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Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein Einblicke Ordner 1

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  • Landesamt für Landwirtschaft,Umwelt und ländliche Räume

    Schleswig-Holstein

    Altlasten-LeitfadenSchleswig-Holstein

    Einblicke in die Arbeit des LLURAufgaben – Menschen – Ergebnisse 2014/15

    Schleswig-Holstein. Der echte Norden.Ordner 1

  • Altlasten-Leitfaden Erfassung – Ordner 1

    1 Ziele und Bedeutung der Erfassung2 Rechtliche Grundlagen3 Methoden der Erfassung4 Vorgehensweise bei der Erfassung von Altablagerungen5 Vorgehensweise bei der Erfassung von Altstandorten6 Vorgehensweise bei der Erfassung von Verdachts

    flächen und schädlichen Bodenveränderungen

    Anhang

    A 1 BranchenkatalogSchleswigHolstein (BKATSH)A 2 InformationsblätterA 3 FormulareA 4 Bearbeitungshilfen zur VorklassifizierungA 5 Katalog zur Einstufung des Gefährdungspotentials der

    Branchen in SchleswigHolstein (alphabetische Branchenklassenliste)A 6 KlassifizierungsformularA 7 ErfassungsbögenA 8 Verzeichnis der Archive in SchleswigHolsteinA 9 Luftbildquellen

    Altlasten-Leitfaden Erfassung – Ordner 2

    A 10 Fallbeispiele für die ErstbewertungA 11 Branchenblätter

    Altlasten-Leitfaden Erfassung – Ordner 3

    A 12 Kurzfassung der BranchenklassenlisteA 13 Langfassung der Branchenklassenliste (alphabetisch)A 14 Negativliste 1 und 2

    Altlasten-Leitfaden Erfassung – Ordner 1

    1 Ziele und Bedeutung der Erfassung2 Rechtliche Grundlagen3 Methoden der Erfassung4 Vorgehensweise bei der Erfassung von Altablagerungen5 Vorgehensweise bei der Erfassung von Altstandorten6 Vorgehensweise bei der Erfassung von Verdachts

    flächen und schädlichen Bodenveränderungen

    Anhang

    A 1 BranchenkatalogSchleswigHolstein (BKATSH)A 2 InformationsblätterA 3 FormulareA 4 Bearbeitungshilfen zur VorklassifizierungA 5 Katalog zur Einstufung des Gefährdungspotentials der

    Branchen in SchleswigHolstein (alphabetische Branchenklassenliste)A 6 KlassifizierungsformularA 7 ErfassungsbögenA 8 Verzeichnis der Archive in SchleswigHolsteinA 9 Luftbildquellen

    Altlasten-Leitfaden Erfassung – Ordner 2

    A 10 Fallbeispiele für die ErstbewertungA 11 Branchenblätter

    Altlasten-Leitfaden Erfassung – Ordner 3

    A 12 Kurzfassung der BranchenklassenlisteA 13 Langfassung der Branchenklassenliste (alphabetisch)A 14 Negativliste 1 und 2

  • Herausgeber:

    Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt

    und ländliche Räume des Landes

    SchleswigHolstein

    Hamburger Chaussee 25

    24220 Flintbek

    Tel.: 0 43 47 / 7040

    www.llur.schleswigholstein.de

    Ansprechpartnerinnen:

    Dr. Verena Brill, Tel.: 0 43 47 / 704536

    Dr. Ulrike StröhNeben, Tel.: 0 43 47 / 704586

    Titelfotos (FotoautorIn):

    Altstandort (GGM Lübeck)

    Gefährdungsabschätzung – Sondierung

    (Dr. Ulrike StröhNeben)

    Sanierung eines Altstandortes

    (GeoC GmbH, Kiel)

    Kondensatschacht einer Entgasungsanlage

    für Deponiegas (Egbert Bußmann)

    Chromgerbabteilung einer Lederfabrik

    (Dr. Ulrike StröhNeben)

    Herstellung:

    hansadruck, Kiel

    Dezember 2014

    ISBN: 9783937937793

    Schriftenreihe: LLUR SH – Geologie & Boden; 8

    Ordner 1

    Diese Broschüre wurde auf

    Recyclingpapier hergestellt.

    Diese Druckschrift wird im Rahmen der

    Öffentlichkeitsarbeit der schleswig

    holsteinischen Landesregierung heraus

    gegeben. Sie darf weder von Parteien

    noch von Personen, die Wahlwerbung

    oder Wahlhilfe betreiben, im Wahl

    kampf zum Zwecke der Wahlwerbung

    verwendet werden. Auch ohne zeit

    lichen Bezug zu einer bevorstehenden

    Wahl darf die Druckschrift nicht in einer

    Weise verwendet werden, die als Partei

    nahme der Landesregierung zu Gunsten

    einzelner Gruppen verstanden werden

    könnte. Den Parteien ist es gestattet,

    die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer

    eigenen Mitglieder zu verwenden.

    Die Landesregierung im Internet:

    www.landesregierung.schleswigholstein.de

  • Inhalt

    1 Ziele und Bedeutung der Erfassung

    2 Rechtliche Grundlagen

    2.1 Bundes- und landesrechtliche Regelungen2.1.1 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG)2.1.2 Landesbodenschutz- und Altlastengesetz (LBodSchG)2.1.3 Weitere landesrechtliche Regelungen2.2 Erfassung als Teil der Altlastenbearbeitung2.3 Verhältnis zwischen Erfassung nach LBodSchG und behördlicher Ermittlungspflicht nach BBodSchG2.4 Hinweise zum Vollzug datenschutzrechtlicher Regelungen und zum Anspruch auf Informationen über die

    Umwelt im Bereich des LBodSchG2.4.1 Zulässigkeit der Datenverarbeitung2.4.1.1 Datenerhebung und –speicherung2.4.1.2 Aufbewahrung und Archivierung2.4.1.3 Datenübermittlung2.4.2 Anspruch auf Informationen über die Umwelt

    3 Methoden der Erfassung

    3.1 Erfassung von Altablagerungen3.2 Erfassung von Altstandorten3.2.1 Historische Erhebung von Altstandorten3.2.2 Historische Erkundung von Altstandorten

    4 Vorgehensweise bei der Erfassung von Altablagerungen

    4.1 Konzept der Erfassung von Altablagerungen4.2 Durchführung der Erfassung von Altablagerungen4.3 Ergebnisse der Erstbewertung von Altablagerungen

    5 Vorgehensweise bei der Erfassung von Altstandorten

    5.1 Konzept der Erfassung von Altstandorten5.2 Durchführung der historischen Erhebung von Altstandorten5.2.1 Auswertung von Informationsquellen5.2.2 Prüfung der Altlastenrelevanz5.2.3 Ermittlung erster Kerndaten5.3 Durchführung der Erstbewertung von Altstandorten5.3.1 Vorklassifizierung5.3.2 Multitemporale Kartenauswertung5.3.3 Bauaktenauswertung5.3.4 Ergänzung weiterer Kerndaten5.3.5 Klassifizierung5.3.5.1 Aufbau des Klassifizierungsverfahrens5.3.5.2 Erläuterung des Erstbewertungsformulars5.4 Ergebnisse der Erstbewertung von Altstandorten

  • 6 Vorgehensweise bei der Erfassung von Verdachtsflächen

    und schädlichen Bodenveränderungen

    6.1 Konzept der Erfassung von Verdachtsflächen und schädlichen Bodenveränderungen6.2 Durchführung der Erhebung von Verdachtsflächen und schädlichen Bodenveränderungen6.3 Durchführung der Erstbewertung von Verdachtsflächen und schädlichen Bodenveränderungen6.4 Durchführung der Erhebung der Flächenart „Sonstiges“

    Anhang

    Band 1

    A 1 Branchenkatalog-Schleswig-Holstein (BKAT-SH)A 2 InformationsblätterA 2.1 Hinweise zur BauaktenauswertungA 2.2 Hinweise zur Bewertung der GrundwassernutzungA 3 FormulareA 3.1 OrtsterminA 3.2 ZeitzeugenaussageA 4 Bearbeitungshilfen zur Vorklassifizierung A 4.1 Erläuterungstext zur Verwendung der Negativlisten in Schleswig-HolsteinA 4.2 Negativliste 1A 4.3 Negativliste 2A 5 Katalog zur Einstufung des Gefährdungspotentials der Branchen in Schleswig-Holstein (alphabetische Branchenklassenliste)A 6 KlassifizierungsformularA 7 ErfassungsbögenA 7.1 Erfassungsbogen - AltablagerungenA 7.2 Erfassungsbogen – AltstandorteA 8 Verzeichnis der Archive in Schleswig-HolsteinA 9 Luftbildquellen

    Band 2

    A 11 Branchenblätter

    Band 3

    A 12 Kurzfassung der BranchenklassenlisteA 13 Langfassung der BranchenklassenlisteA 14 Negativliste 1 und 2

  • 1 Ziele und Bedeutung der Erfassung

    1

    1 Ziele und Bedeutung der Erfassung

  • Ziele und Bedeutung der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 1 – 1

    Die erste Stufe des planmäßigen Vorgehens im Altlastenbereich ist die Erfassung. Zur Erfassung zählt sowohl die Ermittlung der Flächen als auch deren Erstbewertung.

