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Inhalt: Definition Verlauf Verarbeitungsphasen Krisenintervention

In Akutsituationen (Amoklauf, am Unfallsort etc.) Typische Krisensituationen

Aggressiver Raptus Regressive Dekompensation Suizidalität Trauer Trauma

Der Aufgabenbereich der Sozialen Arbeit (Event. Exkurs: Krisen im beraterischen Prozess) Anmerkungen zur Psychohygiene (Event. Übungen zur Stabilisierung) Literaturliste

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Definition3

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Definitionen von Krisen Duden: „gr.: krisis, lat.: crisis, Entscheidung, entscheidende

Wendung, als Terminus der medizinischen Fachsprache zur Bezeichnung des Höhe- und Wendepunktes einer Krankheit….. Im 18. Jh. Beginnt Gebrauch des Wortes im Sinne von entscheidende, schwierige Situation.

G. Caplan: „Krise ist eine Periode des Ungleichgewichts, die von psychischem und physischem Unbehagen begleitet sowie von begrenzter Dauer ist, und die zeitweilig die Fähigkeit der Person, kompetent zu bewältigen oder die Sache in den Griff zu bekommen, stark strapaziert.“

E. Kahn: „Krisen sind plötzliche Erlebnisse oder Ereignisse, die von der Person nicht verarbeitet werden können, und welche die Kontinuität des Erlebens unterbrechen und die Gefahr einer bevorstehenden Katastrophe enthalten.“

Ulich u. a.: „Krise ist ein belastender, temporärer, in seinem Verlauf und seinen Folgen „offener“ Veränderungsprozess der Person, der gekennzeichnet ist durch Unterbrechung der Kontinuität des Erlebens und Handelns, durch eine partielle Desintegration im emotionalen Bereich mit dem zentralen Merkmal des Selbstzweifels.“

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Arten von Krisen

traumatische Krisen plötzliche unvorhergesehene Schicksalsschläge

Tod eines nahestehenden Menschen Naturkatastrophen Krankheit Trennung…

Veränderungskrisen gehören zum normalen Lebensverlauf

Heirat oder Geburt Pensionierung „Midlife“-Krise Auszug aus dem Elternhaus

Krisen durch Gewalt und Vernachlässigung

Sonneck, 2000

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Arten

Entwicklungs-, Anforderungs- und Reifungskrise z.B. Pubertäts- Alterskrise

Überstimulierungskrise emotionale Überschwemmung meist direkter Auslöser

Unterstimulierungskrise Art innere Leere

Trauerkrise Verlust jeglicher Art Tod, Trennung, Ablösung

Elternhaus, Entlassung,… Krise bei lebensbedrohlichen Krankheiten

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Vier Aspekte der Krise (nach Cullberg 1978)

das auslösende Ereignis die psychologische Bedeutung der Verlauf der Krise der soziale Kontakt in der Krise

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Was führt zur Krise?

A) Die emotionale Labilisierung eines Systems

Schleichende Entwicklung (z.B. Misshandlung)

Plötzlich (Mutter verlässt das Haus)

B) eine kognitive Desorientierung C) im Kontext einer existenziellen

Bedrohung

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Verlauf9

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Traumatische Krise (nach Caplan 1964)

Schock

Chronifizierung

KrankheitReaktion

SuchtverhaltenSuizidales Verhalten

Bearbeitung

Neuorientierung

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Verlauf traumatischer Krisen nach Cullberg (1978)

Sonneck, 2000

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Aspekte von Krisen

Krisenanlass subjektive Bedeutung Krisenanfälligkeit Reaktionen der Umwelt Krisenverlauf

Sonneck, 2000

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Phasen 1.Phase des

„Nicht-Wahrhaben-Wollens“/Schockphase Empfindungslosigkeit Eindruck, man träume und der Verlust sei nicht

real Leugnen des Problems

Phase wird im Nachhinein kaum erinnert Dauer variiert zw. Stunden, Tagen und Wochen

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2. Phase der aufbrechenden, chaotischen Emotionen/ Reaktionsphase Schmerz, Wut, Zorn,… Suche nach Schuldigem mit der Frage: Warum ich? Gefühl, sich zusammen nehmen zu müssen Schlafstörungen

Phase schwer zu ertragen Gefühle wie Unruhe, Frustration, Zweifel an Selbstwert

und Kompetenz Es ist wichtig, das Chaos dieser Emotionen auszuhalten

und nicht zu verdrängen, um die Krise zu bewältigen.

