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Stabwechsel im Tumorzentrum – am 4. März wurde Karl-Walter Jauch zum neuen Vorsitzen- den des geschäftsführenden Vorstandes gewählt. Sein Vorgänger Reiner Gradinger wird zweiter Stellvertreter. Lesen Sie das Interview mit beiden auf Seite 10. Zeitschrift des Tumorzentrums München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität ★★ News www.tumorzentrum-muenchen.de „Wir wollen in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen werden“ Interview mit Karl-Walter Jauch und Reiner Gradinger . . .10 Palliativmedizin – weit mehr als nur Schmerztherapie Schwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Systemische Therapie des kolorektalen Karzinoms Vorab-Abdruck aus dem TZM-Jahrbuch 2009 . . . . . . . . . .16 Ausschreibung der Wolfgang-Wilmanns-Stiftung TZM-intern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Ausgabe 1 2009 ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– TZM

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Stabwechsel im Tumorzentrum – am 4. Märzwurde Karl-Walter Jauch zum neuen Vorsitzen-den des geschäftsführenden Vorstandes gewählt.Sein Vorgänger Reiner Gradinger wird zweiterStellvertreter. Lesen Sie das Interview mit beidenauf Seite 10.

Zeitschrift des Tumorzentrums München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität

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Newswww.tumorzentrum-muenchen.de

„Wir wollen in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen werden“Interview mit Karl-Walter Jauch und Reiner Gradinger . . .10

Palliativmedizin – weit mehr als nur SchmerztherapieSchwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Systemische Therapie des kolorektalen KarzinomsVorab-Abdruck aus dem TZM-Jahrbuch 2009 . . . . . . . . . .16

Ausschreibung der Wolfgang-Wilmanns-StiftungTZM-intern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Ausgabe 1 2009

ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– €

TZM

Merck Serono Oncology | Combination is key

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Erbitux® 5 mg/ml InfusionslösungWirkstoff: Cetuximab – gentechn. hergest. chimärer monokl. IgG1-Antikörper. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: 1 ml Infusionslsg. enthält 5 mg Cetuximab. Durchstechflaschen mit 20 ml u. 100 ml Infusionslsg. Sonstige Bestandteile: Natriumchlorid, Glycin, Polysorbat 80, Citronensäure-Monohydrat, Natriumhydroxid, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Z. Behandl. d. metastasierenden EGFR (epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor)-

exprimierenden Kolorektalkarzinoms m. Wildtyp-K-Ras-Gen in Komb. m. Chemotherapie od. als Monotherapie b. Pat. nach Versagen einer Ther. m. Oxaliplatin- u. Irinotecan; b. Irinotecan-Unverträglichkeit. Z. Behandl. v. Pat. m. Plat-

ten epithelkarzinom im Kopf- u. Halsbereich: in Komb. m. Strahlenther. für lokal fortgeschritt. Erkrank.; in Komb. m. platinbasierter Chemother. für rez. u./od. metastasierende Erkrank. Gegenanzeigen: Bek. schw. Überempfindl.keitsreakt.

(Grad 3 oder 4) gegen Cetuximab. Gegenanzeigen für gleichzeitig angewandt. Chemother. od. Strahlenther. beachten. Vorsichtsmaßnahmen u. Warnhinweise: Unter Behandl. m. Cetuximab schw. infusionsbedingte Reaktionen mögl.

B. schwer. infusionsbedingten Reaktionen sofortiger u. dauerhafter Behandl.abbruch m. Cetuximab erforderl. Gegebenenfalls Notfallmaßnahmen erforderl. Bes. Vorsicht b. Pat. m. reduz. Allgemeinzustand u. bestehenden Herz-Lungen-

Erkrank. B. interstitieller Lungenerkrank. Ther.abbruch. B. Auftreten v. schwerwiegenden Hautreakt. (�Grad 3) Unterbrechung der Cetuximab-Ther.; b. wiederholt. Auftreten Dosisredukt. erforderl., n. 4. Wiederauftreten endgültiger Ther.ab-

bruch. Kontrolle d. Elektrolytserumwerte empfohlen, falls erforderl. Elektrolytersatz. In. Komb. m. platinbasierter Chemother. erhöhtes Risiko für schw. Neutropenie m. infekt. Komplikationen; sorgfältige Überwachung empfohlen.

Schwangerschaft u. Stillzeit: Anwend. in d. Schwangersch. nur, wenn potent. Nutzen mögl. Risiko rechtfertigt. Keine Anwend. während der Stillzeit. Bis 2 Monate nach Absetzen nicht stillen. Nebenwirkungen: Sehr häufig (�1/10):

Hautreaktionen (akneartiger Hautausschlag u./od. Juckreiz, Hauttrockenheit, Hautabschuppung, Hypertrichose od. Nagelstörungen, Einzelfälle v. Hautnekrosen), Hypomagnesiämie, leichte bis mittelschw. infusionsbedingte Reakt.

(z.B. Fieber, Schüttelfrost, Schwindel, Atemnot), leichte bis mittelschw. Mukositis, die zu Epistaxis führen kann; Anstieg der Leberenzymwerte. Häufig (�1/100, <1/10): Kopfschmerzen, Konjunktivitis, Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen,

Müdigkeit, Dehydratation, Hypokalzämie, Anorexie, Gewichtsverlust, schw. infusionsbedingte Reaktionen, d. in seltenen Fällen z. Tode führen, einige möglicherw. v. anaphylaktoider/anaphylaktischer Natur (einschließl. Broncho-

spasmen, Urtikaria, Hypotonie, Bewusstlosigkeit oder Schock); in seltenen Fällen Angina pectoris, Myokardinfarkt od. Herzstillstand. Gelegentlich (�1/1000, <1/100): Blepharitis, Keratitis, tiefe Venenthrombose, Lungenembolie.

Häufigkeit unbekannt: Superinfekt. v. Hautläsionen m. nachfolgenden Komplikationen (z.B. Cellulitis, Erysipel, staphylogenes Lyell-Syndrom (Staphylococcal scalded skin syndrome) oder Sepsis). In Verbindung m. lokaler Bestrahlung

d. Kopf- und Halsbereiches, zusätzl., für Strahlentherapie typ. Nebenwirkungen (wie Mukositis, Strahlendermatitis, Dysphagie od. Leukopenie, hauptsächl. in Form v. Lymphozytopenie). Anzahl d. Meldung v. schw. akuter Strahlen -

dermatitis, Mukositis, verzögerten strahlungsbedingten Nebenw. etwas höher in Komb: m. Cetuximab. Dosierung: Erbitux® wird einmal wöchentl. verabreicht. Initialdosis: 400 mg Cetuximab/m2

KO (Infusionsdauer 120 Min.), danach 1x wöchentl. 250 mg/m2 KO (Infusionsdauer 60 Min.). Max. Infusionsgeschwind. 10 mg/Min. Verab reichung i.v. Anwend. v. Erbitux® stets unter Aufsicht

eines in der Anwend. v. antineoplast. Arzneimitteln erfahrenen Arztes. Engmaschige Überwachung während u. mind. 1 Std. n. Infusion. Aus rüstung f. Notfallmaßnahmen muss vorhanden sein.

Prämedikation: Vor 1. Infusion Vorbehandl. mit Antihistaminikum u. Kortikosteroid. Prämedikation auch vor allen weit. Infusionen empfohlen. Nähere Angaben s. Fach- und Gebrauchs-

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Stand: November 2008. Merck KGaA, 64721 Darmstadt.

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Inhalt

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Liebe Leserin, lieber Leser,

nichts ist so beständig wie der Wandel – diese Weisheitgilt natürlich auch für das Tumorzentrum München.Der am 4. März dieses Jahres vollzogene Wechsel im Vor-stand des Tumorzentrums München führt dazu, dass ichheute das Vergnügen habe, mich direkt an Sie zu richten.

Das große Ziel des TZM besteht nach wie vor darin, allenonkologisch tätigen Ärzten in München und Umgebungeine gemeinsame Plattform zur fachlichen Diskussionsowie Fort- und Weiterbildung zu bieten. In diesem Zu-sammenhang sind auch unsere nun erste Früchte tragen-den Bemühungen zur Zertifizierung von Organzentrenzu sehen.

Mehr denn je will das Tumorzentrum aber auch in derbreiten Öffentlichkeit in Erscheinung treten. Die Einrich-tung einer zentralen Anlaufstelle für patientenbezogeneBeratungsleistungen, von uns intern bereits Pettenkofer-Zentrum genannt, ist noch für dieses Jahr geplant.

Welche weiteren Vorstellungen wir bezüglich der Weiterentwicklung des Tumorzentrums verfolgen,können Sie auf Seite 10, im gemeinsamen Interview mit meinem Vorgänger und künftigen zweiten Stell-vertreter Reiner Gradinger nachlesen.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und freuemich immer über Ihre Rückmeldungen, die Sie bitte andie Redaktion der TZM-News ([email protected])richten.

Ihr

Karl-Walter Jauch

SchwerpunktPalliativmedizin – mehr als nur Schmerztherapie . . . . . . . . . . 4

Interview„Wir wollen in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen werden“

Im Gespräch mit Karl-Walter Jauch und Reiner Gradinger . . . . . . . . . . . . . . . . 10

PanoramaTZM zertifiziert erstes Organzentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

TZM Essentials 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

Christian Straka neuer Projektgruppenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

Termine des Interdisziplinären Konsils in Bad Trissl . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

Neue Manuale erschienen . . . . . . . . . . . . .14

Ausschreibung der Wolfgang-Wilmanns-Stiftung . . . . . . . . . . 23

TherapieSystemische Therapie des kolorektalen Karzinoms . . . . . . . . . . . . . . .16

ProjektgruppenAlle Projektgruppen im Überblick . . . . . . 23

Vorschau / Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Editorial

Prof. Dr. Karl-Walter Jauch

Erste Fehlwarhnehmung:Palliativmedizin ist nur fürKrebspatienten

Schon im St. Christopher’s Hospicewaren von Anfang an 6 Betten für nicht-onkologische Patienten reserviert. CicelySaunders wusste genau, dass die Pallia-tivmedizin alle Krankheitsbilder umfas-sen muss, um glaubwürdig zu sein. Deronkologische Schwerpunkt in der Pallia-tivmedizin wird zumeist begründetdurch die Häufigkeit von Krebserkran-kungen und die Komplexität und Inten-sität der Symptome von Krebspatientenin ihrer letzten Lebensphase. Diese Aus-sage ist allerdings bei genauerer Betrach-tung zu hinterfragen. Zum einen sterbenzwar 25 Prozent der Bevölkerung anKrebs, 75 Prozent aber an anderen Ur-sachen, vor allem an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und an neurologischenErkrankungen. Nicht-onkologische Pa-tienten leiden in der letzten Lebensphaseunter einer Vielzahl an Symptomen, diesich zum Teil deutlich vom Symptom-spektrum bei Krebspatienten unter-scheiden. Beispielhaft dafür sind in dernebenstehenden Tabelle die Symptomevon Patienten mit Amyotropher Lateral-sklerose aufgeführt, einer unheilbarenneurodegenerativen Erkrankung mitfortschreitenden Lähmungen und einerdurchschnittlichen Lebenserwartungnach Diagnose von etwa drei Jahren.2

Palliativmedizin ist in ihrer radikalenPatientenzentrierung eine Rückkehrder Medizin zu ihren Wurzeln. Siebeinhaltet auch eine Rückbesinnungder Medizin auf die Aufgabe des Be-gleitens, die noch grundlegender ist alsdie Aufgabe des Heilens. Die Palliativ-medizin ist damit wesentlich mehr alseine „Schmerztherapie für sterbende(Krebs-)Patienten“. Sie umfasst zusätz-lich das Management weiterer internis-tischer und neuropsychiatrischerSymptome sowie die psychosoziale undspirituelle Begleitung des Patienten.