    Im Rahmen der Erfassung werden altlastver-dächtige Flächen und Altlasten gemäß § 2 Abs. 5 und 6 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) erhoben. Dazu zählen sowohl Altstandorte als auch Altablagerungen. Die Er-fassung ist ein Verfahrensschritt, der Kenntnis-se über die Lokalität sowie die historische und gegenwärtige Situation der relevanten Flächen erbringen soll.

    Zusätzlich können die Länder gemäß § 21 Abs. 2 BBodSchG auch die Erfassung von schädlichen Bodenveränderungen und Ver-dachtsflächen regeln. Die jeweiligen Vorge-hensweisen werden in getrennten Kapiteln abgehandelt.

    Grundsätzlich verfolgen die behördlichen Erfas-sungen zwei Ziele:• die möglichst umfassende Registrie-

    rung von relevanten Flächen sowie• die Zusammenführung der für die Be-

    arbeitung von Einzelfällen notwendigen Grunddaten, um eine erste Bewertung des Gefährdungspotentials zu ermöglichen.

    Im Zuge der Erfassung werden keine Informa-tionen neu gewonnen, sondern die bei den unterschiedlichsten Stellen vorhandenen Da-ten über die relevanten Flächen zusammenge-führt und für die gegebenenfalls nachfolgende Gefährdungsabschätzung bereitgestellt. Diese durch die Erfassung verfügbar gemachten In-formationen ermöglichen eine Optimierung der Folgemaßnahmen und können als Planungs-grundlage dienen. Außerdem sind sie erforder-lich, um eine sachgerechte Prioritätensetzung für die Abfolge der weiteren Bearbeitung vornehmen zu können.

    1 Ziele und Bedeutung der Erfassung

  • Ziele und Bedeutung der Erfassung

    1 – 2 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Die Vielzahl potentiell relevanter Flächen mit möglichen Umweltauswirkungen erfordert eine systematische Behandlung von behörd-licher Seite. Wesentliche Bestandteile der Erfassung sind:

    • die Lokalisierung relevanter Flächen, das heißt die Lagebestimmung und Feststellung der maximalen räumlichen Ausdehnung aufgrund von Unterlagen, Hinweisen und Ortsbegehungen

    • die Ermittlung von Angaben zum stoff-lichen Gefahrenpotential (zum Bei-spiel Branchen, Stoffe, Abfallarten)

    • die Ermittlung von Angaben zur Um-weltsituation (zum Beispiel aktuel-le und planungsrechtlich zulässige Nutzung, betroffene Schutzgüter)

    Informationsquellen hierfür sind historische Adressbücher, amtliche Karteien und Register, behördliche Akten, Betriebsunterlagen, Karten, Luftbilder, Zeitzeugenaussagen sowie allge-mein zugängliche Publikationen und sonstiges Quellenmaterial (siehe Kapitel 3.1 und 3.2).

    Die Ermittlung von Kontaminationspotentialen hat nicht nur für die Vollzugsaufgaben durch die Umweltgesetzgebung, sondern auch für die kommunale Planung, insbesondere die Bauleitplanung und nachfolgend für die Wirtschaftsförderung eine erhebliche Bedeu-tung. So ist die systematische behördliche Er-fassung relevanter Flächen und festgestellter

    Kontaminationen unter anderem für folgende Bereiche wichtig:

    • Bodenschutzbehörden, Wasserbehör-den, sonstige Umweltbehörden so-wie allgemeine OrdnungsbehördenDie zuständigen Bodenschutz-, Wasser- und Ordnungsbehörden benötigen für die altlastbezogene Gefahrenermittlung und -abwehr eine Datenbasis, die eine sachge-rechte Prioritätensetzung für ihre Tätigkeit ermöglicht. Erforderliche Maßnahmen müs-sen rechtzeitig und gezielt erfolgen können.

    Sorgfältige, standortbezogene Erfassungen erleichtern außerdem unter Berücksichti-gung des Einzelfalls die Planung und Durch-führung der technischen Erkundung von relevanten Flächen.

    Des Weiteren sind die Informationen für behördliche Zulassungsverfahren von Be-deutung (z.B. bei Ausweisung von Wasser- oder Naturschutzgebieten).

    • Gemeinden als Träger der Bauleitplanung

    Die Erfassung von relevanten Flächen bzw. festgestellten Kontaminationen stellt ein wichtiges Instrument für die Flächennut-zungs- und Bebauungsplanung dar.

    Bei der Aufstellung von Bauleitplänen gilt nach § 1 Abs. 6 BauGB ein bauplanungs-

    Die Erfassung ist in Schleswig-Holstein im § 5 des Landesbodenschutz- und Altlasten-gesetzes (LBodSchG) vom 14.03.2002 geregelt, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 12.12.2008. Sie ist Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte.

    Vor Inkrafttreten des LBodSchG erfolgte die Erfassung auf der Grundlage von Erlassen verschiedener Ministerien:Erlasse des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten VIII 760a/5278.1 vom 7.12.1984, VIII 760a/5278.1 vom 23.4.1985, VIII 760a/5278.1 vom 29.4.1986, des Minis-teriums für Natur, Umwelt und Landesentwicklung XI 500 b-5278.1 vom 10.10.1991, und des Ministeriums für Umwelt, Natur und Forsten X 580-5278.1 vom 14.02.1997 sowie vom 19.04.2002, Landesverordnung vom 8.2.1999.

  • Ziele und Bedeutung der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 1 – 3

    rechtliches Abwägungsgebot. Amtsträger einer Kommune haben bei der Bebau-ungsplanaufstellung die Amtspflicht, eine Gesundheitsgefährdung zu verhindern, die den zukünftigen Bewohnern oder Nutzern des Planungsgebietes aus dessen Boden-beschaffenheit drohen könnte.

    Unter anderem müssen nach § 1 Abs. 5 BauGB Belange des Umweltschutzes berücksichtigt werden, so darf der Bauleit-plan keine Nutzung vorsehen, die mit einer vorhandenen oder vermuteten Bodenbelas-tung unvereinbar wäre.

    Von den Städten und Gemeinden sind alle planungsrelevanten Informationen auszu-werten. § 5 Abs. 3 Nr. 3 und § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB verlangen die Kennzeichnung bedeutsamer Bodenbelastungen.

    • BauaufsichtsbehördenDie Bauaufsichtsbehörden haben im Bau-genehmigungsverfahren nach § 67 LBO zu prüfen, ob die Vorhaben aufgrund vorhan-dener Bodenbelastungen ohne Nebenbe-stimmungen, mit Nebenbestimmungen oder erst nach vorheriger Sanierung geneh-migt werden können. Die Bauaufsichtsbe-hörde hat zu prüfen, ob die gegebenenfalls von der Bauherrin oder dem Bauherrn angegebenen Sanierungsmaßnahmen aus-reichen. Die Bauaufsichtsbehörde kann die Vorlage von Gutachten verlangen oder nach Anhörung und auf Kosten der Bauherrin oder des Bauherrn Sachverständige oder sachverständige Stellen heranziehen (§ 59 Abs. 5 LBO).

    Im Rahmen des sogenannten vereinfach-ten Baugenehmigungsverfahrens gemäß § 69 LBO besteht keine Prüfungspflicht durch die Bauaufsichtsbehörde, dennoch kann die Baugenehmigung wegen Versto-ßes gegen § 4 Abs. 1 i. V. m. § 14 LBO verweigert oder, falls Nebenbestimmungen geeignet sind, den Rechtsverstoß auszu-räumen, mit Nebenbestimmungen verse-hen werden.

    Im Genehmigungsfreistellungsverfahren nach § 68 LBO bedarf es nicht einer bau-aufsichtlichen Prüfung (§ 68 Abs. 4 LBO). Findet im Einzelfall eine Kontrolle statt und wird dabei die Unvereinbarkeit des Vor-habens mit der Bodenbelastung erkannt, ist der Baubeginn oder die Bauausführung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 LBO zu untersa-gen.

