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Public Storytelling in Convergent Media Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Institut für Angewandte Medienwissenschaft Prof. Dr. Daniel Perrin 1 Kommunizieren als Projekt – zum Beispiel Schreiben 2 Public Storytelling 3 Convergent Media 4 Using the multimedia mindset 5 Das Nicht-Erzählbare gibt es nicht Ziel Storytelling im öffentlichen Diskurs: Darin steigern Sie sich in diesem Kurs. Nach dem Kurs kennen und erkennen Sie relevante Muster systema- tischen öffentlichen Storytellings, Sie können eigene Texte zielführender gestalten – und Sie tun dies mit Freude und Respekt. Weg Sie trainieren Kommunikation als Projekt, am Beispiel Schreiben, in ab- gestuft komplexen Umwelten. Im Training eignen Sie sich wissenschaft- lich fundierte Arbeitstechniken an, mit denen Sie Ihre Routinen aufbre- chen und Ihre Repertoires erweitern: in Richtung erfolgreicherer Texte. Stufe A Stufe B Stufe C Stufe D Texten am Sprechplatz Texten mit Gegenüber Texten als Rekontextualisierung [] Texten im Public Storytelling [] _1 Kommunizieren in zunehmend komplexen Umwelten communication mode increasing interactivity writing presenting talking visible text production [–] [+] [+] spontaneous feedback [–] [+] [+] interactivity spontaneous turn-taking [–] [–] [+] _2 Kommunikationsmodi mit zunehmender Interaktivität

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Public Storytelling in Convergent Media

Zürcher Hochschule für Angewandte WissenschaftenInstitut für Angewandte MedienwissenschaftProf. Dr. Daniel Perrin

1 Kommunizieren als Projekt – zum Beispiel Schreiben

2 Public Storytelling

3 Convergent Media

4 Using the multimedia mindset

5 Das Nicht-Erzählbare gibt es nicht

Ziel Storytelling im öffentlichen Diskurs: Darin steigern Sie sich in diesemKurs. Nach dem Kurs kennen und erkennen Sie relevante Muster systema-tischen öffentlichen Storytellings, Sie können eigene Texte zielführendergestalten – und Sie tun dies mit Freude und Respekt.

Weg Sie trainieren Kommunikation als Projekt, am Beispiel Schreiben, in ab-gestuft komplexen Umwelten. Im Training eignen Sie sich wissenschaft-lich fundierte Arbeitstechniken an, mit denen Sie Ihre Routinen aufbre-chen und Ihre Repertoires erweitern: in Richtung erfolgreicherer Texte.

Stufe A Stufe B Stufe C Stufe D

Textenam Sprechplatz

 

Textenmit Gegenüber

↔ 

Texten alsRekontextualisierung

[↔]

Textenim Public Storytelling

[↔]_1 Kommunizieren in zunehmend komplexen Umwelten

communication modeincreasing interactivity

writing presenting talking

visible text production [–] [+] [+]

spontaneous feedback [–] [+] [+]

interactivity

spontaneous turn-taking [–] [–] [+]

_2 Kommunikationsmodi mit zunehmender Interaktivität

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Prof. Dr. Daniel Perrin, www.linguistik.zhaw.ch/iam | JO Tools: My Storytelling – Public Storytelling

1 Kommunizieren als Projekt – zum Beispiel Schreiben

• Kommunikationsversuch vs. Kommunikationserfolg– beachten + wahrnehmen + verstehen + behalten + handeln– Produkt vs. Prozess– technischer vs. menschlicher Prozessor– Regel vs. Regularität– unerfahrene vs. erfahrene Schreibende, „Mozartians“ bei wenig Zeit

_1, _2 Schreiben als Projekt, in vier rekursiven, sich überlagernden Phasen

• Zielsetzung: Die Gedanken bündeln. Was will ich? Warum sage gerade ichgerade das gerade dir gerade hier gerade jetzt? – Die Geschichte einemFreund erzählen, der eben einen Bus zu erreichen sucht, der abfährt!

• Planung: Den Aufbau planen. Was sage ich zuerst, was dann, was zu-letzt? Wie lenke ich die Aufmerksamkeit in und durch den Text? – DieGeschichte an den Fingern einer Hand abzählen!

• Steuerung: Den Schreib- oder Redefluss durchziehen. Wie halte ich denKommunikationsprozess am Laufen? Wie gehe ich situativ auf das Kom-munikationsgeschehen ein? Laufend gestellte Fragen beantworten!

• Kontrolle: Den Text überdenken. Was kommt zurück? Wie sichere ich denKommunikationserfolg, im laufenden Prozess und danach? – Auf Distanzzum eigenen Produkt gehen!

