kulturexpress 27 2014
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Je Woche 10. Jahrgang ISSN 1862 - 1996
Kulturexpress unabhängiges Magazin
Ausgabe 27
29. Juni – 05. Juli 2014
.
Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Wirtschaft Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse zu
berichten. Kulturexpress ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten
aus Wirtschaft und Kultur aber auch aus anderen Bereichen auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich
darin um eine aktive und aktuelle Berichterstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf
Vollständigkeit ab.
Impressum
Herausgeber und Redaktion
Rolf E. Maass
Adresse
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60446 Frankfurt am Main
mobil +49 (0)179 8767690
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www.svenska.kulturexpress.info
Kulturexpress in gedruckter Form
erscheint wöchentlich
ISSN 1862-1996
Finanzamt IV Frankfurt a/M
St-Nr.: 148404880
USt-idNr.: DE249774430
E-Mail: [email protected]
Inhalt
Werkschau zur Internationalen Bauausstellung Hamburg „Stadt in der Stadt bauen“
Mehr Wohnungen im Gesamtjahr 2013 fertig gestellt Weiter...
Wunderkammer DAM - Verbindung zwischen Kunst
und Architektur
Postmoderne Architektur - Katalog der Frankfurter
Bauten
Bundestag beschließt EEG-Novelle
Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 27 - 2014
Werkschau zur Internationalen Bauausstellung Hamburg
„Stadt in der Stadt bauen“Meldung: IBA Hamburg, den 03. Juli 2014
Die Internationale Bauausstellung Hamburg 2006 –
2013 hat das Gesicht der Hamburger Elbinseln und
des Harburger Binnenhafens verändert. Nach acht
Jahren Arbeit legt die IBA Hamburg deshalb eine
abschließende Dokumentation ihrer Arbeit vor. Die
Werkschau „Stadt in der Stadt bauen“ gibt einen
umfassenden Überblick über den Beitrag der IBA zur
Baukultur und über die zentralen städtebaulichen und
architektonischen Fragestellungen, welche die Arbeit
der IBA Hamburg geprägt haben und weiter prägen.
Im Mittelpunkt des Buches zur Werkschau steht der visuelle
Eindruck der mehr als 60 baulichen IBA-Projekte mit
ausgewählter Architekturfotografie. Ein Ausblick zum Format
Internationale Bauausstellung wird ebenso formuliert, wie eine wichtige Aussage zur Hamburger
Stadtentwicklung südlich der Elbe getroffen wird.
Die Wohnungen sind von den Bewohnern bezogen, die Freiflächen gestaltet, die Schulkantine in
Betrieb, der Behördenumzug abgeschlossen. Der Wärmeverbund liefert Wärme aus
erneuerbaren Energien: Mit über 240 Abbildungen dokumentiert die Werkschau auf 208 Seiten
eindrucksvoll die Bauten und Projekte der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg.
„Stadt in der Stadt bauen“ will damit auf die Errungenschaften eines einzigartigen städtebaulichen
Projektes hinweisen. Die IBA Hamburg konnte mit ihren exemplarischen Projekten die aktuellen
Themen der innerstädtischen Stadtentwicklung ins nähere Blickfeld rücken: Daraus entstand eine
Verbindung von „Stadt wohnen“ und „Stadt arbeiten“ unter Einbeziehung der „Stadt Räume“.
Große Bedeutung erhalten auch die quartiersbezogenen Bildungsangebote zur Entwicklung von
Klimaschutzkonzepten, die unter anderem auf die lokale Produktion von erneuerbaren Energien
und Energieeffizienz setzen.
Die im Rahmen der IBA entwickelten „Stadt Dialoge“ wie IBA LABORE, aufsuchende Beteiligung
und das IBA-Partner Netzwerk werden ebenso dargestellt wie Projekte der kulturellen Vielfalt.
Dmit soll mit besonderem Augenmerk der ganzheitliche Denk- und Arbeitsansatz der IBA
Hamburg dokumentiert werden.