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3. Phase des Suchens, Findens, und Sich-Trennens/ Bearbeitungsphase „Funktion“ des Verstorbenen wird definiert Versuch den Verlust zu ersetzen Erinnerungen an bisheriges Leben werden

reflektiert Akzeptanz des Geschehenen Übernahme von Eigenverantwortung für Leben

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4. Phase des Neuen Selbst- und Weltbezuges/ Neuorientierung

Öffnung zur Umwelt Loslassen des Schmerzes Entstehen neuer Werte Neue Beziehungen werden erschlossen Verifikationsphase, in der neue Einsichten

getestet werden

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1. Phase 2. Phase 3. Phase 4. Phase

„Nicht-Wahrhaben-Wollen“/ Schockphase

aufbrechende, chaotische Emotionen/ Reaktionsphase

Suchen, Finden, und Sich Trennen/ Bearbeitungsphase

Neuer Selbst- und Weltbezug/ Neuorientierung

Empfindungslosig- keitEindruck, man träume und der Verlust sei nicht real

Schmerz, Wut, Zorn,…Suche nach Schuldigem mit der Frage: Warum ich?

Erinnerungen an bisheriges Leben werden reflektiert Akzeptanz des GeschehenenÜbernahme von Eigenverantwortung für Leben

Öffnung zur UmweltLoslassen des Schmerzes

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In Akutsituationen (Amoklauf, am Unfallsort etc.)

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Notfälle und traumatische Ereignisse

Wahrnehmung Zeiterleben Handlungen,

Pläne Kontrollierbarkeit Selbstbild Soziale Ordnung

SchockSchock Dissoziation Dissoziation intensive Gefühleintensive Gefühle chaotische Gedanken chaotische Gedanken unangemessenes unangemessenes

VerhaltenVerhalten Bruch in der Biografie Bruch in der Biografie

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Notfälle und traumatische Ereignisse

10 Akutinterventionen:BeruhigenOrientierenRessourcen aktivieren

Wahrnehmung erklärenZeiterleben strukturierenGedankliche Verarbeitung fördernGefühle normalisierenKontrollierbarkeit fördernSelbstbild stabilisierenNächste Schritte vorbereiten

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Psychologische Erste Hilfe (Lasogga/Gasch 2000)

1. Sag, dass du da bist, wer du bist und was geschieht.

2. Schirme den Verletzten vor Zuschauern ab.

3. Suche / biete vorsichtig Körperkontakt.4. Sprich und höre zu.

Notfälle und traumatische Ereignisse

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Notfälle und traumatische Ereignisse

Psychologische Stabilisierung

Information über mögliche psychische Folgen von kritischen Ereignissen

Normalisierung der individuellen Gefühle und Reaktionen

Förderung hilfreicher Bewältigungs- und Verarbeitungsprozesse

Aktivierung des sozialen Netzwerkes der Betroffenen

Vorbeugung von Folgestörungen (sekundäre Prävention)

Einleitung von individueller Weiterbetreuung / Behandlung, falls notwendig

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Veränderungskrisen23

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Krise als Chance

Entfaltung der Persönlichkeit neues Verhaltens- und Erlebnisrepertoire

im persönlichen und sozialen Bereich Kompetenz im Umgang mit dem Leben

Krise nur dann Chance, wenn sie für Entwicklung wahrgenommen wird!

Kast, 2009

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Krise und schöpferischer Prozess

Phasen1. Vorbereitungsphase

ansammeln von Wissen

2. Indikationsphase Blockierung

Problem gärt – spitzt sich zu

3. Einsichtsphase Erkenntnis

„Aha“-Erlebnis

4. Verifikationsphase Einsicht wird geformt,

geprüft und getestet

begleitende Emotionen

Konzentration

Spannung

UnruheFrustrationZweifel an Selbstwert und Kompetenz

FreudeErleichterung

Kast, 2009

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In traumatischen Krisen bei Lebensereignissen

Krisenintervention26

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Sechs Schritte der Krisenintervention (nach Caplan)

Den Krisenanlass verstehen Eine gemeinsame Krisendefinition

erarbeiten Gefühle ausdrücken bzw. entlasten Gewohnte Bewältigungsstrategien

reaktivieren, Konfrontation mit der Realität

Nach neuen Lösungen suchen Abschließender Rückblick und

Bilanz.

