institut für angewandtes markt-management - … · 2015-12-01 · konzeptionelle grundlagen der...
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Institut für Angewandtes Markt-Management
Prof. Dr. Wolfgang Müller
Reihe Studienmanuskript
Band 9
Marketing Analytics
Faktorenanalyse
Dortmund, WS 2015/2016
Fachhochschule Dortmund
University of Applied Sciences
Fachbereich Wirtschaft
Emil-Figge-Straße 44
44047 Dortmund
E-Mail: [email protected]
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Inhaltsverzeichnis
1. Konzeptionelle Grundlagen der Faktorenanalyse ................................................... 3
1.1. Gegenstand der Faktorenanalyse .......................................................................... 3
1.2 Charakteristika der Faktorenanalyse ..................................................................... 5
1.3. Faktorenanalytisches Aufgabenfeld im Marketing ............................................... 6
2. Die Datenmatrix .......................................................................................................... 7
2.1. Die Datenmatrix des Demonstrationsbeispiels ..................................................... 7
2.2. Die Standardisierung der Datenmatrix .................................................................. 9
2.3. Die SPSS-Auswertungsmethodik ......................................................................... 9
3. Die Korrelationsmatrix ............................................................................................ 12
3.1. Interpretation der Korrelationsmatrix ................................................................. 12
3.2. Gütebeurteilung der Korrelationsmatrix ............................................................. 13
4. Extraktion der Faktoren .......................................................................................... 18
4.1. Statistische Kennwerte der Faktorenextraktion .................................................. 18
4.2. Festlegung der Faktorenzahl ............................................................................... 22
5. Interpretation der Faktoren .................................................................................... 23
5.1. Diagnose der unrotierten Faktorenstruktur ......................................................... 23
5.2. Rotation der Faktorenstruktur ............................................................................. 25
6. Die Analyse von Faktorwerten ................................................................................ 27
6.1. Interpretation von Faktorwerten.......................................................................... 27
6.2. Ermittlung von Faktorwerten .............................................................................. 28
6.3. Objektrepräsentation im Faktorraum .................................................................. 30
7. Fallbeispiele aus der Marketingpraxis ................................................................... 32
7.1. Dimensionalität von Botschaftsstilen der Marktkommunikation ....................... 33
7.2. Imageanalyse von Flughäfen in NRW ................................................................ 36
7.3. Wettbewerbspositionierung von Möbelhäusern ................................................. 38
7.4. Bauunternehmen im Meinungsspiegel gewerblicher Nachfrager ....................... 40
Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 42
3
1. Konzeptionelle Grundlagen der Faktorenanalyse
1.1. Gegenstand der Faktorenanalyse
Die Faktorenanalyse gehört seit langem zu den bedeutsamsten Verfahren der
multivariaten Datenanalyse. Ihr Ursprung liegt in der psychologischen Forschung, die
bereits zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts im Zuge der Messung von
„Intelligenz“ versuchte, dieses hypothetische Konstrukt primär auf einen einzigen
Faktor, den „Generalfaktor“ zurückzuführen. Später setzte sich die mittlerweile gängige
Erkenntnis durch, komplexe Beziehungen zwischen einer Vielzahl von gegebenen
(manifesten) Merkmalen dadurch zu ordnen bzw. zu vereinfachen, indem diese auf
Basis ihrer empirischen Merkmalskorrelationen zu einer geringeren Zahl von
dahinterstehenden „latenten“ Faktoren verdichtet werden.
Die Faktorenanalyse bildet somit ein Verfahren, das eine größere Menge von
wechselseitig abhängigen, metrischen Variablen auf eine geringere Anzahl von
unkorrelierten Merkmalen, die gewöhnlich als Faktoren (synonym: Dimensionen)
bezeichnet werden, reduziert (vgl. Backhaus et. al. 2011, S. 329 ff.; Bortz/Schuster
2010, S. 385 ff.; Ho 2006, S. 203 ff.; Hüttner/Schwarting 2008; Rudolf/ Müller 2012, S.
307 ff.).
Die Faktorenanalyse unterliegt drei statistischen Zielsetzungen:
Merkmalsreduktion: Eine erste Zwecksetzung besteht darin, eine umfangreiche
Anzahl von (manifesten) Variablen gemäß ihrer empirischen korrelativen
Beziehungen solcherart auf wenige, voneinander unabhängige (latente) Faktoren zu
verdichten, dass der damit einhergehende Informationsverlust möglichst gering
bleibt. Die Merkmalsverdichtung beruht auf der folgenden Grundüberlegung:
Ausgangspunkt bildet eine empirische Korrelationsmatrix mit paarweisen Produkt-
Moment-Korrelationskoeffizienten. Für solche Variablen, welche stark miteinander
korrelieren, wird angenommen, dass diesen ein gemeinsamer Faktor und damit
dieselbe Hintergrundvariable zugrunde liegt. Umgekehrt wird für jene Variablen, die
nur schwach miteinander korrelieren, davon ausgegangen, dass diese nicht durch
einen gemeinsamen Faktor erklärt werden können. Ein extrahierter Faktor stellt
somit eine gedachte (hypothetische, synthetische) Variable dar, die allen
wechselseitig korrelierten Ausgangsvariablen zugrunde liegt bzw. mit diesen
möglichst hoch korreliert. Betrachtet man hierzu exemplarisch das in Abbildung 1
veranschaulichte Beispiel, so könnte das Ergebnis der Faktorenextraktion darin
bestehen, dass die sechs angeführten Imagemerkmale von Handelsbetrieben zu zwei
grundlegenden Imagefaktoren bzw. - Dimensionen verdichtet werden.
Faktoreninterpretation: Das Ergebnis der Merkmalsreduktion bilden wechselseitig
voneinander unabhängige Faktoren, welche die Zusammenhänge zwischen den
Ausgangsvariablen beschreiben und erklären. Hieran knüpft eine zweite Zielsetzung
der Faktorenanalyse an, welche darin besteht, die extrahierten Faktoren inhaltlich zu
beschreiben. Hierzu liefert die Faktorenanalyse statistische Indexzahlen in Form von
sog. Faktorladungen, die darüber informieren, wie stark der Zusammenhang
zwischen einer Variablen und einem bestimmten Faktor ist. Anhand von
Faktorladungen lässt sich das Gemeinsame der mit einem bestimmten Faktor
4
korrespondierenden Merkmale herausschälen. Bezogen auf das Beispiel in
Abbildung 1 bietet es sich möglicherweise an, den Faktor 1, der mit den
Imagemerkmale „freundliches Personal“, „umfangreiche Garantien“ und
„kompetente Warenberatung“ korreliert, mit dem Begriff „Service“ zu
kennzeichnen.
Analyse von Faktorwerten: Vielfach wird man sich im Rahmen faktoren-
analytischer Problemstellungen nicht damit begnügen, Faktoren zu extrahieren und
zu interpretieren. Vielmehr wird man zusätzlich daran interessiert sein, die
Merkmalsträger der relevanten Datenmatrix (z.B. Personen, Unternehmen) anhand
ihrer Faktorwerte zu beschreiben. Faktorwerte bringen die Ausprägungen der
Merkmalsträger bezüglich der extrahierten Faktoren zum Ausdruck, d.h. sie geben
darüber Auskunft, in welchem Maße die in einem Faktor zusammengefassten
Merkmale bei den Merkmalsträgern vorhanden sind. Hinsichtlich des Beispiels in
Abbildung 1 könnte man Faktorwerte beispielsweise dazu verwenden, um im
Rahmen einer Wettbewerbsanalyse zu überprüfen, ob die untersuchten Handels-
betriebe hinsichtlich der erzeugten Faktoren Imagevorteile oder –Nachteile
aufweisen.
Abbildung 1: Grundprinzip der Faktorenanalyse
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1.2 Charakteristika der Faktorenanalyse
Die zuvor skizzierten Aufgabenstellungen lassen erkennbar werden, dass die
Faktorenanalyse eine Reihe von Charakteristika besitzt:
Der faktorenanalytische Ansatz bildet ein datenreduzierendes Verfahren, mit dessen
Hilfe korrelative Beziehungen zwischen einer Vielzahl von Variablen auf eine
geringere Anzahl von gemeinsamen Faktoren zurückgeführt werden.
Daneben ist die Faktorenanalyse als eine interdependenzanalytische Methode zu
kennzeichnen, die im Unterschied zur dependenzanalytischen Einteilung der
Datenmatrix in abhängige und unabhängige Variablen, von wechselseitigen
Beziehungen zwischen den Ausgangsvariablen ausgeht.
Hiermit eng verbunden ist ihr explorativer Charakter, denn die Faktorenanalyse
geht a priori nicht von einer bekannten Faktorenstruktur, d.h. einer gegebenen
Merkmalszuordnung und Faktorenzahl aus. Vielmehr strebt diese im Zuge einer
strukturentdeckenden Vorgehensweise an, zunächst Merkmalszusammenhänge zu
entdecken, diese in einer Korrelationsmatrix zu quantifizieren und darauf aufbauend
gemeinsame Faktoren herauszufiltern.
Ferner kann die Faktorenanalyse als ein gruppierendes bzw. klassifizierendes
Verfahren charakterisiert werden, bei dem im Gegensatz zur Clusteranalyse, die
Merkmalsträger zu Objektgruppen zusammenfasst, untersuchungsrelevante
Variablen zu faktorspezifischen Variablengruppen verdichtet werden.
Weiterhin setzt die Anwendung der Faktorenanalyse die Kenntnis der
Korrelationsmatrix der einbezogenen Variablen voraus. Grundsätzlich wird dabei
von intervallskalierten Variablen und von der Matrix der Produkt-Moment-
Korrelationskoeffizienten ausgegangen.
Weiterhin bleibt anzuführen, dass die Anzahl der zu untersuchenden Fälle möglichst
groß sein sollte, um stabile Ergebnisse der Faktorenanalyse sicherzustellen Mitunter
wird in diesem Zusammenhang eine Faustregel aufgestellt, nach der die Anzahl der
Fälle dreimal so groß sein sollte wie die Anzahl der Ausgangsvariablen (vgl.
Rudolf/Müller 2012, S. 316).
Der Untersuchungsprozess einer Faktorenanalyse beinhaltet fünf Phasen, in denen
zahlreiche methodische Optionen zur Verfügung stehen (vgl. Abbildung 2).
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Abbildung 2: Verfahrensablauf der Faktorenanalyse
1.3. Faktorenanalytisches Aufgabenfeld im Marketing
Im Marketing erstreckt sich das Einsatzfeld von Faktorenanalysen primär auf die
Untersuchung von vier Problemstellungen (vgl. Aaker/Kumar/Leone 2013, S. 441 ff.;
Churchill/Iacobucci 2005, S. 568 ff.; Homburg 2015; S. 360 ff.; Malhotra/Birks/Wills
2013, S. 363 ff.; McDaniel/ Gates, 2013, S. 560 ff.):
Dimensionalitätsreduktion komplexer Merkmale: Eine zentrale Aufgabenstellung
der Faktorenanalyse besteht darin, die grundlegenden Dimensionen von komplexen
Merkmalen bzw. Konstrukten des Nachfrager-, des Handels- oder des Wett-
bewerberverhaltens herauszufiltern. Hierbei kann die Faktorenanalyse dazu bei-
tragen, das umfangreiche Bündel von Merkmalsbeziehungen zu wenigen
Verhaltensdimensionen zu verdichten und verhaltensrelevante Merkmalsstrukturen
aufzudecken. So lässt sich beispielsweise mittels einer Faktorenanalyse untersuchen,
welche grundlegenden Dimensionen das Kundenzufriedenheitsurteil von Produkt-
nachfragern prägen (vgl. Müller 1996).
Produktpositionierung: Ferner erweist sich die Faktorenanalyse im Rahmen der sog.
Markenpositionierung als überaus hilfreich. Dabei wird auf der Basis empirischer
Einstellungswerte und der daraus resultierenden Faktorwerte von Objekten u.a. der
Frage nachgegangen, ob und ggfs. welche Leistungsvorteile oder -Nachteile
konkurrierende Marken in der Psyche der von ihnen anvisierten Zielgruppen
aufweisen (vgl. Müller 1997a).
Technologische Wettbewerbsanalyse: Eine mit der vorstehenden Aufgabenstellung
eng verwandte Problemstellung stellt die Analyse von technisch-physikalischen
Wettbewerbsbeziehungen zwischen verschiedenen Unternehmen eines Marktes dar
7
(Konzept der Leistungspositionierung). Datengrundlage dieser Problemstellung des
Produktmanagements bilden jedoch nicht die subjektiven Wahrnehmungen von
Individuen, sondern objektiv messbare bzw. physikalisch-technische Leistungs-
ausprägungen von Unternehmen oder ihrer Produkte.