„Ziel der Stadtentwicklungspolitik wird auch nach dem Ende der Internationalen Bauausstellung
sein, die Hamburger Elbinseln und den Harburger Binnenhafen darin zu unterstützen, sich als
vielfältige, lebendige und für Veränderung aufgeschlossene Stadtteile zu entwickeln“, formuliert
Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, in seinem Grußwort. Es
wird deutlich, dass mit der IBA Hamburg GmbH als städtischer Projektentwickler für den
Hamburger Süden der begonnene Strukturwandel kontinuierlich fortgesetzt wird. „Bei früheren
Internationalen Bauausstellungen ist es selten gelungen, die Entwicklungsdynamik in der Zeit
auch nach deren Bauausstellung aufrecht zu erhalten. Anders in Hamburg.“
Uli Hellweg, Geschäftsführer der IBA Hamburg, fordert in seinem einleitenden Artikel „Stadt in der
Stadt bauen. Die Stadt des Sowohl-als-auch“, dass strategischer Stadtumbau zum Leitbild für
Architekten und Planer werden soll: „Die Zukunft der Stadt liegt im gemischten Stadtquartier für
Wohnen und Arbeiten und für alle sozialen Schichten mit hochwertigem Städtebau, innovativer
Stadttechnik, einer neuen Ästhetik der Nachhaltigkeit und einem neuen Verständnis der
bürgerlichen
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Teilhabe.“
Oberbaudirektor Jörn Walter äußert sich in seinem Beitrag zu den neuen Impulsen für die
Hamburger Stadtentwicklung. Kaye Geipel, von der Fachzeitschrift Bauwelt, wirft einen Blick auf
das Instrument einer Internationalen Bauausstellung für die Stadtentwicklung der Zukunft und
bescheinigt der IBA Hamburg „die größte und wichtigste Bauausstellung des 21. Jahrhunderts“ zu
sein.
Erscheinungstermin: Juli 2014
Beispielseiten
Stadt in der Stadt bauen
Herausgeber: Internationale Bauausstellung IBA Hamburg GmbH
208 Seiten mit ca. 240 farb. Abbildungen
Deutsch/Englisch
Jovis Verlag, ISBN 978-3-86859-285-6
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 05. Juli 2014
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Mehr Wohnungen im Jahr 2013 fertig gestelltMeldung: destatis, Wiesbaden, den 01. Juli 2014
Im Jahr 2013 wurden in Deutschland rund 214 800 Wohnungen fertig gestellt. Wie das
Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das knapp 14 400 Wohnungen oder 7,2 Prozent
mehr als im Vorjahr. Damit sind die Wohnungsfertigstellungen zum dritten Mal in Folge kräftig
gestiegen. Im Jahr 2012 hatte die Zunahme 9,5 Prozent betragen, 2011 sogar 14,6 Prozent.
In Wohngebäuden wurden 2013 insgesamt rund 188 400 Neubauwohnungen fertig gestellt
(+ 6,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2012). Die höchsten Zuwächse gab es bei Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern mit + 11,1 Prozent, gefolgt von denen in Zweifamilienhäusern mit
+ 5,9 Prozent. Die Fertigstellungen von Wohnungen in Einfamilienhäusern stiegen um
1,2 Prozent.
Der umbaute Raum der fertig gestellten neuen Nichtwohngebäude stieg gegenüber dem Jahr
2012 auf rund 189,7 Millionen Kubikmeter (+ 1,2 Prozent). Dieses Plus ist fast ausschließlich auf
die öffentlichen Bauherren (+ 9,7 Prozent) zurückzuführen. Bei den nichtöffentlichen Bauherren
nahm der umbaute Raum lediglich um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu.
