kurzkommentar zum sgb viii kinder- und jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · kurzkommentar zum sgb...

29
Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried Möller, Christoph Nix 1. Auflage 2006. Taschenbuch. 350 S. Paperback ISBN 978 3 8252 2859 0 Format (B x L): 12 x 18,5 cm Recht > Sozialrecht > SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

Upload: others

Post on 05-Jun-2021

5 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe

Kinder- und Jugendhilfe

Bearbeitet vonWinfried Möller, Christoph Nix

1. Auflage 2006. Taschenbuch. 350 S. PaperbackISBN 978 3 8252 2859 0

Format (B x L): 12 x 18,5 cm

Recht > Sozialrecht > SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

als 8 Millionen Produkte.

Page 2: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried
Page 3: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

2859

Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage

Beltz Verlag Weinheim · BaselBöhlau Verlag Köln · Weimar · WienWilhelm Fink Verlag MünchenA. Francke Verlag Tübingen und BaselHaupt Verlag Bern · Stuttgart · WienLucius & Lucius Verlagsgesellschaft StuttgartMohr Siebeck TübingenC. F. Müller Verlag HeidelbergErnst Reinhardt Verlag München und BaselFerdinand Schöningh Verlag Paderborn · München · Wien · ZürichEugen Ulmer Verlag StuttgartUVK Verlagsgesellschaft KonstanzVandenhoeck & Ruprecht Göttingenvdf Hochschulverlag AG an der ETH ZürichVerlag Barbara Budrich Opladen · Farmington HillsVerlag Recht und Wirtschaft Frankfurt am MainWUV Facultas Wien

Page 4: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Winfried Möller, Christoph Nix (Hg.)

Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe

Bearbeitet von Manfred Busch, Dietmar Fehlhaber, Gerhard Fieseler, Ernst Fricke, Petra Hartleben-Baildon, Winfried Möller, Christian Müller, Christoph Nix, Ralf Witte

Ernst Reinhardt Verlag München Basel

Page 5: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.UTB-ISBN 10: 3-8252-2859-2 ISBN 10: 3-497-01859-7UTB-ISBN 13: 978-3-8252-2859-0 ISBN 13: 978-3-497-01859-8

© 2006 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgeset-zes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG,München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti-gungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und fürdie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Satz: Fotosatz Reinhard Amann, AichstettenDruck: Ebner & SpiegelPrinted in GermanyISBN: 978-3-8252-2859-0 (UTB Bestellnummer)

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 MünchenNet: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Page 6: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

1 Kurze Geschichte der Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Exkurs: Die Jugendhilfe in der ehemaligen DDR . . . . . . . . . . . . 193 Über das Auslegen von Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Erstes Kapitel: Allgemeine Vorschriften . . . . . . . . . . . . 22

Zweites Kapitel: Leistungen der Jugendhilfe . . . . . . . . . . 60

Erster Abschnitt: Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit,erzieherischer Kinder- und Jugendschutz 60

Zweiter Abschnitt: Förderung der Erziehung in der Familie 82Dritter Abschnitt: Förderung von Kindern in Tagesein-

richtungen und in Kindertagespflege . . 104Vierter Abschnitt: Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe

für seelisch behinderte Kinder undJugendliche, Hilfe für junge Volljährige 134

Erster Unterabschnitt: Hilfe zur Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 134Zweiter Unterabschnitt: Eingliederungshilfe für seelisch

behinderte Kinder und Jugendliche . . . . 168Dritter Unterabschnitt: Gemeinsame Vorschriften für die Hilfe

zur Erziehung und die Eingliederungshilfefür seelisch behinderte Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

Vierter Unterabschnitt: Hilfe für junge Volljährige . . . . . . . . . . . . 187

5

Page 7: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Drittes Kapitel: Andere Aufgaben der Jugendhilfe . . . . . . . . . . . 190

Erster Abschnitt: Vorläufige Maßnahmen zum Schutz vonKindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . 190

Zweiter Abschnitt: Schutz von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege und in Einrichtungen 195

Dritter Abschnitt: Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren 229Vierter Abschnitt: Beistandschaft und Vormundschaft für

Kinder und Jugendliche,Auskunft überNichtabgabe von Sorgeerklärungen . . . 248

Fünfter Abschnitt: Beurkundung und Beglaubigung,vollstreckbare Urkunden . . . . . . . . . . . . 278

Viertes Kapitel: Schutz von Sozialdaten . . . . . . . . . . . . . 284

Fünftes Kapitel: Träger der Jugendhilfe, Zusammenarbeit, Gesamtverantwortung . . . . . . . . . . . . . . 298

Erster Abschnitt: Träger der öffentlichen Jugendhilfe . . . . 298Zweiter Abschnitt: Zusammenarbeit mit der freien

Jugendhilfe, ehrenamtliche Tätigkeit . . 310Dritter Abschnitt: Vereinbarungen über Leistungsangebote,

Entgelte und Qualitätsentwicklung . . . . 320Vierter Abschnitt: Gesamtverantwortung,

Jugendhilfeplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

Sechstes Kapitel: Zentrale Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 359

Siebtes Kapitel: Zuständigkeit, Kostenerstattung . . . . . 363

Erster Abschnitt: Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . 363Zweiter Abschnitt: Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . 365Erster Unterabschnitt: Örtliche Zuständigkeit für Leistungen . . 367Zweiter Unterabschnitt: Örtliche Zuständigkeit für andere

Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384Dritter Unterabschnitt: Örtliche Zuständigkeit bei Aufenthalt

im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393Dritter Abschnitt: Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394

6 Inhalt

Page 8: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Achtes Kapitel: Kostenbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411

Erster Abschnitt: Pauschalierte Kostenbeteiligung . . . . . . 411Zweiter Abschnitt: Kostenbeiträge für stationäre und

teilstationäre Leistungen und vorläufige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 414

Dritter Abschnitt: Überleitung von Ansprüchen . . . . . . . . . 422Vierter Abschnitt: Ergänzende Vorschriften . . . . . . . . . . . . 423

Neuntes Kapitel: Kinder- und Jugendhilfestatistik . . . . . . 427

Zehntes Kapitel: Straf- und Bußgeldvorschriften . . . . . . 440

Verzeichnis der BearbeiterInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463

Inhalt 7

Es haben bearbeitet:

Manfred Busch – §§5, 8, 8a, 61 bis 68, 74a • Manfred Busch/GerhardFieseler – §§3, 4, 75 bis 76 • Dietmar Fehlhaber – §§22 bis 26 •Gerhard Fieseler – §§9, 10, 33, 41, 50, 74 • Ernst Fricke – §§90 bis97c • Petra Hartleben-Baildon – §§11 bis 15, 27 bis 32, 35 • WinfriedMöller – §§6, 7, 43 bis 49, 52, 85 bis 89h • Christian Müller – §§17,18, 51, 52a, 59, 60 • Christoph Nix – Einleitung, §§1, 2, 16, 19 bis 21,34, 35a bis 40, 42, 69 bis 73, 77, 78, 104, 105 • Ralf Witte – §§53 bis58a, 78a bis 84, 98 bis 103