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Krisenintervention?

„Krisenintervention umfasst alle Aktionen, die dem Betroffenen helfen die aktuellen Schwierigkeiten zu bewältigen.“ (zitiert nach Sonneck, 2000)

Verhütung von negativen, sozialen, psychischen und medizinischen Folgen des traumatischen Ereignisses

abzugrenzen von Maßnahmen der Akutpsychiatrie

Sonneck, 2000

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Allgemeine Prinzipien

Rascher Beginn Aktivität Methodenflexibilität Fokus auf aktuelle Situation Einbeziehung der Umwelt Entlastung Zusammenarbeit

Sonneck, 2003

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Ziele der Krisenintervention

Hilfe zur Selbsthilfe Akzeptieren der Krise und Warnreaktion wahrnehmen

Reaktion ist Folge einer außergewöhnlichen Situation/Erfahrung!

Ressourcen bereit stellen oder mobilisieren Stütze bieten, Schutz ermöglichen Soziales Umfeld miteinbeziehen Bewältigungsressourcen aktivieren

Sonneck, 2003; Bengel & Becker, 2009

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Ziele der Krisenintervention

Hilfe zur Selbsthilfe Selbst Lösungen bzw. Bewältigungsmöglichkeiten

erkennen Alternativen zu Suchtverhalten und/oder Suizidalität Neue Verhaltensweisen Aktuelle Situation bewältigen Zukünftige Problemsituationen meistern und ev. Motivation für

langfristige Veränderungen aufbauen

Krise als Chance!

Sonneck, 2003; Bengel & Becker, 2009

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Vier wesentliche Charakteristika Ausgehend von den Zielen der

Krisenintervention

1. Arbeiten an der Beziehung2. Auseinandersetzung mit Emotionalität3. Konzentration auf die aktuelle Situation4. Einbeziehen der Umwelt

Sonneck, 2003

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Allgemeines Interventionskonzept1. Beziehung (Nähe und Distanz)

Bedürfnis nach Zuwendung, Kontakt, Empathie Aktive Kontaktsuche Balance zwischen Selbstbefähigung und Stütze

Nähe-Distanz-Relation Ernsthaftigkeit, Empathie, Aufmerksamkeit Identifikation mit Betroffenen, Einschränkung der

Eigenverantwortung

2. Emotionale Situation Emotionalität, Depressivität, Panik und

Suizidalität abschätzen

Sonneck, 2003

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Allgemeines Interventionskonzept3. Aktueller Krisenanlass

Wer ist betroffen? Wie ist die aktuelle Lebenslage des/der

Betroffenen? Vergangenheit: entscheidend für Dauer und

Bewältigung der Krise, Krisenanfälligkeit/Vorbelastung

Welche Veränderungen hat es gegeben? Welche Lösungsstrategien wurden schon

eingesetzt?

Sonneck, 2003

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Allgemeines Interventionskonzept4. Spezifische Gefahren

Gesundheitszustand, Aggression, Panik, Substanzmissbrauch, Suizidalität

Sonneck, 2003

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Allgemeines Interventionskonzept4. Soziale Situationen

Soziales Umfeld Belastungen Gefahren Ressourcen

5. Vorhandene Hilfsmöglichkeiten miteinbeziehen Mobilisierung von Hilfe

Sind Familie, Freunde etc. in der Lage oder geeignet um unterstützend zu sein?

Welche Angebote/Möglichkeiten bietet das Sozialsystem

Sonneck, 2003

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Allgemeines Interventionskonzept7. Weiteres Vorgehen erarbeiten

Besprechung des weiteren Vorgehens Möglichkeiten der Intervention

Zielorientierung unter Berücksichtigung von Emotionen

8. Beendigung Interventionsumfang: 10 – 12 Einheiten Gute Vorbereitung auf Abschluss

Welche Ziele wurden erreicht? Wie geht der/die Betroffene zukünftig mit

Problemen um? Ist eine Stabilisierung möglich gewesen?

