influenzapandemie - prävention und maßnahmen

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SEG mente 10 Influenzapandemie Prävention und Maßnahmen K. Maurer, Th. Mitschke (Hrsg.) M. Temmler, S. Ludäscher Response Prevention Preparedness Recovery

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»Influenzapandemie« stellt die Grundlagen der Ausbreitung und Wirkung eines Grippevirus vor und setzt diesen die im Pandemiefall möglichen Maßnahmen des Infektionsschutzes gegenüber.Band 10 der SEGmente-Reihe erläutert den phasenorientierten nationalen Pandemieplan in Deutschland und ordnet die beteiligten Institutionen und Organisationsstrukturenin das Krisenmanagement ein. In den Mittelpunkt stellen die Autoren geeignete Barrierekonzepte und die Vorhaltung von Schutzausrüstung, Impfstoffen und antiviralen Medikamenten. Die föderal geprägten Strukturen werden dabei in ihrer Tauglichkeit für den Ernstfall eingeschätzt.Aus den vergangenen Pandemiesituationen wie der Schweinegrippe 2009 ziehen die Autoren konkrete Konsequenzen und geben Mitarbeitern des Rettungsdienstes und des Katastrophenschutzes praktische Hinweise und Empfehlungen z.B. zum Umgang mit Schutzausrüstung und kontaminierten Bereichen.

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Page 1: Influenzapandemie - Prävention und Maßnahmen

SEGmente 10Infl uenzapandemie

Prävention und Maßnahmen

SEGmente 10Infl uenzapandemiePrävention und Maßnahmen

ISBN 978-3-938179-84-0 · www.skverlag.de

Infl uenzapandemien gehören zu den häufi gsten wiederkeh-renden Gesundheitsgefahren. Pandemierisiken und deren Auswirkungen muss besonnen und mit fl ächendeckenden Präventions- und Abwehrmaß-nahmen begegnet werden. Mirko Temmler und Simon Ludäscher beschreiben neben den medizinisch-einsatztak-tisch relevanten Grundlagen, die schnelle Ausbreitung und Wirkung von Infl uenzaviren. Auf dieser Basis schätzen sie die Risiken ab und klären über die Phasen und Organisations-strukturen des nationalen Pandemieplans in Deutsch-land auf. Barrierekonzepte und

einzusetzende Schutzausrüs-tungen werden vorgestellt und deren Eignung, Vorhaltung und Handhabung veranschaulicht.Die Impfung als Mittel der Wahl zu einer wirksamen Prä-vention und ihr Einsatz in der Akutphase bei einer Vielzahl zu impfender Personen sowie der Einsatz von antiviralen Mitteln, deren Bevorratung und Ver-teilung, werden anschaulich dargestellt. Dieser kompakte Überblick über das Krisenmanagement im Pandemiefall bietet das nötige Verständnis für einen fundierten und sachlichen Um-gang mit einer der weltweit auftretenden Gefahrenlagen.

