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Thieme-VerlagFrau Biehl-Vatter
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9.3.2007Umbruch
70
4 Gef�ßmissbildungen des ZNSim KindesalterM. Schumacher, R. Korinthenberg
4.1 Gef�ßanomalien
4.1.1 Anlageanomalien
Definition
Die Anlageanomalien der supraaortalen und intrakraniellenGef�ße erkl�ren sich aus der embryonalen Entwicklung,w�hrend der Gef�ßsysteme zun�chst entstehen und sichsp�ter wieder zur�ckbilden. Wird dieser Prozess gest�rt, re-sultieren Agenesien, Aplasien, Hypoplasien, abnorme Ab-g�nge oder Duplikaturen von hirnversorgenden Gef�ßen.
Q Bei der vollst�ndigen Agenesie von Gef�ßen (Abb. 4.1)
fehlt auch die Anlage als fibr�ser Strang oder die Pr�for-
mierung eines Knochenkanals.
Q Bei der Aplasie ist die Gef�ßanlage vorhanden, bildet je-
doch kein Gef�ßlumen aus.
Q Die etwas h�ufiger anzutreffenden Hypoplasien k�nnen
den gesamten Abschnitt der A.carotis interna (ACI) oder
nur Segmente betreffen; sie beginnen dann meist distal
der extrakraniellen Karotisbifurkation.
Q Auch die Abgangsanomalien hirnversorgender Gef�ße,
Doppelanlagen (Abb. 4.2) und Fenestrationen k�nnen
leicht durch Dopplersonographie und MR-Angiographie
(MRA) diagnostiziert werden. Die Hypoplasie kann von
einer Gef�ßdissektion oder einer rekanalisierten Gef�ß-
thrombose durch ihre glatte Begrenzung gut unterschie-
den werden.
Diese Gef�ßanomalien f�hren jedoch nur sehr selten zu
neurologischen Symptomen und zerebralen Isch�mien
(G�tz u. Schumacher 1995). Obwohl sie also klinisch relativ
unbedeutend sind, sollten durch nichtinvasives diagnosti-
sches Screening (MRA) zerebrale Aneurysmen aus-
geschlossen werden, die auf dem Boden dieser Anlagest�-
rungen eine um bis zu 23 % erh�hte Koinzidenz besitzen
(Afifi et al. 1987; Servo 1977).
4.1.2 Persistierende embryonalePrimitivarterien
Verbindungen zwischen dem Karotis- und dem vertebro-
basil�ren Gef�ßsystem sind w�hrend der fr�hen embryo-
nalen Entwicklung normal. Weder die Ursache ihrer Persis-
tenz noch deren klinische Bedeutung sind gekl�rt. Die
H�ufigkeit aller persistierender karotido-vertebro-basil�-
ren Verbindungen liegt bei ca. 0,2 % der angiographierten
Patienten.
Das Zusammentreffen mit Aneurysmen, arterioven�sen
Angiomen, Moya-Moya-Erkrankung oder Trigeminusneu-
ralgie wurde beschrieben (Byrne u. Guglielmi 1998).
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Abb. 4.1a – c Aplasie der Karotis links.a Sch�delbasis von basal in 3D-Rekon-
struktion zeigt die normale Anlage desrechten kn�chernen Karotiskanals (Pfeil,Foramen lacerum), w�hrend links dieKnochenstrukturen nicht angelegt sind.
b Knochenfenster-CT mit rechts normaler,links fehlender Anlage des Canalis caro-ticus.
c In der MRA-TOF fehlende Darstellungder gesamten linken Karotis.
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4.2 Gef�ßmalformationen 71
4.2 Gef�ßmalformationenDie derzeitig g�ltige Klassifizierung der Gef�ßmalforma-
tionen unterscheidet:
1. arterioven�se Malformationen (AVM),
2. kavern�se Angiome,
3. ven�se Angiome und
4. kapill�re Teleangiektasien (Jellinger 1986).
Diese Einteilung beschreibt nach praktischen Gesichts-
punkten Entit�ten mit ganz unterschiedlichen epidemiolo-
gischen, pathophysiologischen und histopathologischen
Charakteristika und sehr verschiedener klinischer und the-
rapeutischer Relevanz.
4.2.1 Zerebrale arterioven�seMalformationen
Definition
Arterioven�se Malformationen (AVM) bestehen aus kom-plexen Konglomeraten abnormer Arterien und Venen, dieein dichtes Gef�ßkn�uel (Nidus) bilden.Der hohe arterioven�se Shunt f�hrt zu Dilatation und Wand-verdickung der zuf�hrenden Arterien und mitunter zu erhebli-cher ektatischer Erweiterung der drainierenden Venen. Blutun-gen nehmen in der Regel ihren Ursprung aus diesen Venen,deren verd�nnte Gef�ßw�nde keine glatte Muskulatur be-sitzen und deren Elastica interna reduziert ist. Stenosen oderThrombosen der arteriellen und ven�sen perinidalen Gef�ßestellen weitere Folgen des turbulenten Hochdruckflussesdar.
Das mit 2 –4 % pro Jahr zu veranschlagende Risiko einer
Blutung ist wesentlich durch diese Sekund�rver�nderun-
gen bedingt. Das Risiko ist bei Lokalisation der AVM in den
tieferen Hirnregionen und der hinteren Sch�delgrube ge-
steigert (Kubalek u. Schumacher 2001). Vorausgegangene
Blutungen erh�hen das zuk�nftige Blutungsrisiko auf das
2- bis 4-fache. Bis zum Alter von 20 Jahren haben ca. 20 %
aller Patienten mit einer AVM eine Blutung erlitten (Perret
u. Nishioka 1966). Insgesamt ist das Blutungsrisiko bei Kin-
dern h�her als bei Erwachsenen. AVM sind außerdem die
Ursache von 20 % aller kindlichen Schlaganf�lle (Schoen-
berg et al. 1978).
F�hrende klinische Symptome sind Kopfschmerzen, aku-
te bzw. fortschreitende neurologische Defizite, Anf�lle
oder bei hohem Shuntvolumen kardiovaskul�re St�rungen.
Anf�lle sind meist Folge einer Hypoperfusion von nidus-
nahem Hirngewebe durch ein Steal-Ph�nomen, welches
eine umschriebene Gliose oder eine regionale Atrophie
hervorrufen kann. Akute neurologische Defizite werden in
der Regel durch Blutungen verursacht. Sind sie langsam
progredient, deuten sie eher auf eine fokale Isch�mie durch
arteriellen Steal oder Druck auf das Umgebungsgewebe
hin.
Epidemiologie
Da AV-Malformationen h�ufig asymptomatisch bleiben,
variieren die Sch�tzungen zu Pr�valenz und Inzidenz be-
tr�chtlich (1–10/100 000 Einwohner/Jahr). Die Inzidenz
steigt bis zum Ende der 1. Dekade ohne geschlechtsspezi-
fische Unterschiede deutlich an.
�tiologie
Die Genese der AV-Malformationen wurde bisher in einer
pr�natalen Entwicklungsst�rung der kapill�ren Reifung
gesehen, die im weiteren Verlauf durch chronischen h�-
modynamischen Stress lediglich modifiziert wird. Angio-
genetische Untersuchungen konnten jedoch belegen, dass
zus�tzlich spezifische endotheliale Wachstumsfaktoren
exprimiert werden, die das Wachstum arterioven�ser Mal-
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Abb. 4.2a – b Gef�ßanomalien der Ver-tebralarterien.a MRA-TOF zeigt einen abnormen Abgang
der rechten Vertebralarterie aus der A.carotis communis.
b Doppelung der Vertebralarterie ab ih-rem Ursprung aus der rechten A. subcla-via (DSA).
