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VC Magazin Das Portal für Investoren & Entrepreneure http://www.vc-magazin.de Interview mit Dr. Paul-Josef Patt und Dirk Kohlen, eCapital Von Benjamin Heimlich VC Magazin: Die Energiewende führt zu immer neuen Ideen im Cleantech-Bereich. Welche Branchen sind für Sie aktuell besonders interessant? Patt: Wir konzentrieren uns aktuell auf fünf Bereiche: Zum einen sind wir nach wie vor im Segment der regenerativen Energien aktiv und können hier auf attraktive Portfoliounternehmen wie beispielsweise Heliatek oder Smart Hydro Power verweisen. Darüber hinaus investieren wir im Bereich neue Materialien, dort sind wir unter anderem an Novaled beteiligt, sowie in die Themen Smart Grid und Smart Home, hier sind wir beispielsweise bei Prosol eingestiegen, die unter der Marke Sonnenbatterie dezentrale Stromspeicher anbietet. Darüber hinaus interessieren wir uns stark für alles, was mit ressourcenschonenden Verfahren zu tun hat. In diesem Zusammenhang konnten wir erst vor wenigen Wochen das Engagement unseres Cleantech-Fonds bei saperatec bekannt geben. Last, but not least gibt es eine ganze Reihe von neuen und kreativen Geschäftsmodellen, bei denen wir uns engagieren, wie beispielsweise Greenergetic. VC Magazin: Welche Segmente haben enttäuscht? Kohlen: Sicher haben sich viele Investoren von der Fotovoltaik-Industrie etwas ganz anderes versprochen. Ob das aktuelle Kräftemessen zwischen Technologie auf der einen Seite und Industrialisierung – insbesondere in China – auf der anderen Seite letztlich aber zugunsten der technologieorientierten Investitionen ausgehen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Was sich neben der Fotovoltaik weiterhin schwierig entwickelt, sind vor allem Themen rund um Wassertechnologien, da deren Märkte im Wesentlichen in Schwellenländern liegen, in denen sich Markteintritt und Marktzugang zumeist schwierig gestalten. VC Magazin: Welche Herausforderungen stellen sich hier vor allem und wie können Investoren bei deren Bewältigung helfen? Kohlen: Da es meist um Projekte mit der öffentlichen Hand geht, müssen die Unternehmen lange Vertriebszyklen hinnehmen, was in der Regel eine hohe Liquidität in den Firmen voraussetzt. Dazu kommt, dass es in der Regel ohne lokale Partner in den entsprechenden Ländern nicht möglich ist, mithilfe von Public Private Partnerships zu attraktiven Abschlüssen zu kommen. Patt: Als Deutsche haben wir allerdings den Vorteil, dass wir einen sehr attraktiven, heimischen Cleantech-Markt haben. Bezogen auf die relative Größe (also den Umsatz mit Cleantech bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt) nimmt Deutschland laut den Zahlen von 2012 weltweit die dritte Position ein: nur die Nummer zwei China und die Nummer eins Dänemark liegen hier vor Deutschland. Weltweit gibt es daher Märkte, die an innovativen Technologien und Teams aus Deutschland interessiert sind. Prinzipiell stehen Cleantech-Unternehmen aber vor denselben Herausforderungen wie jedes andere Unternehmen auch, das sich ausländische Märkt erschließen will, also neben eher soften Faktoren wie Sprache, Kultur etc. auch harte Faktoren wie den Aufbau lokaler Lieferanten, des lokalen Vertriebs etc. zu meistern. Der Investor kann dem Unternehmen hier wertvolle Beiträge über sein Netzwerk und eigene Projekterfahrungen liefern. VC Magazin: Viele Venture Capital-Gesellschaften haben klare Vorstellungen, in welchen Unternehmensphasen sie investieren. In welchen Phasen ist eCapital aktiv? Patt: Mit unseren beiden Gründerfonds investieren wir ausschließlich im Seed-Bereich. Beim Cleantech-Fonds konzentrieren wir uns aktuell stärker auf spätere Phasen, da man Seed-Investments am besten am Anfang der Investitionsperiode eingeht und nicht am Ende. Das ist eine typische Fonds-Investitionsstrategie. VC Magazin: Den Cleantech-Fonds hat eCapital vor etwas mehr als zwei Jahren mit einem Volumen von 52 Mio. EUR geschlossen. Wo steht der Fonds derzeit? Patt: Im letzten Jahr sind wir sechs neue Investments eingegangen – davon fünf reine Cleantech-Fälle – und waren damit laut Marktbeobachtern der aktivste Player im diesem Bereich. Ähnliches haben wir dieses Jahr wieder vor: Wir haben uns vorgenommen, aktiv zu investieren, das heißt drei oder mehr reine Cleantech-Beteiligungen einzugehen. Aktuell steht uns noch mehr als die Hälfte der Mittel zur Verfügung, und nachdem wir bei vielen anderen Venture Capital-Gesellschaften starke Zurückhaltung sehen, sind wir der Meinung, dass jetzt die Zeit ist, in der wir investieren sollten. Im Januar waren wir schon mit der ersten Beteiligung beim Notar und sind sehr © Copyright - GoingPublic Media AG