K. Maurer, Th. Mitschke (Hrsg.)M. Temmler, S. Ludäscher

K. Maurer, Th. Mitschke (Hrsg.)M. Temmler, S. Ludäscher

Response

Prevention

Preparedness

Recovery

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Anmerkungen des Verlages

Die Herausgeber bzw. Autoren und der Verlag haben höchs-te Sorgfalt hinsichtlich der Angaben von Therapie-Richtlinien, Medikamentenanwendungen und -dosierungen aufgewendet. Für versehentliche falsche Angaben übernehmen sie keine Haf-tung. Da die gesetzlichen Bestimmungen und wissenschaft-lich begründeten Empfehlungen einer ständigen Veränderung unterworfen sind, ist der Benutzer aufgefordert, die aktuell gül-tigen Richtlinien anhand der Literatur und der Beipackzettel zu überprüfen und sich entsprechend zu verhalten. Die Angaben von Handelsnamen, Warenbezeichnungen etc. oh-ne die besondere Kennzeichnung ®/™/© bedeuten keinesfalls, dass diese im Sinne des Gesetzgebers als frei anzusehen wären und entsprechend benutzt werden könnten. Der Text und/oder das Literaturverzeichnis enthalten Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat. Deshalb kann er für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Sei-ten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seite ver-antwortlich. Aus Gründen der Lesbarkeit ist in diesem Buch meist die männ-liche Sprachform gewählt worden. Alle personenbezogenen Aussagen gelten jedoch stets für Frauen und Männer gleicher-maßen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen oder Textteilen, vorbehalten. Einspeicherung in elektronische Systeme, Funksendung, Ver-vielfältigung in jeder Form bedürfen der schriftlichen Zustim-mung der Autoren und des Verlages. Auch Wiedergabe in Aus-zügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung.

© Copyright by Verlagsgesellschaft Stumpf und Kossendey mbH, Edewecht 2011Satz: Jens Pesch, ZülpichDruck: Druckservice Lamken, Oldenburg

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Verlagsgesellschaft Stumpf & Kossendey mbH, Edewecht 2011

Herausgeber: Klaus Maurer Thomas Mitschke

Mitbegründer: Hanno Peter ✝

Band 10

Influenzapandemie

Prävention und Maßnahmen

Mirko TemmlerSimon Ludäscher

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Inhalt

Abkürzungen 6

Geleitwort 7

1 Was ist eine Pandemie? 9

2 Medizinische Grundlagen 122.1 Verbreitung / Auftreten 122.2 Virologie 142.3 Erkrankung und Verlauf 182.4 Diagnostik 20

3 Preparedness 223.1 World Health Organization 223.2 Nationaler Pandemieplan in Deutschland 253.3 Hierarchie im Pandemiefall 293.4 Betriebliche / organisatorische Pandemieplanungen 34

4 Bedeutung der öffentlichen Aufgabenträger 38

5 Prevention und Response 425.1 Barrierekonzepte und Schutzausrüstung 425.2 Einschränkungen der privaten Lebensbereiche 445.3 Einschränkungen der Arbeitsbereiche 445.4 Einschränkungen der öffentlichen Lebensbereiche 485.5 Spezielle Lebensbereiche 485.6 Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) 525.7 Postexpositionsprophylaxe 625.8 Produktion von Impfstoff 63

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6 Massenimpfung 646.1 Kriterien und Nachweis für bevorrechtigte Impfung 646.2 Planung und Informationsmanagement 676.3 Durchführung 686.4 Resümee des betrachteten Einsatzes 69

7 Antivirale Mittel und Impfung 717.1 Einsatz von Medikamenten 717.2 Bevorratung antiviraler Medikamente 727.3 Impfung 72

8 Zusammenfassung und Ausblick 76

Anhang 78Anmerkungen 78Literatur 79Abbildungsnachweis 83

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BBK Bundesamt für Bevöl­kerungsschutz und Katastrophenhilfe

BfArM Bundesinstitut für Arz­neimittel und Medizin­produkte

BGR 190 Berufsgenossenschaft­liche Richtlinie 190

BMG Bundesgesundheits­ministerium

BMI Bundesministerium des Innern

CSA Chemikalienschutzanzug

ECDC European Centre for Disease Prevention and Control

GAR Global Alert and Response Team

GG Grundgesetz

GVBl. Gesetz­ und Verord­nungsblatt

IfSG Infektionsschutz gesetz

ILI Influenza­Like­Illness

IntMinKoGr interministerielle Koor­dinierungsgruppe

i. V. m. in Verbindung mit

MASGFF Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen (Rheinland­Pfalz)

NGO Nichtregierungs­organisationen

ÖGD Öffentlicher Gesund­heitsdienst

ÖGdG Gesetz über den öffent­lichen Gesundheits­dienst

PSA persönliche Schutzaus­rüstung

PEI Paul­Ehrlich­Institut

RKI Robert Koch­Institut

RNA Ribonukleinsäure (Ribonucleic acid)

