kinder und jugendliche mit autismus-spektrum- … · zeitliche orientierung: tagesablauf, zeitdauer...
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Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum- Störungen in der Schule
Praktische Unterstützung für den Unterricht (Kl.1-5) in Anlehnung
an das TEACCH-Konzept
2013 Bärbel Petry / Fachtag Autismus: Workshop 09 2
1. Allgemeine Hinweise zum besonderen Förderbedarf Autisten und zum Unterricht mit Autisten
2. Was heißt TEACCH? - Strukturieren
- Visualisieren - Individualisieren 3. Praktische Hilfen nach den Prinzipien von TEACCH - allg. Rahmenbedingungen (3.1.) - räumliche (3.2.) und zeitliche Orientierung (3.3.) - Reihenfolgen und Handlungsschritte (3.4.) - Verhaltensregeln und Feedbacksysteme (3.5.) - schriftliche Arbeitsaufträge (3.6.) 4. Weitere individuelle Unterstützungsmaßnahmen 5. Zusammenfassung mit Diskussion /Hinweise zur Ausstellung
Übersicht
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Jeder Autist ist anders! Generell können wir aber von folgenden Problembereichen bei autistischen Schülern ausgehen:
Eingeschränkte soziale Kompetenz :
Kommunikation und Interaktion
Besonderheiten der Wahrnehmung
Probleme in der Orientierung und
Handlungsplanung
schwankende Tagesverfassung und
Merkfähigkeit
1.1. Allgemeine Hinweise zum besonderen Förderbedarf von Autisten
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Probleme mit der Wahrnehmung und -verarbeitung führen häufig zu Reizüberflutung („overload“)
diese u.a. visuelle und akustische Phänomene erschweren eine Informationsaufnahme und –verarbeitung
Probleme mit dem Verständnis von Anweisungen (verbal und schriftlich)
geringe Fähigkeit, komplexe Abläufe auf Anhieb zu erfassen, Zerlegung in viele Teilschritte, Schüler mit ASS brauchen mehr Übung als andere, bis etwas automatisiert ist
große Probleme mit Selbstorganisation und Handlungsplanung; häufig innere Hemmung, etwas zu beginnen oder zu beenden
geringe Flexibilität und schnelle Ermüdung
Sch. akzeptiert häufig nur Tätigkeiten, deren Sinn er einsieht
- - -
1.2. Probleme für das Lernen im Unterricht (zusätzlich zu der sozial-emot. Einschränkung)
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1.3. Zusammenfassung
Das autistische Kind muss enorm viel leisten, um einigermaßen „normal“ am Unterricht teilnehmen zu können.
Störungen und Verweigerung sind häufig eine Folge von Überforderung, möglichst nicht überbewerten oder persönlich nehmen.
Versuchen Sie, soviel wie möglich präventiv zu handeln.
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Treatment and
Education of
Autistic and related
Communication handicapped
CHildren
(Therapie und päd. Förderung von autistischen und in ähnlicher Weise kommunikationsbeeinträchtigter Kinder)
2. Was heißt TEACCH?
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2.1. Exkurs: Genese von TEACCH
Staatliches Autismus-Förder-Programm des
US-Bundesstaates North Carolina. Anfänge in den 60er Jahren Umfassendes Konzept der University of North
Carolina, umfasst Diagnostik, Forschung, Ausbildung, Trainingsprogramme, lebenslange
Elternarbeit Ansatz: Verhaltenstherapie und kognitive Verhaltenstherapie
BRD: bisher vor allem in der Therapie und in der Pädagogik für Geistigbehinderte eingesetzt
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2.2. Prinzipien von TEACCH
Strukturierung
von Zeit, Raum, Arbeitsplatz, Abfolgen, Arbeitsblättern
Ziele: Übersichtlichkeit, klare Gliederung,
Erleichterung der Handlungsplanung
Visualisierung
von Regeln, Anweisungen, Zeitabläufen, Reihenfolgen,
Vereinbarungen, Erfolg
Ziele: Erinnerung, Erläuterung verbaler Instruktionen
Wichtiges hervorheben, Orientierung
Individualisierung
Anpassung an Kontext und Kind, Vorlieben des Kindes
berücksichtigen, ständige Aktualisierung
Ziel: pers. Strategien aufgreifen, Hilfe zur Selbsthilfe
Grundhaltung: Respekt und Akzeptanz
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2.3. Praktische Hilfen nach den Prinzipien von TEACCH 2.3.1. Förderliche Rahmenbedingungen und Voraussetzungen
Akzeptanz von Besonderheiten (pos. Sozialklima)
übersichtliche räumliche Strukturen
möglichst übersichtlicher Stundenplan mit möglichst wenig Fachlehrern
Rituale und wieder kehrende Abläufe
gemeinsame eindeutige Ordnungssysteme
nicht zu viele Hefte und Arbeitsmittel parallel
verbindliche Phasen von stillem Arbeiten
Eindeutige Regeln und Konsequenzen
>>>> ! Grenzen der Machbarkeit annehmen ! <<<
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2.3.2. Klassenzimmermodell nach Nathrath/Wölfl ( - für Schüler mit AD(H)S in Klasse 1-)
Klare und übersichtliche Raumaufteilung Feste Plätze für bestimmte Aktivitäten Ordnungshilfen: Regale als Raumteiler Reizarme Farben und wenig Dekoration Gute Lichtverhältnisse
Geräuschdämmung Orientierungshilfen durch Markierungen
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2.3.3. Klassenzimmerbeispiele vor Ort
Wie machen es andere?