Page 9: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Abkürzungsverzeichnis

ABl. EG Amtsblatt der Europäischen GemeinschaftenAdVermiG AdoptionsvermittlungsgesetzAE AufenthaltserlaubnisAFET-MR Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfe-Mitglieder-

RundbriefAFG ArbeitsförderungsgesetzAG ArbeitsgerichtAGKJHG Ausführungsgesetz zum KJHGAGKJHG-LSA Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-AnhaltAGOLJB Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesjugend-

behördenAK-BGB Alternativkommentar zum BGBAK-GG Alternativkommentar zum Grundgesetz1. Änd. 1. ÄnderungAlt. AlternativeAnm. AnmerkungAO AbgabenordnungARB 1/80 Assoziationsratsbeschluss 1/80ASD Allgemeiner SozialdienstAsylVfG AsylverfahrensgesetzAT Allgemeiner TeilAufenthG AufenthaltsgesetzAufnahme RL AufnahmerichtlinieAuslG AusländergesetzBAFöG BundesausbildungsförderungsgesetzBAG BundesarbeitsgerichtBayKJHG Bayerisches Kinder- und JugendhilfegesetzBayObLG Bayerisches Oberstes LandesgerichtBayObLGZ Entscheidungen des BayObLG in ZivilsachenBayVGH Bayerischer VerwaltungsgerichtshofBDSG BundesdatenschutzgesetzBerlAGKJHG Berliner Ausführungsgesetz zum KJHGBErzGG BundeserziehungsgeldgesetzBeurkG BeurkundungsgesetzBGB Bürgerliches GesetzbuchBGBl. BundesgesetzblattBGH BundesgerichtshofBGHSt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Straf-

sachen (Amtliche Sammlung)

8

Page 10: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivil-sachen (Amtliche Sammlung)

BHO BundeshaushaltsordnungBKGG BundeskindergeldgesetzBLK Bund-Länder-KommissionBMFG Bundesministerium für Familie und GesundheitBMFJ Bundesministerium für Familie und JugendBMJFFG Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen,

GesundheitBR BundesratbrandbgAGKJHG brandenburgisches Ausführungsgesetz zum KJHGBR-Drucks. BundesratsdrucksacheBSG BundessozialgerichtBSHG BundessozialhilfegesetzBStatG BundesstatistikgesetzBT-Drucks. BundestagsdrucksacheBtG BetreuungsgesetzBVFG BundesvertriebenengesetzBVerfG BundesverfassungsgerichtBVerfGE Entscheidungen des BVerfG (Amtliche Sammlung)BVerwG BundesverwaltungsgerichtBVerwGE Entscheidungen des BVerwG (Amtliche Sammlung)BZRG BundeszentralregistergesetzDAVorm Der AmtsvormundDIJuF Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familien-

recht e. V., HeidelbergDJ deutsche jugendDKSB Deutscher KinderschutzbundDV Deutscher Verein für öffentliche und private

FürsorgeDVBl. Deutsches VerwaltungsblattEGBGB Einführungsgesetz zum BGBEGMR Europäischer Gerichtshof für MenschenrechteEinglH-VO Eingliederungshilfe Verordnung nach §60 SGB XIIFamG FamiliengerichtFamRZ Zeitschrift für das gesamte FamilienrechtFE FürsorgeerziehungFEVS Fürsorgerechtliche Entscheidungen der

Verwaltungs- und SozialgerichteFEH Freiwillige ErziehungshilfeFGB Familiengesetzbuch (der DDR)FGG Gesetz über die freiwillige GerichtsbarkeitForE Forum ErziehungshilfenFuR Familie und Recht (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis 9

Page 11: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

GBl. GesetzblattGG GrundgesetzGK-SGB VIII Fieseler/Schleicher/Busch (Hrsg.)

Gemeinschaftskommentar zum SGB VIIIgrds. grundsätzlichGVBl. Gesetz- und VerordnungsblattGVOBl.Schl. Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holsteinh. M. herrschende MeinungHDSG hessisches DatenschutzgesetzHeimG HeimgesetzHessAGKJHG Hessisches Ausführungsgesetz zum KJHGHS Halbsatzi. S. d. im Sinne des/deri. V.m. in Verbindung mitInfAuslR Informationsbrief AusländerrechtJA JugendamtJÄ JugendämterJArbSchG JugendarbeitsschutzgesetzJGG JugendgerichtsgesetzJGGÄndG Gesetz zur Änderung des JGGJGH JugendgerichtshilfeJH JugendhilfeJHA JugendhilfeausschussJHVO Jugendhilfeverordnung (der DDR)JÖSchG Gesetz zum Schutz der Jugend in der ÖffentlichkeitJuSchG JugendschutzgesetzJWG Gesetz für Jugendwohlfahrt, Jugendwohlfahrts-

gesetzKEG Gesetz zur Entlastung der Kommunen im sozialen

Bereich – Entwurf (BT-Drs. 15/4532)KG KammergerichtKGSt. Kommunale GemeinschaftsstelleKICK Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und

JugendhilfeKiFöG KinderförderungsgesetzKita KindertagesstätteKitaG KindertagesstättengesetzKJ Kritische JustizKJHG Kinder- und JugendhilfegesetzLG LandgerichtLHO LandeshaushaltsordnungLJA LandesjugendamtLJÄ LandesjugendämterLPK-BSHG Lehr- und Praxiskommentar zum BSHG

10 Abkürzungsverzeichnis

Page 12: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

LSG LandessozialgerichtLSV LandschaftsverbandLVwVfG LandesverwaltungsverfahrensgesetzLWV LandeswohlfahrtsverbandMassenzustromRL MassenzustromsrichtlinieMüKo Münchner KommentarMSA Haager Minderjährigenschutzabkommenm. w.N. mit weiteren NachweisenND Nachrichtendienst des Deutschen Vereins (bis 1945)Nds., nds. Niedersachsen, niedersächsischNdsAGKJHG Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum KJHGNDV Nachrichtendienst des Deutschen VereinsNE Niederlassungserlaubnisne. nichtehelichNJW Neue Juristische WochenschriftNSV Nationalsozialistische VolksfürsorgeNVwZ-RR Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht –

RechtsprechungsreportOEG OpferentschädigungsgesetzOLG OberlandesgerichtOVG OberverwaltungsgerichtOVG NW Oberverwaltungsgericht Nordrhein-WestfalenOWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeitenö.R. öffentliches Rechtöff.-rechtl. öffentlich-rechtlichPStG PersonenstandsgesetzRBerG RechtsberatungsgesetzRE ReferentenentwurfReg-Begr. RegierungsbegründungRegE RegierungsentwurfRdJB Recht der Jugend und des BildungswesensRdnr. RandnummerRGBI. ReichsgesetzblattRJWG ReichsjugendwohlfahrtsgesetzRPfleger Der RechtspflegerRpflG RechtspflegegesetzRsDE Beiträge zum Recht der sozialen Dienste und