Schon die Definition der Weltgesund-heitsorganisation (WHO) aus dem Jahre2002 macht deutlich, dass die Palliativ-medizin einen umfassenderen Anspruchvertritt. Auch Dame Cicely Saunders,die das erste moderne Hospiz, St. Chris-topher’s Hospice in London, im Jahr1967 gründete, hatte von Anfang an einewesentlich weitere Vision der Palliativ-medizin. Im Folgenden sollen dreigrundlegende Fehlwahrnehmungen der Palliativmedizin in der breiten (auchärztlichen) Öffentlichkeit angesprochenwerden.

Palliativmedizin weit mehr als nur Schmerztherapie

„Palliativmedizin dient der

Verbesserung der Lebens-

qualität von Patienten und

ihren Angehörigen, die mit

einer lebensbedrohlichen

Erkrankung konfrontiert sind.

Dies geschieht durch

Vorbeugung und Linderung von

Leiden mittels frühzeitiger

Erkennung, hochqualifizierter

Beurteilung und Behandlung

von Schmerzen und anderen

Problemen physischer, psycho-

sozialer und spiritueller

Natur.“1

Definition der WHO

Gian Domenico Borasio · Lehrstuhl für Palliativmedizin, Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin der LMU

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PalliativmedizinTZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Die Betreuung von Patienten mit nicht-onkologischen Erkrankungen in derletzten Lebensphase weist nach neuestenUntersuchungen enorme Defizite aus,zumal die meisten Hospiz- und Palliati-veinrichtungen in Deutschland fast aus-schließlich Krebspatienten aufnehmen.Ursachen dafür sind fehlendes Wissenüber den Verlauf der Terminalphase beinicht-onkologisch Erkrankten, sowie dieunterschiedlichen Krankheits“laufbah-nen“ (trajectories), die diese Patientendurchleben. Patienten mit chronischer

Herzinsuffizienz im Endstadium zeigenbeispielsweise einen instabilen, schlechtvorhersehbaren Verlauf mit langsamerProgredienz. Akute lebensbedrohlicheKrisen können aber unerwartet auftre-ten und gehen mit schwerem körper-lichen und psychischen Leiden einher.Demenzpatienten wiederum leidenunter einem über viele Jahre andauern-den und langsam fortschreitendenAbbau der kognitiven Fähigkeiten mit

zunehmendem Autonomieverlust, derschließlich zur Pflegebedürftigkeit führt.Das Endstadium ist unter anderem cha-rakterisiert durch große Unsicherheitender Betreuer in Bezug auf die Frage derkünstlichen Nahrungs- und Flüssigkeits-zufuhr. Diese Problematik steht auch imVordergrund bei den insgesamt selte-nen, aber in der öffentlichen Diskussionoft prominenten Wachkomapatienten.3

Zweite Fehlwahrnehmung:Palliativmedizin ist nur für Sterbende

In der eingangs zitierten WHO-Defini-tion der Palliativmedizin wurden 2002zwei neue Begriffe eingeführt: „Vorbeu-gung“ und „frühzeitige Erkennung“.Dies bedeutet eine Verschiebung derzeitlichen Achse der Palliativmedizinnach vorne. Es geht nicht mehr vorran-gig oder gar ausschließlich um die Be-treuung in den letzten Tagen und Stun-den (die Terminal- oder Finalphase).Die Palliativmedizin, verstanden alsSumme der Maßnahmen zur Erhaltungder Lebensqualität angesichts einer le-bensbedrohlichen Erkrankung, erhältihren richtigen Platz als fester Bestand-teil der ärztlichen Betreuung von Be-ginn der Erkrankung, das heißt, vonder Diagnosestellung an (Abb. 1, S. 6).

Die Mitteilung der Diagnose einer le-bensbedrohlichen Erkrankung stellt eineder schwersten Aufgaben für Ärzte dar.Dies gilt auch dann, wenn noch ein gro-ßes Spektrum an potentiell kurativenoder zumindest lebensverlängerndenTherapiemöglichkeiten gegeben ist.Die Daten aus der Literatur lassen denSchluss zu, dass diese wichtige Aufgabezu großen Teilen inadäquat durchge-führt wird. Patienten und Angehörigeklagen über fehlende oder unzureichen-

de Aufklärung, unverständliche Wort-wahl, das Fehlen von ehrlichen Aussagenüber Prognose und Verlauf sowie gene-rell über einen Mangel an Empathie.4

Es ist bekannt, dass die Art und Weiseder Diagnosemitteilung häufig unaus-löschlich im Gedächtnis der Patientenund Angehörigen erhalten bleiben undeinen wesentlichen Einfluss auf die zu-künftige Arzt-Patienten-Beziehunghaben. Schon zum Zeitpunkt des Erstge-spräches über eine lebensbedrohlicheErkrankung sind Kenntnisse über Pallia-tivmedizin von wesentlicher Bedeutung– die Diagnosemitteilung wurde deshalbvon Derek Doyle, einem der Gründervä-ter der modernen Palliativmedizin, zuRecht als „erster Schritt der Palliativbe-treuung“ bezeichnet.5

Ein weiterer Bereich der Palliativmedi-zin, in welchem der Begriff „Vorbeu-gung“ zur Geltung kommt, ist der The-menkomplex der Vorsorge-Entschei-dungen für das Lebensende.6,7 Dieser Arbeitsbereich hat in den letzten Jahreneine immer größere Rolle in der Pallia-tivmedizin und Hospizarbeit eingenom-men. Palliativmediziner bieten Berater-schulungen für Ärzte zum Thema Pa-tientenverfügungen an, Hospizvereineorganisieren Sprechstunden für Patien-ten und Angehörigen und erstellen dieDokumente gemeinsam mit ihnen.8

Die derzeit in Deutschland mit am weitesten verbreitete Broschüre zumThema Patientenverfügungen wurde in der Münchner Akademie für Pallia-tivmedizin erstellt.9

Ziel der Beratungen von Patienten undAngehörigen zum Thema Patientenver-fügung und Vorsorgevollmacht ist zumeinen die Vorbeugung von Leiden(durch Verhinderung von z.B. uner-wünschten lebensverlängernden Maß-

5Symptome der AmyotrophenLateralsklerose

PrimärMuskelschwundfortschreitende LähmungenFaszikulationen, MuskelkrämpfeMuskelsteifheit (Spastik)Sprechstörung (Dysarthrie)Schluckstörung (Dysphagie)Atemnot (Dyspnoe)pathologisches Lachen/Weinen

SekundärAngstDepressionSchlafstörungenObstipationvermehrter SpeichelflussVerschleimung der AtemwegeSymptome der chronischen AteminsuffizienzSchmerzen (vorwiegend muskuloskelettal)

Schwerpunkt TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Entlassungsrate aus der Palliativstationam Klinikum der Universität Münchenliegt bei etwa 50 Prozent; ein Drittelaller Patienten wird nach Hause entlas-sen, ungefähr 15 Prozent in stationärenHospizen weiterbetreut). Bei komplexenFamiliendynamiken ist oft der Einsatzeines Psychotherapeuten notwendig.Eine große und häufig unterschätzteRolle in der psychosozialen Betreuungspielt das Pflegeteam, das dem Patientenund der Familie zeitlich und räumlich„am nächsten“ ist.

Spirituelle und religiöse AspekteAlle großen Religionen haben Antwor-ten auf die Fragen versucht, die sichSterbende stellen.13 Eine der für die Praxis der Palliativmedizin wichtigeEntwicklung der letzten Jahre ist dieUnterscheidung zwischen Spiritualitätund Religion. „Spiritualität“ wird dabeiverstanden als die persönliche Suchenach Sinn und Zweck des Lebens, dasErtasten und Erspüren einer sinnstiften-den Dimension, die größer ist als ichund meine Welt. Religiosität beinhaltetzusätzlich zur Spiritualität die Zugehö-rigkeit zu einer Glaubensgemeinschaftsowie die Teilnahme an religiösen Prak-tiken und Traditionen. Es gibt Spiritua-lität ohne Religiosität („Ich glaube anGott, aber die Kirche bedeutet mirnichts“) und Religiosität ohne Spiritu-alität („Ich bin nur in der Kirche, weilmeine Eltern das wollen und damit ichkirchlich heiraten kann.“). Dennoch:In Sinnkrisen sind religiöse Erfahrungen

nahmen in der Finalphase) und zum anderen die Vermeidung von Ängsten in Bezug auf die medizinische Betreu-ung am Lebensende: Beides originärpalliativmedizinische Ziele. Im akut-stationären Bereich nehmen außerdemdie palliativmedizinischen Konsile zur Therapiezieländerung auf Intensivsta-tionen in letzter Zeit einen zunehmendbreiteren Raum ein.10

Dritte Fehlwahrnehmung:Palliativmedizin ist nurSchmerztherapie

Psychosoziale AspekteDas Konzept des Patienten und seinerengsten Bezugspersonen („significantothers“) als Betreuungseinheit („unit ofcare“) ist einer der wichtigsten Charak-teristika der Palliativbetreuung. Studienzufolge korrelieren die Belastungen vonPatienten und Angehörigen stark mit-einander.11 Das bedeutet nicht nur, dassjede Verminderung des Leidens des Patienten die Angehörigen entlastet,sondern auch, dass jede Entlastung, dieman für die Familie erreichen kann,direkt die Lebensqualität des Patientenerhöht. Grund dafür ist unter anderem,dass sich bei schwerstkranken Patientenin der letzten Lebensphase regelhaft eineVeränderung der Wertekonstellation hin zu altruistischen Werten ergibt.12

Das Wohlergehen der Familie wirdwichtiger als das eigene.

Einige Aspekte der psychosozialen Be-treuung sind nur durch spezialisiertePalliativ-Sozialarbeiter zu bewältigen,insbesondere die Klärung sozialrecht-licher Fragen und die oft mühsameSchaffung der Voraussetzungen für eineEntlassung nach Hause (die derzeitige

oft der größte Fundus spirituellerRessourcen.

Insgesamt nimmt in unserer Gesell-schaft die Suche nach spiritueller Erfah-rung durchaus zu (z.B. Esoterik), wäh-rend die Bedeutung formalisierter religi-öser Bindungen eher abnimmt („belie-ving without belonging“). Dies stellt eineHerausforderung, aber auch eine Chan-ce für eine neue Rolle der Seelsorge inder Palliativmedizin dar – weniger kon-fessionell gebunden als spirituell beglei-tend.14 Dass der Bedarf nach einer sol-chen Begleitung groß ist, zeigt einekürzlich im Interdisziplinären Zentrumfür Palliativmedizin durchgeführte Stu-die, bei der Palliativpatienten gefragtwurden „Würden Sie sich im weitestenSinne des Wortes als gläubigen Men-schen betrachten?“. 87 Prozent der Be-fragten haben diese Frage positiv beant-wortet, die meisten davon verneintenaber die aktive Zugehörigkeit zu einerKirche oder anderen Religionsgemein-schaft. Bemerkenswert war, dass die Pa-tienten es sehr begrüßten, wenn Fragenzu ihrer Spiritualität von Ärzten anstattvon Seelsorgern gestellt wurden – sieschätzten es, von den Ärzten als „ganzeMenschen“ gesehen zu werden.15,16

Medizinische SymptomkontrolleDie Symptomkontrolle in der Palliativ-medizin umfasst drei Bereiche. Zunächstdie Schmerztherapie, die allerdings kei-neswegs die dominierende Rolle hat, dieviele erwarten würden: So haben fast 30

6

PalliativmedizinTZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Abbildung 1: Zeitlicher Verlauf der palliativmedizinischen Betreuung

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Schwerpunkt TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Prozent aller Krebspatienten im gesam-ten Verlauf ihrer Erkrankung keine the-rapeutisch relevanten Schmerzen. Nurjede fünfte Anforderung unseres Kon-siliardienstes wird primär mit einemSchmerzproblem begründet. Bei nicht-onkologischen Patienten spielenSchmerzen eine geringere Rolle als beiKrebspatienten. Vor allem jedoch gilt:Eine erfolgreiche Schmerztherapie isterst der Anfang der Palliativbetreuung(„Suffering begins where the pain ends“).

