nach allem, was wir heute wissen, nicht zu einem tief greifenden

Wandel des dortigen Stadtbildes gefühn zu haben. Dies sieht in vielen

Städten ganz anders aus, wie an den nächsten Beispielen deutlich wird.

1 2 Tempel

Erheblich auffälliger als ein Kultraum erweist sich im Bereich einer Agora

ein Herrschertempel. Als Beispiele seien der C. und L. Caesar-Tempel in

Eresos und der Markttempel in Ephesos angeführt.

Der Tempel für C. und L. Caesar in   Eresos  stand an der auffälligsten

Stelle der dortigen Agora, wie aus einer Inschrift ausdrücklich hervorgeht

(sv  TO£> £7a9ocvE0xdxcp TOTtcp  xaq TOpa<;). En tdeckt wurd e der Tempel

bislang jedoch nicht.

15

Die ursprüngliche Weihung des Tempels auf der oberen Agora in

  Ephe-

sos

  und seine Datierung sind dagegen umstritten (Ab b. 1). Mittlerweile

geht man meist von einer Weihung an  divus Iulius aus, doch erscheint auch

Augustus nach wie vor nicht völlig ausgeschlossen. Jedenfalls dürfte heute

13

  BALTY

  1991, 598, der vermutet, dass im

 2. Jh.

  in diesem Raum in Thera ein

Amtslokal für Gemeinderäte eingerichtet wurde, obwohl es dort bereits ein Rat

haus (identisch mit dem Theater) gab. Er begründet dies mit einer von ihm ange

nommenen Reduzierung der Rätezahl auf 100 im Osten, so wie dies im Westen des

Reiches bezeugt ist (ebenda 393).

14

 IG XII 3, 326; WrrscHEL 1997, 29 ff., 45 f. (mit Lit.), während der hier be

sprochene Raum in der Stoa wohl als >neues Kaisareion<, veov Kccio peiov, ver

standen worden sein dürfte.

15

 IG XII Suppl.

 124,

  ROBERT 1979,180 Nr. 320.

 In der

 Inschrift ist die Rede von

einem Naos und Temenos für C. und L. Caesar, Adoptivsöhne des Augustus, die

.17 v. Chr. von Augustus adoptiert wurden, aber schon 2 bzw. 4 n. Chr. starben.

C

  Caesar

 war in Eresos zudem

 

o. 2 n. Chr. eponymer Prytane.

 Zur

 Topographie

von  resos  s. G. P.

  SCHAUS

 - N .  SPENCER,  AJA 98, 1994, 411.

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  54

Jürgen Süss

seine Fu nk tion als römischer Herrsch erkulttem pel kau m me hr in Frage zu

stellen sein, wurde er früher doch auch als Isis- und Antonius-Tempel

interpretiert.

1

* Wir haben damit eine Variante vor uns, wie wir sie im We

sten, so etwa in Pula,. Äu gst, Os tia ode r Terracina, häufig an treffen, die

enge Verbindung von Kaisertempel und Marktplatz.

17

Des W eiteren gab es auch entsprech ende Tempel in der Nä he einer A go

ra, was insgesamt den häufigeren Fall darstellt.

Zurückgegriffen wird erneut auf ein Beispiel aus

  Ephesos

  - auf den Do-

mitian-Tempel, der in der unmittelbaren Nachbarschaft der oberen Agora

errichtet w urd e (A bb . 1). Dies er Na o s w eist einen deutlichen optischen

Bezug zur Agora auf - seine Front war nach Osten zum Marktplatz ge

wandt -, wenngleich er sich in einem eigenen Bezirk befand und als pro-

vinzialer Tempel eine andere Bestimmung hatte als etwa das Beispiel aus

Eresos oder der in einen Kaisertempel umgewandelte >Dionysos-Naos< in

Thera, die beide dem kommunalen Bereich zuzuordnen sind. Eine Aus

nahme würde hingegen der Sakralbau auf der oberen Agora in Ephesos

bilden, sofern dessen Deutung als Tempel des

  divus Julius

  zuträfe. Denn

dieser besaß, wie literarisch bezeugt ist, eine provinziale Aufgabe.

18

Die wichtigste Eingangsseite des Domitian-Heiligtums ist statt dessen

die N ord seite, die einem Vorplatz an der Ku retenstraße zuge keh rt ist. Am

bekanntesten von dieser nach Norden weisenden Prachtfassade des Hei

ligtums sind die Stützfiguren, welche orientalische Barbaren repräsentie

ren.

19

16

  Zu den unterschiedlichen Deutungen: Süss 1999, 37 ff. Speziell zur Interpre

tation als Tempel eines ägyptischen Kultes zuletzt kritisch auch: J. C. WALTERS im

H  KOESTER (Hrsg.), Ephesos, Metropolis of Asia, Harvard Theological Studies 41

(1995) 293 ff.

17

  Die genannten Beispiele mit unterschiedlicher Disposition sind Augustus ge

weihte Tempel. Pola: G.  FISCHER,  Das römische Pola (München 1996) 19. Äugst:

M   TRUNK, Römische Tempel in den Rhein- und westlichen D onauprovinzen, For

schungen in Äugst 14 (Äugst 1991) 153

 ff

Terracina: HÄNUSIN-SCHÄFER  1985,26 f.,

135

 ff

Ostia: ebenda

 27

 f., s. auch Kaisertempel in Aventicum (Avenches): M  VER

ZAG

 Un temple du culte imperial, Aventicum II (Lausanne 1978) 41.

18

  Cass. Dio 51,20,6: Augustus gestattete schon 29 v. Chr. die Einrichtung des

provinzialen Heiligtums des

 conventus civium Romanorum

 für

  dea Roma

 und

  di-

vus

 Julius  in Ephesos.

19

 Süss 1999, 43 ff. Das Heiligtum ist erst nach der

  damnaäo memoriae

 Domi-

ti>n? fertig geworden. Um Trajaa und der römischen Öffentlichkeit nicht zu miss

fallen, wird man die ideologischen Aussagen am nun den Theoi Sebastoi geweihten

Tempel auf Trajan ausgerichtet haben. Zu vermuten ist m. E. eine Deutung von

Stiitzfiguren und jetzt im Museum von Selciik aufgestelltem Altar auf Trajan,

wohingegen V. M.  STROCKA,  IstMitt 38, 1988, 294 Anm. 13 für die flavische Zeit

plädiert

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Kaiserkult und Urbanistik

55

1 3 Altäre

Auch große Altäre zu Ehren der Kaiser sind in Kleinasien vereinzelt nach

gewiesen, etwa im Bereich der Rathäuser.

20

Die so genannte Ära Augusti im Rathaushof von Milet , das am häufig

sten zitierte Beispiel, lässt sich jedoch nur aufgrund einer Indizienkette mit

dem Kaiserkult in Zusammenhang bringen, die an dieser Stelle nicht aus

geführt werden kann.

21

  Wie das Doppelmonument in Ephesos zu rekon

struieren und zu deuten ist, das man als Ort eines Kaiseraltars interpretiert

hat, lässt sich ohne genaue Bauaufnahme ebenfalls nicht lösen.

22

Ergebnis: An den Marktplätzen Kleinasiens finden sich für die Kaiserver

ehrung oft Räume in oder an repräsentativen Säulenhallen, seltener

  uf-

fällige Tempel und gelegentlich sehr wahrscheinlich auch große Prunkal

täre.  Die Beispiele sind in der Regel als städtische Anlagen zu bezeichnen.

Häufig gibt es auch abgeschlossene Bezirke im Nahbereich einer Agora

und damit ebenfalls im politischen Zentrum einer Stadt. Dass ein beste

hender Tempel am Hauptplatz einer Stadt auch umgewidmet werden

konnte, legt sehr wahrscheinlich das Beispiel aus Thera nahe. Kaisertempel

auf der Agora sind in Asia und Galatia gleichwohl selten nachzuweisen.

2.  H a u p t s t r a ß e

Der Faktor Hauptstraße wird anhand von Beispielen aus Aphrodisias, Sel-

ge und Sagalassos beleuchtet.

Aphrodisias  weist mit seinem Sebasteion

23

  einen Kaiserbezirk auf, der im

Umkreis der dortigen Agora an der wichtigsten Straße errichtet wurde

20

  Beispiele, die hier nicht erörtert werden, liegen vor aus Tralleis, Herakleia am

Latmos und Alabanda. Dazu P. SCHERRER  in: H. Thür (Hrsg.), »... und verschö

nerte die Stadt ..«. Ein ephesischer Priester des Kaiserkultes in seinem Umfeld,

SoSchrÖAI 27 (Wien 1997) 94.

21

  Typologische und epigraphische Argumente sprechen eher für einen Monu

mentalaltar (des Augustus, des Apollon Didymeus und der Hestia Boulaia) als für

ein Ehrengrab bzw. Heroon: K. TUCHELT,  IstMitt 25, 1975,

 12

ff. Zu den For

schungsmeinungen ausführlich: Süss 1999, 32 (mit Lit.).

22

  SCHERRER

 a-O.

 94

 präferiert einen Altar für Augustus und Artemis und schlägt

vor, das berühmte Amazonenrelief diesem Bezirk und nicht dem Artemision zu

zuordnen. Dann ergäbe sich eine Parallele mit Milet, wo der >Altarbau< historisie-

rend-mythologische Darstellungen zeigt (Süss 1999, 205 ff.). Zum Doppelmonu

ment

 als

 Unterbau für zwei Tempel

 des divus  ulius

 und der

 dea

 Roma: Etwa  GROS

1996, 112.

23

 Zur

 Benennung:

 J.

 M .

  REYNOLDS, Ruler-cult at Aphrodisias in the late Repub-

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256

Jürgen Süss

(Abb.

  4). Der Kaiserbezirk war Ap hro dite Prom etor (Venus Genetrix),

den Theoi Sebastoi (julisch-claudisches Kaiserhaus) und dem Demos von

Aphrodisias geweiht. Es handelt sich um eine private Stiftung zweier her

ausragender Familien aus Aphrodisias.

24

Das Sebasteion war ein abgeschlossener Bezirk. Es bestand aus Propy

lon,

  Seitenhallen mit den berühm ten Figurenreliefs, schmalem H of und

Tempel auf hohem Podium als dem wichtigsten Gebäude. Das Heiligtum

grenzte nicht nur an die bedeutendste Nord-Südstraße, sondern war auch

auf die Agora im Westen mit ihrem Hauptzugang und Vorplatz nahezu

exakt axial ausgerichtet. N ic h t weit davo n entfernt lagen zudem die zw eite

Agora der Stadt im Südwesten und das Theater im Süden. Die Haupt

straße führte im Norden in die Nähe des Hauptheiligtums der Stadt, des

Aphrodite-Tempels, und zum nur wenig jüngeren Stadion.

Der Kaiserbezirk erstreckte sich damit an einem der zentralsten Punkte

des Stadtgebietes im Umkreis der großen öffentlichen Plätze. Er war ver

kehrstechnisch und räumlich eng verbunden mit den kommunalen und

religiösen Hauptgebäuden der Stadt. Gleichwohl führte das Temenos

schräg auf die Hauptstraße und nicht im rechten Winkel wie die meisten

anderen Bauten der Stadt.

25

Einige Details der Architektur sind in diesem Zusammenhang

  auf

schlussreich: Das Propylon im Westen, das ohne durchgezogene Mauern

errichtet wurde, ließ von der Straße aus den Blick auf die Vorderseite des

auf einer Terrasse etwas erhöht gebauten Tempels in exzellenter Weise zu.

Die Seitenhallen, eigentlich Scheinportiken, erinnern mit ihren drei Etagen

Hc andunder the Julio-Claudian

 emperors,

 in:  A. SMALL (Hrsg.),  uler and  Subject:

The cult of the mling power in classical antiquity, JRA Suppl. 17 (1996) 44 mit

Verweis auf Inschrift CIG 2839, wohl eine Grabinschrift aus dem

 3. Jh.,

  in der ein

SsßocoTEiö«; VCCCK;

 genannt wird.

24

 R. R. R.

 SMITH, JRS  77

1987,

  SS

 ff.;

  ders., JRS  7S

1988, 50 ff,-

  REYNOLDS

 a.O.

43 ff. mit älterer Lit., welche die Stadtgötün Aphrodite im Sebasteion (»processio-

nal way«) als »ancestress« der

 gens

  Itdia  auffasst; R. R. R.  SMITH,  Britannia 13,

1982,

  278 Anm, 8.

25

  Für die Schrägstellung des Sebasteions fehlt eine überzeugende Erklärung.

Zum >Atriumhaus< aus spätrömischer Zeit, das sich im Norden der Anlage befin

den K. T.

  ERIM

  in: Ch. Roueche - K. T. Erim (Hrsg.), Aphrodisias Papers, JRA

Suppl. 1 (1990) 13, 15 (religiöse, halbreligiöse oder offizielle Funktion); R. R. R.

SMITH, JRS

  80, 1990, 127. F.

 HUEBER  in:  ROUECHS - ER IM

  (Hrsg.) a.O. 102 ver

mutet für die auffallige Abweichung ein altes Heiligtum in der Nachbarschaft

Dagegen R. R.R. SMrrH, AJA 101, 1997, 10 ff. und

  S. MITCHELL,

 JHS 119, 1999,

ArchRep 1998-99, 162, die vorschlagen, dass sich das Sebasteion in einem älteren

Viertel, dem ein anderes Raster zugrunde lag, erhob. Oder sollte die dortige Fels

barre geschickt für den Tempel ausgenutzt werden?

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Kaiserkult und Urbanistik

57

an die Kaiserforen Roms, wobei jedoch kein Kaiserforum   mit drei Etagen

bekannt

  ist.

  Aufgrund

  der

  geringen Breite

  des

  Platzes zwischen

  den

Scheinportiken  und der  großen Hö he  der  Seitenbauten wurde  die  per

spektivische Wirkung, also

  die

  Lenkung

  des

  Blickes

  auf den

 Sakralbau,

noch einmal verstärkt Treppen  am  Eingang trennten  das  sakrale Areal

vom profanen Verkehr an der H auptstraße  und leiteten  zum  etwas höher

gelegenen Pflaster  des Kaiserbezirks über.

Dass die Nachbarschaft  zu  einer Agora nicht zwingend war, zeigen die

beiden nächsten Beispiele  aus Pisidien.

In

  Selge

  sind  die  Reste eines inschriftlich  als  Aelius-Caesar-Tempel

identifizierten N aos entdeckt worden (Ab b. 5).

2

*

 In

  dieser Stadt bestand

zwar

 ein

  verkehrstechnischer Bezug

  des

 Kultbaus

  zur

 oberen Agora m it

tels  der Prachtstraße,  die  beide Baukomplexe verband. Doch  der Tempel

lag am anderen Ende der Trasse, also nicht im unmittelbaren Um kreis der

Agora. In der N achbarschaft  des N a os befand sich dagegen ein repräsen

tatives Stadttor aus hellenistischer Zeit. Zudem sehen wir an diesem Exem -

pel, dass Kaisertempel nicht immer

 in

  einem abgeschlossenen Areal,

 sei es

Agora oder Kaisertemenos, gebaut wurden, sondern auch direkt an einer

Straße errichtet sein konnten. Dies kam wiederum der unmittelbaren Wir

kung

 auf die

  Straße zugute.

Die Hauptstraße  war  indes kein urbanistischer Wert  an  sich, wie ein

Blick  auf  agalassos  lehrt (Abb. 6). In  dieser Stadt wurde  der Antoninus-

Pius-Tempel zwar

 an der

 wich tigsten Nord-Südstraße errichtet, aber

 auf

einem Plateau in der Unterstadt, das sich dadurch auszeichnet, dass es eine

besonders große Fernwirkung ermöglichte.

27

  Wir  finden hier  wie in

Aphrodisias wieder einen eigenständigen, abgeschlossenen Kultbezirk vor,

im U nterschied  zur  karischen Polis aber war  dieser weniger eingeengt.

Ungeachtet dessen führte

  die

 Straße,

  an

  deren Südteil sich

  der

 Bezirk

ausdehnte,  zur unteren Agora  hinauf, wo der Apollon-Tempel,  der wich

tigste Sakralbau  der Stadt in  dieser Zeit, sowie  das >Odeion<,

28

 das Nym-

26

 A.

 MACHATSCHEK

 -

  M. SCHWARZ, Bauforschungen

 in

 Selge,

 IK 37

 (Bonn 1981)

94

 ff.

  Aelius Caesar wurde 136

 zum

 Prinzen erhoben, starb aber schon knapp zwei

Jahre später, was

  einen Anhaltspunkt

 für das

  Baudatum liefert.

 Vor dem

 Stadttor

erstreckte sich

  die

 größte Nekrop ole

  der

 Stadt.

2 7

  PRICE

  1984, Nr. 129; M.

  WAELKENS

  1990,  AnatSt 40, 190 ff.

28

  BAXTY

  1991, 523

 f.

  vermutet

  im sog.

  Odeion

  ein

  Bouleuterion, während sich

etwa L. VANDEPUT,  Sagalassos

  IV

 (1997)

  22 f.

  aufgrund eines

 in den

 letzten Jahren

an

 der

 oberen Agora

 von

  Sagalassos ausgegrabenen Gebäudes,

  das

 überzeugend

 als

Bouleuterion gedeutet wird,

  zur

 Funktion

  des

 Baus

 an der

 unteren A gora zurück

haltend äußert.

 Zu den

 G rabungen

 an der

 oberen Agora: Sagalassos

 V

 (2000) 256

 ff.

Zur unteren Agora: M. WAELXENS, AnatSt 44,1994,177 ff4 M. WAEIXENS - D .  PATJ-

WELS

 -

  J.  VAN DEN BERGH,

  Sagalassos III 1995) 27 ff.

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  58

Jürgen Süss

phaion und das prächtigste jemals in Sagalassos errichtete Badegebäude

anzutreffen waren. Unweit des Antoninus-Pius-Heiligtums befand sich -

ähnlich w ie in Selge - zud em ein Stadttor,

29

  vor dem sich eine große Ne-

kropole an den Hängen eines Hügels ausbreitete, was ebenfalls eine Par

allele zu Selge darstellt. Die Straße, die in Sagalassos durch das Stadttor

f Ohne, endete gew issermaßen in der N ek ropo le. Sie hatte in erster Linie

eine repräsentative Funktion, was sich auch darin zeigt, dass der Weg so

steil war, dass an zwei Stellen Treppenstufen eingefügt waren. Die Straße

war damit nicht für den Warenverkehr konzipiert.

Kann man die untere A gora als >Handelszentrum< beze ichnen , so gru p

pierte sich das politische Zentrum an der oberen Agora, an welcher das

Rathaus platziert war. So großartig die Fernwirkuag des Kaisertempels

gewesen sein muss, so ungünstig war der Bauplatz, was Wind und Wetter

anbelangt. Aber dieser Nachteil wurde genauso gerne in Kauf genommen

wie die Randlaee.

30

Ö ^

Ergebnis: Viele Kaiserkultbauten entstanden in Kleinasien an den Haupt

straßen, den Lebensadern der Städte. Einige befanden sich zentral in der

Nähe der Agora, andere dezentral am Stadtrand, dann aber mit um so

mehr betonter visueller Wirkung. Fast alle Tempel waren von der Straße

aus gut zu sehen. Ihre Sichtbarkeit war eminent wichtig. In Selge lag ein

Beispiel ohne Temenos vor, so dass sich die architektonische Wirkung auf

die Straße unmittelbar entfalten konnte. In Aphrodisias ermöglichte dafür

die besondere Architektur des Propylons die nahezu freie Sicht von der

Straße auf den Sakralbau.

3.  Akropol i s

Der älteste nachweisliche Kaisertempel, der in Kiemasien auf einem Berg

]*>, ist aus Ankyra  in Galauen bekannt. D ie Wirkung des do ru gen Seb a-

steions, bestehend aus einem pseudodipteralen oktastylen Tempel, >st am

ehesten mit den alten Akropolistempeln im Mxttelmeerraurn zu verglei

chen. Doch wurde im antiken Ankara nicht der eigentliche Stadtberg als

Bauplatz für den Roma und Augustus geweihten Tempel ausgewählt, son-

29

  Dazu Sagalassos IV (1997) 264. Eine Stadtmauer besaß Sagalassos offenbar

nicht.

30

 Auffällig ist außerdem, dass das in der erhaltenen Gestaltung jüngere Theater

genau auf den Kaisertempel ausgerichtet zu sein scheint, was einer näheren Be

trachtung Wert wäre. Zum Bezug Kaisertempel und Theater allgemein: s. u. Nr. 4.

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Kaiserkult und Urbanistik

59

dem eine nicht weit davon entfernte, etwas niedrigere Erhebung, die zur

damaligen Zeit offenbar nicht bebaut war.

31

Die Front des provinzialen Tempels war nach Südwesten gerichtet , also

nicht auf den al ten Stadtkern, sondern auf die große Ebene unterhalb der

Stadt , was weniger mit kult ischen Gründen als vielmehr mit der dadurch

stärkeren Fernwirkung erklärt werden dürfte. Es ist gut denkbar, dass der

Hügel, der später von einem Stadtviertel bedeckt wurde, bereits in augu

steischer Zeit für die Gründung einer römischen Neustadt vorgesehen

w or de n w ar. Die wenigen bislang ausgegrabenen Reste stammen allerdings

erst aus der mitt leren Kaiserzeit . Einen räumlichen Zusammenhang könn

ten hing ege n ein H ip p od ro m i7ttc68pO|io<;) sam t eine m Fe stpla tz

rcocvfiyupi^), die in der am Tem pel an gebra chten Priesterinschrift erw ähn t

sind, aufgewiesen haben. Für diese Einrichtungen stellte derselbe Stifter

Baugelände zur Verfügung. Festzustellen ist hingegen heute allein ein axia

ler Bezug vom Kaisertempel zum Theater an der Akropolis, das etwas

jünger, aber wohl noch in die frühe Kaiserzeit zu datieren ist.

32

Hervorzuheben ist an dem Beispiel aus Ankyra die räumliche Verbin

dung von Kaisertempel und - sehr wahrscheinl ich - mehreren Fest

spielorten.

Auch die frühkaiserzeitliche Anlage in

  ntiocbeia npoq

  ntcn,8tQc, einer

augusteischen Kolonie im Grenzgebiet von Galatien und Pisidien, die mit

hoher Wahrscheinlichkeit dem Kult des Augustus diente, breitete sich auf

einem der höchsten Punkte des Stadtgebietes aus.

33

  Noch deutl icher als in

Ankyra befand sich der Bezirk in Antiocheia über der eigentlichen Stadt.

Eine Stichstraße, die das Heil igtum mit der wichtigsten Nord-Süd- und

West-Oststraße verband und wohl von der Agora ausging, führte genau

zum Hei l ig tum

  hinauf

w o sie in einen Vorplatz m ündete A bb . 7).

34

  Ein

M

  D. KRENCKER

  -

  M.  SCHEDE,

  Der Tempel in Ankara Berlin 1936);

  HANLEIN-

SCHAFER

  19 S5,1S5 ff. A 42. Das berühmte und für die Fun ktion des Kaisertempels

bezeichnende Monumentum Ancyranum erstreckt sich über die Innenseiten der

Ante n bis zu r Außenseite der südlichen Cellawand. Eine Inschrift m it der Aufzäh

lung von Kaiserpriestem wurde an der Stirnseite der NW-Ante entdeckt. Zu Akro

polis und zum Begriff ctKpavgl. M .

  WÖRRLE

 - W.

  WURSTER,

  Chiron 27,1997,422.

32

 S.

 u. Nr. 4.

3>

 K.

  TUCHELT

 in:

 R .

 M.

 BOEHMER

 - H .

 HAUPTMANN

  Hrsg.), Festschrift K. Bit-

te l I 19S3)

  5 1

  ff.;

  HÄNLEIN-SCHAFER

  1985, 191 ff. A 4 3 ;

  M.TA§LIALAN,

  Pisidian

Antiocheia Istanbul 1997) 14

 ff ; F. RUMSCHEID,

  Untersuchungen zur kleinasiari-

schen Bauornam entik Mainz 1994) I

  6

 f.,

  15

ff.; II 4 Nr.

 13.

  Eine Weihung an

Kybele, Men Askaenos oder die kapitolidsche Trias im Sicne eines Capitoliums ist

unwahrscheinlich. D az u Süss 1999, 70.

34

 Nach den inschriftlich überlieferten Nam en zweier Straßen oder Plätze

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260

Jürgen Süss

besonders prächtiges Propylon, das auf einer großen Freitreppe am Ende

der Straße emporragte, leitete zum Kaiserbezirk über, der aus einer axial

symmetrischen Platzanlage mit zweistöckigen Säulenhallen bestand. In der

Mittelachse erhob sich, etwas nach hinten versetzt, der Tempel auf einem

Podium. Hervorstechendes und singuläres Merkmal ist die den Tempel

umgebende halbrunde Portikus.

35

  Der Bauplatz dieser Säulenhalle wurde

unter großem Aufwand aus dem Fels herausgeschlagen.

Verschiedene Ausstattungsdetails und Einrichtungen weisen in Anti

ocheia auf die Siegesideologie des Augustus hin: So die Darstellung von

besiegten Barbaren und des Capricornus, die zum Propylon des Kaiser-

temenos zu rechnen sind, ferner Spiele mit dem Namen Actia und eine

Victoria am wohl damals neu geschaffenen Kultbild des alten Stadtgottes

Men.

36

  Sichtbarstes Zeugnis der Kaiserverehrung war jedoch der Tempel.

Er manifestierte die führende Stellung des Augustus in seiner Doppelfunk

tion als Koloniegründer und Herrscher eines Weltreiches.

Vielleicht das imposanteste urbanistische Beispiel, das in Kleinasien je

mals zu kultischen Ehren römischer Kaiser verwirklicht wurde, ist das

Traianeum von

  Pergamon

Das Heiligtum, das Zeus Philios, Trajan und

später auch Hadrian bestimmt war, lag nur wenige Meter unterhalb des

Gipfels des 200 m aus der Umgebung ragenden Burgberges.

37

  Es thronte

demzufolge hoch über dem Stadtgebiet. Die Akropolis von Pergamon

wird von Aristides in einer Rede auch treffend als »Gipfel der Provinz«

bezeichnet.

38

  Erst die ausgedehnten Substruktionen ermöglichten die Er-

(flÄOTEia) wird der Voiplatz unterhalb des Heiligtums als »Plateia des Tiberius«

gedeutet und der Tempelbezirk

 als

 »Plateia des Augustus«

  (TASLIALAN

 a.O.). Doch

bezeichnet der Begriff

 pl tei

meist eine große Straße, wie D.

 HENNIG,

 Chiron 30,

2000, 586 gezeigt hat, so da ss die antike Benennung des Tempelbezirks unbekannt

bleibt.

35

 Die Bauweise einer halbkreisförmigen Halle ist von italischen Cavea-Portiken

bereits aus der Republik bekannt. In Verbindung mit einem Tempel gibt es halb

runde Portiken nur aus Vernegues (A.

 GKENIER,

  Manuel d'archeologie gallo-ro-

maine III1 [Paris

 1958] 280

 ff.) und Orange (M.-E.

 BELLET,

 Orange antique [Paris

1991]

 42 ff.), die aber beide jünger datiert werden. In Orange steht

 der

 Sakralbezirk

im Zusammenhang mit einem Forum. Außerdem ist eine halbrunde Kiyptoporu-

kus aus Köln, vielleicht zum Ubieraltar gehörig, bekannt

  (M. TRUNK,

  Römische

Tempel in den Rhein- und westlichen Donauprovinzen, Forschungen in Äugst 14

(Äugst 1991)201 K 1 4 . - A n der vermutlichen Agora ist in Antiocheia ein Bou-

leuterion identifiziert worden. Dazu M.

  TA§LIALAN,

 Pisidian Antiocheia (Istanbul

1997).

36

 Süss 1999, 241 ff.

37

 Zum Beinamen »Philios« des Zeus:

 HALFMANN

 2001, 50.

38

 Rede XXIII 13 (Hom onoia): »c orcsp

 KOIVTI TK KOp ucpfj

  w o £0vau<;«. Diese

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Kaiserkult und Urbanistik

261

bauung der großen Platzanlage am steil abfallenden Hang. Die vorgeblen

dete mächtige Terrassenmauer war weithin sichtbar.

Sowohl der Tempel als auch die U-förmig angeordneten Säulenhallen

wa ren d er Talseite zugek ehrt . De r imm ense Aufwand für die E rrichtun g

lässt sich nur mit dem Bestreben erklären, eine möglichst große Fernwir

ku ng zu erzielen Abb . 8).

39

Weder das  alte. Stadtze ntrum an den H äng en des Burgberges no ch die

römische Neustadt in der Ebene wurden als Bauplatz für das Traianeum

ausgewählt. Dafür wurden aber optische Bezüge über große Entfernungen

zu verschiedenen öffentlichen Plätzen und Bauwerken hergestellt: Etwa zu

den großen Straßen nach Südwesten, wie der Heiligen Straße zum As-

klepieion, oder zum Bezirk mit dem kaiserzeit l ichen Theater , Amphithea

ter und Stadion, des Weiteren zur in der Hauptachse des Tempels gelege

nen, heute Büyük Alan genannten Platzanlage und möglicherweise auch

zu r drit ten Agora, die im Bereich de r römischen N eus tadt v ermu tet w ird.

40

Nicht zuletzt bildete der Neokoriebezirk sicher nicht zufällig auch einen

räumlichen Zusammenhang mit dem hellenistischen Theater in der Ober

stadt.

41

Das Traianeum lag somit nicht Im polit ischen und verkehrstechnischen

Zentrum der Polis. Es befand sich sogar so abseits vom Stadtleben, dass

die Prax is, wich tige Inschriften do rt aufzustellen, n u r wen ige Jahrze hn te

überdauerte und von anderen Heiligtümern wie vor allem dem Asklepiei-

on übernommen wurde .

4 2

  Hinter den vielen Raumbezügen ist in jedem

Fall ein sehr durchdachtes urbanistisches Gesamtkonzept zu vermuten.

Rede wurde im Rathaus von Pergamon gehalten, als wohl der Landtag der Provinz

Asia in der Stadt tagte

  C H .

  A.

  BEHR,

  P. Aelius Aristides. The Complete Works 2

[Leiden 1986] 28).

39

  »An keinem anderen Ort des Burgberges konnte man mit einer besseren Fern

wirkung des Tempelbaus rechnen«, stellte W. RADT,  Pergamon. Geschichte und

Bauten, Funde und Erforschung einer antiken Metropole Köln 1988) 243 treffend

für das Wahrzeichen des antiken wie touristischen Pergamon fest; s. auch   DEKS.,

Pergamon. Geschichte und Bauten einer antiken Metropole Darmstadt 1999)

9 f.

40

 Die früher Gurnellia, heute Büyük Alan genannte Platzanlage gehört zur Eu-

menischen Stadt, belegt durch die Zugehörigkeit zum eumenischen Raster, besitzt

aber römische Stützgewölbe. Dazu

 U . WULF,

 IstMitt

 94,

 1994,143 f.;

  RADT

 a.O.  Z7

- Die Existenz einer dritten Agora kann aus einer Inschrift gefolgert werden

  CH.

HAB I C HT, AVP

  VIII 3 [Berlin 1969] Nr. 30), in welcher der Bau eines Propylons

genannt wird. Denn an den beiden gut untersuchten hellenistischen Agorai ist kein

kaiserzeitliches Propylon nachweisbar. Zur vermutlichen Lage der römischen Ago

ra: WUL F a. O. 158.

41

 S u. N r. 4.

42

  Süss 1999 79.

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262

Jürgen Süss

Ergebnis: Kaiserkultstätten, die auf einer natürlichen Erhebung in der

Stadt errichtet wurden, erzielten eine besonders große Fernwirkung, was

gelegentlich aber zu Lasten der Zentralität ging. Die überragende Stellung

des Kaiserkultes wird auch dadurch deutlich, dass in der Kaiserzeit nur

noch wenige Tempel auf einem beherrschenden Hügel in Kleinasien er

richtet wurden. Wenn dies allerdings erfolgte, dann handelt es sich meist

um ein mit der Verehrung des Kaisers in Verbindung stehendes Bauwerk,

so dass man hierbei fast von einem >Privileg< des Kaiserkultes sprechen

könnte.

4.

  Theater, Stadion, Hippodrom und Amphitheater

Bereits im Zusammenhang mit dem auf einem Hügel angelegten Roma-

Augustus-Tempel von Ankyra  kam zur Sprache, dass verm utlich ein Fest

platz -und ein Hippodrom in der Nähe des Sakralbaus erbaut wurden.

43

Dies muss bereits kurz nach der Errichtung des Tempels erfolgt sein. Von

beiden Bauwerken fehlt bislang jegliche Spur. Erhalten hat sich hingegen

ein etwas jüngeres Theater, das in etwa auf den Tempel ausgerichtet ge

wesen zu sein scheint, worauf schon weiter oben hingewiesen wurde.

44

Ein Theater aus hellenistischer Zeit, das in enger Verbindung mit einem

Kaisertempel stand, wurde dagegen beim Erörtern des Traianeums von

Pergamon   bereits gestreift. Dieses befand sich nur wenige Meter schräg

unterhalb des Kaiserheiligtums und verschmolz aus der Ferne betrachtet

zu einer baulichen Einheit mit dem Neokorietempel.

Ein Vorbild aus Kleinasien für diese Verknüpfung von hellenistischem

Theater und Kaisertempel liegt möglicherweise aus der karischen Stadt

Stratonikeia

  vor (Abb. 9).

45

43

  Die beiden Bauten werden in der Priesterinschrift des Tempels aufgeführt

(OGIS  533),  aus der hervorgeht, dass der Kaiserpriester Pylaim enes, Sohn des letz

ten galatischen Königs Amyntas, Gelände dort zur Verfügung gestellt hat, wo der

Tempel lag und der Festplatz und das Hippodrom gebaut wurden. Zuletzt etwa

H .  HALTMANN,

  Chiron

  16, 1986, 39 ff.

44

  Zur Datierung: S.  MITCHELL,  ArchRep 1984-85,  in:  JHS 105,1985,98. - In der

Reisebeschreibung von M. KINNEIR,  Reise durch Kleinasien, Armenien und Kur

distan in den Jahren 1813 und 1814, aus dem Englischen vo n F . A

  UKERT

  (Weimar

1821) 64 werden in Ankara die Ruinen eines Amphitheaters bei einem Hügel nahe

der großen Ebene erwähnt Ob es sich hier nicht auch um aas frühkaiserzeitliche

Stadion handeln könnte oder das Stadion in der Nähe dieses Amphitheaters lag,

lässt sich heute nicht mehr feststellen,

45

  Allgem ein zur Stadt: D N P 11 (2001) 1047 s. v. Stratonikeia N r. 2 {H. KA>-

LETSCH).