Integrierte Datenanalyse: Darüber hinaus nimmt die Faktorenanalyse innerhalb von
integrierten Datenanalysen vielfach eine zentrale Rolle ein. Hierbei bilden die
extrahierten Faktoren den Dateninput anderer Analyseverfahren (z.B. der
Regressionsanalyse, der Clusteranalyse), wie etwa im Rahmen von Erfolgsfaktoren-
studien (vgl. Müller 1997b) oder der Abgrenzung sowie Beschreibung von
Käufersegmenten (vgl. Freter 2008).
Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit der Erläuterung der faktor-
analytischen Vorgehensweise anhand eines Beispiels zur Leistungs-positionierung. Die
rechentechnische Durchführung des Analyseprozesses erfolgt dabei mit Hilfe von SPSS
22.
2. Die Datenmatrix
2.1. Die Datenmatrix des Demonstrationsbeispiels
In der Marketingpraxis ist es vielfach üblich, Informationen über die Leistungsangebote
konkurrierender Anbieter auf dem Wege einer Durchsicht von Produktprospekten zu
sammeln und in Form einer Leistungstabelle gegenüberzustellen. Ein derartiges Vor-
gehen unterliegt auch der Zusammenstellung der Leistungsausprägungen verschiedener
Marken des bundesdeutschen Pkw-Marktes in der Tabelle 1.
In der Datenmatrix sind zwölf Pkw-Modelle anhand von jeweils neun technischen
Produkteigenschaften und einem ökonomischen Merkmal bzw. dem Verkaufspreis
gegenübergestellt. Ist man nun daran interessiert zu untersuchen, bezüglich welcher
Leistungsmerkmale Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen den Marken
vorliegen, so wird recht schnell deutlich, dass der Vergleich von 12 x 10 = 120
Eigenschaftsausprägungen eine komplexe Beurteilungsaufgabe darstellt, die nicht nur
zeitaufwendig ist, sondern auch ein unübersichtliches Leistungsbild vermittelt.
Preis
(DM)
Länge
(mm)
Breite
(mm)
Höhe
(mm)
Gewicht
(kg)PS
Hubraum
(ccm)
Geschwindigkeit
(km/h)
Beschleunigung (Sek.
Für 0-100km/h)
Verbrauch (l
pro 100 km)
Audi 80 12655 4383 1682 1365 910 55 1273 145 17,5 8,9
BMW 320 19300 4355 1610 1380 1115 122 1990 181 10,7 9,5
Citroen GSX 14490 4120 1608 1349 935 55 1130 145 20,8 8,4
Fiat 131 12590 4264 1651 1381 1015 75 1585 160 12,8 9,2
Ford Taunus 11930 4340 1700 1362 1020 55 1285 137 20,3 9,5
Mercedes 200 20261 4725 1786 1438 1340 94 1988 160 15,2 11,1
Opel Rekord 14685 4593 1726 1420 1100 75 1875 155 16 10,2
Peugeot 244 14995 4490 1690 1460 1160 79 1796 154 15,8 10,5
Renault 20 18670 4520 1726 1435 1260 109 1994 173 12,7 10,2
Simca 13224 4245 1680 1390 1075 75 1442 154 13,9 9,7
VW Passat 14925 4290 1615 1360 885 75 1588 164 13 8,8
Volvo 244 17990 4898 1707 1435 1280 90 1986 155 15 11,5
Tabelle 1: Leistungsmerkmale von Automobilen (Quelle: Hammann/Erichson 2000, S. 257)
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In vorliegenden Fall ist es nun mit Hilfe einer Faktorenanalyse möglich, im Sinne einer
technologischen Wettbewerbsanalyse das Bündel der Leistungsmerkmale auf Basis ihrer
korrelativen Beziehungen zu voneinander unabhängigen Leistungsfaktoren zu
verdichten. Neben der angestrebten Faktorenextraktion kann man zusätzlich daran
interessiert sein, die Pkw-Modelle anhand ihrer Faktorwerte in einem Leistungsraum zu
positionieren, um einen visuellen Eindruck über die Art und die Intensität der
technologischen Wettbewerbsbeziehungen zu erlangen.
Die Datenbasis einer Faktorenanalyse bildet eine zu untersuchende Datenmatrix. Um
mit SPSS eine Faktorenanalyse durchzuführen, ist es vorab notwendig, den betreffenden
Datensatz in SPSS einzugeben. Daher erstellen wir zunächst die auszuwertende SPSS-
Datenmatrix des Fallbeispiels in der folgenden Weise:
1) Öffnen Sie hierzu den SPSS Dateneditor und definieren Sie dort im Fenster
„Variablenansicht“ unter der Rubrik „Typ“ sämtliche Variablen als „numerisch“.
Kodieren Sie ferner die nominale Variable „Marke“ mit numerischen Wertelabels,
z.B. „1 = Audi 80“, „2 = BMW 320“ etc. Geben Sie die betreffenden Merkmals-
werte in die Matrixzellen ein.
2) Wählen Sie nun aus dem Menü „Datei“ die Option „Speichern unter...“.
3) Es öffnet sich die Dialogbox „Daten speichern unter“. Vergeben Sie hier im
Editierfeld „Dateinamen“ einen Namen (z.B. „Leistungspositionierung“).
4) Klicken Sie abschließend auf den Schalter „Speichern“.
5) SPSS speichert nun per Voreinstellung die Datendatei im aktuellen Verzeichnis mit
der Erweiterung “.sav“.
6) Aus den vorstehenden Schritten resultiert die in Abbildung 3 angezeigte Daten-
matrix.
Abbildung 3: SPSS-Datenmatrix „Leistungspositionierung“ der Beispieldaten
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2.2. Die Standardisierung der Datenmatrix
Gewöhnlich ist es zweckmäßig, die Matrix der Ausgangsdaten vorab zu standardisieren,
um eine Vergleichbarkeit jener Variablen zu ermöglichen, die in unterschiedlichen
Dimensionen (z.B. Gewicht in kg, Länge in mm) vorliegen (vgl. Backhaus et. al. 2011,
S. 338 f). Die damit angesprochene sog. z- Standardisierung der Variablen geschieht
dadurch, dass zunächst die Differenz zwischen dem Mittelwert und dem jeweiligen
Beobachtungswert einer Variablen gebildet und diese anschließend durch die
Standardabweichung der Variablen dividiert wird. Hieraus erhält man standardisierte
Variablen, die jeweils einen Mittelwert von Null und eine Standardabweichung von
Eins aufweisen.
Die Ermittlung und Auswertung einer z-standardisierten Datenmatrix erfolgt im
Rahmen der SPSS-basierten Faktorenanalyse automatisch, d.h. im Hintergrund der
Extraktionsprozedur. Sofern man jedoch eine eigenständige z-standardisierte
Datenmatrix ermitteln und darstellen möchte, ist in SPSS das Analysemenü
„Deskriptive Statistiken“ zu verwenden. Hierbei ist die Befehlsfolge
„Analysieren/Deskriptive Statistiken/ Standardisierte Werte als Variable speichern“ zu
wählen. Als Ergebnis fügt SPSS der Ausgangsmatrix zusätzlich die entsprechenden z-
Werte an. Damit die Ausgangsdatenmatrix nicht zu unübersichtlich wird, speichern wir
die Matrix der z-standardisierten Variablen als eine eigenständige Datei unter der
Bezeichnung “ Leistungspositionierung-zwerte“ (vgl. Abbildung 4).
Abbildung 4: z-standardisierte Datenmatrix der Beispieldaten
2.3. Die SPSS-Auswertungsmethodik
Um nun die SPSS-Datenmatrix „Leistungspositionierung“ entsprechend der in
Abbildung 2 dargestellten Untersuchungsmethodik auszuwerten, ist in SPSS die
nachstehende Schrittfolge durchzuführen:
1) Öffnen Sie die Datei “Leistungspositionierung“. Fordern Sie nunmehr das
Dialogmenü der Faktorenanalyse durch die Befehlsfolge „Analysieren/
Dimensionsreduktion/Faktorenanalyse“ an. Es öffnet sich das in Abbildung 5
dargestellte Dialogfeld „Faktorenanalyse“.
2) Zunächst wollen wir eine Auswahl der untersuchungsrelevanten Variablen
vornehmen. Die Erklärungskraft einer Faktorenanalyse hängt u.a. maßgeblich davon
ab, dass nur jene Variablen einbezogen werden, die für den betreffenden
Untersuchungszweck relevant sind. Bezogen auf das vorliegende Beispiel, bei
welchem eine Leistungspositionierung beabsichtigt wird, bedeutet dies,
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ausschließlich technische Leistungsmerkmale in die Analyse einfließen zu lassen
und somit das ökonomische Merkmal „Preis“ hiervon auszuschließen.
► Markieren Sie daher zunächst die zu untersuchenden neun technischen Variablen
im linken Bereich des Dialogfeldes „Faktorenanalyse“.
► Überführen Sie anschließend die ausgewählten Merkmale aus diesem sog.
Quellverzeichnis durch ein Anklicken des oberen Pfeils in die Liste
„Variablen:“.
Abbildung 5: Dialogmenü der Prozedur „Faktorenanalyse“
3) Im nächsten Schritt geht es darum, die Korrelationsmatrix zu erzeugen. Klicken
Sie im Dialogfeld „Faktorenanalyse“ auf den Schalter „Deskriptive Statistik...“ Die
Dialogbox „Deskriptive Statistiken“ wird geöffnet (vgl. Abbildung 6):
► Klicken Sie dort im Feld „Statistik“ auf die Option „Anfangslösung“.
► Wählen Sie anschließend im Feld „Korrelationsmatrix“ die zur Diagnose einer
Korrelationsmatrix hilfreichen Optionen „Koeffizienten“, „Signifikanzniveaus“
„KMO und Bartlett-Test auf Sphärizität“ und „Anti-Image“.
► Bestätigen Sie abschließend Ihre Einstellungen mit „Weiter“.
Abbildung 6: Dialogfeld „Deskriptive Statistiken“
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4) Hieran anschließend ist die Methode zur Faktorenextraktion festzulegen. Klicken
Sie im Dialogmenü „Faktorenanalyse“ daher auf die Schaltfläche „Extraktion...“.Es
öffnet sich die Dialogbox „Faktorenanalyse: Extraktion“ (vgl. Abbildung 7):
► Wählen Sie dort unter „Methode“ die voreingestellte Option „Haupt-
komponenten“.
► Klicken Sie in der Gruppe „Anzeigen“ auf das Kontrollkästchen „Nicht-rotierte
Faktorlösung“ und „Screeplot“.
► Belassen Sie in der Gruppe „Extrahieren“ die Voreinstellung „Eigenwerte größer
als 1“.
► Bestätigen Sie Ihre Einstellungen mit „Weiter“.
Abbildung 7: Dialogbox „Faktorenanalyse: Extraktion“
5) Um die Interpretation der extrahierten Faktoren zu erleichtern, klicken Sie im
Dialogmenü „Faktorenanalyse“ auf die Schaltfläche „Rotation...“.Es öffnet sich die
Dialogbox „Faktorenanalyse: Rotation“ (vgl. Abbildung 8):
► Dort wählen wir unter „Methode“ die Option „Varimax“.
► In der Gruppe „Anzeigen“ klicken wir auf die beiden Optionen “Rotierte
Lösung“ sowie „Ladungsdiagramme“.
► Bestätigen Sie Ihre Eingaben mit „Weiter“.
Abbildung 8: Dialogbox „Faktorenanalyse: Rotation“
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6) Der abschließende Analyseschritt besteht in der Diagnose von Faktorwerten.
Hierzu klicken Sie im Dialogmenü „Faktorenanalyse“ auf die Schaltfläche
„Scores...“. Hierauf öffnet sich die Dialogbox „Faktorenanalyse: Faktor...“ (vgl.
Abbildung 9):
► Wählen Sie dort die Option „Koeffizientenmatrix der Faktorwerte anzeigen“.
► Wählen Sie ferner „Als Variablen speichern“ und belassen Sie die vor-
eingestellte Methode „Regression“.
► Bestätigen Sie abschließend mit „Weiter“ und „OK“.