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formationen verst�rken (Rothbart et al. 1996). Ebenso
konnte eine flussunabh�ngige Suppression des Pr�pro-
endothelin-1-Gens belegt werden, die m�glicherweise f�r
das Wachstum von Angiomgef�ßen verantwortlich ist
(Rhoten et al. 1997).
Einteilung
F�r die Therapieplanung hat sich eine Einteilung der AVM
nach Gr�ße, Lage und Drainagetyp bew�hrt (Spetzler u.
Martin 1986; Tab. 4.1).
Diese Klassifikation ist vornehmlich f�r die Absch�tzung
der neurochirurgischen Operabilit�t von Bedeutung, weni-
ger f�r die endovaskul�re oder radiochirurgische Therapie.
Bez�glich der Lokalisation der AVM werden kortikale
und zentrale (tiefe) Malformationen differenziert.
Q Die kortikalen AVM gehen von der subpialen Oberfl�che
des Gehirns aus und durchsetzen den Kortex sowie die
anschließende weiße Substanz in einer typischerweise
keilf�rmigen Anordnung, wobei die Spitze des Keils bis
in die Tiefe des Marklagers und sogar bis zur Ventrikel-
wand reichen kann (Abb. 4.3).
Q Die tiefen AV-Angiome sind im Balken oder limbischen
System, wie auch in den Basalganglien, dem Thalamus
und Hirnstamm gelegen. Eine Unterkategorie bilden
AVM des Plexus choroideus, die von choroidalen und
perforierenden subependymalen Arterien der großen ba-
salen Hirngef�ße versorgt werden.
Bei Kindern wie bei Erwachsenen finden sich 70 –90 % der
AVM vorzugsweise in supratentoriellen Hirnregionen (Per-
ret u. Nishioka 1966).
Multifokale AV-Malformationen kommen bei Kindern
doppelt so h�ufig (4 %) vor wie bei Erwachsenen. Deren
Prototyp, das Wyburn-Mason-Syndrom, zeigt neben in-
trakraniellen Angiomen retinale vaskul�re Malformationen
und Gesichtsnaevi.
Diagnostik
Die Diagnostik zerebraler AVM gelingt mit den Standard-
methoden CT, MRT und konventionelle Angiographie (DSA)
sehr zuverl�ssig, wobei jeder Methode eine Spezifit�t zur
Darstellung einzelner Details zukommt (Tab. 4.2), die Ge-
samtnachweisquote f�r CT und MRT jedoch gleich ist.
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Tabelle 4.1 Spetzler-Martin-Klassifikation von AV-Malforma-tionen.
Beurteilungskriterien Wert
Gr�ße
< 3 cm 1
3 – 6 cm 2
> 6 cm 3
Lokalisation
nichteloquentes Hirnareal 0
eloquentes Hirnareal 1
Ven�se Drainage
nur oberfl�chliche Venen 0
tiefe Venen 1
Durch Addition der Beurteilungskriterien ergeben sich Werte von1 (g�nstige Prognose) bis 5 (extrem ung�nstige Prognose). Zu-s�tzlicher Score 6 f�r nichtoperable AV-Malformationen.
Abb. 4.3a – c Arterioven�se Malformation. Ausgedehnte parietale AVM von kortikal keilf�rmig bis zum rechten Trigonum rei-chend (T1, a, b, T2, c). Stark erweiterte nach zentral und kortikal drainierende Venen sowie randst�ndige Gliose (Pfeil).
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4.2 Gef�ßmalformationen 73
Computertomographie
Die CT ist besonders geeignet, Verkalkungen zu erfassen
(25–30 %), sowie akute parenchymat�se oder subarach-
noidale Blutungen. Gr�ßere perinidale Blutungen k�nnen
im Akutstadium trotz Kontrastmittelgabe eine AVM mas-
kieren. Im Nativ-CT kann eine AVM �bersehen werden, so-
dass eine Kontrastmittelgabe obligat ist.
Magnetresonanztomographie
Diagnostische Vorteile ergeben sich mit der heute am
meisten eingesetzten MRT. L�nger zur�ckliegende Paren-
chymblutungen sind bei Verwendung T2*-gewichteter
GRE-Sequenzen durch Nachweis von Blutabbauprodukten
zuverl�ssiger zu erfassen (Abb. 4.4). Die Gef�ßstrukturen
mit raschem Fluss lassen in T2-gewichteten Aufnahmen
die arteriellen angiomversorgenden �ste, das Konglomerat
der dicht gepackten Nidusgef�ße und die ven�se Drainage
gut differenzieren.
Die Definition des Nidus gelingt exakter bei zus�tzlicher
Verwendung einer kontrastmittelgest�tzten MR-Angio-
graphie (MRA). Bei sehr kleinen Angiomen sollte neben
der Time-of-Flight- (TOF) auch die Phasen-Kontrast-MR-
Angiographie eingesetzt werden, mit der Flussgeschwin-
digkeit und Flussrichtung bestimmbar sind. Dies erleich-
tert die Differenzierung arterieller großer Zufl�sse und
Venen. Eine wertvolle Erg�nzung ist die Projektions-MRA
(Klisch u. Schumacher 2000), die arterioven�se Shunts ver-
gleichbar der DSA darstellt und somit als Screening-Unter-
suchung den konventionellen Sequenzen aufgrund ihrer
dynamischen Darstellung mit 2 Bildern/s �berlegen ist
(Abb. 4.5).
Hypoperfusionen durch Steal-Effekte k�nnen in der un-
mittelbaren Nachbarschaft des Nidus gewebliche Ver�nde-
rungen als Atrophie oder Gliose hervorrufen, die meist f�r
die zerebralen Anf�lle verantwortlich sind. Diese Paren-
chymver�nderungen sind am besten in T2- und FLAIR-Se-
quenzen als signalangehobene, atrophische L�sionen nach-
zuweisen. Spezielle MR-Bildparameter, wie eine zentrale
oder singul�re kortikale Venendrainage, periventrikul�re
und intraventrikul�re Angiomlokalisation und der Nach-
weis von Meth�moglobin oder H�mosiderin deuten auf ein
erh�htes Blutungsrisiko hin (Ball 1997).
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DSA CT MRT
Parenchyml�sion
Q Blutung – +++ ++
Q Isch�mie – ++ +++
Q Gliose – + +++
Q Verkalkung – +++ ++
Lokalisation (sulcal, gyral, kombiniert s/g, zentral) ++ ++ +++
Nidus (Gr�ße, Form) +++ + ++
Arterielle Zufl�sse (singul�r/multipel, Durchmesser;Terminalgef�ße, Transitarterien, durale Zufl�sse)
+++ + ++
Ven�se Drainage (singul�r/multipel, Varizen;Stenosen, Drainagerichtung)
+++ + ++
Flusscharakter (Niedrig-/Hochfluss, Fistel, Steal) +++ – ++*
Assoziierte Malformationen (Aneurysmen,Kavernome, DVA)
+++ + ++
* Projektions-MRA mit KM
Tabelle 4.2 Bildgebung in der AVM-Diag-nostik: Digitale Subtraktionsangiographie(DSA), Computertomographie (CT) Mag-netresonanztomographie (MRT)
Abb. 4.4 Arte-rioven�se Mal-formation. T2*-GRE-Sequenzeiner temporalenAVM rechts mitMischung ausSignalausl�-schungen durchdrainierende Ve-nen und H�mo-siderin nach Par-enchymblutun-gen nebenhelleren Gliose-herden.
