inklusionsbarometer hessen 2014
DESCRIPTION
Wie sehen Kinder mit und ohne Förderbedarf ihren Alltag in Familie und Schule? Wie erleben sie ihre Freizeit und ihre Freunde? Was erwarten sie von ihrer Zukunft? Diese Fragen beantwortet das Inklusionsbarometer Hessen 2014. Für die quantitative Studie wurden 1120 hessische Kinder der vierten und siebten Klasse befragt.TRANSCRIPT
6
Inklusionsbarometer Hessen 2014
Ergebnisse des Erhebungsjahres 2013
Ein Projekt der hessenstiftung – familie hat zukunft
in Zusammenarbeit mit
dem Hessischen Kultusministerium,
dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration,
der LBS Hessen-Thüringen,
der Lebenshilfe Hessen e.V.,
der Randstad Stiftung
Durchführung:
PROSOZ Institut für Sozialforschung - PROKIDS
November 2014
hessenstiftung – familie hat zukunft
Dr. Ulrich Kuther
Darmstädter Straße 100
64625 Bensheim
Telefon: 06251 / 7005-31
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.hessenstiftung.de
PROSOZ Institut für Sozialforschung -
PROKIDS
PROSOZ Herten GmbH
Ewaldstraße 261
45699 Herten
Telefon: 02366 / 188-118
Telefax: 02366 / 188-111
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.prosoz.de
Autorinnen:
Dr. Kathrin Müthing
Verena Todeskino
Typografie und Layout:
Marion Kaltwasser
Inhaltsverzeichnis
Grußwort des Hessischen Ministers für Soziales und Integration .......... 6
Grußwort des Hessischen Kultusministers ............................................. 8
1. Hintergrund .......................................................................................... 11
2. Ziele und Methodik .............................................................................. 13
2.1. Ziele der Studie .............................................................................. 13
2.2. Durchführung der Befragung .......................................................... 15
2.3. Das Erhebungsinstrument .............................................................. 15
3. Stichprobenbeschreibung .................................................................. 19
3.1 Geschlechterverteilung ............................................................... 19
3.2 Besonderer Förderbedarf – Beeinträchtigungen ........................ 20
3.3 Migrationshintergrund ................................................................. 22
3.4 Familienkonstellation .................................................................. 23
3.5 Arbeitslosigkeit in der Familie ..................................................... 25
3.6 Schultyp und Klassenstufe .......................................................... 25
4. Wohlbefinden ....................................................................................... 29
4.1 Allgemeines Wohlbefinden ......................................................... 30
4.2 Wohlbefinden in der Familie ....................................................... 31
4.3 Wohlbefinden in der Schule ........................................................ 32
4.4 Wohlbefinden bei Freunden ........................................................ 33
4.5 Einflüsse auf das allgemeine Wohlbefinden ............................... 33
4.6 Fazit des Kapitels ........................................................................ 34
5. Selbstständigkeit, Vertrauen und Hilfen ........................................... 35
5.1 Selbstständigkeit und Vertrauen in der Familie .......................... 35
5.2 Hilfe und Unterstützung von den Eltern ...................................... 38
5.3 Selbstständigkeit bei Terminplanungen ...................................... 41
5.4 Hilfe und Unterstützung in der Schule ........................................ 48
5.5 Vertrauen in der Schule .............................................................. 51
5.6 Fazit des Kapitels ........................................................................ 53
6. Zukunftsvorstellung............................................................................ 55
6.1 Kinderwunsch ............................................................................. 55
6.2 Berufswunsch ............................................................................. 55
6.3 Berufskriterien ............................................................................. 56
6.4 Fazit des Kapitels ....................................................................... 58
7. Das Zuhause ........................................................................................ 59
7.1 Eltern ........................................................................................... 61
7.2 Geschwister ................................................................................ 77
7.3 Gemeinsame Unternehmungen mit der Familie ......................... 82
7.4 Wohnumfeld ................................................................................ 86
7.5 Fazit des Kapitels ....................................................................... 91
8. Die Schule ............................................................................................ 93
8.1 Fehlt dir etwas, damit es dir in der Schule richtig gut geht? ....... 93
8.2 Lehrkräfte und Mitschüler ........................................................... 95
8.3 Der Schulweg............................................................................ 104
8.4 Ansprüche an eine Schule ........................................................ 106
8.5 Fazit des Kapitels ..................................................................... 113
9. Freizeit, Freunde und Verein ............................................................ 117
9.1 Freizeitaktivitäten der Kinder .................................................... 117
9.2 Vereinszugehörigkeit ................................................................ 132
9.3 Zu wenig Freizeit ...................................................................... 136
9.4 Fehlt dir etwas, damit es dir in deiner Freizeit / bei deinen
Freunden richtig gut geht? ........................................................ 141
9.5 Freundschaft ............................................................................. 142
9.6 Fazit des Kapitels ..................................................................... 150
10. Beurteilung der Befragung .............................................................. 153
11. Zusammenfassung des Inklusionsbarometers 2013 ................... 157
Der Fragebogen ........................................................................................ 160
161
6
Grußwort des Hessischen Ministers für
Soziales und Integration
Liebe Leserinnen und Leser,
bereits im ersten Inklusionsbarometer Hessen stan-
den die Sichtweise und die Meinungsvielfalt von Kin-
dern und Jugendlichen im Mittelpunkt. Das ist gera-
de vor dem Hintergrund der derzeitigen bildungspolitischen Diskussion um
die gemeinsame Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen mit
und ohne Behinderungen bedeutsam. Dieser Ansatz wird mit der vorliegen-
den Erhebung konsequent fortgeführt.
Kinder mit und ohne Behinderungen bedürfen der besonderen Förderung in
unserer Gesellschaft. Deshalb lag es nahe, in dem zweiten, jetzt vorliegen-
den Teil des Inklusionsbarometers Erkenntnisse über die Lebensqualität und
Bedürfnisse von Kindern mit und ohne Behinderungen zu sammeln. Eine der
Leitfragen war, welche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede Kinder
und Jugendliche mit und ohne Behinderungen in ihren Wünschen und Über-
legungen zum Ausdruck bringen.
Die Ergebnisse sind fachlich interessant und bieten Orientierung für die wei-
tere gesellschaftliche Diskussion. Ohne der Erhebung vorwegzugreifen, sind
doch einige Erkenntnisse besonders hervorzuheben. So weist das Wohlbe-
finden von Kindern mit und ohne Behinderungen keine nennenswerten Un-
terschiede auf. Bei allen hängt das eigene Wohlbefinden stark mit den Be-
ziehungen zu Freunden, Bekannten und vor allem der Familie ab. Viel mehr
als der Aspekt der Behinderung wird das Wohlbefinden der Kinder und Ju-
gendlichen beispielsweise durch Faktoren wie Alter und Geschlecht, aber
auch die Arbeitslosigkeit der Eltern beeinflusst. Andererseits wünschen sich
Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen häufiger, dass Ihre Eltern
und Freunde ihnen mehr zutrauen und ihre Selbstständigkeit gefördert wird.
Auch die Zukunftswünsche von Kindern mit und ohne Behinderungen zeigen
keine Unterschiede auf. Spaß am zukünftigen Beruf, Menschen zu helfen
und natürlich auch das Einkommen spielen bei den Befragten eine wichtige
Rolle.
Die vorliegende Studie setzt damit den Trend des ersten Inklusionsbarome-
ters fort. Bereits dort wurde deutlich, wie wenig Kinder und Jugendliche
durch ihre eigenen Behinderungen beeinträchtigt sind, sofern ihr Umfeld
ihnen die entsprechenden Möglichkeiten gibt.
Foto
: F
.A.Z
.-F
oto
/ F
rank R
öth
7
Nicht zuletzt werden durch die Studie Aspekte und Ziele der Kinderrechts-
konvention und der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen
aufgegriffen und verbunden und für Hessen aufbereitet.
Die vorliegende Studie macht an vielen Stellen in beeindruckender Weise
deutlich, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen die glei-
chen Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen haben. Diese Erkenntnisse können
aus meiner Sicht der derzeitigen bildungspolitischen Diskussion wertvolle
Impulse geben.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Stefan Grüttner
Hessischer Minister für Soziales und Integration
und Beiratsvorsitzender der hessenstiftung – familie hat zukunft
8
Grußwort des Hessischen Kultusministers
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Leserinnen und Leser,
mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechts-
konvention haben wir uns verpflichtet, für Menschen
mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen das
Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung umzusetzen. Erklär-
tes Ziel der Hessischen Landesregierung ist es, einen für alle Kinder und
Jugendlichen barrierefreien Zugang zum allgemeinen Bildungssystem zu
ermöglichen.
Bereits zum zweiten Mal unterstützt das Hessische Kultusministerium die
Erstellung des Inklusionsbarometers. Auch im Jahr 2013 wurden dazu Schü-
lerinnen und Schüler mit und ohne Anspruch auf sonderpädagogische För-
derung zu verschiedenen Themen befragt, die sie und ihren Alltag direkt be-
treffen. In Zusammenarbeit mit der hessenstiftung – familie hat zukunft und
PROKIDS – Institut für Sozialforschung konnten im Rahmen der vorliegen-
den Studie Erkenntnisse und Einflussfaktoren zur Lebensqualität von Kin-
dern mit und ohne Behinderung gesammelt werden, die ausschließlich aus
der Kinderperspektive stammen.
Das Besondere an der Erstellung des Inklusionsbarometers ist, dass die
Schülerinnen und Schüler in Hessen eine Plattform erhalten, auf der sie ihre
eigenen Sichtweisen und ganz persönlichen Bedürfnisse in einer wachsen-
den inklusiven Gesellschaft äußern können.
Den individuell bestmöglichen Schul- und Förderort zur Verfügung zu stellen,
ist mir ein großes persönliches Anliegen. Dies kann nur gelingen, wenn auch
weiterhin die Schülerinnen und Schüler selbst sowie alle beteiligten Akteu-
rinnen und Akteure bei der gemeinsamen Gestaltung und Weiterentwicklung
schulischer Inklusion in Hessen gehört und bestmöglich unterstützt werden.
Die Ergebnisse des Inklusionsbarometers werden daher auch Gegenstand
einer Fachtagung sein, bei der die Expertinnen und Experten für die Gestal-
tung von Schule und Unterricht die dokumentierte Meinung der Kinder hö-
ren, um sie bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.
Die Ergebnisse der Studie helfen Vorurteile und Barrieren abzubauen, in-
dem sie die wohl wichtigste Perspektive zur Erfassung der Lebensqualität
der Schülerinnen und Schüler in Hessen in den Mittelpunkt stellen: die
Wahrnehmung der Kinder und Jugendlichen selbst. Sie leisten damit einen
Foto
: ©
HK
M / A
lexander
von M
ichale
wsky
9
wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung einer flächendeckenden, bedarfsge-
rechten und vielseitigen inklusiven Bildungslandschaft in Hessen.
Ich danke allen Beteiligten für die gute und wichtige Zusammenarbeit.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Prof. Dr. R. Alexander Lorz
Hessischer Kultusminister
und stellvertretender Beiratsvorsitzender der hessenstiftung – familie
hat zukunft
11
1. Hintergrund
Inklusion ist auf dem besten Wege, sich in unserer Gesellschaft zu veran-
kern. Dies nicht zuletzt, weil sich auch Deutschland 2009 als Unterzeichner
der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dazu
verpflichtet hat, Menschen mit Behinderungen nicht nur zu integrieren (also
behinderten Menschen einen Zugang zu der Welt der nicht behinderten
Menschen zu gewähren), sondern nach der Manier echter Inklusion Bedin-
gungen zu schaffen, die beiden Gruppen gleichermaßen gerecht werden
und diese gleichwertig nebeneinander stellt.
Bereits im Jahr 2011/2012 hat sich die hessenstiftung – familie hat zukunft
dafür eingesetzt, das Thema Lebensqualität aus Sicht von Kindern mit und
ohne Beeinträchtigungen in die politische Diskussion einzubringen. Das ers-
te so durchgeführte qualitative Inklusionsbarometer Hessen lieferte hierzu
wertvolle Einblicke und konnte nun in einem weiteren Schritt im Jahr 2013
als flächendeckendes quantitatives Inklusionsbarometer, aufbauend auf den
Erkenntnissen der ersten Erhebung, umgesetzt werden.
Das Thema Lebensqualität von Kindern wird als mehrdimensionales Kon-
zept im „Well-Being“-Ansatz seit vielen Jahren im Rahmen der Glücks- bzw.
Wohlbefindensforschung untersucht (vgl. z.B. Diener & Diener, 19961; Ryff &
Keyes, 19952; Lang, 1985
3). Dieser Ansatz gesteht den Kindern zwar das
Recht auf ein aktuell gutes Wohlbefinden zu, leider liegt diesen Forschungen
jedoch immer noch der Ansatz aus Erwachsenenperspektive zugrunde. Es
wird zu oft übersehen, dass Kinder die eigentlichen Experten in ihrer Le-
bensphase Kindheit sind. Die sogenannte Neue Kindheitsforschung stellt
dabei Kinder als kompetente Expertinnen und Experten über die Lebens-
phase Kindheit in den Mittelpunkt seiner Forschung (vgl. z.B. Kränzel-Nagel
1Diener, E. & Diener, C. (1996). Most People Are Happy. Psychological Science, 7 (3), 181-185.
2Ryff, C. D. & Keyes, C. L. M. (1995). The Structure of Psychological Well-Being Revisited.
Journal of Personality and Social Psychology, 69 (4), 719-727. 3Lang, S. (1985). Lebensbedingungen und Lebensqualität von Kindern. Frankfurt am Main/New
York.
12
& Wilk, 20004). Es gibt jedoch in Deutschland bislang noch keine Forschung,
die Kinder mit Behinderungen in dieser Form systematisch einbezieht.
Wer aber die Inklusion von Kindern mit Behinderungen bzw. Beeinträchti-
gungen umsetzen will, muss die besonderen Bedürfnisse dieser Kinder ken-
nen. Kinder mit Behinderungen sind bislang nicht anhand einer flächende-
ckenden quantitativen Erhebung zu ihrer Lebenslage befragt worden und
konnten somit ihren besonderen Bedürfnissen auf ihrem Entwicklungsweg
keinen Ausdruck geben. Diese Lücke soll mit dem Inklusionsbarometer Hes-
sen geschlossen werden, in welchem Kinder mit und ohne Behinderungen
bzw. Beeinträchtigungen gleichberechtigt zu relevanten (Alltags-)Themen
befragt werden.
Ermöglicht wurde diese quantitativ angelegte repräsentative Untersuchung
durch die finanzielle Förderung der hessenstiftung – familie hat zukunft.
Die Themen des aktuellen Inklusionsbarometers bauen auf den Ergebnissen
des qualitativen Inklusionsbarometers Hessen 2011/2012 auf. Mit Hilfe die-
ser quantitativen repräsentativen Untersuchung werden die Themen Hilfen,
Angebote, Zugänglichkeiten und ihr Einfluss auf die Lebensqualität von Kin-
dern als quantitative Studie aufgearbeitet und zudem um die Ansichten von
Kindern ohne Behinderungen bzw. Beeinträchtigung erweitert.
4Kränzel-Nagel, R. & Wilk, L. (2000). Möglichkeiten und Grenzen standardisierte Befragungen
unter besonderer Berücksichtigung der Faktoren sozialer und personaler Wünschbarkeit. In F. Heinzel (Hrsg.), Methoden der Kindheitsforschung. Ein Überblick über Forschungszugänge zur kindlichen Perspektive (S.59-75). Weinheim/München.
13
2. Ziele und Methodik
2.1. Ziele der Studie
Das Ziel der Studie ist, Erkenntnisse über die Lebensqualität von Kindern mit
und ohne Behinderung ausdrücklich aus Kindersicht zu erlangen sowie As-
pekte herauszufiltern, die diese Lebensqualität beeinflussen. Dabei liegt der
Schwerpunkt auf der Betrachtung, ob bzw. inwieweit sich Kinder mit und oh-
ne Behinderungen unterscheiden, oder ob bestimmte Unterschiede durch
andere sozioökonomische Variablen, wie z.B. das Alter der Kinder, verur-
sacht werden.
Durch das qualitative Inklusionsbarometer 2011/2012 wurde festgestellt,
dass die Beziehungen zu anderen Bezugspersonen (Eltern, Geschwister,
Freunde aber auch Lehrkräfte) von immenser Bedeutung für die befragten
Kinder sind. Aus diesem Grund wird neben dem Wohlbefinden der befragten
Kinder insbesondere der Bedeutsamkeit von Beziehungen zu Familienmit-
gliedern, aber auch Freunden, Lehrkräften und anderen Bezugspersonen
nachgegangen.
Vor allem die Beziehung zu Freunden und die gemeinsamen Freizeitaktivitä-
ten ohne Eltern sind für die Kinder eine Möglichkeit, ihre Selbstständigkeit
auszuleben (vgl. z.B. Cornelißen & Entleitner, 2014)5. Dies hat sich in der
Erhebung 2011/2012 durch einen gesteigerten Wunsch nach alleinigen Akti-
vitäten mit den Freuden (z.B. „nur mit den Freunden in die Stadt fahren“, „mit
Freunden ins Kino oder Schwimmbad gehen“, etc.) gezeigt. In der vorlie-
genden Studie wird an dieses Ergebnis angeknüpft und überprüft, ob Kinder
und Jugendliche mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung tatsächlich ein ge-
steigertes Bedürfnis nach Selbstständigkeit haben, oder ob dies für Kinder
und Jugendliche dieser Altersklasse insgesamt ein wichtiges Anliegen ist
5 Cornelißen, W. & Entleitner, C. (2014). Verselbstständigungsprozesse von Kindern in Fami-
lien im Übergang von der Kindheit ins Jugendalter. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 34(1), 4-22.
14
(ebd.; Stecher & Zinnecker 1996)6. Aus diesem Grund wurden zwei Alters-
gruppen (Kind versus jugendlich; operationalisiert über eine Erhebung in
vierten und siebten Klassen) befragt.
Aus dem qualitativen Inklusionsbarometer 2011/2012 hat sich zusätzlich er-
geben, dass das Thema „die eigene Zukunft“ ein interessantes Themenfeld
ist, das systematisch erforscht werden sollte. Im vorliegenden Bericht wird
auch dieser Frage nachgegangen, mit besonderem Augenmerk darauf, wel-
che Berufs- und Zukunftswünsche die befragten Kinder äußern und welche
Gemeinsamkeiten oder Unterschiede sich zwischen Kindern mit und ohne
Behinderungen zeigen.
Die verschiedenen Themen werden im Folgenden auf Grundlage der quanti-
tativen Erhebung erörtert. Anhand der gewonnenen repräsentativen Daten
für das Land Hessen lassen sich auf solider Datenbasis Ansatzpunkte für die
Praxis und Politik ableiten. Ein Schwerpunkt wird dabei auf förderliche Be-
dingungen für ein hohes subjektives Wohlbefinden der befragten Kinder ge-
legt.
Somit verknüpft diese Studie die UN-Kinderrechtskonvention und die UN-
Konvention für Menschen mit Behinderungen. Sie setzt sich einerseits für
die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ein, die im Artikel 12 deutlich
macht, dass Kinder bei politischen Entscheidungen angemessen zu beteili-
gen sind und im Artikel 27 fordert, dass bei Maßnahmen, die Kinder betref-
fen, stets das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen ist. Anderer-
seits will die Studie im Sinne der UN-Konvention für Menschen mit Behinde-
rungen Kontextmerkmale eruieren, die die Teilnahme von Kindern am alltäg-
lichen Leben beeinflussen.
6 Stecher, L. & Zinnecker, J. (1996). Kind oder Jugendlicher? Biographische Selbst- und
Fremdwahrnehmung im Übergang. In Zinnecker & R.K. Silbereisen (1996), Kindheit in Deutsch-land (S.175f). Weinheim/München.
15
2.2. Durchführung der Befragung
Mit Hilfe der vorliegenden Untersuchung sind die Themen aus dem qualitati-
ven Inklusionsbarometer Hessen 2011/2012 aufgearbeitet und um die Grup-
pe der Kinder ohne Behinderung bzw. Beeinträchtigung erweitert worden.
Die Kinder mit und ohne Behinderung sind in ihren jeweiligen Schulformen
(Förderschule, Inklusiver Unterricht, allgemeine Schule) gleichermaßen und
jeweils im Klassenverband befragt worden. Das Konzept des Inklusionsba-
rometers Hessen 2013 sieht vor, dass gewährleistet sein muss, dass die ei-
gene Meinung der Kinder ohne Interpretation von Dritten abgefragt werden
kann. Eine essentielle Voraussetzung war daher die Sprachfähigkeit der
Kinder, die auch durch Dolmetscher gegeben sein kann. Die Durchführung
in den Schulen gewährleistet daher, dass auch leseschwache oder leseun-
fähige Kinder an der Befragung teilnehmen können, da sie Unterstützung
von Lehrkräften, Integrationshelfern oder Mitschülern erhalten.
Die Teilnahme der Kinder an der Studie war selbstverständlich freiwillig und
bedurfte der Erlaubnis der Eltern, daher beteiligten sich nicht immer alle
Schülerinnen und Schüler einer Klasse. Die teilnehmenden Schulen wurden
anhand eines abgestimmten Stichprobenplans gezogen und über die Schul-
leitungen um Teilnahme gebeten. Die Befragung fand in den Klassen unter
Aufsicht der Lehrkräfte statt, die mit einer Standardinstruktion über die Be-
dingungen der Durchführung informiert wurden.
Am Tag der Befragung wurden die ausgefüllten Fragebögen vor Ort von ei-
nem Kind eingesammelt und in einen Umschlag, der direkt verschlossen
wurde, verpackt und an PROKIDS gesendet. So wurde der Ablauf der Be-
fragung dem Datenschutz gerecht. Die Kinder und Eltern können sicher sein,
dass die Antworten der Kinder anonym behandelt werden und die Auswer-
tung unabhängig von den Lehrkräften erfolgt.
2.3. Das Erhebungsinstrument
Die Stichprobe des Inklusionsbarometers Hessen 2013 wurde für das ge-
samte Bundesland als Zufallsstichprobe der 9-10-Jährigen sowie 12-13-
Jährigen geschichtet aus Förder- und allgemeinen Schulen gezogen. Die
16
Schülerinnen und Schüler sind mit einem schriftlichen Fragebogen zu den
verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Schule und Freizeit/Freunde) und
Themenstellungen, die im qualitativen Inklusionsbarometer eruiert worden
sind, befragt worden.
Der eingesetzte Fragebogen beinhaltet ein Set an Items, welche in der Re-
gel anhand fünfstufiger Antwortskalen (vgl. Rohrmann, 1978)7 oder einfacher
Auswahl in geschlossener Form beantwortet werden können. Ergänzend
wurden offene Fragen gestellt. Im Vorfeld wurde der Bogen in mehreren
Durchgängen auf Verständlichkeit und benötigte Zeit zum Ausfüllen getestet
und korrigiert. Zusätzlich ist der entwickelte Fragebogen an das Sprach- und
Lesevermögen der Schwächsten angepasst worden, damit jedes Kind die
Möglichkeit hat, seine Meinung zu äußern. Folgende Skalen, mit denen wir
positive Erfahrungen gemacht haben, sind im Zuge des Inklusionsbarome-
ters Hessen 2013 zum Einsatz gekommen und werden zur besseren Ver-
ständlichkeit abgebildet.
Barometerskala für Abfragen zum Wohlbefinden:
Skala für Häufigkeitsabfragen:
nie selten manchmal oft sehr oft
Skala für Zustimmungsfragen:
stimmt nicht stimmt wenig stimmt mittelmäßig stimmt ziemlich stimmt sehr
7 Rohrmann, B. (1978). Empirische Studien zur Entwicklung von Antwortskalen für die sozial-
wissenschaftliche Forschung. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 9, 222-245.
17
Des Weiteren sind sieben soziodemographische Daten der Kinder erfragt
worden: das Geschlecht, die Klassenstufe, die Schulform, der Förderbedarf,
der Migrationshintergrund, Arbeitslosigkeit in der Familie und der Famili-
enstatus (vgl. Kapitel 0: Stichprobenbeschreibung).
Die Gruppenzugehörigkeit „Behinderung bzw. Beeinträchtigung vs. keine
Behinderung bzw. Beeinträchtigung“ zu erfassen, stellt eine große Heraus-
forderung im Rahmen einer solchen Studie dar. Im Sinne der UN-
Kinderrechtskonvention und der UN-Konvention für Menschen mit Behinde-
rung ist für das Inklusionsbarometer Hessen 2013 entschieden worden, das
Vorhandensein einer Behinderung oder Beeinträchtigung ausschließlich aus
Kindersicht zu erfassen. Dafür wurden die Kinder, in kindgerechter Formulie-
rung und auf einzelne Förderungsarten heruntergebrochen, danach gefragt,
ob sie sonderpädagogische Förderung aufgrund einer Behinderung oder
Beeinträchtigung erhalten. Einschränkend muss an dieser Stelle festgehal-
ten werden, dass anhand dieser Form der Abfrage im Zweifel auch Kinder
als beeinträchtigt eingestuft werden, die nicht zwingend in der amtlichen Sta-
tistik auftauchen, weil es möglich ist, dass sie selber allgemeine Förderung
und explizit sonderpädagogische Förderung nicht auseinanderhalten kön-
nen. Diese Variante hat allerdings den positiven Nebeneffekt, die amtliche
Statistik mit der Lebenswirklichkeit der Kinder zu vergleichen.
19
3. Stichprobenbeschreibung
Im Sommer 2013 wurde zum ersten Mal das quantitative Inklusionsbarome-
ter Hessen durchgeführt. Hierzu wurden Zufallsstichproben von Kindern mit
und ohne Förderbedarf der vierten und siebten Jahrgänge, geschichtet nach
Förder- und allgemeinen Schulen, in Hessen gezogen.
Aufgrund der insgesamt geringen Anzahl von Kindern mit Förderbedarf in
der Gesamtpopulation wurde die Stichprobe der Kinder in Förderschulen
und im Inklusiven Unterricht nicht nach der tatsächlichen Verteilung, sondern
überrepräsentiert gezogen. So konnte gewährleistet werden, dass sich im
Rücklauf genügend Kinder mit Förderbedarf befinden, um gesicherte Aus-
sagen zu den abgefragten Themen erhalten zu können. Kinder ohne För-
derbedarf wurden entsprechend ihrer Verteilung auf die unterschiedlichen
Schulformen als Zufallsstichprobe gezogen. Um den Kriterien der Repräsen-
tativität außerhalb der Fragen zu Unterschieden zwischen Kindern mit und
ohne Beeinträchtigung zu genügen, wurden die Kinder mit Förderbedarf in
den späteren Auswertungen entsprechend ihres Anteils an der Gesamtpo-
pulation pro Jahrgangsstufe in Hessen heruntergewichtet. Für die zu be-
rechnenden Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Förderbedarf
wurde diese Gewichtung nicht vorgenommen.
Insgesamt wurden 1120 Kinder für das Inklusionsbarometer Hessen 2013
befragt. Als relevante Gruppenvariablen für die Auswertung der Ergebnisse
wurden verschiedene soziodemographische Aspekte der Kinder herangezo-
gen, die in den folgenden Unterkapiteln genauer beschrieben werden.
3.1 Geschlechterverteilung
Die befragte Stichprobe teilt sich gleich auf die Geschlechter auf. 50% der
teilnehmenden Kinder sind Jungen, der Anteil der Mädchen liegt folglich
ebenfalls bei 50%8.
8 Grundsätzlich werden alle Prozentzahlen im vorliegenden Bericht kaufmännisch gerundet.
Somit sind ggf. Abweichungen von 100% möglich.
20
3.2 Besonderer Förderbedarf – Beeinträchtigungen
Der Förderbedarf der Kinder wurde durch eine Frage erhoben, bei der die
Kinder zu unterschiedlichen Förderbedarfen (nicht gut sehen können, nicht
gut hören können, Körperbehinderung, längere Krankheit, Erziehungshilfe,
Schwierigkeit beim Sprechen oder Lernen) angeben konnten, ob dieser bei
ihnen vorliegt oder nicht. Bei diesen Angaben handelt es sich um die subjek-
tiven Einschätzungen der Kinder, zur Abklärung des Förderbedarfs wurde
zudem noch herangezogen, ob sich die Kinder auf einer Förderschule befin-
den oder nicht. Für die weiteren Auswertungen sind alle Antwortmöglichkei-
ten zu einer Variable „Förderbedarf“ (mit den Ausprägungen „besondere
Förderung vorhanden“ bzw. „besondere Förderung nicht vorhanden“) zu-
sammengefasst worden. Es zeigt sich, dass 63% der befragten Kinder kei-
nen Förderbedarf und somit 37% der Kinder eine Beeinträchtigung haben.
Der Anteil von Kindern mit Beeinträchtigungen ist in der vorliegenden Unter-
suchung aufgrund der beschriebenen Stichprobenziehung deutlich überre-
präsentiert. Für weitere Berechnungen wurden die Daten so gewichtet, dass
der Anteil an Kindern mit Behinderung für beide Klassenstufen als repräsen-
tativ für Hessen gelten kann.
Hierbei zeigen sich Zusammenhänge zum Geschlecht der Kinder. Unter den
Kindern mit Förderbedarf ist der Anteil der Jungen deutlich höher als in der
Gesamtstichprobe. Jungen berichten zu 44% von einer Beeinträchtigung,
Mädchen haben hingegen in 29% der Fälle einen besonderen Förderbedarf.
Das bedeutet, dass sich innerhalb der Gruppe der befragten Kinder mit einer
Behinderung zu 61% Jungen befinden9.
9 Alle Zusammenhänge innerhalb der Stichprobe werden bei der Berechnung der weiteren Er-
gebnisse berücksichtigt.