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Kaiserkult und Urbanistik

263

Die Weihung des Tempels in dieser Polis geht sehr wahrscheinlich aus

zwei im unmittelbaren Umkreis des Bauwerks entdeckten Inschriften mit

der Nennung eines Kaiserpriesters und einer weiteren mit der Nennung

eines Sebasteions hervor.

46

  Die epigraphischen Quellen sowie die Bauor

namentik des Tempels fuhren in die frühe Kaiserzeit.

47

Obgleich weniger gut untersucht als andere Städte, lassen sich auch hier

wesentliche städtebauliche Giundzüge erkennen. Aus ihnen wird die Be

deutung des Faktors Theater besonders deutlich. Der größte bekannte

Tempelbezirk innerhalb von Stratonikeia wurde über dem Stadtgebiet,

vielleicht auf dem höchsten Punkt des bebauten Teils, unmittelbar ober

halb des hellenistischen Theaters an der Akropolis angelegt

48

  Das Heilig

tum weist einen axialen Bezug zu diesem auf. Das Theater bildete dem

nach den Übergang vom Sakralbezirk zum eigentlichen Stadtgebiet mit

dem kommunalen Zentrum. Weite Teile der Stadt wurden dem von den

Wohnvierteln und wichtigsten öffentlichen Gebäuden aus gut sichtbaren

Tempel untergeordnet. Dabei führte eine urbanistische Achse von Naos

und Theater über die Agora mit dem Rathaus bis zum Haupttor der Stadt

im Norden.

49

Ein bemerkenswertes Ensemble aus tiberischer Zeit bietet auch   Pesri

nous  in Galatien (Abb. 10). Es besticht durch eine Kombination aus thea

terartigen Sitzstufen zu beiden Seiten einer Treppe sowie einem Heiligtum

für einen römischen Kaiser (Augustus als Provinzgründer oder Tibeiius),

wofür es in Kleinasien bislang keine Parallele gibt.

50

44

  Die beiden folgenden Inschriften wurden vor dem Tempelfundament im Nor

den der Terrasse entdeckt und gehörten wohl einst zu den Tempelanten: IvStrato-

nikeia II2, IK 22^ (Bonn 1990) Nr. 1305a (Archiereus der Kaiser Melas aus Hiera-

kome); IvStratonikeia II 1, IK 22,1 (Bonn 1982) Nr. 1017 (Archiereus der Kaiser).

Die Schriftform spricht für die frühe Kaiserzeit: E. VARINLIOGLU,  EpigrAnat 12,

1988,  79 ff» Ein Sebasteion w ird ex plizit in der Inschrift IvStratonikeia I, IK 21

(Bonn 1981) Nr. 227 Z. 9 aufgeführt, zu der keine Fundortangabe vorliegt.

47

  Zum Tempel: MERT  1999, 24 ff., 261 ff.. Die Auswertung der Ornamentik er

gibt eine augusteische Bauzeit.

48

  Zum Theater, das wohl aus dem 2. Jh.  v. Ch r. stamm t:  MERT  1999, 15, 22;

s. auch R.

 ÖZGAN,

  Die Skulpturen von Stratonikeia, Asia Minor Studien 32 (Bonn

1999) 10. Es ist zu vermuten, dass während der Errichtung des Tem pels auc h Teile

des Theaters erneuert wurden.

49

  VgL MERT  1999, 16, nach dem das Stadttor mit einer großen Brunnenanlage in

der überliefeiten Form frühseverisch zu datieren ist. Doch muss an dieser zentralen

Stelle, sofern die Stadtmauer älter ist, wohl schon in einer früheren Phase ein Tor

angenomm en w erden.

50

  M .  WAELKENS,  EpigrAnat 7, 1986, 37 ff. (auch zur Weihung).

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264

Jürgen Süss*

Die breite Treppe führte genau zur Tempelvorderseite; Unterhalb der

Stufenanlage erstreckte sich ein nur wenig später errichteter Platz, der laut

M.

  WAELKENS,

  welcher Tempel und Umgebung eingehend untersuchte, als

Handelsagora z u deuten ist. D er Platz öffnete sich danach zur w ichtigsten

Nord-Südstraße am Ufer des kleinen Flusses Gallos.

51

  Alle vorgestellten

Gebäude reihten sich wie in einer Kette auf. Sie wiesen, unterstützt von

einem natürlichen Hang, ähnlich wie in Stratonikeia oder Pergamon, eine

ausgeprägte Höhenstaffelung auf. Diese reichte von der Handelsagora un

ten bis zum Heiligtum oben. Der peripterale Sakralbau wurde zusätzlich

noch durch einen mehrstufigen Unterbau, ein weiteres typisch kleinasia

tisches Element neben dem Stufenunterbau, aus dem Platzniveau deutlich

herausgehoben. D er Tempel erhob sich auf einem der höchsten Punkte des

bebauten Stadtgebietes.

In der - verglichen mit den Städten an der Westküste Kleinasiens - eher

kleinen Stadt Pessinous beherrschte das Ensemble aus theaterartiger Stu

fenanlage und Tempel das Siedlungsgebiet eindrucksvoll. Es stand als

prächtige Kulisse bei Festspielen wie auch Prozessionen zur Verfügung.

Für die Gesamtwirkung wichtig ist, dass der frei, stehende Tempel auf das

neue römische Stadtzentrum ausgerichtet war. Es ist zu vermuten, dass

Pessinous, Vorort einer großen Region/

2

 mit der Erbauung des Ensembles

auf Ankyra, die Hauptstadt Galatiens, mit dem gewaltigen provinzialen

Augustus-Tempel reagierte.

53

Ergebnis: N ic ht selten ist in Kleinasien ein Zusammenspiel v on Kaisertem

pel und Theater bzw . theaterartiger Anlage sow ie Stadion und H ipp od ro m

und in Pergamon auch Amphitheater zu verzeichnen. Gelegentlich wur

den sogar mehrere Festbauten in die Planungen mit einbezogen (Ankyra,

Pergamon). In einigen Fällen hat sich überdies eine architektonische Ein

heit aus Theater und Kultbau herausgebildet, die dadurch eine besonders

eindringliche urbanistische Wirkung erzielte. Teils hat man ein bestehen

des Theater mit in die Planungen einbezogen (Pergamon, Stratonikeia),

teils eine theaterartige A nlage m it dem Tem pel gemeinsam konzipiert (Pes

sinous). Das Zusammenspiel von Theater und Kaisertempel traf mehr für

51

 Zur

 Topographie:

 DNP 9 (2000) 6 8 f.

  s. v.

 Pessinus

  K. STROBEL).

52

 Pessinous war Vorort der Tolistobogier, eines der drei keltischen Stämme Ga

latiens. Dazu

 S.  MITCHELL,

 Anatolia. Land, Men and Gods in Asia Minor II (Ox

ford 1993) 20 ff.

53

  [IVL Lojllios aus Pessinous, der 32 n. Chr. in Ankyra als provinzialer Kaiser

priester amtierte, könnte in Pessinous zu den treibenden gesellschaftlichen Kräften

in der Errichtung des Tempelbezirks zu Ehren eines römischen Kaisers gehört

haben. Dazu S. MrrcHELL, Chiron 16, 1986, 32 f.

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Kaiserkult und Urbanistik

265

provinziale An kyra und Pergam on) un d regionale Ku ltstätten Pessinous)

zu als für städ tisch e Stratonikeia).

54

5.  Hafen

Der Hafen bzw. ein von der Küste aus gut zu sehender Platz bildete seit

jeher einen wichtigen Standort für Tempel. Dies gilt auch für Kultbauten

zu Ehren römischer Kaiser. Schon das eingangs erwähnte Sebasteion in

Alexandria wurde sicher nicht zufällig am Hafen errichtet.

55

D as älteste Beispiel der Pro vin z A sia für einen K aiser bau m it Bezug auf

die Küste liegt aus

  Eresos

 vor, w o ein mu nizipaler Aug ustus-Tem pel N a-

os) errichtet wurde, der in der schon zitierten Inschrift bezeugt ist, ar

chäologisch aber noch nicht nachgewiesen werden konnte. Aus der For

mulierung »beim Hafenemporion«  ETU  TCÖ Ä,i[a£va xcb £jo.[7copt]cp

56

) lässt

sich ein Handelsmarkt in der unmittelbaren Nachbarschaft erschließen, so

dass der Hafen nicht als alleiniger Standortfaktor zu gelten hat.

Im 2. Jh . entstanden zw ei außergewö hnlich große Bauko mp lexe zu E h

ren des Kaiser/Hadrian in der Nähe eines Hafens in

  Ephesos

  wie auch in

Kyzikos

Beide Beispiele gehören zu den größten je gebauten Kaiserkult

stätten. Zumindest im Fall von Ephesos handelt es sich um einen Neo-

korietemp el. In dieser Polis befand sich der 85 x 5 7 m gr oß e H adria n-

Tempel in der Nähe des Hafens am Rande der Stadt, überdies an einem

erst in der Kaiserzeit erschlossenen S tadtviertel Ab b. 11). ÄhnJich verhält

es sich in Kyzikos.

57

Ergebnis: Die räumliche oder optische Verbindung von einem Kaisertem-

pel zu einem Hafen, die sich in Asia bislang vor allem in Eresos und

Ephesos, aber auch in Kyzikos nachweisen lässt, verfolgte ebenfalls das

Ziel, einen entsprechenden Bau effektvoll aus dem Stadtbild herauszuhe

ben. Die Wirkung entfaltete sich insbesondere dem, der sich diesen Poleis

vo n See he r nähe rte. ^

54

  CLAUSS 1999, 331.

55

 Phil. leg. ad Gaium

 151 £ :

 Das Sebasteion lag »gegenüber den Häfen mit guten

Ankerplätzen«.

56

  ROB ERT 1979, 180 N r. 320; RO BER T 1980, 5 f.

57

  Zu Ephesos: S KAR WIESE in;  SCHERRER  Hrsg.) 1996,177,186. Zur Bedeutung

des Hafens von Ephesos allgemein: H. ZABEKLICKY,  Preliminary Views o£ the

Ephesian Harbor, in: H.  KOESTER  Hrsg.), Ephesos, Metropolis o£ Asia, Harvard

Theological Studies 41 1995)

 2 1

  ff. - Zu Kyzikos:  SCHULZ/WINTER  1990,33 ff.

Vermutlich handelt es auch hierbei um einen Neokorietempel ebenda 50 f,),

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266

Jürgen Süss

Schlussbetrachtung

1

Topographische Schwerpunkte

Die Kaiserkultbauten verteilten sich in Asia und Galatia weit über den

öffentlichen R aum . D och lassen sich (Schwerpunkte erkennen im Bereich

der Agora, der Hauptstraßen, der Akropolis, des Theaters oder ähnlicher

Festbauten sowie des Hafens.

2,

  Urbanzstische Prinzipien

Sebasteia wurden mit Hilfe ihrer Lage und Gestaltung deutlich aus dem

Stadtbild herausgehoben und regelrecht (inszeniert.

58

  Sie befanden sich

meist an einem zentralen Ort. Die Heiligtümer wurden bewusst dort plat

ziert , w ^jie lO fe^ che i i^u sai iun en ka m en , w o ein Höchstmaß an Öffent

lichkeit hergestellt wurde- Anders aüsgeHrückt, man hat sie dort erbaut,

wo sich das öffentliche Leben abspielte, wo sich die Bewohner der Poleis

aus kultischen, politischen, wirtschaftlichen, festlichen und privaten An

lässen trafen.

Zu den bevorzugten Mitteln, mit denen die optische Präsenz und In

szenierung erreicht wurde, gehörten Axialität, H o h e g s ^ ä ^ g ^ ^ M o g ^

n^jualitar^m D ie ausgeprägte A m li tä t innerhalb

der Kaiserkultstätten sowie zwischen Kaiserkultbau und Stadt wurde er

zielt durch große Prachtstraßen, Treppen- und Sitzstufenanlagen, Theater,

lange Säulenhallen und prachtvolle Eingangstore, Elemente, die auch mit

der Funktion der Bezirke bei Kaiserfesten bzw. Festumzügen zu tun ha

ben dürften.

Die Höhenstaffelung, nicht nur innerhalb des Temenos, sondern auch

innerhalb des Stadtgebietes, reichte über Straße, Vorplatz, Tor, Treppe,

Hofareal und Altar bis hin zum Tempel, für dessen Heraushebung aus

dem Stadtgebiet neben den künstlichen Baumitteln nicht selten auch eine

natürliche Erhebung geschickt ausgenutzt wurde.

N ich t weniger markante M erkm ale sind schließlich die Monum entalität,

die der gesamten Anlage wie auch die einzelner Teile, und die prächtige

Ausstattung (reichhaltige Ornamentik, Figurenschmuck, Bogenarchitek-

tur, Marmorverkleidung), die hier jedoch nur beiläufig erörtert werden

konnten.

58

 Bezüglich der Inszenierung ist eine Parallele zur Entwicklung der Feste, ins

besondere der Prozessionen (A.

 CHANIOTIS

 in diesem Band), zu beobachten.

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Kaiserkult und Urbanistik

267

3

Formale Vielfalt

Eine individuelle Betrachtungsweise von Kultgebäude und Stadt ist unum

gänglich, da kaum einheitliche Bautypen und standardisierte Baulösungen

festzuste llen sind und die Stiftung der Kaiser kultstätten und ihr A usseh en

im Übrigen auch eng mit den Honoratioren vor dem Hintergrund der

jeweiligen Stadt- und provinzpolitischen Situation zusammenhing.

59

  Man

könnte die Einflussnahme der Auftraggeber an den Kaiserkultstätten ge

nauer zeigen, was in diesem Rahmen aber nicht beabsichtigt war.

Nicht nur die Bauwerke, sondern auch die Bauplätze und die Art der

Verbindung mit den Nachbargebäuden, ganz zu schweigen von hier nicht

vorgeführten Baudetails, fallen trotz gewisser Grundmuster sehr verschie

den aus. Aber nicht nur der Vergleich innerhalb einer Provinz, sondern

auch der Vergleich zwischen Provinzen ist aufschlussreich, denn es erge

ben sich wesentliche UntersdÜjgde. Eine Gegenüberstellung von Asia und

Galatia verdeutlicht den Aufwand, den die weniger hellenisierten und fi

nanzschwächeren Gebiete am Rande der römischen Welt betrieben, um

einen zentralen öffentlichkeitswirksamen Platz im repräsentativen Ge

wand zu schaffen. Die Städte Galatiens taten sich zudem gerade in der

frühen Kaiserzeit parallel zu einem Urbanisierungsschub in der Errichtung

prachtvoller Bauwerke zur Huldigung römischer Herrscher hervor.

  Auf-

fällige U nterschiede kön nte man auch zu anderen Prov inze n auf zeigen. Es

sei nur darauf hingewiesen, dass in Pamphylien der Kaiserkult hauptsäch

lich in den vorhandenen Göttertempeln praktiziert wurde und das Stadt

bild demzufolge nie derart verändert hat wie in Asia und Galatia.

60

4.

  Netz aus Kaiserkultstätten

Allmählich überzog antike Städte ein Netz aus sehr unterschiedlich ge

stalteten Kaiserkultstätten, die nur in einer Gegenüberstellung historisch

richtig beurteilt werden können. Die Wirkung erschließt sich nicht allein

aus der Untersuchung der Sebasteia selbst, ihrer Architektur und ihrer

Ausstattung, sondern vor allem aus der Untersuchung des gesamten Stadt

raumes. Wie wichtig dies ist, ging aus der Inschrift aus Eresos hervor, in

der drei Herrscherkulttempel aus gleicher Zeit erwähnt werden, und be

stätigte sich in der Erörterung der archäologisch gut überlieferten Seba

steia. Dabei ist das Wechselspiel der in den wichtigeren Städten im Laufe

59

 Wie auch

  HALFMANN

 2001, 93 in seiner Studie zur allgemeinen Entwicklung

von Pergamon und Ephesos festgestellt hat.

60

 J

NOLLS,

 Side im Altertum I, IK 43 (Bonn 1993)

  22

 ff.

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268

Jürgen Süss

der Zeit in großer Zahl entstandenen Baukomplexe für den Kaiserkult von

besonderer Bedeutung. Erinnert seien nur die vielen Beispiele aus Ephe-

sos.

  Von einer städtebaulichen ^s ai n tk onze guon , d. h. der Berechnung

der Wirkung von Gebäuden aufeinander, rauss stets ausgegangen werden.

/ /

H

  JL^ J p

y  andel  des Stadtbildes

Der römische Herrscherkult führte in Asia, Galatia und Pisidia zu einem

massiven Wandel des Stadtbildes. Die Errichtung von Kultgebäuden zu

Ehren der Kaiser ist mitunter die vorrangigste städtebauliche Aufgabe der

Kaiserzeit von Augustus bis ins

  2.

  Jahrhundert. Es vollzog sich eine Ver

schiebung im Raumgefüge antiker Städte zugunsten der Bauten zur Ver

herrlichung römischer Machthaber. Immer wieder neue und noch präch

tigere Bauwerke feierten die Kaiser. Der Kaiserkult führte allerdings nicht

in allen Gemeinden zu einer so tiefgreifenden Veränderung des Stadtbildes

wie in Pergamon oder Ephesos, Ankyra oder Pessinous und Stratonikeia

oder Aphrodisias. In Thera, ähnliches gilt wohl auch für Priene, hat der

sonst so präsente Kaiserkult nicht zur Errich tung neuer Gebäude, sondern

lediglich zur Umwidmung und Umgestaltung existierender Bauwerke ge

führt. Aus dieser Tatsache kann indes keine Zurückhaltung gegenüber dem

Kaiserkult gefolgert werden, vielmehr ist sie mit der allgemeinen städte

baulichen Stagnation dieser Gemeinden zu erklären.

Eine derart umfangreiche Veränderung des Stadtbildes, wie sie in den

meisten hier vorgeführten Gemeinden durch die Errichtung von Sebasteia

erreicht wurde, ist auch vor dem Hintergrund der gerade für Kleinasien so

bezeichnenden Städterivalität, der Frage nach dem ersten Rang in der P ro

vinz, der Bewilligung von weiteren Neokoriekulten durch den Kaiser und

der weithin geschätzten Lobreden auf die Städte zu sehen. Die Verände

rung ist keineswegs nur als Loyalitätsbekundung und Ausdruck der zu

nehmenden Romanisierung zu werten, sondern vielmehr als Vehikel für

die Glorifizierung der eigenen Stadt. Sie unterstreicht den Glanz und die

Einmaligkeit in Abgrenzung von anderen kleinasiatischen Gemeinden, mit

denen man im Wettstreit stand. In den Kaiserkultstätten manifestierte sich

das tatsächliche oder angestrebte Ansehen einer Stadt innerhalb einer Pro

vinz bei unterschiedlichsten Anlässen. Die W irkung auf

  ie

 Bewohner und

Besucher einer Polis muss weit über Kaiserfeste hinaus gegangen sein.

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Abb.

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Abb. 2:  nach W.  H O E P F N E R  Hrsg .) , D as dorische Th era V Berlin 1997),

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Abb.

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Abb.

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Abb.*

 5:

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Abb.

  6: M : WAELKENS  - S.  M I T C H E L L  - E .  O W E N S  1990. AnatSt 40, 186

Abb.

  1.

Abb.  7: eigene Skizze auf de r Gru ndlag e vo n M.  T A § U A L A N  1993. In: IV-

Müze kurtama kazilan semineri , Marmeris 1993, Abb. 1.

Abb.  8: nach U .  W U L F  1994. IstMitt 44, 173 Abb. 7c.

Abb.  9: eigene Skizze auf der Gru nd lage vo n tX  Ö N E N  1986. Karien. Iz-

mir, 54, dessen Plan wiederum in weiten Teilen auf G. E.  B E A N  1974.

Kleinasien 3. Jenseits des Mäa nd er. Karien mi t d em Vilayet M ugla.

Stutegart, 95 A bb . 10 Zeic hnung P.  TR EM AUX)  zurückgeht . Auf dem

ursprünglichen Plan fehlen Theater und Tempel.

Abb.  10: P.  LAM B R EC HTS  19 71. De Brug 4, Faltb latt.

Abb. 11:

  W ,  O B E R L E I T N E R U .  a. 1978. Fu nd e aus Epheso s un d Sam othrake.

Wien, Plan S. 14 f.

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1 = Basilikc Stoa, 2 = Kaiserkultraum,

 

Pry taneion,

 4

 = Boulcutcrion,

 5

 = „Doppelmonument ,

6 = Agoratempel,

 7

 = Domitian-Tempel

Abk 1  Ephesos, Plan der oberen Agora

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Kaiserkult un d Urbanistik 273

Abb. 2

  Thera, Plan der Stadt

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27 4 Jürgen Süss

(b = hellenistische Phase, c = kaiserzeitliche Phase)

Abb.

  3

  Thera, Grundriss der Basilike Stoa

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Kaiserkult

  und

  Urbanist ik

275

1 = Sebasteioa, 2 = Agora mit Bouleuterion,

 3

 - N-S-Straße, 4 - Aphrodite-Tempel,

5

 =

 zweite Agora,

 6 =

 Theater, 7

 =

 Tetrastoon,

 8 =

 Badeanlage, 9 = „Basilica , 10 = Badeanlage,

= Stadion

Abb

4

  Aphrodisias, Plan der Stadt^

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276

Jürgen Süss

A Kesbelion

(a

 zs

 Zeustempel, b = Antentemp el)

B ,Klosterberg'

C ,Nordkuppe' (a

 Ä

 Podiumtempel,

b = 3^sil^a% c = Stadttor zum Nord tal)

D Stadtmauer

E Stadion

F Theater

G Untere Agora

H Nord nekrop ole beim Theater

I Säulenstraße

J Stadionthermen

K N ym phäum

L Ob ere Ag ora (a = G eschäf tsgebaude,

b - ,Schräge Stoa', c = Od eio n,

d - Tychaion, e = Agora nomion )

M Osmekropole

N Zollhaus*

O JBasüica extra muros

r

 im Nordtal

p Qu elle (Kiralsuyu)

Abb

5  Selge, Plan der Stadt mit Kaisertempel (C a)

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Kaiserkult und Urbanisrife

77

Abb 6 Sagalassos Plan der Stadt

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  78

Jürgen Süss

1.

 Westliches Stadttor

2.

  Hauptstraße (Cardo Maximus)

3.

  Theater

4.  Hauptstraße (Decumanus Maximus)

5. Säulenstraße

6. ,liberius-PIatz'

7. Propylon

S. ,Au£ustus-Platz

f

9. Kaisertempel

10.

  Nymphaeum

11.  Palaestra

12.  Badeanlage

13. Ratha us/Odeion (?)

14.

  Kirche

15.

 Kirche des Heiligen Paulus

16.

  Byzantinischer Bau

17.

 Südliches Stadttor

IS .

  Aquädukt

Abb. 7

  A n r i o c h e i a p r o *

 Pisidia

Plan der Stadt

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Kaiserkult und Urbanistik

279

.

  raianeum

. N.

Abb.  8

  Pergamon,

  lan der

 Stadt

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28

ürgen Süss

Abb 9  Stratonikeia, Plan der Stadt

Abb 10

  Pessinou s, Rek onstruk tion der Tempel-Theateranlage

(umbiegende Sitzstufen beiderseits der großen Treppe nicht eingezeichnet)

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Kaiserkult und Urbanistik 281

1

  H WctiW.

  Hatantor

Z   tol r tnra» Hafantor

3 SOanohs» Kofe^tor

4 Hafeomagazlnft

S A i t o d i a r *

0 0>2>nttnta«rM Sbdtmauar

7 V)erenuj«noou

8 Hafentt torrne

10 V</ulonu*fwüliai

41 K id i1<* ) t«mo*

4 3 H o n * *

44 Ok togoo

49 Hnrt t f iau» 2

46 HoOChaü» 1

47 HaiQneusgaase

4 9 Ny m p h a» u m T f * w i

5 0 R w d b g u

1? A t r i um Hnn-narum

  Cornt tmiananun

12 KptonnadBnvort iof

13 KMt tUaM'cao

14 fezatsohof lc*» P«aia

16 Olympiakm (7)

1a Apo lW«mp»l (7 )

17*

  i . ynJmac tach» S todtmwjw

1« Heroon (7)

1 9 v < d * a < f f u i i u i B ^ n

20 Kor»»» ««*»» S tadt to r (7 )

91 HanricjeBtar

52 M«mmiüsm(muni«nt

$4 RundOreb

95 PouluaOrotto

57 NQkfopale

59 iDksnmpdi (?)

59 Monwtrort und Nymphaum deft Sexi lUu» P

f lO WssBerschlof t de* C. LaettnluD Baeaus

21 Stadion

22 Bjao ntm laCtar Statthaft «rpartiBT (7)

23 StPdJOfvnvBB

2 4 Th o f t t o t f t t w w a l i m

2 » S t r » ß * X e r

26 TDmier

27 u<*whau»

» R f l n MK h a r S l B t t f i u t i l M l M t ( 7)

29 Mtnrvsnr t r t f l o

30 Agon»

81 PiV»no»on

62 Twnpr f do r D w f l omo un d ctoo O lvua k

69 8ow)wj t«rto( i

64 8asUfca

65 $09. Vanusbad

66 /

s

OMon#

67 Stra0Qnbrurinen

66 Sog. U ikAsarob

60 0»ff lyrnn<ulum

70 MagnMkkChaa Tor

31  gooWamar

32 VUaatttroOe

03 SArftpiDfempsl

$1 KUaoua-MÜhHdf lteo tor

X CelBtaWbdathek

30 MonumBAaial ter

57 MokrqooJo

06 St 'sBtf i tor

3 0 W o h n h a i u

40 SehoiAsii idachefm»

4££. ü Ephesos, Plan

 der Stadt

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Herrscherkult und Christuskult*

von

CH RIS T O PH AUFFART H

1 Selbstvergöttlichung und Monotheismus

LI Die Forschung zum Kaiserkult antwortet auf die Zeitgeschichte

des

  20

Jahrhunderts

»Aus der Sicht des frühen Christentums war der scbJimmste Missstand im

Römischen Reich der Kaiserkult. Ehrenbezeugungen, die Gott allein zu-

standen, durften nicht Menschen erwiesen werden.« So beginnt 1980 der

Forschungsbericht im ANRW von Donald Jones.

1

  Das ist, so will ich

zeigen, nicht die Sicht des frühen Christentums, sondern die Sicht zu-

nächst einmal einer Generation von Theologen auf das frühe Christentum,

die diese Exklusivität und das Gegeneinander aufmacht: Eine Generation,

die die Nürnberger Reichsparteitage vor Augen hatte und die drei Männer

im Feuerofen aus Daniel 3 dagegen las. Das geschieht schon in der pro-

testantischen Bekennenden Kirche mit der Erklärung von Barmen 1934,

These 2 und 3. Niemöller hat das auf die Formel gebracht: »Die Herren

dieser Welt kommen und gehen. Unser Herr kommt,«

2

  Und es geschieht

aus der Rückschau, indem die Generation, die »politische Religionen«, wie

das ein Exilant benannte,

3

  aus eigener Erfahrung erlebte hatte und nun

* Der Beitrag ist Werner Gauer zur Emeritierung gewidmet.

Dank an Pascale Kahr für Recherchen und an Alexandra Wisniewski für die Mit-

arbeit an der Redaktion.

1

 JONES 1980,1023: From the perspective of early Christianity, the worst abuse

in the Roman Empire was the imperial cult. Honors which should be reserved for

God alone could not be bestowed upon men.

1

 Vg die knappen Bemerkungen bei  KARRER 1998, 341.

3

  Begriffsgeschichte bei  HUTTKER  1999, der zeigt, dass der Begriff nicht von

Erich/Eric Voegelin Stockholm 1938) erfunden wurde, sondern gleichzeitig von

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  S4

Christoph Auffarth

eigene Fehler und Versäumnisse auf das persongewordene Böse projizier

te,  zur eigenen Entschuldigung die Sakralisierung der Macht behauptete:

Ein Tyrann missbrauche die Religion un d setze sich an die Stelle vo n G ott ,

Verehrung erheischend/ Das sei Pseudo-Religion, Religionsersatz, polit i

sche Religion, Aber schon in der Zeit des Aufkommens des Nationalso

zialismu s gab es die berü hm te K ontrov erse zwischen C arl Schmitt un d

Erik Peterson über die von Schmitt so genannte »Polit ische Theologie«.

5

Schmitt,.bald der »Kronjurist« des NS> sieht in der Struktur der katholi

schen Kirche mit dem Zentrum der einen Wahrheit eine notwendig mon

archische Struktur, die auch in politischen Gebilden trägt: nicht Konsens

und Kompromiss, sondern die Entscheidung für oder gegen die Wahrheit

bildet den Kern der Polit ik, ihre Theologie. Der Inhalt der Wahrheit da

gegen ist nicht Gegenstand der Struktur. Grob gesagt, die Diktatur ist die

angemessene Staatsform, nicht die liberale Demokratie. - Dem setzte sein

Freund und gerade zum Katholizismus konvertierte Peterson zwei

  Auf-

sätze entgegen über den christl ichen Kaiserkult (Augustus und Euse-

bius/Konstantin), in denen er als christlichen Vorbehalt gegen jede Herr-

schervergotcung setzt, dass die Herrschaft Gottes in der Eschatologie jede

triumph alistische menschliche Herrschaftsauffassung aufhebe. D am it sei

die politische Theolog ie erledigt. Petersons U ntersu chu ng en üb er den

Monotheismus/Kaiserkult bilden das historische Material, mit dem er die

strukturelle Verwandtschaft von Katholizismus und Faschismus abwehrt-

6

Am historischen Thema des Kaiserkultes werden Posit ionen in der Zeit

geschichte eingenommen.

Meine Aufgabe sehe ich darin,

- diese Engführung aus den Erfahrung en des frühen 20. Jh . au fzubrechen

hin zu einer systematischen Religionswissenschaft, die die scheinbar

eindeutige Systematik des jüdischen und von den Christen übernom

menen Mo notheism us in die antike Disk ussio n zurückfuhrt (Religions

systematik).

mehreren, so besonders von Frederick Augustus Voigt, in die Diskussion geworfen

wurde. Aktuell ist die Diskussion in apologetischer Absicht erneut initiiert von

H. MAIER,   so in seinem Büchlein Politische Religion. Freiburg 1995.

4

 E .   STAUFSER

  1964 voller Anspiel gas; etwa

 S

304-314 »Der Untergang der

Alten Welt un d die europäische Sendun gier Kirche«.

5

B .  NICHTVEISS

  1992. R.

  HARTMANN

  1978,

  S 203-221.

  E .

 PETERSON.

  1933;

1935.

  C.  SCHMITT.   Politische Theologie. Berlin 1922.   C . S C H M H T   1932; 1970.

Grundlegend anders, nämlich als inhaltliche Bearbeitung der europäischen Politi

schen Theologie die drei Bände der Berliner Religionswissenschaftler um Jacob

Taubes: 1983-1987.

6

  Besonders das Büchlein Eiikson 1926, das ihn zum Schülerkreis der Religi

onsgeschichtlichen Schule gehörend ausweist.

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Herrscherkult und Christuskult

285

- Die se antike Disk ussion w ird in zw ei Fällen besprochen, einem Fall vo n

jüdischem W iderstand Caligula in Jerusalem) und einem Fall vo n

Selbstdarstellung des Kaisers N er o in Korinth) und der Stellung der

Christen im ersten Jahrhundert zu Anspruch und Gottesbild.

- Darauf ist in den einzelne n kultischen Form en die Christologie un d der

Christuskult zu vergleichen. Ich werde dabei die Frage der   salutatio

versus

  adoratio

  in den Vordergrund stellen.

- Für die Bestim mu ng des Verhältnisses von Herrsche rkult und C hri

stuskult sind die vielen Gemeinsamkeiten und die Stellen der Konfron

tation spezifisch dieser Kultformen zu beobachten.

7

Das Thema, das die Organisatoren der Tagung vorgegeben haben, fordert

die Frage nach dem Kult. Und hier, in der Tat, erschließt sich das

-

zentrale

Problem. Die Frage ist falsch entwickelt, wenn das Christentum in dieser

Frage mit dem Judentum zusammengeworfen wird. Es ist nicht das an-

ikonische Judentum, das in der Bilderverehrung und dazu noch in der

kultischen Verehrung eines Menschen sich durch die fremde Religion ver

letzt fühlt. Sondern: Das Christentum bildet sich als eine   eigene  Religion

heraus,  indem es  den Kult des Christus entwickelt. Kaiserkult und Chri

stuskult laufen also von der Religionssemantik und -pragmatik her paral

lel; in der Religionssystematik lassen sich Ko nku rren zen erkennen, aber

auch die Möglichkeit, den Kaiserkult zu harmonisieren mit dem Chri

stuskult. Die Konstantinische Wende führt in der Beziehung fort, was

schon angelegt war. Diese ausgebaute Stufe der institutionalisierten Inte

gration von Kaiserkult und Christuskult seit Konstantin hatte in der Wei

marer Republik zu einer - oft gerade nicht den Nationalsozialismus be

jahenden - Begeisterung für die geradezu religiöse Anz iehung vo n Macht

menschen geführt, so bei Ernst H. Kantorowicz und Andreas Alföldi.

8

  Sie

ist jüngst wieder ausführlich dargestellt worden von dem letzten Assisten

ten A lföld is, so dass eine wissenschaftsgeschichtliche Tradition vo n der

Weimarer »Ergriffenheit« durch die

  medestas

  bis in die Gegenwart führt.

9

1.2 Monotheismus systematisch und Monotheismus kultisch

In der theologischen Fragestellung haben sich zuletzt zwei Diskussions

punkte ergeben, die für das hier zu bearbeitende Thema von zentraler

Bedeutung sind: Die Frage, wie strikter Monotheismus und die Christo-

7

 Eine Übersicht bei

  KLAUCK

 1996, 62-70.

 DERS.

  1992, 115-143.

KANTOROWICZ

 1929-1931; 1998.

  ALFÖLDI

  1934/1935.

9

  KOLB-2001.