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VC MagazinDas Portal für Investoren & Entrepreneurehttp://www.vc-magazin.de

Interview mit Dr. Paul-Josef Patt und Dirk Kohlen, eCapital

Von Benjamin Heimlich

VC Magazin: Die Energiewende führt zu immer neuen Ideen im Cleantech-Bereich. Welche Branchen sindfür Sie aktuell besonders interessant?Patt: Wir konzentrieren uns aktuell auf fünf Bereiche: Zum einen sind wir nach wie vor im Segment derregenerativen Energien aktiv und können hier auf attraktive Portfoliounternehmen wie beispielsweise Heliatek oderSmart Hydro Power verweisen. Darüber hinaus investieren wir im Bereich neue Materialien, dort sind wir unteranderem an Novaled beteiligt, sowie in die Themen Smart Grid und Smart Home, hier sind wir beispielsweise beiProsol eingestiegen, die unter der Marke Sonnenbatterie dezentrale Stromspeicher anbietet. Darüber hinausinteressieren wir uns stark für alles, was mit ressourcenschonenden Verfahren zu tun hat. In diesemZusammenhang konnten wir erst vor wenigen Wochen das Engagement unseres Cleantech-Fonds bei saperatecbekannt geben. Last, but not least gibt es eine ganze Reihe von neuen und kreativen Geschäftsmodellen, beidenen wir uns engagieren, wie beispielsweise Greenergetic.

VC Magazin: Welche Segmente haben enttäuscht?Kohlen: Sicher haben sich viele Investoren von der Fotovoltaik-Industrie etwas ganz anderes versprochen. Ob dasaktuelle Kräftemessen zwischen Technologie auf der einen Seite und Industrialisierung – insbesondere in China –auf der anderen Seite letztlich aber zugunsten der technologieorientierten Investitionen ausgehen wird, ist derzeitnoch nicht absehbar. Was sich neben der Fotovoltaik weiterhin schwierig entwickelt, sind vor allem Themen rundum Wassertechnologien, da deren Märkte im Wesentlichen in Schwellenländern liegen, in denen sich Markteintrittund Marktzugang zumeist schwierig gestalten.

VC Magazin: Welche Herausforderungen stellen sich hier vor allem und wie können Investoren bei derenBewältigung helfen?Kohlen: Da es meist um Projekte mit der öffentlichen Hand geht, müssen die Unternehmen lange Vertriebszyklenhinnehmen, was in der Regel eine hohe Liquidität in den Firmen voraussetzt. Dazu kommt, dass es in der Regelohne lokale Partner in den entsprechenden Ländern nicht möglich ist, mithilfe von Public Private Partnerships zuattraktiven Abschlüssen zu kommen.Patt: Als Deutsche haben wir allerdings den Vorteil, dass wir einen sehr attraktiven, heimischen Cleantech-Markthaben. Bezogen auf die relative Größe (also den Umsatz mit Cleantech bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt)nimmt Deutschland laut den Zahlen von 2012 weltweit die dritte Position ein: nur die Nummer zwei China und dieNummer eins Dänemark liegen hier vor Deutschland. Weltweit gibt es daher Märkte, die an innovativenTechnologien und Teams aus Deutschland interessiert sind. Prinzipiell stehen Cleantech-Unternehmen aber vordenselben Herausforderungen wie jedes andere Unternehmen auch, das sich ausländische Märkt erschließen will,also neben eher soften Faktoren wie Sprache, Kultur etc. auch harte Faktoren wie den Aufbau lokaler Lieferanten,des lokalen Vertriebs etc. zu meistern. Der Investor kann dem Unternehmen hier wertvolle Beiträge über seinNetzwerk und eigene Projekterfahrungen liefern.

VC Magazin: Viele Venture Capital-Gesellschaften haben klare Vorstellungen, in welchenUnternehmensphasen sie investieren. In welchen Phasen ist eCapital aktiv?Patt: Mit unseren beiden Gründerfonds investieren wir ausschließlich im Seed-Bereich. Beim Cleantech-Fondskonzentrieren wir uns aktuell stärker auf spätere Phasen, da man Seed-Investments am besten am Anfang derInvestitionsperiode eingeht und nicht am Ende. Das ist eine typische Fonds-Investitionsstrategie.

