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»in KindertageseinrichtungenLärmprävention

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3 Vorbemerkung

5 Kapitel 1 Lärm als Belastungsfaktor6 AuswirkungenvonLärm7 Forschungsergebnisse

9 Kapitel 2 Wodurch entsteht Lärm in Kindertageseinrichtungen? 10 SchallentwicklunginKindertageseinrichtungen12 LärmquelleninKindertageseinrichtungen15 Kapitel 3 Auswirkungen von Lärm in Kindertageseinrichtungen 16 ErkenntnisseausderPsychoakustik21 Kapitel 4 Maßnahmen zur Reduzierung von Lärm 22 RaumakustischeVerbesserungen 26 OrganisatorischeMaßnahmen28 PädagogischeMaßnahmen

31 MaterialienundInformationen32 RechtlicheAspekte33 RechtlicheGrundlagen,Internetadressen,Literatur34 AutorenundAnsprechpartner35 Impressum

Inhalt

»

3

DieTrägerdergesetzlichenUnfallversicherunghabendenAuftrag,arbeitsbedingteGesundheits-gefährdungenmitallengeeignetenMittelnzuverhindern.AlleInstitutionensindaufdemGebietdesArbeits-undGesundheitsschutzestätigundsehenesalsihreAufgabean,dasThema»Lärm«inBildungseinrichtungenimSinnederPräventionaufzugreifen.

DieMinimierungvonGesundheitsgefährdungenisteineVerpflichtung,dieArbeitgeberundTrägervonKindertageseinrichtungengleichermaßenbe-trifft.DieBelastungdurchLärmfürdaspädagogi-schePersonalunddieKinderinKindertagesein-richtungenistdabeilangeZeitunterschätztworden.InderDiskussionumdieQualitätderBildungsolltenauchdieBedingungenberück-sichtigtwerden,inderLernenstattfindet.DievorliegendeBroschürebeschreibtdieakustisch-ergonomischenRahmenbedingungen,AuswirkungenvonLärmundMöglichkeitenderLärmreduzierung.

EntscheidendfüreinesinnvolleLärmprävention-bzw.-reduzierungsinddabei:• dieOptimierungderRaumakustik• einegesundheitsförderlicheStrukturund

OrganisationderKindertageseinrichtung• wirksamepädagogischeInterventionenDieseBroschüresollhierzueineersteHilfestellungbietenundBetroffenesowieVerantwortlichefürdieThematiksensibilisieren.SierichtetsichandaspädagogischePersonalinKindertageseinrichtungen,FachberaterinnenundFachberater,ElternundTrägerinstitutionensowieanallePersonenundInstitutionen,dieamBauundderSanierungvonKindertageseinrichtungenbeteiligtsind.Zielistes,denEinflussakustischerBedingungenaufArbeits-undLernprozessezuverdeutlichenundWegezueinerlebenswerterenHörumweltaufzuzeigen.

Vorbemerkung

4

5

Lärm als Belastungs-

faktor1

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Auswirkungen von Lärm

DurchLärmgestörteKommunikationistreduziert,dasVokabularisteingeschränkt,dieSprachewirdeintönig.DerSprachrhythmusunddieSprachme-lodieverschwinden.LärmbeeinflusstdieAufmerk-samkeitunddasKonzentrationsvermögen,LärmstörtdurchÜberlagerungdieKommunikationundbeeinträchtigtdieLeistungsfähigkeit,LärmschädigtdasGehörunddieGesundheit.DiedurchschnittlichgemessenenLärmpegelinKindertageseinrichtungenlassenzwarkeinedauerhaftenGehörschädenbefürchten,jedochverlangenerhöhteGeräuschpegelimRaumdenErzieherinnenundErzieherneineangehobeneStimmstärkebishinzumSchreienab.Stimm-bandreizungentretenbeiBeschäftigteninKindertageseinrichtungenundSchulenent-sprechendhäufigauf.LärmhatauchAuswirkungenaufvegetativeundhormonelleFunktionensowiedasImmunsystem.Dieserklärtsichso,dassakustischeReizeeineMobilisierungsfunktionhaben.AkustischeEreig-nisseenthaltenInformationenüberdieUmwelt,sielenkendieAufmerksamkeitundsteuerndasVerhalten.LärmistnichtnureinphysikalischerReiz,LärmistimmereinSignalmitindividuel-lerBedeutung.TypischeMessgrößenfürdiesenkörperlichenProzess,dersichalsAktivierungbezeichnenlässt,sindz.B.StresshormonewieAdrenalinundCortisol,diePulsfrequenzsowiederBlutdruck.

DasAktivierungsniveaunimmtmitdemInforma-tionsgehaltvonSchallereignissenzu.EinhöheresAktivierungsniveaumobilisiertkörperlicheEnergi-enundsteigertdiekörperlicheLeistungsfähigkeit,stelltdabeiaberzugleicherhöhteAnforderungenandieSteuerung.BeieinerÜberaktivierungsinktdieLeistungsfähigkeitaufgrunderhöhterSteue-rungsanforderungenwieder.JekomplexereineAnforderung,umsoniedrigerliegtderBereichderoptimalenAktivierung.StändigeÜberaktivierungkannschließlichzuRegulationsstörungenführenunddannkrank-hafteProzesseauslösen.

Lärm in Kindertageseinrichtungen ist ein Lern- und Gesundheitsproblem

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Forschungsergebnisse

Bereits1975beschriebenBronzaftundMcCarty,dassdieLesefähigkeitvonKinderndurchVer-kehrslärmbeeinträchtigtwird.Kindern,dieanderlautenFrontseitedesSchulgebäudesunter-richtetwerden,weiseneineschlechtereLese-fähigkeitaufalsKinderaufderlärmarmenRück-seitedesSchulgebäudes.NachentsprechendenSchalldämmungsmaßnahmensinddiebeobachte-tenUnterschiedeinderLesefähigkeitnichtmehrnachzuweisen.AuchandereStudienbestätigendienachteiligeWirkungvonUmweltlärmaufschulischeLeistungen.Mitteder90erJahreuntersuchtenMcKenzieundAireyvonderHeriot-Watt-UniversitätdieAkustikin70englischenundschottischenGrundschulen.Siekonntenzeigen,dassdurcheineraumakustischeBehandlungdieSprachverständlichkeitdeutlichverbessertundderGeräuschpegelum9bis10dBgesenktwurde.DieErgebnissederStudieunter-stützendieFolgerungenausfrüherenStudiendahingehend,dassdieHauptgründefürschlechteSprachverständlichkeitinKlassenzimmernindenhohenHintergrund-Geräuschpegelnunddenlan-genNachhallzeitenliegen.IneinerUntersuchungvon2003zupsychophy-siologischenBelastungenvonLehrerinnenundLehrernanBremerSchulenzeigtenSchönwälderundKollegen,dassdiesubjektivscheinendenKlagenüber»LärminderSchule«eineobjektiveGrundlagehaben.AuchdieBundesanstaltfürArbeitsschutzundArbeitsmedizin(BAuA)veröf-fentlichte2004Untersuchungsergebnissein»LärminBildungsstätten–UrsachenundMinde-rungen–Fb1030«,dassdieakustischenArbeits-bedingungeninBildungseinrichtungenzuRechtbeklagtwerden.