Anschließende Psychotherapie

Sonneck, 2003

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BELLA – Konzept

B Beziehung aufbauen

E Erfassen der Situation

L Linderung von Symptomen

L Leute einbeziehen, die unterstützen

A Ansatz zur Problembewältigung finden

Sonneck, 2000

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Krisenintervention - Erstgespräch

1) Schnelle Abklärung der Situation Erster Eindruck – Initialszene

(Übertragungen) Überweisungskontext / Erfahrungen mit

anderen Helfersystemen Auslöser der Krise? Was heißt das für das Umfeld, Arbeit,

Familie? Wie erlebt die KlientIn selbst die Krise? Welche Gefahren ergeben sich daraus für

Betroffene oder für den/ die KlientIn? Suizidalität? Drogen, Tabletten, Alkohol? Klinik/ Arzt (Behandlung?)

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Krisenintervention - Erstgespräch

2) Welche Bewältigungsmöglichkeiten hat er/ sie?a) innere Ressourcenb) Fremdressourcen (z.B. Freunde)3) Entwicklung von Perspektiven - Ziele? (Welche Teilschritte?) - Aushandeln des Auftrages - Umdeutung der Krise4) Resumée! - Einschätzung der Gefahr einer aggressiven/autoaggressiven

Handlung - Ist eine Weiterbetreuung angesagt? (Hängt auch vom

Auftrag der Institution ab) - Kontaktaufnahme zu anderen Institutionen? (z.B. Klinik)

- Kontrakt und Vereinbarungen zwischen BeraterIn und KlientIn

(Klare Absprachen)

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Das Behandlungsmodell von N. Golan Anfangsphase A. Sofortige Konzentration auf die

Krisensituation 1. Konzentration auf das Hier und Jetzt, den

krisenauslösenden Faktor 2. Konzentration auf die subjektiven Reaktionen des

Klienten auf das Geschehen 3. Nach dem Abklingen der Emotionen Konzentration

auf den Kontext der Krise 4. Erkundung des "Zustandes der Verletzlichkeit", der

Copingstrategien und der bisherigen Lösungsversuche 5. Schaffung eines Überblicks über das

"augenblickliche Funktionieren" des Klienten in wichtigen sozialen Netzen

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Das Behandlungsmodell von N. Golan

B. Bewertung der gegenwärtigen Schwierigkeiten

Geben Sie eine Erklärung über ihre Bewertung der Krise ab

Fragen Sie den Klienten wie er die Situation sieht

Konzentrieren Sie sich gemeinsam auf ein bestimmtes Problem

C. Erarbeitung eines Kontraktes über das weitere Vorgehen

Erste Absprache über Ziele und Aufgaben

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Das Behandlungsmodell von N. Golan

Mittlere Phase: DurchführungA. Einordnung und Bearbeitung der Daten

erfassen von HintergrundinformationenAuswahl zentraler Themen

B. Herbeiführung der Verhaltensänderung

Endphase: Der Abschluss a. Der Entschluss zur Beendigung

b. Rückschau auf die erzielten Fortschritte

c. Zukunftsplanung

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Aggressiver Raptus, regressive Dekompensation, Suizidalität, Trauer, Trauma

Typische Krisen44

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Aggressiver Raptus

Der aggressive Raptus kann zu unkontrollierter Gewalt (selbst gegen den Berater) führen. Hier ist es wichtig, dass der/die Beraterin

1.gut für seine/ihre Sicherheit sorgt, z. B. durch einen genügenden räumlichen Abstand

2. Schaden begrenzt, z. B. gefährliche Gegenstände entfernt und Kissen und Matratzen bereitstellt

3. versucht Grenzen zu setzen, z. B. durch lautes „Stop!“ bei der Gefahr der Verletzung

4.in Grenzen den Raptus ausagieren lässt, ohne zu forcieren

5. die Sitzung mit einer kognitiven Phase abschließt.

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Regressive Dekompensation

Bei Petrifikation ist viel Geduld erforderlich. Deshalb viel Zeit lassen, kleine Kontaktangebote machen, Verständnis ausdrücken, für den/die KlientIn verbalisieren und evetl. versuchen zu „doppeln“.