Den zweiten Bereich stellen die inter-nistischen Symptome dar, allen voranAtemnot und gastrointestinale Symp-tome (Übelkeit, Erbrechen, Aszites,Obstipation, Darmverschluss etc.).Obwohl sich die Atemnot mit Opioidenund Benzodiazepinen in der Regel gutbehandeln lässt, werden diese Medika-mente aus einer unbegründeten Furchtvor einer möglicherweise lebensverkür-zenden Atemdepression in der Praxisviel zu selten verwendet. In einer Um-frage betrachteten 45 Prozent der neuro-logischen Chefärzte in Deutschland dieBehandlung der terminalen Atemnotmit Morphin fälschlicherweise als Euthanasie.17 Atemnot ist ein häufigesSymptom in der Sterbephase und wirdvon Patienten als wesentlich quälenderund angstmachender beschrieben alsselbst stärkste Schmerzen.

Der dritte Bereich umfasst die neuropsy-chiatrischen Symptome. Hier stehen imVordergrund – neben neurologischenAusfällen wie Paresen oder Sprachstö-rungen – zum einen die Depression, diebei Schwerstkranken oft unbehandeltbleibt, und zum anderen Verwirrtheits-zustände bis hin zu deliranten Syndro-men. Letztere treten in der Finalphasehäufig auf und sind für Patient, Familieund Team eine große Belastung. Deli-rante Syndrome stehen an der Spitzederjenigen Zustände, die in der Sterbe-phase eine palliative Sedierung notwen-

dig machen. Die Zahl der neurologischerkrankten Patienten auf den Palliativ-stationen steigt derzeit stetig an. DieseEntwicklung wird die Bedeutung derneuropsychiatrischen Symptomkontrol-le noch weiter wachsen lassen.18

Aufteilung in der PraxisDie professionelle Arbeit auf einer Palli-ativstation teilt sich ungefähr zu glei-chen Anteilen auf die medizinisch-ärzt-liche Betreuung und die psychosoziale/spirituelle Begleitung auf. Innerhalb derrein medizinischen Symptomkontrollemachen die drei o.g. Symptombereichejeweils etwa ein Drittel aus (Abb. 2).Somit beträgt der Anteil der Schmerz-therapie innerhalb der gesamten Pallia-tivbetreuung etwa ein Sechstel. Nicht„eingerechnet“ ist hierbei die zentraleRolle der Pflege bei der psychosozialenBetreuung. Jeder Versuch einer Gleich-setzung von Palliativmedizin undSchmerztherapie ist deshalb als realitätsfern zu betrachten.

Zukunfts-perspektiven

Die Zukunft der Palliativmedi-zin wird maßgeblich davonabhängen, inwieweit eineIntegration des neuenFachgebietes in deruniversitären For-schung und Lehreauf Augenhöhe mitden etabliertenFachgebieten gelin-gen wird. Die Pal-liativmedizin ist inihrer klinischenBreite nur vergleich-bar mit der All-gemeinmedizin. DieVorstellung, eine Profes-sur für Allgemeinmedizininnerhalb eines Lehrstuhls fürz.B. Anästhesie oder Onkologie

einzurichten, erschiene jedem Klinikerals abwegig – bei der Palliativmedizingeschieht aber derzeit in Deutschlandgenau das. Zur akademischen Etablie-rung der Palliativmedizin ist hingegendie Schaffung unabhängiger Lehrstühlenotwendig. Dabei spielt die Lehre eineentscheidende Rolle, denn Palliativ-medizin ist nicht primär die Aufgabe derPalliativmediziner, sondern aller klinischtätigen Ärzte, insbesondere der Haus-und Allgemeinärzte, sowie der Onkolo-gen und Geriater. Die Einrichtung einerW2-Professur für Palliativmedizin wäreaus fachlicher Sicht allenfalls denkbarinnerhalb eines akademisch starken undgut etablierten Lehrstuhls für Allgemein-medizin, aber diese besitzen leider in derdeutschen Universitätslandschaft eben-falls Seltenheitswert.

Umso erfreulicher ist die Tatsache, dasses an der LMU gelungen ist, dank desEinsatzes verschiedener Stifter drei Stif-

Abbildung 2: Arbeitsaufteilung in der Palliativmedizin

Stark wirksam im FOLFIRI-Regime bei mCRC 1

Konsistenter Überlebensvorteil in Kombination mit Targeted Therapy 1,*

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1 Fachinformation CAMPTO® (Stand: Januar 2007)* Campto in Kombination mit Bevacizumab, 5FU und Folinsäure

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Zusammensetzung: Arzneilich wirksame Bestandteile: Das Konzentrat enthält 20 mg/ml Irinotecanhydrochlorid 3 H2O (entsprechend 17,33 mg/ml Irinotecan). Die Durchstechflaschen enthalten 40 mg, 100 mg oder 300 mg Irinotecanhydrochlorid 3 H2O. Sonstige Bestandteile: Sorbitol (Ph.Eur.), Milchsäure, Natriumhydroxid (zur Einstellung des pH-Wertes auf 3,5),Salzsäure (zur Einstellung des pH-Wertes) bei den Durchstechflaschen aus Polypropylen, Wasser f. Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Campto wird zur Behandlung von metasta-siertem Dickdarm-/Mastdarmkrebs angewendet: in Kombinat. mit 5-Fluorouracil u. Folinsäure bei erwachsenen Patienten ohne vorausgegangene Chemotherapie im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung; als Monotherapie bei erwachsenen Patienten, die auf eine Vorbehandlung mit einem 5-Fluorouracil enth. Regime nicht angesprochen haben. In Kombination mit Cetuximab bei erwachsenen Patienten mit EGFR-exprimierendem Dickdarm-/Mastdarmkrebs, die auf eine vorangegangene Irinotecan-haltige Chemotherapie nicht mehr anspre-chen. In Kombination mit Bevacizumab, 5-Fluorouracil und Folinsäure als Erstlinientherapie bei Patienten mit metastasiertem Dickdarm- oder Mastdarmkrebs. Gegenanzeigen: Chron.entzündliche Darmerkrankungen u./od. Darmverschluss, bekannte schwere Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Irinotecanhydrochlorid oder einen der sonstigen Bestandteile,Bilirubinwerte über dem 3fachen des oberen Normalwerts, schwere Störung der Knochenmarkfunktion, WHO Performance Status >2 (Anwendungsbeschränkg.: WHO-Performance-Status = 2), Einnahme von Johanniskrautpräparaten, Schwangerschaft, Stillzeit. Bei Kombination mit Cetuximab oder Bevacizumab beachten Sie bitte auch die Fachinformation von Cetuximab oder Bevacizumab. Nebenwirkungen: Sehr häufig: verzögert (durchschnittl. 5 Tage nach der Inf.) einsetzende schw. Diarrhoe (dosisbegrenzende Toxizität); Übelk. u. Erbrechen (meist begleitende Dehydratation); Neutropenie (häufig m. Fieber); Infekt. (oft im Zusammenhang m. schw. Neutropenie, in wenigen Einzelfällen mit let. Ausgang); Thrombozytopenie;Anämie; Alopezie (reversibel); vorübergehend erhöhte Serumspiegel von SGPT, SGOT, alkal. Phosphatase od. Bilirubin. Häufig: Obstipation; vorübergeh. schw. akutes cholinerges Syn-drom (frühzeit. Diarrhoe, Bauchschm., Konjunktivitis, Rhinitis, Hypotension, Vasodilatation, Schwitzen, Schüttelfrost, Unwohlsein, Schwindel, Sehstör., Pupillenenge, Tränenfluss, erhöht.Speichelfluss); Asthenie; rev. Anstieg d. Serum-Kreatininspiegels. Gelegentl.: pseudomembranöse Kolitis; Niereninsuffizienz, Hypotension, Herz-Kreislauf-Versagen (bei Dehydratation od. b. Pat. m. Sepsis); intestinale Obstruktion, Darmverschluss, gastrointestinale Blutungen; leichte Reakt. an der Inj.-stelle; interstitielle Lungenerkrankungen (wie Lungeninfiltrate);milde Hautreakt.; leichte allerg. Reakt. Selten: Colitis einschl. Typhilitis od. ischämische u. ulzerative Colitis, intestinale Perforationen; Blutdruckanstieg während od.nach Inf.; anaphylaktische/anaphylaktoide Reakt.; Hypokaliämie, Hyponatriämie (meist b. Diarrhoe u. Erbrechen); Pankreatitis. Sehr selten: Anstieg v. Amylase u./od.Lipase; vorübergehende Sprachstör.; periphere Thrombozytopenie m. Thrombozyten-AK. Weiterhin wurden beobachtet: Anorexie, Bauchschm., Mukositis; früh ein-setzende NW wie Dyspnoe, Muskelkontraktionen od. -krämpfe u. Parästhesien. Bei Kombination mit Cetuximab oder Bevacizumab s. auch Fachinformationen dieser Arzneimittel. Warnhinweise: Enthält Sorbitol: Ungeeignet bei erblicher Fructoseintoleranz. Bitte beachten Sie außerdem unsere Fachinformation. Abgabestatus:Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: PFIZER PHARMA GmbH, Linkstr. 10, 10785 Berlin. Stand: Oktober 2008.

08040072_az_standar.indd 1 29.04.2009 15:21:17 Uhr

Schwerpunkt TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

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tungsprofessuren einzuwerben, welchedrei Kernbereiche der Palliativmedizinabdecken:

die Stiftungsprofessur für Kinder-palliativmedizin der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, seitJahresbeginn besetzt durch die Kinder-onkologin Prof. Dr. Monika Führer,

die Stiftungsprofessur für Soziale Ar-beit in Palliative Care (in Kooperationmit der Katholischen Stiftungsfachhoch-schule) – gestiftet von der Stadtsparkas-se München, seit Oktober 2008 besetztdurch Frau Prof. Dr. rer. biol. hum.Maria Wasner und

die Stiftungsprofessur für SpiritualCare des Stifterverbandes für die deut-sche Wissenschaft, für welche derzeit das Berufungsverfahren läuft.

Diese Bündelung an interdisziplinärerwissenschaftlicher Kompetenz soll zumEinen eine multiperspektivische Sichtauf die komplexen wissenschaftlichenFragestellungen rund um das Lebens-

ende ermöglichen, und zum Anderender Entwicklung innovativer Angebotefür die Aus-, Fort- und Weiterbildungaller an der Betreuung Sterbender betei-ligten Berufsgruppen dienen.

Schlussgedanken

Das Ziel der Palliativmedizin wurde ein-mal von Cicely Saunders mit der Formu-lierung „Raum schaffen“ („to providespace“) auf den Punkt gebracht. Raumwofür? Für persönliche Entwicklung,Aufgreifen von noch Unerledigtem,Klärung von Beziehungsfragen, religi-öse/spirituelle Rückbesinnung, biogra-phische Reflexion, Abschiednahme.Was hiervon für den einzelnen Men-schen noch möglich und realisierbar ist, steht nicht in der Macht der Betreu-enden.

Unsere Aufgabe aber ist es, Hindernisseaus dem Weg zu räumen, die dem Men-schen den Zugang zu seinem je eigenen Entwicklungspotential, das auch in

Literaturverzeichnis

1 World Health Organization. National CancerControl Programmes: policies and managerialguidelines. 2nd ed., WHO, Geneva 2002, pp. 83-912 Borasio GD, Voltz R, Miller RG (2001) Palliative Care in Amyotrophic Lateral Sclerosis.Neurol Clin 19: 829-8473 Jox R, Borasio GD (2005) Terri Schiavo - einSzenario für Deutschland? Anmerkungen aus me-dizinischer Sicht. Die Schwester/Der Pfleger44(6/05): 422-4254 Borasio GD, Sloan R, Pongratz DE (1998)Breaking the news in amyotrophic lateral sclero-sis. J. Neurol. Sci. 160 (Suppl. 1): S127-S1335 Doyle D, O'Connell S. Breaking bad news:starting palliative care. J R Soc Med 1996; 89:590-1.6 Borasio GD, Putz W, Eisenmenger W (2003)Verbindlichkeit von Patientenverfügungen gestärkt. Dtsch Ärztebl 100: A 2062-20657 Meier C, Borasio GD, Kutzer K, Hrsg. Patientenverfügung. Ausdruck der Selbstbestim-mung – Auftrag zur Fürsorge. Münchner ReihePalliative Care, Bd. 1. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 2005.