EineAnalysedesArbeitswissenschaftlichenInsti-tutsderGesamthochschuleKasselausdemJahr2001untersuchtediephysikalischen,organisatio-rischenundsozialenBelastungsfaktorenbeiErzie-herinnenundErziehern.EszeigtesicheindeutlicherhöhterSpitzenpegeldesLärms,derüberallePhasendesArbeitstagesüber80dB(A)lag.Dar-überhinauswurdeeineumzwölfProzenterhöhteRateanZeitenderArbeitsunfähigkeitgegenüberdemDurchschnittallerBeschäftigtenermittelt.2004untersuchteRudowdieBelastungenvon947ErzieherinnenundErzieherausKindertages-einrichtungeninBaden-Württemberg.AbgefragtwurdendieBelastungendurch:Lärm,diegroßeZahlderAufgaben,Zeitdruck,Verhaltensauffäl-ligkeitenvonKindern,PersonalmangeloderdiefehlendenMöglichkeitenzurEntspannungimLaufeeinesArbeitstages.50ProzentderBefragtenschätzendenLärminKindertageseinrichtungenalsziemlichbissehrstarkbelastendein.IndenJahren2010bis2012befragtenViernickelundVossinderStudie»StrukturqualitätundErzieherinnengesundheitinKindertageseinrich-tungen(STEGE)«2.744Fach-undLeistungskräf-teaus809KindertageseinrichtungeninNord-rhein-Westfalen.IhreAnalysezeigt,dass94ProzentderpädagogischenFachkräfteund88ProzentderLeitungskräfteLärmalsdominantenBelastungsfaktorangeben.MitdenBerufsjahrenunddemAltersteigtdieZahlderpädagogischenFachkräftean,diesichvonLärmstarkbissehrstarkbelastetfühlen.DieErgebnissederStudiewurden2014inderBroschürePräventioninNRWNr.55–»GesundheitamArbeitsplatzKita«–derUnfallkasseNRWveröffentlicht.

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2Wodurch entsteht Lärm

in Kindertages- einrichtungen?

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Schallentwicklung in Kindertageseinrichtungen

Erzieherinnen,ErzieherundKinderinKinder-tageseinrichtungensindSchallereignissenauseinerVielzahlverschiedenerQuellenausgesetzt.AnersterStellestehendabeidieKinderselbst,diedurchihrRufen,Schreien,Singen,Springen,LaufenunddenUmgangmitSpielgerätenerheb-lichzumSchallpegelbeitragen.AußerdemgibtesinderEinrichtungvieleweitereSchallquellen,wiez.B.dieHeizungs-undLüftungsanlagen,sanitäreEinrichtungen,zufallendeRaum-undSchranktüren,dasRückenvonTischenundStühlenbishinzulärmendenHandwerkern.AuchvonaußerhalbdesGebäudesdringenGeräuschenachinnen,u.a.VerkehrslärmundLärmvonBauarbeiten,Rasen-mähern,Laubbläsernusw.SchließlichführtauchdasfürdieKommunikationunumgänglicheSprechenderErzieherinnen,ErzieherundKinderzueinemAnstiegdesSchallpegels.

DerSchallausallendiesenQuellenkanninderSummezueinererheblichenLautstärkeinderEinrichtungführen,diezwarimAllgemeinenkeinegehörschädigendenAusmaßeerreicht,vondenBetroffenenaberoftalsbelastendempfundenwird.

Eshatsichdabeialszweckmäßigerwiesen,zwischenzweiverschiedenenArtendesSchallszudifferenzieren:

Schall kann erwünscht und notwendig oder störend sein!

ErsteresgiltfürdenSchall,derimRahmendersprachlichenKommunikation,desgemeinsamenSingensund–innerhalbgewisserGrenzen–auchimZusammenhangmitlebhaftenSpielsituationenerzeugtwird.AlleanderenSchallereignisse,diestörendaufdieKommunikationinSpiel-undLernsituationeneinwirken,werdenalsLärmempfunden.EinewichtigeRollespielthierdieSchallübertra-gung.BeieinemGesprächimFreienwerdendieSchallwellenvondenStimmbänderndurchdieLuftimWesentlichendirektzudenOhrenderZuhörerübertragen,weshalbmandiesenSchallalsDirektschallbezeichnet.InRäumenhingegentrittzusätzlichnocheineindirekteSchallausbreitungmittelsReflexionanWänden,DeckenundFuß-bödenauf.

Wege der Schallaus- breitung im Raum

Direktschall

Reflexionsschall

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Spiel in kleinen Gruppen und in unterschiedlichen Räumen vermindert störenden Schall

DieserReflexionsschallwirdwegendeslängerenÜbertragungswegeszeitlichverzögertalsNachhallwahrgenommen,waszueinererheblichenStörungderSprachverständigungführenkann.AußerdemsteigtdurchdiesenzusätzlichenNachhalldieSchallenergieunnötigan.Schallereignisse lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen:1.DenfürdieLern-undSpielsituation,

insbesonderediesprachlicheKommunikation,notwendigenundnützlichenSchall.

2.DendieArbeitderErzieherinnenundErzieher,insbesonderedieSprachverständigung,behinderndenStörschall.DieserLärmwirddurchvielfältigeAktivitätenimRaumerzeugtunddurchSchallreflexionverstärkt.HinzukommtnochderausNachbarräumenundvonaußerhalbdesGebäudeseindringendeLärm.

DasZiellärmpräventiverMaßnahmenbestehtdarin,denunterGruppe2zusammengefasstenLärmaufeinfürdiebetroffenenErzieherinnen,ErzieherundKinderguterträglichesNiveauzureduzieren.

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Lärmquellen in Kindertageseinrichtungen

1 KinderliederoderGeschichtenvonKassetteoderCDkönnenstörendeHintergrundgeräuschever-ursachen.SiesolltengrundsätzlichnurinSituationenlaufen,indenendieKinderwirklichzuhören.