Deutschland
Errichtung von Wohnungen nach Gebäudearten
Gebäudeart
Fertiggestellte Wohnungen
Jahr
Veränderung
gegenüber
Vorjahr
2013 2012 absolut in Prozent
Wohn- und Nichtwohngebäude
(alle Baumaßnahmen) 214 817 200 466 14 351 7,2
Neu errichtete Gebäude 192 276 180 611 11 665 6,5
davon:
Wohngebäude 188 397 176 617 11 780 6,7
mit 1 Wohnung 85 332 84 324 1 008 1,2
mit 2 Wohnungen 16 914 15 970 944 5,9
mit 3 oder mehr Wohnungen 78 910 71 041 7 869 11,1
Wohnheime 7 241 5 282 1 959 37,1
darunter:
Eigentumswohnungen 44 411 40 321 4 090 10,1
Nichtwohngebäude 3 879 3 994 – 115 – 2,9
Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden 22 541 19 855 2 686 13,5
Umbauter Raum bei fertiggestellten Neubauten von Nichtwohngebäuden
nach Gebäudearten und Bauherren
Gebäudeart
Umbauter Raum (1 000 m3 Rauminhalt)
Jahr
Veränderung
gegenüber
Vorjahr
2013 2012 absolut in Prozent
Nichtwohngebäude 189 660 187 486 2 174 1,2
davon:
Anstaltsgebäude 4 873 5 782 – 909 – 15,7
Büro- und Verwaltungsgebäude 14 420 10 843 3 577 33,0
Landwirtschaftliche Betriebsgebäude 34 737 33 664 1 073 3,2
Nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude 121 556 123 775 – 2 219 – 1,8
darunter:
Fabrik- und Werkstattgebäude 38 617 36 513 2 104 5,8
Handels- und Lagergebäude 72 442 76 140 – 3 698 – 4,9
Hotels und Gaststätten 2 140 2 020 120 5,9
Sonstige Nichtwohngebäude 14 075 13 421 654 4,9
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 27 - 2014
davon:
Öffentliche Bauherren 17 557 16 010 1 547 9,7
Nichtöffentliche Bauherren 172 103 171 477 626 0,4
7,2 Prozent mehr Wohnungen im Jahr 2013 fertig gestellt (PDF, 83KB)
Ergebnisse liegen im Themenbereich Bautätigkeit vor. Methodische Hinweise befinden sich in
den Erläuterungen zur Statistik.
Basisdaten und lange Zeitreihen zur Statistik der Baufertigstellungen können über die Tabelle
Baufertigstellungen im Hochbau (31121-0001) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen
werden.
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bis 19. Oktober 2014
Wunderkammer DAM - Verbindung zwischen Kunst undArchitekturFoto: © Kulturexpress
Zur rund 140 Objekte umfassenden
'Wunderkammer' im DAM zählen ebenso wie
Architekturbeispiele und Tagebuchaufzeichnungen
auch zahlreiche Highlights der Bildenden Kunst.
Neben der Zeichnung „Wrapped Reichstag“ des
Künstlers Christo finden sich frühe Zeichnungen
des Architekten Rem Koolhaas sowie Kunstwerke
der Künstler Hans Arp, Georg Baselitz, Markus
Lüpertz und Ben Willikens.
Das Kunstwerk “Wrapped Reichstag” von Christo war das erste Kunstwerk, welches Klotz für die
Museumssammlung 1979 erwarb. Die Verbindung von Kunst und Architektur ergab sich daraus,
dass zunächst das Architekturmuseum und das neu gegründete Museum für Moderne Kunst im
selben Gebäude am Schaumainkai untergebracht werden sollten. Auch nach der Aufteilung in
zwei Museen, wobei das MMK in das Eckhaus Domstraße-Braubachstraße, dem sogenannten
'Tortenstück' des Architekten Hans Hollein zog, finden Kunstausstellungen weiterhin im DAM
statt. Deshalb werden auch Kunstwerke angekauft. In der Gegenwart haben sich diese Ankäufe
immer weiter dezimiert, weil mittlerweile fast bundesweit vehemente Einsparungsklauseln den
Haushaltplan der Museen dominieren.
So steht das Architekturmuseum in Frankfurt für eine Fülle sehr unterschiedlicher Dinge. Einige
der Objekte wurden bisher nie ausgestellt. Die Ordnung in der Wunderkammer folgt zunächst der
Reihenfolge der Erwerbung durch Heinrich Klotz. Da er in seinem Tagebuch oft Preise nennt,
werden diese offengelegt.
Kurator Oliver Elser erläuterte beim Durchgang durch die
Ausstellung einzelne Werke aus der Sammlung. Das Prinzip
der Wunderkammer geht auf frühe Kunstsammlungen zurück.
Was manchmal an ein Kuriositäten Kabinett erinnert wie in der
Barockzeit üblich, als Naturwissenschaften und kühle
Ordnungsstruktur noch nicht die Sammlungen bestimmte.
