ias institut - b e w e g u n g f Ü r e i n l a n g e s l e b e n … · 2013. 3. 21. · zureiten....

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40 badische zeitung bz-thema freitag, 8. märz 2013 40 badische zeitung bz-thema freitag, 8. märz 2013 40 badische zeitung bz-thema freitag, 8. märz 2013 „Senioren Mut machen, mit dem Reiten anzufangen“ BZ-SERIE „SPORT IM ALTER“ (TEIL 10): Die Sportwissenschaftlerin Christine Heipertz-Hengst erklärt im Interview, warum Reiten ein Sport für ältere Menschen ist Reiten ist Sport – aber nicht nur. Es ist die Verbindung mit einem Tier, intensives Naturerlebnis und Training für Körper, Geist und Gemüt. Menschen, die jahr- zehntelang im Sattel gesessen haben, fühlen sich oft auch im Alter dort noch wohl. Aber Reiten ist auch mit Gefahren verbunden. Christine Heipertz-Hengst erklärt im Gespräch mit Laetitia Ober- gföll die Möglichkeiten und Risiken für ältere Pferdefreunde – der zehnte Teil der BZ-Serie „Sport im Alter – Bewegung für ein langes Leben“. BZ: Frau Heipertz-Hengst, taugt Rei- ten als Sport für ältere Menschen? Heipertz-Hengst: Sogar her- vorragend. Ein wichtiger As- pekt ist, dass die körperlichen Anforderungen nicht im Vor- dergrund stehen. Wer ein Le- ben lang reitet, kann das bis ins hohe Alter fortsetzen. Wenn man Fußball spielt oder Tennis, dann redu- ziert sich der Sport allmäh- lich. Beim Reiten kann man im- mer voll dabeibleiben – und das auch noch generationsübergreifend. Da hat der Opa sein Enkelkind vor sich im Sat- tel sitzen oder beide reiten gemeinsam aus, so etwas ist in anderen Sportarten kaum möglich. BZ: Wenn jemand nie geritten ist und dann, etwa wenn er in Rente geht, gerne damit anfangen würde – können sie das empfehlen? Heipertz-Hengst: Ja. Was Sie da schil- dern, kommt in der Tat häufig vor. Plötzlich ist die Zeit da und auch das Geld, und dann möchte man sich diesen langgehegten Wunsch erfüllen. Voraussetzungen, um als älterer Mensch mit den Reiten zu begin- nen, sind eine gute Anleitung, Auswahl der richtigen Methodik und passende Pferde – wenn jemand vorher noch nie Sport getrie- ben hat, ist generell auch eine ärztliche Ab- klärung zu empfehlen. Wenn das alles stimmt, kann man Senioren sogar richtig Mut dazu machen, mit dem Reiten anzu- fangen. Denn wie in kaum einem Sport kann man hier die Anforderungen und die Belastung sehr gut dosieren. BZ: Mal abgesehen von den kör- perlichen Aspekten – was ist ge- rade für ältere Menschen noch positiv am Reitsport? Heipertz-Hengst: Reiten ist eine geistige und emotionale Herausforderung. Man hat die Möglichkeit, fürsorglich zu sein, dabei ist der Aufforderungs- charakter sehr groß, denn das Pferd steht ja in der Box und will bewegt werden. Beim Reiten muss man sich konzentrieren, das Bewegungsgefühl und die Wahrneh- mung werden geschult. Es ist nicht wie in anderen Sportarten bloß eine eine motori- sche Beanspruchung, sondern eine ganz- körperliche mit idealen Auswirkungen auf Koordination, Haltung und Beweglichkeit BZ: Reiten gilt aber auch als Risikosportart. Was sind besonders für ältere Menschen Gefahren – und wie kann man vorbeugen? Heipertz-Hengst: Immer muss beim Rei- ten der richtige Umgang mit dem Pferd be- sonders geübt werden. Es sind eigenständi- ge Lebewesen, sie sind groß und stark und haben harte Füße. Deshalb gehört zur Reit- ausbildung immer auch die Vermittlung von Kenntnissen über das Verhalten von Pferden. Wenn ich zum Beispiel weiß, dass es ein Fluchttier ist, dann kann ich dement- sprechend vorausschauen und reagieren. Gerade bei älteren Einsteigern muss der richtige Umgang geschult werden – dann ist das Risiko gering. Ein anderer Aspekt ge- rade bei Älteren ist, dass Stürze wegen möglicher Osteoporose vermieden werden sollten. Allerdings geschehen Unfälle meist gar nicht durch das Herunterfallen, son- dern beim Umgang mit dem Pferd. Trotz- dem kann man eines natürlich nicht weg- diskutieren: Wenn es während des Reitens zum Sturz kommt, dann wirken enorme physikalische Kräfte. Da ist zum einen die Höhe und zum anderen gegebenenfalls die Geschwindigkeit. Nicht die Häufigkeit von Unfällen ist das Problem, sondern die Schwere einer möglichen Verletzung. BZ: Was für eine Art von Reiten würden Sie denn einem älteren Reiter empfehlen – eher Reitstunden oder einsame Ausritte? Heipertz-Hengst: Das Schöne ist, dass man das beim Reiten sowohl als auch ha- ben kann. Reitstunden sind die Basis, ge- führte Ausritte in der Gruppe kommen dann hinzu. Aber natürlich ist es etwas Be- sonderes, mit seinem Pferd auch allein aus- zureiten. Das Einssein mit dem Partner Pferd in der Natur möchte man auch mal in- dividuell erleben, und davon rate ich auch erfahrenen Älteren nicht ab. Man sollte dann im Stall hinterlassen, in welche Rich- tung man reiten will und wie lange man wegbleiben wird. Und für den Fall des Fal- les hat heute ja jeder ein Handy in der Ta- sche. Alle bisherigen Teile der Serie auf http://mehr.bz/sport-im-alter BEWEGUNG FÜR EIN LANGES LEBEN Christine Heipertz-Hengst reitet seit ihrer Kindheit. Früher war sie Spring- und Vielseitigkeitsreiterin, heute bevorzugt sie Jagdreiten. FOTO: PRIVAT 3 Prämien für 1 neuen BZ-Leser! badische-zeitung.de/praemien Nutzen Sie unsere Sonderaktion und sichern Sie sich gleich 3 Prämien in unserem Online-Prämienshop unter Gerne beraten wir Sie auch telefonisch unter unserer gebührenfreien Leser-Servicenummer 0800/22 24 22 0 oder persönlich in unseren Geschäftsstellen. Jetzt neu in unserem Online-Prämienshop ZUR PERSON CHRISTINE HEIPERTZ-HENGST Die 66-Jährige leitet das Institut für angewandte Sportwissenschaft (IAS) in Kelkheim. Sie ist Pädagogin und Sportwissenschaftlerin mit den Arbeits- schwerpunkten Sportmedizin, Reha- bilitation und Prävention. Heipertz- Hengst reitet selbst seit ihrer Kindheit und ist ausgebildete Amateurreitleh- rerin. lo INFO REITEN IM ALTER Besonders geschult für den Umgang mit älteren Reitern sind Reitausbilder, die die Zusatzausbildung „Übungsleiter Sport in der Prävention“ gemacht ha- ben. Informationen über Reiten als Gesundheitssport und Adressen dieser Reitlehrer gibt es beim Bundesverband Reiten als Gesundheitssport oder der Reiterlichen Vereinigung (FN) Waren- dorf unter www.pferd-aktuell.de und www.reiten-als-gesundheits- sport.de