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Digitale Subtraktionsangiographie (DSA)
Diagnostischer Goldstandard und f�r die Planung der The-
rapie unabdingbar ist die Durchf�hrung einer konventio-
nellen Katheterangiographie (DSA), unabh�ngig davon, ob
eine Operation, Embolisation oder radiochirurgische Be-
handlung geplant ist. Die DSA trennt am besten Art, Zahl
und Gr�ße der zuf�hrenden Arterien und drainierenden
Venen. Mit ihr kann am exaktesten die Gr�ße und Konfigu-
ration des Nidus bestimmt werden, sie dient als Grundlage
der Bestrahlungsplanung. Die Bedeutung einer 3D-Rekon-
struktion nach Rotationsangiographie wird unterschied-
lich eingesch�tzt, zeigt jedoch deutlicher die anatomischen
Details (Abb. 4.6).
Die Malformation ist angiografisch durch das Zusammen-treffen von erweiterten angiomversorgenden Arterien, An-giomnidus und vorzeitig drainierenden Venen definiert.
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Abb. 4.5 Arterioven�se Malformation:Dynamische Darstellung einer kleinen AVMokzipital (Pfeilspitze) in Projektions-MRAmit 2 Bildern/s.
Abb. 4.6a – c Arterio-ven�se Malformation.a DSA in fr�harterieller Phase mit Versorgung der AVM �ber 2
kr�ftige �ste der A. cerebri anterior und die hintere Operku-lararterie.
b In der 3D-Rotations-DSA bessere Abgrenzung der an demAngiom vorbeiziehenden Transitgef�ße (kleine Pfeile) und
des angiombezogenen Aneurysmas (großer Pfeil) der Parspericallosa der A. cerebri anterior. Große Sammelvene (Pfeil-spitze).
c Kontrollangiogramm nach kompletter Embolisation derAVM, die deutliche Gr�ßenabnahme der ehemals angiom-versorgenden Gef�ße ist schon nachweisbar.
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4.2 Gef�ßmalformationen 75
Pathologisch erweiterte nidus�hnliche Gef�ße stellen f�r
sich noch keine AVM dar, sie werden als Angiodysmorphie
oder Pseudo-AVM abgegrenzt (Abb. 4.7). Ebenso sind vor-
zeitig drainierende Venen f�r sich genommen nicht bewei-
send f�r eine AVM, da sie auch als Luxusperfusion nach
zerebralem Infarkt oder bei stark vaskularisierten Hirn-
tumoren vorkommen.
Die f�r die Planung einer Embolisation wichtige Unter-
scheidung in direkte Zufl�sse zum Angiomnidus (sog. ter-
minale �ste) von den indirekt versorgenden Gef�ßen (sog.
Transitarterien) ist nur angiografisch m�glich. Je nach
Komplexit�t des Angiomaufbaus sind superselektive Dar-
stellungen einzelner Gef�ße erforderlich, die dann auch
besser Aufschluss �ber die Anzahl einzelner Kompartimen-
te und assoziierter Aneurysmen geben.
Mit der DSA ist auch der Flusstyp einer AV-Malforma-
tion durch die Beurteilung des Shuntvolumens am besten
zu bestimmen. Die angiografisch exakte Erfassung von Ver-
�nderungen der drainierenden Venen ist bedeutsam f�r
die Beurteilung sekund�rer Effekte durch ven�se Hyper-
tension und Kongestion sowie ihren Einfluss auf das Blu-
tungsrisiko durch Stenosen, Okklusionen oder Ektasien.
Therapie
Behandlungsziel bei AV-Malformationen ist die vollst�ndi-
ge Ausschaltung des Nidus und damit des Blutungsrisikos.
Kommt die Therapieplanung zu dem Schluss, dass eine
vollst�ndige Entfernung des Angioms auch bei Einsatz aller
Therapiemodalit�ten nicht erreicht werden kann, sollte
eher von einer Teilbehandlung abgesehen werden. Diese
reduziert weder sicher das Blutungsrisiko, noch kann sie
die Symptome entscheidend bessern. Eine Teilausschal-
tung birgt sogar das Risiko, das Angiomwachstum durch
Anregung der Neoangiogenese infolge verst�rkter Expres-
sion von VEGF zu provozieren (Sure et al. 2001).
Es existieren drei Behandlungsoptionen, die allein oder
in Kombination eingesetzt werden k�nnen (Tab. 4.3):
Q Operation,
Q endovaskul�re Embolisation,
Q stereotaktische Radiochirurgie.
Die Therapieergebnisse sind in Abh�ngigkeit von der An-
giomgr�ße und -lage sehr unterschiedlich. Bei sehr großen
AVM, die beispielsweise den gesamten Temporallappen
einnehmen, wird zunehmend die Behandlungsindikation
generell in Frage gestellt.
Operation
Alle Verfahren liefern bei kleinen Angiomen bis zu einem
Gesamtdurchmesser von 3 cm die g�nstigsten Ergebnisse.
Oberfl�chlich gelegene Angiome dieser Gr�ße k�nnen mi-
krochirurgisch komplett mit niedrigem Operationsrisiko
ausgeschaltet werden (Berlis et al. 1999), w�hrend komple-
xere Angiome eine h�here operative Letalit�t (6 %) und per-
manente Morbidit�t (9 %) erwarten lassen (Heros u. Tu
1987).
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Abb. 4.7a – b Pseudo-AVM.a In der mittleren arteriellen Phase multi-
ple Erweiterungen der Arteriolen ohnevorzeitige Venenf�llung.
b In der kapill�r-fr�hven�sen Phase feinka-librige Erweiterung des Kapillarbettsund der Venolen von Temporallappenund Insel sowie Teilen des Operkulums.
Nidusgr�ße Lokalisation Monotherapie Kombination zur Volumenreduktion
> 3 cm kortikal
zentral
–
–
E, RAD, OP
E, RAD
< 3 cm kortikal
zentral
E, RAD, OP
E, RAD
–
E, RAD
E = Embolisation, OP = Operation, RAD = stereotaktische Radiochirurgie
Tabelle 4.3 Therapeutischer Algorithmusvon AVM nach Nidusgr�ße und Lokalisa-tion
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Stereotaktische Radiochirurgie
Die Strahlentherapie (stereotaktische Radiochirurgie), sei
es mit Gamma-Knife, Linear- oder Protonenbeschleuniger,
ist kleinen Angiomen unter 3 cm Durchmesser vorbehalten.
Sie erreicht bei Nidusgr�ßen unter 15 mm Verschlussraten
von bis zu 96 % (Berlis et al. 1999). Bis zur vollst�ndigen Fi-
brosierung der Angiomgef�ße besteht jedoch weiterhin ein
Blutungsrisiko, das im ersten Jahr sogar ansteigen kann. Bei
Kleinkindern bis zu 2 Jahren wird wegen der ung�nstigen
Auswirkung auf die Hirnentwicklung eine Radiochirurgie
vermieden. Fraktionierte Bestrahlungen sind heute wegen
der schlechten Obliterationsergebnisse obsolet.
Embolisation
Die endovaskul�re Behandlung einer AVM durch Emboli-
sation verfolgt unterschiedliche Therapieziele.
Q Als Monotherapie ist die Embolisation im Durchschnitt
lediglich bei 10 –15 % der Patienten kurativ (Abb. 4.6, S.
74). Dieser Prozentsatz steigt jedoch bei kleinen AVM
mit einer geringen Anzahl von arteriellen Zufl�ssen und
g�nstiger Lokalisation auf 40 %, bei optimaler Angio-
architektur auf 70 % (Valavanis u. Yasargil 1998).
Q Am h�ufigsten wird die Embolisation zur Gr�ßenreduk-
tion pr�operativ oder vor Radiochirurgie eingesetzt, um
die operative Entfernung des Angioms zu erleichtern und
das intraoperative Blutungsrisiko zu reduzieren. Vor Ra-
diochirurgie kann eine Embolisation die Gr�ße des Nidus
reduzieren, um ein f�r die Strahlentherapie zun�chst zu
großes Volumen behandelbar zu machen. Außerdem
k�nnen zur Blutungsprophylaxe Risikostrukturen wie in-
tranidale Aneurysmen vor der Bestrahlung ausgeschaltet
werden.