Abbildung 9: Dialogbox „Faktorenanalyse: Faktorscores..“
3. Die Korrelationsmatrix
3.1. Interpretation der Korrelationsmatrix
Die Korrelationsmatrix vermittelt einen Überblick über die Stärke des Zusammenhangs
der Variablen bzw. einen ersten Eindruck über die faktoranalytische Eignung der
Variablen. Denn diese lassen sich nur dann sinnvoll zu gemeinsamen Faktoren
verdichten, wenn sie relativ stark miteinander korrelieren (vgl. Tabelle 2):
Tabelle 2: Korrelationsmatrix der neun technischen Leistungsmerkmale von Pkw‘s
Zum einen zu erkennen, dass eine Reihe von Variablen stark miteinander korreliert.
So steht beispielsweise die Variable „Verbrauch“ in einem jeweils starken, positiven
und technologisch begründbaren Zusammenhang mit u.a. den Variablen „Länge“,
„Breite“ und „Höhe“ eines Pkws.
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Demgegenüber sind aber auch Variablenpaare mit einer schwachen Korrelation zu
beobachten. Dies trifft z.B. für die Variablen „Beschleunigung“ und „Breite“ zu, die
in einem schwachen, überdies negativen Zusammenhang zueinander stehen. Wenn
ein Großteil der Variablenpaare geringe absolute Korrelationswerte aufweisen
würde, so darf dies bereits als ein Indiz dafür gewertet werden, dass es wenig
zweckmäßig ist, die Faktorenanalyse fortzuführen, denn gemeinsame Faktoren
lassen sich nur bei Vorliegen relativ starker Korrelationen ermitteln.
Mit Blick auf die beabsichtigte Faktorenextraktion vermitteln die Korrelations-
koeffizienten bereits erste Hinweise darauf, welchen Variablen möglicherweise
derselbe Faktor zugrunde liegt. Denn es liegt nahe, davon auszugehen, dass jene
Leistungsmerkmale von einem gemeinsamen Faktor geprägt werden, welche in einer
hohen Korrelation zueinander stehen. So deuten die Befunde der vorstehenden
Korrelationsmatrix u.a. darauf hin, dass die Variablen „Verbrauch“, „Höhe“,
„Länge“ sowie „Gewicht“ durch einen gemeinsamen Faktor erklärt werden können,
während den Variablen „PS“, „Geschwindigkeit“ und „Hubraum“ hingegen ein
anderer gemeinsamer Faktor zugrunde liegen könnte.
3.2. Gütebeurteilung der Korrelationsmatrix
Die Faktorenanalyse liefert nur dann erklärungshaltige Ergebnisse, wenn sichergestellt
ist, dass die mit Hilfe der Korrelationsmatrix aufgedeckten Variablenbeziehungen eine
geeignete Grundlage zur Faktorenextraktion sowie -interpretation darstellen. Es ist
deshalb zweckmäßig, die Korrelationsmatrix einer Reihe von statistischen Prüfkriterien
zu unterziehen, die einen Aufschluss über die Güte der ermittelten Korrelations-
koeffizienten liefern. Zur Gütebeurteilung der Korrelationsmatrix besonders geeignet
sind
der Bartlett-Sphärentest,
Signifikanztests einzelner Korrelationskoeffizienten,
Anti-Image-Matrizen und
das Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium.
Wenngleich in der Korrelationsmatrix der Tabelle 2 für zahlreiche Variablenpaare
relativ starke Korrelationen ausgewiesen werden, so kann daraus nicht gefolgert werden,
dass diese Zusammenhänge gleichfalls in der Grundgesamtheit vorliegen. Bei Vorliegen
von Stichprobendaten ist es durchaus möglich, dass die ausgewiesenen Korrelationen
lediglich ein zufälliges Stichprobenergebnis darstellen, obwohl die Variablen in der
Grundgesamtheit unkorreliert sind. Ist dies der Fall, so werden mit einer
Faktorenanalyse nur solche Faktoren extrahiert, die auf zufällige Gemeinsamkeiten der
Variablen zurückzuführen sind und demzufolge einen geringen Erklärungsgehalt
besitzen. Es erscheint daher angeraten, zunächst der Frage nachzugehen, ob die
Stichprobenwerte aus einer Grundgesamtheit entstammen, in der die Variablen
unkorreliert sind.
Eine Antwort hierauf liefert der Bartlett-Sphärentest, mit welchem die Nullhypothese
getestet wird, dass die Variablen in der Erhebungsgesamtheit unkorreliert sind, d.h.
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sämtliche Korrelationskoeffizienten in der Grundgesamtheit den Wert Null besitzen. Für
unser Beispiel ergibt sich das in der nachstehenden Tabelle 3 angeführte Testergebnis:
KMO- und Bartlett-Test
,590
131,734
36
,000
Maß der Stichprobeneignung nachKaiser-Meyer-Olkin.
Ungefähres Chi-Quadrat
df
Signifikanz nach Bartlett
Bartlett-Test aufSphärizität
Tabelle 3: Bartlett-Sphärentest und KMO-Maß
Der Bartlett-Test beruht auf der Voraussetzung, dass die Variablen in der
Grundgesamtheit normalverteilt sind und die Prüfgröße näherungsweise einer Chi-
Quadrat-Verteilung folgt. Die Tabelle 3 weist für die Prüfgröße einen relativ hohen
Chi-Quadrat-Wert von 131,74 bei 36 (= 9*(9-1)/2) Freiheitsgraden aus.
Die ausgegebene empirische Signifikanz von 0,000% gibt die Irrtums-
wahrscheinlichkeit an, die man auf Basis der Stichprobendaten hinnehmen muss,
wenn die Nullhypothese abgelehnt wird (sog. Überschreitungswahrscheinlichkeit).
Im Beispiel ist diese allerdings so gering, dass die Nullhypothese zu verwerfen ist.
Gibt man ergänzend eine maximal akzeptierte Irrtumswahrscheinlichkeit von z.B.
5% vor, dann gilt: wenn die empirische Irrtumswahrscheinlichkeit ≤ (≥) akzeptierte
Irrtumswahrscheinlichkeit, dann ist die Gegenhypothese (Nullhypothese)
anzunehmen. Zusammenfassend darf daher davon ausgegangen werden, dass in der
Grundgesamtheit korrelative Zusammenhänge zwischen (zumindest einigen) der
neun Variablen vorliegen, die durch gemeinsame Faktoren erklärt werden können.
Der Bartlett-Test lässt jedoch keinen Rückschluss auf die Signifikanz der einzelnen
Korrelationskoeffizienten zu. Daher darf aus einem positiven Bartlett-Testergebnis nicht
geschlossen werden, dass in der Grundgesamtheit sämtliche Koeffizienten signifikant
von Null verschieden sind.
Deshalb bietet es sich an, die vorstehenden Ergebnisse durch Tests der einzelnen
Korrelationskoeffizienten zu ergänzen. Die SPSS-Option “Signifikanzniveaus“
erzeugt eine Korrelationsmatrix, in welcher das Ergebnis t-verteilter Korrelationstests
angezeigt wird (vgl. Tabelle 4). Für jeden einzelnen Korrelationskoeffizienten wird die
einseitige Signifikanz ausgewiesen. Diese zeigt an, mit welcher Irrtumswahr-
scheinlichkeit die Nullhypothese, nach welcher kein Zusammenhang zwischen einem
Variablenpaar besteht, abzulehnen ist. Eine geringe Irrtumswahrscheinlichkeit deutet
darauf hin, dass der betreffende Korrelationskoeffizient in der Grundgesamtheit
signifikant von Null verschieden ist.
Geht man von einem kritischen Signifikanzniveau von 5% (10%) aus, so ist
festzustellen, dass vierzehn (elf) der insgesamt 36 Korrelationskoeffizienten oberhalb
dieses Grenzwertes liegen und demzufolge nicht signifikant sind.
Im Beispiel betreffen nicht signifikante Zusammenhänge vorrangig jene Variablen-
paare, die jeweils schwach miteinander korrelieren, während starke Variablen-
zusammenhänge überwiegend als signifikant erachtet werden dürfen.
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Beispielsweise gilt für die Korrelation zwischen der PS-Zahl und der Höhe eines
PKWs eine beobachtete Signifikanz von 0,05. Dies bedeutet, dass der
Korrelationskoeffizient für dieses Variablenpaar mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit
von 5 % bzw. mit einer Sicherheitswahrscheinlichkeit von 95 % von Null
verschieden ist.
Ferner ist ersichtlich, dass insbesondere jene Korrelationskoeffizienten, die mit dem
Merkmal „Beschleunigungsvermögen“ verbunden sind, recht häufig eine hohe
Irrtumswahrscheinlichkeit aufweisen.
Tabelle 4: Signifikanzniveaus der einzelnen Korrelationskoeffizienten
Mit der Anti-Image-Analyse sowie dem daraus abgeleiteten KMO-Maß wird die
faktorenanalytische Angemessenheit der Variablen überprüft. Hierbei wird der Frage
nachgegangen, ob sämtliche betrachteten Variablen in die Faktorenanalyse einbezogen
oder aber einzelne Variablen von dieser ausgeschlossen werden sollen, da ihre
korrelativen Zusammenhänge möglicherweise nicht auf gemeinsame Faktoren
zurückgeführt werden können.
Nach dem Konzept des Anti-Images kann die Gesamtvarianz eines Variablenpaares in
zwei Teile zerlegt werden: das Image und das Anti-Image. Das Image kennzeichnet
denjenigen Varianzanteil einer Variablen, der sich durch die jeweils andere Variable
erklären lässt. Je stärker die Korrelation zwischen den Variablen, desto größer ist dabei
der Varianzanteil, der sich durch die jeweils andere Variable erklären lässt. Das Anti-
Image bringt hingegen jenen Varianzanteil einer Variablen zum Ausdruck, der sich
nicht durch die jeweils andere Variable erklären lässt. Somit ist das Anti-Image einer
Variablen umso kleiner, je stärker die Korrelation zwischen den Variablen ist. Der
faktoranalytischen Prämisse, nach welcher die Variablen durch gemeinsame Faktoren
erklärt werden können, entsprechen daher jene Variablen, deren Anti-Image
betragsmäßig jeweils klein (nahe Null) ist. Die Überprüfung dieser Grundvoraussetzung
kann anhand zweier Anti-Image-Matrizen beurteilt werden
Im oberen Teil der Tabelle 5 ist die sog. Anti-Image-Kovarianz-Matrix (AIC)
enthalten. Hierbei ist die Forderung nach einem möglichst geringen Anti-Image
gleichbedeutend damit, dass die Nicht-Diagonal-Elemente der AIC möglichst nahe
bei Null liegen bzw. diese Matrix eine Diagonalmatrix darstellt. Eine hierauf
bezogene Beurteilungsregel besagt, dass die betrachtete Korrelationsmatrix dann für
eine Faktorenanalyse ungeeignet ist, wenn der Anteil der Nicht-Diagonal-Elemente,
die ungleich Null sind (> 0,09) in der Anti-Image-Kovarianz-Matrix 25% oder mehr
16
beträgt (vgl. Backhaus et. al. 2003, S. 275 f.). Eine Anti-Image-Kovarianz von > 0,09
trifft in unserem Beispiel lediglich für die beiden Variablen „Breite“ und „Höhe“ zu,
so dass nach diesem Kriterium die Korrelationsmatrix für eine faktoranalytische
Auswertung geeignet ist.
Tabelle 5a: Anti-Image-Kovarianzen der neun technischen Pkw-Merkmale
Im unteren Teil der Tabelle 5 ist die sog. Anti-Image-Korrelationsmatrix
angeführt, welche die negativen Werte der partiellen Korrelationskoeffizienten
enthält. Als partielle Korrelation wird jene Korrelation zwischen zwei Variablen
bezeichnet, die sich ergibt, wenn der Einfluss aller übrigen Variablen ausgeschaltet
wurde. Hohe partielle Korrelationskoeffizienten zeigen demnach an, dass sich ein
Variablenzusammenhang nicht auf gemeinsame Faktoren zurückführen lässt.
Demzufolge sind Variablen dann für eine Faktorenanalyse geeignet, wenn ihre
partiellen Korrelationskoeffizienten möglichst gering sind bzw. nahe bei Null liegen.
In unserem Beispiel sind größtenteils mittlere partielle Koeffizientenwerte zu
beobachten, so dass nach diesem Kriterium vorläufig Bedenken gegenüber der
faktoranalytischen Zweckeignung der Beispielvariablen angebracht sind.