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14 Roser T. Spiritual Care. Ethische, organisatio-nale und spirituelle Aspekte der Krankenhausseel-sorge. Münchner Reihe Palliative Care, Bd. 3.Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 200715 Borasio GD et al. Who should assess the pa-tient’s spiritual care needs? A randomized study.Manuskript in Vorbereitung16 Frick E, Riedner C, Fegg M, Hauf S, BorasioGD (2006) A clinical interview assessing cancerpatients' spiritual needs and preferences. Eur JCancer Care 15: 238–24317 Borasio GD, Weltermann B, Voltz R, Reich-mann H, Zierz S (2004) Einstellungen zur Patien-tenbetreuung in der letzten Lebensphase: EineUmfrage bei neurologischen Chefärzten. Nerven-arzt 75: 1187-119318 Voltz R, Bernat J, Borasio GD, Maddocks I,Oliver D, Portenoy R, Hrsg. Palliative Care in Neu-rology. Oxford University Press, Oxford 2004

der letzten Lebensphase vorhanden ist,versperren würden.

Palliativmedizin ist in ihrer radikalenPatientenzentrierung eine Rückkehr derMedizin zu ihren Wurzeln. Sie beinhaltetauch eine Rückbesinnung der Medizinauf die Aufgabe des Begleitens, die nochgrundlegender ist als die Aufgabe desHeilens. Dies ermöglicht ein produktivesAushalten der in der BetreuungSchwerstkranker immanenten Spannungzwischen Autonomie- und Fürsorge-prinzip. Eine Integration des ganzheit-lichen Palliativansatzes in die gesamtekurativ orientierte Medizin könnte auchdazu beitragen, die Ängste und Vorbe-halte vieler Menschen gegenüber dermodernen Medizin zu vermindern.

Nicht zuletzt bietet die BegleitungSchwerstkranker und Sterbender unsÄrzten die Chance, unsere eigenen Ansprüche und Vorstellungen mit derRealität zu konfrontieren und eine großemenschliche Bereicherung zu erfahren.

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Am 4. März wählte das Tumorzentrum

München einen neuen Geschäfts-

führenden Vorstand. Nach gut zwei-

jähriger Amtszeit übergab Professor

Reiner Gradinger den Vorsitz an

Professor Karl-Walter Jauch. Mit den

TZM-News sprachen die beiden über

Vergangenheit und Zukunft des Tumor-

zentrums München.

Was hat sich in den letzten zweieinhalbJahren im Tumorzentrum bewegt?

Gradinger: Eine ganze Menge. DasTumorzentrum hat erheblich Fahrt auf-genommen und eine Dynamik gewon-nen, die allen gut tut. Geradezu Symbol-charakter haben die beiden Benefiz-Re-gatten auf dem Starnberger See, die fürdie Außenwirkung des Tumorzentrumsvon großer Bedeutung waren. Ein weite-res wichtiges Zeichen haben wir mit denFeierlichkeiten zum 30-jährigen Beste-hen im November 2007 gesetzt. Damalswurde, glaube ich, jedem klar, dass etwasNeues beginnt. Seither haben wir bei-spielsweise unsere Stellenpolitik deutlichverändert. Auslaufende Tumorzen-trums-Stellen wurden nicht einfach verlängert, sondern projektbezogen neu vergeben.

Sie haben bei Ihrer eigenen Amtsüber-nahme vor etwa zweieinhalb Jahren gefordert, die Outcome-Forschung im Tumorzentrum zu verbessern. Was ist daraus geworden?

Gradinger: Damit sind wir ehrlichgesagt noch nicht fertig geworden. Wirhaben zwar sehr intensiv die diesbezüg-

lichen Möglichkeiten des Tumorregis-ters geprüft, müssten aber Mittel innicht unbeträchtlicher Höhe investieren,um dem Anspruch nach Outcome-For-schung wirklich nachzukommen. Aller-dings ist uns etwas anderes gelungen:Wir sind dabei, die Voraussetzungen für ein besseres Outcome zu schaffen.

Sie meinen die Zertifizierung von Organzentren durch das TZM?

Gradinger: Genau das. Und da können wir über erste Erfolge berichten.Aber das ist eher das Thema des Kolle-gen Jauch.

Jauch: Ja, nachdem wir die doch re-lativ hoch liegenden bürokratischenHürden in einigen Kliniken haben über-winden können, ist jetzt beispielsweisedas Darmzentrum im Krankenhaus derBarmherzigen Brüder in Nymphenburgdurch das TZM zertifiziert. Im Klini-kum Großhadern ist die Zertifizierungangelaufen.

Was ist das Besondere an dieser TZM-eigenen Zertifizierung?

Jauch: Zum Einen, dass wir mit demTÜV-Süd einen sehr kompetenten undunabhängigen Partner für die rein tech-nische Zertifizierung nach der Norm ENISO 9001 gewonnen haben. Zum Ande-ren, dass wir mit unserem eigenen Erhe-bungsbogen, der auf Basis der S3-Leit-linien und der Qualitätsvorgaben derDeutschen Krebsgesellschaft erarbeitetwurde, die Hürden für die fachliche Zertifizierung selbst festlegen können.

Sie haben das Stichwort gegeben: Die Deutsche Krebsgesellschaft, besser

ihr Dienstleister, das Institut Onkozert, zertifiziert ja ebenfalls Darm- und andere Organzentren. Treten Sie jetzt in Konkur-renz zu Onkozert?

Jauch: Wir legen Wert auf Koopera-tion, nicht auf Konfrontation. Wir wol-len gegenseitig unsere Expertise nutzen,um die Qualität der onkologischen Ver-sorgung zu verbessern. Wir sind, waseine weitergehende Zusammenarbeitangeht, nach wie vor in Verhandlungenmit der Deutschen Krebsgesellschaft.Wir sehen uns zwar nicht als wirklicheKonkurrenz, streben aber durchaus einQualitätsniveau an, das sich hinter demvon Onkozert nicht verstecken muss.Unser Bestreben ist es, mit möglichstvielen TZM-Partnern ein Netzwerk zertifizierter Kliniken aufzubauen.

Welche Kliniken neben Großhadern stehen derzeit auf Ihrer Liste?

Jauch: Das Krankenhaus Ebersbergund das Rotkreuz-Krankenhaus inMünchen bereiten derzeit den Aufbaueines Darmzentrums vor.

Wie sehen die Zertifizierungsbemühun-gen im Klinikum Rechts der Isar aus?

Gradinger: Wir haben uns ent-schlossen, zunächst für das Gesamt-klinikum die technische Zertifizierungnach EN ISO 9001 anzustreben. Erstwenn dieser Prozess abgeschlossen ist,werden einzelne Abteilungen die Gele-genheit erhalten, auch die fachlicheÜberprüfung durch das TZM zu ab-solvieren.

Das hört sich ökonomisch sinnvoll an.Gradinger: Das ist es auch; und

TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

„Wir wollen in der Öffentlichkeit besser wahr-

genommen werden“Wechse l im Vorstand des Tumorzentrums München

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Interview

genau deshalb gehen wir das ThemaQualitätsmanagement auf diesem Wege an.

Das letzte Jahr war auch geprägt vonmonatelangen Diskussionen um das CCC,das mögliche Comprehensive CancerCenter für München. Ist durch das Schei-tern dieser Initiative das TumorzentrumMünchen wie ein Phönix aus der Aschegestiegen?

Gradinger: Das TZM hat nie in derAsche gelegen. Einige der CCC-Verfech-ter wollten das Tumorzentrum zwar re-gelrecht zuschütten; das ist allerdingsnicht gelungen. Eine engere Verzahnungvon TZM und CCC hätte zum Erfolg,sprich zur Anerkennung als onkologi-sches Spitzenzentrum durch die Deut-sche Krebshilfe geführt. Aber leiderhaben sich die Protagonisten zu dieserbesseren Verzahnung nicht durchringenkönnen.

Jauch: Der Direktor des CCC hätteauch an einer wichtigen Schaltstelle desTumorzentrums sitzen müssen, dannwäre es sicher gegangen.

Was aber bedeutet nun das Scheitern des CCC für das Tumorzentrum und fürdie Versorgungsqualität in und um München?

Jauch: Wir sollten festhalten, dasssich die Versorgungsqualität im Münch-ner Raum unter anderem Dank der An-strengungen des TZM auf absoluthohem Niveau bewegt. Darüber hinausist der Gesundheitsmarkt in Münchenderart kompetitiv, dass über mangelndeQualität nicht geklagt werden muss.

In den Förderrichtlinien für onkologischeSpitzenzentren der Deutschen Krebshilfesind „patientenorientierte Behandlungs-

TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Gradinger: Wir wollen aber nochmehr tun. Wir wollen auch näher an denPatienten heran. Und in diesem Zu-sammenhang spielt das Gebäude, indem wir gerade sitzen, eine wichtigeRolle.

Jauch: Genau. Wir wollen hier in der Innenstadt das Pettenkofer-Zentrumetablieren, und zwar noch im Laufe dieses Jahres. Das wird ein Zentrum fürPatienten und ihre Angehörigen werden,die sich hier in allen Fragen rund um die onkologische Behandlung beratenlassen können.

Also sind wir jetzt doch bei der zentralenEingangspforte für alle Patienten?

Gradinger: Nein, denn im Petten-kofer-Zentrum werden keine ärztlichenLeistungen erbracht werden. Hier ent-steht ein Forum für Selbsthilfegruppen,die Bayerische Krebsgesellschaft soll hierein Büro erhalten. Beratung zu Ernäh-rung, Sport und mentaler Entspannungstehen hier im Mittelpunkt. Auch dieStadt München steht Plänen für einezentrale Sozialberatung hier im Hauseaufgeschlossen gegenüber.

Aber auch das hört sich nach einem nichtzu unterschätzenden organisatorischenUmbau an. Wer ganz konkret wird sich umdie Einrichtung des Pettenkofer-Zentrumskümmern?

Gradinger: Das haben wir beide unsgemeinsam auf die Fahnen geschrieben.

Eine letzte Frage: Wird es auch in diesemJahr wieder eine Ruderregatta geben?

Jauch: Ja, auf jeden Fall. Der Verein„Gesundheit in einem Boot“ wird dieRegatta organisieren; das Tumorzen-trum wird diese Regatta wohlwollendbegleiten, aber selbst nicht als Veranstal-ter auftreten. Termin ist voraussichtlichder 4. Juli 2009.

Herr Professor Gradinger, Herr ProfessorJauch, haben Sie herzlichen Dank für dasGespräch.

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pfade“ gefordert. Funktionieren die inMünchen?

Gradinger: Wenn Sie damit auf diegemeinsame Eingangspforte anspre-chen, durch die alle onkologischen Pa-tienten hindurch treten sollen, um dannan die geeigneten Spezialisten weiterverwiesen zu werden: Dieses Modellfunktioniert nirgendwo wirklich. Umdas zu realisieren, wäre ein organisatori-scher Umbau gigantischen Ausmaßesnotwendig.

Jauch: Dem kann ich mich nur an-schließen. Selbst in Heidelberg, alsodort, wo das erste CCC als onkologi-sches Spitzenzentrum gekürt worden ist,ist man von solchen Bedingungen weitentfernt.

Gibt es etwas am Tumorzentrum München, was nicht gut läuft?

Gradinger (lacht): Wie viele andereEinrichtungen benötigen wir mehrMittel. Nach wie vor wollen wir die Outcome-Forschung in München ver-bessern, das heißt, wir müssen weiter ins Tumorregister investieren. MehrGeld bekommen wir in erster Linie abernicht durch neue Zuschüsse, sonderndurch das Einwerben von Spenden.Das wiederum bedeutet, wir müssen unsere Außenwirkung verstärken.Wir müssen in und um München alsTumorzentrum in der Öffentlichkeitbesser wahrgenommen werden.

Ist der im Januar unter dem Namen TZMEssentials durchgeführte Jahreskongressdes Tumorzentrums als Teil dieser Außen-wirkung zu sehen?