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286

Christoph Auffarth

logie vereinbar sind, und wie - damit zusammenhängend - das Problem

der Gottwerdung eines Menschen gestaltet , begründet und ri tuell so re

präsentiert werden kann, dass es nicht zum Tabubruch wird. Oder   gerade

zum Tabubruch eingesetzt wird, um eine neue Religion abzutrennen. Das

sind zw ei Positionen, die in neu en A rbe iten v o n Samuel Vollen we ider un d

Gerd Theißen vertreten werden.

10

  Ist die Christologie als konsequent in

der Tradition des Jud ent um s zu versteh en (Vollenweider) od er brich t sie

mit dieser Tradition (Theißen)?

Vollenweider bildet eine Liste von fünf Eckpunkten. Diese - so seine

Ausgangsthese - »konstituieren die Einzigkeit Gottes, die meist mit Ho

heit, Transzendenz und Heiligkeit einhergeht. Der eine Gott trägt einen

heiligen Namen,

- er schuf Himmel un d Erd e,

  [Gott als Schöpfer]

- er thron t als W eltenherrscher übe r allem,  [Weltherrschaft]

- er schafft Heil für sein Volk,  [Gott als Reuer]

- un d ihm allein geb ührt kultische Vereh rung und An be tun g  {Verehrung

und Anbetung]-

  All dies kommt den vielen Göttern und Göttinnen der

Umwelt Israels nicht zu« (S.25). Religionssystematisch wäre der letzte

Satz richtig gedacht (weil diese Sätze nur dem einen Gott zukommen);

in der Religionssemantik des Kultes erweist er sich als falsch.

Vollenweider beschreibt das wissenschaftsgeschichtlich als »Renaissance der Re

ligionsgeschichte« in der nunm ehr drit ten Welle, Dabei greift er nicht zurück auf

die religionsgescbichtliche Schule in ihrer Zusammenarbeit zwischen Theologen

und Klassischen Philologen, sondern benennt nur einen Exponenten, Rudolf

Bultmann, der uflhistorisch ein jo hanneisch es Christen tum dem (fünfhundert

Jahre älteren klassischen) Griechentum gegenüberstellt und so seine Dialektische

Theologie mit historischem Material bestätigt. So erklärt Bultmann die Chri

stologie religionsgeschichtlich aus dem gnostischen Urmenschen.

Als nächste Stufe benennt Vollenweider die These, dass für die Ausbildung der

Christologie die Weisheit die entscheidende Rolle spielt, eingebettet in ein schon

vom Hellenismus ergriffenes apokalyptisch geprägtes Judentum des Zweiten

Tempels.

Dagegen wandte sich die dritte Generation, die für die Christologie das apo

kalyptisch-mystische Judentum mit Visionen und Himmelsreisen maßgeblich

ansieht, wieH enoch, Qum ran 4 und 11, Hekhalot-Literatur. D ie Angelologie

wird zu einer Größe, aus der sich auch die Christologie speist.

»Das Postulat der neue ren R eligionsgeschichte, w onach die gesamte C hr i

stologie im Wesentlichen schon im Judentum präexistiert, lässt sich in den

Texten verifizieren.« (Vollenw eider 33 f.). H ie r w ird ein G egeneinande r

ko nstru iert, das Textevidenz ode r Exegese gegen »die« Religionsgeschichte

VOLLENWEIDER

 2QQ2;

  THEISSEN

 2QQQ.

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Herrscherkult und Christuskult

287

setzt, aber nicht mehr gegeneinander ausspielen will, weil sie von unter

schiedlichen Perspektiven das gleiche Ergebnis erreiche. Religionswissen

schaft ist gar nicht berücksichtigt; mit Religionsgeschichte ist vielmehr

eine Richtung innerhalb der theologischen Exegese gemeint, die eher ver

gleichend als philologisch arbeitet. Die theologische Wissenschaft nach

Au schw itz en tdeckte die jüdische »Wurzel« des Christentum s un d ver

suchte, die Christologie und das Abendmahl folgerichtig aus dem Juden

tum abzuleiten und das »Auseinandergehen der Wege« auf eine nach-

neutestamentliche Zeit zu verschieben. Religionsgeschichte bedeutet aber

weniger, die Tradition vom Endpunkt her zu rekonstruieren, sondern syn

chrone Entwicklungen der verschiedenen Traditionen miteinander zu ver

gleichen und das Gleiche und das Verschiedene zu benennen. Das antike

Christentum als antike Religion ist die historische Fragestellung; das anti

ke Christentum als Vorstufe zum heutigen Christentum ist ein theologi

sches Erkenntnisinteresse, aus dem »das Urchristentum« als eine normie

rende und utopische Größe hervorgeht.

11

13 Jüdischer Widerstand gegen den Kaiser kult:

Caligula in Jej-usalem

In der theologis.chen Eröffnung der Fragestellung wird eine historische

Situation als die Normalsituation beschrieben, die das Imperium Roma-

nu m als M ilitärdiktatur in den Gegensatz zu m jüdischen W iderstand stellt ,

der religiös motiviert ist. Polirische Herrschaft mit dem Missbrauch reli

giöser Symbole steht gegen religiösen Widerstand, der missbräuchlich sich

in polirische Bereiche gedrängt hat. Beide Formen sind illegitim,

- die messianische A nm aß un g der Kaiser

- wie der nation ale, politische Messianismus d er Ju de n,

so dass als einzige legitime Form in dieser Situation der Christus hervor

geht, der vor dem römischen Statthalter zwar bekennt, er sei der Juden

Könis, aber hinzusetzt: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt.«

12

11

  A IX IE R 1993.

12

 »Bist Du der Juden K önig - Du sagst es« Mk 15 ,2 (synoptische Parallelen M t

27,12;

 Lk

 23,

 3) - Dagegen steht

 das

 »Mein Reich ist nicht von dieser Welt« bei Joh

18,  36. Das »Reich« wurde später räumlich verstanden als transzendentes »Him

melreich«, während der Wortlaut

 basileia

 die Autorisierung der Herrschaft (durch

aus auf Erden) im Auge hat. R. BULTMANN:  Johannes-Evangelium ([KEK  2

1C

; zu

erst 1941) 506-508 [und im Ergänxungsheft die Anmerkung zu S.

 506].

  Dort

schreibt Bultmann: »Aber es liegt für Pilatus doch anders als für  die* die Welt

vertretenden Juden, deren Vater der Teufel ist, und die deshalb auf Mord und Lüge

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288

Christoph Auffarth

Ein historisches Ereignis zeigt allerdings, dass diese apologetische Deu

tung eine Differenz aufbaut, die die entscheidenden Punkte nicht trifft. Es

soll als Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen zum Verhältnis von

Kaiserkult und Christuskult dienen: Der Versuch des Caligula, im Tempel

von Jerusalem ein Bild aufstellen zu lassen, u n d d ie R eak tio n d er Ju de n auf

diesen Versuch. Religionswissenschaft bedeutet, nicht nur die Intentionen

der Planer und Macher zu untersuchen, sondern besonders auch die Re

zeption der Kultteilnehmer zu beschreiben, die Operationalisierung in

Ritualen und die traditionelle religiöse Semantik die sich als widerständig

erweist durch die kultische Kompetenz der Rezipienten gegenüber beab

sichtigten Brüchen. Im Fall des Caligula in Jerusalem sind folgende Ebe

nen zu unterscheiden:

- Der Kaiser,

- der für die Ausfü hrung zustä nd ige lokale röm ische Beamte,

aus sind ([so undifferenziert sein Hinweis auf Joh] 8, 44). Zu ihnen gehört Pilatus

als Vertreter des Staates nicht, wie sich sofort zeigt (V. [Vers] 38): Er erklärt den

Juden, daß er keine Schuld Jesu feststellen kann, die seine Verurteilung begründen

könnte. Es gibt also in der Tat [Bukmann fallt wieder aus seiner Rolle als Kom

mentator heraus] diese Möglichkeit: der Staat kann sich auf den Standpunkt stellen,

daß ihn die Frage nach der

 aX fßZMX

 nichts angeht [Weimarer Verfassung zur N eu

tralitätspflicht des Staates in Weltanschauungsfragen]. ... Pilatus hat die Möglichkeit

der Anerkennung abgewiesen und die Möglichkeit.der Neutralität gewählt. Wird er

sie festhalten? Kann er es? Denn so viel ist klar: wenn Jesu Anspruch den Staat als

solchen nicht trifft, wenn seine ßaoiteia auch nicht in Konkurrenz mit weltlichen

politischen Bindungen tritt, so läßt sein Anspruch doch, da er jeden Menschen

trifft, die Welt nicht zu r Ruhe kommen und erregt so die Sphäre, innerhalb deren

der Staat seine Ordnung aufrichtet. Denn die ßaoiXsia ist nicht eine gegen die

Welt isolierte Sphäre reiner Innerlichkeit, nicht ein privater Bezirk der Pflege re

ligiöser Bedürfnisse, der mit der Welt nicht in Konflikt kommen könnte.« Buk-

mann formuliert auf die Situation seiner Zeit hin: Die Welt (Sünder, Juden) ver

sucht den Staat auf ihre Seite zu ziehen. Im NS sei der Staat dieser Versuchung

erlegen, selbst religiöse Ansprüche zu erheben und religiöse Bedürfnisse zu befrie

digen. Aber es gebe die Möglichkeit der Neutralität des

 Staates.

  - Zu »Neutralität«

als ideologischer

  Begriff

bes. bei Carl Schmitt, s. R. Koselleck, HW Ph 6(1984),

78

f. S. SCHULZ N T D 4

12

,1972,

 229:

 »Sein Königtum trägt im Unterschied zu den

römischen Caesaren keinen weltpolitischen Charakter, stellt also keine Gefahr für

Rom dar. Die apologetische Absicht ist deutlich: der römische Staat kann die Chri

sten nicht verfolgen, weil ihre Lehre nich t das römische Staatsrecht tangiert«. Diese

These hat ih ren H intergrund darin, dass Schulz den Verfasser des Johannes-Evan

geliums als »einen gnostisierenden Heidenchristen« versteht, der wie seine Ge

meinde der Brüder »der Welt absagen und von ihm [dem Gesandten Gottes] schon

jetzt das ewige Leben, das Licht der Welt und die Wahrheit [empfangen]«; S. 12.

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Herrscherkult und Christuskult 289

- die Jerus alem er Elite politisch o hn e Rechte ; sie weiß aber, mit religiösen

Rechtsti teln geschickt römische Beamte in Bedrängnis zu fahren und

vermag so auch politische Einflüsse geltend zu machen,

- eine Re form gru pp e in Palästina,

13

- die Ju de n in de r D iasp ora erklären sich solidarisch un d de r greise Sp re

cher der Alexandrinischen Juden, Philo, fuhrt eine Gesandtschaft nach

R om.

14

Der Kaiser Caligula verlangt zunächst von den Juden, dass in Synagogen

Bilder von ihm aufgestellt würden als Loyalitätsbeweis ihrer Staatstreue.

15

Zwei Gesandtschaften nach Jerusalem im Mai des Jahres 40 führen nicht

zur Rücknahme, sondern sogar zur Verschärfung: Caligula will seine dik

tatorische Du rchsetzu ngsk raft beweisen, indem im Tempel von Jerusalem

ein Bild aufgestellt werden soll und der Jerusalemer Tempel umgeweiht

werden soll für Zeus Epiphanes Gaius.

16

D er  legatus Syruie Petronius,

1 7

  weiß, dass die Maßnahme die explosive

Situation verschärfen würde und taktiert verzögernd. Ebenso der König

von Iudaea, Agrippa L

13

 Ab er auch in Rom wird die Krit ik laut. Folgt m an

Eusebios"   Kirchengeschichte dann habe der Senat seine ablehnende Hal

tung zum Ausdruck gebracht, indem er die jüdische Gesandtschaft ihren

Protest vorlesen ließ und in schriftlicher Form öffentlich zugänglich

machte.

19

D ie Jerus alem er Elite m acht das Vo rhabe n öffentlich un d dram atisiert

es.

  Das Bild wird »das Gräuel der Verwüstung« genannt:

20

  Das aktuelle

13

 Die Jesusbewegung ist nicht auf den Tempel als religiöses Symbol fixiert, aber

auch nicht in dem Maße Tempel-feindlich wie die Essener. VgL Luk. 13, 31-35; Mt

23,  37-24, 2. Umfassend  DÖPP  1998.

14

 Besonders die Schrift Philo leg.

  [ή π ρεσβεία π ρο ς Γ άιον],

  Übersetzung und

Kommentar von  F.  W.  KOHNKE:  Die Gesandtschaft an Caligula, in: Philo von

Alexandreia, Die Werke in deutscher Übersetzung, hrsg. von L.

 COHN U.

 a.,

Band 7,  Berlin 1964, 166-266. Der knappe, aber sehr sorgfältige Kommentar ist

dankbar benutzt ohne Zitat.

15

 Philo, leg.  132-161.

16

  Ich verwende der Einfachheit halber als Namen des Kaisers Gaius den spöt

tischen Namen Caligula »Stiefelchen«. Zum Caesarenwahnsinn im Kontext des

Kampfes des Publizisten Ludwig Quidde gegen Kaiser Wilhelm IL s.   KLOFT 2001.

17

 Zum Vorgänger L. Vitellius (7c). RE-S 9(1962), 1733-1739, der sich nur retten

kann, indem er die Proskynese einführte. P. Petronius RE 19,1(1937), 1199-1201

[Nr. 24, IL HA NSLIK]; DNP 9(2000),

 671

  f. [Nr.

  4].

1$

 Philo, leg. 261-329.

19

 Eus. Hist.eccl. 2. 18,8.

20

  Β δέλυτμα τής έρημ ώ σεω ς, das bedeutet »das

  Gräuel, das die Verödung des

Heiligtums verursacht«  (BAUER/AJLAND

 [

6

1988]

 275 f., do rt fälschlich gleich auf den

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29

Christoph Auffarth

Ereignis wird so mit einem anderen historischen Ereignis übereinander

gelegt, der makkabäischen Revolution.  Wie  eine Kopie über ein Original

gelegt, behauptet das Wort für das Bild, hier geschehe das gleiche wie

damals und es werde auch das gleiche folgen wie damals.

  Wie

  in der

makkabäischen Krise das Buch Daniel den Aufruf zum Aufstand als hi

storische Erzählung vierhundert Jahre zurückverlegte, als der Seleukide

Antiochos Epiphanes IV. mit dem berüchtigten Bild des Zeus im Jerusa

lemer Tempel im Jahre 167 die Revolution der Makkabäer provozierte.

21

Das ist Aufruf zum Martyrium für die Religion der Väter.

Dem gegen über w ird in der Jesusbew egung als den »Auserwählten« eine

andere Maxime ausgegeben: »Flieht in die Berge «

22

  Wartet das Ende ab

und kehrt dann wieder zurück in eure Orte

Grundlegende Opposi t ion dagegen macht e ine Gruppe, von der man

eher Anpassung erwarten könnte: die Diaspora-Juden des hellenistischen

Alexandreia, angeführt vom greisen Philosophen Philo. Allerdings sind

auch hier die Unterschiede zwischen historischen Ereignissen und Taten

wie de m P og rom gegen die Ju de n in Alexandreia des Jahres 38 α Ch r. , der

Gesandtschaft nach Rom und der Schrift des Philo quellenkritisch zu be

achten. Ich kommentiere hier nur einige der Argumente aus der Schrift .

Philo

  hält dem Kaiser tadelnd vor:

(1) Anfangs seiner Regierung erhofften sich alle, er werde »Retter und

Wohltäter«  Σ ω τη ρ κοά εύερτέτη ς leg. 22) sein. Da s ist in voller A n

erkennung der  römischen Herrschaft über die Völker gesagt als einer

Zeit des Friedens und des Glücks für die gesamte Oikumene (leg.

8-13). Doch dann ändert nach einer Krankheit der Kaiser sich völlig,

der Friede wird zur Anarchie ( leg. 16-20).

(2) Gaiu s/Caligula will sich selbst zu m G o tt machen (leg. 76-1 13; leg. 20 1;

332;

  338  έκθ έω σ ις),

2 3

  erst ind em er sich kleidet als H alb go tt 78- 92 ),

apokalyptischen Antichrist bezogen). Mt 24, 15 »Wenn ihr also das  Gräuel der

Verwüstung seht, von dem der Prophet Daniel gesagt hat, dass es am heiligen Ort

steht, dann sollen die Leser aufpassen.« Der Bezug auf Daniel (Kapitel 9 ,27;

 11,31;

12,11) ist hier im Sinne noch ausstehender Prophetie formuliert, obwohl es dort als

Erzählung auftritt.

21

 »Gräuel der Verwüstung« wieder 1 Makk 1, 54; 6, 7.

22

 M t. 24, 15-28 mit den Parallelen Mk 13,

 14-23;

 Lk 21, 20-24. Die sogenannte

»kleine synoptische Apokalypse« kennt den Bildschatz der Apokalyptischen Be

wegung, aber sie lehnt es ab, diesen Fall als das Kommen des Menschensohns zum

Weltgericht zu interpretieren, sondern empfiehlt unterzutauchen. »Das Ende« wäre

dann das Ende des Kaisers Caligula und seiner Aktion im Jerusalemer Tempel.

Grundlegend für dieses Verständnis ist das Kapitel bei  THEISSEN  1983, 133-176.

23

 Kritisch auch die römischen und griechischen Autoren: Sueton Gai.

 22; 33;

 52;

Dio 59. 26,5-28,8. Josephus ant. 18. 256; 19.4 und 11.

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Herrscherkult und Christuskult

291

dann als Götter selbst (93-113). Philo kritisiert das nicht aus dem Ar

gument, es gebe nur den einen Gott, sondern bleibt im polytheisti

schen Schema. Antbropomorphe Gestaltung Gottes ist möglich, Ab

stufungen der Göttlichkeit sind gegeben; aber wer von sich behauptet,

er sei Gott, muss es auch durch Leistungen (&p£Tcri 91) und göttliches

Verhalten nachweisen. Zu den Attributen, die sich Caligula für seine

Ikonographie zulegt, gehört die Strahlenkrone des Apollon (leg. 103,

s. u.).

(3) Erst als C aligula sich mit dem Go tt d er Juden m isst, indem er sein Bild

an die Stelle des bildlosen

 JHVH

  in Jerusalem setzen will, kommt das

Thema Monotheismus auf. Doch auch hier bleibt Philo im römischen

Muster: kein griechischer König, kein römischer Kaiser hat verlangt,

dass sein Bild im Tempel aufgestellt werde, erst recht nicht der wahre

Wohltäter Augustus (kg- 137-161). Religiöse Polemik wendet Philo

nur gegen die »Tiergötter« der Ägypter (leg. 163).

(4) Der Monotheismus

  J H V H S

  und die Schöpfung der Welt durch ihn:

»A llein die Juden glauben dass

 ein

 G ot t sei, der Vater und der Schöpf er

der Welt.« (leg. 115) Der Monotheismus ist aber kein prinzipieller

Monotheismus.

24

  Die Argumentationslinie lässt sich etwa folgender

maßen als Klimax erkennen: Herrscher als Hirten bewirken Göttli

ches, sie ernten dafür die Unsterblichkeit (leg. 91; 192, 369); Halbgöt

ter mit begrenzten Segenswirkungen; richtige Götter; der eine Gott.

Seine Prädikate »Vater« und »Schöpfer« sind traditionelle Titel; die

»Einzigkeit« behauptet nicht als Negativaussage die Ungöttlicbkeit der

anderen Götter. Caligula maßt sich an, den einen Gott zu verdrängen,

ist aber nicht einmal der untersten Stufe von Göttlichkeit gewachsen.

(5) Üb erzo gen ist des Gaius Anspruch m it der Einfuhrong der Proskynese

im H of zeremon iell (leg . 116). D iese r R itus widerspreche röm ischem

Freiheitsgefühl.

25

  Damit gleichzeitig fordert Caligula den Titel des

Despoten  SzcmöTr\c/dominus).

2

*

Klaus Wengst hat deutlich gemacht, wie in den neutestamentlichen

  Schrif-

ten zwei Haltungen der römischen Herrschaft gegenüber zu finden sind:

24

 Zu Schöpfung vertritt Philo eher stoische Ideen von der Ewigkeit der Welt,

s. Philo Band 7, 402 f. Erzeugung der Welt in sexueller Vermahlung mit Wissen

Phil. ebr. 30 f; 61, vg l Plat. Tim 50 d; 51 a.

25

 Vgl. leg. 352. Kritische Berichte über die Proskynese vor Gaius Dio 59. 24,4;

25,8;

 29,5; Suet. Gai.

 55,1;

 Sen.

 benef

2. 12,1.

26

 Caligula verlangt

  ie

 Anrede

 leg. 208; 237;

 Aurel.Vict. 3.9,12, vgl

  KOHNKE

 zur

Stelle ( .205, Anm.2).

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  9

Christoph Auffarth

Fundamentalopposition auf der einen Seite, Zustimmung zur römischen

Friedensordnung als Gottes Geschenk auf der anderen Seite. Oder die

theologische Kurzformel Apokalypse 13 gegen Römer 13.

27

  Diese Kurz

formel ließe sich auch in die Zeitgeschichte des 20. Jh. übersetzen: Beken

nende Kirche gegen Deutsche Christen, Die naive Übertragung der Zwei-

Reiche-Lehre auf die Nationalsozialistische Herrschaft soll hier nicht das

Thema sein.

28

  Die Fehlübersetzung des Herrschaftsanspruchs Jesu vor Pi

latus als »Himmelreich«, eine Herrschaft transzendent zu dieser Welt und

utopisch, bot die billige Entschuldigung. An dem Fall Caligula im Jeru

salemer Tempel muss weiter differenziert werden. »Das frühe Christen

tum« ist Teil einer hellenistisch geprägten Kultur, die sich nicht durch eine

programmatische Auseinandersetzung mit dem Kaiserkult definiert. Kon

flikte zwischen Kaiserkult und Christengemeinden, in denen sich der Kai

serkult als ein »harter« erwies, gab es. Aut Christus aut Caesar. Aber das

gewöhnliche war der »weiche«, der Kaiserkult, den man harmonisieren zu

können glaubte, dem zugunsten man aber entscheidende Elemente der

Weltgestaltung aufgab.

29

Das frühe Christentum ist eine Vielzahl lokaler Gemeinden, die sich in

den verschiedenen Theologien der vier Evangelien, der paulinischen Mis

sionsgemeinden, der apokalyptischen Gemeinden mehrerer Richtungen

ausbildet, während andere wie die gnosrischen Gemeinden und propheti

sche Gemeinden keine Majorität, keine Aufnahme in den Kanon finden.

N ac h dem extremen Fall in Jerusalem, einem Stück »harten« Kaiserkult,

konzentriere ich mich auf eine Stadt, in der der »weiche«, alltägliche Kai

serkult auftritt und in die polytheistisch strukturierte Stadt eingeordnet ist,

die Reaktion der Juden ist dort nicht zu erkennen, wohl aber die der

Römer (die dort keine Untertanen, son dern Bürger sind) und die der Ch ri

sten.

  Der Fokus auf die lokale Religion erlaubt, die Ausnahmestellung der

Monotheisten zu untersuchen.

27

  WENGST 1986; dazu die wichtige Rezension von  LÜDEMANN/BOTEFMA^JN.

28

 Dokumentiert sind einige Aufsätze der Debatte über das Widerstandsrecht im

NS im Nachhinein, also nach dem Zweiten Weltkrieg, aber ohne die zeitgeschicht

liche Einordnung, bei  SCHREY  1969; WOLF 1972.

19

 KLAUCK 1992, 141-143.

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Herrscherkult und Christuskult 93

2 Ko r in th - e ine loka le Bes tandsaufnahm e

2.1 Eine römische Stadt also ohne Kaiserkult?

Korinth ist eine zentrale Stadt als Station der meisten Verbindungen von

Rom in den Osten und umgekehrt. Caesar lässt die Stadt, die 146 v. Chr.

ebenso zerstört worden war wie Karthago als Symbol, dass die römische

Herrschaft keine Gegner duldet, 44 neu gründen als eine

  Colonia

  für seine

Veteranen. W äh ren d alles neu un d röm isch wird , scheint das Ensem ble der

kultischen Einrichtungen in der Mitte der Stadt dem äußeren Bild und den

N am en n ach eine W iederherstellung der griechischen He iligtümer zu sein

von der Bedeutung her aber eine römische Vereinnahinung).

30

  Eine Ein

richtung für den Kaiserkult fand nicht wie in Athen seine Institution, wo

das Tempelchen für Roma et Augustus klein aber unübersehbar auf der

Akropolis plaziert wurde, auf der Agora ein Kaisareion stand

31

  und ein

Vestakult eingerichtet wurde.

32

  In Korinth in der neuen Basilica begegnen

alltäglich Statuen der kaiserlichen Familie, die aber nicht sakral aufgestellt

sind.

33

  In einer anderen Arbeit habe ich plausibel zu machen versucht, dass

der erste neue Tempel in der römischen Kolonie den Kult der Stadtgöttin

Aphrodite aufnimmt, zugleich aber dem Kaiserkult insofern dient, als er

einen Kult der besonderen Schutzgöttin der julisch-claudischen Kaiser

familie darstellt, den Kult der  Venus Genetrix.  Eine M ünzem ission der

Duumvirn von Korinth zeigt einen hexastylen Podiumstempel mit der

Inschrift auf dem Arcbitrav   G E N T I I U L I A E .

3 4

  Als These daraus formuliert:

Die römischen Bürger von Korinth sind in ihrer Aufnahme des Kaiser

kultes durchaus nicht so zurückhaltend, wie der erste Anschein vermuten

lässt. Kaiserkult erscheint unter einem anderen Namen. Zudem scheint

mir eine These von Mary Hoskins Walbank gut begründet zu sein: Wenn

man über die Straße vom Lechaion-Hafen die Stadt betrat, richtete die

Straße den Blick auf eine große Statue auf dem

  Forum/Agora:

  Erhalten

sind Reste der Basis, einer Bank von drei Metern im Quadrat, auf der eine

runde Trommel die Standfläche in etwa zweieinhalb Metern Höhe für eine

Kolossalstatue bot. Die Weihung gilt dem vergöttl ichten Augustus von

30

  AHFFARTH

  2QQ2.

31

  H O F F

 1994. Guter Überblick bei

  KANTIRIA

 2001.

32

  KAJAVA 2001.

33

 Exzellent  HOSKINS

  1996;

 HOSKINS 1989. BÖSCHUNG

 2002,

 64-66.

34

  AMANDRY mit einem Datum 32/34 n. Chr,, verteidigt bei  HOSKINS  1996, 204;

213,  die die Emission in Verbindung bringt mit den Jubiläen für den zwanzigsten

Todestag des Augustus/Regierungsantritt des Tiberius; sechzigstes Jahr der

 res

 pu-

 lic restituta

 und fünfzigstes der

 ludi saeadares.

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  94

Christoph Auffarth

den Augustalen: [divo A]vGvs[to]

  SACRVM

  [avJGvsTALES.

35

  Diese Statue

fängt den Blick und leitet ihn weiter nach Westen in Richtung auf den

einzig neuen römischen Tempel E. Wie wäre die Statue zu bezeichnen?

Eine Kultstatue wohl nicht, dazu fehlt eine Abgrenzung; die Bank zeigt

häufige Benutzung. Doch lässt sich an Kalenderfesten der Kaiserfahulie

mit temporären Ku lteinrichtungen w ie Tragaltar, und Weihrauchständern

denken. Mit dem Won

  SACRVM

  ist die Statue auch kein »Denkmal«. Die

Umlenkung der Blickrichtung

36

  verweist auf den neuen Tempel, der zur

Zeit des Paulus also gerade erst acht Jahre gebaut war. Lange Zeit hatten

die römischen Siedler ohne einen Tempel, einen eigentlich »römischen«

Tempel gelebt. Die junge christliche Gemeinde würde nie einen Tempel

haben.

37

  Gemeinsam konnten die Menschen dieser Epoche, ob römische

Herren oder christliche Untertanen, sich darauf berufen, dass es nicht auf

das Gebäude oder den materiellen Aufwand für den Kult ankam, sondern

dass das Haus Gottes im Herzen der Menschen sei: die heilige Gemein

schaft sei der Tempel Gottes. Das greift griechische Ideen von der Ethi-

sierung der Religion auf, ob bei Seneca ep.mor 41 oder Paulus 1 Kor 3,

16 f.

38

Der Kaiserkult war in Korinth eher dezent, aber dennoch prominent.

Nero in Korinth

Ein Ereignis in Korinth zeigt wieder die Ambiguität von herrscherlicher

Freigiebigkeit und Verpflichtung zu kultischer Verehrung. Kaiser Nero

3 9

hält in Korinth im N ove m be r 67 eine R ede , die in der Inschrift v on Akrai-

phiai in Boiotien dokumentiert ist:

40

35

  Corinth VIII3 , N r.

 5 Kent); das

 Monum ent Corinth I 3,142-143 Scranton).

HOSKINS 1996, 210 f.

36

  Grundsätzlich methodisch

  CAKCIK

  1985/86.

3 7

  LANCI 1997.

38

  U.

 BÖRSE:

 va6q. EWNT 2 1981), 1122-1126 mit weiteren Parallelen.

39

 TAEGER

  1957/1960, 2, 303-320.

  JONES

  1980, 1029-1032. Zur Reise des Nero

nach Griechenland s.

 HALFMANN

  1986, 173-177.

40

ILS 8794 = SIG

3

 814 = Smallwood Doc 64. M.

  HOIXEAUX

  1888 ; 1889.

 DEISS-

MANN

  1908)

  1923, 301 mit Anm. 8. O UV ER 1971 GAIXIVAN 1973. PRICE 1984, 82 f.

GRIFFEN

 1984, 208-220.

  BERGMANN,

  1998, Text und Übersetzung 140-144; dazu

gehörige M ünzen für

 Nero liberator

 202-206.

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Herrscherkult und Christuskult

Α υτοκρά τω ρ Κ αίσ αρ λέγει: «Τ ής εις με εύνοι

α ς τε κα ι ευσ έβειας άμ είψ ασ θα ι θέλω ν τη ν εύγε-

νεσ τά την Ε λλ ά δα κελεύω πλείσ τους κα θ' δ[σ]ο[ν]

ενδέχεται έκ ταύτης τής έπαρχείας παρΐναι

ις Κ όρινθον τη πρ ο τεσ σ άρ ω ν καλα νδώ ν Δ ε

κεμβρίω ν»,

Σ υνελθόντω ν τω ν δχλω ν εν εκκλη σ ία προσ εφ ώ -

νησεν τα υπογεγραμμένα·

«Ά προσ δόκη τον ύμ εϊν, άνδρες Έ λλη νες, δω ρεάν,

10 ει κα ι μηδέν πα ρά τής έμής μεγοΛ οφ ροσύνης

άνέλπιστον, χαρ ίζομ αι, τοσ αύτην δσ ην όύκ έχω ρή -

σ ατε αίτείσ θα ι. Π άντες οί την Ά χα ία ν και τήν £ω ς

νύν Π ελοπόννησον κατοικούντες Έ λλη νες

λάβετ' έλευθερίαν άνισ φ ορίαν η ν ούδ' εν ,τοίς εύτυ-

χεστάτοις υμώ ν πάντες χρόνοις εσχετε·

ή γαρ άλλοτρίοις ή άλλήλοις έδουλεύσατε.

Ε ίθε μεν ούν ά κμ αζούσ ης τής Ε λλάδος πα ρειχό-

μην ταύτην τήν δω ρεάν, ϊνα μου πλείονες άπ ολ-

αύω σ ι τής χάριτος* διό κ αι μέμφ ομ αι τον α ιώ να

20 πρ οδαπα νήσ αντά μ ου το μέγεθος τής χάριτος.

Κ αι νύν δε ού δι* έλεον υμ άς, ά λλ α δι εΰνοιαν ευερ

γετώ , αμ είβο μαι δε τους θεούς υμ ώ ν, ώ ν και δια

γης και διά θα λά ττης αίεί μου προνοουμένω ν πε-

πείραμ αι, ότι μοι τηλικα ύτα εύεργετεϊν παρέσχον.

Π όλεις μεν γάρ κα ι άλλοι ήλευθέρω σαν ηγεμόνες,

[Ν έρω ν δε μόνος κα ]ί έπαρχείαν».

Ό άρχιερεύς τω ν Σεβαστώ ν διά β ίου και Ν έρω νος

Κ λαυδίου Κ αίσα ρος Σ εβασ τού Ε παμ εινώ νδας

Έ πα μεινώ νδου είπεν· προβεβουλευμένον έαυ-

30 τφ είναι προς τε τήν βουλήν κα ι τον δή μ ον

έπιδή ό τού π αντός κόσ μου κύρ ιος Ν έρω ν αυτο

κράτω ρ μέγιστος, δη μ αρχικής εξου σ ίας το τρις

και δέκατον αποδεδειγμένος, πατήρ πατρίδος,

νέος 'Ή λιος έπιλά μ ψ ας τοις Έ λλ ησ ιν, προειρημέ-

νος εύεργετεϊν τήν Ε λλά δα , αμειβόμ ενος δε

κα ι ευσεβώ ν τους θεούς ημ ώ ν πα ρισ τανομένους

α ύτφ πά ντοτε έπι πρό νοια κα ι σ ω τήριο; τή

ν

  άπο

παντός τού αιώ νος αύθιγενή κα ι αυτόχθονα έλευ

θερίαν πρότερον άφ αιρεθεΐσαν τώ ν Ε λλήνω ν έίς

40 κα ι μόνος τώ ν α π ' αιώ νος αυτοκράτω ρ μέγιστος

φ ιλέλλην γενόμενος [Ν έρω ν] Ζ ευς Ε λευθέριος έδω -

κεν, έχαρίσατο, άποκατέστησεν εις τήν αρχαιό

τητα της αυτονομίας και ελευθερίας προσθείς

τή μεγάλη κα ι άπροσ δοκήτω δω ρεφ κα ι άνεισφ ο-

ρίαν, η ν ουδείς τώ ν πρότερον Σ εβαστώ ν όλοτελή

έδω κεν· δι*  δή πάντα δεδογμένον είναι τοις τε άρ-

χουσ ι και συνέδροις κα ι τφ δήμ ω κα θιερώ σαι μεν κα

τά το πα ρόν τον προ ς τφ Δ ιί τφ Σ ω τήρι βω μόν, έπι-

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  96

Christoph Auffarth

γράφ οντας* Δ ιϊ Έ λευθερίφ [Ν έρω ν]ι εις αίΦ να, κοα.άτάλμ α-

50 τα εν τφ να φ τσϋ Α πόλλω νος τού Π τω ιου ουνκαθει-

δρύοντας τοχς [ή μον] 7υατρίοις θεοις [Ν έρω νος] Δ ιός

'Ε λευθερίου κοά θεάς Σ εβαστής [Μ εσσ αλίνης? ϊνα

τού τω ν οΰτο>ς τελεσθέντω ν κ αι ή ημ ετέρα πόλις

φοάνηται  ΐί σ α ν τειμ ή ν κα ι ε-ύσέβειαν έκπεπλη ρω -

κυΐα εις τον τοϋ κυρ ίου Σ εβα σ τοί [Ν έρω νος οίκον] ,

είναι δε έν αναγραφ ή τδ ψ ή φ ισ μ α π α ρ ά τε τφ Δ ύ τφ Σ ω -

τήρι έν τϋ ά γορό; έν σ τήλη κοα έν τφ Ιερφ του 'Α 7υόλλο>

νος τοΟ Π τω ΐου,

Neros

  vangelium

  für die Griechen

Edikt

 des Imperator Caesar: In dieser Absicht, dem edlen Hellas das mir erwiesene

Wohlwollen und die Pietas(?) zu erwidern, wünsche ich, daß so viele Angehörige

dieser Provinz wie möglich am 27. November nach Koiinth kommen.