Tabelle 5b: Anti-Image-Korrelationen der neun technischen Pkw-Merkmale
Ein hilfreiches Beurteilungsmaß, mit dessen Hilfe die Informationen der Anti-Image-
Korrelationsmatrix verdichtet werden können, stellt das Kaiser-Meyer-Olkin-
Kriterium dar. Dieses bildet ein zusammenfassendes Beurteilungsmaß für die faktoren-
analytische Angemessenheit der Untersuchungsvariablen und kann sowohl für die
Gesamtheit der aller Variablen als auch für einzelne Variablen berechnet werden. An
den vorstehenden Überlegungen anknüpfend, sind die Variablen dann für eine
Faktorenanalyse geeignet, wenn diese einerseits hoch mit anderen Variablen korrelieren
17
und andererseits weitgehend durch die anderen Variablen erklärt werden können. Dies
ist gleichbedeutend damit, dass die einfachen Korrelationskoeffizienten möglichst groß,
die partiellen Korrelations-koeffizienten hingegen möglichst gering sind. Das KMO-
Kriterium stellt die einfachen und die partiellen Korrelationskoeffizienten ins Verhältnis
und besitzt einen Wertebereich zwischen 0 und 1: Ist die Summe der quadrierten
partiellen Korrelationskoeffizienten im Vergleich zur Summe der quadrierten
Korrelationskoeffizienten gering (hoch), nimmt es den Wert 1 (0) an.
Die Werte des KMO-Maßes lassen sich mittels der Tabelle 6 bewerten: Ein geringer
(hoher) KMO-Wert zeigt an, dass die faktoranalytische Eignung der Variablen gering
(hoch) ist. Für unser Beispiel beträgt der KMO-Wert für die Gesamtheit der
Variablen 0,59 (vgl. Tabelle 3), mit dem eine lediglich „klägliche“
faktorenanalytische Eignung angezeigt wird.
MSA-Wert Bewertung nach Kaiser Übersetzt
> 0,9 marvelous fabelhaft
0,8 - 0,9 meritorious lobenswert
0,7 - 0,8 middling mittelmäßig
0,6 - 0,7 mediocre zweitklassig
0,5 - 0,6 miserable kläglich
< 0,5 unacceptable inakzeptabel
Tabelle 6: Bewertung der KMO-Werte nach Kaiser
(Quelle: Eckey/Kosfeld/Rengers 2002, S. 20)
Bei Vorliegen unbefriedigender KMO-Werte ist hilfreich, zusätzlich die KMO-
Werte für einzelne Variablen zu betrachten. Diese werden in der Hauptdiagonalen
der Anti-Image-Korrelationsmatrix angeführt (vgl. Tabelle 5) und auch als Maße für
die Angemessenheit der Stichprobe (measure of sampling adequacy bzw. MSA)
bezeichnet. Hiernach ist augenfällig, dass insbesondere die MSA-Werte der
Variablen „Beschleunigung“ und „Geschwindigkeit“ jeweils inakzeptable Werte
besitzen.
Zusammenfassend liegt es nahe, Variablen mit einem geringen KMO-Maß sukzessive
zu entfernen und die daraus resultierende, veränderte Korrelationsmatrix einer erneuten
Prüfung zu unterziehen. So würde im vorliegenden Fall beispielsweise ein Ausschluss
der Variable „Beschleunigung“ zu einem verbesserten KMO-Wert der sodann
verbleibenden acht Variablen in Höhe von 0,75 führen. Aus inhaltlichen Gründen
berücksichtigen wir jedoch weiterhin sämtliche neun Variablen.
18
4. Extraktion der Faktoren
4.1. Statistische Kennwerte der Faktorenextraktion
Die Extraktion von Faktoren bildet den rechnerischen Kern der Faktorenanalyse, dessen
Aufgabe darin besteht, die Ausgangsvariablen solcherart zu gemeinsamen Faktoren
zusammenzufassen, dass die erzeugten Faktoren einerseits wechselseitig voneinander
unabhängig sind andererseits ein möglichst großer Varianzanteil der Korrelationen
zwischen den Ausgangsvariablen erklärt werden kann. Zur Lösung des
Extraktionsproblems stehen verschiedene iterative Algorithmen zur Verfügung. Diese
unterscheiden sich vornehmlich durch die Annahme darüber, in welchem Umfang die
Gesamtvarianz einer Variablen durch die gemeinsamen Faktoren erklärt werden kann
(vgl. hierzu ausführlich Backhaus et. al. 2011, S. 344 ff.; Bortz/Schuster 2010, S. 397
ff.; Eckey/Kosfeld/Rengers 2002, S. 24 ff. Müller/Rudolf 2012, S. 311 ff., Schlittgen
2009, S. 270 ff;). Gleichwohl deuten zahlreiche Anwendungserfahrungen daraufhin,
dass sich die Ergebnisse von Faktorenanalysen auf Basis verschiedener
Extraktionsalgorithmen nur marginal voneinander unterscheiden (vgl. Diehl/Kohr 1999,
S. 353 ff.).
Als ein besonders leistungsfähiges Verfahren zur Faktorenbestimmung gilt die – in
SPSS voreingestellte – und auch im vorliegenden Beispiel eingesetzte sog.
Hauptkomponenten-Methode (principal component factor analysis), denn „..it is best
just to run principal component analysis when doing factor analysis; this is the method
used in most market research applications of factor analysis“ (Sudman/Blair 1998, S.
557). Diese beruht auf der Grundannahme, dass die gesamte Varianz einer
Ausgangsvariablen (bis auf einen zufälligen Restanteil) durch eine bestimmte Anzahl
gemeinsamer Faktoren erklärt werden kann.
Aus statistischer Perspektive lässt sich der Extraktionsprozess als eine Prozedur
kennzeichnen, die eine Faktorenlösung sucht, mit welcher die Korrelationsmatrix der
Ausgangvariablen bestmöglich erklärt bzw. reproduziert werden kann. Die
Extraktionslösung kann anhand von drei Kennwerten beschrieben werden:
Faktorladungen,
Kommunalitäten,
Eigenwerte.
In unserem Beispiel extrahiert die iterative Hauptkomponentenanalyse zwei Faktoren,
die in der Faktorladungsmatrix (synonym: Komponentenmatrix) der Tabelle 7 unter
dem Begriff „Komponente“ ausgewiesen sind. Eine Faktorladung bildet eine
Maßgröße dafür, in welchem Ausmaß der betreffende Faktor die jeweilige Variable
bestimmt; d.h. die Faktorladung entspricht dem Korrelationskoeffizienten zwischen
einem Faktor und einer Variablen. Somit lässt sich jede (standardisierte)
Ausgangsvariable als eine Linearkombination von Faktoren beschreiben (sog.
Fundamentaltheorem der Faktorenanalyse).
19
Tabelle 7: (Unrotierte) Faktorladungsmatrix
Der Tabelle 7 lässt sich z.B. für die Variable „Länge“ entnehmen, dass diese durch
die folgende Linearkombination der beiden Faktoren beschrieben werden kann:
„Länge“ = 0,832 * Faktor 1 + 0,404 * Faktor 2“.
An der absoluten Größe einer Faktorladung lässt sich die Bedeutung des jeweiligen
Faktors für die betreffende Variable ablesen. Hohe (niedrige) Faktorladungen zeigen
an, dass der jeweilige Faktor einen großen (geringen) Einfluss auf die Ausprägungen
einer Variablen hat. So wird z.B. die Variable „Länge“ primär durch den Faktor 1
(Ladung = 0,83) und nur in vergleichsweise geringem Maße durch den Faktor 2
(Ladung = 0,40) erklärt.
Aus der quadrierten Ladung eines Faktors erhält man das Bestimmtheitsmaß
zwischen einem Faktor und der jeweiligen Variablen. Dieses weist z.B. für den
Zusammenhang zwischen Faktor 1 und der Variablen „Länge“ den Wert 0,69 ( =
0,832
) auf, womit angezeigt wird, dass die Varianz der Variablen „Länge“ zu 69 %
durch den Faktor 1 erklärt wird.
Die Kommunalität einer Variablen gibt denjenigen Anteil der Streuung (Varianz) an,
der durch alle Faktoren gemeinsam erklärt wird. Sie ergibt sich als die Summe der
quadrierten Faktorladungen über eine Variable und weist bei z-standardisierten
Variablen den Maximalwert von Eins auf. Die in unserem Beispiel durchgeführte
Hauptkomponentenanalyse bildet ein vereinfachtes Extraktionsverfahren, da hierbei
unterstellt wird, dass die Varianz einer Ausgangsvariablen vollständig durch die
extrahierten Faktoren erklärt werden kann bzw. die Variablen keine sog.
Einzelrestvarianzen (z.B. Messfehlervarianzen) enthalten.
20
Tabelle 8: Kommunalitäten der Zwei-Faktorenlösung
Im ersten Schritt der Extraktion entspricht die Anzahl der extrahierten Faktoren der
Anzahl von Ausgangsvariablen. Daher werden in der Spalte „Anfänglich“ der
vorstehenden Tabelle 8 jene Kommunalitäten ausgewiesen, die sich im Fall einer 9-
Faktorenlösung ergeben, d.h. wenn ebenso viele Faktoren wie Variablen extrahiert
werden. In diesem Fall erhält man Kommunalitäten von jeweils 1, d.h. die Variablen
lassen sich vollständig durch die Faktoren erklären. Allerdings ist eine derartige
Lösung unzweckmäßig, da damit keine Reduktion der Variablenzahl verbunden ist.
Die Spalte „Extraktion“ enthält die Kommunalitäten für die (unrotierte) Zwei-
Faktorenlösung, die allesamt kleiner Eins sind. Die geringeren Kommunalitäten
bilden Ausdruck des variablenspezifischen Informationsverlustes, der aus der
Verminderung von ursprünglich neun Variablen auf zwei Faktoren resultiert. Für die
Variable „Länge“ erhalten wir gemäß der Tabelle 8 eine Kommunalität von 0,86.
Diese errechnet sich unter Rückgriff auf die Faktorladungsmatrix durch eine
zeilenweise Summation der Ladungsquadrate, d.h. 0,86 = 0,832
+ 0,402
(vgl. Tab. 7).
Demnach werden 86 % der Varianz der Variablen „Länge“ durch die beiden
extrahierten Faktoren erklärt. Im Vergleich hierzu fällt die Erklärungskraft der beiden
Faktoren gegenüber z.B. der Variablen „Geschwindigkeit“ (Kommunalität = 0,98)
deutlich höher, hinsichtlich der Variablen „Breite“ (Kommunalität = 0,82) hingegen
etwas geringer aus.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in unserem Beispiel die Erklärungskraft beider
Faktoren für alle neun Variablen recht hoch bzw. der Anteil nicht-erklärter Varianzen
gering ist.
Der Eigenwert bildet eine faktorspezifische Kenngröße, die angibt, welchen Anteil der
Gesamtvarianz aller Variablen durch diesen Faktor erklärt wird Demnach ist der
Erklärungsbeitrag eines Faktors umso höher, je größer sein Eigenwert ist.
Standardisierte Variablen besitzen eine Varianz von jeweils Eins, so dass die
Gesamtvarianz der Zahl der betrachteten Variablen entspricht. Für unser Beispiel
beträgt die Gesamtvarianz aller Variablen daher Neun. Der Extraktionsprozess der
Hauptkomponentenmethode unterliegt der Zielsetzung, einen möglichst großen Anteil
der Gesamtvarianz der Variablen zu erklären. Hierbei wird die erste Hauptkomponente
(der erste Faktor) so bestimmt, dass dieser bereits einen möglichst großen Teil der
21
Gesamtvarianz erklärt. Die zweite Hauptkomponente wird anschließend solchermaßen
ermittelt, dass diese einen möglichst großen Teil der verbleibenden Restvarianz auf sich
vereinigt und zudem mit dem ersten Faktor vollkommen unkorreliert (orthogonal) ist. In
analoger Weise können weitere Faktoren extrahiert werden, bis im Extremfall die Zahl
der Faktoren der Zahl der Variablen entspricht, wie der Spalte „Anfängliche
Eigenwerte“ der Eigenwerttabelle entnommen werden kann
Für unser Beispiel sind die ermittelten Eigenwerte im SPSS-Output der Tabelle 9
angeführt. Hierbei beziehen sich die in der linken Hälfe der Tabelle angezeigten Werte
auf die anfängliche Situation der 9-Faktoren-Lösung. Demgegenüber zeigt die rechte
Hälfte der Tabelle 9 die Werte der extrahierten Zwei-Faktorenlösung als Resultat des
gewählten Extraktionsprinzips „Eigenwerte >1“ an:
Tabelle 9: Eigenwerte der 9-Faktoren- sowie der 2-Faktorenlösung
Der Eigenwert eines Faktors ergibt sich aus der Summe der quadrierten
Faktorladungen über alle neun Variablen. Für Faktor 1 errechnet sich der Eigenwert
von 5,707 daher unter Rückgriff auf die Komponentenmatrix (vgl. Tabelle 7) durch
eine spaltenweise Summation der Ladungsquadrate des betreffenden Faktors, d.h.