EinrichtungenRspr. RechtsprechungRVO ReichsversicherungsordnungSch-Sch-Bearbeiter Schönke-Schröder – Kommentar zum Strafgesetz-

buchSDS Sozialistischer Deutscher StudentenbundSGB Sozialgesetzbuch (römische Zahl = Buch des SGB)

Abkürzungsverzeichnis 11

Page 13: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

SGG SozialgerichtsgesetzSPFH Sozialpädagogische FamilienhilfeStA Staatsanwaltschaft/StaatsanwaltStGB StrafgesetzbuchStPO Strafprozessordnungstr. streitig StV Strafverteidiger (Zeitschrift)TAG TagesbetreuungsausbaugesetzTuP Theorie und Praxis der sozialen ArbeitThürKJHAG Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungs-

gesetzUVG UnterhaltsvorschussgesetzVA VerwaltungsaktVAH Vorläufige Anwendungshinweise des Bundesminis-

teriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz undzum Freizügigkeitsgesetz/EU, Stand: 22.12.2004

VG VerwaltungsgerichtVGH VerwaltungsgerichtshofVO VerordnungVormG VormundschaftsgerichtVwGO VerwaltungsgerichtsordnungVwVfG VerwaltungsverfahrensgesetzWoGG WohngeldgesetzZfF Zeitschrift für das FürsorgewesenZfJ Zentralblatt für JugendrechtZJJ Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und JugendhilfeZPO Zivilprozessordnung

12 Abkürzungsverzeichnis

Page 14: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Vorwort

15 Jahre ist es her,als eine frühere Ausgabe als Kurzkommentar KJHGerschien. Mittlerweile ist der Markt der Kommentare und Lehrbüchererheblich größer geworden. Unser damaliger Anspruch, nicht nur dieErsten, sondern auch kurz gefasst und verständlich, kritisch und kos-tengünstig zu sein, ist uns nur unvollkommen gelungen.Vieles liest sichheute mit einem Lächeln auf den Lippen. Wir danken den damaligenAutorinnen und Autoren. Die Ausgabe von 1991 war rasch vergriffen,aber wir Herausgeber hatten andere Lebensaufgaben zu bewältigen.Jetzt, da wir beide wieder in der Lehre tätig sind und die Soziale Arbeitmit Kindern und Jugendlichen Zeichen von Erschöpfung aufweist,macht ein Neuanfang auch Sinn. Nichts geht über ein gut zusammen-arbeitendes Team anstelle hochschulpolitischer Verteilungskämpfe.Daher sind wir sehr froh darüber, dass Manfred Busch und GerhardFieseler zu uns gestoßen sind und nun auf zwei Kommentare verwei-sen können, mit Petra Hartleben-Baildon und Dietmar Fehlhaberwird die Fraktion der Sozialen Arbeit gestärkt, Ralf Witte repräsen-tiert die kirchliche Seite der Jugendhilfe und unser Kollege ChristianMüller macht aus dem KK-SGB VIII fast einen Hannoveraner Kom-mentar, wäre da nicht Ernst Fricke aus dem Süden der Republik undzugleich Schlichter in Mecklenburg-Vorpommern.

Also machen wir uns auf den Weg: neun Autoren und Autorinnenkommentieren ein Gesetz in einem gesellschaftlichen Feld, das allzuoft ohne Lobby ist und immer noch eher mit Strafe und Restriktionauskommt, als mit Menschenliebe und sozialstaatlicher Sprengkraft.

Der Einfachheit halber und für eine bessere Lesbarkeit haben wirbei Berufsbezeichnungen usw. jeweils nur die männliche Form ver-wendet. Natürlich sind aber jedes Mal sowohl Frauen als auch Männergemeint.

Winfried Möller, Christoph Nix Hannover/Konstanz, im September 2006

13

Page 15: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried
Page 16: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Einleitung

1 Kurze Geschichte der Reform

Am 1.1.1991 ist das Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugend-hilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz – KJHG) und als dessenBestandteil das Achte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) inKraft getreten. Drei Monate später erschien als erster Gesetzeskom-mentar der KK-KJHG. Die damaligen Autoren waren skeptisch, wardoch die Reform des Jugendhilferechts in der BRD auch die Ge-schichte einer systematischen Reformverhinderung.

Bereits das am 9.7.1922 (RGBl.1, 633) in Kraft getretene Reichsju-gendwohlfahrtsgesetz (RJWG) war das Ergebnis eines Kompromissesverschiedener weltanschaulicher und religiöser Strömungen. Es hattedie leibliche, seelische und gesellschaftliche Tüchtigkeit des deutschenKindes in das Zentrum seines Auftrages gesetzt. Das RJWG war nichtbestimmt vom ideengeschichtlichen Schub der Reformpädagogik, diesich zu Anfang unseres Jahrhunderts zu entwickeln begann, vielmehrblieb das erste deutsche Jugendhilfegesetz schon damals weit hinter„den Vorstellungen von einem großen Jugendgesetz, das das Jugend-kriminalrecht eingeschlossen hätte, zurück.“ Das Gesetz trat erst am1.4.1924 in Kraft und stand gleich zu Beginn unter einer Notverord-nung, die mit der damaligen Finanzsituation des deutschen Reichesbegründet wurde. Die Trias von Leib, Seele und Gesellschaft, die unterdem Gebot der Tüchtigkeit stand, war in §1 RJWG normiert und bliebdurch alle Zeiten, der Weimarer Republik, des deutschen Faschismusund der Nachkriegsdemokratie der BRD hinweg „das Gebot derStunde“. Das Wort von der „Tüchtigkeit des deutschen Kindes“ istmehr als ein antiquierter Begriff, weckt Assoziationen an Konzepteder schwarzen Pädagogik und wich zum 1.1.1991 einer modernerenFormulierung, wobei an Stelle des deutschen Kindes der „jungeMensch“, frei von nationaler Bestimmung, getreten ist.

Das JWG entstammte dem ordnungs- und polizeirechtlichen Blick,Störungen waren zu beseitigen und Kindheit oder Jugend waren v. a.relevant, wenn es um den Pflegekinderschutz ging oder die strafrecht-lichen Gesichtspunkte der Fürsorgeerziehung. Zum Teil wird der Be-

15

1

2

Page 17: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

ginn der Geschichte einer administrativen Jugendhilfe mit Einführungder Schulpflicht oder dem sukzessiven Verbot der „Kinderarbeit“ inden Jahren 1839, 1853 oder 1869 notiert. Die uns aus den Bildern unse-rer Geschichtsbücher entgegenblickende Not der proletarischen Kin-der (Rühle 1911) zu beenden, entsprang jedoch weniger einem huma-nitären Gefühl, einem kollektiven menschlichen Impuls als vielmehreinem Effizienzgedanken sich kapitalistisch entwickelnder Industrieund des Militärs, die auch für die Zukunft noch Arbeitskräfte, Solda-ten und keine zermarterten Kinderleiber brauchten.

Erst um die Jahrhundertwende organisierte sich die kulturkritische„Reformpädagogik“ zu einer Art Jugendfürsorgebewegung. DieseBewegung drängt auf Vereinheitlichung und Verselbstständigung derverschiedenen Träger und Zweige der Jugendfürsorge in einer neue-ren Institution, dem späteren Jugendamt, und zu einer einheitlichengesetzlichen Festlegung dieser öffentlichen Erziehungsaufgabe, wiesie 1922 im RJWG erreicht werden sollte.Aber es blieb nicht viel Zeit.