Kunstwerke, Naturfunde, Instrumente, Kunsthandwerk und
vieles andere war noch nicht den unterschiedlichen
Institutionen zugeordnet, sondern erfuhr ein allumfassendes
Ordnungssystem: Die ganze Welt wurde symbolisch in einem
Raum dargestellt.
Die Nike der österreichischen Architektengruppe Haus-
Rucker-Co hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich.
1977 wird die Skulptur in Linz aufgestellt, zwei Jahre später
trotz internationaler Proteste aus der Kunst- und Kulturszene
wieder entfernt. Heinrich Klotz erwirbt die Nike 1981. Durch
den Bau der U-Bahn vor dem DAM entsteht eine Lücke in
der Platanenreihe. Dort soll die knapp acht Meter große
Aluminiumskulptur mit ihrem zehn Meter langen Stahlträger
aufgestellt werden: Als Wahrzeichen des Museumsufers und
enge Verbindung von Kunst und Architektur. Für die Aufstellung wird die Firma IBM als Sponsor
gewonnen, doch scheitert das Vorhaben am Einspruch des Ortsbeirats Sachsenhausen. Seither
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lagert die Nike im Depot. 2014 erstellt das Ingenieurbüro Bollinger + Grohmann für das DAM eine
Vorstudie, die Nike doch noch aufzustellen.
Siehe auch: Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne Siehe auch: DAM Gründungsgeschichte und Bau des Museums Siehe auch: Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall
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bis 19. Oktober 2014
Postmoderne Architektur - Katalog der Frankfurter Bauten Foto: © Kulturexpress
Die postmoderne Architektur hat Frankfurt so stark geprägt, wie kaum einen anderen
Ort in Deutschland: Schirn-Kunsthalle, Messeturm, die Bebauung der Saalgasse und
das Museum für Moderne Kunst sind nur einige Beispiele aus dieser Übersicht. Zwei
Ausstellungen in der Zeit von Heinrich Klotz halfen mit, das Leitbild Postmoderne zu
manifestieren.
Revision der Moderne – Postmoderne Architektur 1960–1980
Die Eröffnungsausstellung des DAM sorgte für Wirbel. Kritiker unterstellen Klotz, dass er sich
einseitig für die Architekten der Postmoderne einsetzt: Charles Moore, Aldo Rossi, Oswald
Mathias Ungers, Robert Venturi und Denise Scott Brown und andere. Doch Klotz beginnt den
Aufbau der DAM-Sammlung mit Frei Otto, dem Pionier leichter Tragkonstruktionen. Ihm und
anderen technologischen Visionären widmet er 1986 die große Ausstellung „Vision der Moderne“.
Vision der Moderne, 1986: Das Gegenstück zur Revision der Moderne
Von den russischen Konstruktivisten der revolutionären 1920er Jahre über die technologischen
Utopien der 1960er bis zum ökologischen Bauen der 1980er Jahre reicht das Spektrum dieser
Ausstellung. Für Heinrich Klotz war diese Architektur nicht das Gegenmodell zur Postmoderne,
die er zwei Jahre zuvor gezeigt hatte. Auch Bauwerke, die von ihrer Konstruktion bestimmt sind,
können „ausdrucksvoll“ sein. Um diesen „Ausdruck“ geht es ihm: Architektur solle nicht stumm
sein, sondern Geschichten erzählen.
Heinrich Klotz richtete zu Lebzeiten seinen Blick stets auf die Architektur, wobei er die Auffassung
vertrat, dass Bauwerke nicht isoliert dargestellt werden dürfen. Im Unterschied zu vielen
Architekturfotografen, Kunsthistorikern und Architekten fotografierte er auch die Menschen und
die Umgebung eines Gebäudes. Dadurch entstand eine laienhafte Note, die den
unterschiedlichen Bauten etwas lebendiges abgewinnt. Seine Diapositive verwendete er dann für
Vorträge, Bücher und Ausstellungen. Sie werden an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
aufbewahrt und sind online zugänglich:
.
Nicht nur einzelne Objekte, sondern auch ihre Inszenierung im Wandel der Zeit ist Gegenstand
der Ausstellung. So gibt es eine charakteristische „Koje“ der Eröffnungs-Ausstellung "Die
Revision der Moderne – Postmoderne Architektur 1960–1980". Diese Inszenierung war so
umstritten wie die Architektur der Postmoderne selbst. Dass hiermit nicht nur ein anderer Baustil
gemeint war, sondern eine veränderte Haltung vieler Architekten, brachte Klotz auf die Formel:
"Die nackten Kästen der modernen Zweckarchitektur fordern als Antwort Formphantasie und
Formklischee heraus".
