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Klassifikation der Berufe 2010 Band 1: Systematischer und alphabetischer Teil mit Erläuterungen KLDB 2010 Bundesagentur für Arbeit

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Klassifikation der Berufe 2010

Band 1: Systematischer und alphabetischer Teil mit Erluterungen

K L D B 2 010

Bundesagentur fr Arbeit

Klassifikation der Berufe 2010

Klassifikation der Berufe 2010

Band 1: Systematischer und alphabetischer Teil mit Erluterungen

K L D B 2 0 1 0

IMPRESSUM

Titel: Klassifikation der Berufe 2010 Band 1: Systematischer und alphabetischer Teil mit Erluterungen

Herausgeber: Bundesagentur fr Arbeit, Nrnberg

Erstellungsdatum: Mrz 2011

Kontakt: [email protected]

Bezugspreis: 15,00 (zuzglich 2,50 Versandkostenpauschale)

Bezugsmglichkeiten: Deutsche Vertriebsgesellschaft mbH Birkenmaarstr. 8 53340 Meckenheim

BA Shop-System im Internet unter: www.ba-bestellservice.de E-mail: [email protected] Telefon: 0180 /1002699-01 Fax: 0180/1002699-55 (3,9 Cent je Minute aus dem Festnetz der Deutschen Telekom. Bei Anrufen aus

Mobilfunknetzen hchstens 42 ct / min.)

Druck: Bonifatius GmbH Karl-Schurz-Str. 26 33100 Paderborn

Zustzlich erschienen: Klassifikation der Berufe 2010 Band 2: Definitorischer und beschreibender Teil

Bundesagentur fr Arbeit

Der Inhalt unterliegt urheberrechtlichem Schutz. Fr nichtgewerbliche Zwecke sind Vervielfltigung und unentgeltliche Verbreitung, auch auszugsweise, mit genauer Quellenangabe gestattet. Die Verbreitung, auch auszugsweise, ber elektronische Systeme/Datentrger bedarf der vorherigen Zustimmung. Alle brigen Rechte vorbehalten.

IMPRESSUM

Klassifikation der Berufe 20106

VoRwoRT

Zu Beginn der Entwicklung der vorliegenden Berufsklassifikation stand ein offensichtlicher Be-fund: Die bisherigen Berufsklassifikationen der Bundesagentur fr Arbeit und des Statistischen Bundesamtes aus den Jahren 1988 und 1992 sind nicht mehr zeitgem und haben ihre Praxis-tauglichkeit durch beralterung verloren. Der Verlust an Aussagekraft von Statistiken oder Er-hebungen wegen der veralteten Klassifikationen ist ein gravierendes Problem, das nicht nur die Nutzer von Statistiken, sondern auch die Statistik-Produzenten beschftigt, weil sie ihre Aufga-ben nicht mehr anforderungsgerecht erledigen knnen. Bereits sehr frh im Prozess der Entwick-lungsarbeiten zur Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010) wurde deutlich, dass eine gute L-sung nur mit der Neuentwicklung einer Berufsklassifikation und nicht mit der weiterentwicklung oder Anpassung der vorhandenen Klassifikationen zu erzielen sein wrde. Der Grund dafr ist der wandel von beruflichen Ttigkeiten und deren Bedeutung, der in den letzten fnfzig Jahren statt-gefunden hat. Sehr viele frher wichtige Produktions- und Fertigungsberufe sind praktisch bedeu-tungslos geworden. Viele Dienstleistungsberufe sind neu entstanden und haben auf dem Arbeits-markt stetig an Relevanz gewonnen. Insgesamt hat eine sukzessive Verschiebung der Bedeutung von ganzen Berufsbereichen stattgefunden, nicht nur der von einzelnen Berufen.

Die Angabe des Berufs oder der beruflichen Ttigkeit ist in allen Statistiken und Erhebungen zum Arbeitsmarkt oder zur soziokonomischen Lage in Deutschland unverzichtbar. Der Beruf ist weiterhin ein dominierender Aspekt in der Beschreibung von Ausgleichsprozessen am Ar-beitsmarkt. Auch in der Vermittlungsarbeit der Arbeitsverwaltung hat die Angabe des Berufes eine zentrale Bedeutung. Eine Berufsklassifikation muss fr die Vermittlung die Mglichkeit schaffen, ber sinnvolle und praxisgerechte Zusammenfassungen von hnlichen beruflichen T-tigkeiten zu verfgen. Und schlielich ist der Beruf in allgemeiner Perspektive gleichzeitig ein wichtiger Indikator fr die Position einzelner Erwerbsttiger in wirtschaft und Gesellschaft.

Mit der Entwicklung der KldB 2010 war neben der fachlichen Erneuerung auch die Chance verbun-den, wieder eine einheitliche nationale Berufsklassifikation zu schaffen. Dieses Ziel kann aus heu-tiger Sicht als erreicht angesehen werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Statistischen Bundesamt und der Bundesagentur fr Arbeit und die gemeinsame Sicht, dass die Vergleichbar-keit nationaler Statistiken eine unverzichtbare Grundlage fr zuknftige Statistiken zum Arbeits-markt oder zur Erwerbsttigkeit bildet, haben dies mglich gemacht. Darber hinaus wurde das Ziel verfolgt, die nationale Klassifikation in den europischen und internationalen Kontext einzu-betten. Die Entwicklung der KldB 2010 orientierte sich deshalb an der internationalen Berufsklas-sifikation (ISCo-08), allerdings ohne einfach die ISCo-08 zu bernehmen und fr die nationalen Zwecke tiefer zu untergliedern. Mit ihrer Anschlussfhigkeit zur ISCo-08 erlangt die KldB 2010 die erforderliche Zukunftsfhigkeit und hoffentlich auch die allgemeine Akzeptanz der Nutzer.

VoRwoRT

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7Klassifikation der Berufe 2010

Die Bundesagentur fr Arbeit hat die Entwicklung der neuen KldB 2010 im Jahr 2007 begonnen und im Jahr 2010 abgeschlossen. An der Entwicklung waren drei Bereiche der Bundesagentur beteiligt: der Bereich Vermittlung/Beratung, der Bereich Forschung durch das Institut fr Ar-beitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie federfhrend der Bereich Statistik als verantwort-liche Stelle fr die Arbeitsmarktstatistiken. Zur Untersttzung und Begleitung des Entwicklungs-prozesses durch externe Institutionen hat die Bundesagentur einen Arbeitskreis Klassifikation der Berufe 2010 eingerichtet, in dem neben dem Statistischen Bundesamt (Destatis) auch das Bundesministerium fr Arbeit und Soziales (BMAS), das Bundesministerium fr Bildung und For-schung (BMBF), das Bundesministerium fr Ernhrung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), das Bundesministerium fr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), das Bundesministerium fr wirtschaft und Technologie (BMwi), das Bundesinstitut fr Berufsbil-dung (BIBB) sowie der Rat fr Sozial- und wirtschaftsdaten (RatSwD) vertreten waren.

Die Entwicklung dieser neuen Berufsklassifikation htte nicht gelingen knnen, ohne die enga-gierte Mitarbeit, die freundliche Hilfe, die verlssliche Untersttzung und auch nicht ohne die kritischen Hinweise oder Fragen vieler Beteiligter innerhalb und auerhalb der Bundesagentur fr Arbeit. An erster Stelle ist den drei Mitarbeiterinnen der internen Arbeitsgruppe, wiebke Paulus, Ruth Schweitzer und Silke wiemer, zu danken. Sie haben mit hoher Ausdauer und mit viel bersicht eine komplexe Aufgabe bewltigt, fr die es praktisch keine Musterlsungen und keine Vorbilder aus frheren Zeiten gab. Die vorliegende Klassifikation ist das Ergebnis ihrer dreijhrigen Entwicklungsarbeit.

Aus den verschiedenen Bereichen der Bundesagentur fr Arbeit haben viele weitere Per-sonen das Vorhaben tatkrftig untersttzt und begleitet, dazu zhlen Michael Adam, wolf-gang Biersack, Andreas Ehrhardt, Martin Golombek, Julia Lewerenz, Britta Matthes, Gabriele Pietsch, Matthias Pleines, Michael Ruland, Ralf Schulz, Thomas weibrodt, Heike wndsch und Christian Zemann.

Den Vertreter/innen des Referates Klassifikationen des Statistischen Bundesamtes, Ute Feh-rer, Matthias Greulich und Hartmut Minkel, ist fr ihre intensive Untersttzung whrend des gesamten Entwicklungsprozesses zu danken. Dabei haben sie mit ihren fundierten fachlichen Hinweisen immer das gemeinsame Ziel einer einheitlichen nationalen Berufsklassifikation und einer mglichst hohen Kompatibilitt der KldB 2010 zur ISCo-08 im Blick gehabt.

VoRwoRT

8 Klassifikation der Berufe 2010

Der Arbeitskreis Klassifikation der Berufe 2010 bildete stets ein gutes Korrektiv in der Bewer-tung der einzelnen Entwicklungsschritte. Gleichzeitig lieferten die Mitglieder wichtige konstruk-tive Hinweise zur weiteren Entwicklungsarbeit. Neben bereits oben genannten Personen gilt unser Dank: Iris Assenmacher, Nicole Berger, wolfgang Gnther, Friedhelm Holterhoff, Hans-Joachim Schade, Franz-Xaver Schapfel-Kaiser, Michael Tiemann, Jrgen warnken und Christof wolf.

Das Bundesinstitut fr Berufsbildung hat eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Qualittssiche-rung der KldB 2010 bernommen. Allen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BIBB sei dafr gedankt.

Alois Geis und Jrgen Hoffmeyer-Zlotnik danken wir fr ihre Teilnahme und fr ihre Hinweise im Rahmen eines Expertenworkshops zur KldB 2010.

Die Mitglieder des Fachausschusses Klassifikationen beim Statistischen Bundesamt haben mit ihren Hinweisen ebenfalls zu einer Verbesserung des Ergebnisses beigetragen. Und auch die Anregungen weiterer Arbeitgeber-, Berufs- und Fachverbnde waren wichtig, damit am Ende eine praxistaugliche Klassifikation entstehen konnte.

Nrnberg, im oktober 2010 Holger Meinken Statistik der Bundesagentur fr Arbeit

VoRwoRT

10 Klassifikation der Berufe 2010

INHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS

I. EINLEITUNG

1 Ausgangslage und Ziel ..................................................................................................................... 14

2 Anwendungsfelder ........................................................................................................................... 15

3 Aufbau der vorliegenden Publikation ........................................................................................ 15

II. DIE KLASSIFIKATIoN DER BERUFE 2010

1 Struktur .................................................................................................................................................. 16

2 Umsteigeschlssel ............................................................................................................................. 19

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG

1 Anforderungen ................................................................................................................................... 22

2 Berufsverstndnis ............................................................................................................................... 24

2.1 Berufsfachlichkeit als horizontale Dimension........................................................... 26

2.2 Anforderungsniveau als vertikale Dimension .......................................................... 26

3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur..................................................................................... 28

3.1 Entwicklung der dreistufigen berufsfachlichen Klassifikationsstruktur .......... 29

3.1.1 Datengrundlage .................................................................................................................. 29

3.1.2 Clusteranalyse ...................................................................................................................... 33

3.1.3 Aufbau einer dreistufigen Klassifikationsstruktur ................................................... 35

3.1.4 berprfung und Sichtung der Cluster aus berufskundlicher Sicht ................ 37

3.2 Zuordnungsgrundstze fr das Anforderungsniveau .......................................... 39

3.2.1 Grundannahmen und Ziel ............................................................................................... 39

3.2.2 Vorgehen und Ergebnis .................................................................................................... 39

3.3 Bildung der Berufsbereiche ............................................................................................. 41

4 Zuordnungsgrundstze fr spezifische berufliche Ttigkeiten ......................................... 42

4.1 Aufsichts- und Fhrungskrfte ....................................................................................... 42

4.2 Helferberufe .......................................................................................................................... 46

4.3 Militrberufe ......................................................................................................................... 48

5 Alphabetisches Verzeichnis der Berufsbenennungen .......................................................... 49

11Klassifikation der Berufe 2010

INHALTSVERZEICHNIS

6 Kompatibilitt zur ISCo-08 ............................................................................................................. 51

6.1 Ausgangslage und Ziel ...................................................................................................... 51

6.2 Gegenberstellung KldB 2010 und ISCo-08 ............................................................. 51

6.3 Messung von Kompatibilitt und Ergebnis ............................................................... 53

7 Qualittssicherung............................................................................................................................. 54