Grundsätzlich werden die Angaben der Kinder in diesem Bericht immer auf Unterschiede in den Gruppen Förderbedarf, Geschlecht, Familienkonstellation, Migrationshintergrund, Schultyp, Ar-beitslosigkeit in der Familie und Alter (nach Klassenstufe) untersucht. Hierbei werden nur solche Unterschiede berichtet, die sich als statistisch signifikant (p≤.01) herausstellen und zudem eine Effektstärke von mindestens Eta=.09 aufweisen. Sofern es keine Ausführungen zu möglichen Unterschieden gibt, liegen diese auch nicht vor.
21
Bei näherer Betrachtung der Kinder mit Förderbedarf schlüsseln sich die
Häufigkeiten nach Art der Behinderung bzw. des Förderbedarfs wie folgt auf
(vgl. Abb. 3.1):
Abbildung 3.1: Art der Behinderung bei Kindern mit Förderbedarf
Am häufigsten berichten die Kinder bei Beeinträchtigungen von einer Lern-
behinderung (39%), gefolgt von Beeinträchtigungen beim Sprechen (36%).
17% der Kinder haben eine Seh- und weitere 16% eine Hörbehinderung. Ei-
ne Körperbehinderung benennen 13% der befragten Kinder mit Förderbe-
darf, eine spezielle Förderung aufgrund einer längeren Krankheit erhalten
11% und Erziehungshilfe 10%10
.
Für die weiteren Betrachtungen der Ergebnisse wird zur Kontrastierung der
Einschätzungen von Kindern mit und ohne Behinderungen keine Einteilung
10
Aufgrund der Möglichkeit, mehrere Behinderungsarten anzukreuzen liegt die Gesamtsumme hier über 100%.
10%
11%
13%
16%
17%
36%
39%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Erziehungshilfe
längere Krankheit
Körperbehinderung
Hörbehinderung
Sehbehinderung
Sprachbeeinträchtigung
Lernbeeinträchtigung
Anteil der Kinder
Beh
ind
eru
ng
sart
der
Kin
der
22
mehr zwischen den einzelnen Behinderungsarten gemacht, sondern nur da-
nach, ob eine Beeinträchtigung vorliegt oder nicht.
3.3 Migrationshintergrund
Um erfassen zu können, ob die befragten Kinder einen Migrationshinter-
grund haben, wurden sie ebenso nach ihrem eigenen Geburtsland wie auch
nach dem Geburtsland ihrer Mutter und ihres Vaters befragt. Nach der in
dieser Studie verwendeten Definition liegt ein Migrationshintergrund dann
vor, wenn das Kind selbst, ein Elternteil oder beide Elternteile nicht in
Deutschland geboren worden sind. Die formale Staatsangehörigkeit des
Kindes oder beider Eltern ist dabei nicht von Interesse. Der Vorteil dieser Art
den Migrationshintergrund zu erfassen liegt darin, dass beispielsweise Kin-
der von Spätaussiedlern in ihrer Migrationsgeschichte mit erfasst werden,
was über eine Erfassung der Nationalität nicht der Fall wäre.
Nach dieser Definition lässt sich der Anteil der Kinder mit und ohne Migrati-
onshintergrund wie folgt beschreiben: 65% der befragten Kinder haben kei-
nen Migrationshintergrund, bei 35% liegt ein Migrationshintergrund in der
Familie vor. Eine genauere Betrachtung teilt den Migrationshintergrund in
der Stichprobe (vgl. Abb. 3.2) nach Einwanderern der ersten und zweiten
Generation auf.
23
Abbildung 3.2: Anteil der befragten Kinder (nach Migrationshintergrund)
Die meisten Kinder mit Migrationshintergrund sind Kinder der zweiten Ein-
wanderergeneration und somit selbst in Deutschland geboren. Für die Be-
trachtung der Ergebnisse nach Gruppenunterschieden wird keine Einteilung
mehr zwischen den Einwanderergenerationen gemacht, sondern nur da-
nach, ob ein Migrationshintergrund vorliegt oder nicht.
3.4 Familienkonstellation
Um abbilden zu können, in welcher Familienkonstellation die befragten Kin-
der leben, wurden sie danach gefragt, mit wem sie zusammen in einer Woh-
nung leben.
Von den befragten Kindern leben 73% mit beiden leiblichen Eltern zusam-
men, 12% leben bei ihrer alleinerziehenden Mutter und weitere 8% bei ihrer
leiblichen Mutter und deren neuem Partner. In einem Heim oder einer Pfle-
gefamilie leben 3% der Kinder, jeweils 1% lebt beim Vater mit seiner neuen
65%
29%
6%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
keinMigrationshintergrund
Einwanderer zweiterGeneration - Kind in
Deutschland geboren
Einwanderer ersterGeneration - Kind im
Ausland geboren
An
teil
de
r K
ind
er
24
Partnerin oder beim alleinerziehenden Vater. 2% der Kinder haben keine
Antwort auf diese Frage gegeben (vgl. Tabelle 3.1).
Tab 3.1: Familienstatus
Im Folgenden wird der Familienstatus ausschließlich zwischen Kindern un-
terschieden, die bei alleinerziehenden Elternteilen leben und Kindern, die mit
zwei Erwachsenen im Haushalt leben. Hierzu werden die entsprechenden
Angaben der Kinder zusammengefasst und es ergibt sich eine Verteilung
von 86% in Zweielternkonstellationen und 14% in alleinerziehenden Haus-
halten11
.
Es zeigt sich ein Zusammenhang zum Förderbedarf der Kinder. Kinder mit
Förderbedarf leben häufiger bei Alleinerziehenden (19%) als Kinder ohne
Förderbedarf (11%).
11
Abweichungen von 100% und den Summenwerten aus Tabelle 1 entstehen hierbei neben dem kaufmännischen Runden aufgrund der Tatsache, dass für alle weiteren Analysen Kinder mit fehlenden Angaben zur Familienkonstellation ausgeschlossen wurden.
Familienstatus Anteil Kinder
Leibl. Vater + leibl. Mutter 73 %
Alleinerziehende Mutter 12 %
Leibl. Mutter + neuer Partner 8 %
Heim oder Pflegefamilie 3 %
Keine Angabe 2 %
Alleinerziehender Vater 1 %
Leibl. Vater + neue Partnerin 1 %
Nur Geschwister < 1 %
Nur ehemalige Partner leiblicher Eltern < 1 %
25
3.5 Arbeitslosigkeit in der Familie
Neben der Familienkonstellation im Leben der Kinder wurde zudem erho-
ben, ob die Kinder von Arbeitslosigkeit in der (direkten) Familie, also ihrem
täglichen Lebensumfeld, betroffen sind. Es zeigt sich, dass 8% der Kinder ih-
ren Vater und 23% ihre Mutter als arbeitslos beschreiben. Bei den Müttern
ist dieser Wert vermutlich überschätzt, da ein Teil der Kinder auch Mütter als
arbeitslos bezeichnet, die Hausfrauen sind.
Dennoch handelt es sich hierbei um einen hohen Wert, der höchstwahr-
scheinlich aus der besonderen Stichprobe mit hohem Anteil an Förderkin-
dern resultiert. Diesbezüglich zeigt sich nämlich ein deutlicher Zusammen-
hang. Kinder, die eine Behinderung haben, berichten häufiger davon, von
Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen zu sein (29%) als Kinder ohne be-
sonderen Förderbedarf (21%). Insgesamt sind 24% der Kinder von Arbeits-
losigkeit in ihrer Familie betroffen.
Außerdem zeigt sich ein Zusammenhang zum Migrationshintergrund. Kin-
der, die einen Migrationshintergrund haben, sind ebenfalls häufiger von Ar-
beitslosigkeit in ihrem direkten familiären Umfeld betroffen (35%) als Kinder
ohne Migrationshintergrund (18%).
3.6 Schultyp und Klassenstufe
Wie angestrebt besuchen ungefähr die Hälfte der befragten Kinder jeweils
die vierte (47%) und die siebte Klasse (53%).
Die Verteilung auf die Schulformen zeigt, dass 40% der befragten Kinder ei-
ne Grundschule besuchen und 18% eine Förderschule. 15% der befragten
Kinder gehen auf eine Gesamtschule, weitere 13% auf ein Gymnasium. Eine
Realschule wird von 10% der befragten Kinder besucht und 4% besuchen
eine Hauptschule.
Als Arbeitsvariable hinsichtlich der Schultypen ist jedoch vor allem interes-
sant, ob die Kinder den Inklusiven Unterricht, eine allgemeine oder eine För-
derschule besuchen. Es zeigt sich, dass 40% der befragten Kinder den in-
klusiven Unterricht besuchen und 43% auf eine allgemeine Schule gehen.
26
Wie bereits oben beschrieben, liegt der Anteil der Kinder auf Förderschulen
bei 18% (vgl. Abb. 3.3).
Abbildung 3.3: Anteil der befragten Kinder (nach Schultyp)
Diese verschiedenen Schultypen werden im weiteren Verlauf des Berichts in
jede Analyse einbezogen, um mögliche Unterschiede zwischen Kindern mit
und ohne Förderbedarf auch anhand des Faktors der (gemeinsamen) Be-
schulung betrachten zu können.
Hinsichtlich der verschiedenen Schultypen zeigt sich natürlich ein Zusam-
menhang zum Förderbedarf der Kinder. So besuchen ausschließlich Kinder
mit Förderbedarf die Förderschulen und auch der Inklusive Unterricht wird
häufiger von Kindern mit Förderbedarf (46%) besucht als die allgemeine
Schule in der Stichprobe (5%). Kinder ohne Förderbedarf besuchen somit
häufiger eine allgemeine Schule (65%) und seltener den inklusiven Unter-
richt (35%).
Entsprechend der zuvor berichteten Zusammenhänge sind Kinder, die auf
eine Förderschule gehen, häufiger von Arbeitslosigkeit in der Familie betrof-
18%
40% 43%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Förderschule Inklusiver Unterricht Allgemeine Schule
An
teil
der
Kin
der
Schultyp
27
fen (33%) als Kinder, die eine allgemeine Schule (18%) oder den Inklusiven
Unterricht (26%) besuchen.
Nach Betrachtung des Migrationshintergrundes der Kinder zeigt sich, dass
der Inklusive Unterricht häufiger von Kindern mit Migrationshintergrund
(45%) und allgemeine Schulen häufiger von Kindern ohne Migrationshinter-
grund (46%) besucht werden und andersherum. Die Verteilung auf die För-
derschulen entspricht jedoch dem erwarteten Wert, es zeigt sich somit keine
überzufällige Häufigkeit von Kindern mit oder ohne Migrationshintergrund
auf den Förderschulen.
Korrespondierend zum Zusammenhang zwischen dem Förderbedarf und
dem Geschlecht der Kinder zeigt sich auch hier ein entsprechender Effekt.
Im Inklusiven Unterricht (42%) und auf den Förderschulen (22%) sind etwas
mehr Jungen vertreten als erwartet, auf den allgemeinen Schulen entspre-
chend weniger als im Durchschnitt (37%). Für Mädchen zeigt sich das um-
gekehrte Bild, sie besuchen häufiger allgemeine Schulen (49%) sowie selte-
ner Förderschulen (14%) und den Inklusiven Unterricht (37%).
29
4. Wohlbefinden
Das Wohlbefinden der Kinder ist in der angewandten Kindheitsforschung ei-
ne zentrale Variable. Um dem Ziel des Inklusionsbarometers 2013 nachzu-
kommen, die Lebensqualität von Kindern mit und ohne Behinderung aus-
drücklich aus Kindersicht zu beleuchten, wurde das Wohlbefinden der Kinder
sowohl als übergeordnetes allgemeines Wohlbefinden, als auch das Wohl-
befinden in den verschiedenen zentralen Lebensbereichen Familie, Schule
und Freundeskreis erfragt. Im Folgenden werden diese Angaben der Kinder
in allen Bereichen detailliert dargestellt.
Um herausfinden zu können, welche Aspekte das Wohlbefinden der Kinder
maßgeblich beeinflussen, werden die hier berichteten Werte zudem in den
folgenden Auswertungen auf signifikante Zusammenhänge mit den weiteren
Aussagen der Kinder geprüft12
.
Das Wohlbefinden der Kinder wurde über eine eigens vom PROSOZ Institut
für Sozialforschung - PROKIDS entwickelte und seit 1999 etablierte Barome-
terskala erfasst (s. Abb. 4.1).
Abbildung 4.1: Die verwendete Barometerskala zur Erfassung des Wohlbefindens
Die verschiedenen Zustände des Wohlbefindens sind in sieben Stufen über
Wetterphänomene visualisiert. Das Gewitter steht dabei für ein „sehr
schlechtes“ Wohlbefinden, der wolkenlose Sonnenhimmel für ein „sehr gu-
tes“ Wohlbefinden. Die fünf Kästchen dazwischen entsprechen den Gefüh-
12
Dies geschieht hauptsächlich über korrelative Berechnungen. Korrelationen werden anhand des Korrelationskoeffizienten r angegeben und beschreiben die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Aspekten, wobei gilt: Je höher der Koeffizient, desto stärker der Zusammenhang. Es werden nur solche Korrelationen berichtet, die sich als statistisch signifikant (p≤.01) heraus-stellen und zudem einen Zusammenhang von mindestens r=.20 aufweisen. Korrelative Zusam-menhänge sind grundsätzlich in beide Richtungen zu verstehen, hierbei wird nicht von einer Kausalität ausgegangen.
30
len „schlecht“, „eher schlecht“, „weder gut noch schlecht“, „eher gut“ und
„gut“. Das schlechteste Wohlbefinden wird für die Auswertung mit dem Zah-
lenwert „1“ erfasst, das Beste mit dem Zahlenwert „7“.
4.1 Allgemeines Wohlbefinden
Das allgemeine Wohlbefinden der Kinder liegt mit einem Mittelwert von
MW=5,5 zwischen „eher gut“ und „gut“ und damit auf der positiven Seite der
Antwortskala. Insgesamt antworten 81% der Kinder im positiven Bereich.
Über die Hälfte der befragten Kinder fühlt sich im Allgemeinen „sehr gut“
(28%) oder „gut“ (30%) und „eher gut“ fühlen sich 23%.
11% der Kinder kreuzen ihr allgemeines Wohlbefinden im mittleren Bereich
an und insgesamt 9% berichten über ein Wohlbefinden im negativen Bereich
der Antwortskala.
Abbildung 4.2: Das allgemeine Wohlbefinden
3% 2% 4%
11%
23% 30% 28%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
sehrschlecht
schlecht eherschlecht
weder gutnoch
schlecht
eher gut gut sehr gut
An
teil
der
Kin
der
Wohlbefinden
31
Kinder mit und ohne Behinderung unterscheiden sich nicht in ihrem allge-
meinen Wohlbefinden. Auch zeigen sich keine statistisch nachweisbaren Un-
terschiede bezüglich Schultyp, Geschlecht, Migrationshintergrund oder Fa-
milienstatus. Allerdings schlägt sich die Arbeitslosigkeit der Eltern statistisch
nachweisbar auf das allgemeine Wohlbefinden der Kinder nieder. Sind die
Kinder von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen, fühlen sie sich weniger
wohl (MW=5,3) als ihre Altersgenossen mit erwerbstätigen Eltern (MW=5,6).
Zudem berichten Kinder der vierten Klasse (MW=5,7) ein höheres Wohlbe-
finden als Kinder der siebten Klasse (MW=5,3).
4.2 Wohlbefinden in der Familie
Das Wohlbefinden in der Familie ist mit einem Mittelwert von 6,0 im Durch-
schnitt etwas besser als das allgemeine Wohlbefinden (MW=5,5). 88% der
im Inklusionsbarometer befragten Kinder fühlen sich in der eigenen Familie
„sehr gut“ (46%), „gut“ (29%) oder „eher gut“ (13%). 6% geben ihr Votum im
mittleren Bereich an. Insgesamt 6% fühlen sich in ihrer Familie nicht gut.
Abbildung 4.3: Das familiale Wohlbefinden
1% 1% 4% 6% 13%
29%
46%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
sehrschlecht
schlecht eherschlecht
weder gutnoch
schlecht
eher gut gut sehr gut
An
teil
de
r K
ind
er
Wohlbefinden
32
Kinder der vierten Klasse weisen auch in der Familie ein leicht höheres
Wohlbefinden auf (MW=6,2) als Kinder der siebten Klasse (MW=5,8).
4.3 Wohlbefinden in der Schule
Die Schule ist der Lebensbereich der Kinder, der den durchschnittlich nied-
rigsten Wert beim Wohlbefinden aufweist (MW=5,2), trotzdem wandert die-
ser Wert nicht in den negativen Bereich. Dies schlägt sich auch in der Vertei-
lung der Antworten auf der Antwortskala nieder: Knapp die Hälfte der Kinder
fühlt sich in der Schule „sehr gut“ (22%) oder „gut“ (25%), weitere 23% füh-
len sich dort immerhin noch „eher gut“ und 16% „mittelmäßig“. 14% der Kin-
der haben allerdings ein negatives Wohlbefinden in der Schule.
Abbildung 4.4: Das schulische Wohlbefinden
In Hessen fühlen sich die Viertklässler im Inklusionsbarometer 2013 mit ei-
nem Mittelwert von MW=5,5 deutlich besser als die Siebtklässler (MW=4,8).
4% 3% 7%
16% 23% 25% 22%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
sehrschlecht
schlecht eherschlecht
weder gutnoch
schlecht
eher gut gut sehr gut
An
teil
der
Kin
der
Wohlbefinden
33
4.4 Wohlbefinden bei Freunden
Das Wohlbefinden im Freundeskreis ist im Vergleich zum Wohlbefinden in
den anderen Lebensbereichen das Höchste (MW=6,4); der Mittelwert liegt
im Durchschnitt zwischen „gut“ und „sehr gut“. Zwei Drittel (66%) der Kinder
fühlen sich „sehr gut“. Fast ein Viertel (22%) fühlt sich im Freundeskreis „gut“
und 7% fühlen sich „eher gut“. Nur 2% haben hier ein negatives Wohlbefin-
den und 3% geben ein Wohlbefinden im mittleren Bereich an.
Abbildung 4.5: Das Wohlbefinden bei Freunden
4.5 Einflüsse auf das allgemeine Wohlbefinden
Das allgemeine Wohlbefinden wird am stärksten vom Wohlbefinden in der
Familie (β=.41) und in der Schule (β=.26) beeinflusst. Darüber hinaus wirkt
sich auch das Wohlbefinden im Lebensbereich Freunde (β=.20) signifikant
auf das allgemeine Wohlbefinden aus.
Das Wohlbefinden in allen Bereichen hängt positiv miteinander zusammen.
Dies deutet darauf hin, dass ein negatives Wohlbefinden in einem Lebens-
bereich nicht durch ein positives Wohlbefinden in anderen Bereichen kom-
pensiert werden kann.
1% 0% 1% 3% 7%
22%
66%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
sehrschlecht
schlecht eherschlecht
weder gutnoch
schlecht
eher gut gut sehr gut
An
teil
de
r K
ind
er
Wohlbefinden
34
4.6 Fazit des Kapitels
Das Wohlbefinden der Kinder weist keine Unterschiede nach Förderbedarf
auf. Lediglich das Geschlecht, das Alter und das Erleben von Arbeitslosigkeit
haben hier einen statistisch signifikanten Einfluss auf das Wohlbefinden der
Kinder. Das Ergebnis aus dem qualitativen Inklusionsbarometer, dass sich
Kinder mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung in ihren Schulen wohler füh-
len, kann in der quantitativen Befragung nicht bestätigt werden. Hier ist für
einen Unterschied im schulischen Wohlbefinden nur ein Alterseffekt erkenn-
bar.
35
5. Selbstständigkeit, Vertrauen und Hilfen
Im qualitativen Inklusionsbarometer 2011/2012 haben die befragten Kinder
häufig ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit betont, daher behandelt
dieses Kapitel die Themen Selbstständigkeit, Hilfen und Vertrauen, bezogen
auf die Bereiche Familie und Schule. Im Vordergrund steht die Frage, ob
Kinder und Jugendliche mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung tatsächlich
ein gesteigertes Bedürfnis nach Selbstständigkeit haben, oder ob dies für
Kinder und Jugendliche dieser Altersklasse insgesamt ein wichtiges Anlie-
gen ist.
5.1 Selbstständigkeit und Vertrauen in der Familie
Die Kinder wurden gefragt, inwiefern sie den Aussagen, ob ihre Eltern ihnen
mehr zutrauen sollen und ob sie gefragt werden möchten, ob sie Hilfe benö-
tigen, zustimmen. Dieser Block wurde für die Kinder mit der Überschrift
„Selbstständigkeit“ versehen.
Abbildung 5.1: Meine Eltern sollen mir mehr zutrauen
28%
15% 20% 18% 20%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
36
Im Durchschnitt stimmen die Kinder der Aussage „Meine Eltern sollen mir
mehr zutrauen“ mittelmäßig zu (MW= 2,9). Nach Häufigkeiten betrachtet
ergibt sich folgendes Bild (vgl. Abb. 5.1): 28% der befragten Kinder stimmen
dieser Aussage „nicht“ zu, weitere 15% stimmen „wenig“ und 20% „mittel-
mäßig“ zu. 18% stimmen dieser Aussage jedoch „ziemlich“ und 20% sogar
„sehr“ zu.
Bezüglich des Zutrauens durch die Eltern ist ein Unterschied zwischen Kin-
dern mit und ohne Förderbedarf festzuhalten. Kinder mit Förderbedarf stim-
men der Aussage häufiger zu (MW=3,3) als Kinder ohne Förderbedarf
(MW=2,8).
In Abbildung 5.2 ist die Verteilung der Antworten auf die Frage „Ich möchte
gefragt werden, ob ich Hilfe brauche“ dargestellt.
Abbildung 5.2: Ich möchte gefragt werden, ob ich Hilfe brauche
26% der Kinder stimmen der Aussage nicht zu. Weitere 18% stimmen an
dieser Stelle nur „wenig“ und weitere 23% eher „mittelmäßig“ zu. Etwas
mehr als ein Drittel stimmt der Aussage „ziemlich“ (15%) bis „sehr“ (19%) zu.
26%
18% 23%
15% 19%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
37
Kinder mit Förderbedarf stimmen der Aussage häufiger zu (MW=3,3) als
Kinder ohne Förderbedarf (MW=2,8). Kinder der vierten Klassenstufen
möchten ebenfalls häufiger danach gefragt werden, ob sie Hilfe brauchen
als die älteren Kinder der siebten Jahrgangsstufe (4. Klasse MW=3,0 vs. 7.
Klasse MW=2,7). Zusätzlich zeigt sich ein Zusammenhang zwischen den
beiden Fragen, das heißt, je häufiger Kinder der Frage, ob ihre Eltern ihnen
mehr zutrauen sollen zustimmen, desto häufiger wollen sie auch gefragt
werden, ob sie Hilfe brauchen (r=.37).
Außerdem wurden die Kinder zur Einschätzung ihrer eigenen Person ge-
fragt. Mit der Frage „Wenn ich mich wirklich anstrenge, kann ich fast alles er-
reichen“, soll eruiert werden, wie viel die Kinder sich selber zutrauen. Die
Abbildung 5.3 verdeutlicht graphisch die Antworten der Kinder.
Abbildung 5.3: Wenn ich mich wirklich anstrenge, kann ich fast alles erreichen
1% 1%
18%
49%
31%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
38
80% der Kinder stimmen der Aussage, dass sie fast alles erreichen können,
wenn sie sich anstrengen, „ziemlich“ (49%) bzw. „sehr“ zu (31%). Eine mit-
telmäßige Zustimmung geben 18% der befragten Kinder. Jedoch geben 2%
der Kinder an, dass sie dieser Aussage „wenig“ (1%) bis „nicht“ (1%) zu-
stimmen. Im Durchschnitt stimmen die Kinder der Aussagen, dass sie fast
alles schaffen können, wenn sie sich wirklich anstrengen, „ziemlich“ zu
(MW=4,1).
Bezüglich dieser Fragestellung zeigt sich ein Unterschied zwischen den Kin-
dern alleinerziehender Eltern und Kindern, die in einem Zweielternhaushalt
groß werden. Kinder alleinerziehender Eltern stimmen der Aussage seltener
zu (MW=3,9) als Kinder, die in einer Zweielternkonstellation aufwachsen
(MW=4,1).
Des Weiteren ist ein positiver Zusammenhang zum allgemeinen, familiären
und schulischen Wohlbefinden der Kinder zu berichten. Je häufiger Kinder
der Aussage, alles erreichen zu können, wenn sie sich anstrengen, zustim-
men, desto höher fällt ihr allgemeines Wohlbefinden (r=.29), das familiäre
Wohlbefinden (r=.26) und das schulische Wohlbefinden (r=.20) aus.
5.2 Hilfe und Unterstützung von den Eltern
Die Bedeutsamkeit der eigenen Familie hat sich im qualitativen Inklusionsba-
rometer herauskristallisiert – die Bedeutsamkeit der Eltern soll in diesem
Kapitle in Bezug auf die Hilfe und das Vertrauen untersucht werden. Stört es
die Kinder, wenn die Eltern helfen oder wird vielleicht mehr Hilfe gewünscht,
können Kinder Termine oder Besuche bei Freunden ohne Eltern wahrneh-
men? Diese Fragen werden, insbesondere unter der Fragestellung, ob Kin-
der mit oder ohne Behinderung bzw. Beeinträchtigung sich bei dieser Frage
stark voneinander unterscheiden, in diesem Kapitel beantwortet.
Die ersten beiden Fragen sind für die Kinder mit der Überschrift „Hilfe von
den Eltern“ betitelt worden. 38% der Kinder geben an, dass es sie „nie“ stört,
wenn die Eltern ihnen helfen. „Selten“ fühlen sich 33% der befragten Kinder
von ihren Eltern gestört, wenn diese ihnen helfen und 21% fühlen sich
manchmal dadurch gestört. „Oft“ (5%) bis „sehr“ (3%) fühlen sich 8% der
Kinder durch die Hilfen der Eltern gestört (vgl. Abb. 5.4).
39
Abbildung 5.4: Wie häufig stört es dich, wenn dir deine Eltern helfen?
Kinder der siebten Jahrgangsstufe fühlen sich etwas häufiger durch die Hil-
fe/ Unterstützung der Eltern gestört (MW=2,2) als Kinder der vierten Jahr-
gangsstufe (MW=1,8). Zusätzlich sind negative Zusammenhänge zu den
verschiedenen Bereichen des Wohlbefindens der Kinder zu berichten: Je
besser das allgemeine Wohlbefinden der Kinder, desto seltener stört es die
Kinder, wenn die Eltern ihnen helfen (r=-.20). Der gleiche Zusammenhang
ist für das familiäre Wohlbefinden festzuhalten, denn je besser das familiäre
Wohlbefinden der Kinder, desto seltener fühlen sich die Kinder von den Un-
terstützungen der Eltern gestört (r=-.22) (und umgekehrt).
38% 33%
21%
5% 3%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
40
Abbildung 5.5: Wie häufig wünschst du dir mehr Hilfe von deinen Eltern bei den Hausaufgaben?
Mehr Hilfe von den Eltern bei den Hausaufgaben wünschen sich 12% der
Kinder „sehr oft“ (5%) und „oft“ (7%). 28% wünschen sich „manchmal“ mehr
Hilfe und etwas weniger als zwei Drittel wünschen sich „selten“ (31%) bis
„nie“ (28%) Unterstützung bei den Hausaufgaben (vgl. Abb. 5.5).
Kinder mit Förderbedarf (MW=2,7) wünschen sich häufiger mehr Hilfe bei
den Hausaufgaben als Kinder, die keinen Förderbedarf aufweisen
(MW=2,3). Kinder, deren Familie von Arbeitslosigkeit betroffen ist, geben
ebenfalls häufiger den Wunsch nach mehr Unterstützung durch die Eltern
bei den Hausaufgaben an (MW=2,5) als Kinder, deren Eltern erwerbstätig
sind (MW=2,2). Ein weiterer Unterschied zeigt sich zwischen den Kindern
der vierten und siebten Jahrgangsstufe: Kinder der vierten Klasse wünschen
sich häufiger die Unterstützung ihrer Eltern (MW=2,4) als die älteren Schüle-
rinnen und Schüler der siebten Jahrgangsstufe (MW=2,2).
Des Weiteren besteht ein Zusammenhang zwischen der Frage, ob die Hilfe
überhaupt benötigt wird und der Tatsache, dass die Kinder mehr Unterstüt-
zung bei den Hausaufgaben wünschen: Je häufiger Kinder gefragt werden
29% 31%
28%
7% 5%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
41
möchten, ob sie Hilfe brauchen, desto häufiger wünschen sie sich die Unter-
stützung ihrer Eltern bei den Hausaufgaben (r=.30).
5.3 Selbstständigkeit bei Terminplanungen
Im qualitativen Inklusionsbarometer hat sich bei den befragten Kindern ein
gesteigerter Wunsch nach alleinigen Aktivitäten gezeigt. Ergänzend dazu
soll untersucht werden, ob Kinder mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung
tatsächlich ein gesteigertes Bedürfnis nach Selbstständigkeit haben, oder ob
dies für Kinder der befragten Altersklassen insgesamt ein wichtiges Anliegen
ist. In diesem Kapitel wird daher der Frage nachgegangen, welche Termine
(z.B. Arztbesuche) die Kinder in Begleitung der Eltern wahrnehmen und wel-
che Verabredungen (beispielsweise Treffen mit Freunden, Spielplatzbesu-
che, Schwimmbadbesuche oder Shopping) sie ohne die Begleitung der El-
tern wahrnehmen können.
Auf die Frage, wie häufig Eltern oder andere Familienmitglieder die Kinder
zu Terminen bringen (z.B. Zahnarzt oder Nachhilfe), antworten die Kinder im
Durchschnitt mit der Antwortmöglichkeit „oft“ (MW=4,3). Die Abbildung 5.6
verdeutlicht das Antwortverhalten der Kinder:
42
Abbildung 5.6: Wenn ich zu einem Termin muss (z.B. Zahnarzt, Nachhilfe,…) dann bringen mich mein Eltern oder jemand anderes aus meiner Familie
Zwei Drittel der Kinder werden „sehr oft“ von ihren Eltern zu Terminen, wie
zum Beispiel dem Zahnarzt oder der Nachhilfe, gebracht. 15% der Kinder er-
leben dies „oft“. „Manchmal“ werden 11% der Kinder gefahren und 5% ge-
ben an, dass sie „selten“ gefahren werden und 4% werden „nie“ gefahren.