Bei regressiver Dekompensation besteht die Gefahr, dass der/die KlientIn entgleitet, deshalb Nähe und evtl. vorsichtigen unterstützenden Körperkontakt anbieten!

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Das präsuizidale Syndrom(nach E. Ringel)

1. Einengung Situative: Überwältigung von einer über-

mächtigen, unbeeinflussbarenSituation – nicht mehr „ein und aus“ wissen

Dynamische:Emotionen, die nur noch in eine Richtung gehen (Verzweiflung, Angst, Hoffnungslosigkeit), ohne Gegenregulation

Zwischen- Isolierung oder entwertete Beziehungen menschliche: Entwertung von immer mehr Lebensge- Der Werte: gebieten, die uninteressant werden.

Werteverwirklichung nicht mehr möglich,

eigene Existenz wird als wertlos betrachtet.

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Das präsuizidale Syndrom(nach E. Ringel)

2. Gehemmte oder gegen die eigene Person gerichtete Aggression

3. Selbstmordphantasien Wunsch, tot zu sein Vorstellung: Wie? Diese Vorstellungen werden zwingend

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Trauerphasenmodell nach V. Kast

1. Phase des Nichtwahrhabenswollens2. Phase der aufbrechenden Emotionen3. Phase des Suchens und des Sich-

Trennens4. Phase des neuen Selbst- und

Weltbezugs

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Traueraufgaben

1. Den Verlust als Realität akzeptieren2. Den Trauerschmerz erfahren3. Sich anpassen an eine Umwelt, in der

der Verstorbene fehlt4. Dem Toten einen neuen Platz zuweisen

und weiterleben.

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• Trauma Krisen und traumatische Situationen sind kennzeichnet durch Überwältigung, durch unerträgliche Geschehnisse, das Gefühl des Ausgeliefertseins und der Machtlosigkeit. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 1 – 2 Drittel der Menschen in ihrem Leben mit traumatischen Situationen belastet werden (siehe Hanswille und Kissenbeck 2008). Von diesen entwickeln ca. 1/3 so genannte Traumafolgestörungen. Von Menschen, die z. B. eine schlimme Folter erleben oder die Ermordung eines Familienangehörigen ansehen mussten, entwickeln ca. 50 % eine Traumafolgestörung.Kinder die lange Zeit sexuelle Gewalt in der Familie erleben mussten, entwickeln diese Störung zu ca. 80 %.

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Trauma

Die meisten Traumata geschehen auch heute noch im familiären Rahmen. Ursachen sind insbesondere sexuelle und körperliche Gewalt und Vernachlässigung.

Traumata gründen sich zudem auf den Verlust von Angehörigen, Hafterfahrungen, Verkehrsunfälle, außerhäusliche Gewalt, Krieg, Folter und Traumatisierung im Rahmen medizinischer Eingriffe.

Traumafolgen sind insbesondere dann zu erwarten, wenn eine traumatische Situation lange andauert, sich häufig wiederholt, unerwartet und plötzlich auftritt und vor allen, wenn sie in den ersten 10 Lebensjahren erfolgt.

Besonders problematisch sind psychische und sexuelle Gewalt, wenn mehrere Täter beteiligt waren, die Tat bagatellisiert und in einem als sicher erachteten Bereich z. B. der eigenen Wohnung, der eigenen Familie, Schule, Kindergarten und dgl.) stattfand.

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Hilfreiche Begegnung53

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Vergleich von Krisenintervention, Kurzzeit- und Langzeitbetreuung

Langzeitunterstützung

Kurzzeitberatung Krisenintervention

Ziele Umstrukturierung der Persönlichkeit

Beseitigen der Symptome Lösung der unmittelbaren Krise

Focus der Bertreuung 1)Entwicklungsgeschichte2)Aktuelle Situation

1) Entwicklungsgeschichte nur bezüglich der aktuellen Konfliktsituation

1) Entwicklung der gegenwärtigen Situation

Auch Bewusstmachen von Unbewusstem

Schwerpunkt in der Gegenwart

Wiederherstellung bis zum Niveau vor der Krise

Aktivitäten des Beraters 1) Exploration2) stützend und konfrontierend3) nicht direktives und direktives Vorgehen