Jauch: Ja, selbstverständlich. Wir sindvom Konzept eines Jahreskongresses, derdie wissenschaftlichen Neuigkeiten dervorausgegangenen zwölf Monate zu-sammenfasst, überzeugt. Künftig werdenwir die in Praxis tätigen Kollegen nochmehr einbinden: Jedes Thema wirdimmer von einem Kliniker und einemPraktiker präsentiert werden. Und daskonzentriert an einem Tag, immer rechtfrüh im Jahr.

„Die Einrichtung des Pettenkofer-Zentrums

haben wir beide uns auf die Fahnen geschrieben“

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Darmzentrum im „Krankenhaus Barmherzige Brüder“ eröffnet

TZM zertifiziert erstes OrganzentrumAm 8. April 2009 wurde das neueDarmzentrum am „KrankenhausBarmherzige Brüder“ in München mit einer ärztlichen Fortbildungs-veranstaltung feierlich eröffnet.Damit hat das erste vom Tumor-zentrum München, genauer von

TZMzert, zertifizierte Organzentrum seinen Dienst aufgenommen. Von der An-gliederung des Darmzentrums an das Tumorzentrum München verspricht sich das Team unter Leitung von Prof. Dr. med. Johannes G. Wechsler eine engere Kooperation auch mit den anderen Einrichtungen des Tumorzentrums. Auf diesesWeise, so Prof. Wechsler, profitierten die Patienten von einem deutlich verbessertenAngebot in Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge.

Das neue Darmzentrum ist erreichbar unter 089-1797-2301. Weitere Informationenim Internet unter www.darmzentrum-barmherzige-brueder.de.

Das Team des neuen Darmzentrums mit seinemLeiter Prof. Dr. med. Johannes G. Wechsler (links).

Panorama

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TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

PD Dr. med. Christian Straka ist neuer Leiter der Gruppe

Stabwechsel in derProjektgruppe „Multiples Myelom“In ihrer Sitzung vom 6. November letzten Jahres wählte die Projektgruppeein neues Leitungsteam. Herr PD Dr.Christian Straka, Chefarzt der AbteilungHämatologie und Onkologie in der Agirov-Klinik in Berg, hat ist zum Vor-sitzenden, Herr Dr. med. HermannDietzfelbinger von der MedizinischenKlinik Dr. Schindelbeck zum stellvertre-tenden Vorsitzenden gewählt worden.Für seine mehr als zehnjährige Tätigkeitals Projektgruppenleiter dankten alleAnwesenden Herrn Prof. Reiner Bartl,der in der Sitzung ankündigte, weiterhinMitglied der Projektgruppe bleiben zuwollen.

Noch in diesem Jahr will das neue Lei-tungsteam die dritte Auflage des Manu-als „Multiples Myelom“ publizieren.

Herr Dr. Straka ist per E-Mail erreichbarunter [email protected].

Das Wichtigste aus Hämatologie und Onkologie

TZM Essentials 2009Ende Januar feierte das TumorzentrumMünchen Premiere: Etwa 150 onkolo-gisch tätige Ärzte aus ganz Deutschlandhatten sich zum ersten Jahreskongressdes TZM im Hörsaalzentrum Großha-dern eingefunden.

Der Name der Veranstaltung war gleich-zeitig Programm: In elf Vorträgen wur-den die wichtigsten Neuerungen dervorangegangenen zwölf Monate refe-riert. Das Themenspektrum reichte vonder Targeted Therapy bis hin zur geria-trischen Onkologie. Anders als in ande-ren Update-Veranstaltungen wurden dieFortschritte der Therapie bei den soli-den Tumoren immer aus zwei Perspekti-

ven beleuchtet: aus der Sicht der jeweili-gen organspezifischen Disziplin und ausSicht der internistischen Onkologie.

In den Pausen hatten die Teilnehmer dieMöglichkeit, an die Referenten weitereFragen zu stellen. „Diese Art der Interak-tion soll im nächsten Jahr weiter verfolgtwerden“, so Professor Volkmar Nüssler,Koordinator des Tumorzentrums. WieProf. Karl-Walter Jauch, der neu gewähl-te Vorsitzende des TZM-Vorstands, aufNachfrage mitteilte, sollen im nächstenJahr die niedergelassenen Kolleginnenund Kollegen noch mehr einbezogenwerden. „Jedes Thema wird dann voneinem Kliniker und von einem niederge-lassenen Onkologen präsentiert werden“,so Jauch im Gespräch mit den TZM-News (siehe Interview Seite 10).

Ende Mai dieses Jahres wird das TZM-Jahrbuch 2009 erscheinen, in dem alleVorträge der TZM Essentials nachzu-lesen sein werden. Alle Kongressteil-nehmer werden das Werk kostenlos erhalten. Auch im Buchhandel wird es selbstverständlich verfügbar sein.

Interdisziplinäre Konsile in Bad TrisslBeginn jeweils um 14.00 Uhr c.t. imKonferenzraum der Klinik

13. Mai 200917. Juni 200915. Juli 200916. September 200914. Oktober 200911. November 2009

Termine

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TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

In regelmäßigen Abständen veröffentlichen die Projektgrup-pen des Tumorzentrums München Manuale mit Empfehlun-gen zu Diagnostik und Therapie der jeweiligen Entitäten.Zwei der neuesten Manuale stellen wir im Folgenden vor.

Vierte Auflage des Manuals „Kopf-Hals-Malignome“

Die Projektgruppe „Kopf- und Hals-Malignome“des TZM unter der Leitung von Herrn Dr. Dr.Gerson Mast hat Mitte Februar ihr neues Manualvorgestellt. Im allgemeinen Teil des neuen Manualswerden Epidemiologie, Diagnostik und Therapie

umfassend dargestellt; zusätzlich finden sich dort Aspekte zurRehabilitation, Schmerzlinderung, Ernährung, Psychoonkolo-gie, zur Arbeitsmedizin und zum Umgang mit Nebenwirkun-gen.Im speziellen Teil beschreiben jeweils spezialisierte Auto-ren detailliert die einzelnen Malignome der verschiedenenRegionen des Kopf-Hals-Bereiches.

Das Manual verschafft dem interessierten Leser einen praxis-nahen Überblick über die wesentlichen Aspekte in der Diag-nostik und Behandlung von Kopf-Hals-Malignomen, wobeidie Plattenepithelkarzinome als häufigste Malignomform denbreitesten Raum einnehmen.

Manual Kopf-Hals-Malignome, Tumorzentrum München (Hrsg.)ISBN 978-3-88603-938-8, 4. Auflage 2009, 344 Seiten, €18,90

Achte Auflage des Manuals „Tumoren der Lunge und des Mediastinums“

Auch die Projektgruppe „Tumoren derLunge und des Mediastinums“ unter der Leitung von HerrnProfessor Dr. Rudolf M. Huber hat Anfang des Jahres neuesManual präsentiert. Klare Fortschritte in der Tumorbiologieund in der multimodalen Therapie ermöglichen mittlerweileeine verbesserte Behandlung, vor allem des nichtkleinzelligenLungenkarzinoms. Die Zulassung neuer Medikamente die Si-tuation in der Erstlinien- und in der Rezidivtherapie spürbarverbessert.

Alle Kapitel dieses Manuals wurden interdisziplinär erarbeitet,sprich unter Mitwirkung aller an der Behandlung der Patien-ten beteiligten Fachdisziplinen. Besonderes Augenmerk wurdeauf die stadiengerechte Therapie der Tumoren gelegt. Dieunterschiedlichen Therapieprotokolle sind sorgfältig doku-mentiert. Das neue Manual bietet so einen ausgezeichnetenÜberblick über die aktuellen Empfehlungen zur Diagnostik,Therapie und Nachsorge der Tumoren der Lunge und des Me-diastinums.

Manual Tumoren der Lunge und des Mediastinums, Tumor-zentrum München (Hrsg.) ISBN 978-3-88603-950-0, 8. Auflage2009, 284 Seiten, € 18,90

Buchbesprechungen

Panorama

Alle ManualeEndokrine Tumoren

2. Auflage 2008, 224 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-940-1

Gastrointestinale Tumoren7. Auflage 2007, 288 Seiten, 29,50 €ISBN 978-3-88603-872-5

Hirntumoren und spinale Tumoren 3. Auflage 2007, 228 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-923-4

Knochentumoren und Weichteil-sarkome 4. Auflage 2004, 144 Seiten, 25,10 €ISBN 978-3-88603-855-8

Kopf- und Hals-Malignome4. Auflage 2009, 344 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-88603-938-8

Leukämien und MDS2. Auflage 2003, 200 Seiten, 25,10 €ISBN 978-3-88603-802-2

Maligne Lymphome8. Auflage 2008, 252 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-927-2

Maligne Melanome 5. Auflage 2000, 160 Seiten, 25,10 €ISBN 978-3-88603-697-4vergriffen

Maligne Ovarialtumoren8. Auflage 2007, 124 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-905-0

Mammakarzinome11. Auflage 2007, 334 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-88603-909-8

Multiples Myelom2. Auflage 2002, 240 Seiten, 25,10 €ISBN 978-3-88603-785-8

Psychoonkologie2. Auflage 2005, 204 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-88603-870-1

Supportive Maßnahmen in derHämatologie und Onkologie1. Auflage 2001, 360 Seiten, 38,50 €ISBN 978-3-88603-732-2vergriffen

Tumoren der Lunge und des Mediastinums8. Auflage 2009, 284 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-88603-950-0

Urogenitale Tumoren4. Auflage 2008, 372 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-88603-941-8

Malignome des Corpus uteri3. Auflage 2007, 88 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-906-7

Vulvakarzinom1. Auflage 2001, 60 Seiten, 20,15 €ISBN 978-3-88603-769-8

Zervixkarzinom2. Auflage 2004, 96 Seiten, 25,10 €ISBN 978-3-88603-839-8

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TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Das kolorektale Karzinom ist mit jährlich etwa 71.000 Neuer-

krankungen die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutsch-

land. 30.000 Patienten sterben jährlich an den Folgen der

Erkrankung. Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 70 Jahren.

Bei etwa jedem fünften Patienten beobachten wir eine

synchrone Metastasierung, weitere 20 bis 25 Prozent der

Patienten entwickeln zu einem späteren Zeitpunkt eine meta-

chrone Metastasierung, so dass letztlich 40 bis 50 Prozent der

Patienten innerhalb von fünf Jahren an den Folgen der Meta-

stasierung versterben. Die derzeit gültige S3-Leitlinie „Kolorek-

tales Karzinom“ wurde zwar im Jahr 2008 aktualisiert (29),

allerdings ist sie das Ergebnis einer Konsensuskonferenz, die

bereits im Juni 2007 stattfand. Seither gewonnene neue

Erkenntnisse werden deshalb im Folgenden diskutiert.

Adjuvante Therapie des KolonkarzinomsSowohl im Stadium III als auch im Stadium II wird die Mehr-zahl der Rezidive innerhalb der ersten drei Jahre nach R0-Resektion des Kolonkarzinoms erwartet (27). Fünf Jahre nachder Primäroperation liegt die Rezidivrate bei weniger als 1,5Prozent pro Jahr, nach 8 Jahren wird eine jährliche Rezidiv-rate < 0,5 Prozent erwartet. Diese Zahlen sind gerade für ältere Patienten wichtig. Geht man von einer Lebenserwar-tung von mindestens drei Jahren aus und besteht eine Indika-tion für eine adjuvante Chemotherapie, dann kann diese auchim fortgeschrittenen Alter noch sinnvoll sein und zu einer klinisch relevanten Minderung des Rezidivrisikos beitragen(Abb. 1).

Entsprechend der S3-Leitlinie ist beim R0-resezierten Kolon-karzinom im Stadium III, also bei nodalpositiver Erkrankung,eine adjuvante Chemotherapie über einen Zeitraum vonsechs Monaten indiziert. Dagegen sollte im Stadium II eineadjuvante Chemotherapie nur dann empfohlen werden, wennzusätzliche Risikofaktoren vorliegen (T4, Tumorperforationoder -einriss, Operation unter Notfallbedingungen, Anzahlder untersuchten Lymphknoten <12).