Kinder ohne Migrationshintergrund erleben es häufiger, dass sie zu Termi-
nen gefahren werden (MW=4,4) als Kinder mit Migrationshintergrund
(MW=4,1). Gleiches gilt für die Kinder aus Zweielternfamilien, diese werden
häufiger zu Terminen von Familienmitgliedern gefahren (MW=4,4) als Kinder
alleinerziehender Eltern (MW=4,1). Kinder ohne Förderbedarf werden häufi-
ger von ihren Eltern zu Terminen gebracht (MW=4,3) als Kinder mit Förder-
bedarf (MW=4,1).
Geht es um die Verabredungen der Kinder, wenn sie beispielsweise einen
Freund besuchen wollen, sieht die Antwortverteilung der Kinder anders aus
(s. Abb. 5.7). Im Durchschnitt antworten die Kinder, dass sie „manchmal“ zu
Verabredungen mit Freunden gefahren werden (MW=3,3). Zu Verabredun-
4% 5% 11%
15%
66%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
43
gen mit Freunden werden 29% der Kinder „sehr oft“ gebracht. „Oft“ erleben
17% der befragten Kinder dies von ihren Eltern oder Familienmitgliedern. Ein
Viertel der Kinder wird „manchmal“ zu solchen Verabredungen gefahren.
„Nie“ (13%) bis „selten“ (17%) erlebt dies fast ein Drittel der befragten Kin-
der.
Abbildung 5.7: Wenn ich eine Verabredung habe (z.B. Freunde treffen,) dann bringen mich meine Eltern oder jemand anderes aus meiner Familie
Bei Verabredungen mit Freunden werden Kinder ohne Migrationshintergrund
ebenfalls häufiger von Familienmitgliedern gefahren (MW=3,4) als Kinder mit
Migrationshintergrund (MW=3,1). Auch dieser Zusammenhang zeigt sich er-
neut bei den Kindern alleinerziehender Eltern oder Zweielternhaushalten.
Kinder alleinerziehender Eltern werden seltener von ihren Familienmitglie-
dern zu Verabredungen mit Freunden gefahren (MW=2,9) als Kinder aus
Zweielternhaushalten (MW=3,4). Kinder mit Förderbedarf werden auch zu
Verabredungen seltener gefahren (MW=3,0) als Kinder ohne Förderbedarf
(MW=3,4). Des Weiteren ist ein Zusammenhang zwischen den beiden Frage
zu berichten: Je häufiger Kinder angeben, von ihren Eltern zu Terminen ge-
13% 17%
25%
17%
29%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
44
bracht zu werden, desto häufiger geben sie auch an zu Verabredungen ge-
bracht zu werden (r=.40).
Zusätzlich zu den beiden Fragen, die für die Kinder mit der Überschrift „Ter-
mine“ betitelt worden sind, wurden die Kinder gefragt, wie häufig sie zu Akti-
vitäten (Spielplatz, Schwimmen, Raus gehen, Shoppen) ohne Begleitung ei-
nes Älteren gehen dürfen. Ohne die Begleitung von Älteren dürfen die Kin-
der am häufigsten vor die Tür, also einfach mal rausgehen (MW=4,6), ge-
folgt von Spielplatzbesuchen oder anderen Treffpunkten (MW=4,2), dem
Schwimmbadbesuch (MW=3,3) und schlussendlich der Shopping-Tour
(MW=2,3). Im Folgenden werden die Prozentangaben der jeweiligen Aktivi-
täten ohne Begleitung eines Älteren detailliert beschrieben, differenziert
nach den Antwortmöglichkeiten „nie“, „selten“, „manchmal“, „oft“ oder „sehr
oft“.
Abbildung 5.8: Wenn ich will, darf ich ohne Begleitung von Älteren auf den Spielplatz/zum Treffpunkt gehen
Vier Fünftel der befragten Kinder geben an, dass sie „sehr oft“ (60%) bis „oft“
(20%) ohne Begleitung von Erwachsenen auf den Spielplatz gehen dürfen.
Bei 11% der Kinder passiert dies „nie“ (7%) bis „selten“ (4%). „Manchmal“
7% 4%
10%
20%
60%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
45
dürfen 10% der Kinder ohne die Begleitung eines Älteren den Spielplatz auf-
suchen (s. Abb. 5.8).
Kinder ohne Migrationshintergrund dürfen häufiger ohne eine ältere Begleit-
person den Spielplatz aufsuchen (MW=4,3) als Kinder mit Migrationshinter-
grund (MW=4,0). Kinder, deren Eltern berufstätig sind (MW=4,3), dürfen
häufiger ohne die Begleitung eines Älteren den Spielplatz besuchen als Kin-
der, die von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen sind13
(MW=3,9). Kinder
der höheren Jahrgangsstufe dürfen häufiger alleine zum Spielplatz
(MW=4,5) als Kinder der vierten Klasse (MW=3,9). Außerdem dürfen Kinder
ohne Förderbedarf häufiger alleine auf den Spielplatz gehen (MW=4,2) als
Kinder mit Förderbedarf (MW=3,9).
Abbildung 5.9: Wenn ich will, darf ich ohne Begleitung von Älteren schwimmen gehen
Etwas mehr als die Hälfte der befragten Kinder gibt an, dass sie ohne die
Begleitung eines Erwachsenen das Schwimmbad besuchen dürfen („sehr
13
Diese Zusammenhänge sind unter Kontrolle des Migrationshintergrundes berechnet. Somit ist die Tatsache, dass Kinder mit Migrationshintergrund z.B. insgesamt häufiger in Familien leben, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind und der besonderen Förderung bedürfen, nicht aus-schlaggebend für die berichteten Zusammenhänge.
25%
10% 12% 17%
36%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
46
oft“=36% und „oft“=17%). „Manchmal“ dürfen das 12% der befragten Kinder,
wohingegen 35% angeben, dass sie „nie“ (25%) bis „selten“ (10%) alleine
ins Schwimmbad dürfen (s. Abb. 5.9).
Kinder, deren Eltern von Arbeitslosigkeit betroffen sind, dürfen seltener allei-
ne ins Schwimmbad gehen (MW=2,8) als Kinder erwerbstätiger Eltern
(MW=3,4). Die älteren Kinder der siebten Jahrgangsstufe dürfen häufiger al-
leine zum Spielplatz gehen (MW=4,2), ohne dass sie dabei von einem Älte-
ren begleitet werden, als Kinder der vierten Jahrgangsstufe (MW=2,2).
Darüber hinaus zeigt sich ein positiver Zusammenhang zum Gefühl, sich von
den Eltern gestört zu fühlen, wenn diese einem helfen. Je häufiger die Kin-
der sich von diesen Hilfeleistungen gestört fühlen, desto häufiger dürfen die-
se Kinder alleine ins Schwimmbad (r=.23).
Die meisten der befragten Kinder dürfen alleine vor die Tür, also raus gehen
(91%). 6% geben jedoch an „nie“ (4%) oder nur „selten“ (2%) alleine vor die
Tür zu gehen. 3% dürfen das „manchmal“ (s. Abb. 5.10).
Abbildung 5.10: Wenn ich will, darf ich ohne Begleitung von Älteren vor die Tür, raus gehen
4% 2% 3%
11%
80%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
47
Vor die Tür gehen, also einfach raus gehen, dürfen Kinder, deren Familie
von Arbeitslosigkeit betroffen ist, seltener (MW=4,4) als Kinder erwerbstäti-
ger Eltern (MW=4,7). Auch für diese Aktivität zeigt sich ein Unterschied zwi-
schen den beiden Jahrgangsstufen: Kinder der vierten Klassen dürfen etwas
seltener alleine von die Tür gehen (MW=4,5) als Kinder der siebten Jahr-
gangsstufe (MW=4,8). Des Weiteren ist zu berichten, dass Kinder, die eine
Förderschule14
besuchen, seltener alleine vor die Tür gehen dürfen
(MW=4,2) als Kinder der allgemeinen Schulen, (MW=4,7).
Abbildung 5.11: Wenn ich will, darf ich ohne Begleitung von Älteren in die Stadt gehen (shoppen)
44% der Befragten dürfen „nie“ (34%) oder nur „selten“ (10%) alleine in die
Stadt gehen, um beispielsweise zu shoppen. Weitere 13% dürfen dies
„manchmal“ ohne die Begleitung eines Erwachsenen tun und 44% dürfen
dies „oft“ (15%) bis „sehr oft“ (29%) (s. Abb. 5.11).
14
Diese Zusammenhänge sind unter Kontrolle der Arbeitslosigkeit in der Familie berechnet. Somit ist die Tatsache, dass Kinder die eine Förderschule besuchen z.B. insgesamt häufiger in einer Familie leben, die von Arbeitslosigkeit betroffen ist, ist nicht ausschlaggebend für die be-richteten Zusammenhänge. Dies gilt für alle Zusammenhänge in abhängigen Gruppen.
34%
10% 13% 15%
29%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
48
Alleine in die Stadt gehen dürfen Kinder, deren Familie nicht von Arbeitslo-
sigkeit betroffen ist, häufiger (MW=3,1) als Kinder erwerbsloser Familien
(MW=2,6). Wie bei den vorherigen Aktivitäten auch, zeigt sich der Unter-
schied zwischen den unterschiedliche Jahrgangsstufen (4.Klasse: MW=1,9
und 7. Klasse: MW=3,9).
Die Tatsachen, wie häufig die Kinder etwas alleine unternehmen dürfen,
hängen untereinander positiv zusammen. Je häufiger die Kinder angeben al-
leine auf den Spielplatz zu dürfen, desto häufiger geben sie an alleine ins
Schwimmbad zu können (r=.50), vor die Tür gehen zu dürfen (r=.60) oder al-
leine in der Stadt shoppen zu gehen (r=.40).
5.4 Hilfe und Unterstützung in der Schule
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie die befragten Kinder
die Hilfe und Unterstützung durch die Lehrkraft und die Mitschüler wahrneh-
men. Dafür wurden die Kinder gefragt, inwieweit es sie stört, wenn die Leh-
rer oder Mitschüler ihnen helfen. Diese beiden Fragen sind für die Kinder un-
ter der Überschrift „Hilfe in der Schule“ zusammengefasst worden.
Auf die Frage, ob es die Kinder stört, wenn die Lehrkraft ihnen hilft, antwor-
ten die Kinder im Durchschnitt „selten“ (MW=1,8). Eine detaillierte Darstel-
lung der Antworten zeigt die Abbildung 5.12:
49
Abbildung 5.12: Stört es dich, wenn dir deine Lehrer helfen?
Die Hälfte der Kinder empfindet es „nie“ als störend, wenn die Lehrkraft
ihnen hilft (49%). Fast ein Drittel der Kinder gibt an, dass es „selten“ stört,
wenn die Lehrkraft ihnen hilft (30%). Die Hilfe durch die Lehrkraft empfinden
17% der befragten Kinder „manchmal“ als störend. 3% der befragten Kinder
empfinden die Unterstützung durch den Lehrer „oft“ (2%) bis „sehr oft“ (1%)
als störend.
Kinder ohne Migrationshintergrund fühlen sich häufiger von der Hilfe der
Lehrkraft gestört (MW=1,8) als Kinder mit Migrationshintergrund (MW=1,6).
Die älteren Kinder fühlen sich ebenfalls etwas häufiger von den Hilfestellun-
gen der Lehrperson gestört (MW=2,0) als die jüngeren Kinder der vierten
Jahrgangsstufe (MW=1,5).
Bei dieser Frage ist ein negativer Zusammenhang zum schulischen Wohlbe-
finden zu berichten: Je besser das schulische Wohlbefinden der Kinder, des-
to seltener fühlen sie sich durch Hilfe der Lehrkraft gestört (r=-.34).
Für die Unterstützung durch die Mitschüler zeigt sich folgendes Antwortver-
halten der befragten Kinder (s. Abb. 5.13).
49%
30%
17%
2% 1%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
50
Abbildung 5.13: Stört es dich, wenn dir deine Mitschüler helfen?
Mehr als die Hälfte der befragten Kinder (57%) empfindet es „nie“ störend,
wenn ihre Mitschüler ihnen helfen. 29% sehen die Unterstützung der Mit-
schüler „selten“ als Störung an und 10% empfinden „manchmal“ eine Stö-
rung durch die Hilfe der Mitschüler. 4% der Kinder sehen diese Unterstüt-
zung/Hilfe der anderen Kinder dabei „oft“ (2%) oder „sehr oft“ (2%) als Stö-
rung.
Die Kinder, die auf einer allgemeinen Schule sind geben häufiger an, dass
sie die Unterstützung der Mitschüler als störend empfinden (MW=1,8) als
Kinder des Inklusiven Unterrichts (MW=1,6).
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen den beiden Fragen: Je
häufiger Kinder angeben, dass sie die Hilfeleistungen der Lehrkraft stört,
desto häufiger geben sie auch an, dass sie sich von den Hilfestellungen der
Mitschüler gestört fühlen (r=.31).
57%
29%
10%
2% 2%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
51
5.5 Vertrauen in der Schule
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Wunsch nach mehr Vertrauen durch
Lehrkräfte und Mitschüler. Die Kinder sind gefragt worden, inwieweit sie den
Aussagen, dass die Lehrer, aber auch die Mitschüler, ihnen mehr zutrauen
sollen, zustimmen. Diese Fragen sind im Fragebogen mit der Überschrift
„Vertrauen“ versehen worden.
Abbildung 5.14 stellt das Antwortverhalten der Kinder in Bezug auf ihre
Lehrkräfte dar – im Durchschnitt stimmen die Kinder der Aussage eher we-
nig bis mittelmäßig zu (MW=2,6).
Abbildung 5.14: Ich wünsche mir, dass meine Lehrer mir mehr zutrauen
Mehr als ein Viertel (28%) der Kinder stimmt der Aussage, dass der Lehrer
ihnen mehr zutrauen soll, „nicht“ zu. Fast ein weiteres Viertel der Befragten
stimmt dieser Aussage „wenig“ zu. Eine mittelmäßige Zustimmung gibt wie-
derum ein weiteres Viertel und wiederum ein Viertel stimmt der Aussage
„ziemlich“ (13%) bis „sehr“ (12%) zu.
Kinder mit Migrationshintergrund stimmen der Aussage häufiger zu
(MW=2,8) als Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=2,5). Das gleiche gilt
28% 23% 24%
13% 12%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
52
für Kinder alleinerziehender Eltern (MW=2,9), diese stimmen der Aussage-
etwas häufiger zu als Kinder aus Zweielternfamilien (MW=2,5). Kinder mit
Förderbedarf stimmen dieser Aussage etwas häufiger zu (MW=2,9) als Kin-
der ohne besonderen Förderbedarf (MW=2,6).
Gleichzeitig zeigt sich: Je besser das schulische Wohlbefinden, desto selte-
ner wünschen sich die Kinder mehr Zutrauen durch ihre Lehrkraft (r=-.20).
Der Aussage, „Ich wünsche mir, dass meine Mitschüler mir mehr zutrauen“,
stimmt ein Viertel der befragten Kinder „ziemlich“ (11%) bis „sehr“ (14%) zu.
Eine mittelmäßige Zustimmung geben auch hier 23% der Kinder ab. Eben-
falls 23% stimmen hier „wenig“ und 29% stimmen „nicht“ zu.
Abbildung 5.15: Ich wünsche mir, dass meine Mitschüler mir mehr zutrauen
Kinder mit Förderbedarf stimmen der Aussage, mehr Zutrauen seitens der
Mitschüler zu wünschen, etwas häufiger zu (MW=3,0) als Kinder ohne be-
sonderen Förderbedarf (MW=2,6).
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen den beiden Aussagen,
denn je häufiger Kinder angeben, dass sie der Aussage, sich mehr Zutrauen
seitens der Lehrkraft zu wünschen, zustimmen, desto häufiger stimmen sie
29% 23% 23%
11% 14%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
53
der Aussage bezüglich der Mitschüler und deren Zutrauen zu (r=.60). Ein
negativer Zusammenhang zeigt sich jedoch zum schulischen Wohlbefinden:
Je höher das schulische Wohlbefinden, desto seltener stimmen die Kinder
der Aussage, sich mehr Zutrauen von ihren Mitschülern zu wünschen, zu
(r=-.21).
5.6 Fazit des Kapitels
Dieses Kapitel geht der Frage nach, ob Kinder mit Behinderung bzw. Beein-
trächtigung einen gesteigerten Wunsch nach Selbstständigkeit und Aktivitä-
ten ohne Erwachsene aufweisen oder ob hierbei viel eher ein Alterseffekt
vorliegt bzw. andere soziodemographische Variablen einen Einfluss neh-
men. Es zeigen sich sowohl Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne
Förderbedarf als auch zwischen den beiden Jahrgangsstufen. So wünschen
sich Kinder mit Förderbedarf häufiger mehr Zutrauen von ihren Eltern und
häufiger die Frage, ob Hilfe gebraucht bzw. gewünscht ist. Jüngere Kinder
werden häufiger von ihren Eltern zu Terminen/Verabredungen gefahren als
Kinder der siebten Jahrgangsstufe. Dies zeigt sich ebenfalls für Kinder ohne
Migrationshintergrund – auch diese werden häufiger gefahren als Kinder mit
Migrationshintergrund. Interessant ist die Tatsache, dass Kinder mit Förder-
bedarf bei diesen Terminen seltener von ihren Eltern gefahren werden als
Kinder ohne Förderbedarf – dies kann am Einsatz von Fahrdiensten für Kin-
der mit besonderem Förderbedarf liegen15
.
Die Unterstützung durch Mitschüler und Lehrer wird von mehr als der Hälfte
der Kinder „nie“ als störend wahrgenommen. Ältere Kinder, Kinder mit Migra-
tionshintergrund und Kinder von allgemeinen Schulen betrachten die Unter-
stützungsleistungen der Mitschüler oder Lehrer etwas häufiger als störend.
Zusätzlich zeigen sich Unterschiede zwischen den Kindern mit und ohne
Förderbedarf: Kinder mit besonderem Förderbedarf wünschen sich häufiger
mehr Zutrauen seitens der Lehrkraft und der Mitschüler.
15
Hierbei handelt es sich um eine Vermutung, die nicht statistisch durch die Angaben der Kin-der geprüft werden kann.
54
Festzuhalten ist: Ein gesteigerter Wunsch nach mehr Zutrauen besteht bei
den Kindern mit Förderbedarf und den jüngeren Kindern (sowohl innerhalb
der Familie als auch dem Umfeld Schule).
55
6. Zukunftsvorstellung
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den Zukunftsvorstellungen der Kin-
der, in der Form, dass es die Vorstellungen bezüglich des späteren Berufes
und dem Kinderwunsch der Kinder ermittelt. In der qualitativen Studie hat
sich ergeben, dass das Thema „Die eigene Zukunft“ ein interessantes The-
menfeld darstellt. Daher wird in diesem Kapitel der Frage nachgegangen, ob
bei den befragten Kindern bereits ein Berufs- bzw. Kinderwunsch besteht
und welche Kriterien der gewünschte Beruf unbedingt erfüllen soll.
6.1 Kinderwunsch
Zunächst wurden die Kinder gefragt, ob sie später einmal selber Kinder ha-
ben möchten. Zwei Drittel der Befragten möchten später einmal Kinder ha-
ben (66%), ein Drittel (32%) hat auf diese Frage noch keine Antwort („weiß
nicht“). 3% verneinen zum jetzigen Zeitpunkt die Frage nach dem eigenen
Kinderwunsch. Für die Gruppenunterschiede in Bezug auf den Kinder-
wunsch sind folgende Aspekte festzuhalten: Mädchen geben häufiger an,
dass sie sich später einmal Kinder wünschen (69%) als Jungen (62%). Des
Weiteren zeigt sich ein Unterschied nach der Arbeitslosigkeit in der Familie:
Kinder, deren Familie nicht von Arbeitslosigkeit betroffen ist, haben häufiger
einen Kinderwunsch (68%) als Kinder, die von Arbeitslosigkeit in der Familie
betroffen sind (59%).
Ebenso zeigt sich ein Unterschied nach den Klassenstufen: Kinder der sieb-
ten Klassen geben häufiger an, in der Zukunft selber Kinder haben zu wollen
(72%) als Kinder der vierten Jahrgangsstufe (60%).
6.2 Berufswunsch
Bezüglich des Berufes wurden die Kinder danach gefragt, wie genau sie be-
reits wissen, was sie einmal werden möchten. 50% der Befragten geben an,
bereits zu wissen, welchen Beruf sie später einmal ausüben wollen („völlig“:
24% und „ziemlich“: 26%. Etwas mehr als ein Viertel (27%) der Kinder ist
unschlüssig und etwas weniger als ein Viertel ist bezüglich des zukünftigen
Berufes weitgehend unschlüssig („wenig“: 15%; „gar nicht“: 9%). Zu dieser
56
Frage zeigt sich einzig der Unterschied, dass Kinder mit Migrationshinter-
grund (MW=3,6) häufiger genau wissen, was sie einmal werden wollen als
Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=3,3).
6.3 Berufskriterien
Mit einer weiteren Frage wurden die Kinder danach gefragt, was ihnen am
wichtigsten ist, wenn sie an ihren späteren Beruf denken (s. Abb. 6.1). Dabei
hatten sie die Wahl zwischen acht unterschiedlichen Aspekten. Die meisten
Kinder plädieren mit 55% dafür, dass es am wichtigsten ist, jeden Tag wie-
der Spaß an der Arbeit zu haben. An zweiter Stelle, aber schon mit deutli-
chem Abstand, wird der Aspekt viel Geld zu verdienen angekreuzt (35%).
Den dritten Platz nimmt der Aspekt Menschen helfen zu wollen ein. Diesem
Berufsmerkmal stimmen 26% der Kinder zu. Danach folgt das Bedürfnis,
sich mit seinem Beruf für die Natur und die Umwelt einzusetzen (11%). Je-
weils 8% der Kinder möchten gerne berühmt werden und Abwechslung im
Beruf erleben. 7% der Kinder lockt es in den kreativen bzw. handwerklichen
Bereich, sie möchten gerne etwas herstellen und 4% können sich eine spä-
tere Leitungsfunktion vorstellen.
Abbildung 6.1: Wenn du an deinen späteren Beruf denkst, was ist dir dann
besonders wichtig?
4%
7%
8%
8%
11%
35%
36%
55%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
bestimmen dürfen oder das Sagenhaben
etwas herstellen
berühmt werden
Abwechslung haben
für Umwelt und Natur einsetzen
viel Geld verdienen
Menschen helfen
Spaß an der Arbeit
Anteil der Kinder
Wü
nsch
e d
er
Kin
der
57
Zu dem Berufsaspekt „viel Geld zu verdienen“ zeigen sich statistisch be-
deutsame Gruppenunterschiede für das Geschlecht und die Klassenstufe.
Jungen (44%) ist es häufiger wichtig viel Geld zu verdienen als Mädchen
(30%). Kinder der siebten Jahrgangsstufe (40%) ist es ebenfalls leicht häufi-
ger wichtig, einen Beruf zu erlernen bei dem sie „Geld verdienen“ können als
Kindern der unteren Jahrgangsstufe (30%).
Zu dem Aspekt „berühmt zu werden“ zeigt sich beim Migrationshintergrund
ein statistisch signifikanter Gruppenunterschied, der dem in dieser Studie
angelegten Signifikanzniveau entspricht. Kinder mit Migrationshintergrund
(11%) ist es häufiger wichtig mit dem Beruf „berühmt zu werden“ als Kindern
ohne Migrationshintergrund (6%).
Es zeigt sich ein signifikanter Gruppenunterschied bezüglich des Aspektes,
im späteren Beruf „etwas herzustellen“. Mädchen benennen diesen Aspekt
seltener als wichtigen Aspekt für den späteren Beruf (3%) als Jungen (11%).
Zu dem Aspekt, das wichtigste an dem späteren Beruf sei es, „Menschen zu
helfen“ zeigen sich Gruppenunterschiede nach Geschlecht, Migrationshin-
tergrund und Arbeitslosigkeit in der Familie. Mädchen (30%) nennen diesen
Aspekt häufiger als wichtiges Merkmal für den späteren Beruf als Jungen
(22%). Kinder, deren Familie von Arbeitslosigkeit betroffen ist (34%), nennen
dieses Kriterium ebenfalls häufiger als Kinder aus einer Familie, die nicht
von Arbeitslosigkeit betroffen ist (24%).
Sich für „Natur und Umwelt“ einzusetzen, zeigt in der Analyse einen signifi-
kanten Gruppenunterschied: Den jüngeren Kindern (15%) ist dieser Aspekt
für den zukünftigen Beruf etwas wichtiger als den älteren Kindern (8%).
Irgendwann einmal die Leitung zu übernehmen und somit „etwas zu sagen
haben (bzw. bestimmen dürfen)“, nennen Jungen (5%) häufiger als wichti-
gen Aspekt des späteren Berufes als Mädchen (2%).
„Abwechslung haben“ ist auch ein Aspekt, bei dem sich ein statistisch nach-
weisbarer Gruppenunterschied zeigt, die älteren Kinder (12%) nennen die-
sen Grund häufiger als wichtiges Kriterium im späteren Berufsleben als Kin-
der der vierten Klasse (3%).
58
„Spaß an der Arbeit“ wird von Mädchen (59%) häufiger gewählt als von den
männlichen Befragten (50%). Dies zeigt sich auf für die beiden Klassenstu-
fen – ältere Kinder (64%) nennen häufiger diesen Grund als wichtiges Ent-
scheidungskriterium für einen Beruf als die jüngeren Kinder (44%).
6.4 Fazit des Kapitels
Die Zukunftswünsche der Kinder weisen keinen statistisch nachweisbaren
Unterschied zwischen Kindern mit oder ohne Behinderung auf. Insgesamt
wissen die Kinder schon sehr genau, was sie sich für ihre Zukunft vorstellen,
sei es eine eigene Familie mit Kindern zu gründen oder einen Beruf zu erler-
nen, der verschiede Kriterien zu erfüllen hat. Dabei ist den Kindern vor allem
der Spaß am zukünftigen Beruf, die Vergütung und dass Menschen geholfen
werden kann, wichtig. Daran, dass insgesamt bereits 50% der Kinder „ziem-
lich“ genau (26%) oder „völlig“ (24%) angeben können, was sie später ein-
mal werden möchten, zeigt sich auch in der vorliegenden Untersuchung, wie
bereits im qualitativen Inklusionsbarometer, dass das Thema Zukunft ein in-
teressantes und spannendes Themenfeld ist – egal ob eine Behinderung
bzw. Beeinträchtigung vorliegt oder nicht. Jedoch zeigen sich insbesondere
beim Alter und dem Geschlecht der Kinder Unterschiede für die Berufskrite-
rien oder den Kinderwunsch.
59
7. Das Zuhause
Im Bereich der Familie und des Zuhauses der befragten Kinder ist aufgrund
der Ergebnisse des qualitativen Inklusionsbarometers 2011/2012 in der vor-
liegenden Erhebung ein besonderes Augenmerk darauf gelegt worden, ob
sich Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Behinderung hinsichtlich
gewünschter Aktivitäten mit der Familie, der Ausgestaltung von Beziehungen
zu Eltern und Geschwistern sowie dem konkreten Erleben des Wohnumfel-
des ergeben.
Hierzu wurden die Kinder, neben den bereits beschriebenen Fragen zu Un-
terstützungen in der Familie (vgl. Kapitel 5.2), konkret nach verschiedenen
Aspekten des Wohnumfeldes, ihren Beziehungen innerhalb der Familie so-
wie ihren Wünschen zu gemeinsamen Aktivitäten gefragt. Diese Aspekte
werden in den folgenden Kapiteln detailliert dargestellt und im Zusammen-
hang mit dem Wohlbefinden der Kinder betrachtet.
Zum Einstieg wurden die Kinder anhand einer offenen Frage danach ge-
fragt, ob ihnen in der eigenen Familie bzw. der Wohnung etwas fehlt, damit
es ihnen richtig gut geht. Insgesamt haben die Kinder 829 Antworten auf
diese Frage gegeben, wobei auch Mehrfachantworten möglich waren. Diese
wurden, mit Hilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2000)16
, ei-
ner von 14 Kategorien zugeordnet.
In Abbildung 7.1 sind die 8 häufigsten Antworten der hessischen Kinder ab-
gebildet. Auf dem ersten Rang liegt mit 63% die Kategorie „nichts“. Dem-
nach fehlt dem Großteil der Kinder, die mindestens eine Antwort gegeben
haben, nichts in der Familie bzw. der Wohnung, damit es ihnen dort richtig
gut geht.
16
Mayring, P. (2000). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim: Belz.
60
Abbildung 7.1: Fehlt dir etwas, damit es dir in deiner Familie/eurer Wohnung richtig gut geht?
Mit 7% zählt die Kategorie „Umgestaltung der Wohnung/des Hauses“ (mit
großem Abstand) zu der zweithäufigsten Antwortkategorie. In dieser Katego-
rie sind Aussagen zusammengefasst, die sich vor allem auf die Umgestal-
tung der aktuellen Wohnsituation beziehen. Die Kinder wünschen sich „mehr
Blumen“, „keinen Wasserschaden mehr“ oder ihnen fehlt ein „Spielzimmer
für mich und meinen Bruder“.
Auf dem dritten Platz (6%) nennen die Kinder die Kategorie „Haustier“ – die
Kinder benennen an dieser Stelle die verschiedensten Tierarten, die sie sich
als weiteres Familienmitglied für ihre Familie wünschen. Gleichzeitig besteht
bei bereits vorhandenen Tieren der Wunsch nach einem langen Leben der
Tiere oder einer Verbesserung des aktuellen Gesundheitszustandes.