2 ImGruppenraumentstehtLärmdurchschabendeStuhlbeine,Quietschen,Reden,LachenundRufen.DieoffeneGruppenarbeitinKindertageseinrich-tungenbedingt,dassvieleKindergleichzeitigimRaumreden,sichbewegen,streiten,spielenetc.

3 InsbesondereaufHolz-undSteinfußbödenentstehtLärmdurchTrittschall.BeischlechtisoliertenTragekonstruktionenkannderSchallzudemleichtindarunterliegendeRäumevordringen.

4 LärmausWerk-undBewegungsräumendringtüberWändeundDeckenindieGruppenräume.

5 DieAktivitätenderKinderaufdenangrenzendenAußenspielflächenerzeugenLärm,dervonaußenindieGruppenräumedringt.

6 InFlurenoderMehrzweckräumenkannessehrlautwerden.DerSchallbreitetsichausundstört,begünstigtdurchschlechtdämmendeAbtrennungen,TürenundtragendeGebäudeteile,alsdumpfesGeräuschinangrenzendenRäumen.

7 Straßen-undGartenarbeiteninderUmgebungkönnenstörendeLärmquellensein.

8 UngepolsterteHolzkisteninBaueckenundSpielbereichenerzeugenungewolltenLärm.

9

13

9 VielbefahreneStraßenoderBahnlinien,einnahegelegenerFlughafensindfürKindertageseinrich-tungenundandereBildungseinrichtungenkeineidealeUmgebung.ÜberschlechtisolierendeTürenundFensterdringtdieserLärmvonaußenein.

9

5

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3Auswirkungen von Lärm in

Kindertages- einrichtungen

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Erkenntnisse aus der Psychoakustik

LeistungsbeeinträchtigungendurchLärmlassensichschonbeigeringenbismittlerenLärmpegelnfeststellen.SiezeigensichaufverschiedenenStufenderInformationsverarbeitung:BeiderInformationsaufnahme(Sprachwahrnehmungs-undAufmerksamkeitsprozesse)undbeiderweitergehendenInformationsverarbeitung(Gedächtnis-undEntscheidungsprozesse).DiebetroffenenFunktionensindfürdiekognitiveEntwicklungvonentscheidenderBedeutung.StörungendieserFunktionensinddaherbeiKinderngrundsätzlichanderszubewertenalsbeiErwachsenen.

Wirkungen von Lärm und Nachhall auf das SprachverstehenSprachlichesLernenerfolgtdurchsprachlicheKommunikation.DasVerstehenvonSpracheunterungünstigenakustischenBedingungenerfordert,dassHintergrundgeräuscheausgeblendetundfehlendeInformationenkontinuierlichergänztwerden.DiesstellterheblicheAnforderungenandieauditivenundsprachlichenFunktionensowiediedamitverbundenenAufmerksamkeits-undGedächtnisprozesse. Kinder werden durch ungünstige

Hörbedingungen wesentlich stärker beeinträchtigt als Erwachsene.

SprachlautestellenanunserauditivesWahrneh-mungssystembesondereAnforderungen.Umbeispielsweiseein/ba/voneinem/da/zuunter-scheiden,müssenextremschnellablaufendeFrequenzänderungenimSprachsignalerkanntundausgewertetwerden.Damitwirdiesleistenkönnen,müssenwirphonetischeKategorienbilden,d.h.,wirlernenunsbeiderAnalysevonSprachlautenaufdieinunsererMuttersprachebedeutendenzukonzentrieren.ErstdieseDaten-reduktionerlaubteineschnelleundeffizienteVerarbeitung.DiephonetischenKategorienwerdenbereitsimerstenLebensjahrdurchdasHörenderMutterspracheerworben;die»Feinabstimmung«dauertnochbisweitinsSchulalteran.InderRegelzeigensichbeimNachsprechenvonSilbenzwischenErwachsenenundKindernver-schiedenerAltersgruppennurgeringeLeistungs-unterschiede,wenndieHörbedingungenoptimalgestaltetwerden.WerdenjedochStörgeräuscheeingespieltund/oder»verhallte«Sprachreizepräsentiert,sowerdendieLeistungenderKinder

Auf Kinder, die Deutsch als zweite Sprache lernen, wirken sich Störgeräusche besonders gravierend aus

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Gute Raumakustik erleichtert die Kommunikation

deutlichschlechter–jejüngerdieKindersind,destoausgeprägterderLeistungsunterschied.

Das Erkennen von Sprachlauten ist daher bei jüngeren Kindern aufwändiger und störanfälliger als bei älteren Kindern und Erwachsenen.

KindermitSprachentwicklungsstörungenundKinderauseinerKontrollgruppeunterscheidensichbeimVerstehenvonSilbeninRuheundimRauschendeutlich.IneinerUntersuchungbetrugderLeistungsunterschiedzugunstenderKontroll-gruppeinderRuhebedingungnurfünfProzent,inderStörgeräuschbedingungdagegenfast25Prozent.BesondersgravierendwirkensichStörgeräuscheauchaufdasVerstehenderZweitspracheaus.

SelbstwenndiezweiteSprachesehrgutbe-herrschtundbeiTestungohneStörgeräuscheineperfekteLeistungerreichtwird,führenStörgeräu-schezuerheblichenVerstehensproblemen.KindermitnichtdeutscherMuttersprachewerdenausdemkommunikativenGescheheninderGruppeausgegrenzt,wenndieSprachverständlichkeitimRaumdurchLärmundNachhallreduziertist. Kinder mit Hörstörungen, Lernbehinderungen,

Aufmerksamkeitsstörungen, Sprachentwick-lungsverzögerungen oder einer anderen Muttersprache werden durch Hintergrund- geräusche stärker beeinträchtigt.

InAlltagssituationenwerdennatürlichsehrvielhöhereAnforderungenandie»Zuhörkompetenz«derKindergestelltalsindengenanntenStudien.

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DasVersteheneinesvorgelesenenBilderbuchserfordert,dasssprachlicheInformationennichtnuraufgenommen,sondernauchimArbeitsgedächtnisgespeichert,verarbeitetundindievorhandeneWissensstrukturintegriertwerden.WerdenSätze»verhallt«odermitStörgeräuschenpräsentiert,zeigensichbeiGrundschulkindernauchdannsig-nifikanteVerschlechterungenbeimSatzverstehen,wenndasIdentifizierenvonEinzelwörternnochrechtgutgelingt.DieseBefundesinddadurchzuerklären,dassbeiungünstigenHörbedingungenmehrkognitiveKapazitätaufgewendetwerdenmuss,umdieSpracherichtigzuverstehen–manmusssehrkonzentriertundgenauhinhören.DurchdieerhöhtenAnforderungenbeiderInformati-onsaufnahmeverbleibtwenigerKapazitätfürdasBehaltenundVerarbeitenderInformation. Ungünstige Hörbedingungen wirken

sich bei komplexen Höranforderungen besonders negativ aus.