IV. HINwEISE ZUR ANwENDUNG DER KLDB 2010

1 Allgemeine Klassifizierungsregeln .............................................................................................. 57

1.1 Klassifizierung nach der Berufsfachlichkeit ............................................................... 57

1.2 Klassifizierung nach dem Anforderungsniveau ....................................................... 60

2 Beschreibungen zu den Klassifikationseinheiten ................................................................... 60

V. SySTEMATISCHE BERSICHTEN ZUR STRUKTUR DER KLDB 2010

1 Berufsbereiche (1-Steller) und Berufshauptgruppen (2-Steller) ....................................... 64

2 Berufsbereiche (1-Steller), Berufshauptgruppen (2-Steller), Berufsgruppen (3-Steller), Berufsunter gruppen (4-Steller) und Berufsgattungen (5-Steller) ..................................... 66

VI. SySTEMATISCHES VERZEICHNIS DER BERUFSBENENNUNGEN 168

VII. ALPHABETISCHES VERZEICHNIS DER BERUFSBENENNUNGEN 324

ANHANG: UMSTEIGESCHLSSEL

1 Umsteigeschlssel von der KldB 2010 (5-Steller) zur ISCo-08 (4-Steller) .....................668

2 Umsteigeschlssel von der KldB 1988 (4-Steller) zur KldB 2010 (5-Steller) .................730

3 Umsteigeschlssel von der KldB 1988 (3-Steller) zur KldB 2010 (5-Steller) .................800

4 Umsteigeschlssel von der KldB 1992 (4-Steller) zur KldB 2010 (5-Steller) .................826

12 Klassifikation der Berufe 2010

ABKRZUNGSVERZEICHNIS

ABKRZUNGSVERZEICHNIS

BA Bundesagentur fr Arbeit

BAuA Bundesanstalt fr Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

BBiG Berufsbildungsgesetz

BFS Berufsfachschule

BIBB Bundesinstitut fr Berufsbildung

BMAS Bundesministerium fr Arbeit und Soziales

BMBF Bundesministerium fr Bildung und Forschung

BMELV Bundesministerium fr Ernhrung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

BMU Bundesministerium fr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

BMwi Bundesministerium fr wirtschaft und Technologie

Destatis Statistisches Bundesamt

DKZ Datenbank der Dokumentationskennziffern

einf. Dienst einfacher Dienst

FS Fachschule

geh. Dienst gehobener Dienst

hh. Dienst hherer Dienst

HS Hochschule

Hwo Handwerksordnung

IAB Institut fr Arbeitsmarkt und Berufsforschung

ILo International Labour organization

ISCo-08 International Standard Classification of occupations aus dem Jahr 2008

KldB 2010 Klassifikation der Berufe aus dem Jahr 2010

KldB 1988 Klassifizierung der Berufe aus dem Jahr 1988 bzw. 1992

bzw. 1992

mittl. Dienst mittlerer Dienst

RatSwD Rat fr Sozial- und wirtschaftsdaten

VAM Virtueller Arbeitsmarkt der Bundesagentur fr Arbeit

VerBIS Vermittlungs-, Beratungs- und Informationssystem der Bundesagentur fr Arbeit

14 Klassifikation der Berufe 2010

I. EINLEITUNG 1 Ausgangslage und Ziel

I. EINLEITUNG

1 Ausgangslage und Ziel

In Deutschland waren fast 20 Jahre lang zwei unterschiedliche nationale Berufsklassifikationen im Einsatz: die Klassifizierung der Berufe der Bundesagentur fr Arbeit (BA) in der Fassung von 1988 (KldB 1988) sowie eine berarbeitete Version des Statistischen Bundesamtes von 1992 (KldB 1992). Eine Neukonzeption der Berufsklassifikation wurde notwendig, da beide Be-rufsklassifikationen die aktuelle Berufsstruktur nicht mehr realittsnah abbilden konnten. wei-tere Defizite waren die fehlende Einheitlichkeit der Differenzierung, die fehlende Eindeutigkeit der Zuordnung von Berufen sowie eine Vermischung der strukturierenden Dimensionen Ttig-keit, Position und Qualifikation. Die Klassifizierung der Berufe von 1988 (KldB 1988) geht auf die Ende der 60er-Jahre entwickelte Berufsklassifikation von 1970 zurck, die zwischenzeitlich (1975) ergnzt und berichtigt wurde. Ihre Gliederungsstruktur wurde jedoch seither bis auf die unterste Klassifikationsebene die Berufsklassen (4-Steller) weitgehend beibehalten. Bei der Klassifizierung der Berufe von 1992 (KldB 1992) handelt es sich um eine berarbeitete Ver-sion der Berufsklassifikation von 1975 (bzw. zuvor 1970). Beide Berufsklassifikationen stellen somit lediglich eine weiterentwicklung bestehender Klassifikationen dar, so dass seit Ende der 60er-Jahre keine grundlegende neue Systematisierung und Anpassung der Hauptgliederungs-ebenen an die aktuelle Berufsstruktur in Deutschland erfolgt ist.

Neben den beiden nationalen Berufsklassifikationen existiert eine internationale Klassifikation der Berufe die International Standard Classification of occupations (ISCo), die in den letzten Jahren von der International Labour organization (ILo) als Version 2008 berarbeitet wurde. Seit 2009 liegen die Struktur inklusive der Beschreibungen der Klassifikationseinheiten in engli-scher Fassung sowie Umsteiger zwischen der ISCo-88 und der ISCo-08 vor. Eine Ablsung der bestehenden nationalen Berufsklassifikationen durch die ISCo-08 erschien wenig sinnvoll, da die Vielfalt der beruflichen Ausbildungs- und Qualifikationsformen in Deutschland, insbesonde-re die dualen Berufsausbildungen und die geregelten weiterbildungsberufe (bspw. Meisterttig-keiten) mit der ISCo-Systematik nur schwer oder gar nicht abzubilden sind.

Bei der Entwicklung der Klassifikation der Berufe 2010 wurden hauptschlich zwei Ziele ver-folgt: Die neue Klassifikation sollte den Besonderheiten des deutschen Arbeitsmarktes mit sei-ner ausgeprgten berufsspezifischen Strukturierung gerecht werden und zugleich eine mg-lichst hohe Kompatibilitt und Zuordnungsfhigkeit zur ISCo-08 aufweisen.

15Klassifikation der Berufe 2010

I. EINLEITUNG 2 Anwendungsfelder 3 Aufbau der vorliegenden Publikation

2 Anwendungsfelder

Die nationale Klassifikation der Berufe wird in verschiedenen Bereichen angewendet. Innerhalb der Bundesagentur fr Arbeit wird sie zur Verschlsselung von Bewerber- und Stellenangebo-ten sowie fr die Statistik ber den Arbeitsmarkt, Ausbildungsmarkt und die Beschftigung so-wie in der Arbeitsmarktforschung verwendet. Die statistischen mter von Bund und Lndern setzen die Berufsklassifikation ebenfalls fr viele ihrer Statistiken ein; als wichtigste Erhebung wre der Mikrozensus zu nennen. Viele nationale Institutionen in der wissenschaft, Presse, Ver-waltung und Politik nutzen diese Daten, um die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu beschreiben, zu analysieren oder um politische bzw. administrative Entscheidungen zu treffen. Berufsbezogene Datenauswertungen dienen hufig als Handlungsempfehlung oder Entscheidungsgrundlage fr Ministerien, Betriebe oder Verbnde, beispielsweise ber die Frderung bestimmter Berufsbe-reiche. Dabei gewinnen gerade internationale Vergleiche und Erhebungen, beispielsweise zum Arbeitskrftewandel oder zum Fachkrftebedarf, an Relevanz.

3 Aufbau der vorliegenden Publikation

Der Band 1 stellt die Struktur der neuen KldB 2010 vor und liefert Erluterungen zu den Ver-zeichnissen der Berufsbenennungen und den Umsteigeschlsseln (Kap. II). Darber hinaus be-inhaltet er Beschreibungen zu den Grundlagen und der Entwicklung der Berufsklassifikation (Kap. III) und gibt zentrale Hinweise zur Anwendung (Kap. IV). Im Anschluss daran folgen die systematischen bersichten zur Struktur der KldB 2010 (Kap. V), das systematische Verzeichnis der Berufsbenennungen (Kap. VI) und das alphabetische Verzeichnis der Berufsbenennungen (Kap. VII). Der Anhang enthlt schlielich noch die (einseitigen) Umsteigeschlssel von den be-stehenden nationalen Klassifikationen (KldB 1988 und KldB 1992) zur KldB 2010 sowie den Um-steigeschlssel von der KldB 2010 zur internationalen Berufsklassifikation (ISCo-08).

Neben diesem ersten Band erscheint zeitgleich ein zweiter Band zur KldB 2010, der die aus-fhrlichen Beschreibungen zu den einzelnen Klassifikationseinheiten der Gliederungsebenen zwei bis fnf beinhaltet. Die Beschreibungen umfassen im Kern eine Auflistung der Aufgaben, Ttigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie der Berufe, die die Klassifikationseinheit aus-zeichnen. Durch die Nennung von Systematikpositionen bzw. Berufen, die nicht Teil der be-trachteten Beschreibung sind, erfolgt darber hinaus eine Negativabgrenzung zu verwandten Klassifikationseinheiten und somit eine Erhhung der Trennschrfe.

16 Klassifikation der Berufe 2010

II. DIE KLASSIFIKATIoN DER BERUFE 2010 1 Struktur

II. DIE KLASSIFIKATIoN DER BERUFE 2010

1 Struktur

Die KldB 2010 ist anhand von zwei Dimensionen gegliedert. Die primre strukturgebende Di-mension ist die so genannte Berufsfachlichkeit. Danach werden die Berufe zunchst nach ihrer hnlichkeit anhand der sie auszeichnenden Ttigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten grup-piert. Auf der untersten Ebene erfolgt eine Untergliederung der berufsfachlichen Einheiten an-hand der zweiten Dimension dem Anforderungsniveau. Das Anforderungsniveau bildet die Komplexitt der auszubenden Ttigkeit ab und ist in vier Komplexittsgrade unterteilt, von 1 Helfer- und Anlernttigkeiten bis 4 hoch komplexe Ttigkeiten.

Die KldB 2010 ist als hierarchische Klassifikation mit fnf numerisch verschlsselten Gliede-rungsebenen aufgebaut. Sie umfasst:

10 Berufsbereiche (1-Steller) 37 Berufshauptgruppen (2-Steller) 144 Berufsgruppen (3-Steller) 700 Berufsuntergruppen (4-Steller) 1.286 Berufsgattungen (5-Steller)

Die KldB 2010 wird im Jahr 2011 deutschlandweit in die amtlichen Statistiken eingefhrt. Auf diese weise wird zugleich das Nebeneinander der zwei bisherigen nationalen Berufsklassifika-tionen aufgelst. Mit der durchgngig numerischen Kennzeichnung der Positionen ist gegen-ber den bestehenden nationalen Berufsklassifikationen (KldB 1988 und 1992), die auf einem alphanumerischen System aufsetzen, eine wichtige Verbesserung in der Anwendung erbracht worden.

Die Bildung der obersten zehn Berufsbereiche erfolgte anhand von Berufsfeldanalysen (vgl. Kap. III.3.3). Ihre Anordnung orientiert sich an den frheren Berufsklassifikationen nur insoweit, als dass die Reihenfolge von den Produktionsberufen ber die Fertigungsberufe zu den Dienst-leistungsberufen erhalten bleibt. Zustzlich werden die Militrberufe in einem eigenen Berufs-bereich erfasst.

17Klassifikation der Berufe 2010

II. DIE KLASSIFIKATIoN DER BERUFE 2010 1 Struktur

Tabelle 1: Berufsbereiche der KldB 2010

SchlsselKldB 2010 Berufsbereich

1 Land-, Forst- und Tierwirtschaft und Gartenbau

2 Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung

3 Bau, Architektur, Vermessung und Gebudetechnik

4 Naturwissenschaft, Geografie und Informatik

5 Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit

6 Kaufmnnische Dienstleistungen, warenhandel, Vertrieb, Hotel und Tourismus

7 Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht und Verwaltung

8 Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung

9 Sprach-, Literatur-, Geistes-, Gesellschafts- und wirtschaftswissenschaften, Medien, Kunst, Kultur und Gestaltung

0 Militr

Die oberen vier Ebenen die Berufsbereiche, die Berufshauptgruppen, die Berufsgruppen und die Berufsuntergruppen stellen eine Zusammenfassung der Berufe anhand ihrer berufs-fachlichen hnlichkeit dar. Dabei gilt der Grundsatz: Je tiefer die Ebene, desto hher ist die hn-lichkeit der Berufe zueinander.