Embolisationen mit dem Ziel einer permanenten Gef�ß-
okklusion erfordern nichtresorbierbare Embolisationsmate-
rialien, w�hrend pr�operative Embolisationen auch resor-
bierbare Substanzen zulassen (Schumacher u. Horton 1991).
Die Komplikationsrate der endovaskul�ren Behandlung
ist je nach Angiomtyp sehr variabel. Sie schwankt f�r die
permanente Morbidit�t zwischen 0 und 23 % und f�r die
Letalit�t zwischen 0 und 11,5 %, wobei eine Metaanalyse
�ber 1.246 AVM-Embolisationen eine Morbidit�t von 8 %
und eine Letalit�t von 1 % ergab (Frizzel u. Fisher 1995).
4.2.2 Vena-Galeni-Malformationen
Definition
Malformationen mit Drainage zur Vena magna Galeni oderbenachbarten embryonalen persistierenden Venen stelleneine eigenst�ndige, angeborene arterioven�se Fehlbildungdar.Ihre embryonale Entstehung ist ungekl�rt und vermutlicheng mit Anlageanomalien oder fr�hen Thrombosen des Si-nus rectus assoziiert (Raybaud 1989).
Die Klassifizierung der Vena-Galeni-Malformationen
(VGM) basiert auf der Angioarchitektur (Yasargil 1988;
Lasjaunias 1997). Unter klinischen wie auch therapeutisch-
endovaskul�ren Gesichtspunkten bietet sich die folgende
Einteilung an:
Q echte Malformationen, die in die V. prosencephalica me-
dialis drainieren
Q VGM-Dilatation (Vena-Galeni-Aneurysma-Dilatation [V-
GAD]) mit Drainage in die erweiterte aber normal ange-
legte V. magna Galeni.
Die Unterteilung der echten VGM-Malformationen in einen
„choroidalen“ und „muralen“ Typ ist ebenfalls von prakti-
scher Relevanz.
In 90 % der F�lle liegen choroidal aufgebaute Malforma-
tionen vor. Typisch sind zahllose arterioven�se Ge-
f�ßshunts in der Vorderwand der Prosenzephalika-Vene
aus choroidalen, perikall�sen und thalamo-perforierenden
�sten. Diese choroidale Form entspricht nach ihrer Angio-
architektur einer komplexen AV-Malformation mit zwi-
schengeschaltetem Nidus. In der Regel sind Neugeborene
betroffen, die aufgrund des großen Shuntvolumens meist
ein schweres kongestives Herzversagen entwickeln und
unbehandelt am Multiorganversagen versterben.
Die sich im Kleinkindalter manifestierende murale Form
besteht demgegen�ber aus wenigen, aber meist gr�ßeren
AV-Gef�ßverbindungen aus den hinteren Choroidal- und
Mesenzephalarterien. Sie entsprechen mehr einer AV-Fistel.
Diese Kinder entwickeln zwar eine Kardiomegalie, nicht je-
doch ein Herzversagen. Sie fallen durch Entwicklungsver-
z�gerung, Anf�lle oder Makrokranie auf. Infolge der Dilata-
tion der Vena magna Galeni und Behinderung der ven�sen
Drainage entwickelt sich eine ven�se und intrakranielle Hy-
pertension sowie ein Hydrocephalus internus. Dieser ent-
steht meist als Folge der ven�sen Drucksteigerung mit ver-
minderter Liquorresorption und nur selten durch direkte
Behinderung des Liquorflusses im Aqu�duktbereich.
Diagnostik
Die Diagnose kann bildgebend bereits intrauterin gestellt
werden (Abb. 4.8). Postpartal gelingt die Darstellung der
pathologisch erweiterten Venen und gr�ßeren arteriellen
Zufl�sse mittels MRT in gleicher Technik wie bei den AVM.
Lokale Thrombosen der Venenwand k�nnen als hyper-
intenses Signal abgegrenzt werden, ebenso die bei Neu-
geborenen und Fr�hgeborenen h�ufig auftretenden Blu-
tungen.
F�r die Therapieentscheidung von gr�ßter Bedeutung ist
der Ausschluss einer Enzephalomalazie, die in Anbetracht
der dann infausten Prognose auch geburtshilfliche Ent-
scheidungen beeinflusst. Eine angiographische Diagnostik
ist nur im therapeutischen Rahmen indiziert.
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4.2 Gef�ßmalformationen 77
Therapie
F�r eine erfolgreiche Therapie ist ein klares Konzept erfor-
derlich, das eine enge Abstimmung zwischen Perinatolo-
gen, Neonatologen, Neurop�diater, Neurochirurgen und
Neuroradiologen verlangt.
Generell ist eine Behandlungsindikation gegeben, da sichnur 4 % der AVM spontan durch Thrombose zur�ckbilden.Die Mortalit�t nicht behandelter Neugeborener betr�gt100 %, die nicht behandelter Kleinkinder 72 %.
Eine operative Behandlung der Malformation hat sich in
Anbetracht hoher Mortalit�tsraten von 93 % bei Neugebo-
renen und von 38 % bei Kleinkindern nicht bew�hrt (Johns-
ton 1987). Methode der Wahl ist heute die transarterielle
oder – in speziellen Situationen – auch transven�se Embo-
lisation.
Die Behandlungsindikation ist abh�ngig vom Alter bei
Diagnosestellung und vom kardialen Status. Bei pr�nataler
Diagnose sollte die Entbindung in Zentren erfolgen, die die
Behandlung der h�ufig auftretenden kongestiven Herz-
insuffizienz wie auch die endovaskul�re Behandlung der
Malformation gew�hrleisten. Vorrangiges Ziel bei Neu-
geborenen und noch mehr bei Fr�hgeborenen ist der Zeit-
gewinn bis zu einer definitiven Behandlung, die beste Er-
gebnisse im Alter von etwa 5 Monaten erwarten l�sst
(Lasjaunias 1997). Ein solches Zuwarten ist gerechtfertigt,
wenn die kardiale Insuffizienz medikament�s stabil gehal-
ten werden kann, keine schwerwiegenden neurologischen
Symptome und keine erhebliche Makrokranie auftreten.
Eine medikament�s nicht zu beeinflussende Herzinsuf-
fizienz erfordert dagegen eine sofortige Embolisation,
vorausgesetzt, dass es nicht bereits zu gr�ßeren isch-
�mischen Hirnsch�digungen oder zu einem Multiorganver-
sagen gekommen ist.
Die transarterielle Embolisation der AV-Shunts mit Kle-
ber (NBCA, Histoacryl, Abb. 4.9) gilt als sicherste kausale
Behandlungstechnik (Halbach u. Barkowich 1996). Bei
Nichtsondierbarkeit der arteriellen Zufl�sse oder zu ho-
hem arteriellen Embolisationsrisiko kann alternativ trans-
ven�s mit Okklusion des Venensacks durch Platinspiralen
vorgegangen werden. Allerdings scheint das Blutungsrisiko
der transven�sen Okklusion h�her zu sein.
Die endovaskul�re Therapie f�hrt in 40– 60 % zur kom-
pletten Ausschaltung (Abb. 4.10), mit schlechteren Ergeb-
nissen bei dem choroidalen Typ der echten VGM, die selbst
bei vollst�ndigem endovaskul�rem Verschluss der Malfor-
mation und Behandlung der kardialen Insuffizienz eine
Mortalit�t zwischen 20 und 30 % hat. Die besten Ergebnisse
werden bei den muralen Formen mit einer Verschlussrate
von 100 % erreicht. (Halbach u. Barkowich 1996).