Als die Menge sich versammelt hatte, hielt er [Kaiser Nero] die folgende Rede:

»Ein unerwartetes, wenn auch von meiner Großherzigkeit durchaus nicht uner-

hoffbares Geschenk, Männer von Griechenland, mache ich euch, so groß, dass ihr

es nicht zu erbitten wagtet. Ihr Griechen alle, die ihr Achaia und die bisher so

genannte Peloponnes bewolint, empfangt Freiheit und Steuerbefreiung, die ibr alle

auch in euren glücklichsten Zeiten niemals besessen habt: denn ihr war: immer

untenan, sei

  s

 gegenüber

 Fremden,

 sei es untereinander. Wie gern w ürde ich dieses

Geschenk in einer Zeit der Blüte Hellas anbieten, damit noch mehr Menschen

meine Gnade genössen Daher tadle ich auch die Zeit, die die Größe meiner Gnade

vorzeitig beeinträchtigt hat. Aber auch jetzt bin ich nicht aus Mitleid euer Wohl

täter, sondern aus Woblgesonnenheit, auch als Dank gegen eure Götter, von denen

ich zu Lande und zu Wasser stets Fürsorge erfahren habe, daß sie mir die Möglich

keit gegeben haben, in diesem Maße wohltätig zu sein. Denn andere Herrscher

haben Städten die Freiheit gegeben, allein Nero jedoch einer ganzen Provinz«.

Der lebenslange Oberpriester der Augusti und des Nero Claudius Caesar Augus

tus, Epameinondas, Sohn des Epameinondas, sprach: Er habe für den Rat und die

Volksversammlung folgende Bescblussvorlage vorbereitet:

Weil der Herr der ganzen Welt, Nero Imperator Maximus, designiert  [sie]  zur

13.

 tribunicia  potestas pater patriae der den Griechen als neue Sonne erstrahlt,

beschlossen hat, Hellas eine Wohltat zu erweisen, in Erwiderung [der Wohltaten]

und in Verehrung, unserer Götter, die ihm immer mit Fürsorge und Schutz zur Seite

gestanden haben, und die seit Ewigkeiten ureigene und autochthone Freiheit, die

zuvor den Hellenen entrissen worden war, er, der eine und einzige seit Ewigkeit,

der größte Imperator und Philhellene, Ne ro Zeus Eleutherios, gegeben, geschenkt,

nein, wiederhergestellt hat in den alten Zustand der Autonomie und Freiheit und

dem großen und unerwarteten Geschenk auch die Steuerfreiheit zugefügt hat, die

keiner der früheren Augusti vollständig gewährt hat:

Deshalb haben Magistrate, Rat und Volk beschlossen» den gegenwärtig dem Zeus

Soter geweihten Altar (um-)zuweihen durch die Inschrift: >Dem Zeus Eleutherios

Nero in Ewigkeit< und im Tempel des Apollon Ptoios zusammen mit den Bildnis

sen unserer heimischen Götter KuJxbilder des Nero Zeus Eleutherios und der Dea

Augusta [Messalina?] zu errichten, damit durch diese Einrichtung auch unsere Po-

lis dem H aus des He rrn Nero Augustus jede Ebre un d Pietas erweise.

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Herrscherkult und Christuskult

297

Dieser Beschluß soll in der Agora auf einer Stele beim Zeus Soter und im Heilig

tum des Apollon Ptoios aufgezeichnet werden.

Die Inschrift enthält folgende Elemente:

Ankündigung des Kaisers, dass er an einem besrimmten Datum den Griechen ein

Geschenk machen wolle.

Die Rede Neros auf der Versammlung in Korinth (Zeile 10-26).

Anrede.

Das angekündigte Geschenk: die Freiheit und Steuerbefreiung.

Das Geschenk ist nicht aus Mitleid, sondern a ls Gegengabe dafür anzusehen, dass

Eure griechischen Götter mit ihrer

 Providentia

 mir, Nero, die Möglichkeit ge

geben haben, die gesamte Provinz zu befreien.

Der O berpriester der Augusri und des Nero, Epameinondas f. Epameinondae stell

te darauf folgenden An trag (Zeile

 27-53):

 In Anerkenntnis der Gabe des Kaisers,

die er aus Gnade den Menschen, aus Dank den Göttern erweist, möge die Ver

sammlung beschließen, einen Altar zu errichten für Zeus, den Retter/Heiland.

Auf der Weihinschrift soll stehen: Für Zeus Eleutherios Neron auf immer. "Wei

ter sollen Bilder in den Tempel des boiotischen Zentralgottes Apollon Ptoios

gestellt werden neben die traditionellen griechischen Götter: des Zeus Eleuthe

rios Neron und der Göttin Augusta Messalina.

Die Einlösung der Ehre

 undpietas

  (53-57) in Fo rm der Aufstellung des Altars und

der Bilder soll dokumentiert werden in zwei Inschriften auf der Agora und im

Heiligtum des Apollon Ptoios.

D e r Ka iser ha tte, verm utlich bei den O lym pisch en Spielen (Juli/Aug ust)

des gleichen Jahres, die Ankündigung veröffentl icht und zur Versamm

lung eingeladen. Dass er dazu (gegen die übliche Terminiemng) eine Son-

derv eran staltung de r Isthm ien organisieren ließ, w ar als An spielung auf die

erste »Befreiung Griechenlands« durch einen Römer gedacht, nämlich die

des Titus Flam ininus 196 v. Ch r., jedenfalls erinne rn Sueton

41

  und P lu t -

arch

42

  daran. Die Rede lässt in ihren rhythmischen Klauseln das rhetori

sche Können des Kaisers aufblitzen,

43

  ist also wohl Wortlaut des zentralen

41

 Zuvor schon auf Rhodos, der Insel des Helios, auf N ero angewendet i j . 53

AnthoLPal 9. 178.

 BERGMANN,

 Strahlen 1998 hat dazu

 s S

142 im Register keinen

Beleg (außer dem für Caligula S. 127) obwohl er in der Akraiphiai-Inschrift so

genannt wird (Bergmann übersetzt »als neue Sonne«) und in einer Inschrift aus

Sagalassos in Pamphylien IGR III 345 = Smallwood Docs 146 vorkom mt. Rhodos

208-210.

42

 Sueton, Nero 24:  ecedens deinde provinciam

 universam libertate donavit si-

mulque

 iudices

  civitate Rom ana et

 pecunia

  grandi. Quae benefida e medio stadio

Istbniorum die sua ipsa voce pronuntiavit.  Dazu  KIERTORP  1992, 93.

43

 Plutarch, Tirus Flaimninus 12,13 sagt ebenfalls, dass Nero ebenso wie damals

Flarnininus in unmittelbarem Anschluss an die Isthmien die Griechen autonom und

frei gelassen habe. Nero habe das persönlich auf der Agora von der Bema/Rostra

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298

Christoph Auffarth

Passus. Von der kaiserlichen Kundgebung zu unterscheiden ist der Antrag

des griechischen Kaiserpriesters, der teils den kaiserlichen Anspruch zu

rücknimmt, in der Wirkung aber diesen noch übertrifft.

Einige Elemente seien im Blick auf den Vergleich zum Chxistuskult

aufgegriffen:

1) Die Gnade Gottes wird  indirekt  vermittelt durch den Kaiser: Das G e

schenk ist nicht zu erwarten oder gar selbstverständlich, nicht als Ge

gengabe zu einer Leistung, die die Menschen/Griechen dem Kaiser

erwiesen hätten. Eine Gegengabe  α μ ε ί β ο μ α ι , also  Reziprozität in der

Gabenökonoime, ist es gegenüber Gott, Nero sagt höflich: gegenüber

»euren« Göttern. Verlangen können es die Menschen nie. Nur emp

fangen.

2) Das Geschenk ist reine Charis.

3) Das Geschenk besteht in Entlassung aus der Sklaverei in die Freiheit

und Entbindung von der Zahlungspflicht.

4) Die Zeiten sind glücklicher als die glücklichsten Zeiten je. Sie sollen

andauernd sein  α ι ώ ν ) .

5) Sie stellen eine Rettung dar: wie in einer Schlacht wider Erwarten

durch unsichtbares Eingreifen Gottes das Schicksal sich wendet.

6) A ls der eine und der einzige übertrifft Nero alles menschlich Mögliche:

Ε ϊ ς κ α ι μ ό ν ο ς .

7) Der menschJiche Retter erweist sich als Gott: und  erhält Gottes Na

men Gleichsetzungs-Cbxistologie).

8) Die Institution einer Priesterschaft verstetigt die Verehrung des Gott

menschen.

2 3 Christen in der römischen Stadt Korinth

Etwa 16 Jahre vor diesem Ereignis hielt sich Paulus in Korinth  auf

44

  A b -

gewiesen v on der jüdischen Synagogengemeinde richtet er einen Hauskult

ein,  eine Mahlgemeinschaft mit einem »Opfer«, dessen Empfänger ein ver-

göttlichter Mensch ist. In seinen Briefen auf die Fragen der Gemeinde

zeigt sich, w ie die Praxis des Kultes Religionssemantik), die Lebensfüh

rung Religionspragmatik; jüdisch gesprochen die Halacha) noch keine

feste Form erhalten haben. Paulus macht es den Christen in Korinth mög-

herunter erklärt vor der versammelten Menge sprechend. Plutarchi Vitae parallelae

III 2).

44

  WILAMOWITZ  im Lesebuch II 2

3

1909),

  58

 f. zensiert den wohl doch nicht

kaiserlichen) Verfasser, hier dürfe nicht έ κ χ χ ρ χ ε Ο α stehen, sonst wurde die Klausel

zerstört, spater rügt er einen falschen Konjunktiv.

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Herrscherkult und Christuskuk

299

lieh, in der städtischen Gesellschaft zu leben und nicht »aus der Welt

auszuwandern« (1 Kor 6,10). Der Kontakt mit >Götzendienern< ist ebenso

unvermeidlich wie Teilnahme an Religion. Denn Polytheismus ist Teil der

städtischen Öffentlichkeit, dem man nicht ausweichen kann. Das gelingt,

indem Paulus Religion neu definiert. Große Teile des alltäglichen Poly

theismus werden als nicht zur Religion der Christen gehörig ausgegliedert.

Sie haben keine religiöse Bedeutung mehr für d ie Christen. Es gelten kaum

Regeln der Lebensführung, wenn sie nur nicht den wenigen Grundprin

zipien der Religionssystematik widersprechen.

Von Paulus haben wir die früheste Bezeugung des zentralen Rituals des

Abendmahls und der Taufe, die frühesten Glaubensbekenntnisse für den

Christuskult. Der Kaiserkult kommt dort nicht vor. Es ist zwar überzo

gen, wenn Richard Rothaus die Differenzierung zwischen Christen und

Heiden erst in der Phase der Monumentalisierung des christlichen Kultes

nach Konstantin zu einer fest definierten Grenze kommen Iässt.

45

  Denn

der »harte« Kaiserkult forderte wohl - zeitlich und lokal begrenzt - zu

solchen Abgrenzungen auf. Aber das Leben der Christen in der polythe

istisch strukturierten Stadtgesellschaft wie Korinth war (nicht durch

»Kompromisse« ) nur durch die Neudefinition dessen möglich, was für

Christen Religion sei. In diesem formativen Prozess des Christentums sind

die innovativen Elemente methodisch von zentraler Bedeutung, dort wo

der theologisch gebildete Jude Paulus die jüdische religiöse Tradition ver

lassen mus& Wo er für die Christologie in der Ebene unter den philoso

phisch abgeklärten, aber für die Religionspraxis unbrauchbaren Begriff des

obersten oder einzigen Gottes kultisch brauchbare Fonnen sucht. Dort ist

der Rückgriff auf die Denkfonnen, Sprache, kultischen Titel, rituellen

Fo nn en der praktizierten Religion, d. h. der polytheistischen »Sprache« zu

untersuchen. Dabei wird der Abschnitt über die Mächte, auch eine Aus

einandersetzung mit der Ordnungsmacht Rom, in 1 Kor 6, 1-8 bedeut

sam.

4

*

45

  MURPHY-O'CONNOR

 1996, 28 dauert April 50 bis September

 5 n Chr

Mit

Gespür auch für religionswissenschaftliche Fragestellungen die Kapitel über Ko

rinth 252-322.

46

 ROTHAUS

 2000, 93-104 Christiamzing the city.

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3

Christoph Auffarth

ottestitel  für Nero im Vergleich  zu  cbristologiscben  Titeln

Die Zahlen der letzten Spalte geben die Häufigkeit dieser Wörter im NT an, die der anderen

Spalten die Zeilen der Inschrift.

Religiöses Verhalten

Ε ύερτετεΐν

αμ είβομ αι

Χ άρ ις

Δωρεά

Μ εγαλοφροσύνη

Ε υτυχία

Α ιώ ν

Ε υσ έβεια

Ε ύνοια

Π ρόνοια

Σ ω τηρία

Ε λευθερία

Ζ ευς ελευθέριος

Κ ύριος του κόσ μου

Ν έος ή λιος

Ε ϊς κ α ι μ όνο ς

Ά ρχιερεύς Priester

Menschen

Nicht menschlich: 14

2

54 gegenüber Neros .

Familie

  οίκος)

2

16 έδουλευσατε

Nero

  Götter

21 22

24

35

22 .

35 23

11

12

19

20

nicht έλεος

43

18

44

10

40

49

36

21

7

4 7

37

Der Altar

 des

 Zeus

oter wird Nero ge-

widmet 48

25f.: Nero tut mehr,

als Herrscher können

38

43

41

49

51

31

3 4

4 8

26

39 £

27

Im NT

4x

-

147x

33x

115x

21x

2x

3x

69x ohne

σ φ ζειν

37x sowie

ösegeld

Sklaverei

häufig

7x, z.B.

Mt

 17,

 2

häufig

v a Hebr.

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Herrscherkult und Christuskult

301

3 Kult der Kaiser und Kult des Christus

3 1 Anrede

Um mit einer Gottheit kommunizieren zu können, ist es nicht nur höchst

bedeutsam, ihren Namen zu kennen, sondern auch Anrede und Titel zu

wissen und in der korrekten Form zu verwenden.

49

D avo n strikt zu unterscheiden ist die Ablehnun g der Juden, den Na m en

Gottes zu gebrauchen. Um auch nicht aus Versehen den Namen Gottes zu

missbrauchen, sprechen die Juden anstelle des Gottesnamens, auch wenn

er in heiligen Schriften notiert als Tetragramm

  JHWH

  geschrieben steht,

grundsätzlich den Titel »Herr« Adonaj. Ein besonderes Problem stellt

dabei die reiche magische Praxis dar, die insbesondere im Judentum Pa

lästinas nach dem Untergang des Zweiten Tempels zum Vorschein

kommt.

50

In der Entwicklung der Vergöttlichung des Jesus zum Christus ist der

Aufbau einer Nomenklatur ein wichtiger Schritt. Von der Anrede Rabbi

und Rabbuni oder Meister   didaskale  hebt sich ab, wenn Jesus mit Titeln

angesprochen wird, die keinem Menschen zukommen. Ob die Verwen

dung dieser Titel immer schon heißt, dass das entsprechende Wort erst

»nach Ostern gebildet« wurde, ist eine These und Methode der dialekti

schen Theologie. Hoheitstitel wären demnach von der Gemeinde dem be

reits vergöttlichten Christus nachträglich in die Ü berlieferung über* sein

Leben eingefügt worden: Die großen Titel, die Ferdinand Hahn in dem

Standardwerk bearbeitet hat,

51

  sind neben »dem Menschensohn« der Titel

des »Kyrios«, »Christos«, »Davidsohn«, »Gottessohn«. Die neueren Ar

beite n waren in der Tendenz der Th ese gew idmet, die Ge nese der Titel aus

dem Wirken Jesu oder gar aus seinem »Selbstverständnis« abzuleiten, d. h.

«ine jüdische Tradition zu rekonstruieren. Die zeitgenössischen Quellen

der Essener vom Toten Meer haben seit ihrer Entdeckung und langwieri

gen Bearbeitung die Perspektiven der Forschung weitgehend absorbiert

und das zu Recht. Neben die diachronen Perspektiven vom vorhelleni

stischen Judentum zum rabbinischen Judentum als Verständnishorizont

47

 Pronoia/

Providentia

  bes. auf alexandrinischer Münze d.J. 56/57 bis 59/60

BERGKANN

  1998, 157-164 mit einer Besprechung der These von J.-P.

  MARTIN,

Providentia 158 ff.) »Fürsorge für Ägypten«.

4 3

W EN GS T1 986 , 97f. .

49

  GLADIGOV 1202 1238.

50

 H.-J.

  BECKER:  in: P.  SCHÄFER

  Hrsg.): 2002,

 i.

 Dr.

51

  HAHN

  1963; die fünfte Auflage, im Text nahezu unverändert, enthält eine Aus

einandersetzung mit der Forschung S.443-488.

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3 2

Christoph Auffarth

einer der jüdischen Reformgruppen des 1. Jh.  IL Ζ   erschließt sich in ihnen

synch ron das zeitgenössische Judentum , oder besser eines der Judentümer,

sowohl in den Schriften der Essener wie in der Erarbeitung des Jerusale-

mef Talmuds.

Demgegenüber ist die Frage fast abhanden gekommen, wie sich die

Hoheitstitel für den Christus zu den Hoheitstiteln für den Caesar verhal

ten,  mehr noch: wie Modelle der Göttlichkeit von Menschen eine Sprache

der m ythologische n Erzählung und der bildlichen Darstellung finden, dar

unter

- die Himm elfahrt;

52

- das  sidus Iulium   und die mikro-makrokosmische Beziehung von Herr

scher und. Stern.

Ad olf Deissmann hatte für die Sprache n och d ie Breite der Titel als grund

legend angesehen, die die religiöse Sprache der Zeit zur Verfügung hat.

53

Er nannte:

-

  Θ ε ό ς ,

- θ ε ο Ό υ ι ό ς ,

- κ ύ ρ ι ο ς ,

54

- β α σ ι λ ε ύ ς ,

5 5

  ε ξ ο υ σ ί α , κ ρ ά τ ο ς , δ ύ ν α μ ι ς , δ ό ξ α

- σ ω τ ή ρ τ ο Ό κ ό σ μ ο υ ) ,

5 6

- ά ρ χ ι ε ρ ε ύ ς ,

5 7

- ε ύ α γ ^ έ λ ι ο ν ,

58

- π α ρ ο υ σ ί α ; ε π ι φ ά ν ε ι α

5 9

Dabei hat doch Martin Hengel zeigen   können, wie massiv das Judentum

auch in Palästina bereits hellenistisch durchtränkt war. Die Ausgrabungen

52

  BOHNET 2002.

53

  DEISSMANN 1923: Christus und die Caesaren: die Parallelität der technischen

Sprache des Christus- und des Cäsarenkultes, 287-324. Etwa gleichzeitig die

grundlegende Arbeit des Latinisten   EDUARD NORDEN 1913.

54

  DEISSMANN 1923,298-310 m it wichtigen Beobachtungen, dass

 im

 Westen zwar

erst mit dem »Dominat« dieser Titel für die Kaiser zur Standardanrede wird, im

Osten aber schon viel früher vorhanden ist, bes. für Nero in Ägypten.

55

  DEISSMANN 1923, 310-311.

56

  DEISSMANN 1923,311-312.

 Johannes Ev

 4,42;

 

Joh 4 ,14.

 Zum

 Fest

 der  oteria

in Delphi als Initialzündung für eine Rettung und Epiphanie und ihre Rezeption in

Augusteischer Klassik, s.

 AUEFAKTH

  1990; die Aufnahme in den hellenistischen

Herrscherkult dokumentiert die Inschrift aus Chios ABSA 77 1982), 79-82;

S. PRICE 1984, 41.

57

  DEISSMANN 1923, 312.

5S

 DEISSMANN

 1923, 313;

 3 6

 f. mit der Kalender-Inschrift aus Priene 9 n.Chr.)

OGIS 458.

59

  DEISSMANN  1923, 314-321.

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Herrscherkult und Christuskult

3 3

in Israel haben das Mal tun Mal bestärkt. Die Monographie von Belayche

üb er Judaea n ach den Aufständen lässt deutlich we rden , dass sich die E po

che des jüdisch en Krieges un d des Bar Kochba-A ufStands exzeptionell

heraushebt. Für den »Sohn Gottes« ist deutlich geworden, wie das he

bräische Wort »Sohn« noch Berufung und Beruf bezeichnen kann und

dieses nicht naturalistische Modell in den ältesten Evangelien in der Taufe

auch dargestell t ist , während sich die mythologische Metapher der über

natürlichen Zeugung bei Lukas an dessen Stelle drängt. Sowohl in der

Geburtsgeschichte des Augustus, diejenige Alexanders des Großen imitie

rend, wie in der Jesu ist das deutlich, beide sind nachträglich angefügt.

60

Kultisch bedeutsam aber ist, dass der Gottestitel auf den Kaiser wie auf

den Christus übertragen wird. In der hellenistischen Anthropomorphie

nicht so aufregend wie in der jüdischen Tabuisierung des Gottes-Namens.

Hen gel denk t sich eine geradlinige En tsteh un g aus Psalm 11 0,1 und Pro v.

8, 22), ohne dass Mysterienreligionen eine Bedeutung gehabt hätten. Der

blo ße Titel Ktipioq absolut, nich t m it Genetiv) für G o tt sei eigentlich

nicht griechisch,

61

  eher entspreche er dem syrischen  baai

62

  Aber doch: In

den frühen Belegen für die griechische Übersetzung der Thora findet sich

als   ketiv  für den Gottesnam en noch das Tetragramm  J H W H .

6 3

  Tertullian

will  dominus  lieber auf den religiösen Bereich des Gottestitels beschrän

ken, gibt diese Ehre aber dennoch den Kaisern:   Augustus imperii forma-

tor ne dominum quidem did se volebat. E t hoc enim dei est cognomen.

dicam plane imperatoren dom inum sed more comm unis sed quando non

cogor ut dominum dei vice

  dicamf

D e r Beleg aus Ph ilo zeigt obe n 1.3

§ 5), wie umstrit ten dieser Titel war, wenigstens in Rom.

6 0

  HE NG EL 1975. AUFFAKTH 1998.

61

 Die Untersuchung müsste noch feiner vorgehen. W. BUKKERT

 1996.

 Die Belege

für etwa Asklepios sind nicht unbedeutend.

62

  HENGEL 1975, 120-130; zu den Mysterienreligionen die Beleg-Sammlung von

FOERSTER, ThWNT 3, 1038-1056. Dort 1054 »Es gibt keine Stelle, wo ein auf

den Kaiser angewandtes Kupto«; für sich allein den Kaiser als Gott bezeichnet

Wenn der Kaiser nicht als Gotc KÜptog ist, so kann er als KÖpiot; Gott sein... [es

folgen Belege]«;

63

 So J. A.

 FITZMEYER,

  EW KT 2 1981), 815 die Belege für Küpio«; als G ott, 816

die LXX hat Kupioq erst in christlichen Handschriften des 4. und

  5.

 Jh.s; Kupio«;

auf

 Jesus,

 den nachösterlichen

 Jesus,

 übertragen 817.

64

 Apologeäcum 34, 1. C .B EC KER  übersetzt »Augustus, der Gestalter des Impe

riums,  wollte nicht einmal >Herr< genannt werden. Denn das ist ein Beiname Got

tes.

 Ich könnte allerdings den Kaiser >Herr< nennen, aber nur im allgemein üblichen

Sinne; nur wenn ich nicht gezwungen werde, ihn H err an Gottes Statt zu nennen.«

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3 4

Christoph Auffarth

3.2 Die Einzigkeit Gottes

Die Nero-Inschrift zeigt an einer Stelle eine für unsere Fragestellung ent

scheidende Aussage über die Exklusivität, die mit einer Aussage im 1 Kor

interferiert: Die Aussage von der »Einzigkeit«: Zeile 26 wird unterschie

den zwischen den vielen Herren, die schon einmal Freiheit geschenkt ha

ben und der Einzigartigkeit des Nero, der alleine in der Lage ist, eine

gan ze Provinz z u befreien. In der Antwortrede des Priesters 39 f. wir d das

verstärkt durch »Dieser Eine und er allein« (Sic;

 KOa \\6voq).

Paulus im 1 Kor hat eine ähnliche Aussage in bezug auf den Christus

getroffen: »Denn wenn auch Götter angesprochen

65

  werden, sei es im

Himmel oder auf Erden, wie es ja wirklich viele Götter und viele Herren

gibt, so ist es für uns (nur der eine Gott, der Vater, aus dem alles ist und

wir zu ihm, und der eine Herr, Jesus Christus, durch den alles ist und wir

durch ihn« (1 Kor 8, 1-6, hier 5 f.).

66

  In beiden Fällen steht die Aussage

der Einzigkeit im Bewusstsein, dass es auch andere Herren gibt, die den

An spru ch erheben könn ten, aber dank des M achtbew eises hat sich gezeigt,

dass die Macht des Herrn Je sus /N ero ihn als einzig erweist. U n d während

es in Neros Redeteil noch um eine weltliche Rivalität geht, hat der Priester

durch die Gleichsetzungschristologie das (sie;

 KOCI

 juövoq) die Identität des

Menschen Nero mit dem Gott Zeus Eleutherios aussagen können. Paulus

hatte die Aussage durch einen entsprechenden Syllogismus erreicht: Es

gibt andere Götter, aber nur einen Gott für uns; es gibt andere Herren,

aber für uns nur den einen Herrn, der als Sohn die göttliche Autorität

repräsentiert. Das  kyrios  ist der

  Begriff

der menschliche Herrscher und

göttliche Macht in einem Wort aussagen kann.

Die religionsgeschichtliche Untersuchung der »Tradition« dieser Aus

sage erschrickt über die Aussage des Paulus. Denn man erwartet von Pau

lus und der frühchristlichen Mission anderes: die Aussage des Monothe

ismus. Es gibt nur den einen, lebendigen Gott. Paulus verwendet aber

nicht einfach die Nichtigkeitsaussage zum Polytheismus, der die Exklu

sivitätsaussagen zum sog. Monotheismus jüdischer Gottesprädikte aus

zeichnet.

67

  Wie Paulus in der Frage des Genusses von Fleisch die Existenz

65

 Gewöhnlich wird teryou^vot9eoi übersetzt »sogenannte Götter«. Aber in dem

Kontext ist das »angeblich, in Wirklichkeit aber nicht« durch den folgenden Satz

»in Wirklichkeit gibt es« unwahrscheinlich. Ich verwende also die Bedeutung bei

LSJs.v. X€ryö>ni4.

66

  SCHRÄGE

  1995, 215-251.

 WOLFF

 1996.

  KLUMBIES

  1992, 128-131; 148-153.

67

 Die notwendigen Differenzierungen bei Stob 1996 seien vorausgesetzt. Leider

gibt es keinen Nachfolger für die umfassende Untersuchung von

  PETERSON

 1926.

Die Arbeit von

  KLUMBIES

  1992 untersucht nur die zeitgenössischen jüdischen

Theologen als Vergleichsmaterial zu Paulus.

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Herrscherkult und Chiistuskult

3 5

anderer G ötter toleriert für d ie Religionspragmatik und- nur we nn aus

drücklich d ie Religionssystematik in Frage steht, den Status conf essionis

trifft, so auch in der Aussage der Einzigkeit: Für die Lebenswelt gilt der

Polytheismus als Wirklichkeit. Für die Kultgemeinde ist der Gott Ihr

Gott, allein und einzig. Im Kult der Isis ist diese »henotheistische« Zu

wendung besonders ausgeprägt.

68

Angelos Chaniotis, als großer Kenner der Epigraphik, hat auf einen Sitz

im Leben für die Formel hingewiesen.

69

 si<; xai  JLI.6VO<; komm t häufig vor,

wenn ein Sieger in einem Agon geehrt wird. Es gab viele Wettbewerber

alle mit ihrer Chance. Aber durch den Sieg ist der Gewinner einzigartig

geworden. Wenn Nero als großer Rennfahrer die Proklamation der Frei

heit bei eigens dafür organisierten Isthmien verkündet, dann ist dieser Sitz

im L eben gut nachzuvollzieheiL

70

  Wenn Paulus die Formel benutzt, gerade

im Korintherbrief, so war ihm der Sitz im Lebe n m öglicherweise auch

geläufig; er verwendet ja auch sonst Metaphern aus dem Sport.

71

  Es ist

jedenfalls keine theologisch-systematische Aussage, sondern aus der Re-

ligionspragmarik des städtischen Polytheismus zu verstehen: Übertrump

fung, nicht Exklusivität

Von Wortuntersuchungen muss der Weg zur Verwendung im Kult ge

hen.

  Dort aber der praktizierte Kult und nicht (bzw. erst dann) theolo

gische Reflexion.

Mit der Frage nach der kultischen Verehrung sind wir an dem Punkt, an

dem die sprachliche Einkleidung in griechische Sprache und Metaphorik

nicht mehr einfach als die jüdische Traditionen, fortführend begriffen we r

den kann. Christlicher Kult stellt, so spitzt das Gerd Theißen zu, »Ta

bubrüche« dar, die Ekel bei Juden erregen. Die Taufe als symbolischer

Selbstmord, das Abendmahl als symbolischer Kanibalismus lassen sich

nicht aus jüdischer Tradition erklären.

72

  Damit ist eine religionshistorisch

präzise Frage bestimmt, die über die alte, antikatholisch-protestantische

bzw. modernistische These hinausführt, der Kult oder die Sakramente,

68

  VERSNEL

 1990, 1-38.

  AUTFARTH:

  Henotheismus. HrwG 3, 1993,

 1 4

 f.

69

 Diskussionsbeitrag nach dem Vortrag: Die Formel ist im agonischen Kontext

belegt. Beispiel

 IG

 VII2172, Zeile

 24

 (1.

 Jh.

 n. Chr.) =

 CHANIOTIS

 (in diesem Band)

Text 6.

70

 Die Münzemission der Duoviri von Korinth aus der Zeit des Nero mehrfach

adventus

 und

  dlocutio

  Caesaris;  bei einem Typ ist Nero im Tempel der Victoria

dargestellt (20 A. 147). Sikyon prägt Münzen mit der, Umschrift NE[PON] KAI

ZEYE

 EAEYOEHOX:

 AMANDRY

 1988, 14-26.

71

 Bes. 1 Kor 9, 24-27, vgl.

 G. DAUTZENBERG:

  y v, EWKT s. v. 1(1980), 59-64.

Dort

 6

f. auch zum Wortfeld.

72

  THEISSEN

  2000, 171-254.

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306

Christoph Auffarth

griechisch

  mysteriaP

  insgesam t sei der grund legen de Sündenfall, in de m

sich die Kirche mit ihren Mittlern und als Mitt lerin zwischen den Gläu

bigen und seinen Gott schob/

4

  Deissmann versuchte noch zu retten mit

der Unterscheidung des Christuskultes von der Christusmystik des Pau

lus.

75

33 Proskynese

Im griechisch-römischen Selbstverständnis ist das Ritual der Unterwer-

fung/Proskyn ese ein Zeichen orientalischer Tyrannei. N u r einem ko nn ten

die Griechen die Proskynese erweisen, den Göttern.

7 6

  Noch Origenes ver

bietet eine Anbetung des Christus.

77

  Die Gebete sollten an Gott gerichtet

sein, allenfalls im N am en C hri sti. Das ist als Interp retation sform el für da s

Neue Testament auch an vielen Stellen so zu verstehen. Aber es gibt auch

eindeutige Abweichungen, wo Christus die kultische Verehrung empfängt,

die Gott allein zusteht.

78

  So bei der Him melfah rt Lk 52: N ach de m de r

auferstandene Christus in den Himmel aufgenommen worden war, heißt

es:

  »Sie beteten ihn an 7CpocKUvf[CcevT£<; ocutov und kehrten zurück nach

Jerusalem m it großer Freude.« Die Unte rsuc hu ng der Stellen, an denen das

Wort TCpooKWStv für Christus verwendet wird,

79

  ergibt zwei Gruppen,

73

  ysteria

 u -wc ip ia

  ls

 das kirchliche Wort für die »Sakramente« nach

 KXAUCK

1995,

 79f seit dem

 4.

 Jh. in dieser Bedeutung.

74

  1907 verbot die Katholische Kirche in der Bulle

 lamentabili

 solche moderni

stischen Ketzereien und jeder Kleriker musste sich ab  1. Sept. 1910 mit einem Eid

verpflichten, solche die Kirche in Frage stellenden Behauptungen nie zu predigen:

DENZINGER, Enchiridion 1990, 3401-3466  lamentabili mit den zu verdammenden

Sätzen über die Sakramente und die Kirche 3440-57 und dem Eid Sacrorum

  anti

stitum  3537-3550. Der Eid wurde erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

1967 aufgehoben. Wesentlich richteten sich die Verdammungsurteile gegen Alfred

Loisy, I/fivangile et Tfiglise, Paris 1902. Zu Hamack und Loisy, der wie andere

Modernisten Hamack als Vorbild sah, s. WETCIAUFF 2001.

75

  DEISSMANN  1923,327 »G rübelnd starrt die Cbristologie in das leere G rab; die

Christuskontemplation des Apostels Paulus blickt leuchtenden Auges in die Zu

kunft«, weiter oben »Cbristolatrie« und »Christusmystik«.