    • Privatrechtliche InteressenIm Rahmen des sogenannten vereinfach-ten Baugenehmigungsverfahrens sind die am Bau Beteiligten grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, dass vorhandenen Bodenbelastungen - gegebenenfalls durch eine besondere Bauausführung - Rechnung getragen wird.

    Die Bauherrin oder der Bauherr sowie die am Bau Beteiligten sind im Rahmen des Genehmigungsfreistellungsverfahrens gemäß § 68 LBO für die Beachtung der materiell-rechtlichen Vorschriften und damit auch dafür verantwortlich, dass ihr oder sein Vorhaben mit eventuell vorhandenen Bodenbelastungen vereinbar ist.

    Die Ergebnisse der Erfassung müssen frü-hestmöglich, spätestens jedoch gemäß § 6 LBodSchG vor Aufnahme in das sogenannte Altlastenkataster, den jeweils betroffenen Eigentümern mitgeteilt werden. Weiterhin sollten die geprüften relevanten Informatio-nen unter Berücksichtigung der Vorgaben des Datenschutzgesetzes Nutzungsberechtigten und möglichen Erwerbern von Grundstücken zur Verfügung gestellt werden, damit sie sich gezielt Klarheit über vermutete oder bestehen-de Altlasten verschaffen können.

  • 2 Rechtliche Grundlagen

    2

    2 Rechtliche Grundlagen

  • Rechtliche Grundlagen

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 2.1 – 1

    2.1 Bundes- und landesrechtliche RegelungenFür die Erfassung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten (sowie Verdachtsflä-chen und Flächen mit schädlichen Bodenver-änderungen), die Führung eines Boden- und Altlastenkatasters bzw. eines Altlasteninforma-tionssystems, die Übermittlung der erfassten Daten sowie den Zugang zu diesen Daten sind folgende Gesetze und Verordnungen von Bedeutung:• Gesetz zum Schutz vor schädlichen

    Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutz-gesetz - BBodSchG) vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 30 des Gesetzes vom 24. Februar 2012, BGBl. I S. 212)

    • Bundes-Bodenschutz- und Altlasten-verordnung (BBodSchV) vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554), zuletzt geän-dert durch Art. 5 Abs. 31 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl I S. 212)

    • Gesetz zur Ausführung und Ergänzung des Bundes-Bodenschutzgesetzes (Landesbodenschutz- und Altlastenge-setz - LBodSchG) vom 14. März 2002 (GVOBl. Schl.-H. 2002 S. 60), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. De-zember 2008, GVOBl. Schl.-H. S. 791

    • Informationszugangsgesetz (IZG-SH) vom 19. Januar 2012 (GVOBl. Schl-H. S. 89)

    • Schleswig-Holsteinisches Gesetz zum Schutz personenbezogener Informatio-nen (Landesdatenschutzgesetz -LDSG) vom 9. Februar 2000 (GVOBl. Schl.-H. S. 169), zuletzt geändert durch Gesetz vom 06. April 2013, GVOBl. S. 125.

    Im Folgenden werden die wesentlichen Rege-lungen näher erläutert:

    2.1.1 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG)Das BBodSchG nennt die Erfassung in § 11 und § 21 Abs. 2 Nr. 1:

    2 Rechtliche Grundlagen

  • Rechtliche Grundlagen

    2.1 – 2 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Die Erfassung ist der erste Schritt in der Altlastenbearbeitung. Erfassung bedeutet die Lokalisierung einer altlastverdächtigen Fläche und die Sammlung aller über sie verfügbaren oder durch ergänzende Ermittlungen erhal-tenen Informationen (SRU, Sondergutachten Altlasten, 1989, Tz. 292). Im Gegensatz zu den weiteren Stufen der Altlastenbearbeitung

    hat der Bundesgesetzgeber für die Erfassung keinen Gebrauch von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz gemacht, trotzdem wird durch die Begriffsdefinitionen zu den altlastverdächtigen Flächen und Altlasten der Rahmen durch das BBodSchG vorgegeben.Da in den einzelnen Ländern bei der Erfassung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten

    BBodSchG§ 11

    ErfassungDie Länder können die Erfassung der Altlasten und altlastverdächtigen Flächen regeln.

    § 21Landesrechtliche Regelungen

    (2) Die Länder können bestimmen, daß über die im Dritten Teil geregelten altlastverdächti-gen Flächen und Altlasten hinaus bestimmte Verdachtsflächenvon den zuständigen Behörden zu erfassen...sind... .

    BBodSchG§ 2

    Begriffsbestimmungen(3) Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.

    (4) Verdachtsflächen im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht.

    (5) Altlasten im Sinne dieses Gesetzes sind 1. stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen

    Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und2. Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit um-

    weltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stillegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte),

    durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.

    (6) Altlastverdächtige Flächen im Sinne dieses Gesetzes sind Altablagerungen und Altstandorte, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit besteht.

    bereits eine unterschiedliche Verwaltungs-praxis bestand, hat der Bundesgesetzgeber die Länder in § 11 BBodSchG ausdrücklich ermächtigt, die Erfassung in eigener Zustän-digkeit zu regeln. Nach der in § 21 Abs. 2 BBodSchG enthaltenen Ermächtigung können darüber hinaus auch Verdachtsflächen und Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen in die Erfassung einbezogen werden.

    2.1.2 Landesbodenschutz- und Altlastengesetz (LBodSchG)Das LBodSchG regelt in § 5 Abs. 1 die Erfas-sung und Speicherung der altlastverdächtigen Flächen und Altlasten sowie der Verdachtsflä-chen und der Flächen mit schädlichen Boden-veränderungen.

  • Rechtliche Grundlagen

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 2.1 – 3

    Unter dem Begriff der Erfassung ist hier die systematische Auswertung vorhandener Quellen auf Anhaltspunkte im Sinne des § 3 BBodSchV zu verstehen, die dazu beitragen soll, dass Altlasten und schädliche Bodenver-änderungen nicht zufällig, beispielsweise bei Baumaßnahmen, sondern gezielt aufgespürt werden, um potentielle Gefahren frühzeitig erkennen und gegebenenfalls Maßnahmen einleiten zu können. Die Erfassung soll also nicht auf Einzelfälle beschränkt bleiben, son-dern den gesamten Zuständigkeitsbereich der unteren Bodenschutzbehörde umfassen.

    Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 LBodSchG ergibt sich, dass die unteren Bodenschutzbehörden auch eine Bewertung der aufgenommenen Infor-mationen vorzunehmen haben, die neben der Prüfung auf Kausalität auch die Gewichtung der vorliegenden Anhaltspunkte beinhaltet.

    Um eine landesweit einheitliche Bewertung sicherstellen zu können, erfolgt diese nach Vorgaben der oberen Bodenschutzbehörde.

    2.1.3 Weitere landesrechtliche RegelungenVor Inkrafttreten des Landesbodenschutz- und Altlastengesetzes wurde die Erfassung in Schleswig-Holstein durch verschiedene Erlas-se geregelt, die in Kapitel 1 vollständig auf-geführt sind. Die Erfassung war auch damals Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte.

    Weitere Erlasse, die die Verwendung und den Zugang der erfassten Daten regeln:

    Berücksichtigung von Flächen mit Boden-belastungen, insbesondere Altlasten, in der Bauleitplanung und im Baugenehmigungs-verfahren (Altlastenerlass)Für die Bauleitplanung in Schleswig-Holstein sind neben den Bestimmungen des BauGB die im gemeinsamen Erlass getroffenen Regelun-gen des Innenministeriums IV268-511.55 und des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume V425-5821.12.1 vom 06.12.2010 anzuwenden, in denen die Vorge-hensweise der Gemeinden bei der Aufstellung von Bauleitplänen im Hinblick auf die Altlasten-problematik konkretisiert wird.

    LBodSchG§ 5

    Kataster und Informationssysteme(1) Die untere Bodenschutzbehörde erfasst altlastverdächtige Flächen und Altlasten sowie Verdachtsflächen und Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen in einem laufend fortzuschreibenden Boden- und Altlastenkataster. Dabei sind die für die Erforschung und Abwehr von Gefahren und die für die Feststellung der Ordnungspflichtigen benötigten Daten, Tatsachen und Erkenntnisse zu sammeln, aufzubereiten und zu bewerten. Dazu gehören insbesondere

    1. Lage, Größe und Zustand der in Satz 1 genannten Flächen,2. frühere, bestehende und geplante Nutzungen auf den Flächen und im Einwirkungs-

    bereich,3. Art, Menge und Beschaffenheit von Abfällen und Stoffen, die abgelagert worden

    sein können oder mit denen umgegangen worden sein kann,4. Boden- und Grundwasserverhältnisse sowie Umwelteinwirkungen auf den Flächen

    und deren Einwirkungsbereich sowie5. die Pflichtigen nach § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG.