4.2.3 Kavern�se Malformationen
Definition
Kavern�se Malformationen (kavern�se Angiome, Kaverno-me) machen bis zu 25 % aller zerebralen Gef�ßmalformatio-nen aus, ihre Pr�valenz betr�gt 0,5 %. Nur 4 % werden je-mals symptomatisch, davon 25 – 42 % bis zum Alter von 18Jahren (Fortuna et al. 1989).F�r eine famili�re Form mit autosomal dominantem Erb-gang wurde ein Gendefekt auf dem Chromosom 7q nach-gewiesen. Bei dieser heredit�ren Form finden sich 3-malh�ufiger multiple Kavernome.
Bei Neugeborenen sind Kavernome extrem selten. In der
Regel entstehen sie spontan im Kindesalter, de-novo-Ent-
wicklungen im Jugendlichen- und Erwachsenenalter wur-
den aber ebenfalls beschrieben. Es werden zunehmend
auch Kavernome als Folge einer Strahlentherapie von Hirn-
tumoren beobachtet (Ball 1997).
Die Kavernome k�nnen durch rezidivierende Blutungen
an Gr�ße zunehmen und dadurch raumfordernden Charak-
ter erhalten. Die Blutungen erfolgen in die dicht gepackten,
großen ven�sen Gef�ßlumina, zwischen denen kein Hirn-
gewebe anzutreffen ist. Das Blutungsrisiko ist mit maxi-
mal 0,7 % pro Jahr als gering zu veranschlagen, es steigt je-
doch bei rezidivierenden Blutungen bis auf 4,5 % pro Jahr
an. Obwohl mikroskopisch bei praktisch allen Kavernomen
Mikroblutungen nachweisbar sind, erleiden nur 15 % der
Patienten eine klinisch relevante gr�ßere Blutung. Kaver-
nome manifestieren sich in der Regel durch zerebrale An-
f�lle, seltener durch fokale neurologische Ausf�lle und nur
ausnahmsweise durch Subarachnoidalblutungen.
Diagnostik
Die Diagnose kann sicher im MRT gestellt werden, wobei
die Gradienten-Echo-T2*-Gewichtung die h�chste Sensiti-
vit�t besitzt. Charakteristisch ist eine Mischung aus starker
Signalerniedrigung durch H�mosiderin, mit hyperintensem
Anteil im Zentrum der L�sion (thrombosierte Kaverne,
langsamer Blutfluss) oder in der Peripherie, dort einer
Gliose oder �dem entsprechend (Abb. 4.11).
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Abb. 4.8 Vena –Galeni-Malfor-mation: T1-ge-wichtetes MRT inschr�gem sagit-talen Anschnittmit exzessiv er-weiterter V. pros-encephalica ohneweitere zerebraleDysplasien.
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78 4 Gef�ßmissbildungen des ZNS im Kindesalter
Feindisperse oder ringf�rmige Verkalkungen im CT st�t-
zen die Diagnose ebenso wie ein m�ßiges bis kr�ftiges En-
hancement nach Kontrastmittelgabe. Die selteneren raum-
fordernden, bis zu 5 cm großen solit�ren Kavernome ohne
Enhancement sind von niedergradigen verkalkenden Hirn-
tumoren, Granulomen und Hamartomen schwer zu diffe-
renzieren.
Das Angiogramm ist in der Regel bis auf allenfalls gerin-
ge ven�se Varianten normal und daher verzichtbar.
Therapie
Symptomatische Kavernome werden in der Regel operativ
entfernt. �ber die prophylaktische Resektion asymptoma-
tischer wie auch �ber die Behandlung von multiplen Ka-
vernomen besteht kein Konsens. Interventionelle Thera-
piem�glichkeiten existieren nicht, die Datenlage zur
Strahlentherapie ist unsicher.
4.2.4 Ven�se Malformationen
Die F�lle der Synonyme f�r ven�se Malformationen – ve-
n�se Anomalien, ven�se Angiome, ven�se Variante, ven�se
Entwicklungsanomalie – kennzeichnet die Schwierigkeiten
ihrer Klassifizierung. In modernen Einteilungen werden sie
zwar noch den Gef�ßmalformationen zugeordnet, von den
echten zerebralen Gef�ßmissbildungen jedoch als Ent-
wicklungsanomalie (Developmental venous Anomaly
[DVA]) abgegrenzt.
Definition
Bei der ven�sen Malfomation handelt es sich um eine An-sammlung radial ausgerichteter erweiterter medull�reroder subkortikaler Venen, die zu einer transzerebral verlau-fenden Sammelvene konvergieren und das sog. Caput me-dusae bilden (Abb. 4.12). Die dilatierten Venen sind durchnormales Hirngewebe voneinander separiert und drainierentrotz der auff�lligen Anatomie normale Hirnareale.
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Abb. 4.9a – g Vena – Galeni-Malformation. Murale Form einerVGM mit direktem Zufluss in die Wand der aufgetriebenen V.magna Galeni.
a u. c–e Vor transarterieller Embolisation.b u. f—g Nach transarterieller Embolisation, direkt postembo-lisatorisch (f) und nach 6 Monaten (g).
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4.2 Gef�ßmalformationen 79
Meist werden ven�se Malformationen als asymptomati-
scher Zufallsbefund in der Schnittbilddiagnostik nach-
gewiesen. Eine klinisch wegweisende Symptomatik hat die
Anomalie nicht, selten kommt es zu epileptischen Anf�llen,
Kopfschmerzen oder transienten neurologischen Defiziten.
Der Entstehungsmechanismus der ven�sen Anomalien
ist unbekannt. Ein Zusammenhang mit der Embryogenese
medull�rer Venen wird angenommen, wof�r auch die As-
soziation mit anderen Fehlbildungen, wie Migrations- und
Gyrierungsst�rungen, Schizenzephalie und Persistenz em-
bryonaler Sinus spricht.
Die unterschiedliche Drainage zu den oberfl�chlichen
Hirnvenen (70 %), zum tiefen Venensystem (20 %) oder bi-
direktionell (10 %) wirkt sich weder klinisch noch hinsicht-
lich der Blutungswahrscheinlichkeit aus. Das in gr�ßeren
Statistiken angegebene Blutungsrisiko von 0,22 % pro Jahr
bezieht assoziierte arterioven�se oder kavern�se Malfor-
mationen mit ein (Lasjaunias 1997). Bei einer Operation
nach erfolgter Blutung wird daher meist lediglich die f�r
die Blutung verantwortliche assoziierte Missbildung ent-
fernt, unter Belassen der anomalen ven�sen Gef�ße.
Die MRT-Charakteristika – zentripetal auf eine große
Sammelvene konvergierende Venolen mit physiologi-
schem Fluss, normales Umgebungsparenchym, fehlender
Raumforderungseffekt – machen die Diagnose weitgehend
sicher und erfordern keine zus�tzliche katheterangiogra-
phische Darstellung.
4.2.5 Kapill�re Teleangiektasien
Bei diesen seltenen Gef�ßmissbildungen finden sich his-
tologisch Ansammlungen erweiterter Kapillaren ohne Ge-
f�ßwanddefekte mit dazwischen gelagertem gesundem
Hirngewebe (Lasjaunias 1997). Da sie in der Regel asymp-
tomatisch sind und nur extrem selten bluten – es sei denn,
sie sind mit Kavernomen vergesellschaftet –, ist ihre Zu-
ordnung zu den echten pathologischen Gef�ßmissbildun-
gen nach wie vor zweifelhaft.