76

  VERSNEL

  1995 auf der Grundlage von

  F.

 T.

  VAN STRATEN:

  Did the Greeks

Kneel before their Gods? 1974).

77

  Origenes, Il sp i suxflq 15, 1, zit. bei

  LOHTCNK

  176 A/l .

78

 In der Apg. 10 ,25 f. des Lukas verbietet Petrus ausdrücklich, vor ihm nieder

zufallen, das gebühre Gotc allein. Oder die berühm te Szene, wo Paulus und Silas als

Götter in menschlicher Gestalt angebetet werden Apg. 14, 8-18.   LOHFINK  164

sucht nach den Stellen, w o »eine wirkliche

 Anbetung

 im latreutischen Sinri, wie sie

nur Gott zukommt« nachzuweisen sei.

79

 H O R S T 1932. H  GREEVEN ThWNT 6, 759-767; vgl. 10, 1250.

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Herrscherkult und Christuskult

3 7

die der Evangelien sprechen retrospektiv von der Anbetung Christi als er

noch auf der Erde weilte, die der Offenbarung und Paulinen proleptisch

vom endzeitlichen Gottesdienst für Christus.

80

  Lohfink kommt zu der

Auffassung, dass diese Proskyhese und die Hymnen wenn vielleicht auch

nicht direkt die Christolatrie wiedergeben, so doch dieses Ritual der (ei

niger) urchristlichen Gemeinden voraussetzen. Theologisch entschärft er:

»Die Proskynese vor dem erhöhten Christus (ist) letzten Endes keine iso

lierte Anbetung der Person Christi, sondern Anbetung des sich in Chri

stus offenbarenden Gottes. «

$1

 Nur, das gilt eben auch im Wesentlichen für

die Formen des Kaiserkultes.

3A Das Opfer

Theißen macht »das Überschreiten von Tabuschwellen in den urchristli

chen Sakramenten«

82

  an Taufe und Abendmahl fest. Sicher, es sind sym

bolische Handlungen, aber die mitgeführte Bedeutung, also die Deutungs-

gebung, muss sich in Denkbares einfügen, sonst sprengt die Reform den

bisherigen Rahmen, aus der innerjüdischen Reformbewegung wird durch

ein eigenes, neues Symbolsystem

83

  der Schritt zu einer eigenen Religion

vollzogen, die die ake Religion zur negativen Identität aufbaut.

Das Ritual der Aufnahm e unter die Christen, die christliche Taufe, ist in

zweifacher Hinsicht auffällig. Einmal sind die Traditionsfäden in die jü

dische Tradition sehr dünn. Zum andern ist die berühmte Erzählung von

der Taufe Jesu und seine Erwählung zum Gottessohn eingeleitet mit dem

Hinweis, dass die Wassertaufe christlich ersetzt würde durch eine Geist

taufe. Das geschieht aber nicht: der Aufnahmeritus erfolgt in dem Was

serritus. Und als Deutung wird das Ritual noch dazu als Selbstmord dar

gestellt. Es gibt nur eine Form der religiös legitimen Selbsttötung,

  kid

dusch ha schem?

A

  Paulus nennt die Taufe Römer 6,1 ein »Begräbenwer-

den«. Ausgerechnet von dort, wo die Unreinheit das Leben bedroht, soll

das neue Leben der Ch risten seinen An fang nehmen D ie Hinrichtung am

Kreuz und das Vermodern im Grab, schlimmere Entehrung und Kata

strophe kann es nicht geben.

 

80

  LOH HNK 1974.

81

  LOHFINK 1974, 178.

82

  THEISSEN 2000 186. .

83

  THEISSEN 2000, 173-177.

84

  AUFFARTH 2002b, 123-150 die Makkabaer. Aus der

 Zeit Jesu

 der Märtyrertod

des Rabbi Akiba, der mit dem Namen Gotces auf den Lippen

 (bzw.

 da der Name j a

nicht ausgesprochen werden darf dehnt er das ahad »ein einziger« so lange, bis er

sein Leben aushaucht): LOENHAKDT; OSTEN-SACKEN 1987, 40-65.

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3 8

Christoph Auffarth

Das Ende

 des

 Opfers ,

 des

  blutigen Opfers, müsste hier anschließen: eine

Identitätsaussage,

 die für die

  Entzauberung

  und

  Ethisierung

  der

  Religion

ein entscheidendes Datum darzustellen scheint, aber falsch

  mit dem

  C h r i

s tentum

  und mit der

  Zers törung

  des

  Jerusalemer Tempels

  70 n. Chr. in

Zusammenhang gebracht wird.

85

  Die

  Christen hätten

  die

  Spiritualisierung

gewollt ,  die Jude n hät ten  sie  gezwungenermaßen aufgenommen.  Das ist

falsch:

D e n n

  irn

 Juden tum

 war die

 Ablösung

  des

 blutigen Op fers we itgehend

schon

  vor der

 Ze rs törung

  des

  Tempels vollzogen.

  Die

  Kultzentral isat ion

in Jerusalem reduzierte

  das

  Opfe rn

  von

 Tieren

  auf die

  Wallfahrten

  und

profanisierte/entsakralisierte

  die

  Tier tötung außerhalb Jerusalems

  - mit

religiösen Regeln, aber ohne Priester.

  Der

 Synag ogen-G ottesdienst rück te

an Stelle

  der

  sakralen Tiertötung

  am

  Al tar

  die

  Lesung

  der

  T h o r a

  in die

Mitte.

 Die

 Akedab  (»Isaaks Opferung«) kann

 den

 Thora-Schrein schm ük-

ken,

86

  die

  Synagoge bleibt aber

  ein

 Versammlungsraum

  für die

  Gemeinde

kne eth

keine Heilige Stätte

 und

  ohne Altar.

87

Auch

  in der

  »griechischen«

  und

  erst recht

  der

  »römischen« Religions

praxis hatte

  das

  blutige Opfer seine Bedeutung eingebüßt.

  Die

  Frage

 der

Tempelmetzgereien führt zwar

  zu

  einer auffälligen Verbindung

  von

\\ YsXkovlmacellum

  und

  Kaiserbildnischen, besonders

  in

  Pompej i . Aber

sie sind bau lich z w ar

  irn

  gleichen Gebäude, doch gerade nicht aufeinander

bezogen.

83

 In der

  Gesetzgebung kann

 man

 erkennen,

  wie im

 U m k r e is

 des

8s

  R.

 GIRARD:,

 Les  choses cachees; dt. Das Ende der Gewalt. H .

 WENSCHKFWTTZ

1932. Das wieder bei

  THEXSSEN

 2000 ,193, der die Zerstörung des Jerusalemer Tem

pels gleichsetzt

 mit

 dem Ziel

 der

 Christen,

 den

 Kult

 zu

 überwinden. D azu zitiert

Theißen

  das

 Ebionäer-Evangelium

  frg. 6

  »Ich

  bin

 gekommen,

  das

  Opfer abzuschaffen,

  und

 wenn

  ihr

  nicht ablasst

  zu

  opfern, wird

  der

 Zorn

  von

  euch nicht

lassen.« und Theißen kommentiert: »Denn vieles spricht dafür, dass der Tod Jesu

erst

  in

 seiner Deutung

  als

 O pfertod

  das

 Ende

 der

  jahrhundertealten Opferpraxis

bewirken konnte.«

  Die

  Kontrollfrage müsste lauten:

 Hat das

 Judentum

  ein

 ver

gleichbares Äquivalent

 zu dem nun

 nicht mehr möglichen Opferkult geschaffen?

Meines Erachtens

 war das

  Judentum längst

 -

  spätestens seit

 der

 Zerstörung

 des

Ersten Tempels

 und der

 Unmöglichkeit,

  in

  Babel Opfer auszuführen

 - in der Al

ternative des »Sinai« zum »Zion« zu einer Religion geworden, die nicht auf einen

heiligen

 Ort

 angewiesen

 ist,

 sondern

 in der

  Schrift potentiell universell. Statt

 des

Altars steht

 die

 Schrift

  im

 Zentrum

86

 So in der Synagoge von Dura, aber auch sonst

 oft

 in

 Synagogen.

 Zur kultischen

Zuordnung  zum Altar  in  einer typologischen Auslegung analog zum Kreuzestod

Jesu, wie sie etwa der Fußboden der Kathedrale von Siena zum Ausdruck bringt,

 s.

F.  OHLY

  1977, 171-273, hier 217-219.

87

  AUFFAXTH

 2001,235-257. Zur Synagoge das Handbuch von

  LEVUSTE

 2000.

88

  KOCH  1999 beruhend auf der umfassenden Aufarbeitung von C.

  DE

 RUYT

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Herrscherkult und Christuskult

3 9

Kaiserkultes und der vom Kaiser praktizierten Religion das blutige Opfer

reduziert wird bis hin zum Verbot der blutigen Opfer nicht durch die

christlichen Kaiser, sondern bereits vorher Theologische Opferkritik und

Ethisierung treffen allerdings nicht die Opferpraxis; Rituale sind träge.

Die Metaphorik des Opfers dagegen blüht. Das Opfer in Form von

Wachskerzen, von Geldopfer etwa nimmt dort , wo Rituale durch neue,

andere ersetzt werden oder wo sie verboten werden, dessen Stelle ein; das

blutige Opfer wird mythisch dazu erzählt als »Bedeutung«. Das Blutopfer

der Märtyrer ist bereits in der Apokalypse mit dem himmlischen Altar

verknüpft .

89

Aber nun das Tabu: Für Juden ist der Genuss von Blut eine ekelerre

gende Vorstellung- Fleischnahmng ist nur dann koscher, wenn das ge

schlachtete Tier vollständig ausgeblutet ist, d.h das Herz muss noch so

lebendig sein, dass es das Blut herauspumpt. Insofern verschieden von

anderen antiken Schlachtformen. »Ersticktes«, wie das nicht vollständig

ausgeblutete genannt wird, dürfen Nicht-Juden essen.

90

  Das Blut darf un

ter keinen Umständen genossen werden. Wenn Jesus in den Einsetzungs

worten, wie es die Überlieferung, auf die sich Paulus in seinem 1. Brief an

•die Korinther bereits beruft,

91

  die Jün ger aufford en, den Bech er zu trink en

mit den Worten »Dies ist mein Blut, nehmet und trinket«, dann ist das der

Tabubruch. Die Vorstufen, die der Jude Jesus gesagt haben kann, sind der

Blutritus, der mit dem »Blut des Vertrages Gottes mit seinem Volk« be

siegelt.

92

  Dazu kommt als Verweis auf den eigenen Tod der  Vergleich  zwi-

1983.

 Das macellum  in Pompeji stellt demnach eher die Ausnahme dar, wenn dort

1,

  ein eigener Kultraum für den Kaiserkult eingerichtet ist, und 2. im

 m acellum

selbst geschlachtet wird.

59

  Apk 6,9 mit dem im NT'häufigen Neologismus 8\)oiacnr|piov, der an die

Stelle von ßcojiög (im NT nur einmal beim Altar des unbekannten Gottes) tritt,

dazu vgl  KLAUCK  (zuerst 1980) 1994, 239-244.

90

 Die anti-jüdische Polemik machte daraus, die Juden hätten Ausländern »Aas«

oder »verdorbenes Fleisch« angedreht,  CRÜSEMANN  1987.

91

 1

 Kor. 11,23 »Denn ich

 habe

 vom Herrn übernomm en, w as ich überliefere: >In

der Nacht, da ...<-«  THEISSEN  2000, 187: »Die Einsetzungsworte kursierten schon

im Judenchristentum. Paulus, ein Judenchrist, kenn t und tradiert sie.«

92

 Ex 24, 5 Moses lässt Stiere schlachten und sammelt das Blut in einer Schüssel.

Die Hälfte des Blutes sprengt er an den Altar, die andere Hälfte auf das Volk (das

somit zum Heiligtum Gottes wird), nachdem er die Urkunde des Bundes (in den

Kapiteln zuvor waren die Zehn Gebote von Gott persönlich aufgeschrieben dem

Mose übergeben worden) vorgelesen und das Volk darauf verpflichtet hatte. »Das

ist das Blut des Bundes, den der Herr aufgrund aller dieser Worte mit euch ge

schlossen hat.« Wichtige Einwände gegen eine Deutung nur aus dem Opfer und

speziell dem Blutritus am Hilasterion/Bundeslade, auf das Paulus Römer 3, 25

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310

Christoph Auffarth

sehen  dem  gebrochenen Brot  und dem  getöteten Körper ,  dem W ein und

dem Blut  des gewaltsamen Todes. Ab er d as Blut trinken, ist für den Juden

Jesus unden kbar Dies  st  mein Blut , übersteigt jüdische Grenzen^

3

  Fazit:

Chris ten,

  die

 nicht

 aus der

 jüdischen Tradit ion stam mten, h aben

  das

  H e r

renmahl

  im

 Sinne antiker* Op fervorstel lung um gede utet .

4 C h r i s t u s k u l t

  u nd

  Kaiserkul t

(1)

  Das

  Ziel dieses Aufsatzes kann nicht

  das

  gewalt ige T hem a

  in der dif

ferenzierten Debatte zweier Wissenschaften ausbreiten. Vielmehr soll

ten

  die

  Forschungen wieder aufeinander bezogen werden.

  Die

  C h r i -

stologie w ir d auf gebaut w enig er

  als

 W idersp ruch

  und

 Gegensatz

 zum

Kaiserkult , eher

  in der

  religiösen »Sprache« dieser re volu tionä ren

Kultform.

(2) Revolutionär soll besagen, dass

  man

  n ich t

  von

  einer »Übernahme«

oder  gar  Kont inui tät  des  hellenist ischen H errsche rkultes sprechen

kann, sondern gegen  die  traditionelle religiöse Sprache  der  al ten Eli

ten

94

 und der

 kul tischen Ko m peten z

  der

 Ku lt teilnehm er etablieren

 die

neuen Eli ten eine neue Kultsprache.

(3) Dabei

  ist

  eine Krise

  der

  traditionellen Kultsprache-

  im

  Hin tergrund:

Monothei smus

  ist

  zwar systematisch denkbar, aber kultpragmatisch

verlangt

  er

  nach Mitt lern.

  Die

 Ferne

  des

  einen Gottes,

 die im

  Hel le

n i smus

  und der

  Kaiserzeit beklagt wird,

95

  kann sich entwickeln, weil

komplementär zwischen

  den

 M enschen

  und dem

  einen Got t eine

 ge

stufte Mittlerschaft entsteht

  von

  Kul tgöt tern, H albgöt tern, Engeln

(mit Archangeloi , himmlischen Heerscharen, Dienerengeln, gefallenen

Engeln)

96

  und

  Menschen,

  die

  dank ihrer Leistung

  von

  G o t t

  mit Un

sterblichkeit ausgestattet werden.

  Die

 zunä chst erst

 mit

 der Apo theose

im Bestat tungsri tual beginnende kul t ische Verehrung wird mytholo-

anspielt  und die bei Stuhlmacher zu einer  biblischen Theologie geführt hat), bei

BERGER 1998, 66-73.

9

* Das  »ist«  in dem Satz würde  in dem  hebräischen/aramäischen Nominalsatz

auch nicht vorkommen. Luther

 in der

  berüchtigten Szene

 des

  Marburger Religi

onsgesprächs betont das »ist«, um den nu r memorativen Charakter der Zwinglianer

zu widersprechen, was ihm den Vorwurf des Kannibalen einbringt.

  KÖHLER

 1929,

106;  BRECHT 1986, 315-324.

9 4

  CANCIK  1996.

95

  FRENSCHKOWSKI  1995/97.

96

  AUFPARTH

 2002c.

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Herrscherkult und Christuskult

311

gisch in die Biographie nickprojiziert. Die kultische Verehrung des

Verstorbenen überträgt sich auf die lebenden Träger des Caesartitels, 

die zugleich als Herrscher menschlicher Kritik ausgesetzt sind, als

Caesar aber eine übermenschliche Mittlerfunktion zu erfüllen haben.

(4) Marianne Bergmann hat deutlich gemacht, dass Repräsentation im

Namen und im Bild nicht einfach als Identität mit Gott verstanden

werden

 darf.

97

(5) Die jüdische Kritik des Philo am kaiserlichen Anspruch auf göttliche

Vereitlung macht deutlich, dass auch innerhalb des Judentums der

Glaube an den einen Gott Israels Mittler und andere Götter nicht

ausgeschlossen sind. Dennoch werte ich die Vergöttlichung des Chri

stus mit Theißen als Tabubruch, auch wenn Formen und Namen mit

jüdischen Präzedenzfällen begiündet werden. Die Christologie und die

unterschiedlich gestuften Gottesprädikate und Gleichsetzungschristo-

logie gehen als kultische Realisierung über das Denkbare der Tradition

hinaus. Zwischen Mittlerschaft und Identität mit Go tt wird nicht mehr

. . getrennt. Kyrios Christos, Gott mit dem Beinamen Christus.

(6) Der entscheidende Unterschied in der Entwicklung der kultischen

Ansprüche.der Menschen im Kaiser- und im Christuskult scheint mir

in folgendem zu liegen: In der Christologie ergibt sich eine Trennung

von den menschlichen Zügen leichter, weil nicht auf den deifizierten

Kaiser ein neuer Kaiser folgt, so dass die Menschlichkeit,und Sterblich

keit dauernd in Konflikt steht zu der transpersonalen Entwicklung des

»zweiten Körpers« des Kaisers, des divinisierten Kaisers als Gott.

Demgegenüber wird aus dem Gruppenmessianismus der ersten Gene

ration der Jesusbewegung, in der die Apostel als Gruppe den messia-

nischen Anspruch weiterführen,

9S

  in der Diaspora zunehmend der

Kultgott Christus, der in den kultischen Formen den Personenkult der

Kaiser aufnimmt, dabei aber ohne die kritischen Einwände gegen einen

menschlichen Nachfolger die transzendente Natur des göttlichen Men

schen hin zum menschgewordenen Gott behaupten kann.

9 7

  BERGMANN 1998.

* THEISSEN 1987.

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Beobachtungen zur Verehrung des christlichen Kaisers

in der Spätantike

von

P E D R O B A K C E L Ö

I

Blickt man mit den Augen des Historikers auf die constantinische Dyna

stie, so fällt auf, daß am Anfang und am Ende dieser geschichtsträchtigen

Regierungszeit ,

  die-

 als Sy no ny m für d en Siegeszug des Chr isten tum s gilt ,

eine dezidierte Parteinahme für das Heidentum steht .

1

  Der Dynas t iegrün

der Constantius L hat in seinem Reichstei l pfl ichtgemäß die von Diode-

t ian begonnene Verfolgung der Christen mit getragen, und Julian, der letz

te Vert reter des Herrscherhauses , hat nach Kräften versucht , durch Hint

ansetzung des Christentums die in Bedrängnis geratenen tradit ionellen

heidnischen Kulte zu beleben. Doch so sehr die miteinander konvergie

renden Pole dieser Epoche im auffäll igen Kontrast zu ihrem Innern ste

hen, sind sie für die vorherrschende rel igionspoli t ische Atmosphäre der

constanrinischen Zeit einerseits symptomarisch. Andererseits belegen sie

einen Ausnahmezustand, der den Spannungsbogen dieser rel igiös äußerst

aufgewühlten Epoche beschreibt , die insgesamt durch eine fortschreitende

Verchrist l ichung des römischen Reiches charakterisiert ist . Constantin und

seine Nachfolger Constantin II. , Constantius IL und Constans haben sich

1

 Zur Religionspolirik der constantioischen Dynastie

 vgl. J.

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32

Pedro Barcelo

durch die bewußte Ablehnung der heidnischen Rituale zur christ l ichen

Lehre bekannt und ihre Integration in die religiös polytheistisch geprägte

Landschaft des römischen Reiches ermöglicht. Darüber hinaus haben sie

durch die gezielte Begünstigung dieses Glaubens eine Einigung des Rei

ches auf dieser Grundlage erstrebt Insbesondere die lange Regierungszeit

des Constantius IL, in der sich die Entwicklung zum Staatskirchentum

anbahnte, gibt davon Zeugnis.

2

Es ist bem erkensw ert , daß die divergierenden Parteinahm en in K ultan -

gelegenheiten innerhalb derselben Dynastie eine erstaunlich große Mei

nungsdisparität in Glaubensfragen zur.Folge hatten. Jedes Mitglied des

constantinischen Hauses verkörperte ein anderes religiöses Bekenntnis.

Während Constantius L als Ajahänger des traditionellen Heidentums an

gesehen werden kann, vertrat sein ebenfalls heidnischer Enkel Julian eine

philosophisch-theurgische Haltung, die sich deutlich von dem Soldaten

glauben seines Großvaters unterschied. Pendelte Constantin zwischen ni-

cäanischer Orthodoxie und Arianismus hin und her, so galten seine Söhne

Co nstan tin IL un d Constans als stramm ortho do x, wä hren d C on sta n

tius IL eine gemäßigte arianische Position einnahm, die im Kontrast zum

extremen Arianismus seines Mitregenten und Cousins Gallus stand. Kann

angesichts dieses großen Spektrums religiöser Optionen überhaupt von

einer die Dynastie als Ganzes charakterisierenden kultischen Haltung die

Rede sein? Die Frage läßt sich nur mit Blick auf den Aufstieg des con

stantinischen Hauses in der diocletianischen Ära beantworten,, der von

einer ungewöhnlichen religionspolitischen Dynamik erfüllt ist. Damals

erlebten K ultangelegenheiten eine bis da hin un be ka nn te Z usp itzu ng , die

zur Präzisierung des eigenen Standortes zwang und damit scharfen Kon

trastierungen Vorschub leistete.

3

  An ders ausge drückt: Zu B eginn des

4.

 Jah rhu nd erts w ird das persönliche religiöse Beken ntnis für die füh ren

den Männer des römischen Reiches zu einer Überlebensfrage.

Die Profilierungsmöglichkeiten der römischen Principes waren ohnehin

angesichts vielfacher Sachzwänge (Rücksichtnahme auf die Forderungen

des Senats, des Heeres, der Provinzen, der stadtrömischen Bevölkerung

Zu dieser Thematik vgl.

 C.

  Pietri, La politique de Constance II: Un premier

»cesaropapisme« ou rimitatio Constantini?, in: I/Eglise et TEmpire au IVe siecle

(Entretiens Fondation Hardt

  34),

 Genf 1989, 113-172;

 P .

 Barcelo, Constantius IL

und seine Zeit. D ie Anfänge des Staatskirchentums, Stutegart 2003 (im Druck).

3

  Zur religionspolitischen Lag? im römischen Reich zu Beginn des  4. Jahrhun

derts immer noch lesenswert H. Gregoire, La >conversion< de Constantin le Grand,

RUB 36,

 1930/31,

 231-272; W. Kuboff Diokletian und die Epoche der Tetrachie,

Frankfurt a. M. u. a.

 2001,

 246 ff.

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Beobachtungen zur Verehrung des christlichen Kaisers 321

etc.) eher gering. Hinzu kommt die überaus hohe Erwartungshaltung an

die Arbeitskapazität des Staatsoberhaupts, das als Patron, Schlichter, Ver

walter, Richter, Feldherr, Repräsentant , Priester u. v. m. auftreten und da

bei stets das »Richtige« tun mußte. Wollte ein Kaiser die besondere Note

seiner Regierung unterstreichen, so ließ sich dafür das weite Feld der Re

ligionspolitik aktivieren. Hier war das Reservoir an Gestaltungsmöglich

keiten groß. Anpassung und Unterscheidung sind die Schlagwörter, unter

denen sich die einschlägigen Maßnahmen subsumieren lassen. Thronan

wärter konnten durch die eine Kont inui tät begründende Anknüpfung an

ihren Vorgänger ihren eigenen Herrschaftsanspruch legit imieren (Ha-

drian-Trajan) oder sich als Glied einer neu zu begründenden Tradit ion

darstel len, wie dies etwa Alexander Severus durch eine Abwendung von

der Kultpolitik seines unmittelbaren Vorgängers Elagabal tat.

4

In der Auswahl der gött l ichen Leitbilder und ihrer Instrumentalisierung

als Sp rac hro hr ihres He rrschaftsan spruch es ha tten die Kaiser weitgehend

freie Hand. Es bilden sich unverkennbare Merkmale heraus, die das eigen

ständige Profi l der Herrscher kennzeichnen.

5

  Parallel dazu verdeutlichen

Alltagsempfindungen, ablesbar etwa an der Ikonographie in der Sarko

phagkunst , wo im Gegensatz zu der Betonung des Ornaments in der

vorangegangenen Zei t nun die Akzentuierung des Individuums in seinem

Bezug zur Gött l ichkeit dominiert , daß solche Haltungen in al len Ge

sellschaftsschichten Akzeptanz fanden.

6

  Diese, einen allgemeinen Trend

anzeigenden Entwicklungen wurden durch die Handlungsweise der Re

gierenden verstärkt . Die vermehrten Gestal tungsmöglichkeiten der kaiser

l ichen Kultp.oli t ik wurzelten in den henotheist ischen bzw. monotheist i

schen Strömu ngen , die sich ab der M itte des  3.  Jahrhunderts al lmählich das

Wohlwol len der Führungsschichten erworben hat ten und s ich nun

  unauf-

haltsam ausbreiteten. In ihnen manifestierte sich ein gewandeltes religiöses

Gefühl insofern, als einige Kaiser begannen, bestimmte Kulte vehement zu

propagieren und den anderen vorzuschreiben.

7

  Aurel ians Inanspruchnah-

4

  G. H. Halsberghe, Le culte de Deus Sol Invictus a Rome au 3e siecle apres

J. C, in: ANRW II 17,4, Berlin/New York 1984, 2193.

5

 Zu Com modus als Hercules, bzw. zu Elagabal als Sonnengott von Emessa vgl.

P.

 Barcelo, Die Macht des Kaisers - Die Macht Go ttes: Alleinherrschaft und M o

notheismus in der römischen K aiserzeit, in: P. Barcelo (H g.), Contra quis ferat

arma deos? Vier Augsburger Vorträge zur Religionsgeschichte der römischen Kai

serzeit, München 1990, 87-89.

6

 K. Fittschen, Marburger W inckelmannsprogramm 1983/4, 129; P. Brown, Per

son und Gruppe im Judentum und Frühchristentum, in: P. Aries, G. Duby (Hg.),

Geschichte des privaten Lebens I: Vom Römischen Imperium zum Byzantinischen

Reich, Frankfurt 1989, 245 ff.

7

 Besonders anschaulich in diesem Zusammenhang ist die fiktive Maecenas-

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3 Pedro Barcelö

me von Sol Invictus als vor al len anderen Gottheiten herausgehobenem

Garanten seiner Herrschaft bzw. die Bildung der tetrarchischen Herr

scherfamilie der Jov ier-H ercu lier, dere n M ach tanspru ch keine Infragestel

lung durch abweichende Kulte (Christentum) duldete, markieren den

Ausgangspunkt der rel igionspoli t ischen Posit ionierung der constantini-

schen Dynastie. Aurelian und Dioclet ian spielen für die Entwicklung und

Ausformung des rel igionspoli t ischen Bewußtseins Constantins eine zen

trale Rolle. Gemeint sind freilich nicht die individuellen religiösen Über

zeugungen der Betroffenen, sondern ihre Kultprogramme und ihr

Wunsch, den eigenen Machtanspruch unter das Zeichen einer dem jewei

l igen Herrscher nahestehenden Gottheit zu stel len. Es verstärken sich die

Bemühungen der Regierungszentrale, eine einheitssriftende Religion zu

etablieren. Ihre Funktion war, einerseits die stets legitimationsbedürftige

Kaiserherrschaft zu stützen, andererseits die Solidaritätsbande innerhalb

der Reichsbevölkerung zu intensivieren. Durch die Einführung eines für

die gesamte Bevölkerung des Reiches verbindlichen Gottesdienstes sollte

die bedrohte innere Einhei t des Imperiums s innfäl l ig überwunden wer

den.

3

  Der Kaiser als höchste Kultautorität des Reiches spielte dabei den

Part einer Gestal tungs- und Kontroll instanz, in seiner Person l iefen aber

auc h vielschichtige K onverg enzlinien zusam me n. Da er selbst als G o tt galt

und dementsprechend Verehi-ung genoß, bildete er gewissermaßen die

Schnit tmenge zwischen menschlicher Natur und gött l icher Wirkkraft .

9

Besondere Brisanz erlangte jede vom Kaiser geförderte Gottheit , weil sie

einen prominenten Platz im tradit ionellen Pantheon erhiel t , das heißt ein

emphatisches Bekenntnis zur amtierenden Regierung abgab. Gleichzeit ig

galt die Regel: D er gö tt l iche K aiser, der zugleich M ensch w ar, ve reh rte die

Götter und wurde gleichzeit ig als Gott verehrt . Die doppelte Natur des

Herrschers spiegelte sowohl die Reziprozität im Verhältnis von Religion

und Staat , als auch das Gleichgewicht zwischen der menschlichen Sphäre

und der tradit ionellen Götterwelt wider. Dieses System der menschlich

gött l ichen Kompatibil i tät wurde durch die auf die Ausschließlichkeit ihrer

Rede, die Cassius D io überliefert (52, 36), in welcher der Kaiser aufgefordert wird,

den Glauben seiner Untertanen zu normieren.

8

 Sehr deutlich kom mt dies bei den religionspolitischen Maßnahmen der Tetrar- -

chen zum Ausdruck, vgl. F. Kolb, L'ideologia tetrarchica e la polirica religiosa di

Diocleziano, in: G. Bonamente, A. Nestori (Hg.), I crisriani e Hmpero nel IV se-

colo.

 Collloquio sul Cristianesimo nel mondo antico, Macerata 1988,

 17

  ff.; ders.,

Herrscher Ideologie in der Spätantike, Berlin 2001, 25 ff.

9

 M. Clauss, Kaiser und Gott. Herrscherkult im römischen Reich, Stuttgart

1999,

 229

  ff.

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Beobachtungen zu r Verehrung des christlichen Kaisers 323

Gottesvors tel lung ausgerichteten Kul topt ione n neg ien. Daher, zw ang die

monotheist ische Struktur des christ l ichen Glaubens dazu, diese jahrhun

dertealten Verhaltensparameter zu überdenken.

Fragen wir nach den Veränderungen, die das Aufkommen des Christen

tums als Leitreligion der Kaiser der constantinischen Dynastie für die

Kultpraxis des römischen Reiches bewirkte, so ist zunächst festzuhalten,

daß die christ l ichen Herrscher vor der Notwendigkeit standen, die sakrale

Verortung des Kaisertums neu zu definieren. Dies ergab sich aus der Tat

sache^ daß der Kaiser in seiner Doppelrolle als Gott und Pontifex Maxi

mus stets den zentralen Platz innerhalb der »sacra publica« innehatte. Der

christ l iche Herrscher durfte hingegen keinen gött l ichen Rang beanspru

chen. Vielmehr hatte er nun darauf zu achten, wie er unter den veränder

ten Bedingungen agieren un d dabei wah rgenom men w erd en w ol l te . Ferner

mußte er zu erkennen geben, wie mit ihm umzugehen   sei Damit ist die

Frage n ach der Relevanz des Kaiserkultes im 4. Jah rhu nd ert aufgeworfen.

I I

Wegen seiner ungeheuren Machtfülle, die ihn in die Lage versetzte, Wohl

fahrt und Frieden zu st iften, Glück oder Verderben über seine Untertanen

zu bringen, erfuhr das römische Staatsoberhaupt kultische Verehrung. Seit

Caesar galten die an der Spitze des weltumspannenden Imperiums stehen

den Herrscher als Götter, da sie ähnlich wie diese, das Schicksal des Rei

ches und seiner Bewohner beeinflussen konnten

1 0

  Ein Großteil der Be

völkerung sah in der Person des Imperators eine auf Erden wandelnde

Gottheit (deus praesens), weswegen viele seiner öffentlichen Auftritte wie

die Epiphanie eines Gottes gestaltet und mit einem Pomp gefeiert wurden,

der an Gottesdienste erinnerte.

11

  Es wurden ihnen Altäre, Kul te und sa

krale Feste geweiht.

12

  Dankbare Untertanen weihten Ehreninschriften, auf

denen die Göttlichkeit des regierenden Kaisers und seiner Vorgänger ge

priesen wurde. Mitglieder aller Gesellschaftsschichten (Senatoren, Ritter,

Provinzialen, Freigelassene usw.) opferten vor ihren Bildern und erwiesen

10

 Vgl. M. Clauss, Kaiser und Gotc, 223.

11

 Den Einzug Vespasians in Rom hat Flavius Josephus, Bell. Jud. VII 71, fol

gendermaßen beschrieben.-^ 7c6A.iq

 rix;

 vs&qfjv <yt£<pava>p.&T:a>v

 KOCI

 Gujiiauotwv.

12

 Zur Feier des Kaiserkults in den Städten der Ostprovinzen

 vgl.

 P. Herz, Herr

scherverehrung und lokale Festkultur im Osten des römischen Reiches (Kai

ser/Agone) in: H Cancik/J. Rüpke (Hg.), Römische Reichsreligion und Provinzial-

religion, Tübingen 1997, 239-264.

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3 4

Pedro Barcelo

ihnen die gleiche Ehrfurcht wie den unsterblichen Göttern. Nach ihrem

Tod erfolgte die Konsekration und damit die Aufnahme in den Staatskult .

Im Vollzug des Kaiserkultes erblickte man einen untrüglichen Loyalitäts-

beweis gegenüber den maßgeblichen staatserhaltenden Insti tut ionen: Re

l igion und Kaisertum. Besonders wichtig war diese Form der öffentl ichen

Bekundung im Hinblick auf das Militär, das während des  3. Jahrhu nder t s

die zuverlässigste Stütze des zerbröckelnden Reiches bildete. Aus der Per

spektive der Führungsschichten war die Erhaltung dieser Nahbeziehung

zwischen Kaiser und Heer, die durch den Kaiserkult eine Bestätigung er

fuhr, eine unerläßliche Voraussetzung für den Bestand des Reiches.