Die derzeit gültigen Empfehlungen zur adjuvanten Therapiebasieren auf den Ergebnissen der MOSAIC-Studie, welche die Überlegenheit einer adjuvanten Chemotherapie mit FOL-FOX4 im Vergleich zu infusionalem 5-FUFA nachwies (2).Das letzte Update zu dieser Studie erfolgte auf dem ASCO-Kongress 2007 (7). Bei einem Follow-up von fünf bis sechsJahren war das krankheitsfreie Überleben (DFS) bei Stadium-III-Patienten unter der FOLFOX4-Therapie signifikant besser(7.5%, p=0.005), dagegen wurde im Stadium II nur ein imTrend besseres DFS (Disease Free Survival) erreicht (3.8%,p=0.258). Die explorative Analyse der Hochrisiko-Stadium-

Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag von Professor Volker Heinemann im Rahmen der TZM Essentials am 31. Januar dieses Jahres.

Alle Beiträge der TZM Essentials werden im Jahrbuch des Tumorzentrums München, das voraussichtlich

Ende Mai 2009 erscheinen wird, publiziert.

Systemische Therapie des kolorektalen KarzinomsErgänzungen zu den S-3-Leitlinien

Volker Heinemann, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Ludwig Maximilians Universität München, Campus Großhadern

Therapie

II-Patienten zeigt, dass diese in gleicher Weise wie die Stadium-III-Patienten von der intensiveren Therapie mitFOLFOX4 profitieren (7.2%, Hazard Ratio 0.74). Im Hin-blick auf das Gesamtüberleben liegen derzeit allerdings nureindeutige Daten für Stadium-III-Patienten vor. Die adju-vante Chemotherapie mit FOLFOX4 induzierte in dieserGruppe nach sechs Jahren einen signifikanten Überlebens-vorteil (4.4%, p=0.029), während dieser im Stadium II nichtsichtbar wurde (0.1%, p=0.996) (7).

Die tägliche klinische Erfahrung mit dem FOLFOX4-Regimelegt die Schwierigkeiten einer sechsmonatigen Behandlungmit Oxaliplatin offen. Allein die wahrscheinlich optimisti-schen MOSAIC-Daten zeigen, dass sechs Monate nach Endeder Therapie immer noch 41 Prozent der Behandelten eineNeuropathie aufweisen, während dies nach einem Jahrimmer noch bei 29.5 Prozent der Fall ist (2). Die bisher ver-fügbaren protektiven Maßnahmen zur Reduktion der Oxali-platin-induzierten Polyneuropathie sind sehr beschränkt.Gegenwärtig wird hier nur die Gabe von Calcium und Mag-nesium diskutiert. Die Daten der CONCEPT Studie weisenauf die neuroprotektive Effektivität von Ca/Mg hin und zeigen, dass die Gabe von Ca/Mg keinen Einfluss auf die Ansprechrate des FOLFOX-Regimes hat (12).

Adjuvante Therapie bei älteren PatientenUntersuchungen von Sargent et al. zeigen, dass der Nutzender adjuvanten Chemotherapie hinsichtlich des DFS und desGesamtüberlebens bei jüngeren und älteren (≥70 Jahre) Patienten gleichermaßen nachweisbar ist (27). Da aufgrundder mit dem Alter zunehmenden Komorbiditäten eine

intensivere Chemotherapie häufig nicht mehr zumutbar ist,muss im Einzelfall auf besser erträgliche Therapieoptionenausgewichen werden. Hier hat sich gerade Capecitabin alseine sinnvolle Alternative erwiesen. Twelves et al. verglichenCapecitabin mit einem 5-FU/FA-Bolus-Regime und beob-achtete ein 5-Jahres-Überleben von 71,4 versus 68,4 Prozentzugunsten von Capecitabin bei gleichzeitig größerer Sicher-heit und Verträglichkeit der oralen Therapie (30).

In Übereinstimmung mit der S3-Leitlinie empfiehlt die Projektgruppe „Gastrointestinale Tumoren“ des Tumorzen-trums München (TZM), „bei Kontraindikationen gegen eineOxaliplatin-haltige Therapie eine Monotherapie mit Fluoro-pyrimidinen durchzuführen. Dabei werden orale Fluoro-pyrimidine den infusionalen Schemata vorgezogen. Bolus-regime sollen wegen der höheren Toxizität nicht mehr ver-wendet werden“ (29).

Adjuvante Therapie im Stadium IIDie 2007 im Lancet publizierten Daten der QUASAR-Studie führen zu der Schlussfolgerung, dass eine 5-FU/FA-basierte Chemotherapie auch im Stadium II zu einerÜberlebensverlängerung beitragen kann (25). Allerdings istder absolute Nutzen der Chemotherapie klein. Nimmt manohne Chemotherapie eine 5-Jahres-Mortalitätsrate von 20Prozent an, so führte die adjuvante Chemotherapie zu einerabsoluten Verbesserung um 3,6 Prozent (95% CI, 1.0-6.0).Vergleichbare Verbesserungen der Überlebensraten habenbei anderen Tumorentitäten wie dem Mammakarzinomoder dem NSCLC zu den entsprechenden Anpassungen derTherapiestandards geführt. Entsprechend der S3-Leitlinieempfiehlt die Projektgruppe des TZM Folgendes: „Bei Patienten mit einem kurativ resezierten Kolonkarzinom im Stadium II kann eine adjuvante Chemotherapie durch-geführt werden“ (29).

Neoadjuvante Therapie beim RektumkarzinomDie Deutsche Rektum-Ca-Studiengruppe verglich bereits im Jahr 2004 eine primäre Operation gefolgt von einer adju-vanten Radiochemotherapie im Standardarm mit einer neo-adjuvanten Radiochemotherapie gefolgt von Operation undnachfolgender Chemotherapie (28). Die neoadjuvante,präoperative Radiochemotherapie reduzierte die Lokalrezi-divrate von 13 Prozent auf 6 Prozent (p=0.006) und ermög-lichte eine deutliche Steigerung der kontinenzerhaltendenOperationen. Der Effekt der neoadjuvanten Radiochemo-therapie blieb aber auf die lokoregionäre Situation be-schränkt und hatte weder einen Einfluss auf die Rate derFernmetastasierung noch auf das krankheitsfreie Gesamt-überleben.

17

TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Abb. 1: Die Rezidivrate sinkt in beiden Tumorstadien (II und III) nachfünf Jahren auf unter 1,5 Prozent, nach acht Jahren auf unter 0,5 Pro-zent pro Jahr.

0,3

12

10

8

6

4

2

00,5 1 2 3 4 5 6 7 8

Zeit (Jahre)

Rezi

divr

ate

10

3,11,6

0,4

Stage 3

Stage 2 1,3 1,1

3,7

Rezidivrate nach Tumorstadium

Sargent D, JCO 2007

(HR = 0,50; p = 0,0002) und des Ge-samtüberlebens von 12,9 auf 16,6 Mo-nate (HR = 0,79, p=0.16) (19). Die Ef-fektivität von Bevacizumab ist sowohlfür die Erstlinientherapie wie auch dieBehandlung vortherapierter Patientenbelegt. Bei vortherapierten Patientenließ sich mit einer Kombination ausFOLFOX4 und Bevacizumab ein PFSvon 7,3 Monaten erreichen, währenddieses unter FOLFOX4 allein nur bei4.7 Monaten lag (HR=0.61, p<0.0001)(11).

Cetuximab ist ein chimärer IgG1-Anti-körper, der gegen den epidermalenWachstumsfaktorrezeptor (EGFR) gerichtet ist. In der CRYSTAL-Studiewurde eine Erstlinientherapie des meta-stasierten kolorektalen Karzinoms mitFOLFIRI plus Cetuximab mit einer al-leinigen FOLFIRI-Behandlung ver-glichen. In dieser Zulassungsstudie stei-gerte die Hinzugabe von Cetuximab dieAnsprechrate von 39 auf 47 Prozent (p= 0,0038), das progressionsfreie Überle-ben wurde von 8,0 auf 8,9 Monate ver-längert (p = 0,048). Überlebensdatenliegen bisher noch nicht vor (32).

Als weiterer gegen den EGFR gerichte-ter Antikörper muss Panitumumab ge-nannt werden, ein voll-humaner IgG2-

TherapieTZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Neuere Untersuchungen weisen aller-dings auf die große prognostische Rele-vanz des Tumorregressionsgrades nachvorangegangener Radiochemotherapiehin. Bisher stehen aber keine risiko-adaptierten Behandlungsempfehlungenzur Verfügung, die sich auf prospektivgewonnene Daten stützen können. Diegegenwärtigen Empfehlungen müssensich daher darauf beschränken, Patien-ten nach Möglichkeit im Rahmen klini-scher Studien zu behandeln. Die Nach-folgestudie der Deutschen Rektum-Ca-Studiengruppe untersucht derzeit dieEffektivität der Zugabe von Oxaliplatinzu dem neoadjuvant/adjuvanten Thera-piekonzept.

Therapie des metastasierten kolorektalen KarzinomsDie Therapie des metastasierten kolo-rektalen Karzinoms folgt in zunehmen-dem Maße individualisierten, an dasRisiko und die Biologie der Erkrankungangepassten Behandlungsstrategien.Die S3-Leitlinie unterscheidet drei nach Behandlungszielen und klinischen Gegebenheiten unterschiedene Sub-gruppen:

1. Patienten mit primär resektablenLeber- und/oder Lungenmetastasen.

2. Patienten mit einer Indikationfür eine intensivierte systemische The-rapie. Dazu gehören einerseits Patien-ten mit einer potenziell resektablenMetastasierung, die nach einer präope-rativen Chemotherapie der Resektionzugeführt werden können. Andererseitshandelt es sich um Patienten, bei denenaufgrund rascher Krankheitsprogres-sion oder tumorbedingter Symptomeein rasches Ansprechen erforderlich ist und eine entsprechend effektive Behandlung notwendig wird.

3. Patienten mit nicht resektablerMetastasierung ohne tumorbezogeneSymptome oder Organkomplikationen

18

und/oder schwerer Komorbidität. Indieser Gruppe wird man im Wesent-lichen auf eine gut verträgliche Behand-lung achten, bei der die Dauer derKrankheitsstabilisierung, nicht aber dieRemissionsinduktion im Vordergrundsteht (29).

Chemotherapie des metasta-sierten kolorektalen KarzinomsZu den effektiven, klinisch gut unter-suchten Kombinationsregimen gehörenderzeit FOLFOX, FOLFIRI oder FOL-FOXIRI. Mehrere randomisierte Stu-dien belegen die Gleichwertigkeit desFOLFOX- und XELOX-Regimes undweisen darauf hin, dass infusionale 5-FU-Regime durch das orale Capeci-tabin ersetzt werden können (3).Vergleichbar zuverlässige Daten liegenderzeit aber für XELIRI noch nicht vor.Patienten, bei denen Kontraindikatio-nen gegen Oxaliplatin oder Irinotecanbestehen, können entweder mit infusio-nalen 5-FUFA-Regimen oder mit einerCapecitabin-Monotherapie behandeltwerden.

Monoklonale AntikörperBevacizumab, ein monoklonaler Anti-körper gegen den vaskulären endotheli-alen Wachstumsfaktor (VEGF), hat zueiner deutlichen Steigerung der thera-peutischen Effektivität geführt (18).In der Zulassungsstudie induzierte dieZugabe von Bevacizumab zu dem IFL-Regime eine Verlängerung des progres-sionsfreien Überlebens (PFS) von 6,2auf 10,6 Monate (HR = 0,54; p<0.001)und des Gesamtüberlebens von 15,6 auf20,3 Monate (HR = 0,66; p<0.001)(15).

Ein vergleichbarer Effekt konnte auchbei Patienten beobachtet werden, fürdie eine Kombinationschemotherapieaufgrund ihres Allgemeinzustandesoder ihrer Komorbidität nicht zumut-bar war. Hier bewirkte die Zugabe vonBevacizumab zu 5-FUFA eine Verlänge-rung des PFS von 5,5 auf 9,2 Monate

Kolorektales Karzinom

THER2apie = Herceptin®Macht aus übermorgen Überleben.