RLP Rheinland­Pfalz

SEG­B Schnell­Einsatz­Gruppe Betreuungsdienst

SEG­S Schnell­Einsatz­Gruppe Sanitätsdienst

SEG­V Schnell­Einsatz­Gruppe Verpflegungsdienst

STIKO Ständige Impf­kommission

UN Vereinte Nationen (United Nations)

WHO Weltgesundheitsorga­nisation (World Health Organization)

ZSKG Gesetz über den Zivil­schutz und die Katas­trophenhilfe

Abkürzungen

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Geleitwort

Band 10 der Reihe »SEGmente« richtet sich an die Akteu-re im Bevölkerungsschutz und gibt zahlreiche praxisorien-tierte Hinweise zum Umgang mit einer Influenzapandemie. Das Influenzavirus A/H1N1 trat im Frühjahr 2009 erstma-lig auf und verbreitete sich rasch weltweit. Der Verlauf und die Auswirkungen dieser Pandemie waren zum damaligen Zeitpunkt nicht abschätzbar. Auch wenn die Erkrankungs-schwere durch das neue Influenzavirus A/H1N1 2009 gerin-ger war als befürchtet, zeigt die rasante Ausbreitung deut-lich auf, wie schnell gerade eine moderne Industrienation mit hoher Mobilität wie die Bundesrepublik von einem neu-en Erreger betroffen sein kann. Vorbereitungen, Planungen und Abstimmungsprozesse al-ler beteiligten Partner in der Gefahrenabwehr sind nötig, um für den Pandemiefall oder andere Epidemien gerüs-tet zu sein. Eine wirksame Vorbereitung auf eine potenziell schwerwiegende Infektion erfordert frühzeitige Prävention. Derartige Vorsorge gehört zu den ureigensten Aufgaben des Bevölkerungsschutzes. Eine Aussage über den Schweregrad lässt sich häufig erst zu einem späteren Zeitpunkt treffen. Die Autoren haben ein Praxishandbuch im Bereich der Ge-fahrenabwehr vorgelegt. Über Organisationsgrenzen hin-weg müssen alle Beteiligten über eine gemeinsame Wis-sensgrundlage verfügen, um in einen zielorientierten Dia-log zu treten. Die daraus resultierenden Absprachen werden im Ereignisfall allen zugute kommen.Aus der Perspektive des Bevölkerungsschutzes vor biologi-schen Gefahren schafft das Werk das nötige Verständnis für einen fundierten und sachlichen Umgang mit einem The-ma, das in den Medien und von Experten zum Teil sehr un-terschiedlich beleuchtet wurde. Bei aller Kritik muss der Be-völkerungsschutz seinen Aufgaben durch gründliche Vor-

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bereitung auch auf eine schwerere Pandemie, deren Folgen über den Gesundheitsbereich hinausreichen, gerecht wer-den.Die Autoren widmen sich den medizinischen Aspekten ebenso wie dem Umgang mit aufwendiger Schutzausrüs-tung, die beim Auftreten hoch kontagiöser Erreger mit ho-her Letalität zum Einsatz kommt, und bleiben dabei für die Nicht-Fachleute gut verständlich.

Prof. Reinhard Burger Präsident des Robert Koch-Instituts

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1 Was ist eine Pandemie?

»Unter dem Begriff Pandemie versteht man die länder- und kontinentübergreifende Ausbreitung einer Infektions-krankheit. Im Gegensatz zu einer Epidemie ist eine Pande-mie somit örtlich nicht beschränkt. Typisch für Pandemien ist eine schnelle Ausbreitung, die besonders in großen Po-pulationen durch engen Kontakt der empfänglichen Indivi-duen begünstigt wird.« (1)

Eine Pandemie wird also gekennzeichnet durch eine staatenübergreifende Ausbreitung des Erregers, der zu Er-krankungen und Todesfällen beim Menschen führt.