13

  Seit

Augustus s tel l te der Kaiserkul t auch eine bewährte Form der Kommuni

kation zwischen der fernab l iegenden kaiserl ichen Machtzentrale und den

in den Provinzen des Reiches zerstreuten staatstragenden Schichten der

Gesellschaft dar. Zugleich bedeutete der Vollzug des Rituals die Anerken

nung der Kaiserherrschaft durch die Opfernden. Forderte ein Kaiser, wie

etwa Decius, seine Untertanen auf, eine   supplicatio  zu vollziehen, so tat er

dies nicht, wie eine auf die Verfolgung der Christen einseitig fixierte Optik

glauben mache n m öch te, um Dissidenten zu disziplinieren, sondern* er

handelte in der Absicht, einen erdrückenden Beweis der Solidarität seitens

der Reichsbevölkerung gegenüber der Reichsführung zu erhalten.

14

  Es

ging dabei pr imär um die Erlangung von Zust immung, weniger um die

Abgrenzung der - nennen wir sie einmal - unloyalen Bürger. Durch eine

derartig großangelegte Mobilisierung sollte Konformität mit dem Kaiser

dem onstriert w erden. D e r Appe ll w a r aus de r Sicht des Kaisers notw endig ,

um den vielfältigen Krisen (Einfall fremder Völker, wirtschaftliche Pro

bleme, Bürgerkrieg etc.) , die das römische Weltreich erschütterten, durch

einen Akt der innenpoli t ischen Geschlossenheit zu begegnen.

Eine entscheidende Voraussetzung für den Kaiserkult war die Gött l ich

keit des Princeps. Manche Herrscher vermochten auf divinisierte Ahnen

zu verweisen u nd galten folglich als Na chfahren eines Go ttes. Wer sich wie

etwa Vespasian, Septimius Severus oder die meisten Herrscher des  3. Jah r

hunderts nicht auf einen gött l ichen Vater berufen konnte, mußte die eigene

Göttl ichkeit durch herausragende Taten unter Beweis stel len. Das System

beruhte auf einer Kombination von Leistungsfaktoren sowie auf der Fil ia-

13

  G.Alföldy, Die Krise des römischen Reiches und die Religion Roms, in:

W. Eck (Hg.)> Religion und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit, Kolloquium

zu Ehren von

 F.

 Vittinghoff, Köln/Wien 1989, 53-102.

14

 R. Selinger, Die Religionspolitik des Kaisers Decius. Anatomie einer Christen

verfolgung, Frankfurt a. M./Berlin 1994; G. Gottlieb, Christentum und Kirche in

den ersten drei Jahrhunderten, Heidelberg 1991,

 102

 ff.

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Beobachtungen zur Verehrung des christlichen Kaisers 325

tion und auf der Identifikation der Betroffenen mit einer anerkannten

Gottheit des römischen Pantheons. Daraus result ierte eine dynamische

Wechselbeziehung; Der Kaiser als Gott akzeptierte, förderte und verehrte

die anderen Götter, die wiederum die Göttlichkeit des Kaisers nicht in

Abrede stel l ten (pax deorum). Bekannte sich aber ein Kaiser zum Chri

stentum, so konnte er schlecht den eigenen Vater dem christlichen Gott als

gleichberechtigte Gottheit zur Seite stellen. Dies verbot die monotheisti

sche Ausrichtung der christ l ichen Lehre mit der Unteilbarkeit ihrer Got

tesvorstel lung, welche die Menschen in einer in dieser Hinsicht unüber

brückbaren Distanz zum christ l ichen Gott sah. Allerdings wird die bald

einsetzende Trinitätsdiskussion das Problem zusätzlich verschärfen. Mit

der ihnen eigenen Behutsamkeit , die aus der Skepsis der Umwelt gegen

über ihrer Glaubensbotschaft result ierte, verbanden die Christen die Ab

lehnung der Gottheit des Kaisers stets mit der bedingungslosen Anerken

nung seiner Herrschaft . Ihre führenden Köpfe wurden nicht müde, eine

Ergebenheitsbezeugung nach der anderen an die Adresse des römischen

Kaisers zu richten, w ie dies der im

 2.

 Jahrhu nde rt wirken de ant iochenische

Bischof Theophilos tat:

Also will ich lieber den Kaiser (als die Götter) ehren, nicht indem ich ihn anbete,

sondern indem ich für ihn bete. Den wirklichen und wahren Gott bete ich an,

wohl wissend, daß der Kaiser von ihm bestellt ist. Du fragst m ich nun: Waium

betest Du nicht den Kaiser an? - Weil er nicht geschaffen wurde, um angebetet

zu werden, sondern um mit der ihm rechtmäßig zustehenden Ehre verehrt zu

werden. Denn er ist nicht Gott, sondern ein Mensch, der von Gott eingesetzt

wurde, nicht um angebetet zu werden, sondern um ein gerechter Herrscher zu

sein.

15

Die ersten christlichen Kaiser standen vor einer ambivalenten Situation.

Sie durften keineswegs außer Acht lassen, daß ihr kaiserliches Amt mit der

Pflege des ' t raditionellen K ultes untren nba r verw oben w ar. Als Pontifex

Maximus oblag ihnen die Fürsorge für die romische Religion.

16

  Darun te r

zählte für den G roß teil des 4. Jah rhu nde rts s ow oh l die heidn ische als auc h

die christ l iche Kultausübung. Da das Christentum mitt lerweile den Status

einer  religio licita  genoß, standen seine Gottesdienste ebenso wie die heid-

15

 PG VI 1040-1041. Weitere Belege bei J. Lehnen, Zwischen A bkehr und H in

wendung. Äußerungen christlicher Autoren des 2. und  3.  Jahrhunderts zu Staat

und H errscher, in: R. v. Haehling (Hg.), Rom und das himmlische Jerusalem. Die

frühen Christen zwischen Anpassung und Ablehnung, Darmstadt 2000, 15 ff.

16

 Vgl. Dazu R. Stepper, Augustus et sacerdos. Untersuchungen zu m römischen

Kaiser als Priester, Potsdamer Altertumswissenschafcliche Beiträge 6, Stuttgart

2003 (im Druck).

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326

Pedro Barcelo

nischen Bräuche unter dem Schutz des römischen Staates. Daraus erklärt

sich die Handlungsweise der christlichen Herrscher, die als pflichtbewußte

Supervisoren der heidnischen Kulte agierten, daneben als Förderer und

Protektoren der Christen auftraten. Offenbar erregte ein solches Verhalten

keinen Widerspruch bei den Zeitgenossen, selbst dann nicht, als bestimmte

Kaiser (Co nstan tius IL, Gratian , The odosius) ihre christ lichen Präferenzen

immer deutl icher betonten. Die Kraft der Tradit ion, die Neuheit der Si

tuation sowie die Evidenz einer heidnisch gesinnten Bevölkerungsmehr

heit l ießen keine dramatischen Änderungen der eingespielten Kultprakti

ken erwarten. Wie ihre Vorgänger wurden auch die christlichen Kaiser als

Götter angesehen, denen gemäß der tradit ionell bewährten Formen ge

huldigt wurde. Dagegen werden die Christen, die ihnen ihre neu gewon

nene Freiheit verdankten, schwerlich etwas einzuwenden gehabt haben.

Mit der von Galerius in Serdica (311) erwirkten und von Licinius in Ni-

komedia (313) bestät igten Tolerierung ihrer Religionsausübung waren die

Christen ohnehin von der Verpfl ichtung zum Kaiserkult , da wo sie noch

bestand, grundsätzl ich befrei t . Für diejenigen tradit ionsbewußten Unter

tanen, die an den überlieferten Ritualen festhielten, änderte sich zunächst

nichts. Dies bestätigen eine Reihe von epigraphischen Zeugnissen, aus de

nen die Gött l ichkeit von Constantin,

1 7

 Valentinian

18

 un d Theodos ius

1 9

  her

vorgeht, sowie zahlreiche Passagen aus den offiziellen Reden des Themi-

stios,

  in denen die gött l ichen Kaiser Constantius IL, Valens und Theodo

sius überschwenglich gefeiert werden.

2 0

17

  CIL VI 1151=31248=D 707; CIL VIII 7974: NÜMINI | CONSTANTINI

SAN | CTISSIMI

  •

  ET

 |

 INVICTISSIM

18

 AE 1987, 435; CIL V III 10489=11024=D 779: DIVINA STIRPE | PR O -

GE NIT O | D N VALEN TINIA | N O - AU G | FORTISSIMO | PRINC IPI F/1

VIVIVS BENE | DICTVS ». p  | PRESES • P • T -NV | M INI MAIESTA | T IQ •

EIIVS SEM | PER DEVOTVS

19

  CIL VI 1730= D 1277: FLAVIO STILICHONI INLVSTRISSIMO VIRO |

MAGISTRO EQVITVM PEDITVMQVE | CO M ITI DOMESTICORVM

TRIBV NO PRA ETO RIAN O | ET AB INEV NTE AETATE PER GRADVS

CLARIS | SIMAE MILITIAE AD CO LVM EN GLORIAE |  SEMPITERNAE ET

REGIAE ADFINITATIS EVECTO | PROGENERO DIVI THEODOSI CO

MITI DIVI | TH EO D OS I AVGVSTI I N OMNIBVS BELLIS | AD QV E V IC

TORIIS ET AB EO IN ADFINITATEM | REGIAM COOPTATO ITEMQVE

SOCE RO D N | H O N O RI AVGVSTI AFRICA CONSILIIS EIVS | ET P RO -

VISION E LIBERATA | EX SC; vgl. dazu J. Ernesti, Princeps christianus und

Kaiser aller Römer. Theodosius der Große im Lichte zeitgenössischer Quellen,

Paderborn u. a. 1998, 89 ff.

20

 M . Clauss, Kaiser und Gott, 210-212.

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Beobachtungen zu r Verehrung des christlichen Kaisers 327

Angesichts der prekären religionspolitischen Verhältnisse, die aus der

zunehmenden Verchrist l ichung des römischen Reiches result ierten, ergab

sich das Problem, wie sich der immer mehr als Christ fühlende Herrscher

verhalten sollte, um einerseits sein christliches Gewissen zu beruhigen

bzw. die Gefühle seiner christ l ichen Untertanen nicht zu verletzen und

andererseits nicht in einen unüberbrückbaren Widerspruch zur heidni

schen Bevölkerung zu geraten. Überl ieß man der Bevölkerung die Init ia

tive oder erließ der Kaiser neue Verfügungen, um den kultisch-zeremo

niellen Umgang mit ihm zu regeln? Für die Klärung der Frage, ob der

christ l ich gewordene Herrscher auf die Anbetung der eigenen Gött l ichkeit

verzichtet hat, bietet sich die Biographie Constantins geradezu an, weil

nirge ndw o heidnische un d' christ liche Ansch auunge n so unm ittelbar

  auf-

einander treffen wie hier. Strittig bleibt allerdings, ab wann Constantin als

christ l icher Herrscher in dem uns hier interessierenden Sinne angespro

chen werden kann. Ganz bestimmt war dies nicht im Jahr 312 oder un

mittelbar danach der Fall .

21

  Folgt man den Berichten der christlichen

Schriftsteller (Eusebios von Caesarea), so erhält man zwar den Eindruck,

die christliche Gesinnung Constantins habe stets seine Rolle als Imperator

maßgeblich geprägt, doch gibt es Gegenbeispiele, die eine allzu christen-

lastige Haltung des Kaisers relativieren. So etwa, als Constantin auf die

Anfrage der Stadt Hispellum, ihm und seiner Familie einen Tempel mit

dazu gehörigem Kult zu weihen, positiv reagierte:

Daß in ihrer (der Stadt) M itte auch ein Tempel für das Flavische, das heißt unser

Geschlecht, wie ihr es wünscht, von großartiger Wirkung errichtet wird, das

gestatten wir. Dabei wird zur Auflage gemacht, daß der Tempel, der unserem

Namen geweiht ist, nicht durch betrügerische Verbrechen irgendeines Aberglau

bens übel befleckt wird.

Die Tempeldedikation war die Gegenleistung der umbrischen Stadt Hi

spellum dafür, da ß C on stan tin sie im Zug e einer Verwaltungsreform zu r

Provinzhauptstadt erhoben hatte. Daß die im letzten Absatz des Textes

angesprochene Vermeidung von Aberglauben (superst i t io) mit einem Ver-

21

 P. Barcelö, Constantins Visionen zwischen Apollo und Christus, in: Huma

nitas - Beiträge zur antiken Kulturgeschichte, Festschrift für Günther Gotdieb

zum 65. Geburtstag, P, Barcelö/V. Rosenberger (Hg.), München

  2001,

 .5

 8

  f.; vgl.

auch T. G. Elliot, The Christianity of Constantine the Great, Scranton 1996, 61 ff.

22

 CIL XI 5265= D 705: [...] IN CVIVS GREMIO | AEDEM QVOQVE FLA-

VIAE HOC EST NOSTRAE GEN | TIS  VT DESIDERATIS MAGNIHCO

OPERE PERFICI | VOLVMVS EA OBSERVATIONE PERSCRIPTA NE

AE|DIS NOSTRO NOMINI DEDICATA CVIVSQVAM CON|TAGIOSE

SUPERSTITIONIS FRAVD1BUS POLLUATUR.

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3 8

Pedro Barcelö

bot jeglicher Opferpraktiken gleichzusetzen sei, ist unwahrscheinlich.

Schauen wir auf die zwischen 306 und 323 vor Constantin gehaltenen

Lobreden, die ein zuverlässiges politisches Barometer für die vorherr

schende Stimmung bilden, so zeigt sich auch hier keine substanziel le Än

derung in der Wah rnehm ung des Kaisers du rch seine Hofgesellschaft. Fü r

die Heiden blieb Constantin ein Gott , für die Christen eine verehrungs

würdige Persönlichkeit , die sich der besonderen Gnade des christ l ichen

Go ttes erfreute. In den ersten zwa nzig Jah ren seiner Regierung gibt es eine

beeindruckende Reihe von Stimmen, die ihn als Gott preisen (Inschriften,

Bilder, M ünz en etc.). U n te r diese Stimmen - in unterschiedlichen Br e

chungen und Zusammenhängen - s ind vornehmlich die der heidnischen

Panegyriker zu zählen.

23

  Außerdem vernehmen wi r den Wunsch der Pro

vinz Af rica, nach Ein rich tun g eine r Priesterschaft sam t Kult für das H a u s

Constantins, wie der zeitgenössische Historiker Aurelius Victor vermerkt:

Ferner wurde in Afrika für das Flavische Geschlecht ein Priesteram t eingerichtet

und der Stadt Cirta, die infolge der Belagerung durch Alexander verwüstet war,

nach ihrer Wiederherstellung und Ausschmückung der Name Constantina ge

geben.

24

Ebenfalls von Bedeutung für seine Wahrnehmung als Gottkaiser ist die

Errichtung einer Kolossalstatue in Rom sowie die auf der Spitze einer

Porphyrsäule angebrachte Statue des Stadtgründers von Constanrinopel,

die im Zen trum der neuen Residenz s tand und m it der Cons tant in als G ot t

gefeiert wurde.

2 5

  Allerdings wird ab der Mitte der zwanziger Jahre der

diesbezügliche Befund deutlich spärlicher. Die Einweihungsrituale von

Constantinopel und die al lerdings erst nach seinem Tod erfolgte Konse

kration sind die auffälligsten Stationen der heidnischen Rezeption seiner

Herrscherpersönlichkeit . Aus diesen Notizen ergibt sich, daß im eindeutig

christl ich geprägten letzten D ez en niu m seiner Herrschaft , im Verhältnis .

zu den zahlreichen Bekundungen der Zeit davor, weniger tragfähige Zeug

nisse vorliegen, die ihn als G o tt darste llen. Dies ka nn k ein Zufall sein. M an

wird dahinter die kaiserl iche Regie vermuten dürfen. Die Erklärung kann

nur darin liegen, daß er sich seit 326 primär als Christ empfand und es

daher unterl ieß, vor al lem dort , wo er dies selbst bestimmen konnte, die

23

 Belege bei M. Clauss, Kaiser und Gott,

 196-201;

 zu Theodosius vgl. J. Eraesti,

Princeps cbrisrianus und Kaiser aller Römer, 335 ff.

24

 Aurel. Vict. 40, 28: Statuae

 locis

 quam

 celeberrimis qu rum plures

 ex

  uro

  out

rgente e

  sunt; tum per Africam sacerdotium decretum FUviae genti Cirtaeque

oppido quod

 ohsidzone

  Alexandri

  conciderat reposito

  exornatoque nomen Con-

st ntin inditunu

25

 M. Clauss, Konstantin der Große und seine Zeit, München 1996, 91 f.; 108 f.

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Beobachtungen zu r Verehrung des christlichen Kaisers 329

eigene Gött l ichkeit hervorzukehren.

2 6

  Auf der anderen Seite ließ er es ge

schehen, daß sowohl seine eigene als auch die Göttlichkeit seiner Vorfah

ren weiter öffentl ich und im ganzen Reich propagiert wurde. Nehmen wir

als ein Beispiel dafür den bei Sirmium dem Imperator christianissimus

C on stan tius II . gew idm eten M eilenstein aus den SOiger Jah ren des

  4.

 Jah r

hunderts :

Der Imperator Caesar Flavius Julius Constantius, der Ehrfürchtige, vom Glück

Gesegnete, Augustus, Allerhöchster Sieger, immerwährender Triumphator, des

Gottes Constantinus, des besten und allerhöchsten Princeps (Sohn), der Götter

Maximianus und Constantius Enkel, des Gottes Claudius Großenkel, Pontifex

Maximus, Oberster Germanen- und Alamannenbesieger, Oberster Adiabene-

besieger, im

  32,

  Jahr der tribtinicia potestas, dreißigmal Imperator, siebenmal

Consul, Vater des Vaterlandes, Proconsul, ließ, nach Befestigung der Straßen,

Wiederherstellung der Brücken und Rückgewinnung des Staates, Steine setzen

alle fünf Meilen quer durch

 Illyricum.

 Von Atrans am Flusse Savus 246 Meilen.

27

W ir tun gu t daran , keine allzu strikten ch ristl ich-heidnischen Trenn ung s-

l inien zu ziehen, um die Selbsteinschätzung oder die Außenwahxnehmung

des in einer noch mehrheit l ich heidnischen Umwelt regierenden christ l i

chen Kaisers zu erfassen. Die bipolare Gegebenheit der Situation verhin

derte die Ausprägung von eindeutigen Verhaltensweisen. Ein Beispiel da

für wäre die von Porphyrios vollzogene Gleichsetzung der christ l ichen

Engel mit der heidnischen Götterwelt :

Denn wenn ihr behauptet, daß Engel bei Gott stehen, leidensunfähige und un

sterbliche und in ihrer Natur unzerstörbare Wesen, die wir Götter nennen, weil

sie der Göttlichkeit nahestehen, was streitet man sich da um Namen; oder muß

man nicht hier lediglich einen Unterschied in der Benennung annehmen? Ob wir

diese Wesen nun Götter oder Engel nennen, das macht keinen Unterschied.

2

*

M an w a r als Ch ris t ein Stück wei t He ide un d um gekeh rt . Dies läßt s ich am

Vorgehen des christ l ich erzogenen Kaisers Julian, der danach zum Hei-

26

  Belege bei I. Karayannopolos, Konstantin der Große und der Kaiserkult, in:

A. Wlosok (Hg.), Römischer Kaiserkult, WdF 372, Darmstadt 1978,

 494ff.

27

 C IL III3705 : M

 •

  P

 •

 V

 |

 IMP CAES FLA IVL

 [

 CONSTANTTVS PIVS FEL

 [

AUG VICTOR MAXIMVS | TRIUMFATOR AETERNVS | DIVI CONSTAN-

TINI OPTIMI | MAXIMIQUE PRINCIPIS DIVO|RVM MAXIMIANI ET |

CONSTANTI NEPOS DIVI

 |

 CLAVDI PRO NEPO S P ON TI |FEX MAXIMVS

GERMANICVS

 |

 ALAMAN ICVS MAXIMVS

 |

 GERM MAX GOTH ICVS

 |

 MA

XIMVS ADIABIN MAX | TRIBVNICIAE POTESTATIS | XXXII IMP XXX

CONSVLI VII | P P PROCVNSVLI VHS MVNIT|IS PONTIBVS KEFECTI |

RECVPERATA KE PVBLICA

 |

 QVN ARIOS LAPIDES PER IL

 |

 LYRICVM FE-

CIT

 |

 AB ATRANIE AD FLUMEN

 |

 SAVVUM M ILIA PASSUS

 |

 CCCX LVI.

2

* Fragment 76.

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33

Pedro Barcelö

dentum konvertierte, exemplarisch aufzeigen. Viele seiner in Briefen und

Reden benannten heidnischen Posit ionen sind vom christ l ichen Gedan

kengut inspiriert.

29

Zwar entwickeln sich mit der Zeit bezüglich des zeremoniellen Um

gangs mit dem Kaiser neue Formen, die den Bedürfnissen eines immer

stärker zum Christentum tendierenden Herrschers gerecht zu werden ver

suchten, aber diese lassen niemals vergessen, wo sein früherer Platz ge

wesen war. In dem Maße wie die kultische Verehrung der kaiserlichen

Person nachläßt , wird den Symbolen der kaiserl ichen Macht verstärkt ge

huldigt (adoratio purpurae). Einen Eindruck davon vermittel t die

  Hof-

haltung des Constantius IL

30

  Von besonderem Interesse ist sein Verhalten

gegenüber d en He iden anläßlich seines Rom aufenthaltes im Jah re 357, das

vorher belastet gewesen war und in dem Verbot der Opferhandlungen im

Jahre 356 einen negativen Höhepunkt erreicht hatte.

31

  Unter dem Ein

druck der in Rom sehr lebendigen heidnischen Tradit ion revidierte der

Kaiser seine kurz davor erlassenen antiheidnischen Maßnahmen, Der Hei

de Symmachus lobte die tolerante Poli t ik Constantius ' IL, die in Kontrast

zum rigorosen Vorgehen Gratians gesetzt wird, folgendermaßen:

Dieser (Constantius IL) hat den vestaHschen Jungfrauen keines ihrer Privilegien

weggenommen, er hat den Senatoren Priesterämter zugewiesen, er hat den rö

mischen Kulten ihre Zuschüsse nicht verweigert und er ist durch alle Straßen der

Ewigen Stadt hinter den erfreuten Senatoren einhergeschritten... obwohl er

selbst einer anderen Religion anhing, hat er die unsere dem Reich erhalten.

32

29

  VgL etwa den an einen unbekannten heidnischen Priester abgesandten Brief

(Ep.

 48), der als Musterbeispiel für Julians Bestrebungen, christliches Gedankengut

in die angestrebte heidnische Reichskirche zu integrieren, gelten kann.

30

 Vgl. Am m. Marc. XV 4, 3; CT h. V III 7,4 ; vgl. auch C. Pietri, La politique de

Constance II , 150.

31

 C Th. XVI 10, 6; X VI10 , 4.

52

  Relatio III 7;

 Accipiat aeternitas  vestra alia eiusdem principis facta

>

 quae in

usum dignius  trahat Nihil ille decerpsit sacrarum virginum

 privilegtis

decrevit no-

bilibus

 sacerdotia

Romanis caerimoniis  non negavit inpensas  et per omnes vtas

aeternae urbis

  laetum

 secutus senatum

  viditplacido

 ore delubra

legitinscriptafasti-

giis deorum nomina percontatus templorum origines estj miratus est conditores

cumque

 alias religiones ipse  sequeretur

has servavit imperio.

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Beobachtungen zur Verehrung des christlichen Kaisers 331

II I

Die Genese des Kaiserkultes entsprang unterschiedlichen Wurzeln. Die

ursprünglichere bediente das Bedürfnis einzelner Städte, Landschaften

oder Bevölkerungsgruppen, dem Herrscher, der bestimmte Leistungen für

sie erbracht hatte, dafür zu danken. Durch die Stiftung von Tempeln,

Kultfeiern u. ä. hiel t man die Erinnerung an die erwiesene Wohltat wach

un d schöpfte zusätzl ich Hoffnung, in Zu ku nft we itere Gu nstbew eise z u

erhalten. Eine andere Strömung des Kaiserkultes ging von den herrschen

den Eli ten aus, die dem regierenden Kaiser Akzeptanz, Kontinuität und

Erfolg verheißen woll ten. Dies äußerte sich in der routinemäßigen Hul

digung des Staatsoberhaupts anläßlich seines Regierungsantrittes, seines

Geburtstages, seiner errungenen Siege oder sonstiger Feierlichkeiten durch

die staatstragenden Gruppen des Reiches: Senatoren, Curialen, Soldaten.

Beide Quellen des Kaiserkultes, nennen wir die eine leistungsbezogen, die

and ere inst i tutionell , spielen noch im 4. Jh. eine Rolle und kom m en w äh

rend dieser Zeit unterschiedlich zum Tragen. Während Constantin im Fal

le von Hispellum die dankbaren Bewohner Umbriens, die ihn als Gott

anbeteten, gewähren ließ, versuchte er bei den von ihm selbst veranstal

teten offiziellen Anlässen, auf die Bedürfnisse der in Glaubenssachen ge

spaltenen Gruppen einzugehen. So ließ er für seine heidnischen Soldaten

ein theistisches Gebet verfassen, das von Eusebios

3 3

  tradiert worden ist .

Möglicherweise stammt es aber von Lactanz,

34

  der über eine ähnlich lau

tende Anrufung der höchsten Gottheit durch Licinius anläßlich seines

Kampfes gegen Maximin (313) berichtet.

N ur Dich kennen wir als Go tt, Dich erkennen wir als König. Dich rufen wir als

Helfer an. Von Dir haben wir unsere Siege erhalten, durch Dich sind wir

 kräf-

tiger als die Feinde, Dir wissen wir uns zu Dank verpflichtet für die bereits

erwiesenen Wohltaten, auf Dich als den Geber zukünftiger Wohltaten hoffen

wir. Wir alle sind Bittsteller vor Dir, wir flehen Dich an: Du mögest unseren

Kaiser Constantin und seine gottgeliebten Kinder möglichst lange für uns wohl

behalten und siegreich am Leben bewahren.

Auffällig ist zunächst der Ort, wo laut kaiserlicher Anweisung das Gebet

verrichtet werden sollte »das offene Land vor den Städten«, das heißt, es

dürfte nicht im Fahnenheil igtum der Garnison, wo die Götter- und Kai

serbildnisse aufbewahrt wu rden , gesprochen w or de n sein. Offen bar w oll te

man damit den herkömmlichen Kaiserkul t umgehen. Angerufen wird eine

» Euseb. VC IV 20.

H

  De mort. per s, XLVI 6.

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33

Pedro Barcelö

anonyme höchste Gottheit , die sich durch Sieghaft igkeit auszeichnete.

Nament l ich erwähnt werden nur Constant in und seine Kinder , die s ich

der Förderung und Wirkkraft Gottes erfreuen und als Garanten des Er

folges gefeiert werden. Das Gebet, das die Nahbeziehung zwischen Gott

und Kaiser betont, steht in der Tradit ion der für Christen und Heiden

geltenden religiösen WertvorsteUungen, Ein entsprechender Beleg findet

sich bei Lactanz,

55

  in dem die Identifikation zwischen christlichem Gott

und christ l ichem Kaiser nahezu vollkommen ist :

Gott, der ewige Geist, ist in jederlei Hinsicht von perfekter und vollkommener

Kraft. Wenn dies wahr ist, so ist es zwingend, daß er ein einziger ist. Denn die

Macht oder die absolute Kraft gewährleistet die ihr eigene Festigkeit ... Wer

wollte bezweifeln, daß derjenige der allmächtigste König ist, der die Herrschaft

über den ganzen Erdkreis besitzt?

Möglicherweise ersetzte die von Constantin verordnete Anrufung der

höchsten Got thei t die herkömmliche Opferhandlung. Dennoch überwie

gen die heidnischen Anspielungen: Gott und Kaiser werden auf eine her

vorgehobene Ebene gestel l t , was den heidnischen Soldaten, die darin eine

tradit ionelle Kulthandlung erblickt haben dürften, die Akzeptierung der

Neuerung erleichterte. Entscheidend aber ist die Mehrdeutigkeit des Ge

betsinhalts. Dieser ermöglichte es auch christlichen Soldaten, die in der

Gebetsformel eingeschlossene Herrscherverehrung mitzumachen. Neben

Gebeten gehörten auch Opfer und Prpskynese zum Vollzug des Herr

scherkultes. Für die Christen hatte die Opferhandlung den Beigeschmack

der Idolatrie, während die Proskynese als unbedenklich angesehen wurde.

Möglicherweise sind die von Constantin und seinen Söhnen erlassenen

Opferbeschränkungen ein Zugeständnis an christ l iche Kreise, die keine

Schwierigkeiten sahen, den Kaiser kniefällig zu verehren,

36

  Selbst zu. der

35

 Div. Inst. I 3 , 3-5 vgl. dazu M . T. Fögen, D ie Enteignung der Wahrsager.

Studien zum kaiserlichen Wissensmonopol in der Spätantike, Frankfürt 1993, 216.

Div. Inst. II 2-5: nam si deus, qui omnia condidit et idem dominus et idem pater

est,

 unus necesse

 est, ut idem sit

 caput idemque fons rerum

  [-.]

  sie

 in

 hoc

 m nndi re

publica nisi unus fuisset moderator qui et  conditor out soluta fuisset omnis  haec

moles

 aut ne

 condi quidem omnino

 potuisset.

36

 Euseb. VC II 44.

CTh. XVI 10 4: IDEM AA : AD TAVRUM P RAEFECTUM)  P RAETORIO).

Placuit omnibus locis adque urbibus universis claudi protinus  templa et accessu ve-

tito omnibus licentiam delinquendi perditis

 abnegari.

  Volumus  etiam eunetos  saen-

fieiis

 abstinere,

 Quod si quis aliquid forte

  huiusmodi pei-petraveriL,

  gladio ultore

stematur. Facultates etiam

 perempti

 fisco decernimus vindiazri

  et

 shmiliter +adfligi+

reaores provinciarum,  si faänora vindicare neglexerint.  DAT. KAL. DEC: CON~

STANTIO IUI ET CON STANTE III AA: CONSS.;  XVI 10 6:  IDEM A ET

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Beobachtungen zu r Verehrung des christlichen Kaisers 333

Zeit , als das Bekenntnis zum Christentum nicht ganz ungefährl ich war,

bemühten sich die Christen, als beflissene Untertanen des Kaisers zu gel

ten. Die Vorstellung einer gottgewollten Kaiserherrschaft wird ein Ver

haltensaxiom der frühen Kirche. Tertullian brachte es auf die Formel:

Ein Christ ist niemandes Feind, am wenigsten des Kaisers. Da er weiß, daß

dieser von Gott eingesetzt wurde, muß er ihn notwendig lieben, fürchten, ehren

und seine Erhaltung wünschen.

37

Wenn schon der strei tbare Kirchenmann von seinen christ l ichen Mitbrü

dern eine solche Respektbezeugung gegenüber einem heidnischen Kaiser

verlangte, um wie viel mehr mußte einem christ l ichen Kaiser Verehrung

seitens seiner christlichen Untertanen zukommen? Weil der Kaiser als

Gott galt, gebührte ihm nach heidnischer Anschauung kultische Vereh

rung, womit das herrschende politische System stabilisiert wurde. Götter

kult und Kaiserkult verschmolzen zum Staatskult . Dem christ l ichen Kai

ser gebührte auch aus christlicher Sicht, wenn auch in anderer Form, Ver

ehrung, weil er die christ l iche Gemeinde zusammenführte und zum Voll

zug des richtigen Gottesdienstes anwies. Die Herstellung der Einheit des

christlichen Kultes war angesichts der in dogmatischen Fragezi tief ge

spaltenen Kirche (Donatisten, Arianer etc.) eine Leistung, die höchste An

erkennung  hervorrief.

38

  Schlichtete der christliche Kaiser innerhalb der

zerstri t tenen christ l ichen Kirche, so verdiente er dafür verehrt zu werden:

A uc h für den christl ichen Kaiser w ar die ihm zuteil gew ordene H uldig ung

eine Frage der Etikette und zugleich eine Dankbarkeitsbezeugung für er

brachte Leistungen im Bereich der Kircheneinheit. Doch daneben sollte

nicht übersehen werden, welchen Reiz die arianische Trinitätsdeutung auf

einen christ l ichen Herrscher ausüben konnte. Hatte nicht der Arianer Eu~

sebios von Caesarea den gött l ichen Logos und den Kaiser in einem Atem

zug genannt und Constantin und seine Söhne als Abbild von Gottvater,

Logos und Geist hingestel l t?

39

  Das System des Subordinatdanismus bot

sich für Identifikationen an, die gemäß der arianischen Formel eine Posi

t ionierung des Kaisers auf einer unterhalb von Gottvater befindlichen

(etwa vergleichbar mit Christus) Ebene ermöglichten. Wenn Christus we-

IVLIVANVS CAES.

  oena capitis

 subiugayi

 praecipimtts eos,

 quo*

 operam sacrificiis

dare vel

  colere

  dmulacra

 constiterit.

  DAT XI KALL

  MART.

  MED IOLANO)

CONSTANTIO  A  VIII ET IVUANO CAES. CON SS,

37

  Ad Scapulam 2, 6.

3

* H- Leppin, Von Constantin dem Großen zu Theodosius II. Das christliche

Kaisertum bei den Kirchenhistorikern Socrates, Sozomenus und Theodore:, Göt-

ringen

 1996,

 42 ff.

39

 Euseb. Laus Const. I 7.

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  4

Pedro Barcelö

sensähnlich und nicht wesensgleich mit Gottvater war, zudem irgendwann

geschaffen, also nicht vor aller Zeit vorhanden gewesen war, dann bekam

ein exzeptioneller Mensch - etwa der Kaiser - die Gelegenheit, sich ihm

anzugleichen. Constantin und vor al lem sein Nachfolger Constantius II. ,

der zum Arianismus neigte, war in einer Familie von Göttern aufgewach

sen. Großvater und Vater waren konsekriert worden. Es ist also nur fol

gerichtig, wenn sich der Kaiser jener Richtung innerhalb des Christentums

anschloß, die ihm den größtmöglichen sakralen Rang verhieß-

40

Ab den 30er Jahren des

  4.

  Jahrhunderts koexis t ier ten mehrere miteinan

der vielfach verwobene, aber dennoch vom Bewußtsein ihrer spezifischen

religiösen Eigenart erfüll ten Bevölkerungsgruppen (Heiden, orthodoxe,

donatist ische, arianische Christen, Manichäer etc.) . Die spätantike Welt

zeichnete sich durch eine bemerkenswerte Komplexität aus. Über al les

Trennende hinweg bildeten Christen und Heiden eine durch kulturelle,

soziale, politische, wirtschaftliche und menschliche Bande verbundene und

aufeinander angewiesene Gemeinschaft. Wie ähnlich christliche und heid

nische Anschauungen sein konnten, läßt sich an der Biographie des Fir-

micus Matexnus aufzeigen. Trotz seines Konfessionswechsels verzichtete

er nicht auf den Großteil seiner Grundüberzeugungen, die jenseits des

momentan ausgeübten rel igiösen Bekenntnisses fortbestanden.

