konjunktur 4.3. phillips-kurve · raditiontelle phillips-kurve i im as-ad modell kann regierung...
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Konjunktur
4.3. Phillips-Kurve
Lit.: Blanchard/Illing, Kap. 6, 8; Mankiw, Kap. 13; Romer, Kap. 5
I Politik möchte In�ation und Arbeitslosigkeit niedrig halten,aber es existiert vermutlich ein Zielkon�ikt.
I Gibt es eine permanente Beziehung zwischen In�ation undOutput bzw. In�ation und Beschäftigung?
I Phillips (1958): Wachstum der Nominallöhne ist hoch, wennArbeitslosigkeit niedrig ist → hohe Arbeitslosigkeit → niedrigeIn�ation und umgekehrt.
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Konjunktur
Allgemeines Modell
I Betrachte aggregierte Angebotskurve:
Y = Yn + a(P − P e) (1)
I Output > Natürlicher Output, wenn Preisniveau gröÿererwartetes Preisniveau.
I Okun's law: Outputabweichung von natürlichem Output istproportional zu Arbeitslosigkeit minus natürlicher AL:
Y − Yn = −b(u− un) (2)
und damit:
P = P e − b
a(u− un) (3)
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Konjunktur
Mikrofundiertes Modell
I Verhandlungsmacht: Abhängig von Art der Arbeit und denAlternativen eines Arbeitnehmers (bzw. einer Gruppe vonArbeitnehmern).
I Wenn Arbeitslosigkeit hoch ist, haben Arbeitnehmer wenigVerhandlungsmacht (�outside options� begrenzt) → Löhnesind niedrig.
I E�zienzlöhne: Firmen zahlen höhere als markträumendeLöhne, um Anstrengung der Arbeitnehmer zu beein�ussen.
I Wenn Arbeitslosigkeit niedrig ist, müssen Firmen höhere Löhnezahlen, um Arbeitnehmer im Unternehmen zu halten.
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Konjunktur
I Einfaches Modell der Nominallohnbildung:
W = P eF (u, z), mit Fu < 0 (4)
P e: erwartetes Preisniveau, u: Arbeitslosenquote, z: andereFaktoren.
I Wichtig für Arbeitnehmer und -geber ist Reallohn W/P .Wenn erwartetes Preisniveau hoch ist, sind Nominallöhnehoch: In Verhandlungen wird Nominallohn in Erwartung deskünftigen Preisniveaus gesetzt.
I Hohe Arbeitslosigkeit → niedrige Nominallöhne undumgekehrt.
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Konjunktur
I Andere Faktoren z.
I Bsp. Arbeitslosenversicherung: wenn Unterstützung groÿzügigist, sind Arbeitsanreize gering und Lohn muss hoch sein, damitArbeitnehmer nicht freiwillig arbeitslos werden.
I Bsp. Kündigungsschutz: wenn Kündigung schwierig ist, könnenBeschäftigte höhere Löhne fordern.
I Aber: Für Neueinstellungen werden Arbeitgeber geringereLöhne zahlen und Arbeitnehmer diese wegen gröÿererSicherheit auch akzeptieren.
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Konjunktur
I Preissetzung: Firmen maximieren Gewinne
maxLPF (L)−WL
I Daraus folgt bei vollständiger Konkurrenz Preis = GK(Lohn/Grenzprodukt):
PF ′(L) = W (5)
oder mit linearer Produktionsfunktion (F (L) = L): P = W .
I Wenn Firmen Marktmacht haben, sind Preise höher alsGrenzkosten (Löhne):
P = (1 + µ)W (6)
.
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Konjunktur
I Wenn Preise proportional zu Löhnen sind, folgt aus (4):
P = (1 + µ)P eF (u, z) (7)
I Gleichung (7) ist ein Beispiel der aggregierten AngebotskurveAS (beachte: Arbeitslosigkeit und Output sind korreliert:Okun's law).
I Wenn Arbeitslosigkeit hoch ist, ist Preisniveau niedrig.
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Konjunktur
I Bsp. Für (7):
lnP = lnP e(1 + µ)(1− αu+ z) (8)
I Aus (8) folgt für In�ation:
πt = πet + (µ+ z)− αut (9)
I In�ation ist hoch, wennI erwartete In�ation hochI Markups hochI andere Faktoren: z.B. Arbeitslosenunterstützung groÿzügigI Arbeitslosigkeit gering
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Konjunktur
Traditionelle Phillips-Kurve
I Im AS-AD Modell kann Regierung durch Verschiebung derAD-Kurve entlang der AS-Kurve verschiedene Kombinationenvon P und Y erreichen, d.h. In�ation führt zu höheremOutput und damit niedrigerer Arbeitslosigkeit.
I Traditionelle Phillips-Kurve (Samuelson/Solow):Vernachlässige In�ationserwartungen.
I Mit πet = 0 folgt aus (8):
πt = µ+ z − αut (10)
I Deterministische Relation zwischen In�ation undArbeitslosigkeit
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Konjunktur
I Lohn-Preisspirale: Niedrige AL führt zu hohen Löhnen.
I Hohe Löhne führen zu hohen Preisen, wenn Firmen Aufschlägeanpassen.
I Wegen höherer Preise verlangen Arbeitnehmer höhereNominallöhne.
I Daraufhin steigen Nominallöhne und Preise weiter.
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Konjunktur
I Was geschah mit der Phillipskurve seit 1970?1. Ölpreisschocks: Höhere Markups führten zu mehr In�ation bei
gleicher AL.2. Erwartungsbildung: ursprüngliche PK bedeutet, dass
Arbeitnehmer sich ständig täuschen lassen: In�ation reduziertReallohn aber Erwartungen reagieren nicht darauf.