Neben Pandemien durch HIV und Hepatitisviren ist die In-fluenzapandemie im Laufe der letzten 100 Jahre zu einer ausgeprägten Bedrohung für Mensch und Tier geworden. Wie ihr begegnet werden kann und welche Punkte vor al-lem im Rahmen des Bevölkerungsschutzes zu beachten sind, zeigt dieses Buch auf.

Neben dem rein medizinischen Ereignis zeigte die Ver-gangenheit, dass Pandemien auch Einfluss auf die Gesell-schaft und die Wirtschaft haben können sowie vor allem im

Merke: Kriterien für eine Pandemie • neuartiger Erreger• Erkrankungen und Todesfälle beim Menschen• weitgehend keine Immunität• leicht von Mensch zu Mensch übertragbar• sehr rasche weltweite Verbreitung• Auftreten außerhalb der Grippesaison• ungewöhnliche Altersverteilung bei schwer Erkrankten• ungewöhnliche Krankheitsverläufe (z. B. Influenza Myo­

karditis, Encephalitis, virale Pneumonien …)• fast vollständige Verdrängung anderer Influenzaviren

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heutigen Informationszeitalter zu einem gesteigerten Me-dieninteresse führen. Neben den todbringenden Seuchen wie der Pest im Mittelalter haben vor allem die Influenza-pandemien des 20. Jahrhunderts historische Bedeutung für die aktuelle Betrachtung.

Die Auswirkungen einer massiven Grippepandemie sind für das gesellschaftliche Leben sowie für die Wirt-schaft meist einschneidend und nicht nur auf die rein me-dizinischen Folgen beschränkt. Der gesellschaftliche und kulturelle Austausch kann aufgrund der ständigen Anste-ckungsbedrohung nicht mehr stattfinden. Öffentliche Ein-richtungen, Reiseverkehr und öffentliches Leben sind stark eingeschränkt. Die wirtschaftliche Produktion wird aus Si-cherheitsgründen reduziert und die Produktion von nicht existenziellen Gewerken gedrosselt oder sogar vorüber-gehend eingestellt. Nicht zuletzt muss man sich bewusst

Abb. 1 ˘ Spanische Grippe 1918 in den USA

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machen, dass bei einer Vielzahl Erkrankter, Toter oder un-mittelbar Betroffener bestimmte Bereiche nicht mehr be-wirtschaftet werden können oder zumindest große Ein-schränkungen in den Produktionskapazitäten bestehen. Die überwiegend marktwirtschaftlich geprägte mitteleuro-päische Gesellschaft wird auf viele Dinge verzichten und mit nachhaltigen Einbußen leben müssen.

Diesen Auswirkungen kann mit einer guten Vorberei-tung und angemessenen Reaktionsmechanismen weitge-hend begegnet werden. Die Vorbereitung orientiert sich an der Phaseneinteilung eines analogen Großschadensereig-nisses. Abbildung 2 zeigt die vier Phasen: Preparedness für die Vorbereitung auf ein Ereignis, Prevention für präventive Maßnahmen zur Verhütung oder Abschwächung eines Er-eignisses, Response für die Reaktion und die Bewältigung einer Schadenslage und Recovery für die Wiederherstellung des Ausgangszustandes.

Abb. 2 ˘ Einsatzkreislauf

Response

Prevention

Preparedness

Recovery

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5 Prevention und Response

Die Bedrohung durch einen pandemischen Krankheitserre-ger und die potenzielle Ansteckungsgefahr mit einer mögli-cherweise gefährlichen oder gar tödlichen Krankheit stellt uns vor die Frage, wie wir uns, unsere Helfer und die Be-völkerung schützen können. Präventive Maßnahmen zum wirksamen Schutz vor Infektion sind eine der wichtigsten Säulen der Pandemiearbeit. Die Unterbrechung direkter Übertragungswege durch Schutzkleidung, Verhaltens- und Hygieneregeln kann eine wirksame Maßnahme darstellen. Ferner gibt es im Rahmen präventiver Aktivitäten die Mög-lichkeit der Verabreichung von antiviralen Mitteln als Pro-phylaxe. Die allgemein als beste Prävention anerkannte Vor-sorge ist die Impfung; sie bietet den höchsten Schutzfaktor.