Im Faschismus des Deutschen Reiches setzte in der öffentlichenund freien Jugendhilfe der gleiche Prozess der Vereinheitlichung unterdem Führerprinzip, des Verbotes und der Vernichtung Andersdenken-der in allen gesellschaftlichen Bereichen ein. Schon früh ordneten sichTeile der Wohlfahrtsverbände und der Deutsche Verein den jugend-politischen Zielen des Faschismus unter. Der Vorsitzende des Deut-schen Vereins schrieb im Frühjahr 1933:

„Der auf nationalen und sozialen Grundlagen aufgebaute Staat verlangteine einheitliche Jugendpolitik im Sinne nationalpolitischer Erziehung, diesich auf die gesamte Jugend erstreckt. Jugendpflege und Jugendfürsorgesind diesem umfassenden Ziele einzuordnen.“ (Polligkeit 1933, 146ff)

Bereits im Sommer 1933 wird auf Veranlassung der Nationalsozialisti-schen Volksfürsorge (NSV) eine Kommission zur Reform des RJWGgebildet. Das Hitler-Jugend-Gesetz vom 1.12.1933 lässt die grundle-gende faschistische RJWG-Reform obsolet werden, da das Monopolder Jugendorganisation sowieso bei der Hitlerjugend lag.

Die Nachkriegsreformen von 1953 und 1961 haben die grundsätz-lich autoritäre Ordnungsstruktur des JWG beibehalten. Sie dienten imWesentlichen der Wiederherstellung des vorfaschistischen Status quo,präventive und emanzipatorische Gedanken schienen bis dahin nichtzu existieren.

Nicht zuletzt das Auftreten der 68er Jugend und der Studentenbe-wegung führte dazu, dass die offiziellen Träger oder Repräsentanten

16 Einleitung

3

4

5

Page 18: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

des Erziehungssystems begannen, sich über eine Reform des Jugend-hilferechts und des gesamten Ausbildungsbereichs in Schulen, Hoch-schulen und Betrieben Gedanken zu machen. Kaum eine Aktion wiedie so genannte Heimkampagne des SDS setzte den „stationären Er-ziehungsbereich“ derart unter Druck, dass die Heimerziehung insge-samt in Frage gestellt wurde (Ahlheim et al. 1971, 7).

Die Jugendhilferechtsreform setzte 1970 mit der Berufung einerSachverständigenkommission ein, die 1973 den Diskussionsentwurfeines Jugendhilferechts vorlegte. Einheit der Jugendhilfe, einklagbareAnsprüche, Partizipations- und Mitwirkungsrechte sowie die Debatteum ein Recht auf Erziehung prägten die frühen 1970er Jahre. Der Dis-kussionsentwurf ging 1974 in zwei Referentenentwürfe ein, die in der Fachwelt weitgehend abgelehnt wurden. Zugleich geriet die BRDin eine ihrer zweiten ökonomischen Krisen. Alle Reformvorhabenstoppten, erst 1977 wurde ein Regierungsentwurf (RegE) veröffent-licht,der von konservativ-reaktionärer Seite als der Weg zur Vergesell-schaftung und Verstaatlichung der Erziehung bezeichnet wurde. Ba-den-Württemberg legte einen eigenen Entwurf (Alternativentwurf!)vor und nicht zum ersten Mal stoppte der Bundesrat (BR) ein inhalt-liches Reformgesetz. Im damaligen Beschluss wird deutlich, wovorchristdemokratische Ideologie Angst hat: der Staat würde (im Jugend-recht, nicht Polizeirecht) zu stark, zu wenig wären die Rechte der El-tern geachtet. Damit trat eine Phase der Lethargie ein.Wer das KJHGvon 1991 kritisch sieht, stellt fest, statt offener emanzipatorischer Pro-zesse der Pädagogik liegen dem Gesetz die ökonomische Angst unddie Furcht vor Kontrollverlust zugrunde. 1987 kündigte der damaligeBundeskanzler Kohl die Neuordnung des Jugendhilferechts an, Fami-lienministerin Süssmuth moderierte diesen Prozess. Das Recht aufeinen Kindergartenplatz wurde auf die Tagesordnung gesetzt und einealtbekannte Debatte (kostenintensiv, Staatserziehung versus Familie)wurde bald beendet, zulasten von berufstätigen Frauen. Danach ginges schnell. Am 27.9.1989 wurde der RegE im Kabinett beschlossen, esfolgten die notwendigen Lesungen und Beratungen im Parlament, dieAnhörung der Verbände und am 28.3.1990 beschloss der Bundestagdas neue KJHG. Die letztlich aufgetretene Hektik führte zu mehr oderweniger immanenten Unklarheiten und Regelungslücken, die in einerersten Novelle des KJHG (1. ÄndKJHG vom 1.4.1993) korrigiert wer-den sollten.

Die „Reparaturnovelle“ (Kiehl, ZfJ 93, 226) ging über Verfahrens-verbesserungen hinaus, ohne neue Akzente in der JH zu setzen (Bauer

6

7

Kurze Geschichte der Reform 17

Page 19: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

et al. 2001, 259). Festzuhalten bleibt, dass seelisch behinderte Kinderund Jugendliche endlich in die JH einbezogen wurden (§35 a) unddass eine Systematik über Zuständigkeit, Kostenerstattung und He-ranziehung zu den Kosten begründet wurde (§§85ff). Außerdem be-gann man, den Datenschutz in der JH als lex specialis zu formulieren.Auf der Tagesordnung stand das Recht auf einen Kindergartenplatz.

Das 2. ÄndKJHG (BGBl I 1775), das am 1.1.1996 in Kraft getretenist, umfasst v. a. den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz(Stichtagsregelung, §§24, 24 a), die Anrechnung von Kindergeld aufdas Pflegegeld (§39 Abs.6) und den zeitlichen Aufschub der Einfüh-rung von Statistiken. Ein ausführlicher Überblick über die Gesetzes-geschichte findet sich bei Fieseler/Herborth (2005, 124). In Stichwor-ten zusammengefasst:

� Neufassung des SGB VIII am 8.12.1998 (BGBl. 1998 3546ff), dieBezug nimmt auf das Kindschaftsreformgesetz und das Beistands-schaftsgesetz vom 1.1.1998.

� Am 1.1.1999 (BGBl. I, 1188f) wurden die §§78a bis 78g als neueEntgeltregelung in der Jugendhilfe eingeführt. Schiedsstellen fürStreit- und Konfliktfälle wurden in den Ländern eingerichtet (§78g).Ebenso wurden die §§5, 36 Abs.1 geändert.