Ebenfalls 6% der Antworten fallen in die Kategorie „Höflich-
keit/Umgangsformen“. Hierzu zählen Antworten die deutlich machen, dass
bei dem Kind ein Wunsch nach Harmonie besteht und (höfliche) Umgangs-
formen vermisst werden: „dass jeder meinen Namen sagt, wenn er was will“,
„dass Mama nicht mehr so viel schreit“ oder „dass Mama und Papa sich
besser verstehen“.
3%
3%
4%
4%
6%
6%
7%
63%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
mehr Beschäftigung
Computer
Geschwister
Elternteil
Höflichkeit/Umgangsformen
Haustier
Umgestaltung der Wohnung/Haus
nichts
Anteil der Kinder
Wü
ns
ch
e d
er
Kin
de
r
61
Mit 4% befindet sich die Kategorie „Eltern(teil)“ auf dem fünften Rang. Zu
dieser Kategorie zählen Antworten der Kinder, die den Wunsch nach einem
oder auch beiden Elternteilen äußern. Ebenfalls auf dem fünften Rang liegt
die Kategorie „Geschwister“. In dieser Kategorie sind Aussagen von Kindern
zusammengefasst, die sich auf den Wunsch nach einem oder auch mehre-
ren Geschwistern beziehen. Diese Geschwister würden das Familienleben
vervollständigen: „einen Bruder, der so alt ist wie ich“
Auf dem siebten Rang befinden sich die beiden Kategorien „Computer“ und
„mehr Beschäftigung“. Die Kinder wünschen sich einen Computer, eine
Spielekonsole oder andere elektronische Geräte. In die Kategorie „mehr Be-
schäftigung“ fallen Aussagen der Kinder, die beschreiben, dass es ihnen
fehlt, mit der Familie Zeit zu verbringen: „sie sollen sich mehr mit mir be-
schäftigen“, „dass Papa früher von der Arbeit kommt“ oder „Zusammenar-
beit“.
Bei der Fragestellung danach, ob den Kindern in ihrer Familie etwas fehlt,
unterscheiden sich Jungen und Mädchen in den Aussagen zum Computer –
Jungen (5%) beschreiben diesen Wunsch häufiger als Mädchen (1%). Es
zeigen sich außerdem ein Unterschied zwischen Kindern unterschiedlicher
Klassenstufen. Kinder der vierten Klasse nennen häufiger, dass ihnen ein
Haustier fehlt (9%) als Kinder der siebten Klasse (3%). Des Weiteren geben
Kinder alleinerziehender Elternteile häufiger an, dass ihnen ein Elternteil
fehlt (19%) als Kinder, die mit beiden Elternteilen aufwachsen (2%). Ist die
Familie von Arbeitslosigkeit betroffen, geben die Kinder häufiger an, dass
ihnen ein Computer fehlt (7%) als Kinder, deren Familie nicht von Arbeitslo-
sigkeit betroffen ist (1%).
Unterschiede nach dem Förderbedarf der Kinder zeigen sich hinsichtlich der
Angaben, ob ihnen in ihrer Familie bzw. Wohnung etwas fehlt, damit es
ihnen richtig gut geht, nicht.
7.1 Eltern
Zu der Beziehung zu ihren Eltern wurden die Kinder, neben den bereits be-
schriebenen Aspekten zur Selbstständigkeit und erhaltenen Hilfen durch ihre
Eltern, außerdem zu den Themen befragt, inwiefern die Eltern ein Gespür
62
dafür haben, wenn es den Kindern nicht gut geht oder sie eine Pause brau-
chen. Dieser Block wurde für die Kinder mit der Überschrift „Was bekommen
deine Eltern von dir mit“ versehen.
Auf die Aussage „Meine Eltern merken sofort, wenn es mir nicht gut geht“
antworten die Kinder im Durchschnitt mit „oft“ (MW=4,1). Nach Häufigkeiten
betrachtet ergibt sich folgendes Bild (vgl. Abb. 7.2): 2% der befragten Kinder
geben an, dass ihre Eltern es „nie“ merken, wenn es ihnen nicht gut geht,
weitere 5% meinen, dies sei nur „selten“ der Fall. 14% der Kinder geben an,
dass es „manchmal“ so ist und insgesamt sind mehr als drei Viertel der Kin-
der davon überzeugt, dass ihre Eltern es „oft“ (35%) oder „sehr oft“ (43%)
sofort bemerken, wenn es dem Kind nicht gut geht.
Abbildung 7.2: Meine Eltern merken sofort, wenn es mir nicht gut geht
Bezüglich der Frage, wie oft die Kinder genervt reagieren, wenn sie von ih-
ren Eltern darauf angesprochen werden, dass es ihnen nicht gut geht, ant-
worteten knapp zwei Drittel der Kinder mit „nie“ (40%) oder „selten“ (23%).
Bei weiteren 23% ist dies „manchmal“ der Fall. „Oft“ (8%) oder sogar „sehr
oft“ (6%) ist insgesamt jedes siebte Kind genervt davon, wenn es von den
Eltern auf sein Wohlbefinden angesprochen wird (vgl. Abb. 7.3). Durch-
2% 5%
14%
35%
43%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
63
schnittlich sind die befragten Kinder somit eher selten (MW=2,2) aufgrund
solcher Nachfragen von ihren Eltern genervt.
Abbildung 7.3: Es nervt mich, wenn meine Eltern mich darauf ansprechen, ob es mir gut geht
Bezogen darauf, was die Eltern von den Kindern mitbekommen, wurde ab-
schließend gefragt, wie häufig die Kinder davon ausgehen, dass ihre Eltern
bemerken, wenn die Kinder eine Pause vom Arbeiten brauchen (z.B. von
den Hausaufgaben oder Haushaltspflichten). Durchschnittlich gesehen ist
dies „manchmal“ (MW=3,3) der Fall. Insgesamt die Hälfte der Kinder gibt an,
dass ihre Eltern es „oft“ (25%) oder „sehr oft“ (24%) bemerken, wenn die
Kinder eine Pause brauchen, weitere 23% bemerken dies „manchmal“. Ins-
gesamt jedes fünfte Kind gibt hingegen an, dass seine Eltern dies „selten“
(16%) oder sogar „nie“ (13%) bemerken (vgl. Abb. 7.4).
40%
23% 23%
8% 6%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
64
Abbildung 7.4: Meine Eltern merken, wenn ich eine Pause vom Arbeiten brauche
Bei allen drei Fragestellungen zum Thema was die Eltern von den Kindern
mitbekommen werden Alterseffekte deutlich. Kinder der vierten Klasse ge-
ben deutlich häufiger an, dass ihre Eltern es sofort merken, wenn es ihnen
nicht gut geht (MW=4,3) als die Kinder bzw. Jugendlichen aus den siebten
Klassen (MW=3,9). Dasselbe Muster zeigt sich bezüglich der Angabe, dass
die Eltern merken, wenn die Kinder eine Pause brauchen. Dies sehen Kin-
der der vierten Klasse häufiger (MW=3,5) als gegeben an als die Jugendli-
chen der siebten Klassen (MW=3,2).
Siebtklässler sind hingegen häufiger genervt, wenn sie von ihren Eltern auf
ihr Wohlbefinden angesprochen werden (MW=2,5) als Kinder der vierten
Klasse (MW=1,8).
Weitere Gruppenunterschiede, auch nach dem Förderbedarf der Kinder,
zeigen sich nicht, es werden jedoch verschiedene Zusammenhänge deut-
lich17
.
17
Diese Zusammenhänge sind unter Kontrolle des Alterseffektes berechnet. Somit ist die Tat-sache, dass jüngere Kinder z.B. insgesamt höhere Wohlbefindenswerte und auch höheres Ver-ständnis der Eltern berichten, nicht ausschlaggebend für die berichteten Zusammenhänge.
13% 16%
23% 25% 24%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
65
Zwischen den verschiedenen Aspekten zeigt sich, dass Eltern, die häufiger
sofort bemerken, dass es ihren Kindern nicht gut geht, nach Angaben der
Kinder auch häufiger erkennen, wenn das Kind eine Pause benötigt (r=.42)
und andersherum. Zudem sind Kinder bei Nachfragen zum Wohlergehen
seltener genervt von ihren Eltern, je häufiger diese merken, dass es dem
Kind nicht gut geht (r=-.25).
Zusätzlich wird bei den hier gemachten Angaben ein Zusammenhang dazu
deutlich, wie häufig sich die Kinder davon gestört fühlen, dass ihre Eltern
ihnen helfen. Je häufiger die Eltern sofort merken, dass es dem Kind nicht
gut geht (r=.-26) oder wann es eine Pause benötigt (r=-.20), desto seltener
fühlen sich die Kinder durch die Hilfe der Eltern gestört und andersherum. Je
häufiger es die Kinder hingegen stört, wenn ihre Eltern ihnen helfen, desto
öfter sind sie auch von ihren Eltern genervt, wenn diese nach dem Wohler-
gehen des Kindes fragen (r=.38).
Mit dem Wohlbefinden der Kinder stehen die Aspekte der aufmerksamen El-
tern ebenfalls in Zusammenhang. Je häufiger die Kinder angeben, dass ihre
Eltern sofort bemerken, wenn es ihnen nicht gut geht, desto höher ist ihr fa-
miliäres (r=.36) und ihr allgemeines Wohlbefinden (r=.28). Dies zeigt sich
auch im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit der Eltern hinsichtlich er-
forderlicher Pausen der Kinder. Je häufiger Eltern diese aus Kindersicht
wahrnehmen, desto besser fühlen sich die Kinder in der Familie (r=.27), im
Allgemeinen (r=.26) und auch in der Schule (r=.25).
Weitere Aspekte der Eltern-Kind-Beziehung, die im Inklusionsbarometer
2013 aufgegriffen wurden, beziehen sich auf das Empfinden der Kinder, in-
wieweit die Eltern sich beschützend oder belehrend in das Leben der Kinder
einbringen und wie intensiv die Kommunikation zu den Eltern erlebt wird.
Bezogen auf den Aspekt der Kommunikation zeigt sich, dass die Kinder ins-
gesamt „oft“ (MW=3,6) mit ihren Eltern über Dinge reden, die sie am Tag er-
lebt haben. Nach Häufigkeiten aufgeschlüsselt wird deutlich, dass sich ins-
gesamt mehr als die Hälfte der Kinder „oft“ (31%) oder sogar „sehr oft“
(28%) mit ihren Eltern über Erlebnisse des Tages unterhalten (s. Abb. 7.5).
66
Insgesamt ein knappes Fünftel der Kinder spricht hingegen „selten“ (13%)
oder „nie“ (5%) mit den Eltern darüber, ein Viertel der Kinder (24%) tut dies
„manchmal“.
Abbildung 7.5: Ich rede mit meinen Eltern über Dinge, die ich am Tag erlebt habe
Es zeigt sich, dass Mädchen häufiger mit ihren Eltern über Dinge sprechen,
die sie am Tag erlebt haben (MW=3,8) als Jungen (MW=3,5). Außerdem
wird deutlich, dass Kinder, die mehr als drei Geschwister haben, signifikant
seltener mit ihren Eltern über ihren Tag sprechen (MW=3,0) als Kinder mit
zwei oder weniger Geschwistern (MW=3,6 - 3,8) 18
.
Wenn die Kinder Probleme haben, wenden sie sich im Durchschnitt eben-
falls „oft“ (MW=3,6) an ihre Eltern. Hierbei zeigt sich eine ähnliche Verteilung
wie bei der vorangegangenen Fragestellung. Mehr als die Hälfte der Kinder
redet insgesamt „oft“ (27%) oder „sehr oft“ mit den Eltern, wenn sie ein Prob-
lem haben, ein Viertel der Kinder tut dies „manchmal“ (24%) und ein Fünftel
18
Weitere Ausarbeitungen zum Thema Geschwister s. Kapitel 7.2.
5%
13%
24%
31% 28%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
67
der befragten Kinder redet „selten“ (14%) oder „nie“ (7%) bei Problemen mit
den Eltern (vgl. Abb. 7.6).
Abbildung 7.6: Ich Wenn ich ein Problem habe, rede ich mit meinen Eltern darüber
Hinsichtlich der Häufigkeit, wie oft über Probleme gesprochen wird, zeigt
sich allerdings kein Unterschied nach dem Geschlecht, sondern nach dem
Alter der Kinder. Viertklässler reden (MW=3,9) weit häufiger mit ihren Eltern,
wenn sie ein Problem haben als Jugendliche der siebten Klasse (MW=3,3).
Zudem zeigt sich erneut ein Effekt nach der Geschwisterzahl. Je mehr Ge-
schwister die Kinder haben, desto seltener reden sie mit ihren Eltern über ih-
re Probleme. Hierbei unterscheiden sich Kinder, die mehr als drei Geschwis-
ter haben (MW=3,1) signifikant von den Einzelkindern und Kindern mit ei-
nem Geschwisterkind (je MW=3,7).
Die beiden Angaben, wie häufig die Kinder mit ihren Eltern über die Erleb-
nisse des Tages sprechen und wie häufig sie mit ihren Eltern reden, wenn
sie ein Problem haben, stehen in einem starken Zusammenhang zueinander
(r=.54). Je häufiger mit den Eltern über die Erlebnisse des Tages gespro-
chen wird, desto öfter werden auch Probleme mit den Eltern geteilt. Unter
Kontrolle dieses Zusammenhangs wird deutlich, dass das familiäre Wohlbe-
7%
14%
24% 27% 29%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
68
finden der Kinder mit der Häufigkeit zusammenhängt, wie oft die Kinder bei
Problemen mit ihren Eltern darüber sprechen. Je häufiger die Kinder ihre
Probleme mit den Eltern bereden, desto höher ist ihr familiäres Wohlbefin-
den (und umgekehrt).
Je häufiger sich die Kinder hingegen davon gestört fühlen, wenn ihre Eltern
ihnen helfen, desto seltener reden sie mit ihnen über ihre Tageserlebnisse
(r=-.24) oder ihre Probleme (r=-.28).
Zudem ist von Interesse, in welchem Ausmaß die Kinder das Gefühl haben
dass ihre Eltern sich Sorgen um sie machen, wenn sie alleine unterwegs
sind.
Im Durchschnitt gehen die Kinder davon aus, dass dies „manchmal“
(MW=3,3) der Fall ist. So ist konkret jedes zehnte Kind (9%) davon über-
zeugt, dass seine Eltern sich „nie“ Sorgen machen, wenn es alleine unter-
wegs ist und jedes fünfte Kind (21%) glaubt, dass sich die Eltern „selten“
sorgen. Ein Viertel der Kinder meint, dass die Eltern sich „manchmal“ (25%)
bei alleinigen Unternehmungen Sorgen um sie machen, knapp die Hälfte der
Kinder ist jedoch insgesamt davon überzeugt, dass die Eltern sich dann „oft“
(19%) oder sogar „sehr oft“ (26%) sorgen (vgl. Abb. 7.7).
69
Abbildung 7.7: Meine Eltern machen sich Sorgen um mich, wenn ich alleine unterwegs bin
Mädchen sind häufiger davon überzeugt, dass sich die Eltern um sie Sorgen
machen, wenn sie alleine unterwegs sind (MW=3,5) als Jungen (MW=3,1)
und auch Kinder mit Migrationshintergrund berichten dies häufiger (MW=3,6
vs. MW=3,1). Weitere Unterschiede oder Zusammenhänge zeigen sich zu
diesem Thema nicht.
9%
21% 25%
19%
26%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
70
Abschließend wird im Themenbereich der Beziehung der Kinder zu ihren El-
tern betrachtet, inwieweit die Kinder die Fürsorge der Eltern als angemessen
empfinden. Hierzu wurde den Kindern die Möglichkeit gegeben, (jeweils ge-
trennt für Mutter und Vater) anzugeben, ob sie das Ausmaß, in dem Mutter
und Vater auf sie aufpassen und ihnen etwas beibringen als angemessen,
zu wenig oder zu viel erleben.
Auf die Aussage „Meine Mutter / mein Vater passt auf mich auf“ geben die
meisten Kinder mit je ca. 80% an, dass dies im genau richtigen Ausmaß ge-
schieht. Es wird jedoch deutlich, dass bei den Vätern häufiger angemerkt
wird, dass sie aus Sicht der Kinder „zu wenig“ (12%) auf sie aufpassen. Nur
3% der Kinder geben hingegen an, dass ihre Mütter zu wenig auf sie auf-
passen. 16% der Kinder geben an, dass ihre Mutter „zu viel“ auf sie auf-
passt, dies ist bei den Vätern von 9% der Kinder der Fall (vgl. Abb. 7.8).
Abbildung 7.8: Meine Eltern passen auf mich auf
3%
82%
16% 12%
79%
9%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
zu wenig genau richtig zu viel
An
teil
de
r K
ind
er
Ausmaß
Mutter
Vater
71
Kinder mit Förderbedarf sind dabei sowohl bei ihrer Mutter als auch bei ih-
rem Vater deutlich häufiger der Meinung, dass diese „zu wenig“ auf sie auf-
passen (vgl. Abb. 7.9 und 7.10). Bezüglich der Mutter kommt hinzu, dass
Kinder mit Förderbedarf zusätzlich häufiger angeben, dass ihre Mutter „zu
viel“ auf sie aufpasst. Das richtige Maß („genau richtig“) bezogen auf die In-
tensität des Aufpassens zu finden, ist bei Kindern ohne Förderbedarf somit
häufiger gegeben.
Abbildung 7.9: Meine Mutter passt auf mich auf (nach Förderbedarf)
8%
73%
20%
3%
82%
15%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
zu wenig genau richtig zu viel
An
teil
de
r K
ind
er
Ausmaß
Förderbedarf
kein Förderbedarf
72
Abbildung 7.10: Mein Vater passt auf mich auf (nach Förderbedarf)
Bei Kindern mit Migrationshintergrund zeigt sich, dass sie häufiger der Mei-
nung sind, dass ihre Eltern „zu viel“ auf sie aufpassen (Mutter: 25%, Vater:
19%). Kinder, die bei einem alleinerziehendem Elternteil leben, geben hin-
gegen häufiger an, dass ihr Vater „zu wenig“ auf sie aufpasst (27%). Dieser
Effekt bleibt auch bestehen, wenn kontrolliert wird, dass mehr Förderkinder
bei Alleinerziehenden leben.
Kinder der jüngeren Klassenstufe sind hingegen häufiger der Meinung, dass
ihr Vater „zu viel“ auf sie aufpasst (12%). Dies geben die Siebtklässler selte-
ner an (7%), sie sind etwas häufiger der Meinung, dass ihr Vater „zu wenig“
auf sie aufpasst (14%).
22%
67%
12% 11%
80%
9%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
zu wenig genau richtig zu viel
An
teil
der
Kin
der
Ausmaß
Förderbedarf
kein Förderbedarf
73
Zum Wohlbefinden zeigen sich hierbei sehr deutliche Zusammenhänge.
Kinder, die das Gefühl haben, ihre Mutter passe zu wenig auf sie auf, berich-
ten ein niedrigeres allgemeines Wohlbefinden (MW=4,2) als Kinder, die die-
se Zuwendung der Mutter als genau richtig (MW=5,6) oder zu viel (MW=5,3)
beschreiben und fallen damit in ihrem Wohlbefinden in den Bereich „weder
gut noch schlecht“. Ebenso verhält es sich mit dem familiären Wohlbefinden
(MW=4,1 vs. MW=5,6 & MW=6,2). Das schulische Wohlbefinden (MW=4,3)
und auch das Wohlbefinden im Freundeskreis (MW=5,9) fallen bei den Kin-
dern, die angeben ihre Mutter passe zu wenig auf sie auf, signifikant gerin-
ger aus als bei Kindern, deren Mutter diesbezüglich „genau richtig“ agiert
(MW=5,2 bzw. MW=6,5).
Ein ähnliches Muster ist für den Vater zu erkennen. Kinder, die das Gefühl
haben, ihr Vater passe zu wenig auf sie auf, berichten ein niedrigeres famili-
äres Wohlbefinden (MW=5,4) als Kinder, die diese Zuwendung als genau
richtig (MW=6,1) oder zu viel (MW=5,9) beschreiben. Genauso verhält es
sich mit dem schulischen Wohlbefinden (MW=4,4 vs. MW=5,2 & MW=6,6).
Das allgemeine Wohlbefinden (MW=4,9) fällt bei den Kindern, die angeben
ihr Vater passe zu wenig auf sie auf, signifikant geringer aus als bei Kindern,
deren Vater diesbezüglich „genau richtig“ handelt (MW=5,6).
74
Die Aussage „Mein Vater / meine Mutter versucht mir etwas beizubringen“
wird in einem ähnlichen Verhältnis wie die Frage nach dem Aufpassen be-
antwortet. Insgesamt geben 84% der Kinder an, dass ihre Mutter dies im ge-
nau richtigen Ausmaß tut, drei Viertel der Kinder (74%) sprechen dies ihrem
Vater zu. Je ein Achtel der Kinder (13%) gibt an, dass ihr Vater ihnen „zu
wenig“ oder „zu viel“ beizubringen versucht, die Mütter schneiden somit et-
was häufiger gut ab, wenn es darum geht hier das richtige Maß zu finden
(vgl. Abb. 7.11).
Abbildung 7.11: Mein Vater / meine Mutter versucht mir etwas beizubringen
Auch hier sind Kinder mit Förderbedarf sowohl bei ihrer Mutter als auch bei
ihrem Vater häufiger der Meinung, dass dieses Verhalten „zu wenig“ gezeigt
wird (vgl. Abb. 7.12 und 7.13). Auch hier kommt wie zuvor bei der Mutter
hinzu, dass Kinder mit Förderbedarf häufiger angeben, dass ihre Mutter „zu
viel“ belehrend auf sie einwirkt. Das richtige Maß („genau richtig“) bezüglich
der Intensität der Belehrung zu finden, ist bei Kindern ohne Förderbedarf
somit häufiger gegeben.
6%
84%
10% 13%
74%
13%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
zu wenig genau richtig zu viel
An
teil
de
r K
ind
er
Ausmaß
Mutter
Vater
75
Abbildung 7.12: Meine Mutter versucht mir etwas beizubringen (nach Förderbedarf)
Abbildung 7.13: Mein Vater versucht mir etwas beizubringen (nach Förderbedarf)
11%
73%
16%
6%
85%
9%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
zu wenig genau richtig zu viel
An
teil
de
r K
ind
er
Ausmaß
Förderbedarf
kein Förderbedarf
19%
64%
16% 12%
75%
13%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
zu wenig genau richtig zu viel
An
teil
de
r K
ind
er
Ausmaß
Förderbedarf
kein Förderbedarf
76
Bezüglich der weiteren Gruppenvergleiche zeigen sich ebenfalls ähnliche
Unterschiede wie bereits zum vorherigen Aspekt. Kinder mit Migrationshin-
tergrund sind häufiger der Meinung, dass ihre Eltern „zu viel“ versuchen,
ihnen etwas beizubringen (Mutter: 16%, Vater: 21%), Kinder, die bei einem
alleinerziehendem Elternteil leben, geben hingegen häufiger an, dass ihr Va-
ter „zu wenig“ versucht, ihnen etwas beizubringen (30%). Dieser Effekt bleibt
auch bestehen, wenn kontrolliert wird, dass mehr Förderkinder bei Alleiner-
ziehenden leben.
Kinder der jüngeren Klassenstufe sind hingegen häufiger der Meinung, dass
ihre Mutter „zu viel“ versucht, ihnen etwas beizubringen (12%). Dies geben
die Siebtklässler seltener an (8%). Siebtklässler sind hingegen etwas häufi-
ger der Meinung, dass ihre Mutter ihnen „zu wenig“ versucht etwas beizu-
bringen (8%) als die Kinder der vierten Klasse (4%).
Zum Wohlbefinden zeigen sich hierbei ebenfalls deutliche Zusammenhänge.
Kinder, die das Gefühl haben, ihre Mutter bringt ihnen im genau richtigen
Ausmaß etwas bei, berichten ein höheres allgemeines Wohlbefinden
(MW=5,6) als Kinder, die diese Zuwendung der Mutter als zu wenig
(MW=4,6) oder zu viel (MW=4,9) beschreiben. Das familiäre Wohlbefinden
ist signifikant niedriger, wenn die Kinder angeben, ihre Mutter versuche zu
wenig, ihnen etwas beizubringen (MW=4,7 vs. MW=5,8 bei „zu viel“ und
MW=6,1 bei „genau richtig“). Genauso verhält es sich beim schulischen
Wohlbefinden (MW=4,1 vs. MW=4,9 bei „zu viel“ und MW=5,3 bei „genau
richtig“).
Ein ähnliches Muster ist auch hier für den Vater zu erkennen. Kinder, die das
Gefühl haben, ihr Vater versucht im genau passenden Ausmaß, ihnen etwas
beizubringen, berichten ein höheres allgemeines (MW=5,7) und auch famili-
äres Wohlbefinden (MW=6,2) als Kinder, die diese Zuwendung als „zu we-
nig“ (MW=4,9 bzw. MW=5,4) oder „zu viel“ (MW=5,2 bzw. MW=5,7) betrach-
ten. Das schulische Wohlbefinden fällt bei den Kindern, die angeben ihr Va-
ter passe zu wenig auf sie auf, signifikant geringer aus als bei Kindern, de-
ren Vater diesbezüglich „genau richtig“ agiert (MW=5,6).
77
7.2 Geschwister
Neben den Eltern stellen in der Familie natürlich auch Geschwister, sofern
vorhanden, wichtige Bezugspersonen der Kinder dar. Deswegen wird an
dieser Stelle noch einmal konkret auf das Miteinander unter den Geschwis-
tern eingegangen.
86% der befragten Kinder haben mindestens einen Bruder oder eine
Schwester19
, insgesamt verteilt sich die Anzahl der Geschwister (oder Halb-
geschwister) wie in Abb. 7.14 dargestellt.
Abbildung 7.14: Wie viele Geschwister oder Halbgeschwister hast du?
Kinder, die Geschwister haben, geben an, dass ihre Geschwister insgesamt
„selten“ (MW=2,0) auf sie aufpassen müssen. Mehr als die Hälfte der Kinder
(52%) macht hierbei deutlich, dass ihre Geschwister „nie“ auf sie aufpassen
müssen, ein Fünftel (18%) erlebt dies „selten“. Auf ein weiteres Fünftel der
befragten Kinder müssen die Geschwister „manchmal“ (19%) aufpassen, je-
19
Kinder die angegeben haben, keine Geschwister zu haben, gehen in die Auswertungen zum Kapitel „Geschwister“ nicht mit ein.
14%
45%
23%
9% 10%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Einzelkind 1 2 3 mehr als 3
An
teil
de
r K
ind
er
Anzahl der Geschwister
78
des zehnte Kind sagt insgesamt, dies sei „oft“ (6%) oder sogar „sehr oft“ der
Fall (vgl. Abb. 7.15).
Abbildung 7.15: Meine Geschwister müssen auf mich aufpassen
Erwartungsgemäß geben die jüngeren Kinder häufiger an (MW=2,2), dass
ihre Geschwister auf sie aufpassen müssen als die Siebtklässler (MW=1,8),
weitere Unterschiede zeigen sich diesbezüglich nicht.
52%
18% 19%
6% 5%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
79
Auf die Frage, wie häufig die Geschwister nerven, antworten die Kinder im
Durchschnitt mit „manchmal“ (MW=3,3). Eine genaue Verteilung der Antwor-
ten ist in Abb. 7.16 dargestellt.
Abbildung 7.16: Meine Geschwister nerven
Ein gutes Viertel der Kinder gibt insgesamt an, dass ihre Geschwister „nie“
(12%) oder nur „selten“ (15%) nerven, ein knappes Drittel der Kinder (30%)
beschreibt, dass dies „manchmal“ geschieht. 18% der Kinder fühlen sich
„oft“ und weitere 25% sogar „sehr oft“ von ihren Geschwistern genervt. Hier-
bei gibt es keine systematischen Unterschiede in den verschiedenen Grup-
pen.
12% 15%
30%
18%
25%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
80
Bei der Streithäufigkeit mit den Geschwistern zeigt sich, dass untereinander
im Durchschnitt „manchmal“ (MW=3,1) gestritten wird. Jeweils ein knappes
Fünftel der Kinder streitet sich demnach „oft“ (19%) oder sogar „sehr oft“
(17%) mit seinen Geschwistern, 9% streiten hingegen „nie“ und weitere 21%
„selten“. „Manchmal“ streiten sich 34% der Kinder mit ihren Geschwistern
(vgl. Abb. 7.17).
Abbildung 7.17: Ich streite mich mit meinen Geschwistern
Ebenfalls „manchmal“ (MW=3,4) unterstützen sich die Kinder unter den Ge-
schwistern gegenseitig. Ein gutes Viertel der Kinder erlebt diese Unterstüt-
zung „sehr oft“ (26%), ein weiteres Viertel „oft“ (24%) und 28% „manchmal“.
Ungefähr jedes zehnte Kind erlebt dies hingegen nur „selten“ (12%) oder
„nie“ (11%) (vgl. Abb. 7.18).
9%
21%
34%
19% 17%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
81
Abbildung 7.18: Meine Geschwister und ich unterstützen uns gegenseitig
Mädchen geben durchschnittlich „oft“ (MW=3,6) und damit häufiger an, dass
sie und ihre Geschwister sich gegenseitig unterstützen als Jungen
(MW=3,2).
Streit- und Unterstützungshäufigkeit unter den Geschwistern stehen in ei-
nem negativen Zusammenhang zueinander. Je weniger sich die Geschwis-
ter gegenseitig unterstützen, desto häufiger gibt es Streit (r=-.32).
Unter den Angaben zum Verhältnis zu den Geschwistern zeigen sich noch
weitere Zusammenhänge: Je häufiger sich die Geschwister gegenseitig un-
terstützen, desto weniger nerven die Geschwister (r=-.35) und desto häufi-
ger müssen die Geschwister auf die befragten Kinder aufpassen (r=.23). Der
größte Zusammenhang zeigt sich allerdings zwischen nervenden Geschwis-
tern und Streit. Je häufiger gestritten wird, desto nerviger werden die Ge-
schwister erlebt und umgekehrt (r=.67).