1) zudeckend, eher stützend 2)evet. Konfrontierend,auch Empfehlungen

1) zudeckend2) aktives Beobachten3) direkte Intervention zur Veränderung der Situation

Indikation Neurotische Persönlichkeit,Neurosen, Persönlichkeits-störungen

Akute Störung Plötzlicher Verlust der Fähigkeit, eine Lebenssituation zu bewältigen

Durchschnittliche Unterstützungsdauer

unbestimmt 1-20 Sitzungen 1-6 Sitzungen

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Phase 1

Phase 2

Phase 3/4

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Phasen der hilfreichen Begegnung

Allgemein werden vier traumatherapeutische bzw. krisentherapeutische Phasen der Beratung/Therapie beschrieben:

1. Orientierung und Kontaktphase, einschließlich Anamnese und Diagnostik

2. Phase der Stabilisierung3. Phase der Traumbegegnung, -

bearbeitung und –konfrontation4. Trauma- und Trauerintegration

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Beratung hat u.a. zu beachten: Beratung u. Therapie soll keinen zusätzlichen Stress

aufbauen, vor allem nicht in den ersten Phasen der Stabilisierung.

Klienten sollen erfahren, dass ihre physiologische Erregung kontrollierbar ist, genau so wie im weiteren Verlauf auch ihre Affekte. Klienten sollen lernen, sich selbst zu beruhigen und sich selbst zu trösten; sie sollen dabei Selbstkontrolle erlernen, um innere und äußere Sicherheit zu gewinnen

Stabilisierungsarbeit verfolgt das Ziel, dass sich die Menschen Techniken und Hilfsmittel erfahren, mit denen sie sich selbst beruhigen, trösten und stabilisieren können. Ziel ist die Reduzierung der Häufigkeit von Intrusionen. Regression und Fremdschädigung, Panik und Angstattacken sollen verringert werden wie das Misstrauen gegenüber anderen Menschen abgebaut werden soll.

Sicherheit ist somit eins der zentralen Themen. Dies fängt an z. B. im Wohlfühlen in der eigenen Wohnung und im eigenen sozialen Umfeld. Äußere Sicherheit hat somit absoluten Vorrang.

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Beratung hat u.a. zu beachten

Klienten sollen lernen, ihren inneren Stress besser zu managen und zusätzlichen Stress zu vermeiden

Im Mittelpunkt steht auch hier die Suche nach Ressourcen Der Kontakt bewegt sich in einem "optimalen

Erregungsbereich". Idealerweise bedeutet dies, dass die Klienten nicht über zu wenig Erregung verfügen (z. B. bei der Depression die Atmung und die Affekte flach sind) aber sie auch nicht übererregt sind (hohe Atemfrequenz, Zittern, Erleben introsiver Bilder)

In der Psychoedukation werden Erklärungen für die symptomatischen und therapeutischen Zusammenhänge vermittelt. Klienten lernen, kognitiv zu verstehen, warum sie in bestimmten Situationen so reagieren und wieso ihre Traumafolgestörung "nicht verrückt“ sondern nachvollziehbar ist.

Psychoedukation richtet sich auch an die Systemmitglieder, insbesondere an Familienmitglieder.

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Stabilisierung

Die Stabilisierungsarbeit ist für Hanswille und Kissenbeck "die eigentliche Königsdisziplin für Traumatherapeuten" (S. 49).

Sie weisen zudem darauf hin, dass für viele Menschen eine Traumabegegnung oder Traumakonstellation aus den verschiedensten Gründen nicht möglich ist, und

dass Stabilisierungsarbeit von vielen Fachleuten mittlerweile für die am meisten komplextraumatisierten Klienten als ausreichend angesehen wird um dem Patienten dazu zu verhelfen, ein sicheres und zufriedenes Leben führen zu können.

Zudem wünschen viele traumatisierte Menschen in der Beratung keine oder zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Traumabegegnung.