Wirkungen von Lärm bei nicht-auditiven AufgabenAuchgeistigeTätigkeiten,beidenenesnichtumHörenundZuhörengeht,könnendurchLärmbeeinträchtigwerden.Plötzlicheintretende,lauteund/oderungewohnteGeräuscheziehendieAuf-

merksamkeitautomatischaufsich,lenkenvonderaktuellenTätigkeitabundunterbrechenDenkvor-gänge.

Kinder sind weit weniger als Erwachsene in der Lage, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren und irrelevante Hörreize zu unterdrücken.

BesondersempfindlichfürStörungendurchLärmistdasKurzzeitgedächtnis.Wennwirbeispielswei-seeinenlangenSatzlesenoderhören,müssenwirdenSatzanfangimKurzzeitgedächtnisverfügbarhalten,umihnmitdemSatzendeinBeziehungsetzenzukönnen.WennwireineRechenaufgabelösen,müssenwirdieOperatorenundTeilergeb-nisseimKurzzeitgedächtnisbereithalten,umdamitdienotwendigenBerechnungendurchführenzukönnen.UnregelmäßigeHintergrundschallewieSpracheoderflotteMusikführenschonbeige-ringenbismittlerenLautstärkenzueinerStörungderKurzzeitgedächtnisleistung.DieseStörungtrittauchauf,wenneinevölligunverständlicheFremd-spracheeingespieltwird.Gleichmäßige,»glatte«SchallewieMeeresrauschen,dasGeräuscheinerentferntenAutobahnoderauchsehrlangsame,ge-trageneInstrumentalmusikstückebeeinträchtigendieLeistungdagegennicht.

Halligkeit reduziert

Sprachverständlichkeit

« « « « « «

› schlechtere Sprachverständlichkeit

führt zu lauterem Sprechen

der allgemeine

Geräuschpegel steigt

Sprachverständlichkeit

wird weiter reduziert

» »›

Raumakustik und SprachverstehenDieoffeneGruppenarbeitführtdazu,dassvieleKinderimRaumgleichzeitigredenundrufen,spielenundsichbewegen,streitenundlachen.EinehalligeAkustiksetzteinenKreislaufder

RückkopplunginGang:WegenderschlechterenSprachverständlichkeitwirdesbeigleicherPersonenzahlimmerlauter.EineVerbesserungderRaumakustikführtdeshalbgeradeimGrup-penraumzudeutlichenEffekten.

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ZweitklässlerzeigtenVerschlechterungenderKurzzeitgedächtnisleistungumetwa30Prozent,wennimHintergrundgesprochenwurde;dieErwachsenenverschlechtertensich»nur«umetwazehnProzent. Unregelmäßige, zeitlich strukturierte

Schalle beeinträchtigen die Leistungen des Kurzzeitgedächtinisses bei Kindern wesentlich stärker als bei Erwachsenen.

DassprachlicheKurzzeitgedächtnisistfürdielaut-undschriftsprachlicheEntwicklungvonmaßgeblicherBedeutung.Sprachentwicklungs-undLese-/RechtschreibstörungensindmeistmiterheblichenDefizitendesKurzzeitgedächtnissesverbunden.DieKurzzeitgedächtniskapazitätwirddaherbeiderDiagnostikderSprachentwicklung,derLesefähigkeitundderLernausgangslagevonVorschulkindernzunehmendberücksichtigt(dasgängigeVerfahrenbestehtimNachsprechenvonPseudowörtern).Tatsächlichwurdeninverschiede-nenFeldstudiennegativeWirkungenchronischerLärmbelastungdurchextremenFluglärmaufdieSprachwahrnehmungs-undLeseentwicklungnachgewiesen.ÜberdielangfristigenWirkungenvonUmweltlärmmittlererIntensitätenaufdiekindlicheEntwicklungistbislangwenigbekannt.DienachWissenderVerfasserineinzigeStudiezuchronischenWirkun-gendesInnenlärmsinBildungseinrichtungenaufKinderwurdeineinerVorschuleinrichtungdurch-geführt,inderaufgrundraumakustischerMängeldurchschnittlicheLärmpegelvonetwa76dB(A)vorherrschten.

NachderakustischenSanierungderRäumeuntersuchteKinderzeigtenbessereLeistungenbeimBenennenvonBuchstabenundeinfachenSchriftwörtern.AuchdieBeurteilungendersprachlichenFertigkeitenderKinderdurchdiepädagogischenFachkräfteverbessertensichsignifikant. Aufgrund dieser Zusammenhänge muss

vermutet werden, dass das Sprechen-, Lesen- und Schreibenlernen durch eine zu »lärmige« Umwelt erschwert wird.

VieleFaktorenweisendaraufhin,dassdauerhafteLärmbelastunginderfrühenKindheitdieSprach-entwicklungbeeinträchtigenunddadurchdenspäterenSchriftspracherwerberschwerenkann.SchondiefrühePhasedesSchriftspracherwerbsbasiertmaßgeblichaufdemmentalenOperierenmitLauten.WörtermüsseninLautezergliedertundEinzellautezuWörternverbundenwerden;Buchstabe-Laut-Beziehungenmüssenerlerntundautomatisiertwerden.DieseProzesseerforderngutausgebildete,robusteLautrepräsentationen(Gedächtniseinträge)undeineintakteKurzzeit-gedächtnisfunktion. Subtile, im Alltag nicht auffällige Störungen der

Sprachwahrnehmung können zu Schwierigkei-ten im Lesen- und Schreibenlernen führen.

Eine gute »Hörumwelt«, verbunden mit

adäquaten Angeboten zur Hör - und Sprach-förderung, kann wesentlich dazu beitragen, den Prozess der Lautpräsentation bei den Kindern zu fördern.

VollständigerTextvonProf.Dr.MariaKlatte„ErkenntnisseausderPsychoakustik“findenSieunterhttp://www.sichere-kita.de/gruppenraum/allgemeine_anforderungen/bau_raumakustik/03.htm

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4Maßnahmen zur Reduzierung

von Lärm

21

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Raumakustische Verbesserungen

WieinKapitel2beschrieben,könnensowohlSchallvonaußen(z.B.ausangrenzendenRäumenoderderNachbarschaftderEinrichtung)alsauchdieReflexionvonSchallanderDeckeunddenWändenerheblichzurLärmbelastungineinerKin-dertageseinrichtungbeitragen.DasAusmaßdiesesBeitragszurgesamtenLärmbelastungwirdwesent-lichdurchdieakustischenEigenschaftenderRäu-meundderEinrichtungsgegenständebestimmt.HierkanndurchausOptimierungsbedarfbestehen.ZielraumakustischerVerbesserungsmaßnahmenistes,dieEntstehungundAusbreitungstörenderSchallwellenzuvermindern.BeginnenwirzunächstmitdenMaßnahmenzurSchallisolierung.DieAusbreitungvonSchallwellensollreduziertwerden.JemassiverdieWände,TürenoderFenstergestaltetsind,umsobesserwerdenSchallwellengedämmt.DeshalbsindSchallschutzfenstermehrfachverglast.