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Prof. Dr. Daniel Perrin, www.linguistik.zhaw.ch/iam | JO Tools: My Storytelling – Public Storytelling

2 Public Storytelling

• Story: als sinnvoll verstehbare Verdichtung unerwarteten/komplexen Ge-schehens zu einem abgeschlossenen Zeichen-/Handlungskomplex mit ty-pischen (vertrauten) und typisch (zeitlich, kausal) verknüpften Textrollen(Gegenspieler), Schauplätzen, Handlungen, Perspektiven – und unerwar-teten Ereignissen. Strukturmuster sind Textsorten wie die „Quote-Story“.

Betroffene Fälle

Entscheiderin

pro Experten

kontra

Faktenwissen

Moderation

_1 Quotestory als medienkonzertante Partitur. Onlinebeitrag mit Audios, Videos, Forum, paradigmatischen, syntagmatischen und navigatorischen Varianten.

• Basis-Narrativ: sozial eingeschliffene Konstante im Public Storytelling,die radikal (selbsterklärend, selbstlegitimierend) und anschlussfähig (sy-stemübergreifend) auf Grundprobleme von Individuum und Gesellschaftfokussiert und als Kohärenzmotor von Geschichten funktioniert. Beipiele:

– Kain und Abel: wo good guy, da bad guy; Märtyrer und Terroristen; …– David und Goliath: klein und flink gewinnt gegen groß und schwerfällig– Hiob: Umdeutung realer Katastrophe als symbolischer Sieg– Aufstieg, Blüte und Verfall; Bekehrung; Machbarkeit– Geburt – Tod; Vergehen – Strafe; Vergehen – Rache; Unglück – Glück; …

• Storytelling: Gestaltung und Deutung eines Kommunikationsangebots alsStory, als Geschichte, mit dem Ziel, Erinnerungen, Bilder und Emotionenzu wecken, Aufmerksamkeit zu lenken, Verstehen und Sinn zu erzeugen.

• Public Storytelling: Herstellen gesellschaftlicher Sinnerfahrung mit Ge-schichten (und ihrer Entschlüsselung) in öffentlichen Diskursen.

• Public Storytelling Management in Convergent Media: Öffentliches undöffentlichkeitsgerichtetes medial konzertantes Sinnmanagement durchabgestimmte, kanaladäquate Geschichten.

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Prof. Dr. Daniel Perrin, www.linguistik.zhaw.ch/iam | JO Tools: My Storytelling – Public Storytelling

3 Convergent Media

_1 Orchestral text reproduction

media aspect examples

institution the press, tv company, PR department, …

technology printing technology, www, wlan, telephone network, database, …

device smartphone, laptop, …

channel book, record, broadcast, pdf, phonecall, email, face-to-face-dialogue, …

carrier spoken and written language, sound, still and motion pictures

senses hear, see, touch, smell, taste

sign „“, word, proposition (argument, narrative, …), text, …

_2 „Media“ with specific strengths and weaknesses

level development

business > cross-selling strong brands, economy of scale by multiple use of content

cooperation > cross promoting > content cloning cross media > joint producing

profession > multimedia assignment editor, newsresourcer, multimedia reporter, …

mindset > multimedia mindset: using the most appropriate media, cooperating

information > accessible, intertextual, processual, permanent? transparent? democratic?

storytelling > writing multi-modal, non-linear, interactive dramaturgy. Reduce to max?

_3 „Convergence“

Sources: Dailey, Demo, & Spillman, 2005; Gordon, 2003; Perrin, 2006; Pritchard, 2005;Quinn, 2005a, 2005b, 2005c; Quinn & Filak, 2005; Singer, 2004

source texts source audience

psychobiographies: representations of world, procedural knowledge, emotions, …

social settings of news production in a world of contextual resources

target texts

(co-)authors

orchestral(re-)production

media institution

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4 Using the multimedia mindset

_1 Using the mulimedia mindset to develop public storytelling practices for convergent media

communication setting – task complexity +

type example … inform … coordinate … motivate …

+ lif

elik

elin

ess

– fixed

+ updatable

+ interactive

+ para-/nonverbal

+ co-situative

printed handbook

html-publication

bulletin board

video conference

face-to-face-talk

lack of involvement 

       setting …

fits …     

task complexity           

lack of efficiency

_2 Using the mulimedia mindset to balance efficiency and involvement [[Daft, 1986 #3263]]

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5 Das Nicht-Erzählbare gibt es nicht

Es scheint so etwas wie eine narrative Standardisierung von Erlebniszusammenhängen zu ge-

ben, in die sehr viele Menschen verstrickt sind. In einer solchen Standarderzählung formu-

lieren und verdichten sich gruppen- und generationsspezifische Erfahrungen, und umgekehrt

bedienen sich die einzelnen Autobiographen mit den passenden Geschichten aus dem Stan-

dardinventar und integrieren das eine oder andere daraus in die eigene Lebensgeschichte,

ohne das selbst zu bemerken. Das mag abstrakt klingen, aber wir haben in einer Studie, in

der Kriegserlebnisse berichtet wurden, die erstaunliche Feststellung machen müssen, daß

zahlreiche Erlebnisse, die von Zeitzeugen berichtet wurden, mehr oder weniger deckungs-

gleich mit jenen Geschehnissen waren, die der Film „Die Brücke“ (1959) darstellt (Welzer et

al., 2002). Der Autor und Regisseur dieses Films, Bernhard Wicki, war selbst Angehöriger der