Mooswaldschule Freiburg
Zardunaschule in Zarten
Eduard-Spranger-Schule Emmendingen
Klinikschule Freiburg
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2013 B. Petry Fachtag Autismus Workshop 09 16
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3. Praktische Beispiele / Unterrichtshilfen
3.1. Zeitliche Orientierung: Tagesablauf,
Zeitdauer für die ganze Klasse
3.2. Zeitliche Orientierung individuell
3.3. Visualisierung von Handlungsabfolgen und
Lösungsschritten individuell
3.4. Visualisierung von Klassenregeln und individuellen
Verhaltenszielen
3.5. Visualisierung der individuellen Befindlichkeit
3.6. Erstellen und Bearbeiten von schriftlichen Arbeitsaufträgen
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3. Praktische Beispiele 3.1. Zeitliche Orientierung und Tagesablauf
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3.1. Zeitliche Orientierung und Tagesablauf
Stundenplan Klinikschule - Ansicht für alle Schüler -
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3.1. Zeitliche Orientierung und Tagesablauf Stundenplan Zardunaschule - Ansicht für alle Schüler -
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3. Praktische Beispiele 3.1. Zeitliche Orientierung und Tagesablauf
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3. Praktische Beispiele 3.2. Zeitliche Orientierung und Tagesablauf individuell
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3. Praktische Beispiele 3.2. Zeitliche Orientierung und Reihenfolge individuell
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3. Praktische Beispiele 3.3. Handlungsabfolgen und Lösungsschritte individuell
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3. Praktische Beispiele 3.3. Etappenziele für ein Fernziel
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3. Praktische Beispiele 3.4. Visualisierung von Regeln: Klassenregeln
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3. Praktische Beispiele 3.4. Visualisierung von Regeln: Klassenregeln
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3. Praktische Beispiele 3.4. Visualisierung von Regeln für die Spielecke und den Pausenhof
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3. Praktische Beispiele 3.4. Visualisierung : Individuelle Verhaltensziele mit Selbsteinschätzung
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3. Praktische Beispiele 3.4. Visualisierung: Individuelle Verhaltensziele mit Feedback
Hi Aaron ! So gut hat es diese Woche ( WP__ ) geklappt :
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
vor der
Pause
nach der
Pause
vor der
Pause
nach der
Pause
vor der
Pause
nach der
Pause
vor der
Pause
nach der
Pause
vor der
Pause
nach der
Pause
Punktzahl letzte Woche: Punktzahl diese Woche insgesamt:
1. Gruppenregeln einhalten
2.arbeiten und mitmachen
3. Anweisungen befolgen
:
:
:
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3. Praktische Beispiele 3.4. Visualisierung: Individuelle Verhaltensziele - Feedback
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3. Praktische Beispiele 3.5. Visualisierung und Skalierung: Individuelle Befindlichkeit
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3. Praktische Beispiele 3.5. Visualisierung: Individuelle Befindlichkeit
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3. Praktische Beispiele 3.6. Erstellen und Bearbeiten von schriftlichen Arbeitsaufträgen
Prinzipien:
Übersichtlichkeit
keine überflüssigen Reize
Hervorheben des Wesentlichen
Portionieren
Umfang ggf. reduzieren
Teilziele hervorheben
Schritte ggf. vorgeben
Klare Anweisungen: Was ist zu tun?