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Wege der Traumatherapie bzw. der Krisenberatung in der Sozialen Arbeit (nach Petzold 1999) 1. grundsätzlich ressourcenorientiertes und lösungszentriertes

Arbeiten, 2. Interventionen, die das „soziale Netzwerk“ reorganisieren und stärken, 3. die Copingfähigkeiten aufbauen und stärken, die4. Entspannungsfähigkeit fördern und psycho-physiologische Selbstregulation aufbauen (durch Entspannungs-, Atem- und Sport-/Lauftherapie), 5. die symtomvermindernd arbeiten, (6. „Durcharbeiten“ der Traumaereignisse und ihrer Kontexte auf einer generellen Ebene, falls gewünscht und indiziert, auch auf einer spezifischen. Es besteht immer die Gefahr einer Retraumatisierung.)7. Arbeit an der Konsolidierung des Wertesystems, Förderung von Überwindungsprozessen und engagierter Haltung, 8. Selbstbehauptungstraining und Förderung „persönlicher Souveränität“, 9. wo nötig unterstützende Medikation, 10. sozialtherapeutische und sozialintegrative Maßnahmen.

Punkt 6 nur mit entsprechender Ausbildung.

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PsychohygieneBeachten: Wie belastbar ich zur Zeit, wie viele Krisen verkrafte ich? Wie nahe bin ich

an einem burn-out? Wie „schalte“ ich ab? Welche Arbeitsbedingungen bedürfen einer Korrektur? (Belastungen,

Terminfolgen, Wechsel von Tätigkeiten, Regulierung der Nähe-Distanz) Mit welchen Krisen kann ich gut und weniger gut umgehen? Supervision Während der Freizeit nur dosiert mit Problemen beschäftigen (z.B.

Auswahl der Bücher, der Filme, wie viele Nachrichten im Fernsehen) Den eigenen Leib wichtig nehmen, für guten Schlaf sorgen und kreative

Freizeit sorgen, Auswahl der Freunde Setzen von Grenzen, Erholungszeiten. Wie kreativ ist meine Freizeit, wie

stabil ist mein Netzwerk? Schöne Umgebung, schön gestalteter Arbeitsplatz Was sind meine Bewältigungsmechanismen? In Krisengesprächen: Wie fühle ich mich körperlich wohl (Sitzen, laufen),

Regulierung der Nähe-Distanz, Exzentizität beachten, ist der eigene Anspruch angemessen, Reflektion der eigenen Gefühle, gibt es andere Helfer

Präventiv: Sorge ich z. Z. gut „vor“? (Gesundheit, Sport, Auswahl der Freunde…)

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Überblick Stabilisierungsübungen I Der innere sichere Ort, Platz der Kraft, magischer Platz Die inneren Helfer Der innere Tresor Das innere Team Sich vom inneren Gepäck distanzieren Dem eigenen Glück begegnen Ressourcenhaus und Ressourcenleine Die achtsame Berührung des Körpers mit den eigenen

Händen Distanzierung mit Hilfe eines Berges Innere Beobachter Bewältigung früherer Krisen Zeitmaschine Innerer Beistand Techniken zu Affektregulierung

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Überblick Stabilisierungsübungen II Schutzmantel Notfallkoffer Gedankenstopp Übung, den Inneren Arzt fragen Zukunftsorientierung Beziehungslandkarte Ressourcenorientierte Fragen Ressourcenorientierte Hausaufgaben: Glückssplitter Freudebiografie oder Freudetagebuch Ressourcengeschichten und Ressourcenmärchen Ressourcenkoffer Ressourcenimplantate einpflanzen und wachsen lassen Aufmalen der positiven Fertigkeiten in ein Bild der Füße Positive Bewegungen

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Resilienz

Rosemarie Welter-Enderlin empfiehlt in ihrem Buch (2008): „Resilienz – Gedeihen trotz widriger Umstände“ Beratern in souveräner Weise zu ihrer Ratlosigkeit zu stehen und gegenüber den Klienten zu thematisieren: Ich weiß nicht weiter, ich bin ratlos. Was werden Sie tun? Oftmals bietet das Offenlegen der eigenen Ratlosigkeit die Möglichkeit dem Klienten wieder Zugang zu ihren Problemlösungsideen zu finden und neue Schritte zu gehen.

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Literatur

Bengel, J & Becker, K. (2009). Psychologische Frühinterventionen. In A. Maercker (Hrsg.), Posttraumatische Belastungsstörungen (S.163-185). Heidelberg: Springer Medizin Verlag.