Herceptin® 150 mg, Pulver zur Herstellung eines Infusionslösungskonzentrats. Wirkstoff: Trastuzumab, ein. humanisierter IgG1-monoklonaler Antikörper. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: 150 mg Trastuzumab. Hilfsstoffe: L-Histidinhydrochlorid, L-Histidin, , -Trehalosedihydrat, Polysorbat 20. Anwendungsgebiete: Pat. mit metast. Brustkrebs, deren Tumoren HER2 überexprimieren: 1) als Monothe-rapie bei vorbehandelten Pat. (mind. zwei vorangegangene Chemotherapie-Regime in der metast. Situation); 2) in Kombination mit Paclitaxel bei nicht vorbeh. Pat. (keine Chemotherapie in der metast. Situation); 3) in Kombination mit Docetaxel bei nicht vorbeh. Pat. (keine Chemotherapie in der metast. Situation); 4) in Kombination mit einem Aromatasehemmer zur Beh. v. postmenopausalen Pat. mit Hormonrezeptor-positivem metast. Brustkrebs, die noch nicht mit Trastuzumab behandelt wurden. Pat. mit HER2-pos. Brustkrebs im Frühstadium nach Operation, Chemotherapie (neoadjuvant oder adjuvant) und Strahlentherapie (sow. zutr.). Herceptin® ist nur bei Pat. anzuwenden, deren Tumoren eine HER2-Überexpression od. eine HER2-Genamplifikation aufweisen, die durch genaue und validierte Untersuchung ermittelt wurde. Gegenanzeigen: Pat. m. bek. Überempfindlichkeit geg. Trastuzumab, Mausproteine oder einen der sonst. Bestandteile. Pat. mit schwerer Ruhedyspnoe aufgr. Kompl. der fortgeschr. Krebserkr. oder Pat., die eine unterstützende Sauer-stofftherapie benötigen. Warnhinweise: Testung auf Überexpression von HER2 in spezialis. Labor erforderlich. Vor Therapie Überprüfung der Herzfunktion, die kardiol. Unters. sollte alle 3 Mon. während der Behand-lung sowie 6, 12 und 24 Mon. nach Ende der Therapie wiederholt werden. Die Anwendung von Herceptin® ist mit Kardiotoxizität verbunden, bes. in Kombination mit Anthrazyklinen. Anw. von Trastuzumab in Komb. mit Anthrazyklinen nur im Rahmen von klinischen Studien. Vorsicht bei Pneumonitis, bes. b. Patienten, die Taxane erhalten. Nebenwirkungen: Infusionsreaktionen (auch schwerw.), Überempfindlichkeit, Allergie-ähnliche Reaktionen, Diarrhöe, pulmonale Ereignisse, Kardiotoxizität (z. B. Herzinsuff., Herzrhythmusst.), Ödeme, Schmerzen, hämatol. Toxizität, Leber- und Nierentoxizität, Pankreatitis, psych. Erkrankungen (z.B. Depressionen), Hautveränderungen, Infektionen, Gelenkentzündungen, neurol. Störungen (z. B. Parästhesie, Neuropathie). Dosierung: Metastas. Brustkrebs: Erstinfusion: 4 mg/kg KG; Folgeinfusionen: 2 mg/kg KG, einmal wöchentl. bis zum Progress. Brustkrebs im Frühstadium: 3-wöchentl. Anwendung: Initialdosis 8 mg/kg KG, nach 3 Wochen 6 mg/kg KG alle drei Wochen, verabreicht als Infusion über ca. 90 Min., Behandlung ein Jahr oder bis zum Progress; wöchentliche Anw.: Initialdosis 4 mg/kg, anschl. 2 mg/kg jede Woche über ein Jahr. Haltbarkeit: 4 Jahre. Pharmazeutischer Unternehmer: Roche Registration Ltd., 6 Falcon Way, Welwyn Garden City, AL7 1TW, UK. Verschreibungspfl. Stand: März 2007. Weitere Informationen auf Anfrage erhältlich: Roche Pharma AG, 79630 Grenzach-Wyhlen.

Antikörper, der aufgrund seiner Struk-tur deutlich weniger Akutreaktionenhervorruft als Cetuximab. Bei intensivvorbehandelten Patienten war Pani-tumumab einer Behandlung mit bestsupportive care überlegen und wurdedaher für dieses Therapiesegment zuge-lassen (1, 31).

Bedeutung des KRAS-Muta-tionsstatusDie Signaltransduktion vom EGFR inRichtung Zellkern verläuft einerseitsüber den RAS/RAF-MEK/ERK-Weg,zum anderen über den PI-3Kinase-Akt-Signaltransduktionsweg. AktivierendeMutationen des EGFR selbst sind beimkolorektalen Karzinom selten. Dagegenwerden Mutationen im KRAS-Gen bei30 bis 40 und im BRAF-Gen bei 4 bis14 Prozent der Tumoren gefunden (14).Neuere Untersuchungen zeigen, dassInhibitoren des EGFR bei aktivierendenMutationen der stromabwärts gelege-nen Signaltransduktions-Stationen ihrehemmende Wirkung nicht entfaltenkönnen. Entsprechend sind gegen denEGFR gerichtete Antikörper wie Cetu-ximab oder Panitumumab bei aktivie-

renden KRAS- oder BRAF-Mutationenunwirksam (Abb. 2).

Eine Subgruppenanalyse der CRYSTAL-Studie wies nach, dass Cetuximab dieAnsprechrate bei KRAS-Wildtyp-Tu-moren von 43 auf 59 Prozent steigernkonnte, während bei Vorliegen vonKRAS-Mutationen mit Cetuximab eherniedrigere Remissionsraten erreichtwurden (40 versus 36 Prozent) (33).Gleichfalls konnte eine Verlängerungder progressionsfreien Überlebenszeitnur bei KRAS-Wildtyp (8,7 versus 9,9

Monate; HR = 0.68, p = 0.017), nichtaber bei KRAS Mutationen (8,1 versus7,6 Monate; HR = 1,07, p = 0,47) beob-achtet werden (Tabelle 1).

Eine nahezu identische Datenkonstel-lation ergibt sich in der OPUS-Studie,in der eine Erstlinientherapie mit FOL-FOX +/- Cetuximab evaluiert wurde(4). Auch in OPUS erfolgte eine explo-rative Analyse der Subgruppen entspre-chend des KRAS-Mutationsstatus. BeiKRAS-Wildtyp-Tumoren erzielt Cetu-ximab eine Steigerung der Remissions-rate von 37 Prozent auf 61 Prozent (p = 0,011). Dagegen zeigten KRAS-mutierte Tumoren bei Zugabe von Cetuximab ein deutlich schlechteresAnsprechen (49 versus 33 Prozent,p = 0.106) (Tabelle 1).

Bevacizumab-Wirkung unab-hängig vom KRAS-Mutations-statusWelche Bedeutung hat der KRAS Muta-tionsstatus für die Effektivität von An-giogeneseinhibitoren wie Bevacizumab?Ince und Mitarbeiter führten eineretrospektive Analyse der Zulassungs-studie AVF2107g durch, in der IFL +/- Bevacizumab untersucht worden war(17). Diese Untersuchung ergab, dassdie Wirkung von Bevacizumab unab-hängig vom KRAS-Mutationsstatus warund eine signifikante Verlängerung des

20

TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Tabelle 1: Effekt des KRAS-Mutationsstatus auf die Ansprechrate. Legende: KRASmut = mutiertes KRAS Gen; KRASwt = KRAS Wildtyp; ORR = Ansprechrate; PFS = progressionsfreie Zeit

Studie

CRYSTAL-Studie (33)

OPUS-Studie (4)

Therapie-Regime

FOLFIRI

FOLFIRI +Cetuximab

FOLFOX

FOLFOX + Cetuximab

ORR (%)

KRASwt KRASmut

43 40

59 36

37 49

61 33

PFS (Monate)

KRASwt KRASmut

8.7 8.1

9.9 7.6

7.2 8.6

7.7 5.5

Abb. 2: Aktivierende Mutationen der stromabwärts gelegenen Signaltransduktions-StationenRAS und RAF machen gegen EGFR gerichtete Antikörper wie Cetuximab oder Panitumumab unwirksam.

Überleben (10,7 versus 9,6 Monate;HR = 1,21; p = 0,018).

Vergleichbare Daten wurden auch inder PACCE-Studie erhoben, die FOL-FOX plus Bevacizumab +/- Panitum-umab untersuchte. Auch steigerte dieZugabe des EGFR-Inhibitors die Toxi-zität des Regimes und verkürzte die PFSvon 11,1 Monaten im Kontrollarm auf9,6 Monate im experimentellen Arm(HR = 1,44, p = 0,004). Aus diesenDaten kann der klare Rückschluss ge-zogen werden, dass Ergebnisse ausPhase-II-Untersuchungen nicht unbe-sehen in die klinische Praxis übernom-men werden können. Entsprechend hat die Kombination von Bevacizumabmit anti-EGFR Antikörpern außerhalbklinischer Studien keinen therapeu-tischen Stellenwert.

Vorgehen bei isolierter Lebermetastasierung Im Verlauf der Erkrankung tritt einehepatische Metastasierung bei etwa 50Prozent der Kolonkarzinompatientenauf. Diese wird als synchrone Metasta-sierung schon zum Zeitpunkt der Erst-diagnose bei etwa 25 Prozent der Patienten festgestellt und bei weiteren25 Prozent als metachrone Metastasie-rung zu einem späteren Zeitpunkt dia-gnostiziert. Etwa 30 bis 40 Prozent derPatienten zeigen eine allein auf dieLeber bezogene Metastasierung, die

andere Organsysteme ausspart (5).Aufgrund der Größe, der Anzahl undder Lokalisation der Metastasen in derLeber besteht allerdings bei nur 15 bis 20Prozent der Patienten die Möglichkeiteiner kurativen Resektion (23).

Primäre Lebermetastasen-resektionPatienten, bei denen eine primäre Lebermetastasenresektion durchgeführtwurde, profitieren davon mit einemdeutlich verlängerten Überleben (4).So beträgt das Fünf-Jahres-Überlebennach kurativer Resektion 15 bis 50 Pro-zent (17). Einige Patienten erreichen auf diese Weise eine langfristige Tumor-freiheit, dennoch erleidet mit 70 bis 80Prozent die Mehrzahl der Patienten ein Rezidiv (23). Eine extrahepatische Tumormanifestation stellt keine obligate

Kontraindikation zur Lebermetastasen-resektion dar, wenn der extrahepatischeTumoranteil resektabel ist. Dies gilt ins-besondere für Lungenmetastasen oderlokoregionäre Tumorrezidive, da in die-ser Situation durch Resektion 5-Jahres-Überlebensraten von 15 - 32 % zu er-reicht werden können (8, 17).

Primär nicht resektable LebermetastasierungBesteht keine Möglichkeit der Meta-stasenresektion, so muss man von einerdeutlich schlechteren Prognose ausge-

21

progressionsfreien Überlebens sowohlbei KRAS Wildtyp Tumoren (7,4 versus13,5 Monate, p<0.0001) als auch beiKRAS mutierten Tumoren (5,5 versus9,3 Monate, p=0.0008) induziert werden konnte.

Die Ineffektivität der EGFR-Inhibitorenbei Vorliegen aktivierender KRAS Mu-tationen wurde bisher nur in retrospek-tiven Untersuchungen belegt. Aufgrundder hohen Konsistenz der Daten ist je-doch davon auszugehen, dass Medika-mente wie Cetuximab oder Panitum-umab nur bei Patienten mit KRASWildtyp Tumoren, also bei etwa 60 Pro-zent der kolorektalen Tumoren effektivsind (14). Vor Einsatz von EGFR-Inhi-bitoren ist daher die Definition des Mu-tationsstatus erforderlich, da eine nega-tive Wirkung der EGFR-Inhibitoren beiVorliegen von KRAS-Mutationen nichtausgeschlossen werden kann. Verglei-chende Analysen von Primärtumorenund Metastasen zeigen eine hohe Konsistenz des Mutationsstatus, so dass bei Auftreten einer Metastasierungdie Analyse aus dem Primärtumor er-folgen kann. Das unter der Anti-EGFR-Therapie auftretende akneiforme Exanthem korreliert mit der Ansprech-rate, ist aber unabhängig vom KRAS-Mutationsstatus.