    Außerdem sind in das Boden- und Altlastenkataster die bei der Untersuchung, Beurteilung und Sanierung der Flächen und bei der Durchführung sonstiger Maßnahmen oder bei der Überwachung ermittelten Daten aufzunehmen.

    (2) Die obere Bodenschutzbehörde erfasst und bewertet1. ... 2. in einem Altlasteninformationssystem die von den unteren Bodenschutzbehörden

    regelmäßig zu übermittelnden Kataster nach Absatz 1.

  • Rechtliche Grundlagen

    2.1 – 4 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Der Erlass regelt die Berücksichtigung von Flächen mit Bodenbelastungen in der Bauleit-planung und im Baugenehmigungsverfahren. Dabei ist es Aufgabe der planenden Gemeinde bzw. der Bauaufsichtsbehörde, durch • eine Planung, die mit den vorhande-

    nen schädlichen Bodenveränderun-gen und Altlasten vereinbar ist,

    • die Sicherstellung einer der Bebau-ung vorangehenden Sanierung oder

    • Nebenbestimmungen zur Baugenehmigungdie allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicher-heit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB) bzw. die öffentli-che Sicherheit, insbesondere Leben und Ge-sundheit (§ 3 Abs. 2 LBO), zu gewährleisten.

    Anlass für eine Nachforschung hinsichtlich möglicher Bodenbelastungen in einem Bau-leitplanverfahren besteht, wenn der bauleit-planenden Gemeinde Anhaltspunkte über das mögliche Bestehen von Bodenbelastungen vorliegen oder sich aus behördlichen oder allgemein zugänglichen Informationsquellen ein Verdacht auf Bodenbelastungen ergibt. Informationsquellen sind hier insbesondere die Boden- und Altlastenkataster der unteren Bo-denschutzbehörden. Bei einem Verdacht muss die Gemeinde sich gezielt Klarheit über Art und Umfang der Bodenbelastung sowie über das Gefahrenpotential verschaffen.

    Für die Aufstellung von Bebauungsplänen sind insbesondere vorhandene Altlastenkataster auszuwerten und, sofern sich altlastverdäch-tige Flächen beziehungsweise Altlasten im

    Plangebiet befinden, nutzungsbezogene Ge-fährdungsabschätzungen durchzuführen, um einen Nutzungskonflikt auszuschließen.

    Zur Information und Warnung sollen nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BauGB im Flächennutzungsplan nur die für eine bauliche Nutzung vorgese-henen Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind, gekennzeichnet werden. Sofern Bodenbe-lastungen im sonstigen Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes bekannt sind, sollte in der Erläuterung hierauf verwiesen werden.

    Im Bebauungsplan wird für sämtliche Flächen eine Kennzeichnung verlangt; es besteht keine Beschränkung auf Flächen für bauliche Nutzun-gen (§ 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB).

    Informationszugangsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (IZG-SH) vom 19. Januar 2012 (GVOBl 2012, S. 89)Das Gesetz regelt unter anderem den recht-lichen Rahmen für den freien Zugang zu Um-weltinformationen bei informationspflichtigen Stellen. Insbesondere sind die Gründe für den Ausschluss und die Beschränkungen des An-spruchs auf Information zu beachten. Soweit personenbezogene Daten betroffen sein kön-nen, kommt es im jeweiligen Einzelfall zu einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Abwägung zwischen dem öffentlichen Interes-se am freien Zugang zu Informationen über die Umwelt und dem Schutz personenbezogener Daten.

  • Rechtliche Grundlagen

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 2.2 – 1

    2.2 Erfassung als Teil der Altlastenbear-beitung

    Die Erfassung von altlastverdächtigen Alt-standorten und Altablagerungen ist der erste und grundlegende Verfahrensschritt im Ablauf der gestuften Altlastenbearbeitung, der im BBodSchG und in der BBodSchV angelegt ist.

    Aus § 5 LBodSchG ergeben sich folgende Teilschritte der Erfassung:• Sammlung und Aufbereitung der zur

    Erforschung und Abwehr von Gefahren notwendigen Daten. Dazu gehört insbe-sondere die systematische Erfassung von Altablagerungen und Altstandorten.

    • Bewertung der Daten, also die Prüfung, ob die vorliegenden Daten einer Fläche sich zu Anhaltspunkten im Sinne von § 3 BBodSchV verdichten und der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder sonstiger Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit zu begründen ist, und somit die Voraussetzungen für die Einstufung als altlastverdächtige Fläche nach § 2 Abs. 6 BBodSchG vorliegen.

    • Aufnahme der altlastverdächtigen Flächen und Altlasten sowie der Verdachtsflächen und Flächen mit schädlichen Bodenver-änderungen in das Boden- und Altlasten-kataster nach § 5 Abs. 1 LBodSchG.

    Nach Abschluss der standortbezogenen Erfas-sungen und Aufnahme der dabei beschafften Daten in das Boden- und Altlastenkataster hat die untere Bodenschutzbehörde im Regelfall eine Prüfung der gesamten Erfassungsergeb-nisse für die einzelne Fläche vorzunehmen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob und wann weitergehende Maßnahmen notwendig sind.

    Entsprechendes gilt für die Führung der Kataster nach § 5 LBodSchG, in denen nicht nur die anfänglich erhobenen Informationen dokumentiert werden, sondern fortlaufend relevante Daten aufzunehmen sind, die sich bei Untersuchungen, Beurteilung und Sanie-rung der Flächen sowie bei der Durchführung sonstiger Maßnahmen ergeben.

  • Rechtliche Grundlagen

    2.3 – 1 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    2.3 Verhältnis zwischen Erfassung nach LBodSchG und behördlicher Ermitt-lungspflicht nach BBodSchG

    Die Länder können nach § 11 BBodSchG die Erfassung der Altlasten und altlastverdächtigen Flächen und nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 BBod-SchG die Erfassung von Verdachtsflächen und Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen regeln. Schleswig-Holstein hat diese Ermäch-tigungsgrundlage für § 5 LBodSchG wahrge-nommen. Unter welchen Voraussetzungen ein Grundstück als Altlast oder altlastverdächtige

    Fläche einzustufen ist, richtet sich jedoch nach den Begriffsbestimmungen in § 2 Abs. 5 und 6 BBodSchG (siehe Kapitel 2.1.1).

    Das BBodSchG bestimmt in § 9 Abs. 1 Satz 1 weiterhin, dass die zuständige Behörde zur Ermittlung des Sachverhalts die geeigneten Maßnahmen ergreifen soll (behördliche Ermitt-lungspflicht, Amtsermittlungsgrundsatz), wenn sie Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Alt-last oder schädlichen Bodenveränderung hat.

    BBodSchG§ 9

    Gefährdungsabschätzung und Untersuchungsanordnungen(1) Liegen der zuständigen Behörde Anhaltspunkte dafür vor, daß eine schädliche Boden-veränderung oder Altlast vorliegt, so soll sie zur Ermittlung des Sachverhalts die geeigne-ten Maßnahmen ergreifen. Werden die in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 festgesetzten Prüfwerte überschritten, soll die zuständige Behörde die notwendi-gen Maßnahmen treffen, um festzustellen, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Im Rahmen der Untersuchung und Bewertung sind insbesondere Art und Konzentration der Schadstoffe, die Möglichkeit ihrer Ausbreitung in die Umwelt und ihrer Aufnahme durch Menschen, Tiere und Pflanzen sowie die Nutzung des Grundstücks nach § 4 Abs. 4 zu berücksichtigen. Der Grundstückseigentümer und, wenn dieser bekannt ist, auch der Inhaber der tatsächlichen Gewalt sind über die getroffenen Feststellungen und über die Ergebnisse der Bewertung auf Antrag schriftlich zu unterrichten.

    (2) Besteht auf Grund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädli-chen Bodenveränderung oder einer Altlast, kann die zuständige Behörde anordnen, daß die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben. Die zuständige Behörde kann verlangen, daß Untersuchungen von Sachverständigen oder Untersuchungsstellen nach § 18 durch-geführt werden. Sonstige Pflichten zur Mitwirkung der in § 4 Abs. 3, 5 und 6 genannten Personen sowie Duldungspflichten der nach § 12 Betroffenen bestimmen sich nach Landesrecht.