41

  Auch

Synesios von Kyrene ließe sich hier einreihen.

42

Der Vielschichtigkeit der Verhältnisse vermochten eindimensionale In

i t iat iven nicht gerecht zu werden. Dies hatten die Verfolgungsedikte des

Diocletian und Galerius verdeutl icht , die auch deswegen scheiterten, weil

sie mit al lzu simplen Methoden versuchten, ein al lzu komplexes Problem

anzugehen. Der christ l ich gewordene Constantin mußte folglich mit der

Realität eines religiös geteilten Reiches umgehen. Er tat dies, indem er sich

auf al tbewährte römische Grundsätze besann: Leben und leben lassen, so

könnte die Kurzformel der pragmat ischen Staatsklughei t der Römer lau

ten, wonach die als bürgerfreundKch apostrophierten Principes stets ge

handelt hatten. Als Beispiel wäre Trajans gelassene Haltung in der Chri

stenfrage zu nennen.

4 3

  Es machte wenig Sinn, der heidnischen Bevölke-

40

  K. Groß-Albenhausen, Constantius II, in: M. G au ss (Hg.), Die römischen

Kaiser, München 1997,

 331;

 L. W. Baxnard, Athanase et les empereurs Constantin

et- Constance, in: G Kannengiesser (Hg.), Politique et theologie chez A thanase

dAlexandrie, Paris 1974,

 I40f.

41

 M.

 T. Fögen, Die Enteignung der Wahrsager, 278 ff.

42

 W .

 Hag),

 Arcadius Apis Im perator. Synesios von Kyrene und sein Beitrag zum

Herrscherideal der Spätantike, Stutegart 1997, 10-20.

43

 P . Barcelö, Reflexiones sob re el tratamiento de las minorias por pa rte del em-

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Beobachtungen zu r Verehrung des christlichen Kaisers 335

rung die eigenen christ l ichen Vorstel lungen zu verordnen. Hier agierte

Constantin äußerst behutsam, zeigte sich stets bestrebt, einen Konsens zu

erzielen. Dies galt insbesondere gegenüber den unterschiedlichen christli

chen Gruppierungen, die er mittels Kompromissen zur Einheit verpfl ich

ten woll te. Gegenüber der heidnischen Bevölkerung nahm er das Amt des

Pontifex Maximus wahr und l ieß die tradit ionellen Kulte unbehell igt .

Gleichzeit ig nahm er sich als Person so weit zurück, wie dies, ohne An

stoß zu erregen, möglich war. Doch weder er noch seine Nachfolger ver

boten den Kaiserkult. Wir besitzen ein aufschlußreiches Zeugnis aus dem

Jahr 360, das uns verdeutlicht, wie der römische Kaiser, hier ist es der noch

offiziell als Christ geltende Julian, vom alamannischen Klientelkönig Va-

domar als »deus« angesprochen wurde.

44

Eine ausdrückliche Einschränkung des Kaiserkultes wurde von Kaiser

Theodosius IL erst im Jahr 425 verfügt. Es gab aber Vorboten dazu, etwa

die im Jahr 382 von den Kaisern Gratian, Valentinian II. und Theodosius I.

an den Dux der Osrhoene Palladius erlassene Verfügung,

45

  in der festge

stel lt wird, daß die in den heidnischen Tempeln aufbew ahrten G ötterbilde r

(simulacra) auf Grund ihres künstlerischen Wertes, nicht aber nach ihrer

göt t l ichen Wirkkraft bewei tet werden sol l ten. Diesen Faden nahm Theo

dosius II. auf, der daraus folgerte:

Wenn jemals unsere Statuen und Büsten aufgestellt werden, sei es an Festtagen,

wie es Brauch ist, oder an gewöhnlichen Tagen, soll der Statthalter ohne die

gunstbeflissene Erhebung der »adoratio« dabei sein, damit der Schmuck für den

Tag oder für den Ort und für unsere Erinnerung an ihn beweist, dass die Ge

genwart sich genähert hat. Auch die bei den Spielen aufgestellten »Götterbilder«

sollen zeigen, daß unsere Gottheit (numen) und die Lobesreden nur in den

Herzen und in den geheimen Gedanken der Herbeieilenden weiterleben. Wenn

perador romano: Trajano y los cristianos, in: C. Rabassa/R. Stepper (Hg.), Erstes

europäisches Kolloquium der Forschungsgruppe Religion, Macht, Monarchie: Hei

lige Herrscher - göttliche Monarchien, Castellön 2002.

u

  Amm . Marc. XXI 3, 5:

 Iulianum autem  assidue per litteras  dominum et Au-

gustum appellabat et deum.

45

  CTh. XVI 10, 8: IDEM AAA. PALLADIO DVCI OSDROENAE.

  Aedem

olim

 frequentiae dedicatam cetui et iam

 populo

 quoque communem, in qua simu

lacra feruntur posita artis pretio quam divinitate metienda iugiter patere pub lici

consilii auctoritate decernimus

 neque

 huic rei obreptivum officere sinimus

 oraculum.

Ut conventu urbis et frequenti  coetu videatur, experientia  tua omni votorum cele-

britate

 servata auctoritate nostri

 ita

 patere

 templum perm ittat

  oraculi,

  ne

 illic pro-

hibitorum usus sacrificiorum  huius occasione  aditus permissus esse  credatur.

  DAT.

PRID. KAL. DEC. CONSTANTINOP(OLI) ANTONIO ET SYAGRIO

CONSS.

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336

Pedro Barcelö

ein Kult die Würde der Menschen überschreitet, wird er für die überirdische

Gottheit (numen) bewahrt.

4

*

Betrachtet man den Wortlaut des einschlägigen Gesetzes, das die kultische

Anbetung des römischen Kaisers problematisierte, so gibt dieser unzwei

deutig zu verstehen, daß mindestens bis zu diesem Zeitpunkt die rel igiös

aufgeladene Verehrung des Herrschers üblich war. Der kryptische Wort

laut gibt dennoch deutlich zu erkennen, daß Statuen, Büsten oder Kaiser-

portrai ts bei Festtagen öffentl ich aufgestel l t und verehrt wurden, woraus

sich folgern läßt , daß unbeschadet der Hinwendung der römischen Herr

scher zum Christentum der Kaiserkult seine große Bedeutung beibehielt .

Was sich jedoch bereits sei t Co nsta ntin , n oc h deutl icher aber unte r, seinen

christ l ich erzogenen Nachfolgern abzeichnete, war ein Rückzug von der

traditionellen Kultpraxis bei gleichzeitiger Intensivierung der Präsenz bei

christ l ichen Veranstal tungen (Gottesdienste, Bischofssynoden, Kirchen

einw eihunge n etc.). Je sich tbar er die A bw esen heit des Kaisers beim Voll

zug der heidnischen Rituale wurde, desto mehr verengte sich der Spiel

raum f

  r

  den Kaiserkult . Mit dem Verzicht auf die Bekleidung der Würde

des Pont i fex Maximus durch Grat ian und Theodosius war ein Höhepunkt

im Prozeß der Distanzierung des Kaisers von der tradit ionellen Religion

erreicht , was einer Fortsetzung des Kaiserkultes letzt l ich den Boden ent-

I V

Man könnte vermuten, daß mit der Beseit igung der Gött l ichkeit , des Im

perators die Hindernisse für den Vollzug des Kaiserkultes für die Christen

entfal len wären Doch so einfach lagen die Dinge nicht . Abgesehen davon,

daß die christ l ichen Herrscher offenbar nicht daran dachten, einen derar-

* CTlu 15,44 = CJ I 24,2r IM ?. TH EOD(OSIVS) A. ET VAL(ENTINI)ANVS

CAES.

  AETIO P(RAEFECTO) P(RAETORIO).

 Si quando nostrae statuae vel

imagines eriguntur seit

  diebtts, ut adsolet festh sive

  communibus

y

  adsit index sine

adorationis amibitiöSQ

 fastigio,

 ut orjuimentum diei vel loco  et nostrae recordationi

sui probet acessisse praesentiarru

  j

 Ludis quoque sbmtlacra proposita  tantum in ani-

mis concurrentwn mentisque secretis nostrwn numen et laudes vigere  demonstrent;

excedens

  adtura homimtm dignitatem

 svtperno

  numini

 reservetur.  DAX II I NON

MAL THEOD(OSIO) A XI ET VAL(ENTINIANO) CAES. CONSS.

47

 R. Stepper, Zum Verzicht Kaiser Gratians auf den Oberpontffikat, in: C. Rabas-

sa/R. Stepper

 (Hg.),

 Erstes europäisches Kolloquium der Forschungsgruppe Religion,

Macht, Monarchie. Heilige Herrscher - götdiche Monarchien, Castellön 2002.

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Beobachtungen zur Verehrung des christlichen Kaisers

tigen Vorstoß zu unternehmen, ist keineswegs sicher, ob dies auch wirk

lich von ihnen erwartet wurde. Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß erst

Theodosius II. im Jahre 425 mit äußerst unkonkreten Formulierungen zur

Beendigung des Kaiserkultes aufforderte, indem er die eigene Gottheit

leugnete, so muß man fragen, warum in den zurückliegenden 100 Jahren

christlichen Kaisertums nichts dergleichen geschah. Die Antwon darauf

kann nur lauten, daß dazu keine Notwendigkeit bestand.

Überblickt man die Zeugnisse, die sich mit dem Thema der Kaiservereh

rung im 4. Jahrhundert auseinandersetzen, so ergibt sich, daß mit der Re

gierungsübernahme christlich gesinnter Herrscher keine radikale Ände

rung der überlieferten Formen des Kaiserkultes einherging. Der Geburts

tag, der Regierungsantritt, die Siege, die runden Regierungsabschnitte de-

cennalia, vicennalia, tricennalia) der Herrscher wurden vom Senat, den

Curien und den zahllosen Städten des Reiches, von den Militäigarnisonen

und vo n P rivatpersonen unter Rückgriff auf die üblichen Zerem onien be

gangen. Die Anbetung der Kaiserbildnisse, der Vollzug von Opferhand

lungen vor den Göttern und der göttlichen Majestät des regierenden Herr

schers, die Darbringung von Gelübden für die Wohlfahrt des Reiches und

seines Oberhaupts waren Bestandteile eines eingespielten Rituals. Mochte

sich der fernab weilende Herrscher mehr oder weniger prononciert als

Christ empfinden, es ist unwahrscheinlich, daß die hundertfachen Zere

monien der Beteiligten darauf Rücksicht nahmen, genauer, überhaupt vor

der Notwendigkeit standen, darauf Rücksicht nehmen zu müssen. Dies

wäre nur dann der Fall gew ese n, we nn die Zentralregierung diesbezügliche

Direktiven erlassen hätte. Doch darüber schweigen unsere Quellen, wor

aus wir folgern können, daß der Kaiser seine Untertanen einfach gewähren

ließ.

 Er schritt gegen d ie kultische Verehrung seiner Person nicht ein, weil

sie nicht als unüberbrückbarer Widerspruch empfunden wurde. Er ließ es

auch geschehen, daß auf Meilensteinen und Ehreninschriften seine Gött

lichkeit und die seiner Vorfahren verkündet wurde und ebenso ließen die

christlichen Nachfolger ihre christlichen Vorgänger nach heidnischem Ri

tual konsekrieren. Dabei konnte man ins Feld führen, daß es sich um zwei

getrennte religiöse Systeme handelte, mit völlig unterschiedlichen

  egrif-

fen für das Göttliche. Heidnische Götter waren Bestandteile eines über

wundenen Geschichtsabschnitts, ihre Verehrung hatte aus christlicher

Sicht mit Pietät oder Traditionsbewußtsein, weniger mit- Re ligion im

christlichen Sinne zu tun. Die Huldigung einer Kaiserbüste etwa galt nicht

dem Gottkaiser, sondern der Majestät des Herrschers. Christliche Vor

denker wie Gregor von Nazianz

48

  oder Ambrosius von Mailand

49

  erblick-

48

  Or. IV 81.

4

* Exameron VI 57.

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  8

Pedro Barcelö

ten in der Anbetung des Kaisers eine historisch gewachsene Notwendig

keit. Sie entschärften ihre für Christen explosive Brisanz, indem sie auf die

Äußerlichkeiten des Rituals verwiesen, wom it sie die Sprengkraft der gött

lichen Natur des Kaisers herunterspielten.

Es ist eines der erstaunlichsten religionspolitischen Phänomene des

4. Jahrhunderts, wie am Beispiel des Constantius IL sichtbar wird, daß der

seiner Göttlichkeit entsagende, nun christlich gewordene römische Kaiser

zwar die Richtlinien der Glaubensausübung bestimmte, aber damit keinen

wirksamen Konsens innerhalb der Kirche zu stiften vermochte.

50

  Seine

kultische Leitungsfunktion wird zwar formal anerkannt; tatsächlich aber

durch das Verhalten der Bischöfe ausgehöhlt, womit sie dem Herrscher

zunehmend aus den Händen gleitet Unter dem Deckmantel von- theolo

gischen Streitigkeiten manifestiert sich Dissens zwischen antagonistischen

christlichen Gruppierungen, lodert ein Konflikt um brüchig gewordene

Loyalitäten. Wir erleben ein Tauziehen um die Beanspruchung der höch

sten religiösen Autorität: Stand ein häretischer Kaiser höher als ein Kle

riker, der vom Bewußtsein erfüllt war, die richtige Form der Gottesver

ehrung zu verkünden? Deutlicher als in der Vergangenheit erlebte die

römische Gesellschaft ab der Mitte des  4.

 Jahrhunderts eine tiefe Kluft

zwischen Politikgestaltung und Kultverwaltung. Wenn maßgebliche Bi

schöfe ihre Treue zu einer bestimmten dogmatischen Lehrmeinung höher

stellten als ihre Gehorsamspflicht gegenüber dem Kaiser, dann zerbrach

damit eines der wirksamsten Bande, das Politik und Religion zusammen

hielt. Mit der Verbreitung derartiger Kultgewohnheiten entwickeln sich

neue Formen religionspolitischen Handelns. Bischöfe und Kaiser wettei

fern um die Gunst des einen unteilbaren Gottes. Bestand am Anfang eine

Are Äquidistanz, so verkürzen sich die Wege zugunsten der Kirchen

repräsentanten. In früheren Zeiten waren die Herrscher hinsichtlich der

Monopolisierung der »sacra publica« so gut wie konkurrenzlos. Die An

erkennung und Durchsetzung des christlichen Gottes erforderte ein neues

Beziehungsgeflecht, aus dessen Zentrum der Kaiser immer mehr verdrängt

wurde. Heilige Männer, Bischöfe bzw. theologisch geschulte Experten tra

ten als Sprachrohr des göttlichen Willens auf und handelten als unbestrit

tene Autoritäten in Kultfragen. Damit war der Kaiser nicht mehr die

höchste und unanfechtbare Instanz, sondern eben nur eine Au torität unter

anderen. Mit dem Verlust der eigenen Göttlichkeit und der Verdrängung

50

  Vgl. Dazu R. Klein, Constantius IL und die christliche Kirche, Darmstadt

1977;

 P. Just

Imperator et episcopus - Zum Verhältnis von Staatsgewalt und christ

licher Kirche zwischen dem ersten Konzil von Nicaea 325) und dem ersten Konzil

von Konstantinopel  381), PAwB 8, Stuttgart 2003 im Druck).

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Beobachtungen zur Verehrung des christlichen Kaisers 339

des Kaisers ans dem Zentrum der Kultpoli t ik ging ihm ein beträchtl iches

Stück an poli t ischem Gestaltungspotential verloren. Schwindende Macht

verringerte die Notwendigkeit der Verehrung ihres Repräsentanten, bis

diese schließlich im Westteil des römischen Reiches irrelevant wurde. Be

kanntl ich ging Byzanz andere Wege und so konnte sich dort die Vereh

rung des Kaisers anders gestalten und vor allem länger behaupten.

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Register

Topographisches Register

Abonouteichos

  3, 13,

Achaia . 76, 210, 225, 228-2 29. 250.

296.

Acrium

  34, 85, 192-19 3, 197-1 98.

241.  244,

Adramytrion

  252,

Ägy p-ten, -tus 9-1 0, 49, 74, 85-8 6,

236,

  301-302,

Afiica  35, 3 9 ^ 0 , 42, 136, 138-139.

141,

  238, 244, 328,

Agiigent  237 -238 , 240, 245,

Agyrion

  233,

Aitne  235,

Aizanoi  20, 227.

Akrai

  233,

Akraiphia i)  10-11.  35. 38. 76. 214-

216,  222-223. 294, 297.

Alabanda  252, 255.

Alba  172, 177,

Alexandri-a,

  -en 5. 9- 10 . 31 , 74, 85,

250,  265. 290,

Caesar-Tempel  250.

Forum Iulium

  250,

Sebasteion  250, 265,

Amiternium  73,

Anagnia  177,

Ankara —> Ankyra

Ankyra

  258 -259 . 262, 264 -265 , 268.

Roma-Augustus-Tempel  25 -259,

262,  264,

Theater

  259.

Antiocheia Pisidien)  259-260,

Agora  259-260,

Bouleuterion  260,

Kaiserkulttempel  259-260.

Plateia

 des

  Augustus

  260.

Plateia d es Tiberius  260,

Antium

  177,

Apame i)a  37. 252,

Aphrodisias

  12, 104, 255 -258 , 268,

Aphrodite-Tempel  256.

Atrium-Haus  256,

Sebasteion  255-256,

Stadion

  256.

Aquitania  140,

Aritium

  34-3 7, 72,

Arles  75.

Arpinum

  98, 177.

Asia /  Asien  35 -3 7, 42, 49. 100, 104,

138,

  141, 165. 228-229, 234-235.

249,

  252, 255, 261, 265-268,

Asopos  218,

Assos  35-39.

Athen  6, 222. 226 -228 , 293.

Roma-Augustus-Tempel

  293,

Äugst  254,

Auximum  239,

Avenches  ->  Aventicum

Aventicum

  254

Babylon

  39,308,

Baetica

  245.

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342

Register

Bargylia

  10.

Bergama —> Pergamon

Beziers  105.

Bithyni-a,

 -en 19. 37-38. 141. 174.

Boiotien  76. 216-217. 294.

Byzanz  61.339.

Caesaraugusta

  241.

Caesarea

  327. 333.

Cannae  36.

Capua  177.

Camuntum

  182.

Catina

  238.240.

Centuripae  233. 242.

Chaironeia  215-216.

Chalkis  235.

Chios

  302.

Chrysopolis

  60.

Qrta  328.

Constantina  328.

Constantinopel —> Konstanrinopolis

Creta

 et

 Cyrenaica

  140.

Cyprus —> Zypern

Dakien  134.243.

Delphi

  210. 213. 223-226. 302.

Marmaria  224.

Didyma  13.

Dory-laeum,

 - aia 37. 252.

Dougga

  75

Dura Europos  50. 308.

Echinos

  214.

Elaia

  111-112.

Eleusis

  227.

Emessa

  321.

Epeiros

  236.

Ephesos

  6. 9. 19. 226. 251-255 . 265.

267-268.

Artemision

  255.

BasilikeStoa

  251-252.

Domirian-Tempel  254.

Doppelmonument

  255.

Kuretenstraße  254.

Markttempel

  253.

Obere Agora  253-254.

Epidauros

  8. 22. 222.

Eresos

  253-254. 265. 267.

Augustus-Tempel

  265.

C und L. Caesar-Tempel  253.

Eumeneia

  37. 252.

Fanum  251.

Firanlar  19.

Frusino

  177.

Galari-a,

  -en /  galatisch

  32-33.

  42.

249. 255. 258-259. 262-264. 266-268.

Galli-a, -en 35. 177. 238. 244.

Gallos Fluß)

  264.

Gangra  32-33.36-37.

Gaulus (= Gozzo)  241. 245-246.

Germania  134. 137.

Gytheion

  5. 16.

 218-221.

 229. 250.

Hadrianopolis  60.

Halaesa

  240.243-245.

Hellas

  296.

Heloros  233.

Herakleia

  am

 Latmos

  255.

* Herbessos

  233.

Herculaneum  243.

Hippo Regius

  241.

Hispania

  35. 100. 104. 134. 136. 138.

244.

Hispellum

  327. 331.

Hypata

  212-214.225.

Iasos

  12. 18. 252.

Ioulis

  21.

Isernia

  72

Israel

  86.286.303.311.

Isthmia

  223.

Itali-a,  -en 35. 69. 91. 165. 167. 17 7-

179.  182. 235. 238. 241. 243-244.

247.

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Topographisches Register

343

Iudaea

  289.303.

Jerusalem  39. 85. 285. 287-292. 302.

306. 308.

Kalindoia

  16. 18.

Karrhai  53.

Karthago

  39. 41 . 178. 293.

Kentoripe  -» Centuripae

Kierion

  212.

KiKkien

  182.

Klaros

  235.

Köln  260.

Ubieraltar

  260.

Koloe  14.

Konstanrinopolis  61 . 63. 65-66. 328.

Korinth

  105. 216. 235. 285. 293-294.

296.

 298 299. 305.

Basilica

  293.

Forum / Agora. 293.

Lechaion-Hafen

  293.

Koroneia

  215-217.222.

Korope  3.

Kos /  koisch  9.1 5. 17.

Kreta

  6.228.

Kynoskephalai  211.

Kyrene

  97. 104-107.  109-111.  116-

117. 226. 334.

Kysis

  8.

Kyzikos

  265.

Lamia  212.

Larisa

  213.

Leontinoi  233.

Leptis Lepcis) Magna  105. 241..

Lipara

  240.

Lokroi

  80.

Lucus Feroniae

  251.

Lugdu-num,

 -nensis

  101. 137. 140.

Lusitaai-a,

  -en 34-35 . 42.

Lilybaeum

  244. 246.

Lyon —» Lugdunum

Lyttos

  6.

Magnesia

 am

 Mäander

  9. 226.

Mainz  175.

Macedonia /  Makedonien  211. 235.

Mallos

  3.

Malta  241.

Megara Hyblaia

  233.

Messana

  234.

Metropolis  212-213.

Milet

  10.255.

Ära

 Augusti

  255.

Misenum  243.

Moesia

  138.

Myla-sa  252.

Mytilene

  6. 10.

Narbo  30.

Naulochos

  197.241.

Nemea  223.

Neton

  233.

Nikomedeia

  143.326.

Nikopolis

  223-224.

Kisibis

  59.

Nola  75.

Oinoanda

  8-9. 16. 18. 250.

Olymp  75.

Olympia

  102. 223.

Orange

  75 260.

Ormelai

  17.

Osrhoene

  335.

Ostia  243.254.

Otricoli

  243.

Palästina

  289. 301-302.

Palmyra *

  134.

Pamphylien  267.297.

Panhormus

  241.244.

Pannonia

  135.137-138.

Paphlagonien  13.32-33,

Parma

  105.

Pedtaelissos  20.

Peloponnes

  210. 296,

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344

Register

Pergamon 7. 10. 49. 98 .1 00 .1 03 .1 11 -

116.

  235. 252. 260-262. 264-265.

267-268.

Agorai 261.

Asklepieion 98. 103. 111-11 6. 261 .

Bouleuterion 261.

Eum enische Stadt 261.

Roma-Augustus-Temenos 252.

Theater 262.

Traianeum 260-261.

Pessinous 19. 263 -265 . 268.

Phazimon  —»  Gangra

Philadelpheia 12.

Philia 211.

Phokis 224.

Picenum 239. •

Pisidi-a, -en 249. 257. 259 . 268 .

Plataiai 227.

Pola 254.

Pompeji 251.308-309.

Po nto s / Pon tus 13. 141. 174.

Praeneste 33.

Priene 37. 252. 268. 302.

Puteoli 235.

Reate 177.

Rh odo s 228. 297.

Rom(a) V -V L VIII. 14. 30. 32. 37 -40 .

42.

  48-49. 54. 62. 65. 69-70. 72. 76.

91.

  97-99. 101. 113. 133-134. 140.

145.  157. 160. 162-164. 171-172.

174-182.

  184. 190. 193. 196. 201.

203.

  211. 214. 216-217. 229. 235-

238.  240-241. 245-247. 251. 257.

288-290. 293. 301. 303. 330.

aedes Vestae 168.

aedis Ap ollinis 197.

Ap ollo Palatinus-Tempel 190.

197-198. 202.

Ära Cereris Matris et Opis Augus-

tae 201.

Ära Fortunae Reducis 20 1.

Ära Gentis Iuliae 201.

Ära Nu m inis Au gusu 30. 200.

Ära Pacis Augu stae 30. 54. 162.

168.  195. 199-201.

Ära Providentiae 190. 195. 1 98 -

201.

Augustus-Forum 54. 58. 190. 2 0 2 -

203.

Augustus-Mausoleum 198.

campus Agrippae 200 -20 1.

Capitol 38. 99. 101. 193 -196 . 237.

Concordia-Tempel 196.

Divu s Augustus-Tempel 189. 19 5 -

196.

D ivu s lulius-Tem pel 198.

For um Romanum 99. 196. 198.

Iuppiter-Tempel 173 -17 4. 193.

Iuppiter Feretrius-Tempel 237 .

Iuppiter Tonans-Tem pel 193.

Kapitol -» Capitol

Marcellustheater 195.

Mars Ultor-Tem pel 53 -54 . 58. 65.

101.

  190. 193. 202.

Palatin 91. 195. 197.

Panth eon 62. 101. 113. 198.

Regia 202.

Rosellae 243.

Sagalassos 255. 25 7-2 58 . 297.

Antoninus-Pius-Tempel 257-258.

Apollon-Tempel 257.

Bouleuterion 257-258.

Nymphaion 257-258.

sog. Od eion 257.

Theater 258.

Thermen 258.

Samos 32. 105. 23 5.

Sardeis 14.252.

Sardinia 35. 244.

Sarmizegethusa 243.

Scolacium 243.

Selin(o)us 62. 182.

Selge 255.257-258.

Aelius-Caesar-Tempel 257.

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Topographisches Register 345

Serdica 326.

Siciüa 35.233-247.

Siena 308.

Sikyon 305.

Siris 215.

Sirmium 329.

Sizilien / sizilisch -» Sicilia

Smyrna 104. 226. 228. 252.

Spanien / spanisch -» Hispania

Sparta 217.219.222.

Stratonikeia 7. 14-15. 262-265. 268.

Syrakus 233-237. 239. 241-242.

Syria 135.

Tainaron 218.

Tarent 80.178.

Tarraco 104.

Tauromenion 233. 235.

Terracina 170.254.

Thasos 252.

Thera 252-255.268.

Dionysos-Tempel 253-254.

Stoa Basilike 252.

Thermae Himeraeae 240.

Thermopylen 223.

Thessalien / thessalisch 211-214. 217.

Thyatteira 3. 17. 19.

Thysdrus 134.

Tibur 145. 243.

Tivoli -•» Tibur

Tralle(i)s 235. 252. 255.

Umbrien / umbrisch 327. 331.

Veleia 105.

Vernegues 260

Zypern 229.

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346

Register

Personen und Götxernamen

Acca Laren tia 192.

A. Claudius Charax 113.

Adonis 15.

Aelius Caesar 257.

Aeliu s Saoterus 143.

Agrippa -> Vipsanius Agrippa

Agrippa I. (Iudaea) 289.

Agrippina 21. 194. 196.

Ahura M azda  7.

Alexander d. Gr. 3 0 3 .

Alexander Severus -» Severus Ale

xander

Alexandros von Abono uteichos 3-4 .

13.

Am brosius v on Mailand 337.

Amphilochos 3.

Am yntas (Galatien) 262.

Andronikos (von M etropolis) 213.

An onym us 135. 139.

An tigono s Gonatas 90.

An tiocho s IV. Epiphanes 290 .

Antonia 194.

An tonine / antonini(aoi)sch 50. 52.

54-55 .

  57. 131. 133. 137. 146. 152.

180.

Anton inus Pius 9. 21 .

  53.-71.

  74. 134.

137.

  141. 175.

Antonius

  —

Marc Anton

Aph rodite 8. 104. 219 . 256. 293 .

Aphrodite Prometor 256.

Ap ollo(n) 3. 6-9 . 11. 13. 16. 21. 88.

9.1.

  97. 105. 108. 116-117. 198. 218.

223.

 291.

Apo llon Did ym eus 255.

Ap ollon Nisyrites Soter 11.

Ap ollon Ptoios 29^-297.

A po llo Palatinus 197-198.

Ap olloo ios vo n Kalindoia 16. 18.

A . Postumius Albinus 178.

Appian 74.

Aquilia Severa (= Vestaün) 171 .

Archytas 80.

Ares 21.

Aristarch vo n Samos 89.

Aristides 260.

Ar sinoe 19. 236. 238 .

Artemis 6. 14. 251 . 255.

Artemis Epiphanes 11.

Artem is Kindyas 10. .

Artem is Kyparissia 218 .

Ask lepios 3. 13. 17. 111. 115. 303 .

Ask lepios Soter 111. 113.

Ateius 72.

Ath e-na, -ne 6. 37. 197.

Athena Itooia 211 . 215 -216 . 221 .

Atia 91.

Attalo s II. 115.

Attalo s III. 111 -11 2. 115.

Atticus 98.

Au gustin(us) 41. 83,

Augustus V I- V H . 6. 10. 16-17. 21.

29 37.

 49. 52 55. 58 59. 62. 69 75.

77,

  84-85. 88.

  90-91.

  99. 101. 104.

10^107. 110. 134. 141. 144. 158-

162.

  165. 168 169. 173. 179. 191

198.  200-203. 211-213. 217. 219.

223.

  237 238. 240 242. 244 246.

251 255. 258 260. 263. 265. 268.

284.  291. 293-294. 303. 324.

Aug ustus Germanicus -> Caius Cae

sar

Aurelian(us) 65. 32 1-3 22.

Aurelia Severa (= Vestaün) 171 .

Aurelius Victor 328.

Balbinus 159.

C .  Aelius P. f. Domitianus Gaurus

135.

  141.

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Personen- und Götternamen

47

Caesar 30. 32 . 51 . 69. 72. 74 -7 5. 99.

101.

  106. 160. 198. 245. 250. 252-

255.  293. 323.

Caesar Au gustus --> Au gustus

Caius Caesar 21 . 31 . 35 -3 8. 70. 74. 85.

91.166. 194-196. 199-202. 214. 217.

222-223.

  241. 285. 287-292. 297.

Caligula ~» Ca ius Caesar

Cannu üa Crescentia (= Vestalin) 171.

Caracalla 53 . 57. 144-145 . 171. 173 .

238.

Carinus 162.

Carus 162.

Cassius D io 73-74 .143.15 0-15 2.171 .

192.

 322.

Castor 29.

C.

 Aufidius C. f. Victorinus 135. 139.

142.

C .

  Bruttius C . f. Praesens 135. 138.

142.

C.  Caesar 200. 237. 240. 253.

C C laudius Marcellus 239 .

Ceres 241.243-245.

Cerialis An icius 101 .

Christus -» Jesus Christus

Cicero 88. 90. 98 -99 . 103. 234 -237 .

C .

  Iulius Caesar -> Caesar

C .

  Iulius Eurykles 21 8-2 19 .

C .

  Iulius Lak on 218.

Claudius 21. 31. 54 . 71. 85. 91. 183.

194.  202. 212-213. 222. 240.

Claudius Gothicus 64- 65.

Clod ia Laeta (= Vestalin) 171 .

C n .  Calpurnius Piso 199.

C n .  Cornelius Dex ippos 215-21 6.

Com mo dus 51 -52 . 55. 61. 133. 138.

143.

  145-146. 176. 321.

Constans 31^-320.

Constantin(us) / konstantinisch 51.

55-57.

  59-61.

  63-65. 284-285. 300.

319-320 . 322-3 23. 326-328. 33 1-

336.

Constanün(us) IL 31^-320 .

Constantius I. Chlorus 51 . 64 -65 .

319-320.

Constantius IL 57. 59. 61. 175 -176 .

184.  319-320. 326. 329-330. 334.

338.

Cornelia (= Vestalinnen) 170.

C.

  Plautius Rufus 239.

C .  Popp aeus Sabinus 212.

C .

  Publilius Pilargurus 240 .

Crispina 138.

C.  Rubellius Blandus 107.

C Sextilius Po llio 25 1.

C .  Valerius Flaccus 149.

C .

  Verres -> Verres

Dalmatius -»Delmaüus

Damas vo n Milet 10.

Da niel (Prophet) 290 .

Daphnos 18.

D ea Aug usta Messalina -» Messalina

Dea Dia 190-193.

Decimu s Magnus Ausonius 238.

Dec ius 73. 324.

Delmatius 61.

Demeter 236.238.

Dem eter Karpophoros 21.

Dem etrios Poliorketes 91.

Dem osthenes v on Oinoanda 8. 18.

Did ius Iulianus 53. 135. 140.

D io -» Cassius D io

D io Ch rysostom os 81. 90..

Diocletian(us) 51. 59. 163. 180. 3 1 9 -

320. 3 22. 334.

Diodotos 12.

Dio gen es (von Aphrodisias) 104.

Diokletian / diokleüanisch —* D io -

cletian

D ion vo n Prusa 88. 90.

D ion yso s / dionysisch 19. 34. 77. 253.

Diotogenes

  80-81.

  83. 89.

Divus Antoninus Pius -> Anton inus.

Pius

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  48

Register

Divu s Augustus -> Augustus

D ivu s Iulius - » Caesar

D ivu s Vespasianus -» Vespasian

Domitian

  70-71.

  76. 91. 166-167.

170-171.  173-175. 183. 213 . 254.

Drusilla 31. 71. 194.

Dr usu s 30. 219.

Drusus minor 105. 242.

Ekphantos 80. 82.

Elagabal 19. 53 . 171 -17 3. 32 1.

Epam(e)inondas von Akraiphia(i) 1 0 -

11 . 214 . 216 . 222 . 296-297 .

Epineikidas 218.

Eusebios / Eusebius 284. 289. 327.

331.

  333.

Euxenos 11. 12.

Faustina die Jüngere 145.

Faustina Pharia Sos istolos 10.