Heinrich Klotz ist an zahlreichen Wettbewerben als Preisrichter beteiligt gewesen. Die Architektur
Frankfurts wird immer mehr internationalisiert. Amerikaner, Österreicher, Schweizer und Italiener
bauen mit am neuen „Neuen Frankfurt“, wie das Bauprogramm in Anspielung auf das Neue
Frankfurt der 1920er Jahre genannt wird.
Postmoderne Architektur wurde auch angefeindet und verpönt wegen ihrer Verspieltheit. Wer soll
das bezahlen? Aus heutiger Sicht hat sich die von Heinrich Klotz geforderte pluralistische
Grundhaltung dagegen durchgesetzt: Ironie, Pop-Motive und historische Zitate sind in der
zeitgemäßen Bauweise längst akzeptiert. Architekten haben durch die Postmoderne gelernt und
die Möglichkeit erhalten von ihrem strengen Limit abzuweichen und freizügiger zu gestalten,
wenn dies verlangt ist.
Messe-Torhaus/Galleria,
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 27 - 2014
Messehalle 9 – Oswald
Mathias Ungers, 1984/
Messeturm – Helmut Jahn,
1990
Die Bauten von O.M. Ungers für
die Messe setzen
unverwechselbare Zeichen: Bei
der Galleria greift er den Bautyp
der glasgedeckten Passage auf
und schafft einen prägnanten
Aufenthaltsort zwischen den rein
funktionalen Ausstellungshallen. Das Torhaus ist gleichzeitig Tor und Turm, fragil und massiv –
und ist auf diese, sehr postmoderne Weise, „erzählerisch“. Beim Messeturm kann Heinrich Klotz
seinen Favoriten Helmut Jahn durchsetzen – obwohl Ungers in der Jurysitzung strikt dagegen ist.
Dom-Römer-Bereich/Schirn Kunsthalle –
Bangert Jansen Scholz Schultes, 1986
Saalgasse – diverse Architekten, 1989
1979 findet der Wettbewerb zur Schirn-
Kunsthalle statt, bei dem der bereits
beschlossene Wiederaufbau der
Fachwerkhäuser am Römer nochmals zur
Diskussion gestellt wird. In der Jury gibt es ein
„Gerangel“, schreibt Heinrich Klotz, der als
Sachverständiger daran teilnimmt. Statt aber
die Fachwerkhäuser der Römerberg-Ostzeile mit einem „Modernen Entwurf“ zu interpretieren,
fällt die Entscheidung, die Saalgasse zu bauen – ein Probelauf für die „Neue Altstadt“, die seit
2014 entsteht?
Deutsche Bundesbank, Hauptverwaltung in Hessen – Jourdan & Müller mit Berghof
Landes Rang, 1988
1987 wird dem Reichsbankgebäude an der Taunusanlage ein postmoderner Bürokomplex zur
Seite gestellt. Das Gebäude hat einen kammförmigen Grundriss. Die Bürotrakte werden durch
kleine Höfchen gegliedert. Die zentrale, glasgedeckte Halle erinnert an die Galleria, die O.M.
Ungers auf dem Messegelände errichtet hat. Die Fassade ist mit zeittypischen Zierelementen
gegliedert. Bis heute ist die postmoderne Inneneinrichtung erhalten geblieben – und kann im
Rahmen der DAM-Touren besichtigt werden.
Stadtplanungsamt Museum Judengasse – Ernst Gisel, 1990
Das Stadtwerke-Gebäude entsteht auf dem Gelände der ehemaligen Stadtmauer und des
jüdischen Ghettos. Die geschlossene Fassade aus unverputzten Ziegelsteinen soll die
Stadtmauer neu interpretieren. Der Schwung des Dachabschlusses setzt ein auffälliges Zeichen
an der Verkehrsschneise der Kurt-Schumacher-Straße. Beim Bau werden Überreste des
jüdischen Ghettos freigelegt. Der darauf folgende „Börneplatz-Konflikt“ führt zur Integration des
Museums Judengasse und zum Bau der Gedenkstätte Neuer Börneplatz.