  • Rechtliche Grundlagen

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 2.3 – 2

    Konkretisiert werden derartige Anhaltspunkte beispielhaft in § 3 Abs. 1 und 2 BBodSchV:

    Liegen Anhaltspunkte nach § 3 Abs. 1 BBod-SchV vor, so sind auch die Voraussetzungen für das Vorliegen einer altlastverdächtigen Fläche nach § 2 Abs. 6 BBodSchG erfüllt, und als Folge davon ist diese Fläche nach LBod-SchG als altlastverdächtige Fläche zu erfassen und zugleich die behördliche Ermittlungspflicht nach § 9 Abs. 1 BBodSchG begründet.

    In § 9 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG und § 3 Abs. 3 BBodSchV als dessen Konkretisierung werden die rechtlichen Folgen aus dem Vorliegen der Anhaltspunkte beschrieben. Das Verhältnis von Erfassung und Amtsermittlung sowie die Frage, ob die behördliche Ermittlungspflicht nach § 9 Abs. 1 BBodSchG mit einer Untersu-chungspflicht gleichzusetzen ist, stellt sich wie folgt dar:

    Die in § 9 Abs. 1 BBodSchG genannten „geeigneten Maßnahmen“ zur Sachverhalts-ermittlung beinhalten die gesamte Bandbreite der behördlichen Ermittlungstätigkeit. Der Amtsermittlungsgrundsatz besagt, dass die Behörde zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen tätig wird. Wie sie dies ausführt, ist in § 9 Abs. 1 BBodSchG nicht geregelt, vielmehr bestimmt die Behörde Art und Umfang der Ermittlung selbst (vergleiche HIPP in HIPP/RECH/TURIAN 2000, Rdnr. 359). Dies umfasst sowohl Maßnahmen, die der Erfassung zuzu-ordnen sind (vergleiche FEHLAU in FEHLAU/KÖNIG/HILGER 2000, § 3 Rdnr. 33ff. und 69ff.), als auch Maßnahmen, die der Unter-suchung und Bewertung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG) dienen.

    BBodSchV§ 3

    Untersuchung(1) Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Altlast bestehen bei einem Altstandort insbeson-dere, wenn auf Grundstücken über einen längeren Zeitraum oder in erheblicher Menge mit Schadstoffen umgegangen wurde und die jeweilige Betriebs-, Bewirtschaftungs- oder Verfahrensweise oder Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs nicht unerhebliche Einträge solcher Stoffe in den Boden vermuten lassen. Bei Altablagerungen sind diese Anhaltspunkte insbesondere dann gegeben, wenn die Art des Betriebs oder der Zeitpunkt der Stilllegung den Verdacht nahe legen, daß Abfälle nicht sachgerecht behandelt, gela-gert oder abgelagert wurden.

    (2) Absatz 1 Satz 1 gilt für schädliche Bodenveränderungen entsprechend. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung ergeben sich ergänzend zu Absatz 1 insbesondere durch allgemeine oder konkrete Hinweise auf

    1. den Eintrag von Schadstoffen über einen längeren Zeitraum und in erheblicher Menge über die Luft oder Gewässer oder durch eine Aufbringung erheblicher Frachten an Abfällen oder Abwässer auf Böden,

    2. eine erhebliche Freisetzung naturbedingt erhöhter Gehalte an Schadstoffen in Bö-den,

    3. erhöhte Schadstoffgehalte in Nahrungs- oder Futterpflanzen am Standort,4. das Austreten von Wasser mit erheblichen Frachten an Schadstoffen aus Böden

    oder Altablagerungen,5. erhebliche Bodenabträge und -ablagerungen durch Wasser oder Wind.

    Einzubeziehen sind dabei auch Erkenntnisse auf Grund allgemeiner Untersuchungen oder Erfahrungswerte aus Vergleichssituationen insbesondere zur Ausbreitung von Schadstoffen.

    (3) Liegen Anhaltspunkte nach Absatz 1 und 2 vor, soll die Verdachtsfläche oder altlastver-dächtige Fläche nach der Erfassung zunächst einer orientierenden Untersuchung unterzo-gen werden.

  • Rechtliche Grundlagen

    2.3 – 3 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Anhaltspunkte im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 BBodSchV werden in der Regel zu einer einzel-fallbezogenen Fortsetzung der Erfassungs-tätigkeit der unteren Bodenschutzbehörde führen, dies ist insbesondere eine vertiefende historische Erkundung. Der Übergang von weiteren Erfassungstätigkeiten zu örtlichen Untersuchungen im Sinne der orientierenden Untersuchung nach § 3 Abs. 3 in Verbindung mit § 2 Nr. 3 BBodSchV ist fließend.

    Bei welchem Kenntnisstand die Sachverhalts-ermittlung durch eine orientierende Untersu-chung fortgeführt wird, ist durch die untere Bodenschutzbehörde im Einzelfall zu entschei-den. BBodSchG und BBodSchV enthalten keine Regelungen über die Voraussetzungen, nach denen sich die behördliche Ermittlungs-pflicht zu einer Untersuchungspflicht verdich-tet (vergleiche auch LUA NRW 2001, S. 29 ff.).

    Es ist aufgrund der teilweise sehr hohen Fallzahlen an altlastverdächtigen Flächen, der notwendigen vorrangigen Bearbeitung schon festgestellter Altlasten und schädlicher Bodenveränderungen sowie der beschränkten behördlichen Kapazitäten erforderlich, sukzes-sive die Sachverhaltsermittlung gemäß eines prioritätensetzenden Konzeptes zu vollziehen.

    Aufgrund eines fehlenden allgemeinen Ge-setzesvollziehungsanspruches lässt sich kein Anspruch Betroffener auf behördliche Sach-verhaltsaufklärung ableiten. Ein Anspruch auf Tätigwerden setzt eine Ermessensreduzierung auf Null voraus, wovon in der Regel bei einem vorliegenden Anfangsverdacht nicht ausge-gangen werden kann (vergleiche HIPP in HIPP/RECH/TURIAN 2000, Rdnr. 361).

  • Rechtliche Grundlagen

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 2.4 – 1

    2.4 Hinweise zum Vollzug datenschutz-rechtlicher Regelungen und zum Anspruch auf Informationen über die Umwelt im Bereich des LBodSchG

    Hinsichtlich der Boden- und Altlastenkataster der unteren Bodenschutzbehörden und der Boden- und Altlasteninformationssysteme der oberen Bodenschutzbehörde sind folgende Hinweise zu beachten:

    Die Führung der landesweiten Boden- und Altlasteninformationssysteme beim Landes-amt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) sowie der Boden- und Altlas-tenkataster bei den unteren Bodenschutzbe-hörden und die damit zusammenhängenden Mitteilungs-, Auskunfts- und Unterrichtungs-pflichten unterliegen datenschutzrechtlichen Regelungen, da Teile der dort gespeicherten Informationen (z.B. Flurstücksnummer, ehe-malige Betreiber bzw. Hoch- und Rechtswerte) Einzelangaben über sachliche Verhältnisse zumindest bestimmbarer natürlicher Personen sind. Als personenbezogene Daten (verglei-che § 2 Abs. 1 LDSG) unterliegen sie damit dem Schutz des Landesdatenschutzgesetzes (§§ 1, 3 Abs. 1 LDSG). Speichernde Stellen im Sinne des § 2 Abs. 3 LDSG sind insoweit das LLUR und die unteren Bodenschutzbehörden.

    Für juristische Personen gilt allein das Lan-desbodenschutzgesetz, hier insbesondere § 6 Abs. 3 LBodSchG.

    2.4.1 Zulässigkeit der Datenverarbeitung

    2.4.1.1 Datenerhebung und -speicherung§§ 5, 6 LBodSchG in Verbindung mit §§ 11-15, 22, 23 LDSG enthalten die Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Führung der Boden- und Altlastenkataster und des Boden- und Altlasteninformationssys-tems durch die unteren Bodenschutzbehörden und das LLUR. Die Regelungen des Landesbo-denschutzgesetzes ergänzen die des Landes-datenschutzgesetzes.

    § 5 Abs. 1 LBodSchG regelt die Erfassung von altlastverdächtigen Flächen und Altlas-ten sowie Verdachtsflächen und schädlichen Bodenveränderungen in einem Boden- und Altlastenkataster. Dabei sind die für die Er-forschung und Abwehr von Gefahren und die für die Feststellung der Ordnungspflichtigen benötigten Daten, Tatsachen und Erkenntnisse zu sammeln, aufzubereiten und zu bewerten.