Eine Therapie dieser am h�ufigsten in dem Pons anzu-
treffenden Gef�ßver�nderung ist nicht indiziert. Sie muss
jedoch von gering vaskularisierten Hirnstammtumoren,
Enzephalitiden und Entmarkungsherden abgegrenzt wer-
den, was am sichersten mit der MRT m�glich ist. Cha-
rakteristische Ver�nderungen sind in T2-D�nnschichten
sichtbare feinkalibrige dichte Gef�ßnetze, die gering Kon-
trastmittel aufnehmen k�nnen (Abb. 4.13).
Teleangiektasien k�nnen ebenso wie die multilokul�re
Form der zerebralen AVM mit der Rendu-Osler-Weber-Er-
krankung (ROW) assoziiert sein. In diesem Fall sind sie be-
handlungsbed�rftig. Ein weiteres Syndrom, welches sich
eindeutig von der Teleangiektasie absetzt, stellen die ein-
seitigen retinozephalen Gef�ßmalformationen bei der Wy-
burn-Mason-Erkrankung dar. Da diese Erkrankung zu pro-
gressiver neurologischer Verschlechterung und Blutungen
neigt, besteht meist Behandlungsbedarf.
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Abb. 4.10a – b Vena – Galeni-Malformation. Gleicher Patientwie in Abb. 4.9. MRT-Verlauf vor (a) und nach Embolisation mitHistoacryl (b) mit weitgehender Schrumpfung.
Abb. 4.11a – b Kavern�se Malformation.a Im T2-gewichteten MRT Mischung aus
�berwiegend ringf�rmig in den Außen-schichten gelegenem H�mosiderin undmehr zentral gelegenen thrombosiertenKavernen.
b Deutlich st�rkere Signalausl�schung desH�mosiderin im sensitiveren T2*-ge-wichteten MRT des zerebell�r links imoberen Bindearm gelegenen Kavernoms.
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80 4 Gef�ßmissbildungen des ZNS im Kindesalter
4.2.6 Spinale Gef�ßmalformationen
Spinale arterioven�se Malformationen sind im Kindesalter
mit maximal einem Zehntel der zerebralen AVM selten, im
Neugeborenenalter sind sie eine Rarit�t. Sie manifestieren
sich am h�ufigsten in der zweiten Dekade durch Quer-
schnittssyndrome, meist als Folge von Subarachnoidalblu-
tung oder H�matomyelie.
Spinale Malformationen lassen sich nach Lokalisation
und Drainagetyp in 3 Formen einteilen:
Q intramedull�re AVM,
Q perimedull�re AVM und
Q durale (radikul�re) AV-Fisteln.
Intramedull�re arterioven�se Malformationen
Zwei Formen sind zu differenzieren, je nachdem, ob ein Ni-
dus ausgeformt ist (Glomustyp) oder ob sich die arterio-
ven�sen Verbindungen �ber eine lange Strecke des Mye-
lons mit interponiertem normalem Parenchym erstreckt
(juveniler Typ; Rosenblum et al. 1987). Die Glomusform
hat eine hohe Blutungsneigung (ann�hernd zwei Drittel
der Patienten), w�hrend bei dem juvenilen Typ ein pro-
gressives neurologisches Defizit typischer ist.
Die Diagnose ist in der MRT sicher zu stellen, durch
Nachweis des intramedull�ren Nidus als Gef�ß-Signalver-
lust, von dem die drainierenden erweiterten medull�ren
und perimedull�ren Venen als stark geschl�ngelte Gef�ße
abzugrenzen sind. F�r die exakte Klassifizierung und The-
rapieplanung ist die konventionelle spinale Arteriographie
mit selektiver Katheterisierung der verd�chtigen Segment-
arterie und aller Nachbargef�ße, insbesondere auch der
das R�ckenmark dominant versorgenden A. radicularis
magna (Adamkiewicz) unabdingbar.
Bei dorsal oberfl�chlich gelegenen Glomusformen ist
eine Operation m�glich, bei ventraler und zentraler Lage
stellt die superselektive Embolisation eine weniger riskan-
te Behandlung dar. Ist eine gen�gend selektive Position des
Mikrokatheters jedoch nicht zu erreichen oder stehen das
R�ckenmark versorgende Gef�ße mit den Angiomzufl�s-
sen in Verbindung, muss auf eine Embolisation verzichtet
werden.
Angiome des R�ckenmarks k�nnen assoziiert sein mit
anderen metameren Gef�ßmalformationen der Extremit�-
ten und kutanen Angiomen, von denen das bekannteste
das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom ist, das ebenfalls
einer Embolisationsbehandlung zug�ngig ist (Orszagh et
al. 1999).
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Abb. 4.12a – d DVA.a Sammelvene einer zerebell�ren DVA in koronarer T1-gewich-
teter Aufnahme.b u. c Ven�se DSA einer zentralen DVA in frontaler (b) und late-
raler (c) Projektion.
d In der 3D-Rekonstruktion �berlappung der arteriellen undven�sen Phase, die den typischen Aufbau zeigt, mit zentri-pedalen Venen, die zu einer kr�ftigen, zum S. sagittalis su-perior drainierenden Sammelvene konvergieren.
Abb. 4.13a u. b Kapill�re pontine Telean-gieektasie im axialen T2-gewichteten (a)und kontrastmittelangehobenen T1-ge-wichteten (b) Bild.
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4.3 Arterioven�se Fisteln 81
Perimedull�re arterioven�se Fisteln
Diese auf der R�ckenmarksoberfl�che liegenden direkten
arterioven�sen Verbindungen haben in der Regel einen
sehr hohen Fluss und k�nnen eine betr�chtliche Gr�ße
entwickeln. Typisch ist die Drainage �ber die das R�cken-
mark drainierende Oberfl�chenvenen (Abb. 4.14), die ex-
trem varik�s erweitert sein k�nnen und zu einer mecha-
nischen Kompression des Myelons mit Paraplegie f�hren.
Die kleineren Fisteln machen sich durch progressive
Ausf�lle der langen Bahnen oder radikul�re Defekte be-
merkbar, unbehandelt f�hren sie zum R�ckenmarksquer-
schnitt.
Nach Flussaktivit�t und Gr�ße werden sie in drei Stufen
eingeteilt.
Q Grad I wird aufgrund der engeren Gef�ßverh�ltnisse
nicht endovaskul�r, sondern operativ behandelt.
Q Grad II mit mittelgroßen Gef�ßen kann sowohl operativ
als auch endovaskul�r ausgeschaltet werden.
Q Die gigantischen perimedull�ren Fisteln haben ein hohes
operatives Risiko und sollten daher durch flusskontrol-
lierte Coilokklusion oder Ballonverschluss behandelt
werden (Gueguen et al., 1987).
Spinale durale arterioven�se Fisteln
Diese im Erwachsenenalter h�ufigste spinale Malformation
kommt bei Kindern extrem selten vor. Die Fistelverbindung
liegt meist an der Dura von Wurzeltaschen direkt am �ber-
gang zum intraduralen Raum und benutzt die perimedul-
l�re und medull�re Drainage. Durch die arterielle �berlas-
tung des perimedull�ren Venen-Plexus kommt es zu einer
St�rung der R�ckenmarksdrainage und einer progressiven
Myelopathie, die �ber �dembildung und trophische St�-
rungen unbehandelt in das Endstadium einer ausgedehn-
ten Myelomalazie mit zunehmender spastischer Parapare-
se m�ndet.
Im MRT zeigt sich neben den perimedull�ren patholo-
gisch erweiterten und vermehrten Venen (Abb. 4.15) ein
pathologisches Myelonsignal (Abb. 4.16a – b). Dieses ist am
deutlichsten abzugrenzen in T2- und FLAIR-Sequenzen
und ist in der Fr�hphase als �dem und im sp�teren Verlauf
als Gliose mit Einschmelzungen zu interpretieren. Der Fis-
telpunkt kann sowohl durch eine Operation als auch endo-
vaskul�r (Histoacryl) selektiv ausgeschaltet werden (Abb.