5,707 = 0,832
+ 0,632
+ 0,882
+.....+ 0,902.
Der Varianzanteil eines Faktors ergibt sich aus der Division des betreffenden
Eigenwertes durch die zu erklärende Gesamtvarianz. Für den Faktor 1 erhalten wir
somit einen erklärten Varianzanteil von 63,409 % (= 5,707/9 * 100), während Faktor
2 einen deutlich geringeren Eigenwert von 2,442 bzw. einen Varianzanteil von
27,129% besitzt.
Die Summe der absoluten Eigenwerte beträgt bei einer Zwei-Faktorenlösung
gleich 8,149. Diese erklärt damit 90,538 % der Gesamtvarianz (= 8,149/9 * 100),
wie in der Spalte „Kumulierte %“ der Tabelle 9 ausgewiesen wird.
Die Eigenwerte ermöglichen abschließend eine Aussage über die relative
Erklärungskraft bzw. Bedeutung der Faktoren. Denn setzt man den z.B. absoluten
Eigenwert des Faktors 1 zu der bei einer Zwei-Faktorenlösung erzielten Summe der
absoluten Eigenwerte ins Verhältnis, so errechnet sich für diesen Faktor ein relativer
Erklärungsanteil von 70 % (= 5,707 /8,149 * 100). Faktor 1 leistet somit gegenüber
Faktor 2, der einen relativen Erklärungsbeitrag von 30% aufweist, einen mehr als
doppelt so großen Erklärungsbeitrag.
22
4.2. Festlegung der Faktorenzahl
Die bislang diskutierte Zwei-Faktorenlösung stellt lediglich eine vorläufige Lösung dar,
denn sie bildet das Resultat der in der SPSS-Dialogbox „Faktorenanalyse: Extraktion“
übernommenen Voreinstellung „Eigenwerte > 1“ (vgl. Abbildung 7). Zur endgültigen
Festlegung der Faktorenzahl ist daher eine Abwägung zwischen zwei Zielen
erforderlich: Die Anzahl der Faktoren ist so festzulegen, dass sowohl eine sachgemäße
Merkmalsreduktion herbeigeführt wird als auch der damit verbundene Informations-
verlust möglichst gering bliebt, d.h. ein hinreichend großer Varianzanteil durch die
Faktoren erklärt wird. Diesem Zielkonflikt kann durch eine Reihe von
eigenwertbasierten Entscheidungskriterien begegnet werden, wobei die Mindestzahl bei
einem Faktor liegt, während die Höchstzahl der Gesamtzahl der Variablen entspricht
(vgl. Brosius 2011, S. 799 ff.; 2011; Eckey/Kosfeld/Rengers 2002, S. 34 ff.):
Nach dem häufig verwendeten Kaiser-Kriterium soll die Zahl extrahierter Faktoren
derjenigen Zahl von Faktoren entsprechen, die einen Eigenwert von größer als Eins
aufweisen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass jede standardisierte Variable
bereits eine Varianz von 1 hat; insofern soll der betreffende Faktor einen größeren
Beitrag zur Erklärung der Varianz leisten, als eine Variable selbst. In unserem
Beispiel zeigt der rechte Teil der Tabelle 9, dass diese Forderung von zwei Faktoren
erfüllt wird. Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass vor
allem bei Faktorenanalysen mit sehr vielen Ausgangsvariablen die Zahl der
substanziellen Faktoren vielfach überschätzt wird und daher zusätzliche
Bewertungskriterien zu Rate gezogen werden sollten (vgl. Rudolf/Müller 2012, S.
315 ff).
Ein weiteres Kriterium, die kumulative Varianzregel, stellt auf eine Begrenzung
des Informationsverlustes ab, indem man fordert, dass die Faktorenzahl einen
vorgegebenen Anteil der Gesamtvarianz erklärt. In der Marketingforschung wird
hierbei mehrheitlich die Faustregel praktiziert, wonach die extrahierte Faktorenzahl
einen Erklärungsbeitrag von mindestens 60 % der Gesamtvarianz leistet. In unserem
Beispiel werden im Rahmen der Datenreduktion auf zwei Faktoren bereits 90,5 %
der Gesamtvarianz erklärt. Mit einer Datenverdichtung von neun Variablen auf zwei
Faktoren ist demnach lediglich ein Erklärungsverlust von 9,5 % verbunden.
Angesichts dieses geringen Informationsverlustes kann die Erklärungsgüte einer
Zwei-Faktorenlösung als überaus zufriedenstellend gewertet werden
Ferner lässt sich die Faktorenzahl mit Hilfe eines visuellen Entscheidungskriteriums,
dem sog. Scree-Plot ableiten. Dieser beinhaltet ein Diagramm, in welchem die
Eigenwerte der extrahierten Faktoren in abfallender Reihenfolge geordnet werden.
Einem „Geröllhang“ ähnlich, soll die Darstellung dazu dienen, unbedeutende
Faktoren (das Geröll) von bedeutsamen Faktoren (dem Hang) zu trennen. Die
Grundüberlegung ist, dass unbedeutende bzw. wenig erklärungshaltige Faktoren das
Resultat von Zufallsgrößen darstellen, die auf einer Geraden parallel zur Abszisse
liegen (vgl. Galata et. al. 2013, S. 223. Demgegenüber weisen jene Faktoren, die
sich im Hang, d.h. dem Linienbereich des starken Anstiegs befinden, eine hohe
Erklärungskraft auf und bilden demzufolge die Menge der relevanten Faktoren. Das
Eigenwertdiagramm in Abbildung 10 legt für unser Beispiel gleichfalls die Wahl
einer Zwei-Faktorenlösung nahe: Denn der Hang des Diagramms wird durch zwei
Faktoren gebildet, während die Gerade der unbedeutenden Faktoren durch eine
23
Verbindungslinie der übrigen sieben Faktoren, die in geringem Abstand nahezu
parallel zur Abszisse verlaufen, geprägt wird. Die zusätzlich eingefügte Bezugslinie
auf dem Eigenwertniveau von Eins entspricht der Forderung des Kaiser-Kriteriums.
Abbildung 10: Scree-Plot (Eigenwertdiagramm) der neun Faktoren
Die vorstehend besprochenen Entscheidungshilfen verweisen zusammenfassend
allesamt auf eine Zwei-Faktoren-Lösung, die wir daher unseren weiteren Überlegungen
zugrunde legen.
5. Interpretation der Faktoren
In den vorstehenden Darlegungen haben wir das Faktorenmuster der Komponenten-
matrix aus einer primär rechentechnischen Sichtweise beurteilt, die uns zu einer
zweifaktoriellen Lösung geführt hat. Die erzeugten Faktoren repräsentieren zunächst
rein hypothetische bzw. abstrakte Größen, die nun im Rahmen der Faktorinterpretation
inhaltlich zu kennzeichnen sind. Hierzu sind zwei Teilschritte notwendig: Zunächst sind
die einzelnen Variablen den extrahierten Faktoren anhand von Faktorladungen
zuzuordnen. Hieran anschließend bedarf es einer verbalen Umschreibung der
inhaltlichen Gemeinsamkeiten der faktorspezifischen Variablencluster.
5.1. Diagnose der unrotierten Faktorenstruktur
Ausgangspunkt unserer Überlegungen bildet erneut die Faktorenstruktur der unrotierten
Komponentenmatrix (vgl. Tabelle 7). Die dort ausgewiesenen Faktorladungen bringen
die Stärke des Zusammenhangs zwischen einem Faktor und einer Variablen zum
Ausdruck: Hohe Faktorladungen indizieren eine große, kleine Ladungen hingegen eine
geringe Bedeutung eines Faktors für die betreffende Variable.
Generell ist eine Variable jenem Faktor zuzuordnen, der eine hohe Faktorladung besitzt.
Von einer für die inhaltliche Interpretation eines Faktors aussagefähigen Ladung spricht
man gewöhnlich dann, wenn diese einen Wert von mindestens 0,50 aufweist.
Demzufolge werden einem Faktor primär all jene Variablen zugeordnet, deren
Faktorladungen mindestens den Wert 0,5 besitzen. Sofern eine Variable auf mehreren
Faktoren hoch lädt, so ist die betreffende Variable jedem der entsprechenden Faktoren
24
zuzuordnen. Gewöhnlich laden auf einem Faktor jedoch mehrere Variable hoch, so dass
es zweckmäßig ist, wenn man jene Variablen als sog. Leitvariablen (Markiervariablen)
zur Umschreibung eines Faktors heranzieht, welche die höchsten Ladungen besitzen
(vgl. Bortz/Schuster 2010, S. 395 f.).
Im praktischen Anwendungsfall können allerdings vielfältige Faktorenmuster auftreten,
welche die Faktorinterpretation erleichtern oder behindern:
Eine vergleichsweise leichte Faktorinterpretation ermöglicht die sog. Einfach-
struktur. Diese ist in idealisierter Form dadurch gekennzeichnet, dass einzelne
Variablen jeweils nur auf einem Faktor hoch laden und mit allen anderen Faktoren
schwach korrelieren.
Ungleich schwieriger gestaltet sich die Faktorinterpretation bei Vorliegen einer sog.
Mehrfachstruktur. Hierbei beinhaltet ein erster Fall die Situation, bei welcher ein
Faktor zu sämtlichen Variablen eine relativ hohe Korrelation aufweist und
demzufolge als ein „genereller Faktor“ aufzufassen ist. Gleichermaßen
problembehaftet ist jene Mehrfachstruktur, bei der mehrere Variable auf jeweils
mehreren Faktoren mittelmäßig oder hoch laden und somit eine eindeutige
Faktorenzuordnung behindern.
Bezogen auf unser Beispiel ist das Vorliegen einer Mehrfachstruktur zu konstatieren:
Eine eindeutige Zuordnung der Variablen „Breite“, „PS-Zahl“ sowie „Beschleunigung“
ist (vorläufig) nicht möglich, da diese mit jeweils mittleren Ladungen mit beiden
Faktoren korrelieren. Dieser Eindruck wird auch durch das sog. Komponentendiagramm
belegt, das eine visuelle Darstellung der Faktorladungsmatrix beinhaltet (vgl. Abbildung
11). Während das Merkmal „PS-Zahl“ („Beschleunigung“) tendenziell eher dem Faktor
1 (Faktor 2) zugeordnet werden könnte, lädt das Merkmal „Breite“ auf beiden Faktoren
jeweils hoch und erlaubt daher keine eindeutige Zuordnung. Um in diesem Fall zu einer
schlüssigen bzw. einfachen Variablenzuordnung zu gelangen, wird eine Faktorrotation.
durchgeführt.
Abbildung 11: Komponentendiagramm der unrotierten Faktorenstruktur
25
5.2. Rotation der Faktorenstruktur
In jenen Fällen, in denen die unrotierte Ladungsmatrix keine eindeutige Variablen-
zuordnungen ermöglicht, kann eine Rotation der Faktorenstruktur hilfreich sein. Als
eine besonders leistungsfähige Rotationsmethode gilt die sog. Varimax-Rotation. Diese
strebt an, durch eine Umverteilung der Varianzanteile zwischen den Faktoren eine
Einfachstruktur so herbeizuführen, dass die Anzahl von Variablen mit hoher Ladung auf
einem Faktor minimiert wird, d.h. dass auf jedem Faktor jeweils einige Variablen
möglichst hoch und die übrigen Variablen möglichst geringe Ladungen aufweisen. Dies
hat zur Folge, dass die Ladungen mittlerer Größe entweder geringer oder größer werden,
d.h. nahe bei ± 1 oder nahe bei 0 liegen (vgl. hierzu ausführlich Bortz/Schuster 2010,
ff.; Janssen/Laatz 2012, S. 559 ff.; Rudolf/Müller 2012, S.318 ff.).
Die durch eine Varimax-Rotation erzielte Vereinfachung des Faktors mit wenigen
Variablen und jeweils hohen Faktorladungen, erleichtert die Interpretation des
betreffenden Faktors. Ergänzend bleibt darauf hinzuweisen, dass die Rotation zwar die
Faktorladungen beeinflusst; dabei unverändert bleiben hingegen die Kommunalitäten,
die Reproduktionsgüte der Faktorenlösung und der Anteil der erklärten Gesamtvarianz.