Im Bereich der Geschwister zeigen sich keine Unterschiede nach dem För-
derbedarf der Kinder, allerdings werden Zusammenhänge zum familiären
Wohlbefinden deutlich: Je seltener sich die Kinder mit ihren Geschwistern
streiten, desto höher fällt ihr familiäres Wohlbefinden aus (r=-.22). Bei der
11% 12%
28% 24% 26%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
82
Unterstützung ist dieser Zusammenhang genau umgekehrt, je häufiger sich
die Geschwister gegenseitig unterstützen, desto höher ist das familiäre
Wohlbefinden der Kinder (r=.21).
7.3 Gemeinsame Unternehmungen mit der Familie
Als Einstieg in dieses Thema wurden die Kinder danach gefragt, ob sie ger-
ne mehr mit ihrer Familie gemeinsam unternehmen würden. Insgesamt ge-
ben die Kinder „mittelmäßig“ an, mehr unternehmen zu wollen (MW=3,2),
wobei sich die Antworten wie folgt auf die verschiedenen Antwortkategorien
verteilen (vgl. Abb. 7.19):
Abbildung 7.19: Ich würde gerne mehr mit meiner Familie gemeinsam machen
Ein knappes Drittel der Kinder stimmt „nicht“ (17%) oder nur „wenig“ (14%)
zu, gerne mehr mit ihrer Familie gemeinsam unternehmen zu wollen. Ein
Viertel der Kinder antwortet hier mit „stimmt mittelmäßig“ (24%), 43% der
Kinder möchten „ziemlich (19%) oder „sehr“ (24%) deutlich mehr mit ihrer
Familie unternehmen.
17% 14%
26%
19% 24%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
83
Kinder mit Förderbedarf stimmen in stärkerem Ausmaß zu, dass sie gerne
mehr mit ihrer Familie unternehmen würden (MW=3,6) als Kinder ohne För-
derbedarf (MW=3,2). Ebenso äußern Kinder der vierten Klassen stärker den
Wunsch, mehr gemeinsam mit der Familie zu unternehmen (MW=3,4) als
Jugendliche in den siebten Klassen (MW=3,0).
Zusammenhänge zum Wohlbefinden oder zur Kommunikation in der Familie
bzw. den Beziehungen zu Eltern und Geschwistern werden hier nicht deut-
lich.
Es zeigt sich jedoch, dass Kinder, die der Meinung sind ihre Mutter und ihr
Vater versuchen ihnen in zu geringem Ausmaß etwas beizubringen, einen
stärkeren Wunsch äußern, mehr mit der Familie zu unternehmen (MW=3,7
bzw. MW=3,6) als Kinder, die das Ausmaß der Belehrung ihrer Eltern als
genau richtig empfinden (je MW=3,1).
Im Anschluss an den Wunsch nach mehr gemeinsamen Unternehmungen,
wurden die Kinder gefragt, welche Aktivitäten genau sie gerne häufiger mit
ihrer Familie gemeinsam machen würden. Um hierbei keine Vorgaben zu
machen, von denen Erwachsene glauben, dass sie den Kindern fehlen,
wurde auch an dieser Stelle das offene Antwortformat gewählt.
890 Kinder haben auf die Frage „Was würdest du gerne häufiger mit deiner
Familie gemeinsam machen?“ mindestens eine Antwort gegeben. Aufgrund
der Möglichkeit mehrere Aktivitäten zu nennen, sind insgesamt 1.167 Ant-
worten gegeben worden. Diese wurden mit Hilfe der Qualitativen Inhaltsana-
lyse (Mayring, 2000), einer von 13 Kategorien zugeordnet.
In Abbildung 7.20 sind die 10 häufigsten Antworten der hessischen Kinder
abgebildet.
84
Abbildung 7.20: Was würdest du gerne häufiger mit deiner Familie gemeinsam machen?
Auf dem ersten Rang nennen die Kinder die Kategorie „Unternehmungen“
(25%), dazu sind Aussagen der Kinder zusammengefasst worden, die be-
schreiben, dass das Kind einfach mehr mit der Familie unternehmen möch-
te. Welche Unternehmungen damit gemeint sind, wird hierbei von den Kin-
dern nicht beschrieben. Es geht nicht um eine konkrete Unternehmung,
sondern alleine um die Tatsache mehr gemeinsam zu erleben: „was unter-
nehmen“ oder „einfach was wir zusammen machen können“.
18% der Kinder würden gerne „aktiver sein“ – demnach Unternehmungen
machen, die mit Bewegung/Sport einhergehen: „mehr laufen“, „Fahrrad fah-
ren“ oder „wandern gehen“. Diese Kinder möchten sich gerne häufiger be-
wegen. Ebenfalls auf dem zweiten Rang befindet sich die Kategorie „nichts“
– diese Kinder haben keine Dinge, die sie gerne häufiger mit der eigenen
Familie unternehmen möchten.
3%
6%
6%
9%
9%
12%
12%
18%
18%
25%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Shopping
Essen
Kino
Freizeit (Park)
Urlaub
ins Schwimmbad gehen
Spieleabend
aktiver sein
nichts
Unternehmungen
Anteil der Kinder
Wü
ns
ch
e d
er
Kin
de
r
85
Auf den folgenden Rängen nennen die Kinder konkrete Unternehmungen,
die sie mit ihren Familien machen wollen: je 12% wollen in der Familie häufi-
ger einen „Spieleabend“ machen oder häufiger „ins Schwimmbad“ (je Rang
4) und 9% in einen (Freizeit)Park gehen (Rang 6). Zur Kategorie „Spiele-
abend“ ist festzuhalten, dass sowohl Brettspiele als auch elektronische Spie-
le von den Kindern genannt werden. Ebenfalls 9% (und somit Rang 6) wol-
len häufiger mit der gesamten Familie in den Urlaub fahren.
Auf dem achten Rang nennen die Kinder „Essen“ und „Kino“ (jeweils 6%). In
die Kategorie „Essen“ fallen alle Aussagen der Kinder, die gemeinsame
Mahlzeiten mit und in der Familie benennen: „gemeinsames Essen“, „Pick-
nick“, „Essen gehen“.
Auf dem letzten Rang nennen die Kinder Aussagen, die in die Kategorie
„Shopping“ fallen. Die Kinder möchten häufiger „einkaufen“, „shoppen“ oder
durch „Geschäfte bummeln“.
Nach den verschiedenen Gruppen betrachtet zeigen sich bei den gewünsch-
ten Unternehmungen mit der Familie folgende Unterschiede:
Kinder der vierten Klassen möchten gerne häufiger ins Schwimmbad mit der
Familie (16%) gehen als Kinder der siebten Klassen (8%). Des Weiteren
möchten Kinder der vierten Klasse häufiger einfach aktiver mit der Familie
sein (20%) als Siebtklässler (13%). Außerdem wünschen sich Kinder mit El-
tern, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, häufiger einen Spieleabend in
der Familie (19%) als Kinder, bei denen im Haushalt niemand von Arbeitslo-
sigkeit betroffen ist (10%). Siebtklässler geben auf die Frage, was sie gerne
häufiger mit ihrer Familie unternehmen möchten häufiger die Antwort „nichts“
(22%) als Kinder der vierten Klasse (14%).
Nach dem Förderbedarf der Kinder zeigen sich keine systematischen Unter-
schiede in den gewünschten Aktivitäten mit der Familie.
86
7.4 Wohnumfeld
Abschließend zum Thema „Zuhause“ wird ein Augenmerk auf die Wohnung
bzw. Wohnumgebung der Kinder geworfen, um auch hier prüfen zu können,
ob und inwieweit sich Kinder mit und ohne Förderbedarf in ihren Einschät-
zungen und ihrem Lebensraum unterscheiden.
87% der befragten Kinder und Jugendlichen haben nach eigenen Angaben
ein Zimmer für sich allein in der Wohnung.
Kinder mit Förderbedarf haben seltener ein Zimmer für sich allein (80%) als
Kinder ohne Förderbedarf (87%), ebenso Kinder mit Migrationshintergrund
(70% vs. 95%) und Kinder, die von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen
sind (75% vs. 90%). Mit zunehmender Geschwisterzahl sinkt der Anteil der
Kinder mit eigenem Zimmer von 97% (keine Geschwister) auf 67% (mehr als
3 Geschwister) und es zeigt sich, dass ältere Kinder zu 90% und damit häu-
figer ein eigenes Zimmer besitzen als Kinder der vierten Klasse (83%).
Kinder, die ein eigenes Zimmer in der Wohnung haben, geben ein höheres
allgemeines Wohlbefinden an (MW=5,6) als Kinder, die kein Zimmer für sich
allein haben.
Die Wohnung, in der die Kinder leben, ist ihnen im Durchschnitt groß genug
und passt genau zu dem, was die Kinder brauchen (je MW=4,5). Nach Häu-
figkeiten (vgl. Abb. 7.21) bedeutet dies, dass 87% der Aussage „Die Woh-
nung ist groß genug“ „ziemlich“ (15%) oder sogar „sehr“ (72%) zustimmen.
„Nicht“ oder nur „wenig“ stimmen hier 5% der Kinder zu, ihnen ist die Woh-
nung in der sie leben eher zu klein.
87
Abbildung 7.21: Ist deine Wohnung groß genug?
Eine ähnliche Verteilung zeigt sich bei der Einschätzung, ob die Wohnung
zu dem passt, was die Kinder brauchen (vgl. Abb. 7.22). 87% der Kinder
sind der Meinung, dies sei „ziemlich“ (21%) oder sogar „sehr“ (66%) der Fall,
insgesamt 5% der Kinder haben Ansprüche, die die Wohnung in der sie le-
ben nicht erfüllen kann.
2% 3% 8%
15%
72%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
88
Abbildung 7.22: Die Wohnung passt zu dem, was ich brauche
Diese beiden Bewertungen der Wohnung stehen in einem sehr deutlichen
Zusammenhang zueinander. Je mehr die Wohnung als groß genug be-
schrieben wird, desto stärker stimmen die Kinder auch der Aussage zu, dass
die Wohnung zu dem passt, was sie brauchen (r=.63).
Hinsichtlich der verschiedenen Gruppen zeigen sich zunächst viele Unter-
schiede in den Bewertungen der Wohnung. Unter Kontrolle der Zusammen-
hänge wird jedoch deutlich, dass für unterschiedliche Bewertungen der
Wohnung das Vorhandensein eines eigenen Zimmers und die Familienstruk-
tur ausschlaggebend sind.
Kinder, die ein eigenes Zimmer haben, bewerten die Wohnung häufiger als
„groß genug“ und auf ihre Bedürfnisse passend (je MW=4,6) als Kinder, die
über kein eigenes Zimmer verfügen (MW=3,8 bzw. MW=3,9).
Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben, sind seltener davon
überzeugt, dass die Wohnung groß genug ist (MW=4,0) und auf ihre Bedürf-
nisse passt (MW=4,2) als Kinder in Zweielternfamilien (MW=4,6 bzw.
MW=4,5).
2% 3% 7%
21%
66%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
89
Insgesamt liegen die Bewertungen der Wohnungen jedoch auch bei den
niedriger ausfallenden Gruppen auf einem hohen Niveau. Dennoch zeigt
sich, dass das familiäre Wohlbefinden umso höher ausfällt, je stärker die
Wohnung zu den Ansprüchen der Kinder passt (r=.20).
In punkto Privatsphäre wurden die Kinder danach gefragt, wie häufig sie er-
leben, dass jemand trotz geschlossener Tür in ihr Zimmer kommt, ohne an-
zuklopfen. Dies erleben die Kinder im Durchschnitt „manchmal“ (MW=3,3).
Abbildung 7.23: Du hast die Tür zu deinem Zimmer zugemacht. Kommt trotzdem jemand herein, ohne anzuklopfen?
Insgesamt ein knappes Drittel der Kinder macht diese Erfahrung „nie“ (13%)
oder „selten“ (17%). 23% der Kinder erleben es „manchmal“, dass jemand
ihr Zimmer betritt ohne anzuklopfen und zusammengenommen knapp der
Hälfte der Kinder passiert dies „oft“ (19%) oder sogar „sehr oft“ (28%) (vgl.
Abb.7.23).
Hierbei wird deutlich, dass Kinder mit Förderbedarf seltener angeben, dass
jemand bei geschlossener Tür in ihr Zimmer kommt, ohne anzuklopfen
(MW=3,0) als Kinder, die keine Beeinträchtigung haben (MW=3,3). Weitere
13% 17%
23% 19%
28%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
90
signifikante Unterschiede zeigen sich hierbei nicht, allerdings hängt die Häu-
figkeit des ungefragten Eintretens negativ mit dem familiären Wohlbefinden
zusammen. Je häufiger die Kinder also erleben, dass jemand bei geschlos-
sener Tür in ihr Zimmer kommt, ohne anzuklopfen, desto weniger wohl füh-
len sie sich in der Familie (r=-.26).
Abschließend wurde neben den Angaben zur Wohnung der Kinder eine Fra-
ge zum direkten Wohnumfeld bzw. zu Kindern in der Nachbarschaft gestellt.
Der Aussage „Da wo ich wohne, kann ich einfach andere Kinder treffen,
auch ohne mich vorher zu verabreden“ geben die Kinder im Durchschnitt an,
dass dies „manchmal“ (MW=3,3) der Fall ist.
Abbildung 7.24: Da wo ich wohne, kann ich einfach andere Kinder treffen, auch ohne mich vorher zu verabreden
Nach Häufigkeiten (vgl. Abb. 7.24) bedeutet dies, dass ein knappes Drittel
der Kinder (30%) „sehr oft“ und ein weiteres Fünftel „oft“ (19%) andere Kin-
der in der Nachbarschaft treffen kann, ohne sich vorher zu verabreden.
Ebenfalls ein Fünftel der Kinder (19%) hat diese Möglichkeit „manchmal“,
insgesamt ist es jedoch auch einem knappen Drittel der Kinder nur „selten“
18% 15%
19% 19%
30%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
91
(15%) oder sogar „nie“ (18%) möglich, andere Kinder in ihrer Nachbarschaft
auch ohne Verabredung zu treffen.
Zu dieser Nachbarschaftsvariablen zeigen sich keine Zusammenhänge zur
Einschätzung der Wohnung, des Wohlbefindens oder unterschiedliche Ein-
schätzungen nach den betrachteten Gruppen.
7.5 Fazit des Kapitels
Das Kapitel „Zuhause“ umfasst die nach den Ausarbeitungen des qualitati-
ven Inklusionsbarometers 2011/2012 als besonders wichtig herausgestellter
Aspekte des Miteinanders innerhalb der Familie und des Wohnumfeldes.
Die Bedeutsamkeit von Beziehungen zu den Familienmitgliedern ist insge-
samt ein großes Thema für die befragten Kinder und Jugendlichen, welches
mitunter deutliche Zusammenhänge zum Wohlbefinden der Befragten auf-
weist. Dies konnte anhand der vorliegenden Untersuchung bestätigt werden.
Es zeigt sich jedoch, dass relativ wenige Unterschiede in den Beschreibun-
gen und Bewertungen von Beziehungen innerhalb der Familie zwischen
Kindern mit und ohne Förderbedarf aufgedeckt werden können. Vielmehr
fallen Aspekte wie z.B. das Alter, der Migrationshintergrund oder die Famili-
enstruktur ins Gewicht, wenn es um systematische Unterschiede zwischen
verschiedenen Gruppierungen geht.
Konkrete Unterschiede nach dem Förderbedarf der Kinder zeigen sich im
Ausmaß, wie sehr die Eltern auf ihre Kinder aufpassen und sie belehren.
Das für die Kinder gefühlt richtige Maß zu finden („Meine Mutter / Mein Vater
passt genau richtig auf mich auf“ bzw. „… versucht mir etwas beizubringen“)
ist bei Kindern mit Förderbedarf seltener gegeben. Von beiden Eltern erle-
ben sie dies häufiger „zu wenig“, ihren Müttern sprechen Kinder mit Förder-
bedarf zusätzlich etwas häufiger zu, sich bei diesen Verhaltensweisen „zu
viel“ zu engagieren.
Des Weiteren stimmen Kinder mit Förderbedarf häufiger zu, noch mehr mit
ihrer Familie gemeinsam unternehmen zu wollen, bei den genannten
Wunschaktivitäten selbst zeigen sich jedoch keine systematischen Unter-
schiede zwischen Kindern mit und ohne Beeinträchtigung, hier machen das
Alter und die Arbeitslosigkeit im Haushalt einen Unterschied.
92
Ein spezieller Förderbedarf der Kinder hat keinen besonderen Einfluss auf
den Umgang unter Geschwistern. Die gegenseitige Unterstützung wird nicht
systematisch unterschiedlich von Kindern mit und ohne Behinderung erlebt,
sondern eher vom Geschlecht der Kinder beeinflusst.
Zur Wohnumgebung der Kinder lässt sich festhalten, dass Kinder mit För-
derbedarf seltener erleben, dass jemand ungebeten (bei geschlossener Tür)
in ihr Zimmer kommt. Andere systematische Unterschiede zur Wohnung und
zum Wohnumfeld gibt es in den Einschätzungen der Kinder mit und ohne
Behinderung nicht, die Bewertung der Wohnung variiert vielmehr mit dem
Vorhandensein eines eigenen Zimmers und der Familienstruktur.
93
8. Die Schule
Neben den bereits beschriebenen Zugänglichkeiten und Hilfen im Bereich
Schule (vgl. Kapitel 5.4) spielen natürlich auch soziale Beziehungen und das
Wohlbefinden in diesem Umfeld eine zentrale Rolle im Leben der Kinder.
Neben diesen Beziehungen wird in den folgenden Kapiteln zudem ein Au-
genmerk auf den Schulweg und mögliche Schulwechsel gelegt, da sich auch
diese Aspekte im qualitativen Inklusionsbarometer 2011/2012 als interessan-
te Themen für Kinder mit Behinderungen herausgestellt haben. Nun kann
der Frage nachgegangen werden, ob sich Kinder mit und ohne Behinderun-
gen in ihren Einschätzungen zu den entsprechenden Schulthemen unter-
scheiden, oder ob andere soziodemographische Determinanten entschei-
dend auf die Wahrnehmung der Schule einwirken.
8.1 Fehlt dir etwas, damit es dir in der Schule richtig gut geht?
Zum Einstieg in das Thema Schule wurden die Kinder mit einem offenen
Format befragt, ob ihnen etwas fehlt, damit es ihnen in der Schule richtig gut
geht. Insgesamt gaben 866 Kinder mindestens eine Antwort auf diese Fra-
ge; Mehrfachantworten waren auch bei dieser offenen Frage möglich. Die
Antworten wurden mit Hilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse einer von 14 Ka-
tegorien zugeordnet, die Abbildung 8.1 zeigt die Verteilung auf die häufigs-
ten Antworten der Kinder.
Fragt man die Kinder danach, was ihnen in der Schule fehlt, damit es ihnen
dort richtig gut geht, antworten die meisten Kinder mit „nichts“ (46%). Sehr
viel weniger Kinder benennen etwas, das ihnen fehlt.
6% der Kinder nennen auf dem zweiten Rang Antworten, die sich auf Ver-
änderungen bezüglich der Lehrkraft beziehen („Lehrer“). Sie wünschen sich
einen neuen Mathelehrer, „Lehrer die nett sind“, „mehr Unterstützung vom
Klassenlehrer“ oder einen „lehrerfreien Tag in der Schule“. Ebenfalls mit 6%,
und damit auf dem zweiten Rang, machen die Kinder Aussagen, die in der
Kategorie „Mobbing“ zusammengefasst werden. Die Kinder möchten nicht
weiter geärgert werden: „keiner soll mich ärgern“, „dass unsere Klasse ein
Team ist“ oder „manchmal müssen die Kinder, die sich benehmen unter de-
94
nen leiden, die sich nicht benehmen“. Eine „Umgestaltung des Schul-
hofs/Schulgebäudes“ wünschen sich ebenfalls 6% der Kinder, die mindes-
tens eine Antwort gegeben haben: „andere Stühle und Tische“, „Schulhof
muss größer sein“ oder „in der Schule muss eine bessere Schaukel sein“.
Abbildung 8.1: Fehlt dir etwas, damit es dir in der Schule richtig gut geht?
5% der Kinder wünschen sich ein „individuelles Lerntempo“, „Freunde“ und
die „Abschaffung der Hausaufgaben“. In die Kategorie „individuelles Lern-
tempo“ fallen Aussagen von Kindern, die sich einen individuell angepassten
Unterricht wünschen – also eine individuelle Förderung, bei der alle Kinder
mitkommen: „Die Lehrer sollen langsam machen“, „bessere Förderung“ oder
„Freiarbeit“. Die Kategorie „Freunde“ fasst Aussagen zusammen, die sich
auf das Vermissen alter Freunde und auch das Finden neuer bzw. besserer
Freunde beziehen.
„Spielzeiten/Pausen“ und „Schulfächer“ sind zwei Kategorien, die sich mit
jeweils 4% auf dem 8. Rang befinden. Die Kinder, die diese Angaben mach-
3%
4%
4%
5%
5%
5%
6%
6%
6%
46%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Spaß
Schulfächer
Spielzeit/Pausen
individuelles Lerntempo
Abschaffung der Hausaufgaben
Freunde
Umgestaltung des Schulhofes/Gebäude
kein Mobbing
Lehrer
nichts
Anteil der Kinder
Wü
ns
ch
e d
er
Kin
de
r
95
ten, wünschen sich mehr Zeit zum Spielen und wollen weniger lernen: „dass
die Schule viel zu lange geht“ oder „weniger lernen“. In die Kategorie „Schul-
fächer“ fallen Aussagen, bei denen der Wunsch nach neuen Fächer(-
kombinationen) besteht (alte Fächer bekommen oder alte ersetzen).
Auf dem letzten Rang wünschen sich 3% der Kinder, die mindestens eine
Antwort gegeben haben, „mehr Spaß“ in der Schule: „Spaß“, „lachen“ oder
„nicht so langweiliger Unterricht“.
Im schulischen Kontext zeigen sich Unterschiede zwischen den beiden
Klassenstufen – Kinder der siebten Jahrgangsstufe wünschen sich häufiger
mehr Spaß in der Schule (4%) als Kinder der vierten Klassen, die dies fast
gar nicht nennen. Veränderungen beim Lehrer wünschen sich 9% der Siebt-
klässler und 4% der Viertklässler. Das individuelle Lerntempo wird von der
älteren Kindern ebenfalls häufiger gewünscht (2% zu 6%), dies gilt auch für
den Wunsch nach einer verkürzten Schulzeit (1% zu 3%). Die Verneinung
der Frage nach fehlenden Aspekten (Kategorie „nichts“) nennen die Kinder
der vierten Klasse häufiger (51%) als Kinder der siebten Klasse (40%). Kin-
der alleinerziehender Eltern geben häufiger an, dass sie sich Veränderung
beim Lehrer wünschen (15%) als Kinder aus einer Zweielternfamilie (5%).
Des Weiteren zeigen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Mäd-
chen geben häufiger an, dass ihnen Freunde fehlen (7%) als Jungen (2%).
Die Jungen geben hingegen häufiger an, dass ihnen der Spaß in der Schule
fehlt (4% zu 1%).
Unterschiede nach dem Förderbedarf oder der besuchten Schulform zeigen
sich hierbei nicht.
8.2 Lehrkräfte und Mitschüler
In Bezug auf die Lehrkräfte und Mitschüler der Kinder wurde ein besonderes
Augenmerk darauf gelegt, inwieweit sich die Kinder von ihnen unterstützt
fühlen und wie sie das Klima in ihrer Klasse erleben. Eine Fokussierung auf
diesen Teil des sozialen Miteinanders ist ebenfalls aus den Ergebnissen des
qualitativen Inklusionsbarometers 2011/2012 abgeleitet.
96
Was die konkrete Unterstützung der Mitschüler und Lehrkräfte betrifft, geht
es an dieser Stelle nicht um die Häufigkeit der Unterstützung, sondern da-
rum, ob die Kinder diese als „zu wenig“ „genau richtig“ oder „zu viel“ erleben.
So kann abgebildet werden, welche Gruppen von Kindern sich hierbei eine
Veränderung des Status Quo wünschen.
Das Format für die Abfrage der Unterstützung von Lehrkräften und Mitschü-
lern wurde in vergleichbarer Form angelegt. Zu verschiedenen Leistungen
im Kontext Schule sollten die Kinder nach den oben genannten Kategorien
(„zu wenig“ „genau richtig“ oder „zu viel“) angeben, wie sie die ihnen entge-
gengebrachte Unterstützung erleben.
Bei den Lehrkräften wurde die Unterstützung der Kinder beim Lesen,
Schreiben, Rechnen, Sport und erlebtem Bullying („Meine Lehrer unterstüt-
zen mich, wenn mich andere ärgern“) abgefragt. Die Verteilung der Antwor-
ten auf die drei Kategorien ist pro Aspekt in Tabelle 8.1 zusammengefasst.
Tabelle 8.1: Ausmaß der Unterstützung durch Lehrkräfte
Meine Lehrer unterstützen mich... zu wenig genau richtig
zu viel
... beim Lesen... 12% 84% 4%
... beim Schreiben... 11% 84% 5%
... beim Rechnen... 16% 80% 4%
... beim Sport... 14% 82% 5%
... wenn mich andere ärgern... 25% 71% 4%
Es wird deutlich, dass sich die meisten Kinder von ihren Lehrkräften in den
verschiedenen Aspekten des Schulalltags „genau richtig“ unterstützt fühlen.
Jeweils gute 80% der Kinder sehen sich im richtigen Ausmaß beim Lesen,
Schreiben, Rechnen und beim Sport unterstützt und 11% (Schreiben) bis
16% (Rechnen) wünschen sich in diesen Aspekten mehr Unterstützung; nur
4% - 5% der Kinder erleben hierbei „zu viel“ Unterstützung von ihren Lehr-
kräften.
97
Einzig der abgefragte Aspekt nach Unterstützung durch Lehrkräfte, wenn die
Kinder geärgert werden, bricht dieses Muster etwas auf. Zwar fühlt sich der
Großteil der Kinder ebenfalls „genau richtig“ unterstützt (71%), ein Viertel der
Kinder (25%) gibt hier jedoch an, sich zu wenig von ihren Lehrern unterstützt
zu fühlen, wenn sie von anderen geärgert werden.
Bezüglich der Unterstützung durch die Lehrkräfte wird vor allem ein Unter-
schied nach dem Migrationshintergrund der Kinder deutlich. Kinder mit Mig-
rationshintergrund geben seltener an, dass sie die erlebte Unterstützung in
allen Aspekten als „genau richtig“ erleben. Die Unterstützung ihrer Lehrkräfte
ist ihnen in jedem Aspekt häufiger „zu viel“ als Kindern ohne Migrationshin-
tergrund (Lesen: 7% vs. 3%, Schreiben: 8% vs. 3%, Rechnen: 8% vs. 2%,
Sport: 9% vs. 3%, Bullying: 8% vs. 3%). Für die Aspekte Rechnen und Sport
geben Kinder mit Migrationshintergrund zusätzlich häufiger an, dass ihnen
die Unterstützung „zu wenig“ ist (Rechnen: 20% vs. 14%, Sport: 18% vs.
12%).
Nach dem Alter der Kinder zeigen sich Unterschiede im Erleben der Unter-
stützung beim Rechnen und wenn andere Kinder sie ärgern. Siebtklässler
fühlen sich häufiger „zu wenig“ unterstützt, sowohl beim Rechnen (21% vs.
11% bei Kindern der vierten Klasse) als auch beim Ärger mit anderen Kin-
dern (29% vs. 20%).
Ein letzter Gruppenunterschied wird nach der besuchten Schulform der Kin-
der deutlich. Kinder, die eine allgemeine Schule besuchen, geben häufiger
an, dass ihnen beim Rechnen „zu wenig“ (18%) geholfen wird als Kinder von
Förderschulen (10%) und dem Inklusiven Unterricht (12%). Außerdem wird
ihnen zusätzlich seltener „zu viel“ geholfen (3% vs. 10% bzw. 7%).
Weitere systematische Unterschiede – also auch unterschiedliche Wahr-
nehmungen nach dem direkten Förderbedarf der Kinder – bezüglich der Un-
terstützung durch die Lehrkräfte zeigen sich nicht und es zeigen sich keine
Zusammenhänge zur Bewertung, wie häufig es die Kinder stört, wenn ihnen
ihre Lehrkräfte helfen.
Es werden jedoch Zusammenhänge zum Wohlbefinden der Kinder deutlich.
Am häufigsten ist erwartungsgemäß das schulische Wohlbefinden vom Un-
terstützungsverhalten der Lehrkräfte abhängig. Kinder, die berichten, dass
98
ihre Lehrer sie „zu wenig“ beim Lesen, Schreiben und wenn sie geärgert
werden unterstützen, berichten ein geringeres schulisches Wohlbefinden (je
MW=4,5) als Kinder, die „genau richtig“ oder sogar „zu viel“ unterstützt wer-
den (MW=5,2-5,5). Beim Aspekt „Schreiben“ ist allerdings nur der Unter-
schied im Wohlbefinden zwischen Kindern die sich „zu wenig“ (MW=4,5) und
„genau richtig“ (MW=5,3) unterstützt fühlen signifikant20
.
Kinder, die sich beim Rechnen von ihrer Lehrkraft „genau richtig“ unterstützt
fühlen, geben zudem ein höheres familiäres Wohlbefinden an (MW=6,1) als
Kinder, die dies zu viel (MW=5,4) oder zu wenig (MW=5,5) erleben; das all-
gemeine Wohlbefinden unterscheidet sich hingegen systematisch zwischen
Kindern, die beim Sport Unterstützung im richtigen Ausmaß (MW=5,6) erhal-
ten im Gegensatz zu den Kindern, die von ihrer Lehrkraft beim Sport zu viel
Unterstützung erhalten (MW=4,8).