AberauchKleinigkeiten,wiederZustandvonschalldichtendenGummiprofilenbeeinflussendieSchallisolierungmaßgeblich.BevordievorhandeneTürdurcheineschwerereausgetauschtwird,wasinKindertageseinrichtungennachteilighinsicht-lichderBedienbarkeitdurchKinderseinkann,empfiehltsichdaherzunächstdieKontrolleundNachbesserungderDichtgummis.GleichesgiltfürdiefehlendeAbdichtungvonMauerdurchbrüchen.HiergiltesalsozuerstAbhilfezuschaffen,bevoreventuelleineWandoderdieDeckeverstärktwerden.TextileGehbelägeabsorbierendenSchalli.d.R.lediglichbeihohenFrequenzenundreichenalsalleinigeraumakustischeMaßnahmenichtaus.DasSchallschluck-VermögenvonVorhängenoderanderentextilenDekorationsstoffeniststarkvonderAnordnung,demgewähltenMaterialundvonderwirksamenFlächeabhängig.

Beispielhafter Aufbau eines Schallabsorbers

Decken- und Wandabsorber aus Naturmaterial

Die Gestaltung der Oberfläche von Absorberelementen (Größe, Anzahl und

Struktur der Lochungen)ist vielfältig und u. a. abhängig

vom Einsatzbereich

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Schallabsorbierende Decke in einem Mehrzweckraum

WennmananbaulicheMaßnahmendenkt,danndarfmandasProblemdesNachhallsnichtunbe-achtetlassen;dieraumbegrenzendenFlächensoll-tensoausgewähltwerden,dasssiemöglichstguteschallschluckendeEigenschaftenaufweisen.HierzueignensichbeispielsweiseporigeMaterialien.DerLuftschalldringtindieHohlräumedesMaterialseinundwirdnichtreflektiert.DieIndustriebietetzahlreicheschallabsorbierendeMaterialienan,angefangenvonaufgeschäumtenKunststoffenbishinzufaserförmigenMaterialien.

DerAspektderausreichendenSchallabsorptionderRaumflächenspieltinvielenvorhandenenRäumeneinegroßeRolle.WenndieserProblema-tikbeimBauderEinrichtungzuwenigBeachtunggeschenktwurde,spürendiedarinbeschäftigtenErzieherinnenundErzieherunddiesichdortaufhaltendenKinderdienegativenAuswirkungendurchhoheNachhallzeitensehrdeutlich.EineAbhilfeistdanndurchnachträglicheAnbringungvonschallschluckendenFlächenmöglich.

Schallabsorbierende Wandfläche

Schallschluck-Maßnahme,schön anzusehen,jedoch ohne große Wirkung

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Raumakustische Maßnahme in einem Gruppenraum

Die Nachhallzeit ist das Maß für die Halligkeit eines Raumes

ÜberdieMengedereinzubringendenschallschlu-ckendenFlächengebendieeinschlägigenNormenAuskunft.AlsGrundsatzgilt,dassca.30ProzentderRaumbegrenzungsflächeneinehoheSchallab-sorptionaufweisensollten:a)IneinemRaum,derüberkeineoderwenige

Einbauten,wieRegale,Tische,Stühle,raumtei-lendeElementeo.ä.verfügt,solltediegesamteDeckemithochwertigemschallabsorbierendemMaterialverkleidetwerden.Diestrifftz.B.aufMehrzweckräumeinKindertageseinrichtungenzu.

b)IneinemnormalausgestattetenRaummit

Tischen,StühlenundanderenSchallstreuendenGegenständengenügtmeistdieVerkleidungvonzweiDrittelnderDeckenflächemithochwer-tigemschallabsorbierendemMaterial.

1,2

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0

Verringerung der Nachhallzeiten am Beispiel eines Gruppenraumes

Frequenz (Hz)

Nac

hhal

lzei

t (s

)

125 250 500 1000 2000 4000

vorhernachherSollbereich*

*imbesetztenZustand

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FürhöhereAnsprücheandiezielgenaueakusti-scheAuskleidungeinesRaumes,insbesondereauchzurBeurteilungvonmehroderwenigerfach-kundigausgeführterWand-undDeckenverkleidungsindMessungendersogenanntenNachhallzeithilfreich.

HinweiseaufraumakustischgutgestalteteRäumeinKindertageseinrichtungensindderDIN18041:2016-03Hörsamkeit in Räumenzuentnehmen.

Raumart »normalerRaum«mitEinbauten(Regale,Stühle,Tische...)

leererniedrigerRaum leererhoherRaum

auszukleidende Fläche mindestens2/3derDeckenfläche

gesamteDecke gesamteDeckeundTeilderoberenWandflächen

Material mussoffenporigbleiben,alsonichtüberkleben,nichtüberstreichen,möglichsthoherSchallabsorptionsgrad»alpha«,entsprechenddeklarierteErzeugnisseverwenden,FachplanerfürAkustikeinschalten,Vorhangstoffe,Gardinen,SpielteppichehabennureinegeringeWirkung

Brandschutz RücksprachemitBrandschutzbehördenehmen,ImprägnierungenkönnengefährlichfürKindersein

Mechanische Festigkeit imGreifbereichderKinderproblematisch,alsohochgenuganbringen,BallwurffestigkeitinSporthallengewährleisten

Beleuchtung AnordnungderLampenberücksichtigen,möglichsthelleMaterialoberflächenauswählen

Belüftung beiderPlanungberücksichtigen,keine»Staubsammler«einbauen

Kriterien für schallabsorbierende Auskleidung

Vorher Nachher

Zur Verbesserung der Raumakustik bieten sich viele Flächen an

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Organisatorische Maßnahmen

DieLärmbelastungineinerKindertageseinrichtungwirddurcheineReihevonFaktorenbeeinflusst.UmLärmwirksamzureduzieren,isteineKombina-tionausbauakustischen,organisatorischenundpädagogischenMaßnahmenerforderlich.DiesemüssenaufdiejeweiligenGegebenheitenderKindertageseinrichtungabgestimmtsein.ErstdasZusammenwirkenderunterschiedlichenMaßnah-menermöglichteineoptimaleVerbesserungderVerhältnisse.