    Erst nach einer formalen Erstbewertung (Klassifizierung) der erfassten Daten verdich-ten sich die vorliegenden Informationen zu Anhaltspunkten nach § 3 Abs. 1 BBodSchV. Liegen Anhaltspunkte im Sinne von § 3 Abs. 1 BBodSchV vor, ist von einer altlastverdächti-gen Fläche auszugehen. Diese Flächen sind in das Boden- und Altlastenkataster einzustellen.

    Liegen Anhaltspunkte nach § 3 Abs. 2 BBo-dSchV oder § 8 Abs. 2 BBodSchV vor, sind diese Flächen als Verdachtsflächen oder schädliche Bodenveränderungen in das Boden- und Altlastenkataster einzustellen. Die datenschutzrechlichen Ausführungen für die altlastverdächtigen Flächen und Altlasten gelten entsprechend.

    • Altstandorte:Altstandorte, die im Rahmen der Klassi-fizierung als altlastverdächtig eingestuft wurden, sind in das Boden- und Altlasten-kataster einzustellen (Kataster = K-Fälle). Daten, die noch nicht durch die untere Bodenschutzbehörde bewertet wurden, sind in ein sogenanntes „Prüfverzeichnis“ aufzunehmen. Es ist sicherzustellen, dass solche Daten nicht Bestandteil des Katas-ters sind.

    • Altablagerungen:Altablagerungen der Prioritätsstufen I und II sind in das Kataster einzustellen. Flächen der Priorität III sind in das „Prüfverzeich-nis“ zu übernehmen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Fläche in das Kataster oder ein Archiv zu überführen ist. Flächen, die noch nicht bewertet wurden, sind eben-falls in das sogenannte „Prüfverzeichnis“ aufzunehmen.

  • Rechtliche Grundlagen

    2.4 – 2 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Nach § 6 Abs. 3 LBodSchG hat die untere Bo-denschutzbehörde vor Aufnahme einer Fläche in das Boden- und Altlastenkataster die Grund-stückseigentümer hierüber zu informieren. Die Information der Betroffenen ist mit der Aufklä-rung nach § 26 LDSG zu verbinden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Übermittlung der Daten nach § 6 Abs. 1 LBodSchG an das LLUR hinzuweisen. Diese vorherige Informati-onspflicht gilt für die Aufnahme eines Grund-stücks in ein Kataster nach dem Inkrafttreten des LBodSchG. Für Daten, die vor Inkrafttreten des LBodSchG in einem Kataster aufgenom-men worden sind, greift § 26 Abs. 3 LDSG. Das heißt, dass die Information der Grund-stückseigentümer, über deren Grundstücke schon Daten in die bestehenden Kataster eingestellt sind, vor der nächsten Übermittlung an das LLUR - soweit noch nicht erfolgt - nach-geholt worden sein muss.

    Um der Aufklärungspflicht nach § 26 Abs. 3 LDSG nachzukommen, sind die Eigentümer zu ermitteln. Die Behörden sind von einer Auf-klärungspflicht befreit, wenn die Benachrichti-gung der Betroffenen unmöglich ist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert (ver-gleiche § 26 Abs. 3 Satz 2 LDSG). Um einen solchen unverhältnismäßigen Aufwand handelt es sich in der Regel nicht, da insbesondere die Grundstückseigentümer großes Interesse am

    Zustand ihres Grundstücks haben und sie auch zu den Pflichtigen nach § 4 Abs. 3 BBodSchG gehören. Die frühzeitige Kenntnis von den möglichen Verpflichteten nach § 4 Abs. 3, 5 oder 6 BBodSchG ist für die untere Boden-schutzbehörde vor dem Hintergrund, dass für Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 BBodSchG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 LBodSchG (Amts-ermittlungspflicht) die Grundstückseigentümer bekannt sein müssen, von großer Bedeutung.

    Die Aufnahme eines Grundstücks ist kein be-lastender Verwaltungsakt; eine Anhörung nach § 87 Landesverwaltungsgesetz ist in der Regel nicht erforderlich.

    Durch die erforderliche Information vor Auf-nahme in das Kataster und den Anspruch nach § 6 Abs. 3 Satz 2 LBodSchG auf Berichtigung oder Löschung der über ein Grundstück vor-handenen Daten, wenn diese unrichtig sind, wird dem betroffenen Grundstückseigentümer Rechtsschutz gewährt. Kommt die untere Bodenschutzbehörde dem Verlangen des Betroffenen nicht nach, kann dieser Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.

    Über wesentliche Änderungen der gespeicher-ten Daten sind die Grundstückseigentümer entsprechend § 26 Abs. 3 LDSG ebenfalls zu informieren.

  • Rechtliche Grundlagen

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 2.4 – 3

    2.4.1.2 Aufbewahrung und Archivierung§ 5 Abs. 3 LBodSchG regelt die Aufbewah-rung der Daten in den Katastern und in den Informationssystemen. Es besteht eine zeitlich unbeschränkte Aufbewahrungspflicht

    der Daten. Personenbezogene Daten, deren Aufbewahrung für die Aufgabenerfüllung der Bodenschutzbehörden nicht mehr erforderlich ist, sind unverzüglich zu löschen.

    LBodSchG§ 5

    Kataster und Informationssysteme(3) Für die Daten nach Absatz 1 und 2 besteht eine zeitlich unbeschränkte Aufbewah-rungspflicht. Personenbezogene Daten, deren Aufbewahrung für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist, sind unverzüglich zu löschen. Daten über altlastverdächtige Flächen und Altlasten, die nach der Bewertung durch die untere Bodenschutzbehörde die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 und 6 BBodSchG nicht oder nicht mehr erfüllen, sowie Daten über Verdachtsflächen und Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen, die nach der Bewertung durch die untere Bodenschutzbehörde die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 und 4 BBodSchG nicht oder nicht mehr erfüllen, sollen mit besonderer Kennzeichnung archiviert werden, soweit dies für die Aufgabenwahrnehmung der Bodenschutzbehörden und der in § 6 genannten Behörden erforderlich ist. Anderenfalls sind sie zu löschen.

    Daten über• altlastverdächtige Flächen und Altlasten

    oder • Verdachtsflächen und Flächen mit

    schädlichen Bodenveränderungen,die nach der Bewertung durch die untere Bodenschutzbehörde die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 bis 6 BBodSchG nicht oder nicht mehr erfüllen, sollen mit besonderer Kenn-zeichnung archiviert werden, soweit dies für die Aufgabenwahrnehmung der Bodenschutz-behörden und der nach § 6 LBodSchG genann-ten Behörden erforderlich ist (siehe Kapitel 2.4.1.3). Die Archivierung solcher Standorte in einem „Boden- und Altlastenarchiv“ ist in der Regel zulässig, da für eine zweckmäßige und möglichst effektive Aufgabenerledigung seitens der unteren Bodenschutzbehörde diese den Überblick darüber behalten muss, welche nach allgemeinen Kriterien als altlast-verdächtig in Betracht kommenden Grund-stücke einer erneuten Sachverhaltsermittlung nicht mehr bedürfen. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass zukünftige neue Er-kenntnisse oder Umstände einen Verdacht im Einzelfall wieder aufleben lassen. Dies ist vor allem im Hinblick auf die Bauleitplanung von Bedeutung.

    • Altstandorte:Altstandorte, für die sich der Altlastver-dacht im Rahmen der Bewertung nicht bestätigt hat, sind in der Regel in das Archiv einzustellen. Dabei ist zwischen den Kategorien A1 und A2 zu unterscheiden:• Kategorie A1: unabhängig von allen

    bewertungsrelevanten Parametern hat sich der Altlastverdacht nicht bestätigt bzw. ist nicht mehr gegeben

    • Kategorie A2: bei den derzeitigen Gege-benheiten liegt kein Gefahrentatbestand vor. Bei Änderung bewertungsrele-vanten Parametern kann eine andere Bewertungssituation entstehen.

    Altstandorte, für die der Altlastverdacht nach der Durchführung weiterer Maßnahmen aus-geräumt wurde, sind ebenfalls in der Regel in das Archiv aufzunehmen. Dies gilt analog für sanierte Altstandorte.

    • Altablagerungen:Für Altablagerungen gelten analoge Rege-lungen.

    Anderenfalls sind die Daten zu löschen.