Allerdings ändern sich die durch die einzelnen Faktoren erklärten Varianzanteile: So
erklärt z.B. der erste Faktor in der rotierten Extraktionslösung ca. 63,4 % der Gesamt-
varianz, nach der Rotation beträgt dessen Varianzanteil hingegen nur noch 51,8 % (vgl.
Tabelle 9).
Das Ergebnis der Varimax-Rotation ist für unser Beispiel in Tabelle 10 angeführt.
Hinsichtlich jener Variablen, welche in der unrotierten Komponentenstruktur jeweils
mittlere Faktorladungen aufweisen, zeigt sich nunmehr ein klareres Bild: Das Merkmal
„Breite“ korreliert stark mit dem Faktor 1 und kann diesem zugewiesen werden.
Demgegenüber prägen sowohl die „PS-Zahl“ als auch die „Beschleunigung“ jeweils den
Faktor 2. Im Zuge der Rotation hat sich allerdings die Zuordnung des Merkmals
„Hubraum“ geändert. Während dieses Merkmal in der unrotierten Ladungsmatrix als
dem Faktor 1 zugehörig betrachtet werden konnte, ist nun eine Doppelzuordnung mit
einer Tendenz zugunsten des Faktors 2 zu beobachten.
Tabelle 10: Rotierte Faktorladungsmatrix
26
In geometrischer Hinsicht ist die Varimax-Rotation gleichbedeutend damit, dass das
Achsenkreuz des Faktorladungs-Plots so gedreht wird, dass die Anzahl von Variablen
mit hoher Faktorladung minimiert wird. Da unterstellt wird, dass die Faktoren
unabhängig voneinander sind (bzw. nicht miteinander korrelieren), bleiben die
Faktorachsen bei der Drehung im rechten Winkel zueinander (vgl. Abbildung 12).
Abbildung 12: Komponentendiagramm der rotierten Faktorenstruktur
Zusammenfassend können die Faktoren somit wie folgt charakterisiert werden:
Der Faktor 1 umfasst das Variablencluster „Verbrauch“, „Länge“, „Breite“,
„Gewicht“ und „Höhe“ eines Pkw-Modells. Offensichtlich vereinigt dieser Faktor
solche Produktmerkmale, die aus technologischer Perspektive die Geräumigkeit
eines Pkw‘s begründen. Faktor 1 lässt sich demzufolge als die „Geräumigkeit“
eines Pkw‘s interpretieren.
Auf dem Faktor 2 laden demgegenüber Merkmale hoch, welche zur Sportlichkeit
eines Pkws beitragen, und zwar die „Beschleunigung“, die „PS-Zahl“, die
„Geschwindigkeit“ sowie der „Hubraum“. Es liegt daher nahe, diesen Faktor mit
dem Begriff „Sportlichkeit“ zu kennzeichnen. Als auf den ersten Blick
missverständlich muss allerdings hierbei die negative Korrelation des Merkmals
„Beschleunigung“ gewertet werden, die vordergründig anzeigt, dass mit einer
zunehmenden Beschleunigung eine verminderte Sportlichkeit eines Pkws
einhergeht. Ein ergänzender Blick auf die Skalierung des betreffenden Merkmals
erschließt jedoch eine sachgemäße Deutung. Denn die Variable „Beschleunigung“
wurde als „Sekunden für 0 – 100 km“ operationalisiert, so dass die Zusammen-
hangsrichtung wie folgt zu interpretieren ist: mit zunehmender Anzahl von
„Sekunden für 0- 100 km“ nimmt die Sportlichkeit eines Pkws ab.
27
6. Die Analyse von Faktorwerten
Vielfach ist eine Faktorenanalyse dann abgeschlossen, wenn die Faktoren extrahiert und
interpretiert worden sind. Demgegenüber benötigt man jedoch für weiterführende
Analysen, bei denen Faktoren als Dateninput dienen, auch die sog. Faktorwerte. Diese
geben die Ausprägungen der Merkmalsträger hinsichtlich der extrahierten Faktoren an.
6.1. Interpretation von Faktorwerten
Das primäre Ziel einer faktoranalytischen Leistungspositionierung besteht im
verdichteten Wettbewerbsvergleich der verschiedenen Analyseobjekte (hier: Pkw-
Modelle). Dazu benötigen wir nun im nächsten Analyseschritt die Kenntnis der
markenspezifischen Faktorwerte bzw. jener Ausprägungen, über welche die
verschiedenen Pkw-Modelle hinsichtlich der beiden Faktoren „Geräumigkeit“ sowie
„Sportlichkeit“ verfügen. Aus didaktischen Gründen soll zunächst die Interpretation von
Faktorwerten beleuchtet werden.
Faktorwerte bilden in SPSS keinen Bestandteil der Viewerausgabe, sondern werden in
der Datendatei als neue Variablen (im Beispiel: „FAC1_1“; „FAC2_1“) ausgewiesen
und gespeichert. Für weiterführende Analysen ist es zweckmäßig, einerseits die
Variablenlabels durch die Faktorbezeichnungen „Geräumigkeit“ sowie „Sportlichkeit“
zu ersetzen und andererseits die Faktorwerte tabellarisch darzustellen. Um die Tabelle
der markenbezogenen Faktorwerte zu erstellen (vgl. Abbildung 13),
► wählen wir das SPSS-Menü „Analysieren/Tabelle/Benutzerdefinierte Tabellen...“.
► Ziehen Sie die Variable Marke in die Tabellenzeile sowie die beiden Faktoren in die
Tabellenspalten.
► Im Feld der Auswertungsstatistik wird der voreingestellte „Mittelwert“ übernommen.
Abbildung 13: Einstellungen in der Dialogbox „Benutzerdefinierte Tabellen“
Die solcherart erzeugte Tabelle 11 legt eine Reihe von interessanten Befunden offen:
28
Tabelle 11: Tabelle der markenspezifischen Faktorwerte
Aufgrund der z-Standardisierung besitzen die Faktorwerte einen Mittelwert von 0
und eine Varianz von 1. Ein Faktorwert von 0 indiziert somit, dass das Objekt eine
lediglich durchschnittliche Ausprägung besitzt. Demgegenüber zeigt ein positiver
(negativer) Faktorwert an, dass das betreffende Objekt hinsichtlich des betreffenden
Faktors eine im Vergleich zu allen anderen Objekten überdurchschnittliche (unter-
durchschnittliche) Ausprägung aufweist.
Hiernach wird u.a. deutlich, dass der „BMW 320“ die höchste Sport-
lichkeitsausprägung besitzt bzw. das sportlichste Pkw-Modell darstellt. Dieser
Faktorwert ist in erster Linie auf die hohe Geschwindigkeit sowie das ausgeprägte
Beschleunigungsvermögen dieses Pkw-Modells zurückzuführen. Hinsichtlich des
ersten Faktors signalisieren u.a. die jeweils hohen positiven Faktorwerte von Volvo
und Mercedes, dass beide Pkw-Modelle als überdurchschnittlich geräumige
Fahrzeuge zu werten sind.
6.2. Ermittlung von Faktorwerten
Die Bestimmung von Faktorwerten beruht auf der Überlegung, dass sich die Matrix der
objektspezifischen Werte der standardisierten Ausgangsvariablen (Z) auf das Produkt
aus der (rotierten) Faktorladungsmatrix (A) und der Matrix von Faktorwerten (F)
zurückführen lassen, d.h. als Z = A * F ergeben (vgl. hierzu ausführlich Bortz/Schuster
2010, S. 425 ff.; Eckey/Kosfeld/Rengers 2002, S. 61 ff;.Schlittgen 2009, S. 470 ff.).
Die Berechnung von F erfolgt demnach als F = A-1
* Z. Hierbei besteht allerdings das
Problem, dass die Inversion der Faktorladungsmatrix (A-1
) nicht möglich ist, da diese
nicht quadratisch ist. Dies ist Folge des Sachverhaltes, dass die Zahl der extrahierten
Faktoren gewöhnlich geringer ist als die Menge der Ausgangsvariablen. Daher
beschreitet man einen Umweg und schätzt die Faktorwerte mit Hilfe einer multiplen,
linearen Regressionsanalyse als F = B * Z:
Dabei umfasst B die Matrix der Faktorwert-Koeffizienten. Diese entsprechen den
sog. Beta-Regressionskoeffizienten, welche Aufschluss darüber vermitteln, wie stark
die einzelnen Variablen zur Bestimmung der einzelnen Faktorwerte beitragen. Für
unser Beispiel werden die von SPSS ermittelten Faktor-Beta-Ladungen in Tabelle
12 ausgewiesen.
29
Tabelle 12: Koeffizientenmatrix der Faktorwerte
Der Faktorwert ergibt sich nun als die Summe der mit den jeweiligen Faktorwert-
Koeffizienten gewichteten z-Werte der betreffenden Variablen. Dies sei anhand der
nachfolgenden Tabelle 13 exemplarisch für den „Audi 80“ verdeutlicht: Im linken
Teil der Tabelle 13 sind die Werte der Koeffizientenmatrix aus der Tabelle 14
übertragen worden. Den Wert des Faktors 1 für die Variable „Länge“ erhält man aus
dem Produkt von Faktorwert-Koeffizienten und dem korrespondierenden z-Wert,
den man der z-standardisierten Datenmatrix entnimmt (vgl. Abbildung 4). Der z-
Wert des Merkmals „Länge“ besitzt für den Audi 80 einen Wert von – 0,236. Der
Faktor-Koeffizient des Merkmals „Länge“ hinsichtlich des Faktors 1 beträgt 0,214.
Somit erhält man für das Objekt „Audi 80“ einen Faktorwert des Merkmals „Länge“
in Höhe von - 0,05 (= 0,214 * - 0,236). Dieser Wert ist in der Spalte „Audi F1“ der
Tabelle 13 angezeigt.
Tabelle 13 : Ermittlung der Faktorwerte für „Audi 80“
Da die Faktorwerte unter Verwendung sämtlicher Variablen ermittelt werden, ist
anschließend eine analoge Berechnung für die übrigen acht Variablen vorzunehmen.
Summiert man abschließend die daraus resultierenden Werte, so erhält man für den
Audi 80 einen Faktorwert des Faktors von - 0,57. Eine analoge Vorgehensweise ist
für den Faktor 2 vorzunehmen, für den sich ein Wert von - 1,04 ergibt.
Koeffizientenmatrix Faktorwerte
Variable Faktor 1 Faktor 2 Audi "F1" Audi "F2"
Länge 0,214 -0,054 -0,050 0,013
Breite 0,241 -0,156 0,001 -0,001
Höhe 0,191 -0,007 -0,167 0,006
Gewicht 0,184 0,020 -0,225 -0,024
PS -0,017 0,269 0,020 -0,318
Hubraum 0,087 0,169 -0,105 -0,205
Geschwindigkeit -0,103 0,329 0,102 -0,324
Beschleunigung 0,094 -0,310 0,068 -0,223
Verbrauch 0,220 -0,043 -0,208 0,040
Faktorwert -0,57 -1,04
30
6.3. Objektrepräsentation im Faktorraum
Eine besonders anschauliche Form des Wettbewerbervergleiches lässt sich durch die
Erstellung eines Faktorraumes auf der Grundlage der betreffenden Faktorwerte
herbeiführen. Hierzu geht man mittels SPSS wie folgt vor:
1) Wählen Sie das Menü „Grafik/Alte Dialogfelder/Streu- Punktdiagramm...“. Hierauf
wird die Dialogbox „Streudiagramm“ geöffnet.
► Klicken Sie dort auf die Schaltfläche „Einfach“ und anschließend auf den Schalter
„Definieren“. Es öffnet sich die Dialogbox „Einfaches Streudiagramm“ (vgl.
Abbildung 14).
► Übertragen Sie dort die Variable „Geräumigkeit“ in das Feld „x-Achse“, ferner
die Variable „Sportlichkeit“ in das Feld „y-Achse“ und schließlich die Variable
„Marke“ in die Gruppe „Fallbeschriftung“.
► Bestätigen Sie Ihre Einstellungen mit „OK“.