4.16c–f).
4.3 Arterioven�se Fisteln
4.3.1 Piale arterioven�se Fisteln
Bei Neugeborenen und Kleinkindern kann eine kongestive
Herzinsuffizienz auf die seltenen pialen arterioven�sen Fis-
teln zur�ckzuf�hren sein, die meist ein hohes Shuntvolu-
men zeigen, jedoch nicht zur Blutung neigen. Anders als
bei den duralen Fisteln ist die zuf�hrende Arterie ein korti-
kaler Ast der großen zerebralen Gef�ße, der ohne Ausbil-
dung eines Nidus direkt in stark erweiterte kortikale Venen
fistelt. Durch Entwicklung einer ven�sen hypertensiven
Abflussst�rung (Abb. 4.17) k�nnen – wie bei anderen High-
flow-Malformationen auch – sekund�re Ver�nderungen
wie Makrokranie, zerebrale Anf�lle, fokale neurologische
Defizite und Kopfschmerzen auftreten.
Der meist klar umschriebene Fistelpunkt l�sst sich ope-
rativ gut durch Clippung ausschalten, w�hrend die endo-
vaskul�re Behandlung wegen des hohen Shunts f�r die
exakte Platzierung von Coils (Abb. 4.17e) oder Ballons we-
gen des Risikos einer ven�sen Abschwemmung schwierig
sein kann. Diese Maßnahmen m�ssen unter Umst�nden
unter Flusskontrolle bei tempor�rer Ballonokklusion der
zuf�hrenden Arterie vorgenommen werden.
4.3.2 Durale arterioven�se Fisteln
Diese bei Kindern seltener als beim Erwachsenen vorkom-
menden AV-Shunts k�nnen an jeder Stelle der Dura auftre-
ten. Sie werden meist nach ihrer Lokalisation bezeichnet
oder nach dem Sinus, in den sie drainieren. Abweichend
von der adulten Form sind die Fisteln bei Kindern sehr
flussaktiv, h�ufiger multilokul�r, und bilateral versorgt mit
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Abb. 4.14a – c Perimedull�re arterio-ven�se Fistel.a u. b DSA der linken 2. Lumbalarterie in
fr�harterieller Phase mit deutlich erwei-terter A. radicularis magna (Adamkie-wiecz) mit ausgepr�gter perimedull�rerDrainage (Grad II, b).
c Zustand nach Embolisation mit His-toacryl mit schon deutlicher R�ckbil-dung der ehemals fistelversorgendenAdamkiewiecz-Arterie.
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82 4 Gef�ßmissbildungen des ZNS im Kindesalter
gr�ßeren Shunts, die gigantische durale Ektasien ent-
wickeln k�nnen. Die Shunts liegen direkt in der Wand des
Sinus und k�nnen aus einzelnen oder multiplen Verbin-
dungen bestehen. Ihre �tiologie ist unklar.
Die klinische Symptomatik zeigt sich je nach Aktivit�t
und Dauer der Kurzschlussverbindung als Blutung, erh�hter
intrakranieller Druck, intellektuelle Entwicklungsst�rung,
neurologische Defizite, Makrokranie oder Herzversagen.
Mittels MRT und MRA k�nnen sowohl begleitende Par-
enchymver�nderungen als auch die Fistel nachgewiesen
werden, die Angiographie (Abb. 4.18a u. b) l�sst jedoch die
Aktivit�t des arterioven�sen Shunts, die ven�se Hyperten-
sion und damit die Behandlungsindikation besser ein-
sch�tzen.
Die Behandlung erfolgt in erster Linie endovaskul�r,
durch transarterielle Embolisation oder transven�s mit
Coils (Abb. 4.18c). Eine Operation kann nach vorausgegan-
gener Teilembolisation erforderlich werden. Bei komplexen
Fisteln kommt sie gelegentlich auch als einzige Maßnahme
in Frage.
4.3.3 Karotis-Kavernosus-Fisteln
Karotis-Kavernosus-Fisteln (CCF) sind bei Kindern meist
Folge eines schweren Sch�deltraumas mit Wandruptur der
A. carotis interna zum Sinus cavernosus. Die Traumen k�n-
nen auch l�nger zur�ckliegen mit zwischenzeitlicher Ent-
wicklung eines Pseudoaneurysmas. Wenn dieses ruptu-
riert, kommt es zum Auftreten einer akuten klinischen
Symptomatik mit Bulbusprotrusion, Chemosis, Doppelbil-
dern, Sehst�rungen und Kopfschmerzen; hier ist eine m�g-
lichst rasche Behandlung erforderlich.
Chirurgische Maßnahmen sind meist ineffektiv und vom
Zugang her aufwendig, so dass die endovaskul�re Aus-
schaltung der Fistel die Behandlungsmethode der Wahl
ist. Bei breiteren Wandverletzungen kann je nach anato-
mischer Gegebenheit der Verschluss der Karotis selbst die
sicherste Behandlungsform sein. Rezidivierende manuelle
externe Kompressionen von Karotis und Jugularis f�hren
lediglich in 5 –10 % der F�lle zu einer spontanen Throm-
bose der Fistel. Dies ist nur zu erwarten, wenn eine kleine
Fistel�ffnung mit geringerem Shunt vorhanden ist.
4.3.4 Vertebralis-Fisteln
Wie die CC-Fisteln werden die Vertebralis-Fisteln durch
penetrierende oder stumpfe Traumen verursacht. Hier-
durch entsteht eine isolierte Shuntverbindung zwischen
der Vertebralarterie und dem perivertebralen Venen-Ple-
xus, seltener auch direkt zur Jugularvene. Wie bei den CC-
Fisteln kann die Diagnose bereits auskultatorisch auf-
grund des sehr starken Fistelger�usches gestellt werden.
Neurologische Symptome entstehen nur dann, wenn es zu
einem Stealeffekt mit sekund�rer Hirnstammisch�mie
kommt. Bei sehr aktivem Shunt k�nnen die zervikalen
medull�ren und perimedull�ren Venen arteriell �berlastet
werden und zu medull�ren/radikul�ren Ausf�llen f�hren
oder bluten.
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Abb. 4.15a – d Spinale durale AV-Fistel: Aussparungen des Liquors in der CISS-Sequenz durch erweiterte intradurale Venen; zu-s�tzlich in mehreren Methoden sich direkt darstellender arterieller Zufluss mit Fistelpunkt (Pfeile).
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4.3 Arterioven�se Fisteln 83
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Abb. 4.16a – f Spinale durale AV-Fistel.a u. b In T2 (a) und T1 (b) intradural und perimedull�r abnorm
erweiterte die Fistel drainierende Venen. Myelomalazie/�dem epikonal bis zum unteren Thorakalmark, in beiden Se-quenzen signalangehoben.
c–e Angiographische Darstellung der 12. Interkostalarterierechts mit duralem Fistelpunkt (Pfeil) und ab da deutlich er-weiterten intraduralen nach zervikal drainierenden Venen.
f Ausguss des Fistelbereichs und Anfangsabschnitts der intra-duralen Vene mit Histoacryl nach Embolisation.
Abb. 4.17a – e Piale AV-Fistel.a �ber 2 fronto-basale �ste aus der A. ce-
rebri anterior und media versorgte pialeFistel mit Drainage zum S. sagittalis su-perior (DSA).
b u. c Im MRA (TOF) und in T2 Nachweiszus�tzlich pathologisch erweiterterDrainagen �ber das innere Venensystemund kortikal temporal links.
d Deutlich erweiterte und vermehrte Ve-nen der gesamten Hemisph�re (DSA, ve-n�se Phase).
e Kontrollangiogramm nach Fistelver-schluss mit Coils.