  • Rechtliche Grundlagen

    2.4 – 4 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Das „Prüfverzeichnis“, das Boden- und Altlas-tenkataster und das „Boden- und Altlastenar-chiv“ sind voneinander getrennt, jedoch in ei-ner gemeinsamen Grunddatenbank zu halten. In digitaler Form kann dies durch geeignete Programmfilter und entsprechende Passworte bzw. Zugangsrechte geregelt werden. In analo-ger Form sind die Daten räumlich getrennt zu halten und ebenfalls durch entsprechende Zugangsrechte vor dem Zugang durch Dritte zu schützen. Die allgemeinen Datenschutzre-

    gelungen über Zugangsrechte und Hardware-einrichtungen sind zu beachten.

    2.4.1.3 DatenübermittlungNach § 6 Abs. 3 Satz 3 LBodSchG ist die Über-mittlung der Daten erst nach der Information der Grundstückseigentümer und einer eventu-ellen Berichtigung zulässig.

    LBodSchG§ 6

    Datenübermittlung an Dritte, Zugang zu Daten(1) Die im Boden- und Altlastenkataster (§ 5 Abs. 1) oder im Boden- und Altlasteninforma-tionssystem (§ 5 Abs. 2) enthaltenen Daten können an Behörden, die Aufgaben nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz oder diesem Gesetz wahrnehmen, regelmäßig, auch durch Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das einen Abruf ermöglicht, übermittelt werden.

    (2) Die Daten können außerdem auf Ersuchen an andere Behörden und an Unternehmen, die die öffentliche Ver- und Entsorgung leitungsgebunden durchführen, übermittelt wer-den, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

    (3) Vor Aufnahme einer Fläche in das Boden- und Altlastenkataster nach § 5 Abs. 1 hat die untere Bodenschutzbehörde die Grundstückseigentümerin oder den Grundstückseigen-tümer hierüber zu informieren. Sie können die Berichtigung oder Löschung der über ein Grundstück vorhandenen Daten verlangen, wenn diese unrichtig sind. Erst danach ist eine Übermittlung der Daten an Dritte zulässig.

    Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Datenübermittlung an öffentliche oder nichtöffentliche Stellen sind - mit Ausnahme der Datenübermittlung zwischen Bund und Ländern (§ 19 Abs. 1 BBodSchG) - in §§ 14 und 15 LDSG und § 6 LBodSchG geregelt:• § 6 Abs. 1 LBodSchG ermöglicht die

    Datenübermittlung unter den Behörden, die Aufgaben nach dem BBodSchG und LBodSchG wahrnehmen. Dies betrifft vor allem die Datenübermittlung an das LLUR als obere Bodenschutzbehörde.Die unteren Bodenschutzbehörden über-mitteln ihr Kataster regelmäßig jährlich zum 31. Januar an das LLUR, das das Altlasten-informationssystems nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 LBodSchG führt. Wesentliche Änderungen sind sofort zu übermitteln, insbesondere– der Abschluss einer erfolgreichen Sanie-

    rung oder– andere die Fläche entlastende Altlasten-

    bearbeitungsmaßnahmen.

    • § 6 Abs. 2 LBodSchG ermöglicht die Über-mittlung der in den Boden- und Altlasten-katastern (§ 5 Abs. 1 LBodSchG) und den Boden- und Altlasteninformationssystemen (§ 5 Abs. 2 LBodSchG) gespeicherten Daten an andere Behörden als öffentliche Stellen im Sinne des Landesdatenschutz-gesetzes und an Unternehmen, die die öffentliche Ver- und Entsorgung leitungs-gebunden durchführen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Unternehmen, die die öffentliche Ver- und Entsorgung leitungsgebunden durchführen, sind in der Regel solche, die der Wasser-, Strom-, Gas- und Telekommunikationsver-sorgung oder der Abwasserentsorgung dienen und dies über erdverbundene Leitungstrassen tun. Die Übermittlung der Daten ist insbesondere für die Trassenwahl und für den Arbeitsschutz erforderlich.

  • Rechtliche Grundlagen

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 2.4 – 5

    Für die nach § 5 Abs. 3 Satz 3 LBodSchG archivierten Daten ist nur für die Kategorie A2 und A3 eine Übermittlung nach § 6 Abs. 2 LBodSchG möglich, soweit dies – insbesonde-re für die Bauleitplanung – erforderlich ist. Die Übermittlung sonstiger archivierter Daten, z.B. der Kategorie A1, ist nicht erforderlich.

    Zu beachten ist unter anderem der Zweck-bindungsgrundsatz, das heißt die perso-nenbezogenen Daten dürfen nur für solche Zwecke verarbeitet werden, zu deren Erfüllung sie übermittelt worden sind (§§ 14 Abs. 1, 15, 16 Abs. 4 LDSG). Ist der Empfänger eine öffentliche Stelle, darf er die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten, wenn für diese Zwe-cke eine Nutzung nach § 13 Abs. 2 - 6 LDSG zulässig wäre. Bei nichtöffentlichen Stellen ist eine Verarbeitung für andere Zwecke nur zu-lässig, wenn eine Übermittlung auch für diese Zwecke zulässig wäre (§ 15 LDSG, § 6 Abs. 2 LBodSchG). Nichtöffentliche Stellen sind durch die übermittelnde Stelle zur Zweckbindung zu verpflichten.

    Bei der Datenübermittlung an nichtöffentliche Stellen sind die berechtigten Interessen des Empfängers und die schutzwürdigen Interes-sen der Betroffenen gegeneinander abzuwä-gen (§§ 11 Abs. 4, 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG).

    Für die Zulässigkeit der Datenübermittlung ist in der Regel die übermittelnde Stelle verant-wortlich (§ 14 Abs. 2 LDSG).

    2.4.2 Anspruch auf Informationen über die Umwelt

    Nach § 3 des Informationszugangsgesetzes (IZG-SH) vom 19.01.2012 (GVOBl.2012, S. 89) hat jedermann grundsätzlich einen Rechts-anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer schleswig-hol-steinischen Behörde im Sinne des § 2 Abs. 3Nr. 1 oder einer Person des Privatrechts im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 IZG-SH vorhanden sind. Eine Beschaffungspflicht der Behörden für Informationen sieht das IZG-SH nicht vor.

    Nach § 2 IZG-SH kann die Informationspflicht im Hinblick auf den Boden die folgenden Da-ten betreffen:• Gesicherte Daten über den Zustand

    des Bodens (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 IZG-SH)Steht beispielsweise fest, dass eine Altlast oder schädliche Bodenveränderung vor-liegt, handelt es sich insoweit um Daten über den Zustand des Bodens. Besteht lediglich der Verdacht einer Altlast oder schädlichen Bodenveränderung, können nur die bereits gesicherten Daten über den Zustand des Bodens - nicht hingegen bloße Vermutungen oder Schätzungen - heraus-gegeben werden.

    • Informationen über Tätigkeiten oder Maßnahmen, die den Zustand des Bo-dens beeinträchtigen oder beeinträch-tigen können (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 IZG)

    • Informationen über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz des Bodens (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 IZG-SH). Dies gilt ins-besondere im Hinblick auf Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 BBodSchG.

  • Rechtliche Grundlagen

    2.4 – 6 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Ein berechtigtes Interesse des Auskunfts-ersuchenden ist nicht Voraussetzung für einen Informationsanspruch; sein Vorlie-gen kann aber bei der Entscheidung, ob die Auskunft gemäß § 6 IZG-SH abgelehnt werden muss, durchaus von Bedeutung sein. Ein Aus-kunftsanspruch besteht nach § 10 Satz 1 Nr. 1 IZG-SH nicht, wenn durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch schutzwürdige Interes-sen der Betroffenen beeinträchtigt würden. Schutzwürdig ist das Interesse des Betroffe-nen an der Geheimhaltung seiner Daten in der Regel nur dann, wenn es bei einer Abwägung mit dem Interesse des Auskunftsersuchenden an der Offenbarung der Daten das Überge-wicht hat. Entscheidend ist die Interessenla-ge im Einzelfall, folglich ist eine Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers

    und dem Geheimhaltungsinteresse des Betrof-fenen erforderlich. Das Gewicht des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestim-mung ist zu den von der begehrten Informati-on beschriebenen Umwelt- und Sozialauswir-kungen, dem sogenannten sozialen Bezug, in Beziehung zu setzen. Beispielsweise können die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Aus-kunft über die Eigenschaft eines Grundstücks abzuwägen sein gegenüber dem Interesse des Mieters oder Nachbarn des Grundstücks daran, zum Schutz vor Gesundheitsgefahren möglichst frühzeitig über einen Altlastver-dacht informiert zu sein. Die gesundheitli-chen Interessen von Grundstücksnachbarn und Nutzungsberechtigten werden in einem solchen Fall in aller Regel überwiegen. Auf die Anhörungspflicht nach § 10 Satz 3 IZG-SH wird hingewiesen.