EinegenaueAnalysederRaumnutzungunddesTagesablaufesmachenLärmquellensowiederenUrsachendeutlichundeinerBearbeitungzugäng-lich.SinddieorganisatorischenEinflussfaktorenersteinmalermittelt,könnendaraufaufbauendLösungsstrategienerarbeitetwerden.VoraussetzungfüreinenerfolgreichenVerände-rungsprozessistdieBereitschaft,»TraditionellesundBewährtes«kritischzuhinterfragenundggf.durchNeueszuersetzen.DeshalbsolltenalleinderKindertageseinrichtungBeschäftigtenmitarbei-ten,umeinenmöglichstgroßenErfolgzuerzielen.

FolgendeHinweise,dieselbstverständlichnochsituationsbezogenergänztwerdenmüssen,helfendabei,dieLärmquellenzuidentifizieren:

• GrößerePersonenansammlungenerzeugenmeisteinenerhöhtenGeräuschpegel.AllegeeignetenFlächensolltengenutztwerden,umdiePerso-nenzahlineinzelnenRäumengeringzuhalten.

• FüreinenWechselvonruhigenundbewegtenZeitenimTagesablaufsorgen.ErstdurchdenWechselvonlautundleiselässtsicheinUnterschiedwahrnehmenunddieruhigereZeitbekommteinebesondereBedeutung.

• DurcheineräumlicheAuslagerungvonlauterenAktivitätenz.B.inBewegungs-oderWerkräumelässtsichderGeräuschpegeleffektivsenken.Dabeisollteaberbeachtetwerden,dassSchalldurchGebäudeteile,DeckenoderVersorgungs-einrichtungeninangrenzendeRäumegeleitetwerdenkann.

• PotentialelassensichauchübereineOpti-mierungderTagesstrukturmobilisieren.DieEntzerrungvonStoßzeitenundeineVerteilungvonFreispielphasenkannwirksamdazubeitragen,dassesinderKindertageseinrichtungerheblichleiserwird.

GeeigneteFragestellungenzudenBedingungenvorOrtfindenSieaufderfolgendenSeite.

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Räumlichkeiten

Wie werden die vorhandenen Flächen genutzt?• WerdendiezurVerfügungstehendenRäume

undFlächenderEinrichtungumfassendgenutzt?• KommtesineinzelnenBereichenzubesonderen

AnsammlungenvonKindern?• WerdenFlurealszusätzlicheAktions-und

Bewegungsräumegenutzt?• GibtesBereichemiteinerschlechtenoder

einergutenAkustik?• Sindgeräuscharmeundgeräuschintensive

BereicheinderEinrichtungräumlichgetrennt?• GibtesBereicheoderRäume,diebesonders

attraktivbzw.unattraktivfürdieKindersind?

Wie werden die einzelnen Räume genutzt?• SindalleGruppenräumeidentischausgestattet

odergibtesFunktionsräumeoder-ecken,indenenKinderangemesseneTätigkeitsbereichefinden?

• StehenfürdieverschiedenenpädagogischenAngebotespezielleRäumezurVerfügung(Nebenräume,Bewegungsraum,Werkraum)?

• IstdasRaum-undMaterialangebotattraktivfürdieKinder?

• BeeinflusstdieAkustikeinzelnerRäumedasVerhaltenderKinderpositivodernegativ?

• Wirddaraufgeachtet,dasssichnichtzuvieleKinderimRaumbefindenundeineEngeentsteht,diezusozialenAuseinandersetzungenführt?

Wie gestaltet sich der Tagesablauf?• SchwanktdieZahlderanwesendenKinder

imTagesverlaufstark?• Gibtesruhigerebzw.lauterePhasen

imTagesverlauf?• GibtesStoßzeiten,zudenenesbesonders

lautist?• GibtesausreichendFreispielphasen

imVerlaufdesTages?• GibtesBewegungs-oderEntspannungspausen?• PassendiepädagogischenAngeboteund

zeitlichenAbläufezudenBedürfnissenoderFähigkeitenderKinderinBezugaufRuhe,Bewegung,Konzentrationsfähigkeit?

• Beeinflusst»lautesSpielmaterial«durchdieArtdesEinsatzesdenGesamtgeräuschpegelwesentlich?

Wie sind die Arbeitsabläufe organisiert?• SinddieArbeitsabläufeinBezugauf

StoßzeitenundRuhephasenimVerlaufdesTagesabgestimmt?

• IstderPersonaleinsatzdenAnforderungen(Stoßzeiten,Ruhephasen)angepasst?

• WerdendietechnischenMöglichkeitenzurLärmminderungvonAbläufengenutztz.B.GeschirrtransportaufTeewagenmitGummi-rädernundKörperschalldämpfung?

Arbeitsabläufe

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Pädagogische Maßnahmen

CDs und Kassetten sollten nur eingesetzt werden,wenn Kinder aktiv zuhören

DieraumakustischenBedingungenlieferndennotwendigenRahmenfürdiepädagogischenAktivitätenimAlltageinerKindertageseinrichtung.DanebensindorganisatorischeundvorallemdiepersönlichenBeiträgedereinzelnenErzieherinoderdeseinzelnenErziehersfüreineeffizienteLärmminderungunverzichtbar.ErfolgversprechendkönnenpädagogischeMaßnahmenallerdingsnurdannsein,wenneinKonzeptundeingemein-schaftlichhandelndesTeamdahinterstehen.

ErzieherinnenundErzieherkönnenmitdenKin-dernStrategienentwickeln,wiedemLärminderKindertageseinrichtungwirksamundnachhaltigbegegnetwerdenkann.Bedingungist,dassdenKinderndieUrsachenvonLärmunddieBelas-tungendurchLärmverständlichgemachtwerden.Dassetztvoraus,dasssichdiepädagogischenFachkräfteselbstmitdemThemaauseinanderset-zenunddanndieKindereinbeziehen.Wichtigist,dassdieKinderselbstErfahrungenmachenundnachMöglichkeitdieElterneingebundenwerden.NurdadurchkannlangfristigeineSensibilisierungallerBeteiligterfürdieLärmproblematikerreichtwerden.

ErzieherinnenundErzieherhabeneineVorbild-funktionfürdieKinder;sieschaffenalsoUm-gangsformen,diedasKommunizierenundZuhörenerleichternundmöglichmachen.SiesindModellefüraufmerksamesZuhören:• Auchwennesselbstverständlicherscheint:

VerbindlicheRegelnderKommunikationwie»Wenneinerredet,hörendieanderenihmzu«und»demanderennichtinsWortfallen«gehö-renebensozumMiteinander,wienicht»durchWändezusprechen«oderzuschreien,wennsichdieangesprochenePersonnichtimselbenRaumbefindet.