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84 4 Gef�ßmissbildungen des ZNS im Kindesalter
Eine Behandlungsindikation ist immer gegeben, da spon-
tane R�ckbildungen nicht zu erwarten sind. Wie bei den
pialen Fisteln machen die extrem hohen Shuntvolumina
einen endovaskul�ren Verschluss schwierig, sodass die
operative Ausschaltung eine echte Alternative darstellt.
4.4 Aneurysmen
Definition
Aneurysmen der Hirngef�ße unterscheiden sich bei Kindernin vieler Hinsicht von den Aneurysmen des Erwachsenen-alters (Kanaan et al. 1995). Sie sind wesentlich seltener(weniger als 5 % der adulten), die weibliche Geschlechts-dominanz kehrt sich um (m�nnliche Kinder sind 3-mal h�u-figer betroffen), und die �tiologie beruht h�ufiger auf St�-rungen des Gef�ßwandaufbaus, Traumen und Infektionen.Sie weisen ungew�hnliche Lokalisationen auf, sind seltenermultipel und der Anteil gigantischer Aneurysmen ist h�her(20 – 40 %; Halbach u. Barkovich 1996).
Die Prognose erscheint im Vergleich zu adulten Aneurys-
men g�nstiger, sowohl hinsichtlich niedrigerer Morbidit�t
als auch einer h�heren Rate an Spontanremissionen durch
Thrombose. Die Blutungsinzidenz ist niedriger als bei der
erwachsenen Bev�lkerung. Sie betr�gt nach großen Studi-
en (Perret u. Nishioka 1966) nur 5 % der Inzidenz bei Er-
wachsenen, wobei der klinisch auff�llig gewordene Anteil
aller Aneurysmen in der ersten Dekade nicht mehr als
0,3 % ausmacht. 70 % der Patienten werden durch eine Sub-
arachnoidalblutung mit Vernichtungskopfschmerz, Erbre-
chen und Bewusstseinsver�nderungen symptomatisch, gi-
gantische Aneurysmen auch mit fokal neurologischen
Ausf�llen.
�tiologie
Eine Sonderform bilden die mykotischen oder infekti�sen
Aneurysmen, denen am h�ufigsten eine bakterielle Endo-
karditis oder eine Sepsis nach Infektion mit Bakterien,
Protozoen oder Pilzen zugrunde liegt. �ber die Aussaat
infekti�sen Materials entsteht fokal eine Arteriitis mit
Wanddefekt, umschriebener Gef�ßaussackung und schließ-
lich Ruptur. Pr�dispositionen hierf�r sind angeborene
Herzfehler und rheumatische Herzerkrankungen, Osteo-
myelitis sowie die Otitis media.
70 % der Aneurysmen zeigen sich als sakkul�re Form, die
in Ermangelung einer bekannten Ursache meist als kon-
genital bezeichnet wird. Der Rest verteilt sich auf trauma-
tische, dissezierende und fusiforme Aneurysmen verschie-
dener �tiologien. Aneurysmen k�nnen auch mit anderen
Erkrankungen wie dem Marfan-Syndrom, der Ehlers-Dan-
los-Erkrankung Typ IV, der tuber�sen Sklerose, der fibro-
muskul�ren Dysplasie und polyzystischen Nierenerkran-
kung und einer Aortenstenose assoziiert sein. Eine
Heredit�t wurde f�r Aneurysmen bisher nicht nachgewie-
sen. Famili�res Auftreten wurde auch bei Kindern beobach-
tet, jedoch seltener als bei Erwachsenen.
Diagnostik
Die neuroradiologische Diagnostik muss Details zum Aneu-
rysma selbst und den Umgebungsver�nderungen liefern:
Q Art und Ausdehnung der Blutung (subarachnoidal, par-
enchymat�s),
Q Gr�ße, Form und Lokalisation des Aneurysmas und seine
Beziehung zu den Nachbargef�ßen,
Q die vermutete Rupturstelle bei multiplen Aneurysmen
und assoziierten Gef�ßmalformationen.
Im weiteren Verlauf m�ssen Vasospasmus, zerebrale Isch-
�mie und schließlich Sekund�rver�nderungen durch
Raumforderung (gigantische Aneurysmen), �dem oder Li-
quorzirkulationsst�rung (Hydrozephalus) dargestellt wer-
den.
Die akute Subarachnoidalblutung kann initial mit ann�-
hernd 100 %-iger Sensitivit�t im CT nachgewiesen werden.
Nach einer Woche reduziert sich die Genauigkeit auf weni-
ger als 10 %, w�hrend im MRT der subakuten Phase Blut-
abbauprodukte in der FLAIR- und T2*-gewichteten Se-
quenz noch sichtbar sind. Der Nachweis des Aneurysmas
gelingt in 80 –95 % bei kombiniertem Einsatz von MRT
und MRA, was der CT-Angiographie moderner Multislice-
Scanner ann�hernd gleich kommt (Chappel et al. 2003).
Goldstandard f�r den Aneurysmanachweis ist aber nach
wie vor die digitale Subtraktionsangiographie (DSA), die
als Viergef�ßdarstellung einschließlich der Darstellung der
Verbindungen des Circulus Willisii durch Karotiskompres-
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Abb. 4.18a – c Durale AV-Fisteln. Von derA. meningea media versorgte Durafistelmit Drainage zum S. sagittalis superior vor(a, b) und nach Coil-Embolisation (c).
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4.4 Aneurysmen 85
sionsserien durchgef�hrt werden muss. F�r die endovasku-
l�re Therapie hat die dreidimensionale Rekonstruktion in
der DSA (Abb. 4.19) wie auch in den Schnittbildangiogra-
phietechniken zur Detaildarstellung der Aneurysmen ei-
nen hohen Stellenwert (Schumacher 2002).
Trotz Einsatz aller Bildtechniken bleiben ca. 20 % der spon-tanen Subarachnoidalblutungen �tiologisch ungekl�rt.
Therapie
Gr�ßere Erfahrungen in der Behandlung kindlicher Aneu-
rysmen liegen nicht vor. Aufgrund des hohen Anteils gigan-
tischer und fusiform konfigurierter Aneurysmen ist es h�u-
fig erforderlich, das Tr�gergef�ß zusammen mit dem
Aneurysma zu verschließen (Abb. 4.20). Dies wird auf-
grund der guten Adaptation des kindlichen Gef�ßsystems
in der Regel toleriert, muss jedoch zuvor durch tempor�re
Gef�ßokklusion getestet werden.
Gute chirurgische Behandlungsergebnisse werden bei
60 –80 % der Patienten berichtet (Kanaan 1995). Die beim
Erwachsenen inzwischen gegen�ber der Operation bevor-
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Abb. 4.19a – c Traumatisches Aneurysma.a Aneurysma des basalen Astes der A. ce-
rebri media (fr�he Teilung) eines 1 Mo-nate alten S�uglings nach Sturz aus ge-ringer H�he.
b u. c Die 3D-Darstellungen zeigen dievollst�ndige Einbeziehung des Tr�gerge-f�ßes in die Aneurysmawand.
Abb. 4.20a u. b Aneurysma.a Laterale DSA der A. carotis interna mit
großem petr�sem fusiformem Aneurys-ma eines dreij�hrigen Kindes.
b Ausschaltung durch Okklusion der A. ca-rotis proximal und distal durch 3 Ballons(Pfeile).
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86 4 Gef�ßmissbildungen des ZNS im Kindesalter
zugte endovaskul�re Ausschaltung der Aneurysmen mit
Coils findet zunehmend auch Eingang in die Behandlung
kindlicher Aneurysmen, Mitteilungen �ber gr�ßere Fall-
serien liegen jedoch noch nicht vor.
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