� Mit dem seit 1.1.2005 – 14 Jahre nach In-Kraft-Treten des KJHG –wirksamen Tagesbetreuungsausbaugesetz (BGBl. 2004 I, 3852ff)wurde der 3. Abschnitt des Achten Buches des SGB mit der neuenÜberschrift: „Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und inKindertagespflege“ versehen (ausführlich Fieseler/Herborth 2005,127; Gerstein 2005, 267), neu gefasst und für die unter Dreijährigeneine qualitätsvolle Betreuung normiert. Bis zum Jahr 2010 soll dasAngebot an Kinderbetreuung quantitativ und qualitativ an denwesteuropäischen Standard herangeführt werden.

� Den vorläufigen Schlusspunkt einer widersprüchlichen Reformge-schichte des KJHG bildet das „Gesetz zur Weiterentwicklung derKinder- und Jugendhilfe“ (KICK), das der Deutsche Bundestag am4.6.2005 beschlossen hat und das am 1.10.2005 in Kraft getreten ist.Die Änderungen beziehen sich sowohl auf Qualitätsanforderungder JH bei Eingriffen (§8a) als auch auf Veränderungen in der Ta-ges- und Vollzeitpflege (§§43, 44) und im Recht der Kostenbeteili-gung (§§90 bis 97c).

8

18 Einleitung

Page 20: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

2 Exkurs: Die Jugendhilfe in der ehemaligen DDR

Früher als auf dem Gebiet der alten BRD trat das KJHG auf dem Ter-ritorium der ehemaligen DDR in Kraft. Nach dem Einigungsvertrag(BGBl. 1990 II, 885) gilt das KJHG dort bereits seit dem 3.10.1990, wo-bei zahlreiche Übergangsvorschriften vereinbart wurden. Der DDRblieb damit der Begriff der Tüchtigkeit der Jugend erspart. Schon inden Nachkriegsjahren löste sich die dortige Gesetzgebung vom Kon-zept des RJWG und integrierte die Maßnahmen der Jugendhilfe in diejeweiligen gesellschaftlichen Bereiche der Schule, Ausbildung und desBetriebes (einen guten Überblick vermittelt Seidenstücker 1990, 234ff).Damit verblieb ein Jugendhilfebegriff in der DDR, der in der BRD un-ter den traditionellen Bereich der Jugendfürsorge, der Heimerziehungder „jugendpolizeilichen Intervention“ fallen würde (Seidenstücker1990, 234). Jugendarbeit (§§11ff), Kinderbetreuung in Tageseinrich-tungen (§§22ff) oder die nunmehr exemplarisch normierten Hilfen zurErziehung (§§27ff) waren nach dem Jugendrechtsverständnis derDDR nicht dem Regelungsbereich der Jugendhilfe unterworfen, son-dern in gesellschaftliche Bereiche integriert. Durch das Einführungs-gesetz zum Familiengesetzbuch (FGB) vom 3.7.1966 wurde formell das RJWG aufgehoben und die so genannte Jugendhilfeverordnung(JHVO) wurde Rechtgrundlage. Deren §1 erklärte die Jugendhilfe zueiner gesamtgesellschaftlichen Aufgabe.Die örtlichen Räte wurden da-mit nicht zu Trägern der Jugendhilfe, sie wurden dafür verantwortlich,die Hilfe zu fördern, zu unterstützen und zu koordinieren.

In ihrer eindeutig gesellschaftlichen Perspektive hatte die Jugend-hilfe in der DDR schon früh die Ebene der einzelfallorientierten Hilfeverlassen. Sie war aber durch ihre stalinistische Beschränktheit nie inder Lage, die von den psychoanalytisch und marxistisch orientiertenKlassikern der Weimarer Republik (Reich, Rühle, Adler) themati-sierte Dialektik vom leidenden Individuum und der Leid erzeugendenGesellschaft zu rezipieren. Konsequent war aber in der DDR nachihrem gesellschaftstheoretischen Konzept, dass weite Bereiche derJugendarbeit dem konkreten gesellschaftlichen Bereich unterstandenund dass eine Zuordnung zum Kulturbereich, dem Ministerium fürVolksbildung, stattfand. Die Organisation der Jugendhilfe in der DDRkonnte sich auf wenigstens 38.000 ehrenamtliche Mitarbeiter gegen-über 1.500 Professionellen verlassen. Macht man sich vom westlichenVorurteil frei, hier habe es sich durchgängig um Funktionäre der FDJoder SED gehandelt, so wird deutlich, welche Rolle §73 (ehrenamt-

9

10

Exkurs: Die Jugendhilfe in der ehemaligen DDR 19

Page 21: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

liche Tätigkeit) zumindest auf dem Gebiet der ehemaligen DDR spie-len kann, wenn dieses Engagement erhalten werden soll. Die neuenBundesländer haben unter ungleich schwereren Bedingungen aberdie Möglichkeit, eine andere freie Trägerstruktur zu entwickeln als dieMachtkartelle der Wohlfahrtsverbände in der alten BRD. Das Jugend-hilfeorganisationsgesetz der DDR-Volkskammer trat am 20.7.1990 inKraft (GBl. 1990, 889). Es übernahm z.T. schon Formulierungen desKJHG, regelte im Übrigen aber schwerpunktmäßig die neue Organi-sationsstruktur der Jugendämter und Landesjugendämter.

3 Über das Auslegen von Gesetzen

Jonathan Swift lässt seinen Gulliver berichten, er sei in einem Land ge-wesen, in dem es bei strengster Strafe verboten sei, ein Gesetz zu ver-abschieden, welches mehr Paragraphen habe, als das Alphabet Buch-staben aufweise.Von diesem Zustand sind wir weit entfernt. Selbst einrelativ kleines Gesetz wie das SGB VIII hat nahezu fünf Mal mehr Pa-ragraphen, als unser Alphabet Buchstaben hat. Swift hat mit seinerFiktion konkrete Gesellschaftskritik geübt und diese Kritik richtetsich weniger gegen die Quantität der Rechtssätze, als gegen die vor-herrschende Methode ihrer Auslegung. Swift kritisiert einen Zustand,in dem die Menschen gehindert werden, die eigene Organisationsformihrer Gesellschaft zu verstehen. Sie brauchen einen eigenen Stand, dermit nichts anderem als mit der Schriftauslegung befasst ist. Muss dassein? Gesetzesauslegung ist interessenorientiert, in den seltensten Fäl-len gibt es objektive Wahrheiten, auch die Naturwissenschaft verän-dert immer wieder ihre Axiome und Hypothesen. Die zentralen Kate-gorien oder Begriffe, das elterliche Erziehungsrecht, die Jugendhilfeoder gar das Kindeswohl unterliegen der Auslegung und sind nichtallein aus dem Wortsinn des Gesetzes zu erfassen. Sie sind im Ver-ständnis ihrer „Anwender“ das Ergebnis von eigenen oder anderenInterpretationen, das Ergebnis von Meinungen, Mindermeinungenoder herrschenden Meinungen (h.M.). Die Kategorie der biologi-schen Eltern beispielsweise hat gegenüber einer Kategorie der sozia-len Eltern obsiegt, obwohl tiefenpsychologische Untersuchungen inder Lage sind zu belegen, dass Liebe und Verantwortlichkeit der El-tern nicht vom Blute abhängt und so die Geschichte von Brechts„Kaukasischen Kreidekreis“ nicht nur eine literarische Fiktion ist. DieAutoren und Autorin dieses Kurzkommentars fühlen sich zu allererst

11

20 Einleitung

Page 22: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

der sprachlichen Auslegung verpflichtet, berücksichtigend, dass jedesGesetz ein politischer Kompromiss ist. Den Lesern des SGB VIII, diemit diesem Gesetz arbeiten, ist neben der gründlichen Lektüre desGesetzestextes erlaubt, selbst nachzudenken und als Sozialarbeiter ei-gene Wege zu gehen, wenn es um die Indikation von Hilfen zur Erzie-hung geht und wenn sie ihre Jugendhilfeplanung erstellen.