Analog zu diesen Ausarbeitungen zur wahrgenommenen Unterstützung
durch die Lehrkräfte wurden die Kinder nach der Unterstützung durch ihre
Mitschüler befragt. Die vorgegebenen Aspekte bei den Mitschülern beziehen
sich auf die Unterstützung beim Lernen, Sport, Bullying („Meine Mitschüler
unterstützen mich, wenn mich andere ärgern“) und bei den Hausaufgaben.
Die Verteilung der Antworten auf die drei Kategorien („zu wenig“, „genau
richtig“, „zu viel“) ist pro Aspekt in Tabelle 8.2 zusammengefasst.
20
Kinder die „zu viel“ Unterstützung erfahren liegen mit ihrem Wohlbefinden dazwischen und weisen keinen signifikanten Unterschied zu den anderen Gruppen auf.
99
Tabelle 8.2: Ausmaß der Unterstützung durch Mitschüler
Meine Mitschüler unterstützen mich...
zu wenig genau richtig
zu viel
... beim Lernen... 26% 72% 2%
... beim Sport... 21% 77% 2%
... wenn mich andere ärgern... 19% 76% 6%
... bei den Hausaufgaben... 28% 69% 4%
Das Ausmaß, in dem sich die Kinder von ihren Mitschülern unterstützt füh-
len, ist etwas weniger zu Gunsten der Kategorie „genau richtig“ verteilt, als
dies bei der Unterstützung durch die Lehrkräfte der Fall ist. Zwar ist dies
auch hier die Kategorie, die je Aspekt von den meisten Kindern genannt
wird, der Anteil liegt jedoch an dieser Stelle immer unter 80% (69% - 77%).
Dafür äußern die Kinder in Bezug auf ihre Mitschüler häufiger, dass sie zu
wenig Unterstützung von ihnen erhalten (19% - 28%). Der Wunsch nach
mehr Hilfe ist hier deutlicher ausgeprägt, vor allem beim Lernen (26%) und
den Hausaufgaben (28%). Zu viel Unterstützung von Mitschülern wird hin-
gegen nur sehr selten erlebt (2% - 6%), mit 6% am häufigsten bei Hilfe,
wenn die Kinder von anderen geärgert werden.
Wie bereits bei der Unterstützung durch die Lehrkräfte zeigt sich für alle ab-
gefragten Aspekte zur Unterstützung durch Mitschüler ein Zusammenhang
zum Migrationshintergrund der Kinder. Kinder mit Migrationshintergrund be-
richten seltener, dass sie im genau passenden Ausmaß unterstützt werden,
dafür geben sie häufiger an, dass ihnen „zu wenig“ von ihren Mitschülern
geholfen wird (Lernen: 32% vs. 23%, Sport: 27% vs. 18%, Bullying: 21% vs.
17%, Hausaufgaben: 34% vs. 24%). Die Unterstützung der Mitschüler bei
Fällen von Bullying wird zusätzlich von Kindern mit Migrationshintergrund als
„zu viel“ erlebt (10% vs. 4%).
Die Unterstützung von Mitschülern bei den Hausaufgaben wird außerdem
von Jungen und Viertklässlern häufiger als „zu wenig“ (je 34%) beschrieben
als von Mädchen (23%) und Jugendlichen der siebten Klasse (22%). Außer-
dem berichten Kinder, die von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen sind
100
häufiger, dass ihnen von den Mitschülern „zu wenig“ bei den Hausaufgaben
geholfen wird (37% vs. 25%).
Anders als bei den Unterstützungsleistungen durch die Lehrkraft zeigen sich
hier deutliche Unterschiede nach dem Förderbedarf der Kinder, das richtige
Ausmaß an Hilfe wird (bis auf die Hilfe bei den Hausaufgaben) seltener von
Kindern mit Förderbedarf erlebt. Kinder mit Beeinträchtigung berichten somit
häufiger, dass ihnen „zu wenig“ von ihren Mitschülern geholfen wird als Kin-
der ohne Beeinträchtigung (Lernen: 34% vs. 25%, Sport: 31% vs. 20%, Bul-
lying: 24% vs. 18%). Beim Sport und beim Bullying geben Kinder mit För-
derbedarf zusätzlich etwas häufiger als erwartet an, dass ihnen „zu viel“ ge-
holfen wird (Sport: 6% vs. 2%, Bullying: 9% vs. 6%)21
.
Zudem werden hier ebenfalls Zusammenhänge zum Wohlbefinden der Kin-
der deutlich. Das schulische Wohlbefinden weist einen Zusammenhang zum
Unterstützungsverhalten der Mitschüler hinsichtlich der Aspekte „Lernen“
und „Bullying“ auf. Wenn sich die Kinder in genau richtigem Ausmaß von ih-
ren Mitschülern beim Lernen unterstützt fühlen, liegt ihr schulisches Wohlbe-
finden deutlich höher (MW=5,4) als das der Kinder, die zu viel Unterstützung
erfahren (MW=4,4). Kinder, die „genau richtig“ unterstützt werden, wenn sie
von anderen geärgert werden, fühlen sich in der Schule deutlich wohler
(MW=5,4) als Kinder die hier zu wenig (MW=4,4) oder zu viel (MW=4,6) Un-
terstützung von ihren Mitschülern erhalten.
Zum Aspekt „Bullying“ zeigen sich weitere Zusammenhänge zum Wohlbe-
finden. Kinder, die sich hier „genau richtig“ unterstützt fühlen, berichten zu-
dem von einem höheren allgemeinen Wohlbefinden (MW=5,7 vs. MW=5,0
bei „zu wenig“ und MW=4,5 „zu viel“) und sie fühlen sich auch besser in ih-
rem Freundeskreis (MW=6,5) als Kinder, die zu wenig Unterstützung von ih-
ren Mitschülern erfahren, wenn sie geärgert werden (MW=6,1).
21
Die Gruppengrößen sind aufgrund der wenigen Kinder, die die Unterstützung als „zu viel“ er-leben, hier jedoch sehr klein.
101
Der Aspekt „Unterstützung bei den Hausaufgaben“ wirkt sich ebenfalls auf
Wohlbefinden im Freundeskreis aus. Kinder, die eine Unterstützung von ih-
ren Mitschülern bei der Bewältigung der Hausaufgaben im genau richtigen
Ausmaß erhalten fühlen sich wohler in ihrem Freundeskreis (MW=6,6) als
Kinder, die zu wenig oder zu viel Unterstützung erhalten (je MW=6,1).
Abschließend zum Thema Lehrkräfte und Mitschüler wurden die Kinder zu
ihrem Klassenklima befragt. Hierbei wurde der Fokus darauf gelegt, ob sich
die Kinder in ihrer Klasse gut aufgehoben fühlen, ob sich gegenseitig gehol-
fen wird und ob in der Klasse gelacht wird, wenn jemand etwas falsch
macht.
Zum ersten Aspekt berichten die Kinder insgesamt, dass sie sich in ihrer
Klasse „oft“ gut aufgehoben fühlen (MW=4,1). Konkret bedeutet dies, dass
sich 45% der Kinder „sehr oft“ und ein weiteres Drittel „oft“ (32%) gut in sei-
ner Klasse aufgehoben fühlt, bei 14% der Kinder ist dies „manchmal“ der
Fall. 7% der Kinder fühlen sich hingegen nur „selten“ gut aufgehoben und
weitere 2% erleben dies sogar „nie“ (vgl. Abb. 8.2).
Abbildung 8.2: In meiner Klasse fühle ich mich gut aufgehoben
2% 7%
14%
32%
45%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
102
Dass sich die Kinder der Klassen gegenseitig helfen, wenn jemand etwas
nicht kann, wird ebenfalls im Durchschnitt „oft“ (MW=3,8) erlebt. Insgesamt
zwei Drittel der Kinder berichten, dass dies „sehr oft“ (32%) oder „oft“ (34%)
in ihrer Klasse vorkommt, bei einem guten Fünftel (22%) ist dies zumindest
„manchmal“ der Fall. Jedes zehnte Kind erlebt diese gegenseitige Hilfe in
der Klasse jedoch „selten“ (10%) und 3% der Kinder sagen, dies sei „nie“ der
Fall (vgl. Abb. 8.3).
Abbildung 8.3: In meiner Klasse, helfen wir uns gegenseitig, wenn einer etwas nicht kann
Hierbei zeigt sich ein systematischer Unterschied nach dem Alter der Kinder.
Viertklässler erleben es im Durchschnitt noch häufiger, dass man sich in der
Klasse gegenseitig hilft, wenn jemand etwas nicht kann (MW=4,0) als Ju-
gendliche in der siebten Klasse (MW=3,7).
Bezüglich des gegenseitigen Auslachens in der Klasse, wird deutlich, dass
die Kinder es im Durchschnitt „manchmal“ (MW=2,8) erleben, dass gelacht
wird, wenn jemand etwas falsch macht. „Sehr oft“ oder „oft“ passiert dies je-
3%
10%
22%
34% 32%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
103
weils bei 13% der befragten Kinder, 28% erleben dies „manchmal“ und ein
knappes Drittel (30%) „selten“. Bei 16% der Kinder wird in der Klasse „nie“
gelacht, wenn jemand etwas falsch macht (vgl. Abb. 8.4).
Abbildung 8.4: In meiner Klasse, wird gelacht, wenn jemand etwas falsch macht
Auch bei diesem Aspekt wird ein Alterseffekt signifikant. Jüngere Kinder er-
leben es noch seltener (MW=2,5) als die Siebtklässler (MW=3,0), dass ge-
lacht wird, wenn jemand etwas falsch gemacht hat.
Insgesamt stehen die drei hier abgefragten Aspekte zum Klassenklima in ei-
nem mitunter starken Zusammenhang zueinander. Je häufiger die Kinder er-
leben, dass man sich in der Klasse gegenseitig hilft, desto häufiger fühlen
sie sich auch gut aufgehoben in ihrer Klasse (r=.51). Je öfter gelacht wird,
wenn jemand etwas falsch macht, desto weniger gut fühlen sich die Kinder
aufgehoben (r=-.25) und desto weniger wird sich auch gegenseitig geholfen
(r=-.28).
Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge wird deutlich dass vor allem
das Gefühl, in der Klasse gut aufgehoben zu sein, einen Zusammenhang
zum Wohlbefinden der Kinder aufweist. Je häufiger sie sich in ihrer Klasse
gut aufgehoben fühlen, desto höher ist ihr Wohlbefinden in der Familie
16%
30% 28%
13% 13%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
104
(r=.29), ihr allgemeines Wohlbefinden (r=.27), ihr Wohlbefinden in der Schu-
le (r=.20) und auch im Freundeskreis (r=.23) (und umgekehrt).
8.3 Der Schulweg
Den Schulweg bestreiten jeweils ein Drittel der Kinder meistens mit dem
Schulbus (31%) oder ausschließlich zu Fuß (33%). Dies sind die am häufigs-
ten genannten Kategorien (vgl. Tabelle 8.3).
Tabelle 8.3: Wie kommst du meistens zur Schule?
Vehikel Zustimmung
zu Fuß 33 %
Schulbus 31 %
Bus & Bahn (ÖPNV) 21 %
Auto 19 %
Fahrrad 7 %
Taxi 1 %
Jedes fünfte Kind kommt jeweils mit dem öffentlichen Personennahverkehr
(ÖPNV: 21%) oder dem Auto (19%) zur Schule. Mit dem Fahrrad sind 7%
der Kinder meistens unterwegs, das Taxi nutzt 1% der Kinder für den
Schulweg22
.
In der Wahl des Fortbewegungsmittels zur Schule unterschieden sich die
Kinder nach den verschiedenen Gruppen.
Kinder mit Beeinträchtigung gehen nicht so häufig zu Fuß zur Schule (24%),
wie es Kinder ohne Förderbedarf tun (33%). Es zeigen sich noch weitere Un-
terschiede nach dem Förderbedarf der Kinder, allerdings hier nur in Kombi-
nation mit Arbeitslosigkeit im Haushalt. Kinder, die einen Förderbedarf be-
richten, fahren häufiger mit dem Taxi zur Schule – dies gilt allerdings nur,
wenn die Kinder nicht von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen sind. Kin-
22
Obwohl die Kinder sich für nur eine Alternative entscheiden sollten, wurden auch Mehrfach-nennungen der Kinder für die Auswertung akzeptiert.
105
der mit Förderbedarf, die von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen sind,
fahren hingegen häufiger mit dem Schulbus.
Ältere Kinder bestreiten weit häufiger mit dem ÖPNV ihren Schulweg (37%)
als Kinder der vierten Klasse (4%), somit stammen 91% der Angaben zum
ÖPNV als meistgenutztes Vehikel von Kindern der siebten Klasse. Zudem
nutzen die Kinder der höheren Klasse häufiger den Schulbus (38% vs. 22%
der Viertklässler), gehen dafür aber weit seltener nur zu Fuß zur Schule
(16% vs. 52%).
Kinder mit Migrationshintergrund geben hingegen häufiger an, zu Fuß zur
Schule zu gelangen (41%) und fahren seltener mit dem Schulbus (22%) als
Kinder ohne Migrationshintergrund (29% zu Fuß; 35% Schulbus).
Der Schulweg an sich ist 21% der befragten Kinder „zu lang“ (vgl. Abb. 8.5),
jedes zehnte ist vom Gegenteil überzeugt und gibt an, der Schulweg sei „zu
kurz“ (9%). Ein Großteil der Kinder ist jedoch mit der Länge ihres Schulwe-
ges zufrieden (70%).
Abbildung 8.5: Wie ist dein Schulweg?
9%
70%
21%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
zu kurz genau richtig zu lang
An
teil
de
r K
ind
er
Länge Schulweg
106
Kinder, die mit dem ÖPNV oder dem Auto zur Schule gelangen, sind häufi-
ger der Meinung, dass der Schulweg zu lang ist. Kinder, die zu Fuß gehen,
sind andererseits häufiger der Meinung, dass ihr Schulweg zu kurz ist.
Zudem geben Jungen häufiger an, dass ihnen ihr Schulweg zu lang ist
(25%) als Mädchen (18%) und es zeigt sich ein weiterer Unterschied nach
der Schulform.
Kinder, die eine Förderschule besuchen, berichten häufiger davon, dass
ihnen ihr Schulweg zu lang ist (40%), Schüler allgemeiner Schulen sind hin-
gegen häufiger zufrieden mit der Länge ihres Schulweges (73%). Die Werte
für Kinder des Inklusiven Unterrichts unterscheiden sich nicht signifikant vom
Durchschnitt.
Die wahrgenommene Länge des Schulweges hat zu dem einen Einfluss auf
das schulische Wohlbefinden. Kinder, die der Meinung sind, ihr Schulweg ist
zu lang, berichten ein deutlich niedrigeres schulisches Wohlbefinden
(MW=4,8) als Kinder, die mit der Länge ihres Schulweges zufrieden sind
(MW=5,3)23
.
8.4 Ansprüche an eine Schule
Abschließend wurden die Kinder zum Thema Schule danach gefragt, was
sie an einer Schule wichtig finden und auf welche Schulform (allgemeine
Schule, Inklusiver Unterricht oder Förderschule) sie gerne gehen würden.
Bezüglich der abgefragten Ansprüche, die die Kinder an ihre Schule haben
zeigt sich, dass es den Kindern in Durchschnitt am wichtigsten, im Bereich
zwischen „ziemlich“ und „sehr wichtig“, ist, auf eine Schule zu gehen, auf der
sie gut mitkommen (MW=4,5) und auf der auch ihre Freunde sind (MW=4,4).
Dahinter liegen, im Bereich „mittelmäßig wichtig“, die Ansprüche an ihre
Schule, nah am Zuhause zu liegen (MW=2,9) und auch von den Geschwis-
tern besucht zu werden (MW=3,0). Näher betrachtet zeigen sich für die ver-
schiedenen Ansprüche folgende Verteilungen:
23
Ein zu langer Schulweg sorgt zudem häufiger für zu wenig Freizeit. Dieser Einfluss wird im Kapitel 9.2 genauer beschrieben.
107
Für einen Großteil der Kinder ist es „sehr wichtig“ auf eine Schule zu gehen,
auf der sie gut mitkommen (67%) und weiteren 22% ist dies „ziemlich wich-
tig“ (vgl. Abb. 8.6). 6% der befragten Kinder geben an, dass ihnen ein sol-
cher Anspruch an die Schule „mittelmäßig“ wichtig ist, weitere 5% legen hie-
rauf insgesamt nur „wenig“ (2%) oder keinen Wert (3%).
Abbildung 8.6: Ich möchte auf eine Schule gehen, auf der ich gut mitkomme
3% 2% 6%
22%
67%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nicht wichtig wenig wichtig mittelmäßigwichtig
ziemlichwichtig
sehr wichtig
An
teil
de
r K
ind
er
Wichtigkeit
108
Der Anspruch, gemeinsam mit den Freunden auf dieselbe Schule zu gehen,
ist ebenfalls einem Großteil der Kinder (64%) „sehr wichtig“ und einem wei-
teren Fünftel (21%) „ziemlich wichtig“ (vgl. Abb. 8.7). Dass ihre Freunde an
derselben Schule sind wie sie, ist für 9% der Kinder „mittelmäßig wichtig“,
insgesamt 7% legen hierauf nur „wenig“ (2%) oder keinen (5%) Wert.
Abbildung 8.7: Meine Freunde sollen auch auf meine Schule gehen
Bezüglich dieser Angabe zeigt sich ein Unterschied nach der Schulform, die
die Kinder aktuell besuchen. Kinder, die eine Förderschule besuchen, geben
in deutlich geringerem Ausmaß an, dass ihnen an ihrer Schule wichtig ist,
dass diese auch von ihren Freunden besucht wird (MW=3,9), als es Kinder
des Inklusiven Unterrichts (MW=4,3) oder von allgemeinen Schulen
(MW=4,4) tun.
5% 2% 9%
21%
64%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nicht wichtig wenig wichtig mittelmäßigwichtig
ziemlichwichtig
sehr wichtig
An
teil
der
Kin
der
Wichtigkeit
109
Dass die Schule nah am Zuhause der Kinder sein soll, ist für insgesamt ein
gutes Drittel der Kinder „sehr“ (21%) oder „ziemlich wichtig“ (15%) (vgl. Abb.
8.8). Einem Viertel der Kinder ist dies „mittelmäßig wichtig“ (25%). 16% der
Kinder geben an, dass ihnen die Nähe der Schule zu ihrem Zuhause „wenig
wichtig“ ist und einem weiteren Viertel (24%) ist dies „nicht wichtig“
Abbildung 8.8: Meine Schule soll nah an meinem Zuhause sein
Hierbei zeigt sich, dass es Kindern, die bei einem alleinerziehenden Eltern-
teil wohnen, durchschnittlich wichtiger ist, die Schule nah an ihrem Zuhause
zu haben (MW=3,4) als Kindern, die in einer Zweielternfamilie leben
(MW=2,9).
24%
16%
25%
15% 21%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nicht wichtig wenig wichtig mittelmäßigwichtig
ziemlichwichtig
sehr wichtig
An
teil
de
r K
ind
er
Wichtigkeit
110
Die Geschwister ebenfalls auf der Schule zu wissen, auf die sie selber ge-
hen, ist für ein Fünftel der Kinder (die Geschwister haben24
) (20%) „sehr
wichtig“ (vgl. Abb. 8.9). Weiteren 17% ist dies „ziemlich wichtig“ und mehr
als einem Viertel der Kinder mit Geschwistern ist es „mittelmäßig wichtig“
(27%). Mehr als ein Drittel gibt insgesamt an, dass es ihnen an ihrer Schule
„nicht“ (22%) oder nur „wenig“ wichtig ist, dass ihre Geschwister dort eben-
falls unterrichtet werden.
Abbildung 8.9: Meine Geschwister sollen auch auf meine Schule gehen
Hierbei zeigt sich einerseits ein Effekt nach dem Alter und andererseits nach
der aktuell besuchten Schulform der Kinder.
Jüngeren Kindern ist es durchschnittlich wichtiger bei einer Schule, dass ihre
Geschwister dort auch unterrichtet werden (MW=3,3) als den Siebtklässlern
(MW=2,8) und Kinder auf Förderschulen legen hierauf weniger Wert
(MW=2,4) als Kinder, die eine allgemeine Schule oder den Inklusiven Unter-
richt besuchen (je MW=3,0).
24
Die Auswertungen zu diesem Item wurden ohne Einzelkinder durchgeführt.
22%
14%
27%
17% 20%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nicht wichtig wenig wichtig mittelmäßigwichtig
ziemlichwichtig
sehr wichtig
An
teil
der
Kin
der
Wichtigkeit
111
Die verschiedenen Ansprüche, die die Kinder an ihre Schule haben, weisen
Zusammenhänge untereinander auf. So ist es den Kindern umso wichtiger,
auf eine Schule zu gehen, auf der sie gut mitkommen, je wichtiger es ihnen
auch ist, dass ihre Freunde (r=.28) oder ihre Geschwister (r=.22) dort hinge-
hen oder ihre Schule nah am Zuhause ist (r=.23) (und umgekehrt). Zudem
finden es Kinder umso wichtiger an ihrer Schule, dass ihre Freunde dort
ebenfalls hingehen, je wichtiger ihnen die Nähe zum Zuhause (r=.27) oder
die Anwesenheit der Geschwister (r=.21) ist. Zum Wohlbefinden der Kinder
lassen sich hierbei jedoch keine Zusammenhänge feststellen.
Die Frage, auf welche Schulform sie gerne gehen würden, beantwortet je-
weils ungefähr die Hälfte der Kinder mit „Ich wäre gerne auf einer Schule,
auf der nur Kinder ohne Behinderung zusammen lernen“ (53%) und „Ich wä-
re gerne auf einer Schule auf der Kinder mit und ohne Behinderung zusam-
men lernen“ (45%). Eine Schule, auf der nur Kinder mit Behinderungen zu-
sammen lernen, möchten folglich gerne 2% der befragten Kinder besuchen
(vgl. Abb. 8.10). Die allgemeine Schule und der Inklusive Unterricht liegen in
den Wünschen der Kinder in der Grundgesamtheit somit vor der Förderschu-
le.
Abbildung 8.10: Auf welche Schule möchtest du gerne gehen?
2%
45% 53%
5%
46% 49%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Förderschule Inklusiver Unterricht Allgemeine Schule
An
teil
de
r K
ind
er
Schulform
Prozent (gewichtet)
Prozent (ungewichtet)
112
Verzichtet man an dieser Stelle bereits in der allgemeinen Beschreibung auf
das Gewicht zum Ausgleich der erhöhten Anzahl von Kindern mit Förderbe-
darf in der Gesamtstichprobe, erhöht sich der Wunsch nach einem Besuch
von Förderschulen und Inklusivem Unterricht auf Kosten der allgemeinen
Schule. Das prinzipielle Verhältnis bleibt natürlich bestehen, es zeigen sich
jedoch im weiteren Vergleich deutliche Unterschiede in den gewünschten
Schulformen nach dem Förderbedarf und der derzeitig besuchten Schulform
der Kinder.
11% der Kinder mit Förderbedarf möchten gerne auf eine Schule gehen, auf
der nur Kinder mit Behinderungen zusammen lernen. Dieser Anteil liegt bei
Kindern ohne Förderbedarf bei 1%. 48% der Kinder mit Förderbedarf möch-
ten gerne den Inklusiven Unterricht und weitere 41% die allgemeine Schule
besuchen. 45% der Kinder ohne Förderbedarf möchten gerne den Inklusiven
Unterricht besuchen, 54% hingegen eine allgemeine Schule.
Noch deutlicher werden diese Unterschiede, wenn die Wunschschule nach
der Gruppe der zurzeit besuchten Schulen betrachtet wird (vgl. Abb. 8.11).
Abbildung 8.11: Auf welche Schule möchtest du gerne gehen? (nach aktuell besuchter Schulform)
20%
1% 2%
37%
61%
36%
43% 38%
62%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Förderschule Inklusiver Unterricht Allgemeine Schule
An
teil
der
Kin
der
aktuelleSchulform
Förderschule Inklusiver Unterricht Allgemeine Schule
113
20% der derzeitigen Förderschüler möchten auf eine Förderschule gehen
und weitere 37% den Inklusiven Unterricht besuchen. 43% wünschen sich,
eine allgemeine Schule zu besuchen25
.
Kinder, die aktuell den Inklusiven Unterricht besuchen, geben häufiger an,
dass sie auch den Inklusiven Unterricht besuchen möchten (61%), 1% wäre
gerne auf einer Förderschule und weitere 38% möchten gerne zu einer all-
gemeinen Schule gehen.
62% der Kinder, die zurzeit eine allgemeine Schule besuchen, geben diese
Schulform auch als Wunschschulform an. 36% würden hingegen lieber den
Inklusiven Unterricht besuchen und 2% auf eine Förderschule gehen.
Es zeigt sich also, dass sich Kinder des Inklusiven Unterrichts und der all-
gemeinen Schulen zum Großteil für ihren derzeitigen Schultyp entscheiden
würden, dennoch gibt es auf jeder Schulform einen Anteil von Kindern, die
sich gerne an einer, in Bezug auf Inklusion, anderen Schulform sehen wür-
den.
Im so geäußerten Schulwunsch zeigen sich keine Unterschiede hinsichtlich
des Wohlbefindens der Kinder, in ihren Selbstständigkeitseinschätzungen,
Hilfen in der Schule, dem derzeitigen Klassenklima oder den Ansprüchen,
die sie an eine Schule haben.
8.5 Fazit des Kapitels
Wie bereits im Kapitel „Wohlbefinden“ beschrieben, lässt sich das Ergebnis
aus der qualitativen Studie, dass sich Kinder mit Behinderung bzw. Beein-
trächtigung in ihren Schulen wohler fühlen, im quantitativen Inklusionsbaro-
meter 2013 nicht replizieren. Das Kapitel „Schule“ des vorliegenden Inklusi-
onsbarometers hat die Themen „Unterstützung in der Schule“, „gewünschte
Angebote“, „Schulweg“ und „Ansprüche an eine Schule“ inklusive einem
möglichen Schulwechsel noch einmal konkreter im Blick, um hier mögliche
Unterschiede nach Kindern mit und ohne Beeinträchtigung aufzudecken.
25
Ob sich hinter diesem Wunsch vielleicht die Tatsache verbirgt, dass der eigene Förderbedarf der Kinder nicht Behinderung wahrgenommen wird, oder der Wunsch, keine Beeinträchtigung mehr zu haben und dann eine allgemeine Schule zu besuchen, kann anhand der vorliegenden Daten nicht weiter erörtert werden.
114
Hinsichtlich der Angaben, ob den Kindern in ihrer Schule etwas fehlt, damit
es ihnen richtig gut geht, wird deutlich, dass ein Großteil der Kinder keine
Angebote oder Zuwendungen in ihrer Schule vermisst. Dennoch werden
verschiedene Anregungen gegeben, von denen sich auf dem fünften Rang
(5%) ein individuelles Lerntempo – also eine individuelle Förderung, bei der
alle Kinder mitkommen – abzeichnet. Dieser Wunsch wird jedoch nicht in
besonderer Form nach dem Förderbedarf der Kinder geäußert; einzig das
Alter der Kinder hat hier einen Einfluss. Generell zeigen sich keine Unter-
schiede nach dem Förderbedarf oder der besuchten Schulform der Kinder
hinsichtlich der fehlenden Angebote an ihrer Schule, wenn überhaupt sind
andere soziodemographische Variablen für verschiedene Auffassungen ver-
antwortlich.
Die Unterstützung von Mitschülern und Lehrkräften wird in den meisten Fäl-
len als „genau richtig“ wahrgenommen. Hierbei hat der Migrationshinter-
grund der Kinder fast durchgehend einen Einfluss auf die Wahrnehmung der
Unterstützungsleistungen. In Bezug auf die Unterstützung durch die Lehr-
kräfte zeigt sich jedoch auch, dass Kinder auf allgemeinen Schulen eher das
Gefühl haben, dass ihnen beim Rechnen „zu wenig“ geholfen wird als Kin-
der, die den Inklusiven Unterricht besuchen oder auf eine Förderschule ge-
hen. Den Kindern auf Förderschulen und im Inklusiven Unterricht wird nach
eigenen Angaben beim Rechnen häufiger „zu viel“ von ihren Lehrkräften ge-
holfen, der Großteil der Kinder fühlt sich jedoch genau richtig unterstützt.
Die Unterstützung durch Mitschüler wird ebenfalls nach verschiedenen sozi-
odemographischen Variablen der Kinder unterschiedlich erlebt, hier zeigen
sich auch nach dem Förderbedarf einige Unterschiede.
Das richtige Ausmaß an Hilfe durch die Mitschüler wird von Kindern mit För-
derbedarf deutlich seltener erlebt. Ihnen wird häufiger „zu wenig“ beim Ler-
nen, Sport und wenn andere Kinder sie ärgern geholfen. Bei den Aspekten
„Bullying“ und „Sport“ wird Kindern mit Förderbedarf zusätzlich „zu viel“ Hilfe
zuteil. Dabei ist bei der Unterstützung gerade das richtige Ausmaß entschei-
dend, zu viel und zu wenig Hilfe wirken häufig gleichermaßen negativ auf
das Wohlbefinden. Das erlebte Klassenklima ist hingegen nur vom Alter der
Kinder abhängig, hier zeigen sich keine Unterschiede nach den Schulformen
oder zwischen Kindern mit und ohne Beeinträchtigung.
115
Für Kinder auf Förderschulen ist der Schulweg deutlich häufiger zu lang als
für Kinder auf allgemeinen Schulen und Kinder des Inklusiven Unterrichts,
außerdem bestreiten Kinder mit Beeinträchtigung den Schulweg häufiger mit
dem Taxi (wenn sie nicht von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen sind)
oder mit dem Schulbus (bei Arbeitslosigkeit in der Familie). Für weitere Un-
terschiede im Bestreiten des Schulweges sind wiederum das Alter und der
Migrationshintergrund der Kinder entscheidend und nicht der Förderbedarf.