Eine Besonderheit innerhalb der Gliederung der Berufsuntergruppen besteht darin, dass auf der vierten Stelle des numerischen Schlssels die Ziffern 0, 8 und 9 eine Indikator-Funktion ha-ben. Danach signalisiert die 0 an vierter Stelle, dass in diesem 4-Steller ausschlielich Berufe enthalten sind, die innerhalb der entsprechenden Berufsfachlichkeit einer Berufsgruppe (3-Stel-ler) keine weitere Spezialisierung oder nhere Ttigkeitsangabe erkennen lassen. In der Regel finden sich in dieser Systematikposition auch die zugeordneten Helferberufe wieder (vgl. Kap. III.4.2). Die 8 an vierter Stelle impliziert eine Zusammenfassung von sonstigen spezifischen Ttigkeitsangaben, die in der KldB 2010 unterhalb der Berufsgruppen (3-Steller) trotz Speziali-sierung aus Grnden der fehlenden Arbeitsmarktrelevanz nicht weiter untergliedert sind, aber zuknftige Ausdifferenzierungen der Berufsfachlichkeit des betreffenden 3-Stellers bedeuten knnten. Mit der 9 an vierter Stelle werden alle Systematikpositionen gekennzeichnet, in de-nen ausschlielich Aufsichts- und Fhrungskrfte zusammengefasst werden. weitere Hinweise und Beispiele fr die Zuordnung von Berufen sind in Kapitel IV zu finden.

18 Klassifikation der Berufe 2010

II. DIE KLASSIFIKATIoN DER BERUFE 2010 1 Struktur

Die Ebenen eins bis vier zeigen eine hierarchische Gliederung, wie sie aus den bisherigen Berufsklas-sifikationen bekannt ist. Die Besonderheit der KldB 2010 liegt in der zustzlichen Untergliederung der Berufsuntergruppen anhand der zweiten Strukturdimension dem Anforderungsniveau. Die un-terste Ebene der Klassifikation bilden die Berufsgattungen. Zu beachten ist dabei, dass nicht jede Berufsuntergruppe zwingend anhand aller vier mglichen Anforderungsniveaus untergliedert wird, sondern fr jede Berufsuntergruppe jeweils lediglich jene der vier Anforderungsniveaus enthalten sind, die in Deutschland in der tatschlichen Berufspraxis und auf dem Arbeitsmarkt vorkommen.

Tabelle 2: bersicht ber die Anzahl der Berufshauptgruppen, Berufsgruppen, Berufsuntergruppen und Berufsgattungen je Berufsbereich

Berufs- bereich

Anzahl

Berufs- hauptgruppen

Berufs- gruppen

Berufs- untergruppen

Berufs- gattungen

1 2 9 41 84

2 9 30 150 317

3 4 10 59 118

4 3 11 61 108

5 4 15 70 122

6 3 12 50 84

7 3 11 54 110

8 4 21 112 184

9 4 21 99 155

0 1 4 4 4

zusammen 37 144 700 1.286

19Klassifikation der Berufe 2010

II. DIE KLASSIFIKATIoN DER BERUFE 2010 2 Umsteigeschlssel

2 Umsteigeschlssel

Eine wichtige Erwartung von Anwendern an die Klassifikation der Berufe 2010 ist, dass sie sowohl zu den bestehenden nationalen Berufsklassifikationen (KldB 1988 und KldB 1992) als auch zu der internationalen Berufsklassifikation (ISCo-08) kompatibel sein sollte. Diesen beiden Zielen kann die neue Berufsklassifikation jedoch nicht gleichermaen und vollstndig gerecht werden. Denn die genannten Klassifikationen bauen auf mindestens teilweise unterschiedlichen Strukturprinzipi-en auf, gehen von einem unterschiedlichen Berufsverstndnis aus und verwenden unterschiedliche Kriterien zur Bestimmung der Gleichartigkeit bzw. Verwandtschaft von Ttigkeiten bzw. Berufen. Zudem weichen die inhaltlichen Schwerpunkte der Systematiken stark voneinander ab, was insbe-sondere durch die wahl des Hauptstrukturmerkmals (Qualifikations- bzw. Anforderungsniveau in der ISCo vs. Berufsbereiche bzw. wirtschaftszweige in der KldB) deutlich wird. Aus diesen Grnden wurde die Entscheidung getroffen, dass der Kompatibilitt zur ISCo-08 gegenber der zu den be-stehenden nationalen Klassifikationen Prioritt eingerumt wird. In der Folge wurde bereits im Ent-wicklungsprozess eine stetige Gegenberstellung zwischen der KldB 2010 und der ISCo-08 vorge-nommen und auf diese weise ein besonders hoher Grad an Kompatibilitt erzielt (vgl. Kap. III.6.3).

Die folgende Tabelle gibt eine vergleichende bersicht der Berufsklassifikationen mit der An-zahl ihrer Systematikpositionen auf den unterschiedlichen Ebenen wieder.

Tabelle 3 Berufsklassifikationen mit Anzahl der Systematikpositionen

KldB 1988 KldB 1992 ISCo-08 KldB 2010

1. Ebene 6 6 10 10

2. Ebene 33 33 42 37

3. Ebene 86 88 128 144

4. Ebene 334 369 436 700

5. Ebene 1.991 2.287 - 1.286

Hierbei geht es lediglich darum einen berblick zu erhalten, wie viele Ebenen die jeweiligen Klassifikationen enthalten und welche Aggregationsschritte vorgenommen werden. Inhaltlich sind die jeweiligen Ebenen nicht vergleichbar. Jede der hier abgebildeten Berufsklassifikationen beruht auf unterschiedlichen theoretischen berlegungen, die eine qualitative Gegenberstel-lung der einzelnen Klassifikationen nahezu unmglich macht. Nur die lteren nationalen Klas-sifikationen (KldB 1988 und KldB 1992) bauen aufeinander auf, weshalb der Vergleich deutlich macht, dass die Aktualisierung der Ausgabe von 1988 lediglich zu weiteren Untergliederungen von bestehenden Systematikpositionen in der Ausgabe von 1992 gefhrt hat, jedoch nicht die notwendigen Reduktionen in den Berufsbereichen mit gesunkener Bedeutung erfolgt sind.Um dennoch eine Vergleichbarkeit zwischen den bestehenden Berufsklassifikationen herstellen

20 Klassifikation der Berufe 2010

II. DIE KLASSIFIKATIoN DER BERUFE 2010 2 Umsteigeschlssel

zu knnen, wurden folgende einseitige Umsteigeschlssel erarbeitet, die im Anhang der vorlie-genden Buchpublikation vorzufinden sind: (1) KldB 2010 (5-Steller) zu ISCo-08 (4-Steller) (2) KldB 1988 (4-Steller) zu KldB 2010 (5-Steller) (3) KldB 1988 (3-Steller) zu KldB 2010 (5-Steller) (4) KldB 1992 (4-Steller) zu KldB 2010 (5-Steller)

Bei den zur Verfgung gestellten Umsteigern handelt es sich um Schwerpunktumsteiger. Das bedeutet, alle Umsteiger umfassen sowohl 1:1- als auch 1:n- bzw. n:1-Beziehungen. Insbeson-dere bei den Umsteigeschlsseln von den alten nationalen Berufsklassifikationen zu der neuent-wickelten KldB 2010 kann hufig kein eindeutiger Umstieg festgelegt werden. In diesen Fllen wird dennoch ein Schwerpunkt genannt, jedoch sind zustzlich alle weiteren in Frage kommen-den Umstiege im Sinne von Alternativen angefhrt. Um auch in diesen Fllen gegebenenfalls einen eindeutigen Umstieg vornehmen zu knnen, sollten mglichst zustzliche Informationen verwendet werden, z. B. die Angabe des wirtschaftszweiges, in der die Ttigkeit ausgebt wird, oder die Stellung im Betrieb, die der ausgebten Ttigkeit immanent ist. Solche Zusatzinforma-tionen sind in den Daten aus statistischen Erhebungen hufig vorhanden und ihre Nutzung kann die Kompatibilitt im Falle von Umschlsselungen deutlich verbessern.

22 Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG

Das Vorgehensmodell zur Neuentwicklung der Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010) ver-eint drei Hauptanforderungen: Es ist theoriegeleitet, empirisch belegt und praxisnah. Entspre-chend wurde zu Beginn eine umfassende Bestandsaufnahme zu den bestehenden Berufsklas-sifikationen, den Anwendungsfeldern sowie den Anforderungen (vgl. Kap. III.1) an eine neue Berufsklassifikation durchgefhrt. Des weiteren wurde der Begriff Beruf analysiert, eine De-finition zum Verstndnis von Beruf in der KldB 2010 erarbeitet und die relevanten Struktur-dimensionen (Berufsfachlichkeit und Anforderungsniveau) wurden auf der Grundlage dieser Er-kenntnisse festgelegt (vgl. Kap. III.2).

Diese theoretischen Vorarbeiten bildeten die Basis fr ein Konzept, welches eine empirische Fundierung der Struktur der KldB 2010 vorsieht. Die erste Stufe der Strukturierung der Beru-fe erfolgte anhand der Berufsfachlichkeit von Berufen. Als Datengrundlage wurden die so ge-nannten Kompetenzprofile von rund 4.000 Berufen aus dem BERUFENET der BA verwendet. Mit Hilfe einer hierarchischen Clusteranalyse dieser Kompetenzprofile konnte eine dreistufige, hierarchische Klassifikationsstruktur aufgebaut werden. Die berufsfachlichen Klassifikations-einheiten wurden anschlieend anhand der zweiten Dimension dem Anforderungsniveau weiter ausdifferenziert (vgl. Kap. III.3). Im Anschluss an die Clusterung erfolgte eine berufs-kundliche Sichtung der Ergebnisse. Ziel dabei war, Fehlzuordnungen von Berufen (so genannte Ausreier) zu identifizieren und anhand festgelegter Kriterien neu zuzuordnen sowie Zuord-nungsgrundstze fr spezifische berufliche Ttigkeiten Aufsichts- und Fhrungskrfte, Helfer- und Militrberufe zu erarbeiten (vgl. Kap. III.4). Parallel zu den Entwicklungsarbeiten wurde ein stetiger Abgleich zwischen der KldB 2010 und der aktuell gltigen internationalen Berufs-klassifikation (ISCo-08) durchgefhrt, um eine mglichst hohe Kompatibilitt zwischen den bei-den Klassifikationen zu erzielen (vgl. Kap. III.6). Als weiteres Instrument der Qualittssicherung wurde die neuentwickelte KldB 2010 einer systematischen berufskundlichen Gesamtprfung durch das Bundesinstitut fr Berufsbildung und einen berufskundlichen Verlag unterzogen so-wie drei ausgewhlte Berufsbereiche im Rahmen eines Expertenworkshops diskutiert und an-gepasst (vgl. Kap. III.7).

1 Anforderungen

Mit der neuen Klassifikation der Berufe soll ein Instrument entwickelt werden, welches die heu-tige Arbeitsmarktrealitt und damit die Berufs- und Berufsausbildungsstruktur in Deutschland mglichst genau abbildet. Die neue KldB soll jedoch nicht nur nationale Gltigkeit besitzen, sondern muss darber hinaus eine mglichst hohe Kompatibilitt zur ISCo-08 vorweisen. Hu-fig wurde bereits die Forderung laut, die ISCo als nationale Klassifikation der Berufe auch in

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 1 Anforderungen

23Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 1 Anforderungen

Deutschland zu bernehmen. Dies erscheint jedoch wenig sinnvoll, da die Vielfalt der berufli-chen Ausbildungs- und Qualifikationsformen in Deutschland, insbesondere die dualen Berufs-ausbildungen und die geregelten weiterbildungsberufe (bspw. Meisterttigkeiten) mit der ISCo-Systematik nur schwer oder gar nicht abzubilden sind. Um den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen einer internationalen bzw. europischen Arbeitsvermittlung gerecht zu wer-den und um internationale Vergleichbarkeit von statistischen Berichten und wissenschaftlichen Analysen zu gewhrleisten, ist es von zentraler Bedeutung, durch ein eindeutiges Umschlsse-lungsverfahren Kompatibilitt zur ISCo-08 herzustellen.

Die Klassifikation der Berufe ist einerseits Basis der Beratungs-, Vermittlungs- und Informa-tionsarbeit der Bundesagentur fr Arbeit und andererseits wesentliche Grundlage fr die Arbeit in Statistik und Forschung. Aber auch auerhalb der BA findet sie zahlreiche Anwendungsfelder. Sie wird z. B. genutzt fr das Meldeverfahren zur Sozialversicherung und in Erhebungen und Be richt erstattungen statistischer mter sowie in der national und international vergleichenden Forschung. Daraus ergibt sich eine weitere Anforderung an die KldB 2010 die der vielseitigen Anwendbarkeit.