I → Modi�zierte PK (Friedman/Phelps): AL und Änderung derIn�ationsrate
I → PK mit rationalen Erwartungen
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Konjunktur
Modi�zierte Phillips-Kurve
I Kurzfristig existiert Phillipskurven-Tradeo�.
I Langfristig: wenn In�ation steigt, sollten Löhne und Preiseangepasst werden.
I D.h. langfristig ist Phillipskurve vertikal. Arbeitslosigkeitentspricht der �natürlichen� Arbeitslosigkeit:
πt = πet − α(ut − un) (11)
mit un: natürliche Arbeitslosenquote.
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Konjunktur
I Beispiel: Adaptive Erwartungen: πet = πt−1. Dann gilt:
πt = πt−1 − α(ut − un) (12)
πt − πt−1 = −α(ut − un) (13)
I Je höher AL, desto stärker beschleunigt sich In�ation.
I un heiÿt deshalb auch NAIRU: non-accelerating in�ation rateof unemployment.
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Konjunktur
Berechnung der NAIRU
I Regression für Deutschland 1980-1997:
πt − πt−1 = 1.6− 0.3ut
I Daraus folgt, dass die natürliche Arbeitslosigkeit (oder NAIRU)bei 5.33% lag.
I Für USA:πt − πt−1 = 5.1− 0.8ut
I Daraus folgt für die USA un = 6.38.
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Konjunktur
Unterschiede in der natürlichen AL
I Unterschiede zwischen den Ländern: durchschnittliche AL inUSA bei 6%, in Japan bei 2%.
I Hauptgrund: unterschiedliche interne Organisation von Firmen.
I Japan: Firmen beschäftig(t)en Mitarbeiter lebenslang, in denUSA gilt �hire and �re�.
I Weil Firmen in JAP in schlechten Zeiten weniger Arbeiterentlassen, bedeutet dies aber c.p. auch geringere E�zienz.
I Aber: Internationaler Wettbewerbsdruck in JAP erhöht auchDruck auf Firmen, schneller Arbeiter zu entlassen → un ↑.
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Konjunktur
I Veränderung im Zeitablauf: Bsp. USA � ALQ in den 50ern4.5% , in den 80ern 7.3%, in den 90ern 5.3%.
I Europa: bis ca. 1970 niedrigere AL als USA, seither deutlichhöher (2003: 8.8%).
I Da In�ation in EU niedrig ist, ist dies Evidenz für Zunahme dernatürlichen AL.
I Möglicher Grund: Verlangsamung desProduktivitätswachstums.
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Konjunktur
I Erklärung: betrachte nochmals (4) und (6) mit F ′(L) = A,wobei A ein Produktivitätsparameter ist:
Lohnsetzung:W
P e= AeF (u, z) (14)
Preissetzung:W
P=
A
1 + µ(15)
wobei Ae die erwartete Produktivität bezeichnet.
I Hohe Produktivität bedeutet hohen Spielraum fürLohnzuwächse (s. (14)).
I Aus Sicht der Arbeitgeber: hohe Produktivität bedeutetniedrige Grenzkosten und daher c.p. niedrige Preise (s. (15)).
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Konjunktur
I (14) und (15) bestimmen die natürliche ALQ un.
I Wenn Arbeitnehmer und Firmen Preise und Produktivitätkorrekt voraussagen (rationale Erwartungen), hatProduktivitätswachstum keinen Ein�uss auf Arbeitslosigkeit.
I Wenn Firmen A im Schnitt richtig voraussagen undArbeitnehmer den Produktivitätszuwachs überschätzen, steigtun (s. Abb.).
I Evidenz: Zeiten hohen Produktivitätswachstums sind auchZeiten geringer AL.
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Konjunktur
Rationale Erwartungen
I Modi�zierte PK in (12) empirisch besser bestätigt alsursprüngliche PK.
I Aber: Impliziert ebenfalls, dass Regierungen durch mehrIn�ation permanent höheren Output und niedrigere ALerzeugen können.
I Das funktioniert nur, wenn Individuen sich permanenttäuschen lassen.
I Rationale Erwartungen: Individuen benutzen alle vorhandenenInformationen und bilden Erwartungen optimal.
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Konjunktur
I Die Phillipskurven-Gleichung ist nun
πt = E(πt)− α(ut − un) (16)
wobei E(π) der statistische Erwartungswert von π ist.
I D.h. Individuen irren sich nicht systematisch.
I Folge: Nur unerwartete In�ation kann Output und ALbeein�ussen.
I Das bedeutet auf der einen Seite, dass die Politik die AL durchIn�ation nicht dauerhaft senken kann.
I Auf der anderen Seite kann sie aber die In�ation beiglaubwürdiger Ankündigung ohne steigende AL senken.
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Konjunktur
I Angenommen, es gelte die modi�zierte PK
πt = πt−1 − α(ut − un)
mit πet = πt−1
I Zentralbank kann versuchen, diesen Tradeo� auszubeuten undAL durch steigende In�ation zu senken (Punkt A in Abb.).
I Wenn Individuen rationale Erwartungen haben, passen sie πe
an → PK verschiebt sich nach oben: Lucas Kritik.
I Geldpolitik neutral, wenn sie korrekt antizipiert wird.
I Beachte: Auch mit rationalen Erwartungen gibt es einefallende PK, wenn In�ation unerwartet ist.
I Bsp: wenn Lohnverträge für längere Zeit abgeschlossen werdenund zwischen Branchen nicht koordiniert sind.
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