Es zeigt sich jedoch, dass Kinder auf Förderschulen einen geringeren An-
spruch an ihre Schule stellen, wenn es darum geht, dass dort auch ihre
Freunde oder Geschwister sind. Dies ist Kindern auf Förderschulen weniger
wichtig.
Die sehr eindeutigen Ergebnisse des qualitativen Inklusionsbarometers
2011/2012 hinsichtlich der gewünschten Schulformen bzw. eines möglichen
Schulformwechsels lassen sich in der großen quantitativen Stichprobe so
nicht replizieren. In der vorherigen qualitativen Studie wurde von den per-
sönlich interviewten Kindern zu knapp 80% angegeben, dass sie auf keine
andere Schule gehen möchten. In der vorliegenden Studie wird jedoch deut-
lich, dass ein hoher Anteil von Kindern auf Förderschulen gerne den Inklusi-
ven Unterricht besuchen, oder auf eine allgemeine Schule gehen würde, an-
sonsten würden jeweils knapp zwei Drittel der Kinder bei ihrer aktuellen
Schulform bleiben. Die genauen Beweggründe des Wechselwillens können
hierbei nicht näher erörtert werden, zu den Selbstständigkeitseinschätzun-
gen der Kinder, Hilfen in der Schule, dem derzeitigen Klassenklima oder den
Ansprüchen, die sie an eine Schule haben lassen sich hierbei keine Zu-
sammenhänge nachweisen.
117
9. Freizeit, Freunde und Verein
Dieses Kapitel befasst sich mit der Freizeitgestaltung der befragten Kinder,
unter besonderer Berücksichtigung der Fragestellung, ob sich Unterschiede
bezüglich der Freizeitgestaltung von Kindern mit und ohne Behinderung
bzw. Beeinträchtigung zeigen. Dafür sind zum einen geschlossene Häufig-
keitsabfragen gestellt worden, die unter dem Titel „Was machst du in deiner
Freizeit?“ zusammengefasst worden sind, und zum anderen eine offene
Frage „Fehlt dir etwas, damit es dir in der Freizeit/bei deinen Freunden rich-
tig gut geht?“. Zum Thema Freundschaft konnten die Kinder ihre Zustim-
mung zu verschiedenen vorgegebenen Aussagen geben, die mit der Über-
schrift „Wie ist es mit deinen Freunden und Freundinnen?“ für die Kinder zu-
sammengefasst wurden. Neben diesen Fragen/Aussagen steht die Vereins-
zugehörigkeit der Kinder im Fokus des Kapitels – insbesondere die Frage,
ob sich Kinder mit und ohne Behinderung bzw. Beeinträchtigung bezüglich
der Vereinszugehörigkeit oder dem Wunsch, einem Verein beizutreten, un-
terscheiden.
9.1 Freizeitaktivitäten der Kinder
Die Kinder wurden gefragt, wie häufig sie vorgegebene Aktivitäten (Sport,
Freunde treffen, shoppen, draußen oder drinnen spielen, etc.) in ihrer Frei-
zeit unternehmen. Dabei konnten sie zwischen den Antworten „nie“, „selten“,
„manchmal“, „oft“ oder „sehr oft“ auswählen.
41% der befragten Kinder geben an, dass sie „sehr oft“ Sport machen (s.
Abb. 9.1) und etwas mehr als ein Viertel (26%) treibt „oft“ Sport. „Manchmal“
betätigen sich 22% der befragten Kinder sportlich und weitere 12% tun dies
„selten“ (7%) bis „nie“ (5%). Im Durchschnitt machen die Kinder „oft“
(MW=3,9) Sport
118
Abbildung 9.1: Ich mache Sport
Bezüglich sportlicher Freizeitaktivitäten zeigen sich Gruppenunterschiede
zwischen den Geschlechtern, den Kindern mit und ohne besonderen För-
derbedarf und dem Familienstatus. Jungen treiben häufiger Sport in der
Freizeit (MW=4,0) als Mädchen (MW=3,8), dies gilt ebenfalls für Kinder, de-
ren Familie nicht von Arbeitslosigkeit betroffen ist (MW=4,0 vs. MW=3.6).
Kinder ohne Förderbedarf geben ebenfalls häufiger an, in der Freizeit Sport
zu treiben (MW=3,9) als Kinder, die eine besondere Förderung erhalten
(MW=3,6). Je häufiger die Kinder angeben in ihrer Freizeit Sport zu treiben,
desto häufiger geben sie an, dass sie zu wenig Freizeit haben, weil sie am
Nachmittag zu viele Termine haben (r=.20).
Mit Freunden treffen sich die befragten Kinder im Durchschnitt ebenfalls „oft“
(MW=4,1). In Häufigkeiten ausgedrückt zeigt sich die Verteilung der Antwor-
ten wie folgt (s. Abb. 9.2).
5% 7%
22% 26%
41%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
119
Abbildung 9.2: Ich treffe Freunde
8% der befragten Kinder treffen sich „nie“ (2%) bis „selten“ (6%) mit ihren
Freunden und 18% geben an, sich „manchmal“ mit Freunden zu treffen. Et-
was mehr als ein Drittel der Befragten gibt an, sich „oft“ (34%) mit den
Freunden zu treffen und 40% tun dies „sehr oft“. Kinder mit Förderbedarf
(MW=3,8) geben etwas seltener an, sich in ihrer Freizeit mit Freunden zu
treffen als Kinder ohne Förderbedarf (MW=4,1). Kinder erwerbsloser Eltern
(MW=3,9) treffen sich in der Freizeit ebenfalls etwas seltener mit ihren
Freunden als Kinder, die nicht von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen
sind (MW=4,1).
Etwas mehr als zwei Drittel machen bzw. hören „oft“ (28%) bis „sehr oft“
(39%) Musik. 18% geben an, dies „manchmal“ zu tun und 16% hören bzw.
machen „selten“ (10%) bis „nie“ (6%) Musik in ihrer Freizeit (s. Abb. 9.3). Im
Durchschnitt machen bzw. hören die Kinder demnach „oft“ (MW=3,8) Musik
in ihrer Freizeit.
2% 6%
18%
34%
40%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
120
Abbildung 9.3: Ich höre oder mache Musik
Mädchen geben häufiger an, in ihrer Freizeit Musik zu hören oder selber zu
machen (MW=4,0) als Jungen (MW=3,6). Die Kinder der siebten Jahrgangs-
stufe geben diese Freizeitaktivität ebenfalls häufiger an (MW=4,0) als die
jüngeren Kinder der vierten Jahrgangsstufe (MW=3,7).
6% 10%
18%
28%
39%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
121
45% der Kinder geben an, „nie“ (27%) bis „selten“ (18%) in ihrer Freizeit zu
lesen oder Hörbücher anzuhören. „Manchmal“ lesen bzw. hören 21% der
Kinder ein Buch bzw. Hörbuch. Ein Drittel tut dies „oft“ (16%) bis „sehr oft“
(17%) (s. Abb. 9.4). Im Durchschnitt lesen oder hören die Kinder „manchmal“
in ihrer Freizeit (Hör-) Bücher.
Abbildung 9.4: Ich lese oder höre Hörbücher
Lesen oder Hörbücher zu hören ist eine Freizeitbeschäftigung, die Mädchen
(MW=3,0) häufiger angeben als Jungen (MW=2,6). Kinder mit Förderbedarf
lesen oder hören seltener Hörbücher (MW=2,5) als Kinder ohne Förderbe-
darf (MW=2,8)26
. Dies zeigt sich ebenso für Kinder mit Migrationshintergrund
(MW=2,6) und Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=2,9). Jüngere Kinder
geben ebenfalls häufiger an, in ihrer Freizeit zu lesen oder ein Hörbuch zu
hören (MW=3,3) als Kinder des siebten Jahrgangs (MW=2,4).
26
Diese Zusammenhänge sind unter Kontrolle des Förderbedarfs gerechnet. Somit ist die Tat-sache, dass Kinder mit Förderbedarf z.B. insgesamt häufiger männlich sind, nicht ausschlagge-bend für die berichteten Zusammenhänge.
27%
18% 21%
16% 19%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
122
45% der befragten Kinder geben an, dass sie „nie“ (22%) oder „selten“
(23%) shoppen gehen. Mehr als ein Viertel gibt an, „manchmal“ Shopping-
touren zu unternehmen (27%) und 28% tun dies „oft“ (16%) bis „sehr oft“
(12%) (s. Abb. 9.5).
Abbildung 9.5: Ich gehe shoppen
Mädchen (MW=3,1), Kinder der siebten Klasse (MW=3,1) und Kinder er-
werbstätiger Eltern (MW=2,8) gehen häufiger shoppen als Jungen
(MW=2,2), Viertklässler (MW=2,3) und Kinder, deren Familie von Arbeitslo-
sigkeit betroffen ist (MW=2,4).
22% 23% 27%
16% 12%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
123
Auf Partys gehen die befragten Kinder im Durchschnitt „selten“ (MW=2,3),
detailliert stellt sich das Antwortverhalten der Kinder wie folgt dar (s. Abb.
9.6).
Abbildung 9.6: Ich gehe auf Partys
Fast zwei Drittel (60%) der befragten Kinder gehen „nie“ (33%) bis „selten“
(27%) auf eine Party. Ein Viertel geht in der Freizeit „manchmal“ (25%) auf
eine Party, wohingegen 15% „oft“ (9%) bis „sehr oft“ (6%) eine Party besu-
chen. Jungen gehen in ihrer Freizeit etwas häufiger auf Partys (MW=2,4) als
Mädchen (MW=2,2).
33% 27% 25%
9% 6%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
124
Die Beschäftigung mit der Playstation oder dem PC stellt für die Kinder
„manchmal“ eine Freizeitaktivität dar (MW=3,0). 17% geben an, dass sie
sich „nie“ mit elektronischen Geräten die Freizeit vertreiben, fast ein Viertel
tut dies „selten“ (24%). „Manchmal“ nutzen den Computer oder die Spielkon-
sole 23% der Kinder als Freizeitbeschäftigung. 36% tun dies „oft“ (17%) bis
„sehr oft“ (19%) (s. Abb. 9.7).
Abbildung 9.7: Ich spiele am Computer oder an der Spielekonsole (z.B. Playstation)
Der Computer oder die Spielkonsole ist besonders für Jungen, Kinder mit
besonderem Förderbedarf und ältere Kinder eine beliebte Freizeitaktivität.
Jungen (MW=3,6) nennen häufiger den Computer oder die Spielkonsole als
Freizeitbeschäftigung als Mädchen (MW=2,4). Kinder mit Förderbedarf
(MW=3,3) geben ebenfalls häufiger das Computerspielen als Freizeitaktivität
an als Kinder ohne Förderbedarf (MW=2,9)27
. Die jüngeren Kinder (MW=2,8)
spielen seltener in ihrer Freizeit am Computer oder mit der Spielkonsole als
Kinder der siebten Jahrgangsstufe (MW=3,1).
27
Diese Zusammenhänge sind unter Kontrolle des Förderbedarfs gerechnet. Somit ist die Tat-sache, dass Kinder mit Förderbedarf z.B. insgesamt häufiger männlich sind, nicht ausschlagge-bend für die berichteten Zusammenhänge.
17%
24% 23% 17% 19%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
125
Draußen spielen die Kinder im Durchschnitt „oft“ in ihrer Freizeit. Nur 9%
geben an „nie“ (3%) oder „selten“ (6%) draußen zu spielen. „Manchmal“
spielen 18% der befragten Kinder in ihrer Freizeit draußen. Ein Drittel tut
dies „oft“ und 40% geben an, dass sie „sehr oft“ draußen spielen (s. Abb.
9.8).
Abbildung 9.8: Ich spiele draußen
Jungen (MW=4,1) geben häufiger an, in ihrer Freizeit draußen zu spielen,
als Mädchen (MW=3,9). Dies gilt auch für die jüngeren Kinder (MW=4,3) im
Vergleich zu den Kindern der siebten Klasse (MW=3,7).
3% 6%
18%
33%
40%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
126
46% geben an, „sehr oft“ (18%) bzw. „oft“ (28%) drinnen zu spielen. Ein Drit-
tel tut dies „manchmal“ (33%) und etwas weniger als ein Drittel tut dies „sel-
ten“ (14%) bis „nie“ (7%) (s. Abb. 9.9).
Abbildung 9.9: Ich spiele drinnen
Für die Aktivität „drinnen spielen“ zeigen sich die gleichen Unterschiede, wie
bei der Aktivität „draußen spielen“. Jungen (MW=3,5) geben häufiger an, in
ihrer Freizeit drinnen zu spielen als Mädchen (MW=3,3). Das gleiche gilt für
die jüngeren Kinder (MW=3,6), die häufiger drinnen spielen als die älteren
Kinder (MW=3,2).
7%
14%
33% 28%
18%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
127
Im Durchschnitt kümmern sich die Kinder „manchmal“ um ihre Haustiere
(MW=3,4). 24% tun dies „nie“, 7% „selten“ und 11% „manchmal“. „Oft“ küm-
mern sich 21% und „sehr oft“ 37% der befragten Kinder um ihre Haustiere
(s. Abb. 9.10).
Abbildung 9.10: Ich kümmere mich um mein(e) Haustier(e)
Auch für diese Freizeitaktivität ist ein Gruppenunterschied bei den Ge-
schlechtern festzuhalten. Mädchen (MW=3,5) geben häufiger an, sich in ih-
rer Freizeit um Haustiere zu kümmern als Jungen (MW=3,2). Zusätzlich ge-
ben Kinder mit Migrationshintergrund (MW=2,9) seltener an, sich um Hau-
stiere zu kümmern als Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=3,6).
24%
7% 11%
21%
37%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
128
23% der Kinder basteln oder malen „nie“ in ihrer Freizeit, ein Viertel tut dies
nur „selten“. Weitere 26% der befragten Kinder geben an, dass sie „manch-
mal“ in der Freizeit malen oder basteln. Etwas mehr als ein Viertel (27%) gibt
an, dass sie „oft“ (13%) bis „sehr oft“ (14%) basteln oder malen (s. Abb.
9.11).
Abbildung 9.11: Ich male und bastele
Mädchen (MW=3,0) geben häufiger das Basteln oder Malen als Freizeitakti-
vität an als Jungen (MW=2,3) und Viertklässler (MW=3,1) geben diese Frei-
zeitaktivität ebenfalls häufiger an als Siebtklässler (MW=2,4). Je seltener
Kinder angeben, zu wenig Freizeit aufgrund zu langer Schul- bzw. Unter-
richtszeiten zu haben, desto häufiger malen oder basteln sie (r=-.23)28
.
28
(vgl. ausführlich in Kapitel 9.3)
23% 25% 26%
13% 14%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
129
Kochen und backen sind Freizeitaktivitäten, die die Kinder im Durchschnitt
„manchmal“ machen (MW=2,7). Fast die Hälfte gibt an, „nie“ (22%) oder
„selten“ (27%) in der der Freizeit zu kochen/zu backen. Ein Viertel tut dies
„manchmal“ und etwas mehr als ein Viertel (27%) tut dies „oft“ (16%) oder
„sehr oft“ (11%) (s. Abb. 9.12).
Abbildung 9.12: Ich koche oder backe
Diese Freizeitaktivität wird ebenfalls von Mädchen (MW=3,0) häufiger ge-
nannt als von Jungen (MW=2,3). Kinder, die von Arbeitslosigkeit in der Fa-
milie betroffen sind, (MW=2,4) geben hingegen seltener an, in der Freizeit zu
kochen oder zu backen als Kinder, deren Familien nicht von Arbeitslosigkeit
betroffen ist (MW=2,7).
Fernsehen zu schauen ist eine Freizeitaktivität, die die Kinder „manchmal“
bis „oft“ machen (MW=3,5). Nur 3% geben an, dass sie „nie“ in der Freizeit
Fernsehen schauen und 14% tun dies nur „selten“. Ein Drittel (33%) vertreibt
sich „manchmal“ mit Fernseher gucken die Freizeit. 31% tun dies „oft“ und
weitere 19% „sehr oft“ (s. Abb. 9.13).
22% 27% 25%
16% 11%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
130
Abbildung 9.13: Ich schaue Fernsehen
Als Freizeitbeschäftigung Fernsehen schauen wird von den älteren Kindern
(MW=3,6) häufiger als Freizeitaktivität genannt als von den jüngeren Kindern
(MW=3,4). Kinder mit Förderbedarf (MW=3,7) nutzen den Fernseher eben-
falls häufiger als Freizeitbeschäftigung als Kinder ohne Förderbedarf
(MW=3,5).
Die einzelnen Aktivitäten hängen unterschiedlich positiv zusammen. Zur
Übersichtlichkeit sind diese Zusammenhänge in der Tab. 9.1 dargestellt.
3%
14%
33% 31%
19%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
131
Tabelle 9.1: Zusammenhang zwischen den einzelnen Aktivitäten
Ich treffe Freun
de
Ich höre oder ma-che Mu-sik
Ich gehe shoppen
Ich gehe auf Par-tys
Ich spie-
le drau-ßen
Ich spie-
le drin-nen
Ich kümmere mich um
mein Haus-
tie.
Ich male oder bas-tele
Ich ko-che oder ba-cke
Ich scha
ue Fern-se-hen
Ich ma-che Sport
.22 .23 .30
Ich treffe Freunde
.22 .20 .36
Ich höre oder mache Musik
.32
Ich lese oder hö-re Hör-bücher
.22 .37
Ich gehe shoppen
.24 .31
Ich spie-le am Compu-ter oder an der Spiel-konsole (z.B. Playsta-tion)
.22 .37
Ich spie-le drau-ßen
.20 .21 .22
Ich kümme-re mich um mein(e) Hau-stier(e)
.23
Ich male oder bastele
.38
132
Des Weiteren sind Zusammenhänge zum Wohlbefinden der Kinder und den
Freizeitaktivitäten zu berichten. Je besser das schulische Wohlbefinden,
umso häufiger spielen die Kinder draußen (r=.24). Je größer das Wohlbefin-
den im Freundeskreis ausfällt, desto häufiger treffen die Kinder sich mit ihren
Freunden (r=.31) oder spielen draußen (r=.20). Je besser das familiäre
Wohlbefinden, desto häufiger spielen die Kinder draußen (r=.21).
9.2 Vereinszugehörigkeit
Neben den verschiedenen Freizeitaktivitäten, die nach Häufigkeit bewertet
werden konnten, wurden die Kinder zudem nach ihrer Mitgliedschaft in ei-
nem Verein gefragt.
Die Hälfte der Kinder (48%) mit Förderbedarf ist Mitglied in einem Verein.
Dies entspricht der Verteilung der Ergebnisse des qualitativen Inklusionsba-
rometers 2011/2012. Es wird allerdings deutlich, dass Kinder ohne Förder-
bedarf sich signifikant häufiger in einem Verein befinden (65%).
Insgesamt sind fast zwei Drittel der Kinder in einem Verein (64%), es zeigt
sich jedoch eine unterschiedliche Dichte an Vereinszugehörigkeit, wenn die
verschiedenen Gruppen betrachtet werden. Nicht nur Kinder mit Förderbe-
darf besuchen seltener einen Verein als der Durchschnitt (s.o.), sondern
auch Kinder mit Migrationshintergrund sind seltener Mitglied in einem Verein
(53%) als Kinder ohne Migrationshintergrund (73%).
Kinder, die bei Alleinerziehenden leben, sind seltener in einem Verein (50%)
als Kinder in Zweielternfamilien (67%). Dieser Unterschied zeigt sich aller-
dings nur bei Kindern ohne Förderbedarf. Bei Kindern mit Förderbedarf ist
die Vereinszugehörigkeit nicht von der Struktur des Elternhauses abhängig.
Zudem sind Kinder, die von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen sind, sel-
tener in einem Verein (50%) als Kinder, die nicht von Arbeitslosigkeit in der
Familie betroffen sind (73%). Dieser Zusammenhang liegt jedoch nur einge-
schränkt in der Gruppe der Kinder ohne Migrationshintergrund oder ohne
Förderbedarf vor. Bei Kindern mit Migrationshintergrund oder Förderbedarf
variiert die Vereinszugehörigkeit nicht systematisch mit der Arbeitslosigkeit
im Haushalt.
133
Welche Vereine die Kinder konkret besuchen, wurde in der vorliegenden Un-
tersuchung nicht genauer erfragt. Ein besonderes Augenmerk wurde hinge-
gen darauf gelegt, ob die Kinder gerne in einem Verein wären – bzw. in ei-
nem anderen Verein wären als sie derzeit sind – und wenn ja, welche Grün-
de es gibt, warum sie ihren präferierten Verein nicht besuchen können, da
diese Frage von den interviewten Kinder in der qualitativen Studie (2011)
nur selten beantwortet wurde.
17% aller Kinder beantworten die angeschlossene Aussage „Ich würde ger-
ne in einen (anderen) Verein gehen“ mit „Ja“. Hierbei zeigt sich, dass häufi-
ger die Kinder diese Aussage positiv beantworten, die bislang kein Vereins-
mitglied sind (26%). 12% der Kinder, die bereits irgendwo Mitglied sind, wä-
ren lieber in einem anderen Verein. Entsprechend möchten 74% der Kinder,
die in keinem Verein sind auch gar keinen aufsuchen; 88% der Kinder, die
einem Verein angehören möchten diesen auch nicht wechseln.
Zum Wohlbefinden der Kinder lassen sich nach der Vereinszugehörigkeit
verschiedene Zusammenhänge festmachen.
So berichten Kinder, die in einem Verein sind, ein höheres allgemeines
(MW=5,6) und ein höheres schulisches Wohlbefinden (MW=5,3) zu haben
als Kinder, die keinem Verein angehören (MW=5,3 und MW=5,0). Kinder,
die mit ihrer jetzigen (fehlenden) Vereinszugehörigkeit unzufrieden sind und
sich dafür aussprechen, gerne einen (anderen) Verein zu besuchen, haben
in allen abgefragten Wohlbefindensaspekten geringere Werte als Kinder, die
an ihrer derzeitigen Vereinssituation nichts ändern wollen (vgl. Abb. 9.14)
134
Abbildung 9.14: Mittelwerte Wohlbefinden nach Wunsch, einem (anderen) Verein anzugehören
Die genannten Gründe, warum die Kinder nicht in dem Verein sind, in den
sie gerne gehen würden (unabhängig davon, ob sie überhaupt in einem
Verein Mitglied sind), sind in der Abbildung 9.15 dargestellt. Hierbei hatten
die Kinder die Möglichkeit aus vorgegebenen Antworten alle Optionen aus-
zuwählen, die für sie zutreffen und die Liste um „Sonstiges“ zu ergänzen.
5,1
5,6
4,8
6,2
5,6
6,1
5,2
6,5
1
2
3
4
5
6
7
allgemeinesWohlbefinden
familiäresWohlbefinden
SchulischesWohlbefinden
Wohlbefinden beiFreunden
Mit
telw
ert
Wohlbefinden
ja
nein
135
Abbildung 9.15: Gründe, nicht im gewünschten Verein zu sein
Am häufigsten (36%) wissen die Kinder selber nicht, warum sie in dem Ver-
ein, den sich gerne besuchen würden, kein Mitglied sind. Die hier gemach-
ten Prozentzahlen beziehen sich auf die Häufigkeit der Zustimmung all derer
Kinder, die nicht in ihrem Wunschverein sind. Dicht gefolgt wird die Aussage
„Weiß ich nicht“ vom Grund, nicht genug Zeit für eine entsprechende Ver-
einsmitgliedschaft zu haben; dieser Grund wird von einem Drittel der Kinder
genannt (32%). Für ein knappes Viertel der Kinder (23%) ist der Wunsch-
verein zu weit entfernt, ein gutes Fünftel (21%) gibt „Sonstiges“ als Grund
an.
Zu der Antwortkategorie „Sonstiges“ konnten die Kinder weitere Gründe frei
eintragen. Von den hier gemachten Aussagen wiederholen sich vor allem
die Angaben „keine Lust“ oder „kein Bock“, die Aufzählung der Art des Ver-
eins, den die Kinder gerne aufsuchen würden (z.B. „Tischtennis“, „DLRG“),
Aussagen, die sich darauf beziehen, dass es keinen Verein oder zu wenig
Trainer gibt (z.B. „zu viele Kinder für zu wenig Trainer“, „mein Verein hat ge-
3%
10%
13%
15%
16%
21%
23%
32%
36%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Der Verein möchte das nicht
Ich traue mich nicht
Meine Eltern erlauben es nicht
Das wäre zu teuer
Ohne Hilfe komm ich dort nicht hin
Sonstiges
Der Verein ist zu weit weg
Ich habe zu wenig Zeit
Weiß ich nicht
Anteil der Kinder
Wü
ns
ch
e d
er
Kin
de
r
136
rade geschlossen, ich suche einen anderen“, „es gibt keinen richtigen Ver-
ein“) und dass die Kinder nicht in den Wunschverein gehen, weil ihre Freun-
de nicht dort sind (z.B. „keiner meiner Freunde will“, „dass die Freunde nicht
da sind“)29
.
16% der Kinder sind nicht im präferierten Verein, weil sie dort ohne Hilfe
nicht hinkommen, weitere 15% geben an, dass die Vereinszugehörigkeit zu
teuer wäre. Ein Verbot der Eltern ist bei 13% der Kinder ein Grund, weshalb
sie nicht in ihrem Wunschverein sind, jedes zehnte Kind traut sich hingegen
selber nicht, beizutreten. 3% der Kinder geben an, dass sie nicht in den ge-
wünschten Verein gehen, weil der Verein dies abgelehnt hat.
Bezüglich der genannten Gründe wird deutlich, dass Kinder bzw. Jugendli-
che der siebten Klasse häufiger angeben, zu wenig Zeit für die Mitglied-
schaft in ihrem Wunschverein zu haben (50%) als Kinder der vierten Klasse
(20%). Außerdem wird hierbei ein Unterschied nach Förderbedarf der Kinder
deutlich. Kinder, die keine Beeinträchtigung haben, geben ebenfalls häufiger
an, dass sie für ihren Wunschverein zu wenig Zeit haben (37%) als dies Kin-
der mit Behinderung tun (18%).
Kinder, die als Grund „zu wenig Zeit“ nennen, berichten außerdem häufiger
von zu wenig Freizeit aufgrund eines zu langen Schulweges (MW=2,7 vs.
MW=1,9), zu vielen Nachmittagsterminen (MW=2,8 vs. MW=2,0), zu langer
Unterrichtszeit (MW=3,4 vs. MW=2,5) oder zu viel benötigter Zeit für die
Hausaufgaben (MW=3,6 vs. MW=2,5). Die detaillierten Auswertungen zu
Gründen für zu wenig Freizeit werden im folgenden Kapitel dargestellt.
9.3 Zu wenig Freizeit
Nach den verschiedenen Freizeitaktivitäten und der Vereinszugehörigkeit
wurden die Kinder zudem gefragt, wie häufig sie aus verschiedenen Grün-
den zu wenig Freizeit haben.
Hierbei zeigt sich insgesamt, dass die Kinder aufgrund der angegebenen
Gründe im Durchschnitt höchstens „manchmal“ zu wenig Freizeit haben.
29
Klar auf die eigene Behinderung bezogen sind nur zwei Antworten eingetragen worden: „We-gen meiner Behinderung geht es meistens nicht“, und „Behinderung“.
137
Am häufigsten wird benannt, dass zu wenig Freizeit vorhanden ist, weil zu
viel Zeit für die Hausaufgaben benötigt wird (MW=2,6). Hier geben jeweils
13% der Kinder an, dass sie aufgrund zu vieler Hausaufgaben „sehr oft“
oder „oft“ zu wenig Freizeit haben (vgl. Abb. 9.16). 22% der Kinder erleben
dies „manchmal“, 29% „selten“ und ein Viertel der Kinder hat „nie“ zu wenig
Freizeit aufgrund der Hausaufgabendichte. Die älteren Kinder erleben dies
jedoch im Durchschnitt häufiger (MW=2,9) als die Kinder der vierten Klasse
(MW=2,5).
Abbildung 9.16: Zu wenig Freizeit, weil zu viel Zeit für Hausaufgaben benötigt wird
23% 29%
22%
13% 13%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
138
Zu wenig Freizeit zu haben, weil die Schul- bzw. Unterrichtszeit der Kinder
zu lang ist, wird „selten“ bis „manchmal“ erlebt (MW=2,5). Jedes zehnte Kind
erlebt dies jedoch „sehr oft“ (11%) und weitere 12% „oft“ (vgl. Abb. 9.17).
21% der Kinder geben an, dass dies „manchmal der Fall ist, 24% „selten“
und ein Drittel der Kinder hat „nie“ zu wenig Freizeit aufgrund zu langer
Schul- bzw. Unterrichtszeiten.
Abbildung 9.17: Zu wenig Freizeit, weil die Schulzeit/Unterrichtszeit zu lang ist
Hierbei wird ebenfalls deutlich, dass dies bei älteren Kindern häufiger der
Fall ist (MW=2,9) als bei den Kindern der vierten Klassen (MW=2,0) und
auch Kinder ohne Migrationshintergrund berichten häufiger, dass sie auf-
grund zu langer Unterrichtszeit zu wenig Freizeit haben (MW=2,6 vs.
MW=2,3).
32%
24% 21%
12% 11%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
139
Aufgrund zu vieler Nachmittagstermine haben die Kinder im Durchschnitt
„selten“ zu wenig Freizeit. 6% der befragten Kinder erleben diese Zeitknapp-
heit „sehr oft“ (vgl. Abb. 9.18) und weitere 12% „oft“. Jedes Fünfte Kind
(19%) ist davon „manchmal“ betroffen, insgesamt erleben 64% der Kinder
dies jedoch „selten (34%) oder „nie“ (30%).