Da Berufe keine starren Phnomene sind, sondern sich im Zeitverlauf verndern, neu entstehen und zum Teil sogar aussterben, ist es besonders wichtig, dass die Klassifikation der Berufe anpassungs- und ausbaufhig ist. Das heit: Die Klassifikationskriterien mssen so gewhlt werden, dass sie Vernderungen in der Berufslandschaft aufzeigen und dass neue Berufe oder bislang unbekannte Ttigkeiten in sie eingeordnet werden knnen. Zu Forschungszwecken ms-sen neben den aktuellen Entwicklungen am Arbeitsmarkt aber auch die langfristigen Vernde-rungen im Zeitablauf abbildbar bleiben. Dafr sollte die Klassifikation ausreichende Struktursta-bilitt aufweisen und ein langfristiges Einordnungsschema besitzen.

Eine weitere Anforderung an die KldB 2010 ist die Mehrdimensionalitt. Die Klassifikation der Berufe soll demnach alle zentralen Dimensionen abbilden, die einen Beruf konstituieren. Die Zahl der Dimensionen sollte aber mglichst gering gehalten werden, um die Handhabbarkeit der Klassifikation der Berufe und ihre Funktionalitt zu gewhrleisten. wichtig ist, dass die Di-mensionen weitestgehend trennscharf sind, um eine aus methodischer Sicht problematische Vermischung zu vermeiden.

Darber hinaus sollte die KldB 2010 die Gtekriterien von Klassifikationen erfllen. Das bedeu-tet zum einen, dass die Klassifikationsmerkmale homogen sein sollten, um eine eindeutige Zu-ordnung der Berufe zu gewhrleisten. Zum anderen sollten die Klassifikationseinheiten mg-lichst unabhngig und trennscharf sein. In bereinstimmung mit der Forderung nach mglichst homogenen Klassifikationsmerkmalen erscheint es notwendig, die Gliederung der Berufe nach

24 Klassifikation der Berufe 2010

einheitlichen, durchgehend angewandten Gesichtspunkten vorzunehmen. Je nach Bedarf sollte die Klassifikation der Berufe so flexibel sein, dass sie fr eine Grob- und/oder Feinerfassung gleichermaen geeignet ist. Der Grad der Differenzierung das Niveau, auf dem Berufe ag-gregiert werden sollte auf alle Flle konstant bleiben und innerhalb einer Klassifikation nicht variieren. Fr den Verwender der Klassifikation muss dieses Aggregationsniveau deutlich sein. Die Klassifikation sollte all jene Merkmale beinhalten, die zu einer mglichst vollstndigen Be-schreibung der Berufe fhren. Jede denkbare Ttigkeit sollte erfasst werden knnen. Die Neu-artigkeit der Ttigkeit wrde sich lediglich aus einer neuen bzw. unbekannten Kombination von Ttigkeitselementen ergeben.

Die zentralste Anforderung ist jedoch die praktische Umsetzbarkeit der Klassifikation. Das be-deutet, die Klassifikation der Berufe ist so zu konzipieren, dass sie kein theoretisches Kon-strukt bleibt, sondern in der Praxis ihre Anwendung finden kann. Da das Konzept erst durch seine praktische Umsetzbarkeit legitimiert wird, mssen die Codierung, die Umsteigeschlssel und die Umstellung der elektronischen Verfahren von Anfang an im Entwicklungsprozess der neuen KldB Bercksichtigung finden.

2 Berufsverstndnis

Um den aufgezeigten Anforderungen gerecht zu werden und eine zielgruppenneutrale, perso-nenunabhngige Berufsklassifikation zu entwickeln, ist eine eindeutige und zugleich fr alle Anwendergruppen flexible Berufsdefinition erforderlich. Die Definition von Beruf ist bis heute umstritten und selbst innerhalb der Berufsforschung keineswegs eindeutig geklrt. So wird je nach Verwendungszweck auf meist mehrere variierende Dimensionen zurckgegriffen. Um Be-rufe in allen Facetten beschreiben zu knnen, werden dabei auerdem unterschiedliche Per-spektiven zur Beschreibung von Berufen und Berufsbildern eingenommen.

So bedeutet nach dem Berufssoziologen Stoo Beruf ein Gliederungs- und Strukturprinzip der Gesellschaft und damit eine charakteristische Bndelung von Erwerb, Arbeit und Qualifikation, die den Arbeitsmarkt reguliert.1 Kupka sieht in Beruf und Beruflichkeit zentrale Instanzen der deutschen Gesellschaft2 (S. 17), die auf gesamtkonomischer, gesellschaftlicher, unternehme-rischer und individueller Ebene betrachtet werden knnen. Danach stellt Beruf auf gesellschaft-licher Ebene ein Gliederungs- und Strukturprinzip dar, da Entlohnung, Arbeitsbedingungen,

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 2 Berufsverstndnis

1 Vgl. Stoo, Friedemann (1985): Verliert der Beruf seine Leitfunktion fr die Integration der Jugend in die Gesellschaft? In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 18, H. 2, S. 198-208.2 Kupka, Peter (2005): Berufskonzept und Berufsforschung. Soziologische Perspektiven. In: Jacob, Marita und Kupka, Peter (Hrsg.): Perspektiven des Berufskonzepts. Die Bedeutung des Berufs fr Ausbildung und Arbeitsmarkt. (Beitrge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 297), Nrnberg, S. 17-38.

25Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 2 Berufsverstndnis

Aufstiegs- und Qualifikationsmglichkeiten von jeher durch den beruflichen Status bestimmt werden. Auf individueller Ebene bilden Berufe meist ein wichtiges Integrations- und Sozialisati-onsinstrument, beispielsweise als Grundlage der Entwicklung von Identitt und Persnlichkeit.

Dostal und seine Mitautoren sehen verschiedene Merkmale als relevant fr die Charakterisie-rung von Berufen an. So besitzen zum einen Bndel von Qualifikationen im Sinne charakte-ristischer Ausprgungen und Anordnungen von wissen (Sachverhalte kennen und anwenden sowie Arbeitstechniken/Fertigkeiten beherrschen) und Sozialkompetenz (als eine Bndelung typischer Verhaltensweisen, orientierungen und werthaltungen) (S. 440) berufsbeschreiben-den Charakter, zum anderen spielen Aufgabenfelder, die den Qualifikationsbndeln zugeord-net sind und die durch eine Kombination aus Arbeitsmitteln, objekt (Gegenstand) und Arbeits-umfeld geprgt sind (ebd.) eine groe Rolle. Ergnzt werden diese Merkmale auerdem mit hierarchisch abgestuften Handlungsspielrumen, die sich aus der Verknpfung der Qualifika-tionsseite (Arbeitskraftseite) mit der funktionalen Ausprgung der Arbeitsaufgaben (Arbeits-platzseite) ergeben (ebd.). Diese seien bestimmt durch den Status (die betriebliche Position des Einzelnen), die organisationseinheit (Aufgabengebiet/Abteilung) und das spezifische Ar-beitsmilieu (ebd.).3

Damit teilt der Begriff Beruf das Schicksal vieler aus der Alltagssprache in die wissenschafts-sprache bernommenen Begriffe. wie in der Alltagssprache wird er auch in der wissenschafts-sprache weder einheitlich verwendet, noch ist er immer eindeutig bestimmt. Er ist bis heute viel-schichtig, mehrdeutig und umstritten (ebd.).3, 4

Fr die Zwecke der neuen Berufsklassifikation wurde unter Bercksichtigung der vorhandenen theoretischen Erkenntnisse ber den Begriff Beruf und der spezifischen Anforderungen und Bedeutungen, die an den Berufsbegriff der KldB 2010 zu stellen sind, eine eigene Definition von Beruf entwickelt, die eine systematisch strukturierende, inhaltlich beschreibende Funktion hat, zielgruppenneutral und allgemein formuliert ist und damit die Klassifikationsstruktur in seiner Form erst ermglicht.

3 Dostal, werner; Stoo, Friedemann; Troll, Lothar (1998): Beruf Auflsungstendenzen und erneute Konsolidierung. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 31, H. 3, S. 438-460.4 Vgl. Bschges, Gnter (1975): Beruf, Berufswahl und Berufsberatung. In: Lange, Elmar und Bschges, Gnter (Hrsg.): Aspekte der Berufswahl in der modernen Gesellschaft. Frankfurt a. M., S. 13-73.

26 Klassifikation der Berufe 2010

Nach diesem Berufsverstndnis lassen sich drei zentrale Eigenschaften fr den Begriff Beruf benennen:

Der Berufsbegriff ist ttigkeits- und nicht personenbezogen. Beruf zeichnet sich durch ein Bndel von Ttigkeiten aus. Beruf wird durch zwei zentrale Dimensionen konstituiert: Berufsfachlichkeit und

Anforderungsniveau.

Im Folgenden werden die zwei genannten Dimensionen nher erlutert und voneinander abge-grenzt.

2.1 Berufsfachlichkeit als horizontale Dimension

Berufsfachlichkeit bedeutet ein auf berufliche Inhalte bezogenes Bndel von Fachkompeten-zen. Eine Fachkompetenz umfasst spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten eines Berufs, die auf einzelne Arbeitsttigkeiten zugeschnitten und notwendig sind, um berufstypische Aufga-ben verrichten zu knnen. Diese werden in der Aus- und weiterbildung vermittelt sowie bei der Ausbung des Berufs erworben. Zu den unterschiedlichen Formen von Fachkompetenzen geh-ren bspw. Ttigkeitskompetenzen, Verfahrenskompetenzen oder Produktkompetenzen. Davon ausgenommen sind Kompetenzen, die fachbergreifend und somit nicht fachspezifisch sind. wie der Berufsbegriff der KldB 2010 ist auch der Begriff der Fachkompetenz arbeitsplatz- bzw. berufsbezogen und damit unabhngig von einer bestimmten Person und ihren persnlichen Ei-genschaften.

2.2 Anforderungsniveau als vertikale Dimension

Die zweite zentrale Dimension der Klassifikation der Berufe 2010 ist das Anforderungsniveau, womit die vertikale Struktur von Beruf beschrieben wird. Hintergrund ist die berlegung, dass ein bestimmtes Kenntnis- und Fertigkeitsniveau vorhanden sein muss, um einen Beruf ausben zu knnen. Das Anforderungsniveau bezieht sich dabei auf die Komplexitt der auszubenden Ttigkeiten und wird somit als berufs- bzw. arbeitsplatzbezogenes Charakteristikum verstanden.

Um die unterschiedlichen Komplexittsgrade eines Berufes sachgerecht abbilden zu knnen, werden vier Anforderungsniveaus unterschieden. Diese sind eng an den formalen beruflichen Bildungsabschlssen ausgerichtet, da in Deutschland das Anforderungsniveau fr viele Berufe bzw. Arbeitspltze stark zertifikatsorientiert ist. Hufig knnen jedoch auch die Berufserfahrung und/oder die informelle berufliche Ausbildung ein adquates Substitut darstellen. Zur Bestim-mung des Komplexittsgrades eines Ttigkeitsbndels kann auch die in der Regel erforderliche Dauer der beruflichen Ausbildung, die fr die Ausbung eines Berufes vorausgesetzt wird, von

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 2 Berufsverstndnis

27Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 2 Berufsverstndnis

Bedeutung sein. Diese steigt in den meisten Fllen mit dem Anforderungsniveau eines Beru-fes an. Zu beachten ist, dass das Anforderungsniveau eines Berufes ebenfalls nicht personen-, sondern ttigkeitsbezogen ist. Somit wird fr jeden Beruf lediglich ein Anforderungsniveau er-fasst, das typischerweise fr diesen Beruf gilt, unabhngig von der formalen Qualifikation einer Person, die diesen Beruf ausbt. Die bergnge zwischen den vier Anforderungsniveaus sind flieend.

Anforderungsniveau 1: Helfer- und AnlernttigkeitenBerufe, denen das Anforderungsniveau 1 zugeordnet wird, umfassen typischerweise einfache, wenig komplexe (Routine-)Ttigkeiten. Fr die Ausbung dieser Ttigkeiten sind in der Regel keine oder nur geringe spezifische Fachkenntnisse erforderlich. Aufgrund der geringen Kom-plexitt der Ttigkeiten wird i. d. R. kein formaler beruflicher Bildungsabschluss bzw. lediglich eine einjhrige (geregelte) Berufsausbildung vorausgesetzt. Denn diese Ttigkeiten weisen eine geringere Komplexitt vor als Ttigkeiten, die typischerweise von einer Fachkraft ausgebt wer-den. Dem Anforderungsniveau 1 werden daher alle Helfer- und Anlernttigkeiten sowie einjhri-ge (geregelte) Berufsausbildungen zugeordnet.