Kast, V. (2009). Der schöpferische Sprung - Vom therapeutischen Umgang mit Krisen. Düsseldorf: Patmos Verlag.

Sonneck, G. (2003). Krisenintervention. Psychotherapie im Dialog, 4, 319-329.

Sonneck, G. (2000). Krisenintervention und Suizidverhütung (5. Aufl.). Wien: Facultas Universitätsverlag.

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Bern, Toronto, Seattle, 2002 Belby, Jane: Trauer, Trennung und Verlust. Fischer. Besems, Thijs und Van Vugt, Gerry: wo Worte nicht reichen. München 1990. Dörner K. / Plog U.: Irren ist menschlich. Wunstorf, verschiedene Auflagen . Dorrmann, Wolfram: Suizid. Therapeutische Interventionen bei Selbsttötungsabsichten.

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Methoden für die Praxis. Carl-Auer Heidelberg, 2008. Hausmann, Clemens: Handbuch Notfallpsychologie und Traumabewältigung.

Grundlagen, Interventionen, Versorgungsstandards. Facultas. Everstine, d.S. u. Everstine, L. Krisentherapie. Stuttgart 1988 Henseler: Narzistische Krisen. Zur Psycho-Dynamik des Selbstmordes. Kast, Verena: Der schöpferische Sprung. Vom therapeutischen Umgang mit Krisen.

München 1989. Kleve, Heiko: Soziologische Kompetenz in der Sozialen Arbeit als Staunen über die

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Paschmann, Arno: Krisen und Krisenintervention , 1993, www. praxispaschmann.de/00602 Krisen htm.

Petzold, Hilarion G.: Body narratives – Traumatische und Posttraumatische Erfahrungen aus Sicht der Integrativen Therapie. In: Integrative Bewegungstherapie Nr. 1-2/1999, S. 4 – 30, www.dgib.net/iblt/Petzold_Body.htmr.

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Literaturliste (P – W) Pscherer, Jörg: Der Boden des Alkoholverzichts. Eine empirische Untersuchung über den

Einfluss von Ressourcen auf die Abstinenz-Sicherheit von Alkoholikern. Inaugural-Dissertation in der Fakultät Pädagogik, Philosophie, Psychologie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2003. http://elib.uni.bamberg.de/volltexte“2003/5.html

Philips, Maggie, Frerich, Claire: Handbuch der Hypnotherapie bei posttraumatischen und dissoziativen Störungen. Carl-Auer-Systeme

Reddemann, L. Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. Seelische Kräfte entwickeln und Fördern. Freiburg, Herder 2004.

Rupp, Manfred: Notfall Seele. Methodik und Praxis der ambulanten psychiatrisch-psychotherapeutischen Notfall- und Krisenintervention. Stuttgart, New York 1996.

Schlippe, A. von u. Schweitzer, J.: Lehrbuch der systemischen Therapie. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 1996.

Schmidt, G. : Liebesaffären zwischen Problem und Lösung. Hypnosystemisches Arbeiten in schwierigen Kontexten. Heidelberg, Carl-Auer Verlag 2005.

Schnyder, Ulrich u. Sauvant, Jean-David (Hrsg): Krisenintervention in der Psychiatrie. Bern, Göttingen, Toronto, Seatle 1993.

Spiegel, Yorrek: Prozeß des Trauerns. Verlag Kaiser, Grünwald. Stoffels, Hans u. Kruse, G.: Der psychiatrische Hausbesuch. Bonn 1996 Sullivan, Diana/ Everstine, L.: Krisentherapie. Klett-Cotta, 1988 Stoffels, Hans u. Kruse, Gunther: Der psychiatrische Hausbesuch. Bonn, 1996. Teegen, Frauke: Posttraumatische Belastungsstörungen bei gefährdeten Berufsgruppen.

Prävalenz – Prävention – Behandlung. Huber Welter-Enderline u. Hildenbrand, Bruno (Hrsg): Resilienz – Gedeihen trotz widriger Umstände.

Auer Heidelberg 2008 Wienberg, Günther (Hg): Bevor es zu spät ist. ...Außerstationäre Krisenintervention und

Notfall Psychiatrie. Bonn 1993.