Saalbau Gutleut – Berghof Landes Rang, 1990
Die Fassaden der Wohnbebauung am Westhafen sind unterteilt durch halbrunde Glaserker,
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knallbunte Fensterfelder und rote Stützen. Rundfenster markieren die Treppenhäuser über den
unterschiedlich gestalteten Eingängen. Der Pavillon des Saalbau Gutleut ist über einen
Durchgang mit den Wohnhäusern verbunden. Hinter der gewellten Mauer und dem Fensterkranz
liegt der Festsaal. Bekrönt von einem goldenen Hut und über eine runde Eingangsöffnung
erschlossen vereinen sich hier gleich mehrere Schmuckformen der Postmoderne.
Deutsches Architekturmuseum – Oswald Mathias Ungers, 1984
Zur Eröffnung des DAM äußert sich sein Architekt O.M. Ungers kritisch zur „Postmoderne“: Damit
habe er nichts zu tun. Doch Ungers hat unbestreitbar ein Gebäude entworfen, das wie eine
Geschichte gelesen werden kann – ein typisches Merkmal der Postmoderne: Das „Haus im Haus“
als Urtypus der Architektur, die Verschachtelung hinter der Mauer als „Stadt im Kleinen“. Heinrich
Klotz wünscht sich zusätzlich ein starkes Zeichen. Doch die Aufstellung der Nike konnte bis
heute nicht durchgesetzt werden.
Deutsches Filmmuseum – Helge Bofinger, 1984-2009
Film- und Architekturmuseum entstehen als siamesische Zwillinge: Sie werden zeitgleich geplant,
sind mit einem Durchgang verbunden und teilen sich die Heizungsanlage. Die Sandsteinarkade
des DAM wird von Helge Bofinger, dem Architekten des Filmmuseums, als verbindendes Element
aufgenommen. Bei beiden Museen wird das Innere der Villenarchitektur aus den Jahren
1910/1912 komplett entfernt und ein „Haus im Haus“ eingefügt. Bofingers Werk wurde bei einem
erneuten Umbau ab 2009 vollständig abgerissen.
Museum für Kommunikation – Günter Behnisch, 1990
Sehr technisch mutet der Glas- und Betonkubus mit seiner Antenne auf dem Dach an – ein
Fremdkörper, der zwischen den Altbauvillen gelandet ist. Ein verglaster schräger Zylinder nimmt
die offene Treppenanlage auf und leitet zu den Ausstellungsräumen über, die aus Platzgründen
unter die Erde verlegt sind. Postmoderne Elemente sind erst auf den zweiten Blick zu finden:
Beispielsweise wird der klassische Travertin-Eingangssockel durch eine schräg angesetzte
Stahltreppe ironisch kommentiert.
Erweiterungsbau des Städelmuseums – Gustav Peichl, 1991
Der Erweiterungsbau steht im Spagat: Auf der
einen Seite die Anforderungen einer großen,
geschlossenen Box, die Ausstellungsräume
enthält – und demgegenüber der Wunsch, ein
Foyer und einen markanten Eingang zu
schaffen. Dieser wird daher mit einem Schlitz
vom Rest der Fassade abgesetzt, die aus einer
geschlossenen Marmorfläche besteht. Der
Eingang könnte auch ein Werk der Wiener
Reformarchitektur um 1910 sein. Das übrige
Gebäude hingegen zelebriert seine Funktion als Safe für die Kunst.
Liebieghaus (Erweiterung) – Scheffler und Warschauer, 1990
Ende des 19. Jahrhundert lässt sich Heinrich Baron von Liebieg vom Architekten Leonhard
Romeis eine Villa am Main errichten. Seit 1908 ist dort die Skulpturensammlung der Städtischen
Galerie untergebracht. Die Erweiterung um einen Galerieflügel (1909) bleibt unvollendet bis zum
Jahr 1990. An dem Erweiterungsbau ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, was neu
hingekommen ist. Das Weiterbauen ohne sichtbare Brüche zählt zu den noch heute aktuellen
Errungenschaften der Postmoderne.