Anforderungsniveau 2: Fachlich ausgerichtete TtigkeitenBerufe, denen das Anforderungsniveau 2 zugeordnet wird, sind gegenber den Helfer- und An-lernttigkeiten deutlich komplexer bzw. strker fachlich ausgerichtet. Das bedeutet, fr die sachgerechte Ausbung dieser Ttigkeiten werden fundierte Fachkenntnisse und Fertigkeiten vorausgesetzt. Das Anforderungsniveau 2 wird blicherweise mit dem Abschluss einer zwei- bis dreijhrigen Berufsausbildung erreicht. Vergleichbar mit diesem Abschluss sind z. B. ein berufs-qualifizierender Abschluss an einer Berufsfach- bzw. Kollegschule. Eine entsprechende Berufs-erfahrung und/oder informelle berufliche Ausbildung werden als gleichwertig angesehen. Bei Anforderungsniveau 2 werden alle Berufe verortet, die hinsichtlich ihres Komplexittsgrades der Ttigkeit einer Fachkraft entsprechen. Auch Ausbildungen behinderter Menschen nach 66 BBiG/ 42 m Hwo werden dem Anforderungsniveau 2 zugeordnet, sofern die Komplexitt der ausgebten Ttigkeit vergleichbar ist mit der einer Fachkraft.

Anforderungsniveau 3: Komplexe SpezialistenttigkeitenDie Berufe mit Anforderungsniveau 3 sind gegenber den Berufen, die dem Anforderungsni-veau 2 zugeordnet werden, deutlich komplexer und mit Spezialkenntnissen und -fertigkeiten verbunden. Die Anforderungen an das fachliche wissen sind somit hher. Zudem erfordern die hier verorteten Berufe die Befhigung zur Bewltigung gehobener Fach- und Fhrungsaufgaben. Charakteristisch fr die Berufe des Anforderungsniveaus 3 sind neben den jeweiligen Spezialis-tenttigkeiten Planungs- und Kontrollttigkeiten, wie z. B. Arbeitsvorbereitung, Betriebsmittel-einsatzplanung sowie Qualittsprfung und -sicherung. Hufig werden die hierfr notwendigen

28 Klassifikation der Berufe 2010

Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen einer beruflichen Fort- oder weiterbildung vermittelt. Dem Anforderungsniveau 3 werden daher die Berufe zugeordnet, denen eine Meister- oder Tech-nikerausbildung bzw. ein gleichwertiger Fachschul- oder Hochschulabschluss vorausgegangen ist. Als gleichwertig angesehen werden z. B. der Abschluss einer Fachakademie oder einer Be-rufsakademie, der Abschluss einer Fachschule der ehemaligen DDR sowie gegebenenfalls der Bachelorabschluss an einer Hochschule. Hufig kann auch eine entsprechende Berufserfahrung und/oder informelle berufliche Ausbildung ausreichend fr die Ausbung des Berufes sein.

Anforderungsniveau 4: Hoch komplexe TtigkeitenDem Anforderungsniveau 4 werden die Berufe zugeordnet, deren Ttigkeitsbndel einen sehr hohen Komplexittsgrad aufweisen bzw. ein entsprechend hohes Kenntnis- und Fertigkeitsni-veau erfordern. Kennzeichnend fr die Berufe des Anforderungsniveaus 4 sind hoch komplexe Ttigkeiten. Dazu zhlen z. B. Entwicklungs-, Forschungs- und Diagnosettigkeiten, wissensver-mittlung sowie Leitungs- und Fhrungsaufgaben innerhalb eines (groen) Unternehmens. In der Regel setzt die Ausbung dieser Berufe eine mindestens vierjhrige Hochschulausbildung und/oder eine entsprechende Berufserfahrung voraus. Der typischerweise erforderliche berufliche Bildungsabschluss ist ein Hochschulabschluss (Masterabschluss, Diplom, Staatsexamen o. .). Bei einigen Berufen bzw. Ttigkeiten kann auch die Anforderung einer Promotion bzw. Habilita-tion bestehen.

3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

Im Unterschied zu den frheren nationalen Berufsklassifikationen, die deduktiv aus dem existie-renden Expertenwissen ber Berufe entwickelt wurden, grndet die neue Klassifikation auf theo riegeleiteten empirischen Analysen zur hnlichkeit von Berufen, welche um Prfungen zur Kohrenz zu theoretischen Modellen von Berufsgruppen ergnzt wurden. Das ist ein wesent-licher Fortschritt in der Konstruktion von Berufsklassifikationen. Dieses Vorgehen ist umso bedeutsamer, weil die aktuellen nationalen Berufsklassifikationen keinen geeigneten Anknp-fungspunkt fr eine neue daraus abgeleitete Klassifizierung enthalten. Denn aufgrund ihres Al-ters bilden sie die Besonderheiten des deutschen Arbeitsmarktes und die aktuelle berufsspezi-fische Strukturierung nicht mehr realittsnah ab.

Die Entwicklung der Klassifikation der Berufe 2010 sttzt sich auf ein spezielles Berufsverstnd-nis, nach dem Beruf durch zwei zentrale Dimensionen beschrieben werden kann: Berufsfach-lichkeit und Anforderungsniveau (vgl. Kap. III.2). Das primre Strukturprinzip fr die neue Berufs-klassifikation ist die Berufsfachlichkeit, das sekundre das Anforderungsniveau. Entsprechend wurde in zwei Entwicklungsschritten vorgegangen: (1) Entwicklung einer dreistufigen Klassifika-tionsstruktur auf Basis der Dimension der Berufsfachlichkeit (vgl. Kap. III.3.1) sowie (2) Ausdif-

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

29Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

ferenzierung der berufsfachlichen Einheiten anhand des Anforderungsniveaus. Hierzu wurden zunchst Zuordnungsgrundstze fr das Anforderungsniveau erarbeitet und anschlieend Auswir-kungen auf die Klassifikationsstruktur beschrieben (vgl. Kap. III.3.2).

3.1 Entwicklung der dreistufigen berufsfachlichen Klassifikationsstruktur

Die Entwicklung einer neuen Berufsklassifikation erfordert eine Neusystematisierung der Beru-fe anhand ihrer hnlichkeit. Die hnlichkeit von Berufen ist in erster Linie gekennzeichnet durch die Fachkompetenzen, die fr einen Beruf bentigt und die Ttigkeiten, die verrichtet werden. Dies entspricht der Berufsfachlichkeit eines Berufs, die als fhrende strukturierende Dimen-sion der Klassifikation gesehen wird. Die Berufsfachlichkeit drckt sich aus in den Kenntnissen und Fertigkeiten, die fr die Ausbung dieses Berufs erforderlich sind. Diese finden sich in der Kompetenztabelle der Bundesagentur fr Arbeit wieder.

In der Kompetenztabelle werden den einzelnen Berufen Fachkompetenzen i. S. von Kenntnissen und Fertigkeiten zugewiesen. Mit Hilfe der Kompetenztabelle sollen Berufe, die sich hinsicht-lich ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten hnlich sind, gruppiert werden. Die Gruppierung erfolgt mittels einer Clusteranalyse. Die folgende Beschreibung informiert ber die Entstehung und die Inhalte der Kompetenztabelle, gibt eine nhere Definition des fr die KldB 2010 verwendeten Begriffs Fachkompetenz und erlutert das methodische Vorgehen bei der Clusteranalyse.

3.1.1 DatengrundlageSowohl die Berufe als auch die Kompetenzen sind in der Datenbank der Dokumentationskenn-zahlen (DKZ) der BA enthalten.5 Die Kompetenztabelle basiert auf dem so genannten Kompe-tenzkatalog der BA. Deswegen wird im Folgenden erst der Kompetenzkatalog der BA beschrie-ben, ehe im Anschluss daran die Kompetenztabelle detailliert erlutert wird.

DatenherkunftDie Basis der Kompetenztabelle ist der Kompetenzkatalog der BA bzw. des BERUFENET. Der Kompetenzkatalog ist eine Liste aller in der DKZ gefhrten Kompetenzen und besteht derzeit aus ca. 7.000 Positionen. Die Auswahl der Kompetenzen stellt eine Liste der wichtigsten Fertig-keiten und Kenntnisse fr die jeweiligen Berufe dar. Die Kompetenzen dienen als Grundlage fr die Verschlsselung und das Matching von Stellen- und Bewerberangeboten im Vermittlungs-system JoBBRSE/VerBIS. Zudem werden die Daten bei der Beschreibung von Ttigkeiten im Informationssystem BERUFENET eingesetzt.

5 http://www.dkz.arbeitsagentur.de

30 Klassifikation der Berufe 2010

Der Kompetenzkatalog entstand aus dem Schlsselsystem beruflicher Merkmale der 80er-Jah-re. Dieses Buch enthielt eine Sammlung von Standard-Kenntnissen, den so genannten berufli-chen Merkmalen, die im frheren Vermittlungssystem der BA zur Spezifizierung von Stellenan-geboten und -gesuchen auf 4-Steller-Ebene der KldB 1988 ausgewhlt werden konnten. Auer den beruflichen Kompetenzen waren auch eine unsystematisch gewachsene Sammlung speziel-ler Berufsbezeichnungen, versteckte Hinweise auf besondere Merkmale, Qualifikationsniveaus usw. enthalten. Eine Verknpfung der Berufe mit diesen Merkmalen erfolgte ber die 3-Steller-Ebene. Die Nutzung der Struktur der KldB 1988 im Vermittlungsgeschft der BA fhrte dazu, dass bisweilen sehr unterschiedlichen Einzelberufen dieselben beruflichen Merkmale zugewie-sen wurden, da sich diese in derselben Berufsordnung der KldB befanden.

Aus der damaligen Sicht implizierte der 4-Steller der KldB 1988 bereits ausreichend die (not-wendigen) Kenntnisse, Fhigkeiten und Fertigkeiten des Bewerbers, weshalb bei der Einstellung von Bewerber- und Stellenangeboten neben der Eingabe des 4-Stellers zustzlich nur besonde-re Kenntnisse, Fhigkeiten und Fertigkeiten verschlsselt wurden. Im Rahmen der Entwicklung des Virtuellen Arbeitsmarktes (VAM) der BA wurde der Kompetenzkatalog im Jahr 2003 von berflssigen Berufsbezeichnungen und anderen Kennzeichnungen und Merkmalen bereinigt, in das Vermittlungssystem integriert sowie systematisch erweitert und nachgepflegt. Die Pflege des Kompetenzkatalogs geschieht durch eine laufende dynamische Anpassung an die Bedrf-nisse des Marktes durch Auswertung (Monitoring) des Aus- und weiterbildungsmarktes, von Stellenbrsen und Stellenanzeigen sowie im Rahmen des Kundenreaktionsmanagements der BA durch Rckmeldungen von Arbeitgebern bzw. Fachkrften der BA.

Inhalt des Kompetenzkatalogs sind grundstzlich solche Kenntnisse und Fertigkeiten, die in Aus- und weiterbildungen vermittelt werden. Die Aufnahme von Kompetenzen bestimmt sich dabei vor allem ber die Arbeitsmarktrelevanz, d. h., dass die Kompetenz tatschlich nachge-fragt bzw. angeboten wird (Zweckdienlichkeit fr die Matchingmechanismen).

Der Kompetenzkatalog unterscheidet folgende Kompetenzarten, die auch im BERUFENET zum Herunterladen bereitstehen:

Allgemeine Kompetenzen Sprachkenntnisse Arbeits- und Einsatzformen waren- und Produktkenntnisse Lizenzen, Berechtigungen, Fhrerscheine Soft Skills Arbeitsorte Branchen

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

31Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

Der Kompetenzkatalog und seine Systematik alleine sagen noch nichts ber die Zuordnung der Kompetenzen zu Berufen aus. Sichtbar wird diese Zuordnung erst im BERUFENET. Dort werden den Berufen Kernkompetenzen und weitere Kompetenzen zugeordnet. Zum Teil erfolgt darber hinaus eine Zuordnung von so genannten Kompetenzgruppen.

Kernkompetenzen sind die Kompetenzen, die den Beruf und seine Kernttigkeiten auszeichnen.

weitere Kompetenzen sind die Kompetenzen, die fr die Ausbung im jeweiligen Be-rufbedeutsam sein knnen.6

Kompetenzgruppen sind feststehende Sammlungen von Kernkompetenzen zu be-stimmten Themen (z. B. IT-Programmiersprachen, Musikinstrumente etc.).