Die folgenden Ausführungen gehen grundsätzlich von einer real existierenden Bedrohung aus (mindestens Pande-miestufe 5).

5.1 Barrierekonzepte und Schutzausrüstung

Ein Barrierekonzept beschreibt die Unterbrechung der Über-tragungswege zwischen infizierten Personen oder konta-minierten Flächen und Nichtvirusträgern. Es soll effektiv die Ansteckung weiterer Personen und damit die Ausbrei-tung eines Virus verhindern. Dieser Kernaussage folgend werden Maßnahmen des Barrierekonzeptes in zwei Berei-chen ablaufen: weiß und schwarz. Der weiße Bereich ist die sichere nicht kontaminierte Zone, wohingegen schwarz für den unsicheren kontaminierten Arbeitsbereich steht. Ana-loge Konzepte beschreiben grün und rot o. Ä., wobei sich die grundsätzliche Differenzierung zwischen rein und unrein nicht verändert.

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Der Übergangsbereich zwischen schwarz und weiß, also beispielsweise die Übergabe von Patienten bzw. Proben oder das Ablegen der Schutzkleidung, ist weiterhin als schwarz anzusehen, da auch hier noch Gefahr besteht und Aufwei-chungen wie graue oder orange Bereiche eher verwirren und zu Leichtfertigkeiten verleiten.

Ein Barrierekonzept besteht aus drei Hauptbestandteilen:

1. Verhaltensregeln/organisatorische Maßnahmen2. Hygienemaßnahmen3. Schutzkleidung.

Die Anwendungsmöglichkeiten dieser drei Bausteine sind für den privaten, beruflichen und öffentlichen Lebensbe-reich zu überprüfen und umzusetzen. Die föderale Lan-desstruktur, die lokalen Zuständigkeiten und die privaten Lebens- und Industriebereiche differieren massiv. Daher kann hier lediglich aufgezeigt werden, welche Möglichkei-ten innerhalb eines Barrierekonzeptes grundsätzlich beste-hen und wie diese im Ernstfall anzuwenden sind.

Abb. 5 ˘ Trennung zwischen reinem und kontaminiertem Bereich

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5.2 Einschränkungen der privaten Lebensbereiche

Im Verlauf einer Pandemie kann es notwendig werden, den privaten Lebensbereich einzuschränken, um eine Verlang-samung der Ausbreitung zu erreichen. Aus der in Kapitel 3 beschriebenen Rechtslage lässt sich ableiten, dass die Be-hörden (Gesundheitsämter, Gesundheitsministerien) in die Grundrechte der Bürger eingreifen dürfen, wenn es die La-ge erfordert. Dazu zählt zunächst die Beschränkung der Ver-sammlungsfreiheit nach Art. 8 Grundgesetz, vor allem für Großveranstaltungen wie Fußballspiele, Konzerte o. Ä. Des Weiteren können die Freizügigkeit nach Art. 11, die Unver-letzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 sowie das Postge-heimnis nach Art. 10 beschränkt werden, um infizierte Per-sonen zu identifizieren und zu überwachen. Diese Maßnah-men können eingesetzt werden, um den Pandemieverlauf positiv zu beeinflussen und die Infektionsrate zu verringern.

Ein besonderes Augenmerk muss, vorrangig in der Ent-stehungs- und Ausbreitungsphase, auf den Reiseverkehr gelegt werden. Die hohe Mobilität des 21. Jahrhunderts transportiert Erreger innerhalb kürzester Zeit meist unbe-merkt über Kontinente hinweg. Biologische Gefahren, vor allem Influenzaviren, sind damit niemals ein lokales Prob-lem, sondern meist schon nach kurzer Zeit von globaler Be-deutung. Daher ist die Einschränkung des Reiseverkehrs und der Freizügigkeit von Personengruppen ein probates und legitimes Mittel, um die Ausbreitung von Krankheits-erregern zu verlangsamen.