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Jüdisches Museum – Ante Josip von Kostelac, 1989
Das Jüdische Museum ist von allen neuen Kulturbauten der 1980er Jahre derjenige mit den
behutsamsten Eingriffen in die vorhandene Altbausubstanz. Nach anfänglichen Plänen, eine
große Treppe im Inneren einzufügen, erfolgt die Restaurierung der Innenräume. Lediglich das
Foyer und die darüber liegenden Flächen werden als neue Raumgitterstruktur eingefügt.
Gegenwärtig wird eine Erweiterung geplant.
Archäologisches Museum – Josef Paul Kleihues, 1989
Die Zeichnungen, die Klotz erwirbt, zeigen den Wettbewerbsentwurf, mit dem sich Josef Paul
Kleihues beim Museum für Vor- und Frühgeschichte erfolgreich gegen sechzig andere
Teilnehmer durchsetzt. Das Bewerberfeld ist international, es nehmen auch Peter Cook/Christine
Hawley und Adolfo Natalini daran teil. Die Steinfassade erinnert mit den sichtbar aufgeschraubten
Platten daran, dass sie nicht massiv ist – sondern nur eine Verkleidung.
Museum für Moderne Kunst (MMK) – Hans Hollein, 1991
Das Museum für Moderne Kunst (MMK) soll zunächst unter einem Dach mit dem DAM
untergebracht werden. Ein größerer Raumbedarf und wenig später der Kauf der Kunstsammlung
Ströher machen einen Neubau nötig. In dem offenen Wettbewerb, bei dem Heinrich Klotz als
Fachpreisrichter teilnimmt, werden 98 Arbeiten eingereicht. Hans Holleins Entwurf ist außen
postmoderner als innen, wo dramatische Raumfolgen mehr Erlebnisse bieten als ein Spiel mit
Zitaten der Architekturgeschichte.
Literaturhaus – Marie-Theres Deutsch und Klaus Dreissigacker, 1987-2003
Fragment und Zitat, zwei Merkmale postmoderner Architektur, kommen bei der Portikus-
Kunsthalle aus einer anderen Richtung ins Spiel: Der Portikus, also der von Säulen und Giebel
gebildete Eingang, ist der einzige Überrest der im Krieg zerstörten Stadtbibliothek. Dahinter
entsteht 1987 ein Ausstellungspavillon, den der Direktor der Städelschule, Kaspar König, zur
Bedingung seines Amtsantritts macht. 2003–2005 entsteht hinter dem Portikus das Literaturhaus;
die Kunsthalle zieht auf die Maininsel.
Ikonenmuseum – Oswald Mathias Ungers, 1990
Im Ikonenmuseum im Deutschordenshaus klingt das gestalterische Prinzip des DAM – das „Haus
im Haus“ – leise an. In dem ehemaligen Refektorium ist es eher ein in den Raum eingestelltes
„Regal“, mit dem O.M. Ungers auf zwei Ebenen Ausstellungsflächen schafft. Bei der
Innenausstattung sind alle Elemente auf ein Quadratraster abgestimmt.
Museum Angewandte Kunst – Richard Meier, 1985
Als größter Neubau des Museumsufers wird die Villa
Metzler 1985 zum Museum für Kunsthandwerk
erweitert. An dem beschränkten Wettbewerb
beteiligen sich neben drei deutschen Architekten
auch Richard Meier und Venturi, Rauch and Scott
Brown aus den USA sowie Hans Hollein, Wien. Klotz
ist Fachpreisrichter und versucht Robert Venturi
durchzusetzen. Es heißt, Richard Meiers Entwurf ist
postmodern auf eigene Weise: Nicht einfach zu
verstehen, was an diesem Bau postmodern ist.
Vielmehr steckt ein Stück amerikanische Architektur auf deutschem Boden in dem Haus. Die Villa
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Metzler, die neben dran als historischer Bau steht, wird zum Modul des Entwurfs und taucht im
Neubau als Zitat auf.
Siehe auch: Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne Siehe auch: DAM Gründungsgeschichte und Bau des Museums Siehe auch: Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 27 - 2014
Bundestag beschließt EEG-NovelleMeldung: Deutscher Bundestag, Berlin, den 27. Juni 2014
Die Regierungskoalition im Deutschen Bundestag will den Ausbau erneuerbarer
Energien stärker forcieren. Am 27. Juni 2014, Freitag der Fußball-WM in Brasilien,
befasste sich der Bundestag mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG) einschließlich der besonderen Ausgleichsregelung und den Mindestabständen
von Windenergieanlagen, um abschließend darüber abzustimmen.