Zu beachten ist, dass es sich beim BA-Kompetenzkatalog und somit auch bei der Kompetenz-tabelle um eine historisch gewachsene Datenbank handelt. Dadurch sind nicht alle Berufe glei-chermaen mit den zugehrigen Kompetenzen ausgestattet. Vielmehr unterscheiden sich An-zahl und Differenzierung der Kompetenzen in den einzelnen Berufsbereichen. Um die daraus resultierenden Risiken von Fehlzuordnungen zu minimieren, wurde im Nachgang an die Cluster-analyse eine zustzliche berufskundliche Prfung der Cluster vorgenommen. Trotz aller genann-ten eventuellen Defizite des Kompetenzkatalogs sollte nicht vergessen werden, dass dieser die einzige verfgbare umfassende, systematische Sammlung von fachbezogenen Anforderungen, Ttigkeiten und Kompetenzen fr die aktuellen und frheren Berufe in Deutschland bildet.

Auswahl der BerufeDie BA verwendet fr die Erledigung ihrer vermittlungsorientierten Aufgaben, also der Informa-tion, Beratung und Vermittlung eine Berufsdatenbank (Teilbereich der DKZ). Hier werden alle Be-rufs- und Ttigkeitsbezeichnungen aufgenommen, die fachlich geprft, inhaltlich definiert und vergleichbar sind. In der Hauptsache sind dies Berufe, die auf eine gesetzlich oder gesetzes-hnlich geregelte Erstausbildung oder weiterbildung aufbauen. Bei hoher Arbeitsmarktrelevanz (groen Beschftigungszahlen, Verwendung der Berufsbezeichnungen bei allgemeinverbindli-chen weiterbildungsangeboten oder in Tarifvertrgen) werden auch andere als die gesetzlich normierten Berufe in die Datenbank aufgenommen.

Die Berufe sind in der Datenbank in drei Ebenen aufgeteilt. Auf hchster Ebene (Strukturebene) befinden sich Berufsbezeichnungen, die als Meta-Einheit mehrerer Berufe fungieren, z. B. an-erkannte Ausbildungen mit verschiedenen Schwerpunkten oder landesrechtlich geregelte Aus-

6 Die weiteren Kompetenzen dienen vor allem als Service fr die Jobbrse. Der Beruf muss diese Kompetenzen nicht zwingend besitzen; es kann sich auch um mgliche weiterbildungen, mgliche Spezialisierungen etc. handeln. Demnach knnen diese Kompetenzen fr den Beruf relevant sein, mssen es aber nicht.

32 Klassifikation der Berufe 2010

bildungsgnge, die sich zwar in der Bezeichnung, aber nur wenig im Inhalt unterscheiden. Auf der zweiten Ebene (Beschreibungsebene) befinden sich alle gltigen, rechtlich geregelten Aus- und weiterbildungsberufe sowie Berufe, die fr den Arbeitsmarkt relevant sind und sich trenn-scharf beschreiben lassen. Jedem Beruf dieser Ebene wurden Kompetenzen zugeordnet. Die Berufe entsprechen den allgemeinen Aufnahmegrundstzen der DKZ-Datenbank und werden im BERUFENET beschrieben. Die unterste Ebene (Verschlsselungsebene) enthlt Berufe, die den o. g. Grundstzen nicht oder nur teilweise entsprechen, jedoch dringend bentigte arbeits-marktrelevante Systematikpositionen fr die Vermittlung und den beruflichen werdegang dar-stellen, z. B. aufgehobene Ausbildungsberufe, ehemalige DDR-Berufe, Berufe auf Basis dualer Studiengnge etc. Sie werden in erster Linie fr die speziellen Bedrfnisse der Arbeitsvermitt-lung vorgehalten. Den Berufen auf der Verschlsselungsebene werden keine Kompetenzen zu-geordnet, jedoch sind sie jeweils mit einem Beruf auf Beschreibungsebene verknpft. Die je-weiligen Kompetenzen werden darber vererbt.

In die empirische Clusteranalyse sind insgesamt 3.881 Berufe eingegangen. Die Grundlage fr die Clusterung bildeten alle Berufe der BA-Berufsdatenbank. Es wurden Berufe auf allen drei Ebenen (Struktur-, Beschreibungs- und Verschlsselungsebene) fr die Clusterung verwendet. Ausgeschlossen waren lediglich die Helferberufe (Berufe mit Zugang ohne geregelten Ab-schluss), da ihnen in der Regel nur sehr allgemeine Kompetenzen zugewiesen sind. Der Einbe-zug der in der DKZ gefhrten Helferttigkeiten wrde eine trennscharfe Clusterung der Berufe anhand der hnlichkeit ihrer berufsfachlichen Kompetenzen verhindern. Die ausgeschlossenen Berufe wurden auf Grundlage der vorhandenen berufsfachlichen Kriterien im Anschluss an die Analysen in das vorliegende Clustersystem integriert.

Auswahl der KompetenzenFr die Clusteranalyse werden nur die im BERUFENET zugeordneten Kernkompetenzen verwen-det, die als fachliche Kompetenzen Berufsfachlichkeit im Verstndnis der KldB 2010 widerspiegeln. Diese sind strukturgebend fr den Beruf im Sinne der KldB 2010 und damit fr die Klassifikation selbst. Ausgeschlossen werden somit berfachliche Kompetenzen wie Soft Skills, Arbeitsorte und Branchen. Zudem werden keine Kompetenzen einbezogen, die Qualifikationsstufen zum Ausdruck bringen. Die Kompetenzen der Kompetenztabelle stehen in gleicher wertigkeit nebeneinander. Fr eine Gewichtung der Kompetenzen fehlen verlssliche Informationen. Die Kompetenzen werden in der Kompetenztabelle daher nur als binre Daten zugeordnet/nicht zugeordnet (1/0) ausgewie-sen. Allerdings kann diese fehlende wertigkeit eventuell zu Verzerrungen in den Ergebnissen fh-ren, was eine ergnzende berufsfachliche Sichtung der Cluster unumgnglich macht. Da die Kom-petenztabelle im Zuge der vermittlerischen Ttigkeiten der BA historisch gewachsen ist, ist auch der Differenzierungsgrad der Kompetenzen hufig abhngig vom Regelungsgrad bzw. von der ver-mittlerischen Relevanz des Berufs. So sind beispielsweise akademische Berufe unterreprsentiert,

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

33Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

whrend die geregelten Ausbildungsberufe der Industrie und des Handwerks hufig stark differen-zierte Kompetenzzuordnungen aufweisen. Diese Unterschiede mssen im Anschluss an die empi-rischen Berechnungen ebenfalls mit Hilfe ergnzender inhaltlicher Analysen ausgeglichen werden.

Grundlage fr die empirische Analyse sind 5.865 Kompetenzen. Die Anzahl der Kompetenzen je Beruf, die das Kompetenzprofil darstellen, variiert zwischen einer und 35 Kompetenzen. Bei zwei Drittel (60 %) der Berufe werden zwischen fnf und neun Kompetenzen zugewiesen.

3.1.2 ClusteranalyseZur Vorbereitung der Clusteranalyse wurde auf Grundlage der o. g. Kompetenztabelle eine Roh-datenmatrix erstellt. Die Einzelberufe sind die einzelnen Clusterobjekte, die Kompetenzen sind die Clustervariablen. Die Variablen wurden binr verschlsselt (1 = Besitz, 0 = Nichtbesitz). Auf-grund der Vielzahl an Clustervariablen besteht die Annahme, dass die hnlichkeit von Berufen dann besonders gro ist, wenn Berufe gleiche Kompetenzen besitzen. Aus diesem Grund erfolgt die Clusterung der Berufe ausschlielich anhand der zugeordneten Kernkompetenzen. weitere Informationen gehen nicht in die Analyse ein. Die Datenstruktur wird in Tabelle 6 beispielhaft veranschaulicht.

Tabelle 4 Auszug aus der Rohdatenmatrix

Kompetenz 1 Kompetenz 2 Kompetenz 3 Kompetenz 4

Beruf 1 1 1 1 1

Beruf 2 0 1 1 1

Beruf 3 1 1 0 0

Beruf 4 0 1 1 1

Bei der Clusterung der Kompetenztabelle wurde ein hierarchisches Verfahren gewhlt. Hie-rarchische Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass die Gruppenanzahl und -verteilung erst durch schrittweise (und nicht revidierbare) Verteilung jedes einzelnen objektes geschieht.

Im ersten Schritt der Clusterung wird eine Distanz- oder hnlichkeitsmatrix mit allen Einzelobjek-ten berechnet. Dieser liegt ein spezifisches Distanz- oder hnlichkeitsma zugrunde. Bei binren Daten werden zur Messung der Distanz bzw. hnlichkeit zwischen zwei objekten stets ihre wert-paare betrachtet. Dabei sind vier unterschiedliche wertkombinationen der Kompetenzzuordnung mglich (vgl. Tabelle 5). Alle Mae vergleichen lediglich die Hufigkeiten, mit denen die vier unter-schiedlichen wertkombinationen bei der Betrachtung von zwei Fllen (Paarvergleich) auftreten. Der Unterschied zwischen den einzelnen Distanz- oder hnlichkeitsmaen besteht ausschlielich in der Art, in der sie die Hufigkeiten der wertkombinationen miteinander vergleichen.

34 Klassifikation der Berufe 2010

Tabelle 5 Mgliche wertkombinationen der Kompetenztabelle

Beruf 1

Besitzeiner Kompetenz

Nichtbesitz einer Kompetenz

Beruf 2

Besitz einer Kompetenz a b

Nichtbesitzeiner Kompetenz c d

Bei den vorliegenden Daten besteht die Schwierigkeit, dass den einzelnen Berufen jeweils nur eine geringe Anzahl der Kompetenzen zugewiesen wird und auch die Anzahl der zugewiesenen Kompetenzen sehr unterschiedlich ist. Eine Bercksichtigung des gemeinsamen Nichtbesit-zes ist jedoch bei insgesamt groer und zudem unterschiedlich groer Anzahl von Variablen je objekt (hier: Kompetenzen je Beruf ) problematisch, weil es mit hoher wahrscheinlichkeit zu starken Verzerrungen im hnlichkeitsma fhren wrde. Deswegen wurde als hnlichkeitsma fr die Clusterung der Berufe die folgende Definition gewhlt, die den gemeinsamen Nichtbe-sitz (d) einer Kompetenz unbercksichtigt lsst. Mit Hilfe dieses hnlichkeitsmaes kann aus der Rohdatenmatrix eine hnlichkeitsmatrix berechnet werden, die es erlaubt, Berufe direkt miteinander in Beziehung zu setzen (vgl. Tabelle 6).

Tabelle 6 Auszug aus der hnlichkeitsmatrix

Beruf 1 2 3 4

1 1,00 0,80 0,67 0,57

2 0,80 1,00 0,53 0,82

3 0,67 0,53 1,00 0,43

4 0,57 0,82 0,43 1,00

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

35Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

Fr die Identifikation der Cluster wurde mit dem ward-Linkage-Verfahren ein hierarchisches ag-glomeratives Verfahren gewhlt. Es geht von der feinsten Partition (den Einzelberufen) aus und fasst diese schrittweise zu Gruppen (Cluster) zusammen. Hier werden die Cluster so gewhlt, dass die Berufe oder Berufscluster vereinigt werden, die ein vorgegebenes Heterogenittsma am wenigsten vergrern, d. h., die die Streuung oder Varianz in einer Gruppe am wenigsten erhhen. Dadurch werden mglichst homogene Einheiten gebildet. Die Entscheidung, nach wel-chem Fusionierungsschritt eine geeignete Clusterlsung erreicht ist, kann beim ward-Verfahren durch eine statistische Methode gesttzt werden, dem Cluster-Stop-Kriterium. Fr jede Clust-erlsung wird dabei ein Index (Calinski/Harabasz pseudo F-Index) berechnet. Je hher der wert des Index, desto eher sollte die Clusterlsung gewhlt werden.7

Zunchst werden aus der Gesamtmenge der Einzelberufe die grtmglichen Cluster, die das Cluster-Stop-Kriterium einhalten, gebildet. Ausgehend von der oben beschriebenen Logik des gewhlten Verfahrens wird im ersten Fusionierungsschritt eine Clusterlsung vorgeschlagen, die alle diejenigen Berufe in einem Cluster zusammenfasst, die sich hnlich sind bzw. die Streu-ung innerhalb des Clusters nicht erhhen; im vorliegenden Fall werden somit die 3.881 Berufe zunchst in vier unterschiedlich groe Cluster vereinigt.8 Fr jedes Cluster wird anschlieend wieder eine separate Clusteranalyse durchgefhrt. Dabei werden nur noch solche Berufe mitei-nander verglichen bzw. auf ihre hnlichkeit hin untersucht, die im ersten Fusionierungsschritt in einem Cluster zusammengefhrt wurden. Dafr wird erneut eine hnlichkeitsmatrix mit allen Einzelobjekten im gewhlten Cluster erstellt und die hnlichsten Berufe werden in Untergruppen zusammengefasst. Dieser Vorgang wiederholt sich, bis keine weitere Aufteilung mehr mglich ist oder nur noch Cluster mit Einzelberufen bestehen bleiben.