Abbildung 9.18: Zu wenig Freizeit, weil am Nachmittag zu viele Termine sind
Auch hier sind Unterschiede nach dem Alter der Kinder signifikant. Siebt-
klässler erleben es im Durchschnitt häufiger, dass sie aufgrund zu vieler
Nachmittagstermine zu wenig Freizeit haben (MW=2,5) als Kinder der vier-
ten Klasse (MW=2,1). Zudem sind Kinder aus Zweielternfamilien häufiger
davon betroffen (MW=2,4 vs. MW=2,0) und es zeigt sich ein Effekt nach der
besuchten Schulform der Kinder: Kinder, die eine Förderschule besuchen,
geben deutlich seltener an, dass sie aufgrund zu vieler Nachmittagstermine
zu wenig Freizeit haben (MW=2,0), als es Kinder tun, die eine allgemeine
Schule (MW=2,3) oder den Inklusiven Unterricht (MW=2,4) besuchen.
Am seltensten geben die Kinder durchschnittlich an, dass sie zu wenig Frei-
zeit haben, weil ihr Schulweg zu lang ist (MW=1,8). Knapp Zweidrittel der
30% 34%
19%
12% 6%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
140
Kinder (60%) erleben dies „nie“, weitere 19% „selten“ (vgl. Abb. 9.19). jedes
zehnte Kind hat wegen eines zu langen Schulweges „manchmal“ zu wenig
Freizeit (11%), 45 erleben dies „oft“ und 6% sogar „sehr oft“.
Abbildung 9.19: Zu wenig Freizeit, weil der Schulweg zu lang ist
Erwartungsgemäß haben die Kinder häufiger aufgrund eines langen Schul-
weges zu wenig Freizeit, die diesen im Vorfeld als „zu lang“ (MW=2,9 vs.
MW=1,5 und 1,4 für „genau richtig“ und „zu kurz“) beschrieben haben. So
ergibt sich auch hier der signifikante Unterschied zwischen Kindern mit und
ohne Beeinträchtigung, dass Kinder mit speziellem Förderbedarf häufiger
angeben, zu wenig Freizeit aufgrund eines zu langen Schulweges zu haben
(MW=2,2) als Kinder ohne Behinderung (MW=1,8).
Bezogen auf das Wohlbefinden der Kinder wird deutlich, dass sich Kinder
unwohler in ihrer Schule fühlen, je häufiger sie angeben, zu wenig Freizeit
zu haben, weil sie zu viel Zeit für ihre Hausaufgaben brauchen (r=-.24). An-
dere Zusammenhänge zeigen sich nicht.
60%
19%
11%
4% 6%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
nie selten manchmal oft sehr oft
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
141
9.4 Fehlt dir etwas, damit es dir in deiner Freizeit / bei deinen
Freunden richtig gut geht?
Die Fragen nach fehlenden Aspekten in der Freizeit / dem Freundeskreis
wurde in einem offenen Format gestellt. Insgesamt866 Kinder haben min-
destens eine Antwort auf diese Frage gegeben, wobei auch Mehrfachant-
worten möglich waren. Diese wurden, mit Hilfe der Qualitativen Inhaltsanaly-
se, einer von 11 Kategorien zugeordnet.
Auffallend ist erneut die hohe Anzahl an Kindern denen „nichts“ fehlt (71%).
Dies zeigt sich bei den anderen offenen Fragen in einem ähnlichen Ausmaß
(vgl. Abb. 9.20).
Abbildung 9.20: Fehlt dir etwas, damit es dir in deiner Freizeit / bei deinen Freunden richtig gut geht?
Auf dem zweiten Rang nennen die Kinder Aussagen, die in der Kategorie
„Zeit“ zusammengefasst werden (6%). Ihnen fehlt die Zeit, sich mit den
Freunden überhaupt zu treffen, da ihre Freizeit sehr knapp bemessen ist:
„mehr Zeit“, „immer lange raus gehen können“ oder „einen längeren Tag“
sind häufig genannte Wünsche.
3%
4%
4%
6%
71%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
zusammen sein
Vertrauen - echte Freunde
kürzere Schulzeiten
Zeit
nichts
Anteil der Kinder
Wü
ns
ch
e d
er
Kin
de
r
142
Den dritten Rang der Dinge, die den Kindern in der Freizeit/bei Freunden
fehlen, ist das „Vertrauen – echte Freunde“ oder die „kürzere Schulzeit“ (je-
weils 4%). Die Kategorie „Vertrauen – echte Freunde“ setzt sich aus Aussa-
gen zusammen, die beschreiben, dass dem jeweiligen Kind echte Freunde
fehlen, ihnen fehlt das Vertrauen, das benötigt wird um überhaupt eine
Freundschaft aufzubauen: „erst brauche ich richtige Freunde und Vertrauen“
oder „dass die auch mal merken, dass es mir schlecht geht, aber das mer-
ken die nie“.
Auf dem fünften Platz befindet sich die Kategorie „Zusammen sein“ – es
werden Aussagen der Kinder zusammengefasst, bei denen das Kind be-
schreibt, dass die gemeinsame Zeit mit den Freunden fehlt. „Zusammen
sein“, „zusammen spielen“ oder „die Freunde wohnen einfach zu weit weg“.
Diese Kategorie ist unbedingt von der Kategorie „Zeit“ zu trennen, diese be-
schreibt die fehlende Zeit, um Treffen überhaupt erst möglich zu machen
und die Kategorie „Zusammen sein“ die Tatsache, dass die Zeit da ist, aber
nicht entsprechend für gemeinsame Unternehmungen (welcher Art auch
immer) genutzt wird.
Mädchen geben häufiger an, dass ihnen überhaupt die Zeit fehlt, sich mit ih-
ren Freunden zu treffen (7%) als die männlichen Schüler (3%). Jungen ge-
ben außerdem häufiger die Antwort, dass ihnen „nichts“ bezüglich des
Wohlbefindens im Freundeskreis fehlt (76%), als Mädchen (67%). Kindern
der siebten Jahrgangsstufe fehlt häufiger die Zeit, sich überhaupt mit den ei-
genen Freunden zu treffen (9%) als Kindern der vierten Klasse (2%). Kin-
dern alleinerziehender Elternteile fehlt häufiger die Zeit, sich zu treffen (12%)
als Kindern aus Zweielternfamilien (4%).
9.5 Freundschaft
Im Verlauf des Berichtes ist des Öfteren von der Bedeutsamkeit von Bezie-
hungen zu Familienmitgliedern, Lehrkräften und Mitschülern gesprochen
worden. Dieses Kapitel befasst sich ausschließlich mit der Bedeutsamkeit
von Beziehungen zu Freundinnen und Freunden. Im Fokus steht insbeson-
dere die Frage, ob Kinder mit und ohne Behinderung bzw. Beeinträchtigung
Unterschiede in der Bewertung von „Freundschaft“ aufweisen. Diesbezüglich
143
wurden den Kindern sechs verschiedene Aussagen vorgelegt, bei denen sie
mit den Antwortmöglichkeiten „stimmt nicht“, „stimmt wenig“, „stimmt mittel-
mäßig“, „stimmt ziemlich“ oder „stimmt sehr“ ihre Zustimmung abgeben
konnten. Diese Aussagen wurden im Fragebogen mit der Überschrift „Wie ist
es mit deinen Freunden oder Freundinnen?“ betitelt.
70% stimmen der Aussage, genug Zeit mit den Freunden und Freundinnen
verbringen zu können, „sehr“ (37%) bzw. „ziemlich“ zu (33%). 18% geben
bei dieser Aussage eine mittelmäßige Zustimmung ab. 11% stimmen dem
nur „wenig“ (7%) bis „gar nicht“ (4%) zu (vgl. Abb. 9.21).
Abbildung 9.21: Ich kann genug Zeit mit meinen Freunden oder Freundinnen verbringen
Kinder der vierten Jahrgansstufe (MW=4,1) stimmen der Aussage, genug
Zeit mit den Freunden verbringen zu können, häufiger zu als Kinder der
siebten Klassen (MW=3,8). Kinder ohne Förderbedarf (MW=3,9) geben
ebenfalls häufiger ihre Zustimmung als Kinder mit Förderbedarf (MW=3,7).
Je häufiger die Kinder angeben, dass sie zu wenig Freizeit haben, weil die
Schulzeit bzw. Unterrichtszeit zu lang ist, desto seltener geben sie an, genug
Zeit mit Freunden verbringen zu können (r=-.26). Des Weiteren ist ein nega-
4% 7%
18%
33% 37%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
144
tiver Zusammenhang zur Hausaufgabenzeit zu nennen: je häufiger die Kin-
der angeben, zu wenig Freizeit zu haben, weil sie viel Zeit für die Hausauf-
gaben benötigen, desto seltener stimmen sie der Aussage zu, genug Zeit
mit den Freunden verbringen zu können (r=-.32).
Der Aussage, dass man sich bei Streitigkeiten schnell wieder vertragen
kann, stimmt fast die Hälfte der Kinder (49%) „sehr“ zu. Weitere 28% geben
eine ziemliche Zustimmung zu dieser Aussage und 16% eine mittelmäßige.
Lediglich 7% stimmen dem „wenig“ (5%) bis „gar nicht“ (2%) zu (vgl. Abb.
9.22).
Abbildung 9.22: Wenn wir uns streiten, vertragen wir uns schnell wieder
Es sind keine signifikanten Gruppenvergleiche zu berichten.
Der Aussage, dass Unternehmungen gemeinsam entschieden werden,
stimmen die Kinder im Durchschnitt ziemlich zu (MW=4,1). 45% stimmen
dieser Aussage „sehr“ zu und ein Drittel „ziemlich“ (33%). 15% geben eine
mittelmäßige Zustimmung ab und 7% stimmen dem nur „wenig“ (4%) bis
„gar nicht“ (3%) zu (vgl. Abb. 9.23).
2% 5%
16%
28%
49%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
145
Abbildung 9.23: Wir entscheiden gemeinsam, was gemacht wird
Mädchen (MW=4,2) stimmen dieser Aussage etwas häufiger zu als Jungen
(MW=4,0), dies gilt auch für Kinder erwerbstätiger Eltern (MW=4,2) im Ge-
gensatz Kindern, deren Familie von Arbeitslosigkeit betroffen ist (MW=4,0).
3% 4%
15%
33%
45%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
146
45% der befragten Kinder stimmen der Aussage, sich auf die Freunde ver-
lassen zu können, wenn sie selber Probleme in der Schule haben, zu. Wei-
tere 18% erteilen an dieser Stelle eine ziemliche Zustimmung. 17% stimmen
dem mittelmäßig zu und 11% stimmen dem „wenig“ (7%) bis „gar nicht“ zu
(4%) (vgl. Abb. 9.24).
Abbildung 9.24: Bei Problemen in der Schule, kann ich mich auf meine Freunde verlassen
Mädchen stimmen der Aussage, sich bei Problemen in der Schule auf die
Freunde verlassen zu können, häufiger zu (MW=4,2) als Jungen (MW=3,8).
4% 7%
17%
28%
45%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
147
Bei der umgekehrten Aussage: „Wenn meine Freunde in der Schule Prob-
leme haben, können sie sich auf mich verlassen“ geben 54% ihre volle Zu-
stimmung. Fast ein Drittel (29%) stimmt dieser Aussage „ziemlich“ zu. 12%
stimmen dem „mittelmäßig“ zu, wohingegen nur 3% der Aussage „wenig“
und „gar nicht“ (3%) zustimmen (vgl. Abb. 9.25).
Abbildung 9.25: Wenn meine Freunde in der Schule Probleme haben, können sie
sich auf mich verlassen
Auch diese umgekehrte Aussage erhält von den Mädchen (MW=4,5) häufi-
ger eine Zustimmung als von den Jungen (MW=4,1).
3% 3%
12%
29%
54%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Häufigkeit
148
Bei der Aussage, „Freundschaft bedeutet, dass man sich gegenseitig hilft“
geben 73% ihre volle und weitere 19% eine ziemliche Zustimmung ab. Wei-
tere 6% stimmen „mittelmäßig“ und nur 3% stimmen dem „wenig“ (1%) bis
„gar nicht“ (2%) zu (vgl. Abb. 9.26).
Abbildung 9.26: Freundschaft bedeutet, dass man sich gegenseitig hilft
Demnach erteilen die Kinder der Aussage, Freundschaft charakterisiere sich
durch gegenseitige Hilfe, im Durchschnitt ihre volle Zustimmung (MW=4,6).
Mädchen (MW=4,7) stimmen dieser Aussage häufiger zu als Jungen
(MW=4,5). Dies gilt ebenfalls für die Kinder, deren Eltern nicht von Arbeitslo-
sigkeit betroffen sind (MW=4,7) im Gegensatz zu Kindern, deren Familie von
Arbeitslosigkeit betroffen ist (MW=4,4).
Es zeigen sich positive Zusammenhänge zu den Aussagen untereinander, je
häufiger die Kinder einer der Aussagen zustimmen, desto häufiger stimmen
sie den anderen Aussagen zu. Zur Übersichtlichkeit sind diese in der unten-
stehenden Tabelle zusammengefasst worden (vgl. Tab. 9.2):
2% 1% 6%
19%
73%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
der
Kin
der
Häufigkeit
149
Tabelle 9.2: Zusammenhänge zwischen den Aussagen
Wenn wir uns strei-
ten, vertra-gen wir uns
schnell wieder
Wir ent-scheiden
gemeinsam, was ge-
macht wird
Bei Prob-lemen in
der Schule, kann ich mich auf
meine Freunde
verlassen
Wenn mei-ne Freunde in der Schu-le Probleme
haben, können sie
sich auf mich ver-
lassen
Freund-schaft be-
deutet, dass man
sich gegen-seitig hilft
Ich kann genug Zeit mit meinen Freunden oder Freun-dinnen ver-bringen
.40 .40 .40 .30 .30
Wenn wir uns streiten, vertragen wir uns schnell wie-der
.50 .41 .35 .33
Wir ent-scheiden gemeinsam, was ge-macht wird
.52 .43 .40
Bei Proble-men in der Schule, kann ich mich auf meine Freunde verlassen
.57 .42
Wenn meine Freunde in der Schule Probleme haben, kön-nen sie sich auf mich verlassen
.51
150
Die verschiedenen Aspekte des Wohlbefindens hängen ebenfalls positiv mit
dem Zustimmungsgrad zusammen. Je besser das Wohlbefinden, desto häu-
figer wird den verschiedenen Aussagen zugestimmt. Auch an dieser Stelle
sind zur Verständlich- und Übersichtlichkeit die Korrelationen in einer Tabel-
le zusammengefasst worden (vgl. Tab. 9.3):
Tabelle 9.3: Zusammenhänge zu den Wohlbefinden
Ich habe genug Zeit mit meinen Freunden oder Freundin-nen
Wenn wir uns strei-ten, vertra-gen wir uns schnell wieder
Wir ent-scheiden gemeinsam, was ge-macht wird
Bei Prob-lemen in der Schule, kann ich mich auf meine Freunde verlassen
Wenn mei-ne Freunde Probleme in der Schule haben, können sie sich auf mich ver-lassen
Allgemeines Wohlbefin-den
.29 .23 .25
Familiäres Wohlbefin-den
.24
Wohlbefin-den im Freundes-kreis
.25 .34 .40 .36 .23
Wohlbefin-den in der Schule
.25 .23 .30 .26
9.6 Fazit des Kapitels
Bei der offenen Frage danach, was den befragten Kindern fehlt, damit es
ihnen mit ihren Freunden richtig gut geht, steht erneut die Kategorie „Nichts“
auf dem ersten Rang – diese Prozentzahl ist mit 71% im Vergleich zu den
anderen offenen Fragen der höchste Wert. Auf dem zweiten Rang nennen
die Kinder bereits die fehlende Zeit, um sich überhaupt mit den Freunden
treffen zu können. Insbesondere Mädchen, die älteren Kinder der höheren
Jahrgangstufe und Kinder alleinerziehender Elternteile nennen dieses Prob-
151
lem häufiger, besondere Unterschiede nach Kindern mit und ohne Behinde-
rung lassen sich hierbei nicht festmachen.
Bei den geschlossenen Fragen bezüglich der Häufigkeit von Freizeitaktivitä-
ten zeigt sich, dass das Geschlecht und die Klassenstufe Unterschiede in
den Angaben zur Häufigkeit bestimmter Freizeitaktivitäten zeigen. Unter-
schiede zwischen Kindern mit und ohne besonderen Förderbedarf zeigen
sich ausschließlich bei den Aktivitäten Sport und den Treffen mit Freunden
(diese geben Kinder ohne besonderen Förderbedarf häufiger an) und dem
Freizeitvertreib mit elektronischen Spielgeräten (PC, Konsole und TV) – die-
se geben Kinder mit Förderbedarf häufiger an.
Die Quote der Kinder mit Förderbedarf in Vereinen liegt mit 48% unter dem
Durchschnitt, allerdings wird der Einfluss der Merkmale „Arbeitslosigkeit in
der Familie“ und „Elternstruktur bei Förderkindern“ nicht signifikant, in diesen
Gruppen sind Kinder nur dann seltener im Verein, wenn sie keinen besonde-
ren Förderbedarf haben. Der Wunsch, etwas an der derzeitigen Situation
hinsichtlich der eigenen Vereinsmitgliedschaft zu verändern hat einen deutli-
chen Effekt auf das Wohlbefinden der Kinder in allen abgefragten Lebensbe-
reichen, weist jedoch keine klaren Zusammenhänge zu den soziodemogra-
phischen Gruppen der Kinder auf. Häufig ist „zu wenig Zeit“ der Grund, nicht
in einem gewünschten Verein zu sein, dies gilt im besonderen Maße für die
älteren Kinder und Kinder, die generell von zu wenig Freizeit berichten. Kin-
der mit besonderem Förderbedarf nennen diesen Grund jedoch seltener als
Kinder ohne Beeinträchtigung.
Zu wenig Freizeit aufgrund eines zu langen Schulweges wird häufiger von
Kindern mit Förderbedarf erlebt. Kinder von Förderschulen haben hingegen
seltener zu wenig Freizeit, weil sie am Nachmittag zu viele Termine haben.
Bei der Definition von Freundschaft (durch die gegenseitige Unterstützung
und Hilfe) sind die Kinder sich sehr einig – 93 % stimmen der Aussage
„sehr“ bis „ziemlich“ zu. Vor allem nach dem Geschlecht der Kinder zeigen
Unterschiede in der Vorstellung, was „Freundschaft“ bedeutet. Bei Kindern
mit und ohne Förderbedarf zeigt sich diesbezüglich kein Unterschied.
153
10. Beurteilung der Befragung
Am Ende des Fragebogens wurden die Kinder zum eigentlichen Fragebogen
befragt. Die Fragen sind mit der Überschrift „Ganz zum Schluss noch Fragen
zu diesem Fragebogen“ betitelt worden, die Fragen befassen sich mit dem
Befinden der Kinder während des Ausfüllens, der Bewertung der Befragung
sowie möglichen Verständnisschwierigkeiten.
Zunächst wurden die Kinder mithilfe einer Barometerskala gefragt, wie sie
sich während der Befragung gefühlt haben. Im Durchschnitt fühlen sich die
Kinder beim Ausfüllen des Fragebogens „eher gut“ (MW=5,7). Zwei Drittel
der Befragten geben an, dass sie sich „sehr gut“ (39%) oder „gut“ (27%) füh-
len. „Eher gut“ fühlen sich 16% während der Befragung und 10% antworten
auf diese Frage mit „mittelmäßig“. Insgesamt 9% geben ein Wohlbefinden im
negativen Bereich an (vgl. Abb. 10.1).
Abbildung 10.1: Wie hast du dich gefühlt, als du diesen Fragebogen beantwortet hast?
Die jüngeren Kinder fühlen sich bei der Beantwortung der Fragen besser
(MW=6,0) als Kinder der siebten Jahrgangsstufe (MW=5,5).
3% 2% 4% 10%
16%
27%
39%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
sehrschlecht
schlecht eherschlecht
weder gutnoch
schlecht
eher gut gut sehr gut
An
teil
de
r K
ind
er
Wohlbefinden
154
2% haben nicht alle Fragen verstanden, weitere 2% stimmen der Frage nach
der Verständlichkeit des Fragebogens nur „wenig“ zu. Insgesamt 87% der
Kinder stimmen der Aussage, dass sie alle Frage verstanden haben „ziem-
lich“ (32%) oder „sehr“ (55%) zu. Weitere 10% stimmen der Aussage „mit-
telmäßig“ zu (vgl. Abb. 10.2).
Abbildung 10.2: Ich habe alle Fragen verstanden
Im Durchschnitt wird dem Verständnis aller Fragen „ziemlich“ (MW=4,4) zu-
gestimmt.
2% 2%
10%
32%
55%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
155
Bei der Beurteilung der Gesamtbefragung zeigt sich folgendes Bild: 74%
stimmen der Aussage „Ich fand diese Befragung gut“ „sehr“ (45%) oder
„ziemlich“ (27%) zu. Ein knappes Fünftel der Kinder stimmt der Aussage
„mittelmäßig“ zu (18%). 11% antworten im negativen Bereich und stimmen
nur „wenig“ (5%) oder „gar nicht“ zu (6%) (vgl. Abb. 10.3).
Abbildung 10.3: Ich finde diese Befragung gut
Mädchen stimmen der Aussage, dass sie die Befragung insgesamt gut fan-
den, häufiger zu (MW=4,1) als Jungen (MW=3,9). Die jüngeren Kinder stim-
men auch dieser Aussage häufiger zu (MW=4,2) als Kinder der siebten
Klasse (MW=3,9).
Die Beurteilung und die Verständlichkeit der Befragung variiert nicht syste-
matisch mit dem Förderbedarf der Kinder, das Inklusionsbarometer wird also
von Kindern mit und ohne Behinderung gleich wahrgenommen.
6% 5%
18%
27%
45%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
stimmt nicht stimmt wenig stimmtmittelmäßig
stimmt ziemlich stimmt sehr
An
teil
de
r K
ind
er
Zustimmung
157
11. Zusammenfassung des Inklusionsbarometers 2013
Im qualitativen Inklusionsbarometer haben die Kinder von einem starken
Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit gesprochen, gleich-
ermaßen waren die sozialen Beziehungen zur Familie, innerhalb der Schule
aber auch im Freundeskreis mit einem hohen Stellenwert versehen. Ferner
ist von einer geringen Präsenz der Behinderung/Beeinträchtigung im Alltag
gesprochen worden. Diese Aspekte sind im quantitativen Inklusionsbarome-
ter in verschiedenen Fragestellungen an die Kinder herangetragen worden,
um die Sichtweise von Kindern mit und ohne Behinderung gleichermaßen zu
betrachten.
Abschließend kann festgehalten werden, dass Kinder mit und ohne Behinde-
rung bzw. Beeinträchtigung sich insgesamt in ihren Einschätzungen nicht
grundsätzlich unterscheiden. Möglicherweise kann dies erneut ein Hinweis
auf einen kreativen Umgang mit den verschiedenen Behinderungen bzw.
Beeinträchtigungen darstellen oder der nicht vorhandenen Präsenz der Be-
hinderung/Beeinträchtigung im Alltag, wie bereits im qualitativen Inklusions-
barometer angedeutet. Auch wenn durchaus Unterschiede zwischen den
Kindern mit und Förderbedarf aufgedeckt werden konnten, ergeben sich vie-
le der beobachteten Divergenzen durch andere soziodemographische De-
terminanten wie dem Alter, der Kultur (Migrationshintergrund) und dem Ge-
schlecht der Kinder. In ihren Zukunftsvorstellungen, Wünschen etc. unter-
scheiden sich die befragten Kinder kaum – der Umgang mit anderen Perso-
nen hingegen, vor allem was den Erhalt von Hilfe/Unterstützung und das
diesbezügliche Erleben angeht, weist einen deutlicheren Unterschied zwi-
schen den Kindern mit und ohne Beeinträchtigung auf.
Zusammenfassend lässt sich zu den verschiedenen Bereichen des Inklusi-
onsbarometers 2013 Folgendes festhalten:
Lebensqualität der Kinder
Für die abgefragten Bereiche des Wohlbefindens wurde kein Unterschied
zwischen den Kindern mit und ohne Förderbedarf festgestellt. Vielmehr sind
Unterschiede zwischen den Jahrgangsstufen (Alterseffekt) festzuhalten. Ex-
158
plizit für das schulische Wohlbefinden der Kinder mit besonderem Förderbe-
darf ist nicht zu bestätigen, dass diese sich in ihren Schulen wohlerfühlen.
Dieses Ergebnis aus dem qualitativen Inklusionsbarometer kann nicht bestä-
tigt werden.
Selbstständigkeit – Hilfe und Unterstützung
Kinder mit einer besonderen Förderung wünschen sich häufiger mehr Zu-
trauen seitens der Eltern und wollen vorab gefragt werden, ob sie Hilfe bzw.
Unterstützung brauchen. Dieses Zutrauen wünschen sich die Kinder eben-
falls von ihren Lehrkräften und Mitschülern – also ihrem schulischen Umfeld.
Ein vermehrter Wunsch nach Selbstständigkeit ist für Kinder mit Förderbe-
darf nicht feststellbar, dafür aber der Wunsch nach mehr Zutrauen. Beim
Thema Selbstständigkeit spielt eher der Alterseffekt eine zentrale Rolle.
Aus der qualitativen Studie hat sich ergeben, dass das Thema „die eigene
Zukunft“ einen großen Stellenwert im Leben der Kinder einnimmt – zwischen
den Kindern mit und ohne Beeinträchtigung lassen sich keine Unterschiede
in den Berufs- und Kinderwünschen feststellen. Vielmehr nehmen das Alter
und das Geschlecht einen Einfluss im Bereich Zukunft. Dass bereits 50%
der befragten Kinder eine ungefähre Vorstellung von ihrer Zukunft (insbe-
sondere dem Beruf) äußern, bestätigt hingegen, dass dies bereits für die
jüngeren Kinder ein wichtiges und bedeutsames Thema darstellt.
Miteinander in der Familie
Für das Miteinander innerhalb der Familie zeigen sich Unterschiede zwi-
schen den Kindern mit und ohne Förderbedarf. So geben Kinder mit Förder-
bedarf häufiger an, dass ihre Eltern nicht das richtige Maß bezüglich „Auf-
passen“ und „Beibringen“ finden, wie die Eltern der Kinder ohne Förderbe-
darf. Des Weiteren ist bestätigend festzuhalten, dass Kinder mit Förderbe-
darf häufiger den Wunsch verspüren, mehr mit ihren Familien zu unterneh-
men. Die Beziehung zu den Geschwistern gestaltet sich bei den Kindern mit
und ohne Behinderung/Beeinträchtigung nicht anders – hier ist erneut eher
von einem Geschlechtseffekt zu sprechen.
Zum Wohnumfeld der Kinder ist festzuhalten, dass Kinder mit einem beson-
deren Förderbedarf häufiger kein eigenes Zimmer besitzen, es aber durch-
aus seltener erleben, dass ein Familienmitglied sie ungebeten stört.
159
Miteinander in der Schule
Wie bereits erwähnt, kann ein höheres schulisches Wohlbefinden von Kin-
dern mit besonderem Förderbedarf im quantitativen Inklusionsbarometer
nicht bestätigt werden. Des Weiteren wird in der vorliegenden Studie (im
Gegensatz zum qualitativen Inklusionsbarometer) deutlich, dass ein hoher
Anteil von Förderschulkindern gerne den Inklusiven Unterricht besuchen o-
der auf eine allgemeine Schule gehen würde. Das richtige Ausmaß an Un-
terstützung durch die Mitschüler erleben Kinder ohne Förderbedarf häufiger.
Kindern mit Förderbedarf ist es des Weiteren weniger wichtig, auf dieselbe
Schule zu gehen wie ihre Freunde oder Geschwister.
Der Schulweg der Förderschulkinder wird häufiger als zu lang angegeben
und wird seltener zu Fuß vollzogen. Aufgrund des zu langen Schulweges
berichten Kinder mit Beeinträchtigung häufiger davon, wenig Freizeit zu ha-
ben.
Miteinander in der Freizeit
Wie bereits erwähnt haben Kinder mit Förderbedarf häufiger zu wenig Frei-
zeit, weil ihr Schulweg zu lang ist. Kinder von Förderschulen haben hinge-
gen seltener zu wenig Freizeit aufgrund von zu vielen Nachmittagsterminen.
Bezüglich der Freizeitaktivitäten der befragten Kinder ist festzuhalten, dass
Kinder mit Förderbedarf sich seltener mit ihren Freunden treffen oder Sport
treiben, dafür häufiger den PC, den Fernseher oder die Spielkonsole als
Freizeitbeschäftigung vorziehen. Zusätzlich sind Kinder mit Förderbedarf sel-
tener in einem Verein angemeldet als Kinder ohne Förderbedarf.
Bei der Definition von Freundschaft sind die Kinder sich einig, dass Freund-
schaft sich durch gegenseitige Hilfe und Unterstützung auszeichnet – mehr
als 90% stimmen dieser Aussage zu, unabhängig von ihrem Förderstatus.
160
Der Fragebogen
161
162
163
164
165
166
167
168
169
170
Über das Buch:
Wie sehen Kinder mit und ohne Förderbedarf ihren Alltag in Familie und
Schule? Wie erleben sie ihre Freizeit und ihre Freunde? Was erwarten sie
von ihrer Zukunft? Diese Fragen beantwortet das Inklusionsbarometer Hes-
sen 2014. Für die quantitative Studie wurden 1120 hessische Kinder der
vierten und siebten Klasse befragt.
Herausgeber:
Ein Stiftungszweck der hessenstiftung – familie hat zukunft ist es, gute Be-
dingungen für das Aufwachsen von Kindern zu fördern. Dazu gibt sie seit
2004 regelmäßig das Kinderbarometer Hessen heraus. In dieser Befragung
werden Kinder als Experten und Expertinnen ihrer eigenen Sache ernst ge-
nommen. Das Inklusionsbarometer erweitert diesen Ansatz auch auf Kinder,
deren Teilhabe aufgrund von Behinderung ohnehin beeinträchtigt ist.