Nach einstündiger Debatte standen mehrere Gesetzentwürfe konkret an, mit denen die
Energiewende vorangebracht und zugleich die Kostendynamik bei den Strompreisen gebremst
werden soll. Dazu wurden Beschlussempfehlungen durch Wirtschafts- und Umweltausschuss
vorgelegt. Insgesamt waren an diesem Tag sechs Abstimmungen vorgesehen.
Energieversorgung ohne Atomstrom
Bedeutendste Neuregelung ist der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf zur
grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und Änderung weiterer
Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts. Damit soll die Entwicklung zu einer
Energieversorgung ohne Atomstrom und mit stetig wachsendem Anteil erneuerbarer Energien
gestärkt fortgesetzt werden.
Ziel ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien an der deutschen Stromversorgung stetig zu
erhöhen. Die nächsten Jahrzehnte sollen mindestens 80 Prozent des deutschen
Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden.
Ausbaupfad für Energieerzeugungsanlagen erhöht
So soll die installierte Leistung der Windenergieanlagen an Land und der Fotovoltaik jeweils um
2.500 Megawatt pro Jahr erhöht werden. Die installierte Leistung von Windenergieanlagen auf
See soll auf insgesamt 6.500 Megawatt im Jahr 2020 und 15.000 Megawatt im Jahr 2030 steigen.
Vergütungen für Neuanlagen sollen reduziert werden
Der Zuwachs an installierter Leistung der Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biomasse soll
begrenzt werden, um die biologische Vielfalt zu erhalten. Um die Höhe der EEG-Umlage, die von
den Stromkunden aufgebracht werden muss, stabil zu halten, sollen die Vergütungen für
Neuanlagen reduziert und Änderungen für Eigenstromerzeuger vorgenommen werden. Diese
Umlage hat den Betreibern von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie im letzten Jahr
Vergütungen in Höhe von 22,8 Milliarden Euro eingebracht.
Ebenfalls abgestimmt wird über die wortgleichen, von Bundesregierung sowie den
Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Reform der
'Besonderen Ausgleichsregelung' für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen. Damit
sollen stromintensive Unternehmen in diesem Jahr um rund fünf Milliarden Euro entlastet werden.
Deutschland soll wettbewerbsfähiger Industriestandort bleiben
Anträge auf Reduzierung der EEG-Umlage können Unternehmen aus den Branchen stellen, die
von den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission als strom- und handelsintensiv
eingestuft worden sind. Die Branchen sind auf zwei Listen zusammengestellt worden. Außerdem
soll der Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung der Unternehmen einen Mindestanteil
aufweisen. Für die Unternehmen gibt es eine Reihe von Übergangs- und Härtefallregelungen.
Mindestabstände zu Wohngebieten
Als weitere Vorlage stand der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur
Einführung einer Länderöffnungsklausel zur Vorgabe von Mindestabständen zwischen
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 27 - 2014
Windenergieanlagen und zulässigen Nutzungen auf der Tagesordnung. Damit soll das
Baugesetzbuch derart geändert werden, dass die Bundesländer Mindestabstände zwischen
Windenergieanlagen und Wohngebieten festlegen können. Angesichts der zunehmenden Höhe
solcher Anlagen soll Bezug genommen werden auf die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung, die
vielfach die Entfernung solcher Windenergieanlagen zu Wohnhäusern der Umgebung als
Grenzziehung ansieht, schreibt die Bundesregierung.
Antrag der Linksfraktion
Außerdem ging es um einen Antrag der Fraktion 'Die Linke', die eine Zurücknahme der EEG-
Novelle fordert. In einer Neufassung sollen nach dem Willen der Fraktion die „unberechtigten
Industrie-Rabatte" zulasten der Privathaushalte abgeschafft werden. Allerdings verlangt die
Fraktion, dass der internationale Wettbewerb berücksichtigt wird und Arbeitsplätze nicht
leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Was wie oft bei Anträgen aus der Opposition abgelehnt
wurde.
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 30. Juni 2014
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 27 - 2014