3.1.3 Aufbau einer dreistufigen KlassifikationsstrukturAls Ergebnis der Clusteranalyse entstanden Zusammenfassungen ber bis zu 19 Ebenen. Diese groe Anzahl von Ebenen ist als Ergebnis im Sinne einer handhabbaren, hierarchischen Klas-sifikationsstruktur nicht geeignet. Zudem sollten die Einheiten auf ein- und derselben Cluster-ebene einer Berufsklassifikation ein vergleichbares hnlichkeitsniveau aufweisen, was mit der Clusterlsung zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreicht war.

Bei der weiteren systematischen Aggregation von Clusterebenen wurde deshalb das Ziel ver-folgt, aus der groen und unterschiedlichen Anzahl von Ebenen und Clustern eine hierarchische Struktur mit drei Ebenen zu entwickeln. Dabei sollten die Cluster ber alle Berufe hinweg einen

7 http://www.stata.com/help.cgi?cluster+stop8 In einem der vier Cluster sind alle Berufe zusammengefhrt worden, denen in der Kompetenztabelle keine Kompetenzen zugewiesen wurden. Dieser Cluster bleibt fr die weitere Clusteranalyse unbercksichtigt, die Berufe werden anschlie- end nach berufsfachlichen Kriterien verortet.

36 Klassifikation der Berufe 2010

einheitlichen Differenzierungsgrad aufweisen, und das hnlichkeitsniveau innerhalb eines Clus-ters sollte mit den anderen Clustern auf gleicher Ebene vergleichbar sein. Die Entwicklung der dreistufigen Klassifikationsstruktur erfolgte zwar auf Grundlage der vorliegenden Clusterergeb-nisse und deren hierarchischer Struktur, aber unter zustzlicher Verwendung von berechneten Homogenittsgraden der einzelnen Cluster.

Um den Homogenittsgrad eines Clusters zu bestimmen, wird der Mittelwert der hnlichkeiten aller sich in dem Cluster befindenden Berufe berechnet. Der wertebereich reicht von 0 bis 1, wobei der wert 0 keine Homogenitt und der wert 1 eine vollstndige Homogenitt bedeutet. Zur Ermittlung der hnlichkeiten wurden fr jeden Cluster hnlichkeitsmatrizen mit dem be-reits o. g. hnlichkeitsma (Dice) berechnet. Um Verzerrung der Homogenittsgrade zu ver-meiden, wurden fr die Berechnung Berufe auf der Verschlsselungsebene ausgeschlossen. Da diese Berufe durch Vererbung exakt dieselben Kompetenzen wie der dazugehrige Beruf auf Beschreibungsebene besitzen und damit vollstndige Homogenitt zueinander aufweisen, wre der Homogenittsgrad zu sehr von der Hufigkeit der sich in dem Cluster befindenden Berufe auf Verschlsselungsebene abhngig. Zudem wurde die hnlichkeit der Berufe zu sich selbst nicht mit in die Berechnung einbezogen (siehe Diagonale in Tabelle 6), weil der Homogenitts-grad ansonsten zu stark durch die Anzahl der Berufe im Cluster beeinflusst wrde.

Eine erste Festlegung der Klassifikationsstruktur mit ihren drei Ebenen erfolgte durch die Aus-wahl der Cluster anhand festgelegter Schwellenwerte der Homogenittsgrade. Ein mglichst einheitliches Homogenittsniveau der Cluster einer Klassifikationsebene erlaubt eine Vergleich-barkeit der Einheiten untereinander und damit einen Vergleich von hnlichen berufsfachlichen Einheiten.

Festgelegte Schwellenwerte: unterste Ebene: h 0,5 mittlere Ebene: 0,3 h < 0,5 oberste Ebene: 0,1 h < 0,3

Die berarbeitung dieser Clusterlsung nach den festgelegten Kriterien fhrt zu 594 Clustern auf der untersten Ebene, von denen 51,9 % (308) eine Homogenitt von mehr als 0,5 aufwei-sen. Auf der mittleren Ebene befinden sich 206 Cluster. Davon weisen 47,1 % (97) Cluster eine Homogenitt zwischen 0,3 und 0,5 auf. Auf der obersten Ebene befinden sich schlielich 81 Cluster, wovon 46,9 % (38) die Homogenittsanforderung erfllen. Die Tatsache, dass nicht alle Cluster die festgelegten Schwellenwerte erfllen, ist insbesondere auf die stark divergierende Anzahl der Ebenen nach der Clusteranalyse zurckzufhren. Die Aggregation der Berufe erfolg-te daher zwar mit Hilfe des Homogenittsgrades, jedoch gab die durch die Clusterung geschaf-

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

37Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

fene hierarchische Struktur den Rahmen dazu vor, so dass hufig nur ein dem vorgegebenen Homogenittsgrad angenherter wert verwendet werden konnte. Die unterschiedlichen Homo-genittswerte der Cluster spiegeln aber in weiten Teilen die in der Realitt vorkommenden un-terschiedlichen hnlichkeitsgrade von Berufen wider. Um die Ursachen der abweichenden Ho-mogenittsgrade zu ergrnden, bedarf es einer nachtrglichen qualitativen, berufskundlichen Sichtung und Prfung der Ergebnisse.

3.1.4 berprfung und Sichtung der Cluster aus berufskundlicher Sichtwie bereits erwhnt, ist selbst bei dieser breiten und permanent gepflegten Datengrundlage, die zur empirischen Entwicklung der Klassifikationsstruktur verwendet wurde, eine ergnzende berufskundliche Sichtung und Prfung der gebildeten Einheiten bzw. Cluster unumgnglich. Bei dieser Sichtung sollen Berufe identifiziert werden, die nach der Definition der Berufsfachlichkeit eindeutig in einem anderen Cluster verortet werden mssten. Es handelt sich also um Fehlzu-ordnungen von Berufen, so genannte Ausreier. Der Grund fr die Existenz solcher Ausreier ist vor allem, dass die wertigkeit der Kernkompetenzen fr einen Beruf eventuell nicht berck-sichtigt werden konnte, da hierzu verlssliche Informationen in der Datenbasis fehlten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelnen Berufen eine hohe hnlichkeit aufgrund einer sehr allgemeinen Kompetenz unterstellt wird, die bei nherer Betrachtung des gesamten Be-rufsprofils weniger bedeutsam ist als eine andere Kompetenz, z. B. die fr den Beruf sehr spezi-fische Kernkompetenz. Eine Identifikation dieser Ausreier wird ber zwei wege erreicht, die im Folgenden beschrieben werden.

Betrachtung der berechneten IntrahomogenittenHierfr wurden insbesondere jene Cluster(-strnge) betrachtet, bei denen die berechneten Homogenittsgrade deutlich von den festgelegten Schwellenwerten abweichen. Mit Hilfe der Berechnungen des Homogenittsgrades knnen auch Aussagen darber getroffen werden, wie hnlich (homogen) sich die einzelnen Klassifikationsobjekte (Berufe) innerhalb eines Clusters sind. Auf diese weise wurden solche Berufe als empirische Ausreier identifiziert, die eine Homogenitt von weniger als 0,4 zu allen anderen Berufen im Cluster aufweisen. Ursache fr die sehr geringen Homogenitten dieser Berufe ist in den meisten Fllen die Kompetenzzuord-nung, d. h., den Berufen wurden nur sehr wenige und/oder sehr spezielle Kompetenzen zu-geordnet. Beispiele hierfr sind Melker/in, Pyrotechniker/in, Plakatierer/in, Croupier/Croupire etc.

Semantische Betrachtung der BerufsbezeichnungenZustzlich zur oben dargestellten Homogenittsanalyse wurden die Cluster bzw. die darin ent-haltenen Berufsbezeichnungen einer semantischen Analyse unterzogen. Als inhaltliche Aus-reier werden Berufe dann bezeichnet, wenn sich berufliche Aufgaben und Ttigkeiten deutlich

38 Klassifikation der Berufe 2010

unterscheiden und/oder wenn zugeordnete BA-Kernkompetenzen auf eine andere Schwer-punktsetzung hinweisen. Auf diese weise wurden offensichtliche Fehlzuordnungen, wie z. B. Physiker/in - Bauphysik im Cluster der Biologieberufe entdeckt. weitere Beispiele fr Berufe, die aufgrund einer fehlenden Gewichtung der Kompetenzen im Sinne des Berufsverstndnisses der KldB 2010 zunchst falsch zugeordnet waren, sind z. B. Laborant/in Sachverstndige/r und Restaurator/in mit ihren jeweiligen Spezialisierungsformen.

Kriterien der NeuzuordnungDie empirisch und inhaltlich identifizierten Ausreier wurden anschlieend mit Hilfe eines ein-heitlichen Kriterienkatalogs neu zugeordnet. Dabei wurden folgende Informationen des BERUFE-NET als Zuordnungskriterien herangezogen: (1) Beschftigungsalternative fr die Gesamtttigkeit (2) Beschreibung der Aufgaben und Ttigkeiten (3) Arbeitsgegenstand (4) Arbeitsort (z. B. Bro, Verkaufsraum, Bhne, im Freien etc.)

Die Auflistung der Zuordnungskriterien ist gleichzeitig als Rangordnung zu verstehen. Das be-deutet, dass die Beschftigungsalternativen das wichtigste Kriterium fr die Neuzuordnung der Ausreier darstellte, whrend die Arbeitsorte am wenigsten wichtig und in der Praxis auch nur selten ausschlaggebend fr die Neuzuordnung waren.

3.1.5 Dreistufige berufsfachliche Klassifikationsstruktur ZwischenergebnisIn Folge der Identifikation der Ausreier und ihrer Neuzuordnung wurde die entwickelte drei-stufige berufsfachliche Klassifikationsstruktur angepasst. Danach befinden sich auf der unters-ten berufsfachlichen Ebene 599 Cluster. Davon weisen 51,9 % (311) eine Homogenitt von mehr als 0,5 auf. Auf der mittleren Ebene befinden sich 163 Cluster, von denen 41,5 % (68) Cluster eine Homogenitt zwischen 0,3 und 0,5 besitzen. Auf der obersten Ebene befinden sich 45 Cluster, wovon 75,6 % (34) die Homogenittsanforderung erfllen.

Nach weiteren berprfungen und Anpassungen liegen 700 berufsfachliche Cluster vor. Diese untersten berufsfachlichen Cluster wurden in einem nchsten Schritt anhand der zweiten Di-mension der Klassifikation dem Anforderungsniveau weiter ausdifferenziert.

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

39Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

3.2 Zuordnungsgrundstze fr das Anforderungsniveau

3.2.1 Grundannahmen und ZielNachdem im ersten Teil des vorliegenden Kapitels der Aufbau der dreistufigen berufsfachlichen Klassifikationsstruktur erlutert wurde, soll in diesem Abschnitt das Vorgehen bei der Zuord-nung der sekundren Dimension Anforderungsniveau dargestellt werden. Dabei sttzt sich das gewhlte Vorgehensmodell auf zwei Annahmen: (1) Den (meisten) Berufen ist ein spezifisches Anforderungsniveau immanent. (2) Die berufsfachlich gebildeten Cluster lassen sich anhand des Anforderungsniveaus weiter ausdifferenzieren. Ziel bei der Ausdifferenzierung der Cluster anhand der Dimension des Anforderungsniveaus ist es, die unterschiedlichen Komplexittsgrade der Berufe darzustellen, die eine hohe berufsfach-liche hnlichkeit vorweisen. Dabei sollen nicht alle theoretisch mglichen, sondern lediglich die Anforderungsniveaus in der KldB 2010 abgebildet werden, die tatschlich in den verschiedenen Berufs- und Ttigkeitsfeldern in Deutschland vorkommen.