[-] Fidus A [- ] Gallus Paccianus 135.

140.  142.

Firmicus Maternus 334.

Flamininus 21 1. 219. 235 . 297.

Flavia Laneika 21 5-2 16 .

Fla via M eliune 113-1 16.

Flavianus Heka todoros 7.

Flavius Eutolmius 12.

Flavius Josephus 323 .

Frontinus 150.

Furius Philocalus 49. 54 -6 0. 64 -6 7.

Galerius 59. 326. 334 .

GalKenus 212.

Gallus 320.

Gellius 148.

Gelon 236.239.

Germanicus 35. 37.1 44 .194 .199 -20 0.

219.

 242.

Glykon 3-4 . 13.

Gordianus III. 64 -65 .

Gratian 159. 176. 326. 330. 33 5-3 36 .

Gregor vo n Na zian z 337.

Hadrian 8.

  19-21.

  62-63. 71. 74. 91.

98.

  103. 111-116. 136. 141. 151. 176.

212.

  217. 223-224. 226-228. 242-243.

260.  265. 321.

Hadrian Panhellenios 227 .

Hannibal 177.

Hannibalianus 61.

Hekate 14-15.

Hekate Soteira 17.

Heliogabalus - » Elagabal

Helios 297.

He lvius Agrippa (= Pontifex) 171.

He lvius Pertinax 53 .

Herakles 10.

 77

238.

Heraklios 234.

Hercules 145-146. 321 .

Herennius 73.

He rm es 10. 238 .

Hermogenes 11-12.

Herodas 15.

He sua Boulaia 255.

Hieron II. 233-234 . 236. 238-2 41.

Hilleid.Ä. VI.

Homonoia 227.

Honorius 12.

Horaz 29-32 . 42 . 90 .

Hydatius 61.

Is i s 215.254.305.

Iulia Au gusta -> Livia

Iulius Acilius Her me s 244 .

luppiter

  40-41.  101. 164-167. 178.

183.

 189. 240.

luppiter Capitolinus 38. 240 .

luppiter Op um us Maxim us 36. 72.

189.

  193.

Jesus Christus 86-8 7. 283 . 287 -290 .

292.

 298. 301-304. 30 6-311 . 333.

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Personen- und GÖtcemamen

349

Julian 162-163. 175. 180-181. 31 9-

320. 329-330. 335.

Jupiter -> Iuppiter

Kallixenos 5.

Kambyses (und Praexaspes) 84.

Kleanthes 80. 89.

Konstantin -» Constantin(us)

Konstantinos Porphyrogennetos 63.

Kybele 34.259.

Lactan2 331-332.

Laelius 32.

L.

 Annius L. f. Ravus 143. 145.

L.

  Caesar 200. 240. 253.

L.

 Cornelius Merula 165.

L.

 Cuspius Pactumeius Rufinus 112.

L.

 Dasumius P. f. Tullius Tuscus 135.

137. 142.

L.

 Domitius Alexander 328.

L.

 Egnatius 240.

Lentulus Gaetulicus

  1 94 199

Lepidus 165. 169.

Liber 29.

Licinius

  60-61.

 63. 326. 331.

Livia 21. 31. 54. 104. 194-195. 218 -

219. 240. 245-246. 251-252.

Livius 147. 177. 179. 211.

L. Metellus 178.

L. Octavius Cornelius P. Salvius P. f.

Iulianus Aemilianus 135-136. 142.

Lucan 29. 32.

Lucilla 143.

Lucius Verus 52. 61. 139. 141-142.

144.

Lukas 303. 306.

Lukian 3. 13.

Lutatia -> M. Livius Quintus

Luther 310.

L.

 Valerius Flaccus 235.

L.

  Venuleius Apronianus Octavius

135-136. 142.

L.Vitellius 289.

Macrianus 53.

Maecenas 73. 321.

M. Annius 235.

Marc

 Anxon

  34. 168. 192. 245. 250.

254.

Marcus Aurelius 52. 55-56. 71. 109-

110.

  133. 135. 137. 140. 142. 144-

146. 152. 168. 174-175. 238.

Mark Aurel -» Marcus Aurelius

Mars 178. 202.

Masurius Sabinus 192.

M. Aurelius Cleander 143.

M. Aurelius Daphnous Kataplous 12.

Maxenrius 60.

Maximian 57. 163.

Maximin(us) 331.

M. Claudius Marcellus 234. 236. 239.

M. Didius M. f. Severus Iulianus -»

Didius Iulianus

Menandros (von Aphrodisias) 104.

Men 260.

Men Askaenos 259.

Mercur 244.

Messalina 296-297.

Messalla 35.

Milonia Caesonia 194.

M. Iunius Silanus 222.

M. Livius Quintus 245.

[MLo]llios 264.

M. Nonius M. f. Macrinus 135. 138.

Moses 39.309.

M. Pontius M. f. Laelianus Larcius Sa

binus 135.

M. Sufenas Proculus 106-107.

M. Tullius Cicero -» Cicero

M. Ulpius Eutychus 244.

M. Vettulenus Sex. f. Civica Barbaras

135.

 139.

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350

Register

Ne optolem os Markos 12.

Nereis 236.

N ero / neromsdr 21. 32.

  70-71.

  7 5 -

76.

  79. 83-84. 87-88.

  90-91.

  101.

158.

  170. 173. 195-196. 216. 223.

225. 285. 294. 29 6 29 7. 300. 302 .

304-305.

N e r o liberator 294.

N ero Zeus Eleutherios -> Zeus

Eleutherios Nero

Nerses 59.

Nerva 218.221.

Nike(n) 219-238.

Numerianus 162.

Octavian -»Augustus

OfilliaBassa 251.

Origenes 306-

O vid 90.160. 169.

Paccius Maximus 240.

Palladius 335.

Paulus 86. 294. 29 8-2 99 . 304 -307 .

309.

Pausanias 215. 218. 22 3-22 4.

Pax 193.201.

Perennis 143.

Persaios SO.

Pertinax 140.176.

Petrus 306.

Phaeton 90.

Philisns 236.238.

Philo(n) 87- 250. 28 9- 29 1. 303 . 31 1.

Philochareinos 218.

Pietas 193.

PUatus 287-288.292.

P. Liciuius Crassus 149.

Plinius der Ältere 77 -7 8. 83.

Plinius Secundus 37 -38. 83. 101-1 02 .

150-151.

 174. 181. 184.

Plotina 184-

Plutarch 87-89. 169. 220 . 297.

P. M. An nieius 237.

Polemius Silvius 49-5 0. 54-5 7. 64-6 6.

Pollux 29.

Pom pon ia Roifina (=.VestaIin) 171.

Porphyr ios 329.

Poseidon 218.

Postumus 163.

Potens 18.

P. Petronius 289.

Probus 65.

Providentia 200-201.

Ptolem aios Epiphanes 86.

Ptolem aios IL Philadelphos 236. 238.

Publius M emm ius Kleandros 225.

Pupienus 159.

Pylaimenes 262.

Pyrrhos 236.

Q . Aurelius Sym machu s —» Sym ma-

chus

Q. M ucius Scaevola 234.

Q. Pompeius Q. f. Senecio Fuscus Saxa

Vryntianus Sosius Priscus 135.

141-142.

Q . Pom peius Q . f. Sosius Priscus 13 5-

137. 142.

*Q. Tullius Cicer o 235.

Quirinus  77.  178.

Re 88.

Rom a 16. 32. 145. 252. 254 -255 . 258.

Rom ulus 29. 191 -193 . 237.

Salus 30.

  40-41.

Sarapis 8.

Scipio 36.

Seneca 75. 79 -8 5. 87. 294.

Sepum ius Severus 53. 176. 324.

Seivius 72.

Servius Cornelius Lentulus Malugi-

nensis 165.

Severus Alexan der 53. 321 .

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Personen- und Götternamen

351

Sexxus

  Pom peius 197. 241.

Sextus Pom peius Festus 177.

Sextus Kufus 238.

Silas 306.

Sol

  88 .91 .

Sol-A pollo 70 . 75.

  90-91.

Sol-Helios 88.

Sol Invictus 322.

Sosandros 14-15.

Sphairos 80.

Starius 31 . 171 .

Sthenidas 80.

Stobaios 79 -80. 82.

Strabon 213.

Sueton 30. 36.

  77.

  100-103. 170. 192.

195. 297.

Sulla 161.

Symm achus 172. 238. 330.

Synesios 334.

Tacitus 35. 71 . 76 -7 7. 100. 104. 171.

179.

Tarrutenius Paternus 143.

Tenull ian 39-42.303.333.

Tetricus I. 16 2-1 63 .

Tetricus IL 162.

T. Flavius Eub iotos 225 .

T. Flavius K yllos 225. 227.

T. Flavius T. f. Sulpicianus

  s

  142.

Themisrios 326.

Theod osius I. 159. 326. 335-3 36.

Th eodo sius II. 335 . 337.

Theokrit 15.

Theophilos 325.

Tiberius 30. 35. 74. 76-7 7. 97. 10 0-

111.  117. 152. 165-166. 169-170.

178.

  194-195. 199-200. 202. 212.

218-220. 240-241. 246. 251. 263.

293.

Ti. Claudius M enogen es 20 .

Ti. Claudius Zosim us 175.

Timokrates 11.

Timoleon 241.

Titus 152. 170.

Tityrus

  75.

T. Pomponius Proculus Vitrasius Pol-

lio 135. 137,

T. Q . Flau) minus -» Flamininus

Traian / traianisch 6. 12. 37 -3 8 . 53 .

7^ S

60-63. 70. 83.

  SS.

  112. 153.

170.

  174. 181. 184. 254. 260. 321.

334.

Trajan  -•». Traian

T. Statilius Tim okrates 222.

Tullia 98.

Tyche 218-219.

Ulpian 191. ,

Vadomar 335.

Valens 326.

Valentinkn 326.

Valenrinian II. 33 5.

Varro 72.190.

Venus 145.

Venus Genetrix 256. 293 .

. Vergil  75.  192-193.

Verginius Rufus 150.

Verres 234-240.242.

Verus  —»  Lucius Verus

Vespasian 71. 78. 99. 170. 213. 3 2 3 -

324.

Vesta 34. 168-1 70. 172-173 . 183. 202 .

293.

Victoria 260.305.

Victorinus 163.

Vipsanius Agrippa 62 . 101.

Vitruv 251.

Zeus 6. 14-16. 20. 8 6. 10 2 . 236. 290.

297.

Zeus,

 kapitolinisch -> Iuppiter Ca -

pitolinus

Zeus Ask lepios Soter 113. 115.

Zeus Anadotes 20.

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352

Register

Zeus Eleutherios 21 .

Zeus Epiphanes Gaius 289.

Zeus Dodcnaios 21.

Zeus Eleutherios 212 213. 227.

235.

 242. 304 305.

Zeus Eleutherios Nero  76L  216.

296 297.

Zeus Hellanios 236.

Zeus Megistos 21.

Zeus Olympios

  21.

 241.

Zeus Panhellenios 226.

Zeus Patroos 21 . 104.

Zeus Philios 112. 260.

Zeus Sabazios 17.

Zeus Sosipolis 9.

Zeus Soter 12. 36 37. 76 . 296 297.

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Begriffs- und Sachregister

353

Begriffs- und Sachregister

Abendmahl 287. 299. 305. 307.

Achäer / Achaier 35. 210. 222.

Actia 260.

Adoptivkaiser 132.

adoratio purpurae 330.

adventus VI. 47. 242. 247. 305.

aedes 98-102. 105.

Ägypter / ägyptisch 8.

 81.

 86-88. 254.

291.

Ästhetisierung 14-16. 21.

Agon(e) 6-7 .10-11 .20.2 13. 215.21 -

219.

 227. 235-236. 305.

Agonothet, -en, -es -^ Kultpersonal

Agora 236. 244. 250-261. 263-266.

293.297.

Agoranomos 219-220.

Ainanen 211. 223.

Aitnaia 235.

Aitoler 224.

Aizaneten 227.

Akraiphier 215.

Akropolis 197. 250. 258-260. 263.

266. 293.

Alaman-nen, -nisch 238. 335.

Alexandrinisch(e Juden) 289-290.

Altar VI. 10. 16. 20.

  29-31.

  33. 76.

107.

  199-201. 216. 241-242. 244.

249.

  251. 254-255. 260. 266. 294.

296-297. 308-309. 323.

Amphiktyonen 223-225.

Amphiktyonie 210. 213. 223-225.

Amphitheater 237. 250. 261-262. 264.

Annona 35.

apex 167-168.

Apotheose -»Divinisierung

Archiereia 17. 215.

Arch-iereis, -iereus 17. 213-216.

224-225. 229. 263. 296-297. 302.

Archon 227.

Aretalogien 13.18.

Aretalogoi -> Kultpersonal

Aria-ner, -nismus, -nistisch 320.

333-334.

Arval-akten / -brüder(schaft)

-> Fratres Arvales

As 40.

Asiarch 216.

Asklepieion 8. 15. 98. 111-116. 261.

aspergillum 161.

Athener 224.

Athlophoren  —  Kultpersonal

Atimie / Arimos 220.

Atcaliden 115. 197.

Augurat / Augur(en) 41. 132. 136-

137. 141. 147-151. 153. 158. 161.

Augustalen -> Sodales Augustales

Augustalia 52.235.

Augusti / Augustus  10-11.  20. 135.

140.

  158-159. 214^ 216. 225. 296-

297.

Auspizien 179.

Axial(ität) 256. 259-260. 263. 266.

Bankett -> Kulthandlungen

Bar Kochba-Aufstand 303.

Bild(erkult) 288-291.

Bithyniarch 216.

Boiotarch(es) 215-216.

Boioter / boiotisch 35. 38. 215-216.

221-2 22 224. 297.

Bouleuterion 14-15. 233. 236. 253.

255. 257-258. 260-261 . 263.

Bundesprägung (etc.) 212. 216. 218.

238.

Byssos VI.

Byzantinisch 251.

Caesar(en) 42-4 3. 52-53 . 61 .15 8.1 62 -

163.288.292.302.311.

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354

Register

Capitoli-a

7

  -um 167. 235 . 259 .

Ch risten , -tum) / christlich V I I -

VIII. 84.101-102.110.157.162-163.

181.

  184. 283-288. 292. 294. 298-

299.  305. 308-310. 319-320. 322-

330.

  332-338.

Christianer 32.

 39-41.

 43.

Christolo-gie, -gisch 86. 28 5-2 87 .

298-300. 306. 310-311.

comm itinent 34. 39. 42.

comm une Siciliae 23 8-2 39 . 247.

Com pital-Kult 30. 42.

Concordia Augusri . 243.

coirfarreario 165.

constitun o Antoniniana 180.

Consul, -es, -n 35. 49. 10 1.1 33 . 13 6-

139.141-142. 238.

consul suffectus

  —>

 Suffektkonsul

crimen maiestaris 220.

cultus (Terminologie etc.) 10. 21 . 23 3.

Curator aedium sacrarium 136. 139.

cursus honorum 131-1 32.

Dadouchos

  —  Kultpersonal

damnatio 64. 73. 75 -76 . 176. 254.

Delphier 224.228.

delubrum 98. 100.

Demos 20 . 104 . 256 .

Demostheneia 8.

Diadem 239.

dies imperii 37 -38 . 43 . 47. 51 . 53. 55.

57 . 59. 193-196. 331. 337.

dies natalis 6-7. 47. 51 -5 3. 59 -6 0.

62-65.

 241. 247. 331. 337.

diva / divi / divus V I-V II. 43. 70 -72 .

75.

  S7

91. 134. 144. 225.

Divinisierung / divinisien VII. 71 -78 .

98-99.

  110. 114. 134. 144-145. 158.

194.

 310-311. 324. 328. 334. 337.

Doloper 211.223.

Don atisten / donatistisch 333 -334 .

Dorer 222.224.

Dromenon 3.

Edom 39.

Ehrenstatue (Theorie)  —> Kultstatue

(Theorie)

Eid 29- 44 . 244 -245 . 247. 252.

Eiko nop horos -» Kultpersonal

Eleutheria 227.

Eleutherolakonen 218. 22 1-22 2.

Em otionalität .V. 26 8. 322.

Epangel(e)ia 18.

Epheben 233.235.

Ephoren 218.220.

Epimeletes 215.224-225.

Epulone 140.

Eschatologie 284.

Essener. 289.301-302.

Etrusca disciplina 183.

Euböer / Euboier 35 .2 22 .

Euergesia 235.

Euergetes 218. 22 5.

Euko smos -> Kultpersonal

Eusebeia 235.

Exegetes

  —>  Kultpersonal

fanum 98.

Fasri Am iterni 52. 73. 24 1.

Fasri Praenestini 30 . 49 . 54 . 20 0.

Feierlichkeiten -» Kulthandlungen

Feria-le, -lia 33 . 38. 50. 53 . 55. 57-5 8.

Fernwirkung ' 257 -259 . 261 -26 3.

Fest -•* Kulthandlungen

Festplatz 259.262.

Fetiale(n) / Feualitat 135. 139. 158.

191.

ferialis -» Fetia le

Fla-m en, -mines -> Kultpersonal

flamen Dialis 148-14 9. 164-1 68.

173.178-179. 183.

flamen IuliaJis 168 .

flamen Martialis 14 8.1 68 .17 8. 202.

flamen Quirinalis 148. 168. 178 .

flaminica Dia]is 166-1 67 .

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Begriffs- und Sachregister

355

Haminica 246.

Ka vier / flavisch 132. 180. 254 . 3 2 7 -

328.

Fluch 34 . 36-37 . 42 .

Forum 30. 41. 237 .242 -243 .250. 257.

260.

Fratres Arvales 50 .13 2. 141. 14 7. 15 0-

151.  158. 189-203.

Galatarch 216.

galerus 167-168.

Gebet -» Hy mn us

Geburtstag  —

 

dies natalis

Gelübde -> Vota

Geni-en, -us (Augusti) 30. 39 -40 .

42-43 .  240. 243. 245.

Genslul ia 256.293.

Gerichts-barkeit, -funktion 212 . 251 .

Germanen 238.

Grammateus 211 -21 2. 215. 222.

Gym nasi-en, -um 233 -235 . 238. 240.

245.

 249.

Gyrheaten 218.

Hafen 250. 265-26 6. 293.

Haru spices 41 . 183.

Hauptstraße 250 . 255-2 58. 266.

Heilstätte 3.

Hekatombaion 6.

Hekatomben 13.

Helladarch 225.

Heorte

  — 

Kulthandlungen

Heroen VII. 236.

Heroon 255.

Hethitisch 33.

Hierapho ren -» Kultpersonal

Hiere is / Hiereus -» Kultpersonal

Hierop hant -> Kultpersonal

hieros nom os 5.

Hipparchos 211.

Hippodrom 259.262.264.

Histo ria Aug usta 51. 55. 134. 145.

Hoheitstitel 302-303.

Homonoia 215.

Horkos 36.

Hor ologium Augusti 91. 201.

H ym -ne , -nen, -no s, -nus VII. 3. 5.

10.

  12-15. 18-19. 29. 34. 41-42. 71.

306-307. 331-332.

H ypö ph etes -» Kultpersonal

imperator perpetuus 24 5-2 46 .

Ionier 224.

Isthmien 297 . 305.

iu s Italicum 179.

Jovier-Herculier 322.

Juden / jüdisch VI. 31. 84-85. 2 8 4 -

285.  287-292. 301-305. 307-311.

Judentum VII. 285 -287 .301-3 02. 308.

311.

Kaisareia (= Spiele) 11. 213 . 21 9-22 1.

229

Kaisarei-a, -o n (= Anlage) 219. 250.

252-253.

  293.

Kaiserkult im Unterschied zu Kaiser

verehrung 219. 221 . 319-33 9.

Kalathephoren  —>  Kultpersonal

Kalender 33. 47- 67. 252. 294 .

-> Fasti (...)

Kanephoren -> Kultpersonal

Ka pitolinische Trias 259.

Karisch 257.262.

Karthager 178.

Keltisch 264.

Kenotaphe 98.

Keryx  —>  Kultpersonal

Kleidophoren -> Kultpersonal

K oi-na, -no n 35. 38. 209-2 29. 235.

K oin on der Achaier 35. 210. 217.

222.  225.

K oino n der Am phiktyon en 225.

K oin on der Boioter 35. 38. 210.

214-217. 221.

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356

Register

Ko inon der Eleutherolakonen 210.

217. 229.

Koinin der Euboier 35.

Ko inon der Lakedaimonier 218.

Ko inon der Lokrer 35.

Ko inon der Makedonen 229.

Ko inon der Panachäer 223.

Ko inon der Phoker 35. 216.

Koino n der Thessaler 21 0-2 11 .

213-214. 216-217. 221.

Kom istes -> Kultpersonal

Konsekration

  —>

  Divinisierung

Konsulat 133. 136-1 37. 193. 195.

Konsuln -> Consu ln

Kontrolle 69. 71.

  77

79. 90. 146.

Kopaisdamm 217.

Kranz / Kränze V I. 8-1 0. 15. 16. 143.

167. 225.

Krone(n) 8- 9. 18. 167. 227. 291 .

Kulthandlungen V- VI II. 5-7. 10- 12 .

14-15.  17. 19-20. 29. 40-42. 71-72.

75-76. 102. 110. 116. 134. 168. 173.

191.  194-196. 198-202. 209. 213.

218-223.

  234-236. 240-242. 246-

247. 249. 252 264. 266. 268. 294.

298-299. 305-310. 323-328. 330-

333/335-338.

Kultpersonal VL 3. 8-1 1. 14. 16. 20.

100.

  134. 137. 141. 144-145. 148-

149.  152-153. 158. 165. 168. 172.

213-215. 224-225. 227. 240. 245-

246.

Kultstatue (Theorie) 9-1 0. 12. 75.

97-104. 115-116. 236-237. 249. 294.

Lak onisch -> Spartaner

Lampadophoren -> Kultpersonal

Lararien 42.

Laren / Lares (Au gusti) 30. 240 . 243 .

245.  247.

Legatus Aug usti pro praetore H O

H L -

Legatus pr o praetore 239.

Legatus Syriae 289.

leges annales 132.

lex sacra 6.

lituus 161.

Logistes 215-216.

Lokrer 35 .222.224.

Loy alität 32. 34. 43 -44 .

Luperci 191.

macellum 308-309.

Magneten 223.

Makedoniarch 216.

Makedonier 224.

Makkabäer 290. 307.

Malier 223.

Manen 32.

Manichäer 334.

MarceUi 235. 239.

Marcellia 234-235.

Markomannen 168.238.

Marktplatz -> Agora

Martialici  —»  Spiele

M astigophoroi -> Kultpersonal

M eineid 31. 36-37.

Messianismus 287. 311.

Metro(i)on 8.

Moiren 14.

Molosser 236.

M onotheis-mu s, -tisch 42. 283-2 85.

291-292.

  304. 310. 321. 323. 325.

Mucia 234-235.

M ysterien, eleusinisch 3 -4 .

Mysterien (...) VII. 3. 1 8- 19 . 227. 303.

306.

Naopoioi 215.

Nemea 12.

N eo ko rie (...) 112. 250. 26 1-2 62 . 265.

268.

Neptunalia 48.

Neu pythagore-isch, -ismus 79- 80.

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Begriffs- und Sachregister

57

Numen (Augusti)

  29-31.

  75-76. 243.

247.

 335-336.

Oberpontifi-kal, -kat - * pontif ex ma-

ximus

Oitaier 211.

Olym pische Spiele 29 7. .

Opfer -»Kulthandlungen

Orakel - VII. 3.

Ordo sacerdotum domus Augustae

143-145.

Or do sacerdotum dom us divinae 146.

Ostraka 9.

Paiane 13.

Paidonomos 15.

Paidophylakes 15.

Pamboiotia 215. 217 .

Panachäer 210. 21 4. 22 2.

Panathenaia 6.

Panhellen 227. •

Panhelle-nen, -nion, -nisch 210. 2 2 3 -

224.;226

r

22

Panhellenia 226-227.

Panionion.

 ;:

252.

Pantes f heoi 236. 243.

Pantheon -322 325.

Paphlagonier 34.

Papy-ri, ~rus 50. 55 .

Parthenos

 <

 37. 39.

Panher / parthkch 52. 54. 57 -58 .

61-6r~~~'

patera 161.241.

pater farinlfas 43 .

pater patm e'

:

43. 193-194. 238. 296.

Patrizier-Öl 136-138. 141-142. 149.

Patronus.234.

Pax Roman*—221.

Performanz

J

;7 performativ 15. 21 .

7 7 - 7 9 . ^

Peripherie - 38.

Perrhaiber 223.

Perser / persisch 86 -87 .

Pharao 74. 88 .

Phokarch 216.

Phoker 35 .215.222.224.

Phthioten 223.

pietas / Pietät V. 63. 184. 29 6-2 97 .

337.

pignora imperii 168.

Pisonisch 70.

Platonisch

  S7

Plebejer / plebeisch 133. 135. 147.

149.

Politische Religion 283 -284 . 338-3 39.

Polycheis-mus, -tisch 29 1-2 92 . 299.

304-305. 320.

Pompe 5-6.

Pompeianer 192.

Pompeianisch 42.

pontifex maximus 30. 33 . 140. 14 7-

149.  153. 157-165. 167-170. 172-

177.

  180-184. 323. 325. 335-336.

Pontifex / Pontifices 132. 135-13 8.

141.

  144. 147-149. 151-153. 157.

160-161.  164. 166-167. 169. 171-

183. 202. 245.

pontifices maximi

  —>  pontifex maxi

mus

Pontifikat -»Pontifex

praefectus cohortis 141.

praefectus fabrum 141.

praefectus praetorxo Italiae 172.

praefectus urbi 172.

Prätorianer(präfekt) 12. 35. 53 . 143.

Primipilus 32.

Procurator Au gusti 74.

Prodigi-en, -um 71. 177-178.

Prokonsul(at) 136 -139 . 141. 212. 235.

Prophet 3.

Prorrhesis 3.

Proskynese 306-3 07. 332.

Prothytes -» Kultpersonal

Providentia 297. 30 1.

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358

Register

Provinziallandtage 228.

Prozession •  -> Kulthandlungen

Prytane 253.

Psephisma(ta) 215. 22 3.

Ptoia 11.215.

Ptoion 216.

Ptolemäer 74. 81.

Ptolemaia 5. 9.

Purpurgewand VI. 9. 167.

Pyrphoren -» Kultpersonal

Pyxhia / Pytbien 213. 223. 225. 235 .

Pyrhisches Orakel 36 .

Quattuorvir(i) Au gusta-les, -lis 2 4 2 -

243.

QuindecimvirQ sacris faciundis 132 .

138-139. 141. 147. 149. 158. 161.

177.

Rathaus -> Bou leuterion

Recht 168-171. 176. 179. 220.

Regierungsantritt -» dies imperii

Reichsreligion - » Zentrale und Ze n

tralst / zentral / Zentrum

Rekursivität von Ritualen -> Ritual(e)

Religionstopographie 18 9-2 03 . 22 1.

242 249-268.

Restitutor 242

Re x sacrorum 148-149 .

Rhetorik V I 239.

Ritter(lich) 141-1 42 . 153 .

Ritual(e) V. VIL 3- 9. 12 -1 4. 17 -18 .

20-2L 29. 32. 39. 41-42. 288. 291.

299.  306-307. 309-310. 320. 324.

326 .328. 336-338.

Ritualtransfer -»Ritual(e)

Ritus -» Ritual(e)

sacel-la, -lum 243.

Sacer-dos, -dotes -> Kultpersonal

sacerdoti-a, -um 131 . 15 8-1 59 . 163.

176.

sacra publica 7 2 131. 323. 338.

Sakralisierung 284. 29 3-2 94 . 29 8-2 99 .

Sali-er, -i 137. 143-1 44 . 149. 191.

202-203.

SaKus Co llum s 141.

Salus C aesaris  40-41.

Sasaniden / sasanidisch 54. 59 .

Schlange(ngott) 3 . 91 .

Sebastei-a, -on 33. 39. 249 -250 . 2 55 -

256.

  258. 263. 265-268.

Sebastoi / Sebastos 33. 21 5-2 16 .

Sebastoi Theoi

  —»

  Theo Sebastoi

Sebasto lo-goi, -go s - * Kultpersonal

Sebastopho-roi, -ros - » Kultpersonal

Septemviri epulon um 132. 149 -150 .

158.

  161.

Severer / severisch 4 2 50. 5 2 .5 7 .1 8 0.

263.

Sevir Augustalis 24 4-2 45 .

Sibyllinische Büch er 177. 197.

Sikelioten 238.

simpulum 161.

Skenetrien 11.

Skeptrophoren - » Kultpersonal

Sodales / Sodalität(en) 131 . 13 5-1 37 .

139-140. 144-146. 158. 191-192.

Sodales Anton iniani 134 -142 . 144.

152.

  158.

Sodalis An torinianu s -» Sodales

Antoniniani

Sodales Antoniniani Veriani -» So

dales Antoniniani

Sodales Augustales 100. 15 1-15 2.

158.  191. 199. 242-245. 247. 294.

Sodales Claudiales 158. 191 .

Sodales Flaviales 158.

Sodales Hadrianales 13 6-1 42 . 152.

158.

Sodalis Hadrianalis - * Sodales

Hadrianales

Sodales Hercu lani 145.

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Begriffs- und Sachregister

359

Sodales Marciani Antoniiiiani Com-

modiani Helviani Severiani Antoni-

niairi 146.

Sodales T itü 191.

Soknopaios-Heiligtum 47.

Sonnengott )

  87-91.

  172. 321.

Soter 234. 2 4 1 302.

Soteria 302.

Spartaner 217. 224 .

Spiegel 81 . 83.

Spiele -> Fest

ludi Adiabem ci 57. 66.

ludi Persici 54. 58 -5 9. 66.

ludi Martiales 53. 58-5 9. 65.

lud i Martialici -» ludi Martiales

ludi Rom ani 144.

lud i saeculares 29 3.

lud i Sarmatici 55 -56 . 58. 66.

Spiritualisierung 13. 41 . 308. •

Spondophoren -»Kultpersonal

Staatskirchentum 320.

Stadi-en, -o n 250. 256. 261 -262 . 264.

Stephanephoros -> Kultpersonal

Strafe 220.

Strate-ge(n), -go s 21 1-2 13 . 218. 222 .

Styx 31.

Suffektkonsul(at) 135-1 38 . 140. 165.

Synag ogen (...) 289. 298. 308.

Synedrion 211 -212 . 215. 218. 222.

224.  226.

Synnaos 111. 115.

Synodos 222.

Tamias 218.

Tarantinarchos 211.

Taufe 299. 303 . 305. 307.

Temenos 25 2-2 53 . 256-2 58. 260. 266.

templa / temp lum 97- 100 . 102. 105.

195.

Tetrar chen / tetrarchisch 51. 54 -59.

71.

  163. 322.

Thargelira, -o n 6.

Th ea Philadelphos 236.

Theater VI. 16. 75. 233. 236 -238 . 250.

253.

  256. 258-259. 261-264. 266.

Th eoi Adelph oi 236.

Th eoi Pantes -» Pantes Th eoi

Theoi Sebastoi

  20-21.

  214. 227. 254.

256.

Theolo-ge(n), -gie / theologisch

  77

79.  85-87. 284-287. 299. 304-305.

309.  338.

Theolo-goi> -go s - » Kultpersonal

Th eos Soter 236.

Theos Soter Eleuther ios 219.

Thermen 249.

Thessaler 221-225.

Tholos 224.

Thora 303. 308.

Thron 8.

Thysia(i) 6.10.235.

Tiüusb rüder -+ Sodales Tirii

toga praetexta 161 .

Tolistobogier 264.

Tribunal 251.

rribunicia potestas 193. 225. 296.

tripus 161.

Tropaeum Traiaoi 63.

Trophonion 215.

Umbrisch 327.

Urban i-stik, -stisch 236. 249 -25 0.

257. 260-261. 263-264. 266-267.

veneratio (Terminologie etc.) 10. 21 .

233.

Verria 234-235.

Verwaltung 212.

Vestalia 48.

Vestalin(nen) 132. 148 -149 . 168 -17 4.

177. 183.

Virgines Vestales -> Vestalinnen

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36

Register

Vota 42 193-194. 196. 235. 337.

Weihinsdbriften Bedeutung) 11-12.

Weihung -»Kulthandlungen

Wetckampf -» Kulthandlungen

Zentrale 38. 247. 322. 324. 337.

Zentralität / zentral / Zentrum 154.

26 2 266. 308. 322.

 328.

 339.

Zeusstatuen 14-15. 102.

Zwölf götter 9.

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Adressenliste  der  Mitarbeiterinnen  und  Mitarbeiter

Prof Dr Dr

Christoph Auffarth

Universität Bremen

Fachbereich

  9 /

  Religionswissenschaft

Postfach 330440

D-28334 Bremen

E-Mail:  [email protected]  

Prof

Dr Pedro Barcelö

Lehrstuhl

 für

  Geschichte

  des

 Altertums

der Universität Potsdam

Historisches Institut

Am Neuen Palais

 10

D-14469 Potsdam

E-Mail:  [email protected] 

Prof Dr Hubert Cancik

Philologisches Seminar

der Universität Tübingen

Wilhelmstraße

 36

D-72074 Tübingen

E-Mail:  [email protected] 

Prof Dr Angelos Chaniotis

Seminar für  Alte Geschichte

der Universität Heidelberg

Marstallhof  4

D--69117 Heidelberg

E-Mail:  [email protected] 

Babett Edelmann

Lehrstuhl

 für

  Alte Geschichte

der Universität Regensburg

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362

Adressenliste

Postfach 101042

D-93040 Regensburg

E-Mail:  [email protected] 

Dr. Kaja Harter-Uibopuu

Kommission für Antike Rechtsgeschichte

Österreichische Akademie der Wissenschaften

Postgasse 7/4

A-1010 Wien

E-Mail:  [email protected] 

rof

Dr. Peter Herz

Lehrstuhl für Alte Geschichte

der Universität Regensburg

Postfach 101042

D-93040 Regensburg

E-Mail:  [email protected] 

PD Dr. Konrad Hitzl

Institut für Klassische Archäologie

der Universität Tübingen

Schloß Hohentübingen

Burgsteige 11

D-72070 Tübingen

E-Mail:  [email protected]  

Heike Kunz

Philologisches Seminar

der Universität Tübingen

Wilhelmstraße 36

D-72074 Tübingen

E-Mail: heike [email protected] 

Matthias Peppel