5.3 Einschränkungen der Arbeitsbereiche

Neben den privaten Lebensbereichen ist der Arbeitsplatz eines der wichtigsten Aufgabenfelder hinsichtlich der

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Durchführung von Schutzmaßnahmen und Handlungs-anweisungen. Die Krankheitsübertragung und -verschlep-pung im Zuge von Pandemien kann gerade im Arbeitsum-feld gravierend sein. Hier treffen unweigerlich verschiede-ne Menschengruppen in einem begrenzten Bereich über einen längeren Zeitraum und an mehreren Tagen in der Woche zusammen. Die Reduzierung von Personenkontak-ten sowie die Umsetzung eines geeigneten Barrierekon-zeptes sind wichtige Ziele.

Die grundsätzlichen Möglichkeiten des Einsatzes einer Übertragungsbarriere am Arbeitsplatz sollten eng mit den Problemstellungen der betrieblichen Pandemieplanung (s. Kap. 3) in Zusammenhang stehen, also den Fragen, ob der Betrieb, die Behörde oder die Organisation einen kriti-schen und gegebenenfalls lebenswichtigen Bereich trifft oder der Arbeitsbetrieb vorübergehend stillgelegt werden kann. Zu diesem Bereich der so genannten kritischen In-frastruktur zählen: Energie- und Wasserversorger, Lebens-mittelproduzenten, Banken, Gefahrenabwehr, Telekom-munikation, Entsorgung von Abfall und Abwasser, medi-zinische Versorgungseinrichtungen und viele mehr.

Je nach Möglichkeit können Mitarbeiter gegebenenfalls von zu Hause aus arbeiten und Meetings über Telefon- und Videokonferenzen abhalten, um die Personenkontakte im Arbeitsumfeld zu reduzieren. Ist dies nicht möglich, bie-tet das Tragen dezidierter persönlicher Schutzausrüstung (PSA), wie Einwegschutzoveralls mit Halbmasken und Ein-malhandschuhe, einen hohen Infektionsschutz. Jedoch muss nicht jeder Mitarbeiter immer und überall Infekti-onsschutzkleidung tragen.

Merke: Infektionsschutz für Mitarbeiter muss zum jewei-ligen Arbeitsumfeld passen.

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Prävention und Maßnahmen

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ISBN 978-3-938179-84-0 · www.skverlag.de

Infl uenzapandemien gehören zu den häufi gsten wiederkeh-renden Gesundheitsgefahren. Pandemierisiken und deren Auswirkungen muss besonnen und mit fl ächendeckenden Präventions- und Abwehrmaß-nahmen begegnet werden. Mirko Temmler und Simon Ludäscher beschreiben neben den medizinisch-einsatztak-tisch relevanten Grundlagen, die schnelle Ausbreitung und Wirkung von Infl uenzaviren. Auf dieser Basis schätzen sie die Risiken ab und klären über die Phasen und Organisations-strukturen des nationalen Pandemieplans in Deutsch-land auf. Barrierekonzepte und

einzusetzende Schutzausrüs-tungen werden vorgestellt und deren Eignung, Vorhaltung und Handhabung veranschaulicht.Die Impfung als Mittel der Wahl zu einer wirksamen Prä-vention und ihr Einsatz in der Akutphase bei einer Vielzahl zu impfender Personen sowie der Einsatz von antiviralen Mitteln, deren Bevorratung und Ver-teilung, werden anschaulich dargestellt. Dieser kompakte Überblick über das Krisenmanagement im Pandemiefall bietet das nötige Verständnis für einen fundierten und sachlichen Um-gang mit einer der weltweit auftretenden Gefahrenlagen.

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Response

Prevention

Preparedness

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