Zentrale Begriffe wie die Frage nach dem Kindeswohl oder derschweren Gefährdung kindlicher Entwicklung sind juristischen Ter-mini, die unter Heranziehung erziehungswissenschaftlicher oder psy-chologisch-psychoanalytischer Erkenntnisse auszulegen sind.

Manche sozialwissenschaftliche Interpretation des Begriffs derMenschwürde lässt außer Acht, wer in unserer Gesellschaft Definiti-onsmacht hat. Die Menschenwürde zu einem Ballon unerfüllterTräume werden zu lassen, kann nicht Aufgabe rechtlicher Auslegungsein. Maßstab eines Gesetzes, das für sich beansprucht, ein antiquier-tes eingriffs- und ordnungsrechtliches Instrumentarium durch ein mo-dernes, präventiv orientiertes Leistungsgesetz (BT-Drucks. 11/5948unter B.) zu ersetzten, ist das Sozialstaatsgebot. Darin ist allerdingsnicht die Personifikation und damit die Mystifikation eines gebendenund spendenden Wächters enthalten. Wir sehen in der Normierungdes Sozialstaates eine Art Therapieprogramm im Sinne einer umfas-senden Demokratisierung,einer Aufhebung der Dichotomie von Staatund Gesellschaft, wie es der kritische Staatsrechtslehrer Helmut Rid-der formuliert hat (1975, 67).

In diesem Sinne legen wir nach 15 Jahren eine neue Kommentie-rung vor, die kurz gefasst und verständlich sein soll. Sozusagen eineForm, die in der Aktentasche des Jugendhelfers Platz hat, wer ausführ-licher und gründlicher nachlesen will, der bedient sich anderer Kom-mentare, dabei verweisen wir gerne auf den GK-SGB VIII, deren He-rausgeber Busch und Fieseler wir als Mitautoren des Kurzkommen-tars gewinnen konnten – insofern gehen auch wir neue Wege.

12

13

Über das Auslegen von Gesetzen 21

Page 23: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

Erstes Kapitel: Allgemeine Vorschriften

§1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung,Jugendhilfe

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwick-lung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemein-schaftsfähigen Persönlichkeit.(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der El-tern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betäti-gung wacht die staatliche Gemeinschaft.(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 ins-besondere1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung

fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeidenoder abzubauen,

2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung bera-ten und unterstützen,

3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen

und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Um-welt zu erhalten oder zu schaffen.

Der Wortlaut von §1 Abs.1 ist eindeutig. Danach hat jeder jungeMensch (§7 Abs.1 Nr. 4) ein Recht auf Förderung seiner Entwicklungund auf Erziehung. Verwirrung besteht, da der historische Gesetz-geber ein solch subjektives Recht nicht normieren wollte (BT-Drucks.11/5948, 47). So soll laut Begründung des RegE der Charakter der Vor-schrift in „einer Generalnorm oder eines Leitsatzes“ bestehen, derwiederum über den Bereich der öffentlichen Jugendhilfe hinauswei-sen soll.

Ein „unmittelbarer Anspruch auf ein Tätigwerden der öffentlichenJugendhilfe“ soll aus der Vorschrift nicht hergeleitet werden können.Auch die Begründung zu §1 des RegE will ein subjektiv-öffentliches„Recht auf Erziehung“ nicht sehen, weil es an einer hinreichendenKonkretisierung des Leistungsinhaltes und der Bezeichnung des Leis-

22 Nix|§ 1|

1

Page 24: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

tungsverpflichteten fehle (so auch Wiesner 2000, §1 Rdnr.12). DemGesetzgeber sei es bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen ver-wehrt, Kindern und Jugendlichen ein subjektiv-öffentliches Recht ge-genüber der öffentlichen Jugendhilfe einzuräumen, weil die Erzie-hungsaufgabe – außerhalb der Schule – Aufgabe der Eltern, nicht einesolche des Staates sei. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erziehungsetze eine Erziehungsbefugnis des Staates voraus, die wiederumzwangsläufig eine Einschränkung des elterlichen Erziehungsrechtszur Folge habe. Diese vordergründig verfassungsrechtliche Argumen-tation greift aber nicht. Die Konstitution eines Erziehungsrechtes imSGB VIII ändert als solche nichts am Normbereich des Art. 6 GG undführt weder inhaltlich zu einer bestimmten vom Staat diktieren Erzie-hung, noch ändert ein subjektives Recht auf Erziehung etwas amgrundsätzlichen Rechtsverhältnis von Eltern und Kind und Staat (vgl.auch Münder 1991, 285 ff). Gleichwohl will der Gesetzgeber die „Sub-jektivität des Kindes und Jugendlichen im Erziehungsprozess hervor-heben“ und sie nicht als bloße Objekte der Erziehung erscheinen las-sen (BT-Drucks. 11/5948, 46). Das alles wirkt widersprüchlich. Dahermuss man sich an der sprachlichen Auslegung der Norm ausrichtenund die Widersprüchlichkeit des historischen Gesetzgebers demokra-tiefreundlich zugunsten subjektiver öffentlicher Rechte der Kinderund Jugendlichen auslegen (vgl. auch Fieseler in: Fieseler et al. 1998/2006, §1 Rdnr. 4).

Auch das Argument § 1 Abs.1 sei für sich zu unbestimmt, um denInhalt der Leistung überhaupt justiziabel zu machen, kann nicht sorecht überzeugen, denn die Bestimmung des Leistungsverpflichtetenlässt sich mühelos durch Auslegung ermitteln (so auch Mrozynski 2004,§1 Rdnr. 2), so dass ein Recht auf Erziehung, so wie das Recht aufLeistungen von Arbeitslosengeld II nach dem §17 SGB XII einerechtliche Wertentscheidung darstellt. Darüber hinaus verdichtet sichder Wille des Gesetzgebers immer stärker in Richtung eines subjekti-ven Rechts auf Erziehung. §35a mag aus anderen Gründen verunglücktsein (vgl. §35a Rdnr. 3), die Norm gewährt aber behinderten Kindernund Jugendlichen einen eigenen Rechtsanspruch auf Eingliederungs-hilfe. Die Versuche anderer Autoren (Wiesner 2000, §8 Rdnr. 27; Stährin: Hauck/Noftz 1991/2006, §35a Rdnr. 8), dem Gesetzgeber des Jahres1990 und dem des Jahres 1996 eine konsequente Rechtsauffassung ab-zugewinnen, wirken bemüht und überzeugen nicht.