Kriegsgeneration und hat hier sowohl seine eigenen als auch die von anderen gehörten und

aufgezeichneten Erfahrungen und Erlebnisse in einem Kunstprodukt zusammengefaßt, das als

verallgemeinerte ästhetische Formulierung einer generationellen Erfahrung gelten kann. Tat-

sächlich gibt es kaum einen Film aus der Nachkriegszeit, mit dem sich die Generation der

letzten Kriegsteilnehmer, der Hitlerjungen, Flakhelfer und jungen Wehrmachtssoldaten, mehr

identifiziert hat als mit der »Brücke«. Deshalb kann dieser Film umgekehrt als Reservoir für

Erlebnisse gelten, die man gehabt haben könnte oder sogar gehabt haben muß, will man ei-

ne plausible, das heißt soziale akzeptierte Geschichte vom Krieg erzählen. Mit anderen Wor-

ten: Eine individuelle Geschichte wird nur dann glaubhaft erzählt werden können, wenn sie

den sozialen Erwartungen der unmittelbaren oder medialen Zuhörer entgegenkommt, das

heißt sinnhaft und bekannt erscheint. Umgekehrt stieß auf Seiten der überlebenden Opfer

des Holocaust das Unwahrscheinliche, das unglaublich Grauenhafte der Konzentrationslager-

erfahrung an eine Grenze des Plausiblen und Nachvollziehbaren, weil es so sehr vom sozial

Erwartbaren abwich – weshalb viele Überlebende mit ihren unglaublichen Geschichten allein

blieben bzw. sogar erhebliche Mühe hatten, diese in ihre eigene Geschichte zu integrieren

(vgl. Welzer, 1997, S. 130 ff.). Dies alles verweist wiederum auf die außerordentlich enge

Verwobenheit individueller und sozialer Erfahrungen und darauf, wie tief unsere als so indi-

viduell und einzigartig empfundene Autobiographie mit – konkreten und abstrakten – ande-

ren verknüpft ist. Unser eigenes autobiographisches Gedächtnis unterscheidet nicht zwischen

»wahren« und »falschen« Erinnerungen; es sind die anderen, die sagen, daß wir uns täu-

schen.

_1 Geschichten prägen Wahrnehmung und Erinnerung. Quelle: Markowitsch & Welzer, 2005, 33 f.

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+ Begleiter beim Selbstcoaching

• Perrin, Daniel / Rosenberger, Nicole (20082): Schreiben im Beruf. Wirk-same Texte durch effiziente Arbeitstechnik. Berlin: Cornelsen [pocket bu-siness].

Dailey, L., Demo, L., & Spillman, M. (2005). The Convergence Continuum: A Model for Studying Col-laboration Between Media Newsrooms. Atlantic Journal of Communication, 13(3), 150-168.

Gordon, R. (2003). The meanings and implications of convergence. In K. Kawamoto (Ed.), Digitaljournalism. Emerging media and the changing horizons of journalism (pp. 57-73). New York:Rowman & Littlefield.

Markowitsch, H. J., & Welzer, H. (2005). Das autobiographische Gedächtnis. Hirnorganische Grundla-gen und biosoziale Entwicklungen. Stuttgart: Klett-Cotta.

Perrin, D. (2006). Medienlinguistik. Konstanz: UVK.

Pritchard, R. S. (2005). Multimedia public relations. In S. Quinn & V. F. Filak (Eds.), Convergentjournalism. An introduction (pp. 185-203). Amsterdam et al.: Elsevier.

Quinn, S. (2005a). Multimedia journalism. Putting it all together. In S. Quinn & V. F. Filak (Eds.),Convergent journalism. An introduction (pp. 147-182). Amsterdam et al.: Elsevier.

Quinn, S. (2005b). What is convergence and how will it affect my life? In S. Quinn & V. F. Filak(Eds.), Convergent journalism. An introduction (pp. 3-20). Amsterdam et al.: Elsevier.

Quinn, S. (2005c). Where do we go from here? Possibilities in a convergent future. In S. Quinn & V.F. Filak (Eds.), Convergent journalism. An introduction (pp. 205-212). Amsterdam et al.: El-sevier.

Quinn, S., & Filak, V. F. (Eds.). (2005). Convergent journalism. An introduction. Amsterdam et al.:Elsevier.

Singer, J. B. (2004). Strange bedfellows? The diffusion of convergence in four news organizations.Journalism Studies, 5(1), 3-18.