• KinderkönnensichheuteinderRegelzuwenigbewegen.ZukleineWohnungen,zuwenigKinderspielflächenundzuvielMedienkonsumschränkendieBewegungsmöglichkeitenderKin-derein.Daheristeswichtig,BewegungsräumeundBewegungsanlässeinderKindertagesein-richtungzuschaffen.Diesträgtdazubei,dassindenanderenRäumennichtgetobtwirdundderLärmpegelniedriggehaltenwird.

Spielflächen für Kinder sollten möglichst über mehrere Räume verteilt sein

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• WennRückzugsmöglichkeitenfehlen,sinddieKinderständiggezwungenaktivzusein,dasbringtUnruheunderhöhtdenLärmpegel.GelegenheitenzumRückzugtragenzueinerruhigerenAtmosphärebei.RuheräumeundentsprechendeAngebotezurEntspannungsindebensowichtigwieBewegungsräume.

• KinderliederoderGeschichtenvoneinerKassetteoderCDsolltengrundsätzlichnicht»imHintergrund«laufen,sondernnurinSituationen,indenendieKinderwirklichzuhören.

• EinigeKinderkönnenspielerischals»Lärmdetektive«eingesetztwerden,umzunächstinnerhalbunddannaußerhalbderKitaLärmquellenaufzuspüren.

• BeizunehmenderUnruheundUnaufmerk-samkeitderKinderistesratsam,einkurzesSing-undBewegungsspieldurchzuführen,beidemesruhiglautwerdendarf.Diesesträgtdazubei,dassRuheundAufmerksam-keitwiederhergestelltwird.

• DieEinführungeinesRuhezeichenshatsichauchinKindertageseinrichtungenbewährt;z.B.kanneineHandpuppefüreinentsprechen-desZeichensorgen.

• ImRahmenderAuseinandersetzungmitdemThema»Lärm«könnenMessgerätemitoptischerAnzeigez.B.inFormeinerLärmampelinKin-dertageseinrichtungenunterstützendeingesetztwerden.HierbeihandeltessichumtechnischeGeräte,diebeizuhohenLärmpegelnzunächstvonGrünaufGelb,schließlichaufRotschal-ten.DerEinsatzistabernurdanneffektivundnachhaltig,wenndieseGeräteinnerhalbeinespädagogischenKonzeptesgezielteingesetztwerden.

Der Einsatz von sogenannten » Lärmampeln « ist nur mit pädagogischer Begleitung sinnvoll

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Experimentieren fördert die Konzentrationsfähigkeit und bindet die Aufmerksamkeit

Ruhe und Rückzugs-möglichkeiten entschär-fen die Lärmsituation

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Materialien und Informationen

EsgibtmittlerweilevieleguteMaterialien,dieErzieherinnenundErzieherzureigenenVorbereitungundBearbeitungdesThemasheranziehenkönnen,umdieKinderzueinemverantwortungsbewusstenUmgangmitihremGehörzumotivierenundsiefürdasUmwelt-problem»Lärm«zusensibilisieren.

• UPSI und der laute SeebärBilderbuchderUnfallkasseBerlinundderAktionDasSichereHaus(DSH)zumThemaLärm.KostenfreizubeziehenbeiderUnfallkasseNRWunterderBestell-nummerS62-4.

• www.umweltbundesamt.deDaLärmnichtnurstört,sondernauchkrankmachenkann,solltenKinderfrühzeitigandasThemaherangeführtwerden.DeshalbhatdasUmweltbundesamteineMitmachbroschürefürKinderundeineHandreichungfürLehrkräfteerstellt.SieenthältvielekleineExperimente,SpieleundAufgaben.DieBroschüreistzwarfürdenUnterrichtinderGrundschulegedacht,dieAnregungenkönnenaberauchschonzumTeilinderKindertageseinrichtungaufgegriffenundumgesetztwerden.DiePublikationen„Akustik&Lärm:EineMitmachbroschürefürKinder“und„Akustik&Lärm:LehrerhandreichungzurMitmachbroschüre“könnenkostenlosbestelltbzw.heruntergeladenwerden.

• www.ufu.deUnabhängigesInstitutfürUmweltfragen,UntersuchungenauchimBereichderLärmprä-vention,diesichinsbesondereaufFreizeitlärmvonKindernundJugendlichenbeziehen.

AufzeigengesundheitlicherGefahrensowiealtersgemäßeAufklärungundPrävention.

• www.schule-des-hoerens.de»PräventiondurchFaszination«istdasLeitzieldesMedienpakets»OlliOhrwurm«,dasvomKölnerProjektkreis»SchuledesHörens«imAuftragderLandeszentralefürGesundheitBayerne.V.entwickeltwurde.Esbietetum-fangreicheIdeenundMaterialsammlungenfürdenEinsatzimKindergarten.DasPaketfürjüngereKinder(Kindergartenbis2.Klasse)bestehtauseinerBroschüremitSachinformatio-nen,Spiel-undGestaltungsideen,GeschichtenzumVorlesenundNachspielenundAnleitungenzukleinenExperimentensowiezweiCDsmitHörspielen,Geräuschrätseln,Klanggeschichten,Geräuschrezepten,LiedernundakustischumgesetztenSachinformationen.DurchdasMaterialführendieLeitfigurenOlliOhrwurm,ein»Ohrhöhlenforscher«,undseineFreundeLeoLeiseundLolaLaut.DerzweiteBand»NeueAbenteuermitOlliOhrwurmundseinenFreun-den«richtetsichanKinderderKlassenstufen3bis4.ErbestehtauseinerBroschüreundeinerCDundenthältumfangreicheAnregungenzuraltersgerechtenAuseinandersetzungmitThemenwie»LärmundAkustik«,»Hörschäden«,»SpracheundSprechen«,»Geräusche«undWegezumehrRuheundKonzentration.Bezugüber:www.auditorix.de/kinder

• www.earaction.deProjektzurAufklärungüberLärmbelastungendurchInformationundInteraktion(Fachhoch-schuleMünchenmitUnterstützungdesBayeri-schenGesundheitsministeriums).