Abbildung 14: Dialogbox „Einfaches Streudiagramm“
2) Darauffolgend erscheint die Grafik nun im SPSS Viewer. Klicken Sie mit der linken
Maustaste doppelt auf eine beliebige Stelle der Grafik und überführen Sie diese
dadurch in den Grafik-Editor. Wählen Sie dort das Menü „Diagramme/Optionen...
hierauf wird die Dialogbox “Optionen für Streudiagramme“ geöffnet:
► Klicken Sie dort auf die Schaltfläche „Fallbeschriftungen“ und wählen Sie die
Option „Ein“. Bestätigen Sie mit „OK“. Hierauf wird die Punktwolke mit den
betreffenden Markennamen versehen.
► Klicken Sie mit der linken Maustaste die Achse „Sportlichkeit“ an und wählen
das Menü „Diagramme/Bezugslinie...“ Hierauf wird die Dialogbox “Bezugslinie
für Skalenachse“ geöffnet. Tragen Sie dort in der Gruppe „Position der Line (n)“
den Wert „0“ ein, klicken Sie ferner anschließend auf „Hinzufügen“ und
abschließend auf „OK“. Verfahren Sie in analoger Weise für die Achse
„Geräumigkeit“.
31
Geräumigkeit (Faktorwerte)
2,01,51,0,50,0-,5-1,0-1,5-2,0
Sport
lichkeit
(Fakto
rwert
e)
3
2
1
0
-1
-2
-3
Volvo 244
VW Passat
Simca
Renault 20
Peugeot 244Opel Rekord
Mercedes 200
Ford Taunus
Fiat 131
Citroen GSX
BMW 320
Audi 80
Abbildung 15: Leistungsraum von Pkw-Modellen
Die gewählten Einstellungen führen zu dem in Abbildung 15 veranschaulichten
Faktorraum, der im Kontext der Leistungspositionierung auch als Leistungsraum
(performance space) bezeichnet wird (vgl. Müller 1997). Diesem können die folgenden
Wettbewerbsaspekte entnommen werden:
Wettbewerbsposition: Die Wettbewerbsposition eines Objektes signalisiert dessen
Wettbewerbsstärke im Vergleich zur Konkurrenzangeboten und kommt grafisch
durch die Lage auf den jeweiligen Raumdimensionen zum Ausdruck. Wie bereits im
Zusammenhang mit der Interpretation von Faktorwerten erwähnt, nimmt beispiels-
weise der „BMW 320“ in der Sportlichkeitsdimension die höchste Leistungsposition
ein; während dieser in der Geräumigkeitsdimension eine geringfügig unter-
durchschnittliche Ausprägung besitzt. Demgegenüber ist dem „Ford Taunus“ ein
„Sportlichkeitsdefizit“ zu bescheinigen.
Konkurrenzintensität: Ferner vermitteln die räumlichen Distanzen zwischen den
Objekten einen Eindruck von der technologischen Wettbewerbsintensität, die umso
größer (geringer) ist, je näher (weiter) die Objekte voneinander platziert sind. So
befinden sich etwa der DB 200 und der Volvo 244 in einer ausgeprägten
Konkurrenzbeziehung hinsichtlich der Geräumigkeitsdimension zueinander.
Zur quantitativen Berechnung von Distanzen kann bei metrischen Variablen z.B.
auf die Euklidische Distanz zwischen zwei Objekten zurückgegriffen werden. Diese
ergibt sich als die Quadratwurzel aus der Summe der quadrierten Differenzen
zwischen den Variablenausprägungen der beiden betrachteten Objekte. Hiernach
ergibt sich die Euklidische Distanz beispielsweise zwischen den beiden Objekten
BMW und Passat als:
2 2
/ ( 0,82 1,27) (2,08 0,58) 1,45BMW Passatd
32
In SPSS können diese mit Hilfe des Menüs „Analysieren/Korrelation/Distanzen“
berechnet werden, so dass wir für unser Beispiel die in Tabelle 14 angezeigte
Distanzmatrix erhalten. Hiernach weist die Euklidische Distanz zwischen dem DB
200 und dem Volvo 244 einen Wert von 0,144 auf.
Tabelle 14: Distanzmatrix der Beispieldaten auf Basis von Faktorwerten
Marktlücken: Schließlich signalisieren unbesetzte Marktfelder das Vorhandensein
von Marktlücken, die durch das Angebot neuer Produktkonzepte (im Beispiel: etwa
Minivans, Kombimodelle) angesprochen werden könnten.
Die zuvor gewonnenen Ergebnisse legen weiterhin Anhaltspunkte für vertiefende
Fragestellungen offen, denen im Rahmen einer integrierten Datenanalyse
nachgegangen werden könnte. So lässt sich z.B. mittels einer Clusteranalyse
untersuchen, ob bestimmte Pkw-Modelle anhand ihrer jeweiligen Faktorwerte zu
strategischen Wettbewerbergruppen zusammengefasst werden können, etwa zur Gruppe
der „Anbieter von geräumigen Pkws“ (vgl. Müller 2015a). Schließlich könnte mit Hilfe
einer Diskriminanzanalyse überprüft werden, ob sich mögliche Wettbewerbergruppen
signifikant voneinander unterscheiden und welchem Faktor hierbei der größte Einfluss
auf die Gruppentrennung zukommt (vgl. Müller 2015b).
7. Fallbeispiele aus der Marketingpraxis
Abschließend sollen ausgewählte Beispiele aus der Anwendungspraxis des Verfassers
skizziert werden. Diese knüpfen an den eingangs angesprochenen faktoranalytischen
Einsatzfeldern im Marketing an und betreffen exemplarisch die
Dimensionalität von Botschaftsinhalten in der Marktkommunikation,
Wettbewerbspositionierung von Flughäfen,
Marktpositionierung regionaler Möbelhäuser,
Wettbewerbsanalyse in der Bauindustrie.
Eine methodische Grundüberlegung bei der Durchführung faktoranalytischer
Marktstudien betrifft die auszuwertende Datenmatrix. In empirischen Studien liegen im
Gegensatz zum vorstehenden Demonstrationsbeispiel gewöhnlich keine zwei-
dimensionalen Datenstrukturen, sondern dreidimensionale Datenmatrizen vor.
Dreidimensionale Datenstrukturen können wie - z.B. in den nachfolgenden Praxisfällen
Näherungsmatrix
,000
3,128 ,000
,698 3,250 ,000
1,433 1,697 1,609 ,000
,715 3,736 1,233 2,071 ,000
2,431 3,177 3,103 2,382 2,368 ,000
1,458 2,776 2,116 1,553 1,535 ,991 ,000
1,578 2,712 2,226 1,567 1,671 ,899 ,136 ,000
2,443 1,747 2,921 1,540 2,781 1,449 1,359 1,24 ,000
1,000 2,193 1,410 ,596 1,544 1,964 1,037 1,08 1,511 ,000
1,761 1,568 1,717 ,559 2,455 2,931 2,111 2,13 1,961 1,120 ,000
2,299 3,072 2,967 2,240 2,260 ,144 ,853 ,757 1,360 1,820 2,791 ,000
Audi
BMW
Citroen
Fiat
Ford
Mercedes
Opel
Peugeot
Renault
Simca
Passat
Volv o
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Euklidisches Distanzmaß
Dies ist eine Unähnlichkeitsmatrix
33
- dadurch gekennzeichnet sein, dass diese eine Beurteilung von n Personen bezüglich k
Objekten anhand von m Bewertungsmerkmalen umfassen. Zur Auswertung solcher
Datensätze mittels einer Faktorenanalyse ist eine Überführung in eine zweidimensionale
Datenmatrix erforderlich, wobei mehrere Optionen zur Verfügung stehen (vgl.
Backhaus et. al. 2011, S. 321). Den nachfolgenden empirischen Beispielen liegt jeweils
das Konzept der Durchschnittsbildung über Personen zugrunde, bei welchem die
auszuwertende Datenmatrix eine für eine durchschnittliche Person zutreffende Objekte-
Variablen-Matrix darstellt.
7.1. Dimensionalität von Botschaftsstilen der Marktkommunikation
Im Rahmen einer Studie zur zukünftigen Gestaltung der Marktkommunikation wurde
auf Basis einer Stichprobe von 300 Experten aus der Unternehmenspraxis der Frage
nachgegangen, welche Bedeutung bestimmten Botschaftsstilen beigemessen wird. Die
Skalierung der Bedeutsamkeit erfolgte mittels einer vierstufigen Ratingskala mit den
Werten 1 = sehr wichtig,...,.4 = vollkommen unwichtig.
Ein erster Auswertungsschritt bestand darin, zunächst einen Überblick über die
Bedeutung von Botschaftselementen mit Hilfe eines Mittelwert-Profils zu erhalten.
Dieses ist in der nachstehenden Abbildung 16 veranschaulicht und zeigt u.a., dass
insbesondere jene Botschaftsgestaltung, die darauf ausgerichtet ist, „Vertrauen zu
schaffen“, „sachlich richtig zu informieren“ oder „überzeugend und begründend zu
argumentieren“ eine gewichtige Rolle zukommt.
Abbildung 16: Bedeutung von Botschaftsinhalten in der Marktkommunikation
Der Katalog von elf verschiedenen Botschaftselementen der Kommunikation legt den
Schluss nahe, dass die Elemente nicht unabhängig voneinander sind. So ist beispiels-
weise zu vermuten, dass sich die Elemente „Vertrauen zu schaffen“ oder „sachlich
richtig zu informieren“ auf eine gemeinsame Hintergrundvariable zurückführen lassen,
34
welche die kognitiven Zielsetzungen der Kommunikation in sich vereinigt. An dieser
Überlegung setzte die Durchführung einer Faktorenanalyse an, wobei die
Faktorextraktion mittels des Hauptkomponentenverfahrens erfolgte. Dieses erbrachte
das in der (rotierten) Faktorladungsmatrix der Tabelle 15 angeführte Ergebnis.
Zur inhaltlichen Umschreibung der zunächst unbenannten Dimensionen werden die in
den Zellen der Tabelle angeführten sog. Faktorladungen herangezogen (Faustregel zur
Faktorinterpretation: Ladung größer gleich 0,5). An der absoluten Größe einer
Faktorladung lässt sich nunmehr der Zusammenhang zwischen einem Botschafts-
element und einer Dimension ablesen. So korreliert z.B. das Botschaftselement
„sachlich richtig zu informieren“ in hohem Maße mit dem Faktor 1 „informative
Kommunikation“ (Faktorladung: 0,74), aber nur vergleichsweise schwach mit dem
Faktor 3 „emotionale Kommunikation“, so dass dieses Botschaftselement der
Dimension „informative Kommunikation“ zugeordnet wird.
Tabelle 15: Faktorladungsmatrix bezüglich kommunikativer Botschaftselemente
Die extrahieren Faktoren können als spezifische Botschaftsstile interpretiert werden:
„Informative Kommunikation“: Dieser Kommunikationsstil setzt sich aus den
Botschaftselementen „sachlich richtig zu informieren“, „schnell und aktuell zu
kommunizieren“, „überzeugend argumentieren und begründen“, „authentisch und
glaubwürdig zu sein“ sowie „Vertrauen zu schaffen“. Das gemeinsame inhaltliche
Bindeglied zwischen diesen Botschaftsmerkmalen stellen offenkundig jene
Botschaftsformen dar, die eine sachliche, primär rational begründende sowie
kognitiv nachvollziehbare Informationsvermittlung beinhalten, so dass wir diese
Dimension als „informative Kommunikation “ bezeichnen.
Varimax-rotierte Faktorenmatrixa,b
,740 -2,333E-02 5,290E-02
,653 7,774E-02 ,177
,787 ,193 -9,229E-03
,738 ,129 6,568E-02
,651 8,515E-02 ,371
4,097E-02 ,146 ,824
,368 ,195 ,616
,174 ,533 ,369
,111 ,778 ,255
,131 ,777 -,205
6,842E-03 ,736 ,293
sachlich richtig zuinformieren
schnell und aktuell zukommunizieren
überzeugendargumentieren und
begründen
authentisch undglaubw ürdig zu sein
Vertrauen zu schaffen
Emotionen auszulösen
Menschen zu motivieren
Ethische Werte zuvermitteln
GesellschaftlichesEngagement zu zeigen
Natur- undUmw eltor ientierung zu
zeigen
Kulturelle Kompetenz zudemonstrieren
informative Kommunikation
sozio-kulturelleKommunikation
emotionaleKommunikation
Dimension
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalysea.
erklärte Gesamvarianz: 60%b.
35
„Sozio-kulturelle Kommunikation“: Mit dieser Dimension korrelieren die
Botschaftselemente „Ethische Werte zu vermitteln“, „Gesellschaftliches Engagement
zu zeigen“, „Natur- und Umweltorientierung zu zeigen“ sowie „Kulturelle
Kompetenz zu vermitteln“. Diese Merkmale knüpfen am sozio-kulturellen Kontext
der Botschaftsempfänger an, so dass es schlüssig erscheint, diesen Kommunikations-
stil mit dem Begriff “sozio-kulturelle Kommunikation“ zu kennzeichnen.