VC Magazin: Den Cleantech-Fonds hat eCapital vor etwas mehr als zwei Jahren mit einem Volumen von 52Mio. EUR geschlossen. Wo steht der Fonds derzeit?Patt: Im letzten Jahr sind wir sechs neue Investments eingegangen – davon fünf reine Cleantech-Fälle – undwaren damit laut Marktbeobachtern der aktivste Player im diesem Bereich. Ähnliches haben wir dieses Jahr wiedervor: Wir haben uns vorgenommen, aktiv zu investieren, das heißt drei oder mehr reine Cleantech-Beteiligungeneinzugehen. Aktuell steht uns noch mehr als die Hälfte der Mittel zur Verfügung, und nachdem wir bei vielenanderen Venture Capital-Gesellschaften starke Zurückhaltung sehen, sind wir der Meinung, dass jetzt die Zeit ist,in der wir investieren sollten. Im Januar waren wir schon mit der ersten Beteiligung beim Notar und sind sehr

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zuversichtlich, was den weiteren Verlauf 2013 angeht.

VC Magazin: Viele Cleantech-Investoren wenden sich in letzter Zeit der Projektfinanzierung zu. Wasbedeutet das für Sie als Venture Capital-Gesellschaft, die nach wie vor in Unternehmen investiert?Kohlen: Gerade im Bereich junger Unternehmen, deren neue Technologien sich noch im Prototypen-Statusbefinden, also noch nicht kommerziell getestet wurden, sind die ersten Finanzierungen oft auf den Meilenstein hinausgerichtet, dass das Unternehmen erste große Projekte realisiert. In diesen Projekten sollte das Unternehmendann nachweisen, dass erstens die Technologie wie geplant funktioniert und dass sie es zweitens auch zu denerwarteten Kosten tut, sodass eine Industrialisierung der Technologie auch kommerziell erfolgreich sein kann.Durch diese inhaltliche Ausrichtung der Finanzierung in Frühphasen ist der Unterschied zwischen Projekt- undUnternehmensfinanzierungen meist nicht so groß, wie es von außen den Anschein hat. ReineProjektfinanzierungen kommen jedoch für uns nicht infrage, da wir als Technologie-Investor an einer längerfristigenPerspektive zur Wertsteigerung mit dem Unternehmen interessiert sind.Patt: Viele Investoren suchen derzeit leider eher die vermeintlich sichere Rendite in Projektfinanzierungen, da hierdie Ausfallquoten deutlich geringer sind als bei Beteiligungen an Jungunternehmen. Das ist natürlich für denCleantech-Standort Deutschland nicht gut, da wir in diesem Bereich ohnehin zu wenige aktive Finanzinvestorenverzeichnen.

VC Magazin: Ihr Portfoliounternehmen Heliatek stellte Anfang 2013 einen neuen Wirkungsgrad-Weltrekordim Bereich der organischen Solarzellen auf. Hat organische Fotovoltaik das Potenzial, die zuletztstrauchelnde Solarbranche aus der Krise zu führen?Patt: Es ist bahnbrechend, was Heliatec anbietet, die Effizienzklasse ist weltweit einmalig. Durch diesemitransparenten Folien werden völlig neue Anwendungen entstehen, beispielsweise gebäudeintegrierteFotovoltaik, bei der zum Beispiel die Fensterfronten von Bürogebäuden zur Energieerzeugung genutzt werdenkönnen. Darüber hinaus erreichen die Heliatek-Produkte schon jetzt unter realistischen Anwendungsbedingungen,vor allem bei Hitze und bei diffusem Licht, deutlich höhere Wirkungsgrade als die klassische Fotovoltaik. Wir sinduns daher sicher, dass das Unternehmen seinen Weg gehen wird, aber eine ganze Branche aus der Krise zuführen, wird keinem einzelnen Unternehmen gelingen. Hier muss sich erst der Markt konsolidieren.

VC Magazin: Welche Rolle spielt die Politik im Hinblick auf die Entwicklung der deutschen Cleantech-Branche?Patt: Zuletzt leider eine recht irritierende Rolle. Mir stellt sich die Frage, warum einige Politiker völlig ohne NotMärkte irritieren, indem sie beispielsweise eine Subventionierung von Speichersystemen ankündigen – dienebenbei gesagt aus unserer Sicht zur Entwicklung der betreffenden Märkte absolut nicht nötig gewesen wäre –und sie dann plötzlich wieder zurückziehen. Alle Start-ups und etablierte Unternehmen, die Gewehr bei Fußstanden und fleißig verkauft haben, blicken jetzt auf einen weitestgehend zusammengebrochenen Markt, weil diemeisten Haushalte nach den Ankündigungen der Politik natürlich erst einmal abwarten, ob nicht vielleicht dochnoch öffentliche Zuschüsse zu erwarten sein könnten. Es wäre mehr als wünschenswert, wenn die Politik sichderartig fataler Wirkungen stärker bewusst wäre und sich etwas zurücknehmen würde, um den Märkten die Zeit zugeben, sich selbstständig zu entwickeln.

Zu den Gesprächspartnern:

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Dr. Paul-Josef Patt ist Managing Partner und CEO bei eCapital und verfügt über langjährige Erfahrung alsVenture Capital-Investor. Dirk Kohlen ist Investment Director bei eCapital und war zuvor als Unternehmensberaterund als Konzernmanager tätig.

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