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Rechtliche Aspekte

ZumSchutzgegendiegehörschädigendeWirkungvonLärmwerdeninderLärm-undVibrations-Arbeitsschutzverordnung–LärmVibrationsArbSchVMindestanforderungenfürdenSchutzderBeschäftigtengegentatsächlicheodermöglicheGefährdungendurchLärmfestgelegt.MittlerweilegiltdieLärmVibrationsArbSchV–wiealleanderenstaatlichenArbeitsschutzvorschriften–auchfürdieVersichertenderUnfallversicherungsträger(z.B.KinderinTageseinrichtungen,SchülerinnenundSchüler),diebislangnichtvondenstaatlichenRegelungenerfasstwurden.ZumSchutzgegendiestörendenWirkungenvonLärmhatderArbeitgebernachderVerordnungüberArbeitsstät-ten(ArbStättV)dafürSorgezutragen,dassderSchalldruckpegelsoniedrigwiebetriebstechnischmöglichist.NähereInformationensindinderVDI–Richtlinie2058–Teil3Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unter-schiedlicher Tätigkeitenzufinden.DortsindbeispielhaftTätigkeitenundzumutbarePegelgenannt.DaessichineinerKindertageseinrichtungüberwiegendumsogenanntekommunikations-undinformationsgeprägteTätigkeitenhandelt,sollderStörschallpegeleinenWertvon70dB(A)nichtüberschreiten.DerSchallpegelvon70dB(A)schließtauchdievonaußeneingebrachtenGeräuschewieStraßenverkehrs-oderFluglärmmitein.DieVDI-RichtliniekannalsEntscheidungs-hilfeherangezogenwerden.

InderUnfallverhütungsvorschriftKindertagesein-richtungen,DGUVVorschrift82,vomApril2009werdenim§6fürBildungseinrichtungenimElementarbereichbau-undraumakustischeMaßnahmengefordert:„InRäumensowieininnenliegendenAufenthaltsbereichenvonKindertages-einrichtungensindentsprechendderNutzungbau-undraumakustischeAnforderungeneinzuhalten.“EinakustischesBeurteilungskriteriuminKinderta-geseinrichtungenistdieSprachverständlichkeit.DieSprachverständlichkeitwirdwesentlichvonderNachhallzeitbeeinflusst.DiesehängtwiederumvonderGrößeundderschallabsorbierendenAusstattungdesRaumesab.EmpfehlungenzusinnvollenNachhallzeitenfindensichinderDIN18041Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen.DieBeachtungdieserEmpfehlungensicherteineoptimaleQualitätderSprachverständ-lichkeitundistdamitVoraussetzungfürBildungundErziehunginKindertageseinrichtungen.BeiNeubauten,wesentlichenErweiterungen,UmbautenundNutzungsänderungenvonKinderta-geseinrichtungenmüssendieseAnforderungenausderUnfallverhütungsvorschrifterfülltwerden.InallenEinrichtungensindregelmäßigGefährdungs-beurteilungenfüralleVersichertendurchzuführen.IndiesemRahmenistdurchdenTrägerzuprüfen,obNachbesserungsmaßnahmenerforderlichsind,umGefährdungenzuminimieren.NehmenSiedieumfangreicheBeratungundHilfestellungderUnfallversicherungsträgerzurLärmpräventioninAnspruch.

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Rechtliche Grundlagen, Internetadressen und Literatur

Rechtliche Grundlagen

Arbeitsschutzgesetz(ArbSchG)

Arbeitsstättenverordnung(ArbStättV)Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung(LärmVibrationsArbSchV)UnfallverhütungsvorschriftKindertageseinrichtungen(DGUVVorschrift82)Regel Kindertageseinrichtungen(DGUVRegel102-002)DIN 18041Hörsamkeit in RäumenBerlin,BeuthVerlag2016-03

Internetadressen

www.bgw-online.de

www.unfallkasse-nrw.de

www.sichere-kita.de

www.baua.de

www.inqa.de

Literatur

G.Tiesler,M.Oberdörster:LärminBildungsstätten1.Auflage.Dortmund,2006(ISBN:3-88261-508-7)H.-G.Schönwalder,J.Berndt,F.Ströver,G.Tiesler:LärminBildungsstätten–UrsachenundMinderungSchriftenreihederBAuAFb1030,Dortmund,2004M.Oberdörster,G.Tiesler:AkustischeErgonomiederSchuleSchriftenreihederBAuA1071,Dortmund,2006HöllenlärmimKindergartenundHortwww.arbeitsinspektion.gv.at/schluss-mitlaerm/artikel/09_geissler_lang.htmPetraKüspert,WolfgangSchneider:Hören,lauschen,lernen.SprachspielefürVorschulkinder.ArbeitsbuchundArbeitsmaterialVerlagVandenhoeck&Ruprecht,Göttingen,2006(ISBN3-525-49088-7)SchriftenreihederUnfallkasseNRW,PräventioninNRW:Nr.51DiesichereKindertageseinrichtung.EineArbeitshilfezurPlanungundGestaltungNr.55GesundheitamArbeitsplatzKita.Ressourcenstärken,BelastungenmindernNr.62GefährdungsbeurteilungfürKindertages-einrichtungen.HandlungshilfeDieSchriftenreihenkönnenSiekostenfreibeiderUnfallkasseNRWbeziehen.

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Autoren und Ansprechpartner

DieseBroschürewurdeerarbeitetvomKooperationskreis»LärmpräventioninBildungseinrichtungen«.

Unfallkasse NRW

• Regionaldirektion RheinlandGabrielePielsticker02112808-1326g.pielsticker@unfallkasse-nrw.de

• UweHellhammer02112808-1274

[email protected]• Regionaldirektion Westfalen-Lippe

[email protected]

Landesinstitut für Arbeitsgestaltung [email protected]

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und WohlfahrtspflegeJö[email protected]

BesondererDankgiltFrauProf.Dr.MariaKlattevonderTechnischenUniversitätKaiserslauternfürdenTextbeitraginKapitel3»ErkenntnisseausderPsychoakustik«.FernerdankenwirHerrnDr.Becker(BAuA)fürdiefreundlicheUnterstützung.

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Impressum

HerausgeberUnfallkasseNRWSankt-Franziskus-Str.14640470DüsseldorfTelefon 02119024-0Telefax 02119024-1355E-Mail [email protected] www.unfallkasse-nrw.deBerufsgenossenschaftfürGesundheitsdienstundWohlfahrtspflege(BGW)LandesinstitutfürArbeitsgestaltungNRW(LIA)RedaktionGabrielePielsticker,UnfallkasseNRWTheoPeters,LandesinstitutfürArbeitsgestaltungNRWGestalterisches KonzeptClaudiaGrönebaum,Kommunikationsdesign,Köln Satz und LayoutsagawerbeagenturGmbH,MünsterIllustrationFriederikeRave,WuppertalBildnachweisGabrielePielsticker,UnfallkasseNRWTheoPeters,LandesinstitutfürArbeitsgestaltungNRWDruckF&D,Lichtenfels6. aktualisierte Auflage Juni 20172.500Exemplare »

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