Abs.1 ersetzt das in §1 JWG genannte Recht auf Erziehung zurleiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit durch eine

2

3

Nix 23|§ 1|

Page 25: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

moderne Formulierung, nach der jeder junge Mensch ein „Recht aufFörderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenver-antwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ hat. An dieStelle des deutschen Kindes (§1 JWG) ist nunmehr der junge Menschgetreten, so dass es bei der Konstituierung des Erziehungsrechts fürausländische Kinder und Jugendliche nicht mehr des „Umweges“ überdas Haager Minderjährigenschutz-Übereinkommen vom 5.10.1961(BGBl. II 1971, 219) bedarf. Der Personenkreis erfasst alle Menschen,die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§7 Abs.1 Nr.4).

Literatur und Rechtsprechung zu §1 JWG können nach nunmehr15 Jahren SGB VIII nicht mehr nur schematisch auf §1 Abs.1 übertra-gen werden. Soweit vom „grundrechts-ähnlichen Recht“ (Jans et al.2003, §3 B), vom „hohen Wert“ (BGHZ 49, 314) und von einem „mehrals nur Programmsatz“ (Ribbert 1979, 23) die Rede ist, kann man ausden Begründungen der genannten Autoren nur die irrationale Angstherauslesen, dem Wesen von Kindern und Jugendlichen nicht zu früheine starkes Subjekt zuordnen zu wollen.

Die zunächst v. a. von Denninger vertretene Ansicht, nach der essich bei dem Recht auf Erziehung um ein echtes subjektives Recht imSinne eines Anspruchs handelt, hat weitere Fürsprecher gefunden. FürDenninger resultiert dies „aus dem Auftrag, die Menschenwürde zuschützen (Art. 1 Abs.1 S. 2 GG) i.V.m. der Verpflichtung auf den So-zialstaat (Art. 20 GG) sowie auf dem Grundsatz der Gewährung glei-cher Chancen (Diskriminierungsverbot Art. 3 Abs.1 GG)“ (vgl. Den-ninger 1969, 379).

Mrozynski argumentiert praxisbezogen. Zwar könne es im Kon-fliktfall mit den Eltern zu einer Kollision von Rechten kommen, aberdas sei ja dem Familienrecht mit Blick auf die §§1626 Abs.2, 1631aBGB gar nicht fremd. Zum anderen werde ein Elternrecht nicht schondeshalb tangiert, wenn die öffentliche Jugendhilfe dem Kind oder demJugendlichen eigene Erziehungs- und Leistungsangebote mache (2004,§1 Rdnr. 5). Eine am Sozialstaat orientierte verfassungskonforme Aus-legung und die konsequente Textexegese lassen daher nur den Rück-schluss auf ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erziehung zu (so auchFieseler in: Fieseler et al. 1998/2006, §1 Rdnr. 11f). Das bedeutet in derPraxis: Ein Minderjähriger kann von sich aus beim Jugendamt einenAnspruch nach SGB VIII geltend machen.

Die Relevanz des Streites um den Charakter des „Rechtes auf Er-ziehung“ liegt eher im ideologischen Background einer Gesellschaft,die das Recht der Familie mit dem der Eltern gleichsetzt. Art. 6 Abs.2

4

5

6

24 Nix|§ 1|

Page 26: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

GG soll die letztendliche Bedeutung zukommen. Nicht umsonst wie-derholt Abs.2 den Text dieser Vorschrift. Sie soll als „Wertentschei-dung der Verfassung“ das in Abs.1 normierte Recht auf Erziehung inein rechtes verfassungsrechtliches Licht rücken (BT-Drucks. 11/5948).Mit dieser Formel ist allerdings der interpretatorische Holzweg schonbeschritten:Art. 6 Abs.2 GG wird von einer Norm des GG zur „Wert-entscheidung“ hypostasiert. Der „Wert“ ersetzt den konkreten Norm-inhalt. Dabei enthält Art. 6 Abs.2 S. 1 GG zunächst unzweifelhaft dasals natürliches bezeichnete Recht der Eltern zur Pflege und Erziehungihrer Kinder. Im selben Satz – gleichsam in einem Atemzug – bezeich-net die Norm die Pflege und Erziehung aber auch als Pflicht der El-tern. Recht und Pflicht sind also unlösbar miteinander verbunden.Diese Pflicht obliegt zudem „zuvörderst“ den Eltern. Damit wird zumeinen klargestellt, dass die Eltern vorrangig verpflichtet sind, zum an-deren aber auch, dass auch anderen Personen als den Eltern einePflicht zur Erziehung zukommen kann. Kinder werden auch in derSchule erzogen und dies ist ebenso unzweifelhaft wie in seiner verfas-sungsrechtlichen Zulässigkeit (grundsätzlich) unbestritten. Ebensounstreitig dürfte sein, dass Erziehung in der Schule nicht nur dann ver-fassungsrechtmäßig ist, wenn sie auf Defizite in der elterlichen Erzie-hung reagiert. Andernfalls entpuppte sich die Schulpflicht für Kinderpädagogisch gebildeter und geschulter Eltern als grundgesetzwidrig.Art. 6 Abs.2 S. 2 GG enthält das so genannte staatliche Wächteramt.Die Gesetzesbegründung wird nicht müde zu betonen, dass dem Staatund damit der öffentlichen Jugendhilfe eine Erziehungsbefugnis nichtzustehe. Soll sich aber das Wachen nicht „im Beobachten erschöpfen“(Ridder 1975, 132), dann kommt eine allerdings demokratisch zu legi-timierende Jugendhilfe nicht umhin, Erziehungsziele zu formulieren,wie es denn auch im Schulbereich gang und gäbe ist. Die außerhalb desSchulbereichs postulierte Abstinenz taugt aber dazu, das in der Geset-zesbegründung formulierte „Menschenbild“ zu zementieren: das ur-sprüngliche, individualisierende, gesellschaftsunfähige Kind.

Dem grenzenlos freien Kind und seinen Eltern entspricht die Ideo-logie von der „freien Gesellschaft“, die sich vor der pädagogischen In-gerenz des von ihr separierten Staates zu schützen hat. Ridder sprichtvon „bürgerlichen Freiheitstotalitarismus“. Aber weder entspricht esder Realität noch kann es Ziel sein, dass „Kindeserziehung“ ein aus-schließlich in der Privatheit der Familie stattfindender Prozess ist (soimmer noch Di Fabio, NJW 2003, 993). Es ist nicht nur ein missbilli-gend hinzunehmender Nebeneffekt, sondern geradezu Sinn, beispiels-