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3. Praktische Beispiele 3.6. Schriftl. Arbeitsaufträge
Übersichtlichkeit : Positivbeispiele
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3. Praktische Beispiele 3.6. Schriftl. Arbeitsaufträge
Übersichtlichkeit: Negativbeispiele
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3. Praktische Beispiele 3.6. Bearbeitung von Arbeitsblättern
Bsp.: Portionieren(Zerschneiden), Entzerren, Markieren
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3. Praktische Beispiele 3.6. Bearbeiten von Arbeitsblättern
Beispiele : Markieren, Umgestalten, Strukturieren
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3. Praktische Beispiele
3.6. Schriftl. Arbeitsaufträge: Fach Deutsch Beispiel: Portionieren, Gliedern, Markieren
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3. Praktische Beispiele
3.7. Arbeitshilfen zur Arbeit mit Texten Beispiele für Fokussierungshilfen
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3. Praktische Beispiele
3.8. Weitere Arbeitshilfen (Konkrete Beispiele parallel zur Präsentation)
Merkzettel aufkleben: z.B. ABC-Schreibschrift, ABC-Schreibschrift, 1x1, Zahlenstrahl, 100er-Feld
Abdeckblätter, Abdeckfolien, -schablonen Büroklammern, Klammern, Postfix Textmarker und dicke Filzstifte Kleine Karteikarten für Wörter und Sortieraufgaben (ABC/ große Zahlen ordnen) Besondere Lineaturen Vergrößerungen von kl. Heftseiten (z.B. A5-Arbeitshefte) Kopien aus Büchern und Arbeitsheften für Textbearbeitung und Leseaufgaben Folien mit Büroklammern für Durchstreichtechnik Lückentexte, Satzanfänge, Ideen-Schatzkiste für Aufsätze
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Schulbegleitung? Hilfen zur Reizreduzierung (vgl. Tipps für Schüler mit ADS oder ADHS) Rückzugsmöglichkeiten Besondere Fähigkeiten würdigen (z.B. Sonderwissen, Musikalität, kompetentes Aufräumen) Toleranz für eigene Lernwege Mut zur Lücke Sonderregelungen für „offene“ Situationen (z.B. Pause, Sport) Bereitstellen erlaubter Ersatzbeschäftigung bei Überforderung Konflikte pragmatisch beenden ohne Vorwürfe und komplexe Erklärungen Klare Anweisungen, Lehrersprache anpassen Nachteilsausgleich anwenden: z.B. reduzierter Unterrichtsumfang, gesonderte Hausaufgaben, Zeitverlängerung bei Klassenarbeiten, Benutzung Laptop
-Nachteilsausgleich: z.B. reduzierter Unterrichtsumfang, gesonderte Hausaufgaben, Zeitverlängerung bei Klassenarbeiten, Benutzung Laptop -Unterstützung durch Maßnahmen i.S. von TEACCH Tipp 1: >>> möglichst eine präventive Grundhaltung einnehmen<<< Tipp 2: Störungen sind meistens eine Folge von Überforderung
4. Weitere Maßnahmen/Hinweise zur individuellen Unterstützung im Unterrichtsalltag
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5. Zusammenfassung und Ausblick
Versuchen Sie, offen zu sein für die jeweilige Besonderheit eines Schülers mit ASS. Der Unterricht mit einem autistischen Kind ist eine
permanente Herausforderung, aber häufig auch spannend.
Störungen und Verweigerung des Schülers sind meistens eine Folge von Überforderung, also möglichst
nicht überbewerten oder persönlich nehmen.
Versuchen Sie, soviel wie möglich präventiv zu handeln. Holen Sie sich Unterstützung!
Was möchten Sie ins Symposium zurück melden?
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Herzlichen Dank
für Aufmerksamkeit und Mitarbeit !
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Anhang
Folie 1:
Eingeschränkte soziale Kompetenz
Folie 2:
Besonderheiten der Wahrnehmung
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Geringe soziale Kompetenz - eingeschränkte Fähigkeit zu Empathie und Perspektivenwechsel („Theorie of mind“) - Probleme der Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung - Probleme in der Interaktion und Kommunikation - Orientierungs- und Verhaltensprobleme in einer Gruppe aufgrund des hohen Komplexitätsgrades des sozialen Geschehens
Auffälligkeiten durch Entwicklungsrückstände in Teilbereichen
bizarres Verhalten und „schrullig“ wirkende Attitüden (z.B. Tics, Zwänge, Echolalie, Sonderinteressen, Wutausbrüche, Wegrennen)
häufig zus. Belastung durch ADHS, LRS, Sprachauffälligkeiten, motorische Auffälligkeiten, Allergien >>> Sonderlinge, Störenfriede, Außenseiter, Mobbingopfer ???<<<
Anhang : Folie 1 Eingeschränkte soziale Kompetenz (und weitere Hürden für die soziale Einbindung)
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Unter- oder Überempfindlichkeit
in den verschiedenen Wahrnehmungsbereichen:
- Taktile Wahrnehmung
- Geruchs- und Geschmackswahrnehmung
- Akustische Wahrnehmung
- Optische Wahrnehmung
Störungen in der Wahrnehmungsverarbeitung, z.B.
- Eingeschränkte Sinnentnahme aus gesprochener
Sprache und Umsetzung von gespr. Sprache in
Handlung
- Mangelnde Figur- und Hintergrundunterscheidung
- Fehlende zentrale Kohärenz
Anhang: Folie 2 Besonderheiten der Wahrnehmung
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Materialien der Ausstellung:
Literaturauswahl zum Störungsbild ASS
( Fachliteratur, Betroffenheitsberichte)
Literaturauswahl zum Thema: Schüler mit ASS
Literaturliste (zum Mitnehmen)
Sammlung von Hinweisen zu einzelnen Schulfächern
von Nicole Schuster (Kopien zum Mitnehmen)
Auswahl von empfehlenswerten Schulbüchern , Arbeitsheften und Übungsmaterialien
Auswahl von Hilfsmitteln (mit Bezugsquellen/ Katalogen)
Viele in der Präsentation vorgestellte Beispiele aus der Praxis (z.B. Ablaufpläne, Feedbackbögen, Piktogramme, Bildsymbole für einzelne Unterrichtsfächer)