Doppeltargeting nicht sinnvollEine bei vorbehandelten Patientendurchgeführte Phase-II-Studie legtenahe, dass die Kombination von Anti-EGFR- und Anti-VEGFR-Strategien zueiner Steigerung der therapeutischenEffektivität führen würde (26). DieseHoffnung wurde in der CAIRO-II-Studie zunichte gemacht. Sie unter-suchte die Kombination aus CAPOXplus Bevacizumab plus Cetuximab imVergleich zu CAPOX plus Bevacizumab(24). Die Zugabe von Cetuximab führtenicht nur zu einer höheren Nebenwir-kungsrate, sie induzierte auch ein signi-fikant niedrigeres progressionsfreies

Therapie TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Tabelle 2: Effektivität moderner Therapieregime

RegimeFOLFIRIFOLFOXFOLFOXIRIFOLFOX + CetuximabKRAS-WTFOLFIRI + CetuximabKRAS-WTFOLFOX/XELOX + BevacizumabXELOX + Bevacizumab

ORR35-50%35-50%66%61%

59%

38%

73%

Beurteilungzahlreiche Studien verfügbarzahlreiche Studien verfügbar1 randomisierte Studie (n=122)retrospektive Analyse aus rand. Studie (n=61)

retrospektive Analyse aus rand. Studie (n=348)

1 randomisierte Studie (NO16966) (n=700)

1 Studie bei Patienten mit potentiell resektablen Lebermetastasen (n=43)

kungsgleich verliefen (HR = 1,07).Hinsichtlich der adjuvanten Therapieresektabler Lebermetastasen empfiehltdie Projektgruppe des TZM in Überein-stimmung mit der S3-Leitlinie daher,dass nach R0-Resektion synchroner oder metachroner Lebermetastasen eineadjuvante Chemotherapie erwogen werden kann.

Perioperative Chemotherapie bei resektablen LebermetastasenNordlinger et al. untersuchten die peri-operative Chemotherapie bei resektablerLebermetastasierung (21). Im randomi-sierten Vergleich wurden 364 Patientenentweder der sofortigen Operation zu-geführt oder sie erhielten eine prä- undpostoperative Chemotherapie mit FOL-FOX4 über jeweils drei Monate (sechsZyklen).

Betrachtet man nur die Gruppe der imRahmen der Studie auswertbaren Pa-tienten, so ergibt sich ein signifikanterPFS-Vorteil zugunsten der perioperati-ven Therapie (HR = 0,77; p = 0,041).Der Vorteil im progressionsfreien Über-leben zeigt sich am deutlichsten, wennnur die resezierten Patienten untersuchtwerden (HR = 0,73; p = 0,025). Da diestatistische Signifikanz aber in der In-tent-to-treat-Analyse der Gesamtgruppeverloren geht (HR = 0,79; p = 0,058),wird diese Studie in ihrer klinischen Relevanz immer noch kontrovers disku-tiert (Tabelle 3).

Entsprechend empfiehlt die Projekt-gruppe in Übereinstimmung mit der S3-Leitlinie, dass eine neoadjuvante systemische Therapie resektabler Leber-metastasen in begründeten Ausnahme-fällen erwogen werden kann.

Einfluss der neoadjuvanten Chemothe-rapie auf das perioperative Morbiditäts-und Letalitätsrisiko gefunden (35).

Chemotherapie nach Resektionvon LebermetastasenMitry et al. führten eine gepoolte Ana-lyse zweier randomisierter Studiendurch, in denen nach erfolgter Leber-metastasenresektion entweder eineFUFA-basierte Chemotherapie oderkeine Behandlung verabreicht wurde(20). Die Analyse der progressionsfreienÜberlebenszeit (PFS) zeigte bei insge-samt 274 Patienten einen deutlichen,aber gerade nicht signifikanten Vorteil(p = 0,058) der postoperativen Chemo-therapie (27,9 versus 18,8 Monate).

Die Überlebenskurven überlappen sichinitial und trennen sich erst nach dreiJahren. Auch hier wird ein nicht signifi-kanter Vorteil zugunsten der Chemothe-rapie festgestellt (62,2 versus 45,2 Mo-nate, p = 0,095).

In einer weiteren randomisierten Studiewurde bei 321 Patienten eine postopera-tive Chemotherapie mit FOLFIRI mit 5-FU/FA verglichen (36). Die Therapie-dauer betrug in beiden Therapiearmensechs Monate (zwölf Zyklen). Die Inten-sivierung der Chemotherapie durch Zu-gabe von Irinotecan erreichte keine Ver-besserung des krankheitsfreien Überle-bens (HR = 0,89; p = 0,43). Ein Vorteilfür die Behandlung mit FOLFIRI wurdedagegen in der Subgruppe beobachtet,die innerhalb von sechs Wochen nachOperation mit der Chemotherapie be-gann (HR = 0,75), während bei späte-rem Therapiebeginn die Kurven dek-

hen. Das mediane Überleben liegt dannin einem Bereich von 14 bis 21 Monaten(22), das Fünf-Jahresüberleben bei 10,5 Prozent (6). Eine Untergruppe derprimär nicht Resektablen besteht aussolchen Patienten, bei denen die Meta-stasierung zumindest potenziell resek-tabel ist. Kann durch eine präoperativeChemotherapie eine Remission erreichtwerden, dann beträgt das Fünf-Jahres-überleben nach kurativer Resektion 37Prozent (Adam 2007). Moderne Che-motherapie-Regime wie FOLFOXIRIoder Kombinationen von FOLFOX/XELOX beziehungsweise FOLFIRI mitAntikörpern wie Cetuximab oder Beva-cizumab erreichten Remissionsraten von50 bis 70 Prozent (9, 13, 32, Tabelle 2).

Chemotherapie-induzierte LeberschädenNeuere Arbeiten weisen darauf hin, dassdie präoperative Chemotherapie aucheine Schädigung der Leber induzierenkann, die im Einzelfall die perioperativeMorbidität und Mortalität erhöht.Vauthey et al. beobachteten unter einerBehandlung mit Irinotecan-basiertenRegimen ein vermehrtes Auftreten vonSteatose und Steatohepatitis, dagegenkam es bei Oxaliplatin-behandelten Patienten häufiger zu sinusoidalen Dilatationen (34).

Grundsätzlich ist es wohl wichtig, dasseine präoperative Chemotherapie nur solange durchgeführt wird, bis eine Resek-tabilität erreicht ist. Wichtig ist auch Ri-sikogruppen für die Entwicklung einerSteatohepatitis frühzeitig zu identifizie-ren. So wurde in einer multizentrischenUntersuchung an 783 Patienten kein

TherapieKolorektales Karzinom

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TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

N364342303

3-J-PFS Vorteil7.3%8.1%9.2%

HR0.790.770.73

P0.0580.0410.025

GesamtgruppeAuswertbare PatientenResezierte Patienten

Tabelle 3: Perioperative Chemotherapie bei resektablen LebermetastasenLegende: PFS = progressionsreie Zeit; HR = Hazard ratio

Die Literaturliste zu diesem Beitrag erhaltenSie auf Anfrage – vorzugsweise per E-Mail –zugesandt:

TZM-News – LUKON-VerlagLandsberger Str. 480 a · 81241 MünchenE-Mail: [email protected]

Projektgruppen

VorschauA u s s c h r e i b u n g

Urogenitale TumorenDie Projektgruppe „Urogenitale Tumoren“hat im Dezember letzten Jahres ihr neuesManual präsentiert. In der nächsten Ausgabe der TZM-News werden Mitgliederder Gruppe in einem Überblicksbeitrag Informationen zu Diagnostik und Therapieurogenitaler Tumoren liefern.

TZM-NewsISSN: 1437-8019© 2009 by Tumorzentrum München und LUKON Verlagsgesellschaft mbH,Landsberger Str. 480 a, 81241 MünchenFon: 089-820737-0, Fax 089-820737-17 E-Mail: [email protected]

AnzeigenManfred Just (089-820737-0)

HerausgeberGeschäftsführender Vorstand des Tumorzentrums München

VorsitzenderProf. Dr. med. K.-W. Jauch, Direktor der Chirurgischen Klinik, Klinikum Großhadern der Universität München

1. stellvertretender VorsitzenderProf. Dr. med. J. Gschwend, Direktor der urologischen Klinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar

2. stellvertretender VorsitzenderProf. Dr. med. R. Gradinger, Ärztlicher Direktor des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München

Geschäftsführender SekretärProf. Dr. med. Ch. Peschel, Direktor der 3. Medizinischen Klinik der Technischen Universität München

SchatzmeisterProf. Dr. med. V. Heinemann, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Klinikum Großhadern der Universität München

KoordinatorProf. Dr. med. V. Nüssler,Tumorzentrum München, Geschäftsstelle:Pettenkoferstraße 8 a, 80336 MünchenFon: 089-5160-2238, Fax: 089-5160-4787E-Mail: [email protected]: www.tumorzentrum-muenchen.de

RedaktionProf. Dr. med. V. Nüssler (verantwortlich),Anita Sauer, Hermann Werdeling, Ludger Wahlers

BildnachweisAlle Grafiken: Charlotte Schmitz

Grafik-Design, IllustrationCharlotte Schmitz, 42781 Haan

DruckDigitalDruckHilden GmbH, 40723 Hilden

Impressum

23

TZM News 1 / 2009 (11 Jg.)

Projekt-gruppenMaligne OvarialtumorenFrau Prof. Dr. B. [email protected]

MammakarzinomeHerr Dr. Ingo [email protected]

Multiples MyelomHerr PD Dr. Christian [email protected].

Psycho-OnkologieFrau Dr. P. Heuß[email protected]

Supportive Maßnahmen in der Hämatologie und OnkologieHerr Prof. Dr. H. [email protected]

Tumoren der Lunge und des MediastinumsHerr Prof. Dr. R. M. [email protected]

Urogenitale TumorenHerr PD Dr. U. [email protected]

UterusmalignomeHerr PD Dr. Ch. [email protected]

Endokrine TumorenHerr Prof. Dr. B. [email protected]

Gastrointestinale TumorenFrau Prof. Dr. Ch. [email protected]

HirntumorenHerr Prof. Dr. J.-C. [email protected]

Knochentumoren / WeichteilsarkomeHerr Prof. Dr. R. [email protected]

Kopf-Hals-MalignomeHerr Dr. Dr. Gerson [email protected]

Leukämien und MDSHerr Prof. Dr. W. [email protected]

Maligne LymphomeHerr Prof. Dr. M. [email protected]

Maligne MelanomeHerr Prof. Dr. M. [email protected]

W O L F G A N G W I L M A N N SS T I F T U N G

Die Wolfgang-Wilmanns-Stiftung vergibt Geldpreise zur Förderung der Leukämie- und Tumorforschung an junge Wissenschaftler oder Forschergruppenan den Münchner Universitäten für innovative Arbeiten. Die Ausschreibung für das Jahr 2009 erfolgt für das Gebiet Klinische Forschung.

Bedingungen:Erstautoren/innen aus der Ludwig-Maximilians-Universität Münchenund der Technischen Universität München bis zum Alter von 35 Jahrenkönnen eine bereits publizierte Originalarbeit aus den Jahrgängen2007/2008/2009 einreichen. Einzureichen bis 30. September 2009.

Vier Sonderdrucke der Originalarbeiten sind einzureichen an:

Tumorzentrum MünchenGeschäftsstellePettenkoferstraße 8a80336 München

Akademisches Lehr-

krankenhaus der

Ludwig-Maximilians-

Universität München

Prof. Dr. med. Thomas LichtChefarzt Innere

Chefarzt RehabilitationTel. 08386/701635

Prof. Dr. med. Gerhard RautheChefarzt Gynäkologie

Ärztlicher DirektorTel. 08386/701633

Aufnahmesekretariat:Frau Julia SchäfleTel. 08386/701601

Ausführliches Informations-material erhalten Sie

unter unserer kostenlosen Hotline: 0800/4862463

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