7

Nix 25|§ 1|

Page 27: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

weise des Kindergartenbesuchs, dass dort gesellschaftlich veranstal-tete soziale Lern- und Erziehungsprozesse stattfinden.Wäre es anders,würde jedes Anbieten eines Kindergartenplatzes einen unzulässigenEingriff in das Elternrecht darstellen. Das „Elternrecht“ des Art. 6Abs.2 GG schützt zwar vor einem Hineinregieren in die Familie, esverbietet aber keineswegs staatlich organisierte Erziehungsveranstal-tungen, auch wenn sie den Vorstellungen einzelner Eltern zuwiderlau-fen. Gleichzeitig macht der Gesetzgeber deutlich, dass das Vertrauenin die Elternverantwortung erschüttert ist. Das Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung, normiert in einer einfachgesetzlichenRegelung des §1631 Abs.2 S. 1 BGB, steht bewusst im Gegensatz zu einem möglichen elterlichen Erziehungsstil, der diese Form der„schwarzen Pädagogik“ immer noch favorisiert. Hier kann von einemVorrang der elterlichen Erziehung nicht mehr gesprochen werden, imZentrum steht die Entwicklung des Kindes, sein Wohl hat auch gegen-über dem Elternrecht Priorität. Unter diesem Gesichtpunkt hat derGesetzgeber seit dem 5.5.1949 die Korrekturmöglichkeiten der Ju-gendhilfe immer wieder erweitert (auch Heilmann, ZfJ 2000, 41; Wil-lutzki, DA 2000, 378).

Der Katalog des Abs.3, der keine abschließende Aufzählung ent-hält, präzisiert einerseits das in Abs.1 normierte Erziehungsrecht,stellt zugleich inhaltliche, wenn auch abstrakte Grundzielbestimmun-gen der öffentlichen Jugendhilfe auf.

Nr.1 lässt durch die Verwendung des Begriffes der „Benachteili-gung“ in sozialer und individueller Hinsicht die Klassenfrage anklin-gen. Als Zielsetzung konkretisiert sie sich in den in §§2ff normiertenAufgaben und Leistungen der Jugendhilfe.

Auf die Erziehungspersonen und deren Unterstützung stellt Nr.2ab und wird v. a. im Zweiten und Vierten Abschnitt des Gesetzes kon-kretisiert.

Bezug auf die in den §§42 bis 49 näher geregelten Aufgaben nimmtNr.3, formuliert damit eine präventive Aufgabenstellung und stelltden Begriff des Kindes- und Jugendlichenwohls in den Mittelpunkt.

Nr.4 formuliert das Globalziel einer vom Sozialstaatsgebot geleite-ten demokratischen Gesellschaft: Die Verwirklichung von Lebensver-hältnissen, die bei sozialer Ungleichheit und ökologischer Zerstörungdiesen Verhältnissen entgegentreten soll. Oder in den Worten desDeutschen Kinderschutzbundes:

8

26 Nix|§ 1|

Page 28: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

„Die Erhaltung einer lebenswerten Zukunft für Kinder und Jugendliche inAnbetracht der zunehmenden Zerstörung der Umwelt und der damit ver-bundenen Zunahme der ,neuen’ Kinderkrankheiten, aber auch wirtschaft-liche und soziale Problemlagen zwingen dazu, der Jugendhilfe eine beson-dere Anwaltsfunktion zuzuschreiben . . .“ (DKSB 2000, 23)

§ 2 Aufgaben der Jugendhilfe

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zu-gunsten junger Menschen und Familien. (2) Leistungen der Jugendhilfe sind:1. Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzie-

herischen Kinder- und Jugendschutzes (§§11 bis 14),2. Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§16 bis

21),3. Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und

Tagespflege (§§22 bis 25),4. Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§27 bis 35, 36,

37, 39, 40),5. Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergän-

zende Leistungen (§§35a bis 37, 39, 40),6. Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (§41).(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind1. die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§42),2. (aufgehoben)3. die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeer-

laubnis (§§43, 44),4. die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für

den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicherAuflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§45 bis 47,48a),

5. die Tätigkeitsuntersagung (§§48, 48a),6. die Mitwirkung in Verfahren vor den Vormundschafts- und den

Familiengerichten (§50),7. die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind

(§ 51),8. die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz

(§ 52),9. die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfest-

stellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowievon Pflegern und Vormündern (§52a, 53),

Nix 27|§ 2|

Page 29: Kurzkommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe - … · 2018. 3. 22. · Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Kinder- und Jugendhilfe Bearbeitet von Winfried

10. die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubniszur Übernahme von Vereinsvormundschaften (§54),

11. Beistandschaft, Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft und Ge-genvormundschaft des Jugendamts (§§55 bis 58),

12. Beurkundung und Beglaubigung (§59), 13. die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§60).

Die Vorschrift differenziert zwischen „Aufgaben“ und „Leistungen“,wobei sich aus dem Vergleich der katalogartig aufgeführten Konkreti-sierungen in Abs.2 (Leistungen) und Abs.3 („Andere Aufgaben“) er-gibt, dass „Aufgabe“ gleichzeitig der Oberbegriff ist. Die Differen-zierung, die dem JWG in dieser Klarheit fremd war (§4 JWG sprachlediglich von den Aufgaben des Jugendamtes im Sinne von Zuständig-keiten), ist im Hinblick auf die Rechtsstellung von Eltern,Kindern undJugendlichen, aber auch Trägern der Jugendhilfe von Bedeutung. Essind gegenüber jungen Volljährigen nur Leistungen zu erbringen, aberkeine anderen Aufgaben zu erfüllen. Bei Ausländern sind nur die zuerbringenden Leistungen eingeschränkt (§6 Abs.2), nicht aber die an-deren Aufgaben tangiert. Die in Abs.2 genannten Leistungen sindklassische Ansprüche auf Sozialleistungen, hier überwiegen die Prin-zipien der Freiwilligkeit der Inanspruchnahme sowie das Wunsch- undWahlrecht der Betroffenen.Nummer 5 wurde durch das 2.Änderungs-gesetz neu eingefügt und regelt die Hilfe für seelisch behinderte Kin-der und Jugendliche. Die Aufzählung ist abschließend, kann aber nichtabschließend gemeint sein, wie sich aus den §§27ff ergibt. Der Gesetz-geber unterscheidet bewusst zwischen Angeboten (Nr.1 bis 3) und Hil-fen (Nr.4 bis 6). Angebote müssen in einer konkreten und individuali-sierten Form gemacht werden (OVG Lüneburg, ZfJ 2001, 228). Ist dasKindeswohl gefährdet (zum Begriff siehe Einleitung Rdnr. 11), so kannüber die Einschränkung der Personensorge durch gerichtlichen Zwanganstelle der Freiwilligkeit verordnete Notwendigkeit treten. Zur Pro-blematik des §1631b BGB vgl. die Kommentierung zu §34.

Die Aufgaben in Abs.3 sind originäre Aufgaben der öffentlichen Ju-gendhilfe, dies ergibt sich aus den einzelnen Normierungen der §§42ff.Der Begriff im Sinne dieser Vorschrift ist nicht deckungsgleich mitallen Aufgaben des JA. Solche können sich vielmehr noch aus anderenGesetzen ergeben (vgl. JuSchG,AdVermG).

Die Übertragung dieser Aufgaben an Träger der freien Jugendhilfeist grundsätzlich möglich und selbst bei den Aufgaben der Jugendge-

1

2

28 Nix|§ 2|