3.2.2 Vorgehen und ErgebnisDie Ausdifferenzierung der berufsfachlichen Cluster erfolgte in zwei Schritten. Zunchst wurde jedem Beruf ein Anforderungsniveau zugewiesen. Anschlieend erfolgte die Ausdifferenzierung der untersten berufsfachlichen Cluster anhand der Dimension des Anforderungsniveaus ber die Berufe im Cluster.

Zuweisung des AnforderungsniveausFr jeden Beruf (N = 3.921) in der DKZ-Datenbank liegt zustzlich eine Information zur so genannten berufskundlichen Gruppe vor. Die berufskundliche Gruppe ist ein Merkmal, an-hand dessen Berufe mittels ihrer Zugangsvoraussetzungen im Sinne einer erforderlichen Quali-fikation typisiert werden. Die vorliegende Information zur berufskundlichen Gruppe ermglicht im Regelfall eine eindeutige Zuordnung eines Anforderungsniveaus zu einem Beruf. Ausnahme sind, wie in der Tabelle 7 dargestellt, lediglich zwei berufskundliche Gruppen: die so genannten Funktionen und Spezialisierungsformen sowie die sonstigen Ttigkeiten.

40 Klassifikation der Berufe 2010

Tabelle 7 Gegenberstellung erweiterte berufskundliche Gruppe und Anforderungsniveau

Erweiterte berufskundliche Gruppe Anforderungsniveau KldB 2010

HelferBeamte einfacher Dienst

einjhrige Berufsausbildungen1

FachkrfteBeamte mittlerer Dienst 2

MeisterTechniker u. a.

Kaufmnnische Fortbildungen u. a.Beamte gehobener Dienst

Bachelorstudiengnge

3

Studienberufe (mind. vierjhrig)Beamte hherer Dienst 4

Spezialisierungsformen, Funktionen,sonstige Ttigkeiten nicht eindeutig

Auf diese weise wurde dem berwiegenden Teil der Berufe (72,3 %) ein eindeutiges Anforde-rungsniveau zugewiesen. In rund einem Drittel der Flle (27,7 %, N=1.085) konnte allerdings keine automatisierte Zuweisung erfolgen, weshalb eine detaillierte Einzelfallbetrachtung not-wendig war.

Im Rahmen dieser Einzelfallbetrachtung wurde zunchst analysiert, welche Berufe sich in der Gruppe der Spezialisierungsformen und Funktionen befinden und welche Berufe unter sons-tige Ttigkeiten gefasst werden. In der ersten Gruppe befinden sich vorwiegend Fhrungs- und Aufsichtskrfte sowie Spezialisierungsformen von geregelten Ausbildungs- und weiterbildungs-berufen, wie z. B. Pizzabcker/in, Lohnbuchhalter/in, Fachverkufer/in Brobedarf etc. Die Gruppe sonstige Ttigkeiten beinhaltet insbesondere Berufe, denen keine geregelte Aus-bildung zugrunde liegt, wie z. B. Kinderbetreuer/in, Programmierer/in, Brsenmakler/in, Entwicklungshelfer/in etc. Den betroffenen Berufen konnte hufig ein Anforderungsniveau mit Hilfe ihrer Beschftigungsalternativen im BERUFENET zugewiesen werden. So bekommt bei-spielsweise der Beruf Gummiverarbeiter/in das Anforderungsniveau 2 zugewiesen, da seine Beschftigungsalternative fr die Gesamtttigkeit Verfahrensmechaniker/in Kunststoff- und Kautschuktechnik ebenfalls Anforderungsniveau 2 vorweist. Falls keine oder mehrere Beschf-tigungsalternativen im BERUFENET angegeben sind, wurde auf die ISCo-08 zurckgegriffen. Denn auch die ISCo-08 weist in ihrer Systematik vier Skill Levels auf, die vergleichbar mit den vier Anforderungsniveaus der KldB 2010 sind. Der Beruf Entwicklungshelfer/in bekommt so-mit z. B. das Anforderungsniveau 4 zugewiesen, whrend die Berufe Brsenmakler/in und Programmierer/in Anforderungsniveau 3 erhalten. Entsprechend der Definition des Anforde-

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

41Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 3 Entwicklung der Klassifikationsstruktur

rungsniveaus (vgl. Kap. III.2.2) werden Ttigkeiten, die auf einen Bachelor-Abschluss schlieen lassen, dem Anforderungsniveau 3 zugeordnet und einjhrige Berufsausbildungen dem Anfor-derungsniveau 1. Den Fhrungskrften wird in der KldB 2010 grundstzlich das Anforderungs-niveau 4 zugewiesen und allen Aufsichtskrften das Anforderungsniveau 3 (vgl. Kap. III.4.1).

Ausdifferenzierung der ClusterMit Hilfe der Zuweisung des Anforderungsniveaus auf Basis der Berufe wurden die 700 unters-ten berufsfachlichen Cluster (4-Steller) weiter ausdifferenziert. Im Ergebnis befinden sich 1.286 Cluster auf der untersten Ebene (5-Steller) der KldB 2010. Diese Positionen der untersten Ebene verteilen sich auf die vier Anforderungsniveaus wie folgt:

60 Cluster mit Anforderungsniveau 1 414 Cluster mit Anforderungsniveau 2 442 Cluster mit Anforderungsniveau 3 370 Cluster mit Anforderungsniveau 4

Dabei weisen 45,6 % aller 700 berufsfachlich gebildeten Cluster (4-Steller) ein Anforderungs-niveau auf, 29,1 % der Cluster zwei und 21,1 % drei Anforderungsniveaus. Lediglich 4,1 % der be-rufsfachlichen Cluster beinhalten alle vier Anforderungsniveaus.

3.3 Bildung der Berufsbereiche

Um einen besseren thematischen berblick und eine nutzerfreundlichere Handhabung der KldB 2010 zu ermglichen, wurde die oberste berufsfachliche Ebene mit Hilfe von Berufsfeldanaly-sen erneut zusammengefasst. Die inhaltliche Gruppierung der Berufshauptgruppen (2-Steller) erfolgte unter Zuhilfenahme von zwei Informationsquellen. Zum einen wurden die Berufsfeldde-finitionen des BIBB verwendet.9 Hierbei handelt es sich um 54 Berufsfelder, die im Nachgang auf Basis des Ttigkeitsschwerpunktes aus dem Scientific Usefile des Mikrozensus 2004 und der BIBB/BAuA-Erwerbsttigenbefragung 2006 zu 12 Berufshauptfeldern und drei Berufsberei-chen verdichtet wurden. Fr die Gruppierung waren insbesondere die 12 Berufshauptfelder von Interesse.

Zudem wurde die Berufsfeld-Systematik des BERUFENET der BA genutzt. Die Berufsfelder rich-ten sich an eine breite Nutzergruppe (z. B. Berufswhler/innen, Akademiker/innen, an weiterbil-dung interessierte Arbeitnehmer/innen, Arbeitsuchende). Sie basieren auf Branchen, Arbeitsge-genstnden (werkstoffe, Materialien oder Produkte), wissensgebieten, Technologiefeldern etc.

9 Tiemann, Michael et al. (2008): Berufsfeld-Definitionen des BIBB auf Basis der Klassifikation der Berufe 1992. Bundes- institut fr Berufsbildung (wissenschaftliche Diskussionspapiere: Heft 105).

42 Klassifikation der Berufe 2010

und ermglichen einen intuitiven, orientierenden Zugang zu allen Berufstypen wie Helfer-, Ausbil-dungs-, weiterbildungs- oder Hochschulberufe und anderen beruflichen Ttigkeiten.

Im Ergebnis gliedert sich die KldB 2010 auf oberster Ebene in zehn Berufsbereiche, die anhand eines einstelligen, numerischen Codes erfasst werden (vgl. Kap. II.1).

4 Zuordnungsgrundstze fr spezifische berufliche Ttigkeiten

Im Rahmen der ergnzenden berufskundlichen Sichtung der vorhandenen Clusterlsung wur-den verschiedene spezifische Berufsgruppen identifiziert, die eine Zuordnung abseits der Clus-teranalyse notwendig machen. Dem Konzept der KldB 2010 entsprechend und um den Kompati-bilittsanforderung zur ISCo-08 gerecht zu werden, wurden fr diese Berufsgruppen gesonderte Zuordnungsgrundstze entwickelt, die im Folgenden nher erlutert werden. Um die Kompati-bilittsanforderung zu erfllen, ist es notwendig, die Strukturmerkmale der internationalen Be-rufsklassifikation auf die KldB 2010 zu bertragen bzw. abzugleichen. Danach mssen fr be-stimmte Berufsgruppen, fr die die ISCo-08 eine vom Skill Level abweichende Systematisierung vorsieht, auch in der KldB 2010 eindeutige Zuordnungsgrundstze aufgestellt werden. In der Entwicklung der KldB 2010 sind deshalb die Aufsichts- und Fhrungskrfte und die Militrberu-fe gesondert zu behandeln. Auch fr die Helferberufe sind eigene Zuordnungsgrundstze aufzu-stellen, da diese vorab von der Clusteranalyse ausgeschlossen wurden.

4.1 Aufsichts- und Fhrungskrfte

Gem des Berufsverstndnisses der Klassifikation der Berufe 2010 wird ein Beruf durch zwei zentrale Dimensionen konstituiert: Berufsfachlichkeit und Anforderungsniveau. Die Berufsfach-lichkeit eines Berufs wird definiert als ein auf berufliche Inhalte bezogenes Bndel an Fach-kompetenzen. Da sich die fr einen spezifischen Arbeitsplatz bentigten Fachkompetenzen erheblich nach der Position im Beruf unterscheiden knnen, macht das Verstndnis von Be-rufsfachlichkeit in der KldB 2010 auch eine Differenzierung nach der Position erforderlich. Hier-bei geht es insbesondere um Ttigkeiten, die Leitungsfunktionen beinhalten (z. B. Geschfts-fhrer/in oder Abteilungsleiter/in). Hinweise auf eine solche Leitungsfunktion lassen sich aber nicht in jeder Berufsbezeichnung direkt wiederfinden. ob es sich um berufliche Ttigkei-ten mit Leitungsfunktion handelt, hngt vielmehr von den zu verrichtenden Aufgaben ab. Sie knnen einer seits eher Ttigkeiten von Geschfts- oder Abteilungsleiter/innen hneln oder sie hneln Ttigkeiten anderer Beschftigter in den gleichen Ttigkeitsfeldern. Damit stellt Fhrung eine Besonderheit der Berufsfachlichkeit dar und ist kein spezifisches Problem der ver-tikalen Dimension (Anforderungsniveau). Die Aufgabe oder Ttigkeit der Leitung bzw. Fhrung ist als spezielle Berufsfachlichkeit zu interpretieren.

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 4 Zuordnungsgrundstze fr spezifische berufliche Ttigkeiten

43Klassifikation der Berufe 2010

III. GRUNDLAGEN UND ENTwICKLUNG 4 Zuordnungsgrundstze fr spezifische berufliche Ttigkeiten

Fr den Umgang mit Fhrungskrften in der KldB 2010 wurden drei zentrale Anforderungen festgelegt: (1) Die Fhrungskrfte sollen entsprechend ihrer Ttigkeitsfelder (soweit mglich) be- rufsfachlich, d. h. bei ihren entsprechenden Fachkrften verortet werden. (2) Sie sollen darber hinaus identifizierbar bleiben, d. h. auf der untersten berufsfach- lichen Ebene eine eigene Systematikposition erhalten. (3) Es soll eine mglichst vollstndige Kompatibilitt zur ISCo-08 hinsichtlich der Fh- rungskrfte sichergestellt werden.

Um der zuletzt genannten Anforderung gerecht zu werden, wurden zunchst die ISCo-08 und ihr Umgang mit Fhrungskrften untersucht.

ISCo-08 Umgang mit FhrungskrftenEine der bedeutendsten Vernderungen im Zuge der berarbeitung der ISCo-88 zeigt sich in der Berufshauptgruppe 1 der Gruppe der Manager, Senior officials and Legislators. Innerhalb die-ser Gruppe wurde eine Umstrukturierung vorgenommen, mit dem Ziel, die durch die Unterschei-dung zwischen Corporate Managers und General Managers hervorgerufenen (Zuordnungs-)Probleme zu beheben.10 Die eindeutige Unterscheidung nach kleinen und groen Unternehmen, wie sie die ISCo-88 vorsah, wurde somit weitgehend aufgehoben, ebenso die starke orientierung an den wirtschaftszweigen bzw. Branchen. Stattdessen wurde versucht, die Gruppe der Fhrungs-krfte anhand ihrer Funktionsbereiche zu strukturieren. Eine Ausnahme bildet hier die Gruppe der Topmanager. Diese sind als eige