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Page 1: IAS Institut - B E W E G U N G F Ü R E I N L A N G E S L E B E N … · 2013. 3. 21. · zureiten. Das Einssein mit dem Partner Pferd in der Natur möchte man auch mal in-dividuell

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„Senioren Mut machen,mit dem Reiten anzufangen“B Z - S E R I E „ S P O R T I M A L T E R “ ( T E I L 1 0 ) : Die Sportwissenschaftlerin ChristineHeipertz-Hengst erklärt im Interview, warum Reiten ein Sport für ältere Menschen ist

Reiten ist Sport – aber nicht nur. Es ist dieVerbindung mit einem Tier, intensivesNaturerlebnis und Training für Körper,Geist und Gemüt. Menschen, die jahr-zehntelang im Sattel gesessen haben,fühlen sich oft auch im Alter dort nochwohl. Aber Reiten ist auch mit Gefahrenverbunden. Christine Heipertz-Hengsterklärt im Gespräch mit Laetitia Ober-gföll die Möglichkeiten und Risiken fürältere Pferdefreunde – der zehnte Teilder BZ-Serie „Sport im Alter – Bewegungfür ein langes Leben“.

BZ: Frau Heipertz-Hengst, taugt Rei-tenals Sport für ältereMenschen?Heipertz-Hengst: Sogar her-vorragend. Ein wichtiger As-pekt ist, dass die körperlichenAnforderungen nicht im Vor-dergrund stehen. Wer ein Le-ben lang reitet, kann das bisins hohe Alter fortsetzen.Wenn man Fußball spieltoder Tennis, dann redu-ziert sich der Sport allmäh-lich. Beim Reiten kann man im-mer voll dabeibleiben – und dasauch noch generationsübergreifend. Dahat der Opa sein Enkelkind vor sich im Sat-tel sitzen oder beide reiten gemeinsam aus,so etwas ist in anderen Sportarten kaummöglich.BZ: Wenn jemand nie geritten ist unddann, etwa wenn er in Rente geht, gernedamit anfangen würde – können sie dasempfehlen?Heipertz-Hengst: Ja. Was Sie da schil-

dern, kommt in der Tat häufig vor. Plötzlichist die Zeit da und auch das Geld, und dannmöchte man sich diesen langgehegtenWunsch erfüllen. Voraussetzungen, um alsälterer Mensch mit den Reiten zu begin-nen, sind eine gute Anleitung, Auswahl derrichtigen Methodik und passende Pferde –wenn jemand vorher noch nie Sport getrie-ben hat, ist generell auch eine ärztliche Ab-klärung zu empfehlen. Wenn das allesstimmt, kann man Senioren sogar richtigMut dazu machen, mit dem Reiten anzu-fangen. Denn wie in kaum einem Sportkann man hier die Anforderungen und die