„Emotionale Kommunikation“: Dieser Kommunikationsstil vereinigt jene
Botschaftselemente, die vornehmlich emotionale Botschaftselemente verkörpern, d.h.
„ Emotionen auslösen“ sowie „Menschen zu motivieren“.
Um kommunikationspolitische Maßnahmen zielwirksam und fokussiert formulieren zu
können, ist ferner das jeweilige Urteilsgewicht der drei Dimensionen von Relevanz
(vgl. Müller 1996). Die methodische Vorgehensweise zur Ermittlung der relativen
Bedeutungsgewichte knüpft an einem Vergleich der erklärten Varianzanteile an. In der
vorstehenden Faktorladungstabelle weist z.B. die Ladung von Faktor 1 auf die Variable
„sachlich richtig informieren“ den Wert 0,74 auf. Hieraus resultiert ein sog.
Bestimmtheitsmaß von (0,74)2 = 0,55, was wiederum bedeutet, dass die Varianz dieser
Variablen zu 55 % durch den Faktor 1 erklärt wird. Überträgt man diese Überlegungen
auf sämtliche betrachteten Variablen, dann sind der nachstehenden Tabelle 16 folgende
Informationen entnehmbar:
Erklärte Gesamtvarianz
34,000 34,000
16,000 50,000
10,000 60,000
Faktor
infomativeKommunikation
sozio-kulturelleKommunikation
emotionaleKommunikation
% der Varianz Kumulierte %
Quadrierte Faktorladungen
Extraktionsmethode: Hauptkom ponentenanalyse.
Tabelle 16: Erklärte Varianzanteile von Faktoren
Faktor 1 erklärt 34% der Gesamtvarianz in Höhe von 60%. Somit besitzt dieser
Faktor einen relativen Erklärungsanteil bzw. ein relatives Bedeutungsgewicht von 57
% (= 34/60 * 100). In analoger Weise lassen sich die relative Gewichte der beiden
anderen Faktoren bestimmen.
Demnach ist die Bedeutungsstruktur der Kommunikationsstile in der betrieblichen
Praxis dadurch gekennzeichnet, dass einer informativen Kommunikation der größte
Stellenwert zukommt, gefolgt von einer „sozio-kulturellen Kommunikation“
(Bedeutungsanteil: 27%) und abgerundet durch eine „emotionale Kommunikation“
(Bedeutungsanteil: 16%).
Die faktoranalytischen Befunde können abschließend in einer Gesamtdarstellung
zusammengefasst werden, in welcher einerseits die verschiedenen Botschaftselementen
den betreffenden Kommunikationsstilen zugeordnet und andererseits die
Bedeutungsstruktur der Kommunikationsstile angezeigt wird (vgl. Abbildung 17).
36
Abbildung 17: Botschaftselemente und Bedeutungsstruktur von Kommunikationsstilen
7.2. Imageanalyse von Flughäfen in NRW
Für den Aufbau und die Stabilisierung von Marktanteilen ist im Flughafenmarketing das
Buchungsverhalten von Reisebüros von zentralem Stellenwert. Gemäß der verhaltens-
wissenschaftlich fundierten sog. Markenwahlhypothese, nach die Präferenz die zentrale
Determinante des Produkterwerbs bildet (vgl. Müller 1997a), stellt sich Flughäfen daher
die grundlegende Aufgabe, im Meinungsspiegel von Reisebüros einen einzigartigen
Wettbewerbsvorteil zu verankern. Vor diesem Hintergrund war der Verfasser damit
beauftragt, eine Imageanalyse für in NRW beheimatete Flughäfen durchzuführen und
hieraus Ansatzpunkte zur Gestaltung eines präferenzstarken, wettbewerbsüberlegenen
Marketing-Mix herauszuschälen.
Der methodische Aufbau der Untersuchung folgt einer systematischen Analyse-
konzeption, die sich in den Projekten des Verfassers bewährt hat (vgl. Abbildung 18).
Im betreffenden Flughafenprojekt wurde in einer Vorstudie ein Katalog von
Imagemerkmalen erarbeitet und auf seine Präferenzbedeutung für das
Buchungsverhalten von Reisebüros hin untersucht. Das Resultat dieses Analyseschritts
bildete die Festlegung von zehn präferenzrelevanten Imagemerkmalen, die in der
Hauptstudie einer Zufallsstichprobe von 580 Reisebüros mit Sitz im Ruhrgebiet zur
Bewertung vorgelegt wurden. Als Messinstrument diente eine fünfstufige
Qualitätsskala, welche den Wertebereich von 1 = sehr gut,..., 5 = mangelhaft, umfasste.
Neben der Bewertung realer Flughäfen wurden die Auskunftspersonen ferner gebeten,
die Merkmalsausprägungen eines fiktiven, idealen Flughafens zu spezifizieren. In jenen
37
Fällen, bei denen sowohl reale als auch ideale Beurteilungsobjekte in einem Marktraum
positioniert werden, spricht man von einem gemeinsamen Raum („Joint Space“).
Abbildung 18: Verfahrensablauf einer empirisch-statistischen Positionierungsstudie
Im Zuge einer Faktorenanalyse (Hauptkomponentenmethode) wurde der in Abbildung
19 veranschaulichte zweidimensionale Faktorraum erzeugt (erklärte Gesamtvarianz: 78
%). Die Imagebeurteilung seitens Reisebüros unterliegt demnach zwei Dimensionen, die
als „Komfort“ bzw. „Leistungsangebot“ beschrieben wurden. Für den Flughafen
“Düsseldorf“ ist z.B. festzustellen, dass dieser aus Sicht der Reisebüros zwar ein
wettbewerbsüberlegenes Leistungsangebot gewährt, jedoch bezüglich des Komforts
gewisse Defizite aufweist. Ein umgekehrtes Bild vermittelt die Bewertung des
Flughafens „Münster-Osnabrück“. Dieser besitzt Wettbewerbsnachteile bezüglich des
Leistungsangebotes und Wettbewerbs-vorteile hinsichtlich der Komfortdimension. Zur
Verbesserung einer Wettbewerbsposition empfiehlt sich eine Repositionierung in
Richtung des „idealen Flughafens“, denn je geringer die Distanz zwischen einer realen
Marktposition und dem fiktiven Ideal ist, desto größer ist die Buchungs-
wahrscheinlichkeit des betreffenden Flughafens. Die konkrete Ausgestaltung des
relevanten Marketing-Mix ist dabei von der jeweiligen Marktdimension abhängig. So
ist z.B. eine Verbesserung des Komforteindrucks u.a. durch ein größeres
Parkplatzangebot möglich.
38
Abbildung 19: Faktoranalytischer Joint Space von Flughäfen
7.3. Wettbewerbspositionierung von Möbelhäusern
In methodisch vergleichbarer Weise wurden in einem regionalen Möbelmarkt die
Wettbewerbspositionen von Möbelhäusern untersucht. Auf der Basis von dreizehn
relevanten Merkmalen der Einkaufsstättenwahl, die einer Zufallsstichprobe von 200
privaten Nachfragern eines Möbelhauses mittels einer fünfstufigen Qualitätsskala zur
Bewertung vorgelegt wurden, erbrachte eine Hauptkomponentenanalyse das in der
Tabelle 17 sowie in der Abbildung 20 dargestellte Ergebnis (erklärte Gesamtvarianz: 89
%).
Tabelle 17: Rotierte Faktorladungsstruktur
39
Die Einkaufsstättenbewertung privater Möbelnachfrager unterliegt demzufolge zwei
Dimensionen, die als „Wirtschaftlichkeit“ und „Leistungsangebot“ gekennzeichnet
wurden. Der auf Basis von Faktorwerten erstellte Marktraum, in welchem reale
Möbelhäuser und ein fiktives, ideales Möbelhaus positioniert sind, lässt recht
anschaulich erkennen, dass z.B. IKEA bezüglich der Wirtschaftlichkeitsdimension eine
wettbewerbsüberlegene Marktposition einnimmt, während im Hinblick auf das
Leistungsangebot eine gewisse Distanz zum „Ideal“ besteht bzw. Defizite vorliegen.
Aus diesen Informationen können unmittelbare Ansatzpunkte zur Gestaltung des
Marketing-Mix gewonnen werden (vgl. hierzu ausführlich Freter 2008, S. 256 ff.):
Durch kommunikationspolitische Maßnahmen können jene Eigenschaften, bei
denen eine Unternehmung besonders gut abschneidet bzw. eine
wettbewerbsüberlegene Marktposition einnimmt, kommunikativ hervorgehoben
werden.
Mit Hilfe von produkt-, vertriebs- oder personalwirtschaftlichen Maßnahmen kann
die aktuelle Marktposition in Richtung der Idealvorstellungen der Zielgruppen
verändert, d.h. umpositioniert werden.
Schließlich kann versucht werden, die Art, die Anzahl und /oder das Beurteilungs-
gewicht der kaufrelevanten Merkmale umzustrukturieren. Dieser Positionierungs-
ansatz ist allerdings überaus schwierig durchzusetzen und erfolgt daher gewöhnlich
im Rahmen einer Neueinführung von Produkten.
Abbildung 20: Joint Space eines regionalen Möbelmarktes
-2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0
Leistungsangebot
-2,0
-1,0
0,0
1,0
2,0
Wir
tsc
ha
ftli
ch
ke
it
Zurbrüggen
Ostermann
Turflon
IKEA
IDEAL
40
7.4. Bauunternehmen im Meinungsspiegel gewerblicher Nachfrager
Im Rahmen einer Kaufverhaltensanalyse gewerblicher Nachfrager von Bauprojekten
sollte u.a. untersucht werden, welche Faktoren das Auftragsvergabeverhalten
determinieren und welche Wettbewerbsvorteile bzw. -nachteile eine ausgewählte
Gruppe von Bauunternehmen im Meinungsspiegel der gewerblichen Bauträger.
einnehmen. Die relevanten Daten wurden mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens,
der neben Fragen zum Informationsverhalten, zur Kundenzufriedenheit oder zur
Unternehmensbekanntheit, zwei spezielle Fragenblöcke zur Erfassung der
Bedeutsamkeit von fünfzehn Auftragsvergabekriterien sowie der Wettbewerbsposition
ausgewählter Bauunternehmen enthielt (vgl. Abbildung 21).
Abbildung 21: Fragenblöcke zur Marktpositionierung (Auszug)
41
Die faktoranalytische Datenauswertung auf der Grundlage einer Zufallsstichprobe von
65 gewerblichen Nachfragern erbrachte den in der Abbildung 22 veranschaulichten sog.
Joint Space (erklärte Gesamtvarianz = 95%).
Abbildung 22: Joint Space auf Basis von Auftragsvergabekriterien gewerblicher Baunachfrager
Die beiden extrahierten (varimax-rotierten) Marktdimensionen werden durch
unterschiedliche Gruppen von Auftragsvergabekriterien geprägt. Auf Faktor I, der
einen relativen Gesamtvarianzanteil von 70% erklärt, laden insbesondere die
Kriterien Termingarantie, Bauausführungsqualität, Kundenbetreuung, Projektpreise
sowie der Mitarbeiterleistung (z.B. Kompetenz, Verfügbarkeit) von Bauunternehmen
hoch. Demgegenüber korreliert Faktor II mit den Kriterien Unternehmensgröße,
Wertschöpfungstiefe und Dienstleistungsangebot von Bauunternehmen.
Das Leistungsangebot der betrachteten Bauunternehmen wird den erwünschten
Leistungsausprägungen der Nachfrager (Premium-IDEAL) in lediglich begrenztem
Maße gerecht.
Das Spektrum relevanter Marketingaktivitäten zur Verbesserung der
unternehmerischen Marktposition umfasste für die betrachteten Bauunternehmen u.a.
die Wettbewerbsstrategie (z.B. die der Übergang von einer Volumenanbieter- zur
Premiumanbieterstrategie) Markenpolitik (z.B. ein Wechsel von der Dachmarken-
zur Familienmarkenstrategie), die Erweiterung des Dienstleistungsangebotes, die
Weiterbildung von Verkaufsmitarbeitern, die Ergänzung der Online-Kommunikation
sowie ein Kundenbeziehungscontrolling (z.B. Messung der Kundenzufriedenheit, -
Bindung).
42
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