Belastung sehr gut dosieren.BZ: Mal abgesehen von den kör-

perlichen Aspekten – was ist ge-rade für ältere Menschen nochpositiv am Reitsport?Heipertz-Hengst: Reiten isteine geistige und emotionale

Herausforderung. Man hat dieMöglichkeit, fürsorglich zu sein,

dabei ist der Aufforderungs-charakter sehr groß, denn dasPferd steht ja in der Box und

will bewegt werden. Beim Reitenmuss man sich konzentrieren, das

Bewegungsgefühl und die Wahrneh-mung werden geschult. Es ist nicht wie inanderen Sportarten bloß eine eine motori-sche Beanspruchung, sondern eine ganz-körperliche mit idealen Auswirkungen aufKoordination, Haltung und BeweglichkeitBZ: Reiten gilt aber auch als Risikosportart.Was sind besonders für ältere MenschenGefahren – und wie kann man vorbeugen?Heipertz-Hengst: Immer muss beim Rei-ten der richtige Umgang mit dem Pferd be-sonders geübt werden. Es sind eigenständi-ge Lebewesen, sie sind groß und stark undhaben harte Füße. Deshalb gehört zur Reit-ausbildung immer auch die Vermittlungvon Kenntnissen über das Verhalten vonPferden. Wenn ich zum Beispiel weiß, dasses ein Fluchttier ist, dann kann ich dement-sprechend vorausschauen und reagieren.Gerade bei älteren Einsteigern muss derrichtige Umgang geschult werden – dannist das Risiko gering. Ein anderer Aspekt ge-rade bei Älteren ist, dass Stürze wegenmöglicher Osteoporose vermieden werden

sollten.Allerdings geschehenUnfällemeistgar nicht durch das Herunterfallen, son-dern beim Umgang mit dem Pferd. Trotz-dem kann man eines natürlich nicht weg-diskutieren: Wenn es während des Reitenszum Sturz kommt, dann wirken enormephysikalische Kräfte. Da ist zum einen dieHöhe und zum anderen gegebenenfalls dieGeschwindigkeit. Nicht die Häufigkeit vonUnfällen ist das Problem, sondern dieSchwere einer möglichen Verletzung.BZ: Was für eine Art von Reiten würden Siedenn einem älteren Reiter empfehlen –eher Reitstunden oder einsame Ausritte?Heipertz-Hengst: Das Schöne ist, dassman das beim Reiten sowohl als auch ha-ben kann. Reitstunden sind die Basis, ge-führte Ausritte in der Gruppe kommendann hinzu. Aber natürlich ist es etwas Be-sonderes, mit seinem Pferd auch allein aus-zureiten. Das Einssein mit dem PartnerPferd inderNaturmöchtemanauchmal in-dividuell erleben, und davon rate ich aucherfahrenen Älteren nicht ab. Man solltedann im Stall hinterlassen, in welche Rich-tung man reiten will und wie lange manwegbleiben wird. Und für den Fall des Fal-les hat heute ja jeder ein Handy in der Ta-sche.

Alle bisherigen Teile der Serie aufhttp://mehr.bz/sport-im-alter

B E W E G U N G F Ü R E I N L A N G E S L E B E N

Christine Heipertz-Hengst reitet seit ihrer Kindheit. Früher war sie Spring-und Vielseitigkeitsreiterin, heute bevorzugt sie Jagdreiten. F O T O : P R I V A T

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C H R I S T I N E H E I P E R T Z - H E N G S T

Die 66-Jährige leitet das Institut fürangewandte Sportwissenschaft (IAS)in Kelkheim. Sie ist Pädagogin undSportwissenschaftlerin mit den Arbeits-schwerpunkten Sportmedizin, Reha-bilitation und Prävention. Heipertz-Hengst reitet selbst seit ihrer Kindheitund ist ausgebildete Amateurreitleh-rerin. lo

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Besonders geschult für den Umgangmit älteren Reitern sind Reitausbilder,die die Zusatzausbildung „ÜbungsleiterSport in der Prävention“ gemacht ha-ben. Informationen über Reiten alsGesundheitssport und Adressen dieserReitlehrer gibt es beim BundesverbandReiten als Gesundheitssport oder derReiterlichen Vereinigung (FN) Waren-dorf unter

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