  • 3 Methoden der Erfassung3

    3 Methoden der Erfassung

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.1 – 1

    Grundsätzlich sind für die Erfassung von Altablagerungen und Altstandorten sowie Verdachtsflächen und schädlichen Bodenver-änderungen ähnliche Methoden verwendbar, die zu nutzenden Informationsquellen und ihre Verknüpfung variieren jedoch stark. In Schles-wig-Holstein wird anstelle eines einstufigen Erfassungsverfahrens wie bei der Erfassung der Altablagerungen für Altstandorte und Verdachtsflächen sowie schädliche Bodenver-änderungen ein zweistufiges Verfahren durch-geführt, bei dem zwischen einem flächen-deckenden und einem einzelfallspezifischen Ansatz unterschieden wird. Dieses zweistufige Verfahren nach baden-württembergischem Vorbild beinhaltet die

    historische Erhebung,das heißt eine flächendeckende Erhebung, die der Feststellung der relevanten Gewerbe sowie der Flächen mit sonstigem Kontamina-tionspotential, deren Lokalisierung sowie der Gewinnung von Mindestinformationen dient, und die

    historische Erkundung,die das standortbezogene Zusammentragen aller verfügbaren Informationen über die jewei-lige umweltrelevante Fläche zum Ziel hat.

    In der Praxis kann es durchaus zu einem flie-ßenden Übergang zwischen der historischen Erhebung und der historischen Erkundung kommen, zumal Daten aus derselben Quelle oft für beide Verfahrensschritte geeignet sind, und aus Gründen eines optimierten Vorgehens möglichst in einem Zuge ausgewertet werden sollten.

    3.1 Erfassung von AltablagerungenFür die flächendeckende Erfassung der Altabla-gerungen stehen folgende Informationsquellen zur Verfügung:

    3 Methoden der Erfassung

    Informationsquellen:• Akten der zuständigen Behörden der Gebietskörperschaften• Kartenmaterial• Luftbildmaterial• Zeitzeugenaussagen

  • Methoden der Erfassung

    3.1 – 2 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Die Erfassung der Altablagerungen wird im Folgenden nur kurz erläutert, weil diese Arbeiten in Schleswig-Holstein weitestgehend abgeschlossen sind.

    Akten der zuständigen Behörden der GebietskörperschaftenEine Möglichkeit der Ermittlung von Altab-lagerungen besteht in der Aufbereitung von Verwaltungsvorgängen. Hierbei wird an die Vorgänge angeknüpft, die Hinweise auf Altab-lagerungen geben können, wie zum Beispiel Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Überwachungen, Ordnungswidrigkeiten und Strafanzeigen. Diese Vorgänge können von Ordnungs- und Polizeibehörden, Wasser-, Boden- und Abfallbehörden, Gesundheitsbe-hörden, Gewerbeaufsichtsbehörden, Natur-schutz- und Landschaftspflegebehörden sowie Baubehörden veranlasst worden sein.

    KartenmaterialDurch einen Vergleich historischer Messtisch-blätter (TK 25) aus verschiedenen Zeiträumen sind Veränderungen der Landschaft, insbe-sondere Geländeveränderungen, feststellbar. Dementsprechend kann eine Auswertung des Materials relevanter Jahrgänge im Rahmen der systematischen, flächendeckenden Erfassung der Altablagerungen sehr hilfreich sein.

    Mit noch genaueren Ergebnissen ist eine Aus-wertung der Deutschen Grundkarte 1: 5.000 (DGK 5) verbunden. Dieses Kartenmaterial steht für einige Bereiche des Landes bereits seit Mitte der 1920er Jahre zur Verfügung.

    Bei der Kartenauswertung ist insbesondere auf folgende bevorzugt zur Ablagerung von Abfallstoffen in Anspruch genommene Flächen zu achten:

    Bearbeitungsaspekte:• Geländesenken, Mulden• Feuchtgebiete, Niederungsgebiete (Flussauen), Moore• Tal- und Bacheinschnitte• Seitenarme von Gewässern, Gewässerränder• Kies-, Sand-, Ton- und Mergelgruben• Brachflächen• Bombentrichter

    LuftbildmaterialDie Auswertung von Luftbildern kann insbe-sondere zur Erfassung von Altablagerungen wichtige Informationen liefern. Luftbilder haben den Vorteil, dass sie die reale Situation wiedergeben. Aufgrabungen und gegebenen-falls eine spätere Verfüllung der Fläche sind bei entsprechender Bildqualität oftmals gut zu erkennen, so dass Rückschlüsse auf das Ausmaß und den Zeitraum der Geländeverän-derungen möglich sind (Hinweise auf Luft-bildquellen sind im Anhang 9 aufgeführt).

    ZeitzeugenaussagenDie Zeitzeugenbefragung ist bei der Erfassung von Altablagerungen sehr wichtig, um Hinwei-se auf die Ausdehnung der Ablagerung, die Vorgehensweise bei der Verfüllung und die Abfallarten zu erhalten.

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.2 – 1

    3.2 Erfassung von AltstandortenGenerell ist bei Altstandorten mit einer hohen Fallzahl und einem sehr heterogenen Bran-chen- und Schadstoffspektrum zu rechnen. Unter Umständen muss von der Möglichkeit einer großen Anzahl schutzgutgefährdender Stoffe auf einer Fläche ausgegangen werden. Der technologische Wandel kann bei gleich-bleibender Branche oft zu unterschiedlichen Verfahren und damit auch zu einem Einsatz verschiedener umweltrelevanter Stoffe geführt haben.

    3.2.1 Historische Erhebung von AltstandortenDer historischen Erhebung liegt ein flächen-deckender, systematischer Ansatz zu Grunde. Für die flächenhafte historische Erhebung der Altstandorte stehen folgende Informations-quellen zur Verfügung:

    Informationsquellen:• Historische örtliche Adressbücher• Regionale und überregionale Branchenverzeichnisse• Gewerbemeldedaten der örtlichen Behörden• Telefonbücher• Publikationen zur Wirtschaftsgeschichte (z.B. Chroniken)• Informationen von Heimatvereinen• Akten der Industrie- und Handelskammer/Handwerkskammer• Kartenmaterial • gegebenenfalls Luftbildmaterial• gegebenenfalls Zeitzeugen

    Die Bedeutung der einzelnen Quellen für die flächendeckende Altstandorterhebung ist regional sehr unterschiedlich, so dass die oben genannten Angaben nur Möglichkeiten der Da-tenbeschaffung aufzeigen. Die Vorgehenswei-se muss im Einzelfall stets den spezifischen Gegebenheiten der Region angepasst werden.

    Die historische Erhebung soll durch eine systematische Auswertung der vorhandenen Unterlagen die notwendigen Mindestinfor-mationen möglichst vollständig bereitstellen. Folgende Frage ist zu klären:

    Welche altlastrelevante Nutzung war zu welcher Zeit auf welcher Fläche?

    Mindestinformationen für die historische Altstandorterhebung:• Lage der altlastverdächtigen Fläche/Altlast (Adresse)• altlastrelevante Branche• Nutzungszeitraum

    Als einheitliches Referenzsystem zur Selektion potentiell altlastverdächtiger Altstandorte wird der „Branchenkatalog-Schleswig-Holstein“ (BKAT-SH, eingeführt mit dem Erlass vom

    14.02.1997 und aktualisiert durch das damalige LANU am 19.04.2001 und 30.08.2002, letzte Aktualisierung durch das LLUR am 15.05.2014) herangezogen (siehe Kapitel 5.2.2 und Anhang 1).

  • Methoden der Erfassung

    3.2 – 2 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Informationsgehalt der verschiedenen Quellen:

    Historische örtliche AdressbücherDie historischen Adressbücher, die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts erschienen sind, zählen zu den wichtigsten Quellen bei der systematischen Altstandorterhebung im städtischen Bereich. Für die Ermittlung von Altstandorten sind die Adressbücher in Abhän-

    gigkeit von der industriellen Entwicklung eines Untersuchungsgebietes ab Ende des 19. Jahr-hunderts von Interesse. Die Adressbücher sind in der Regel seit Beginn des 20. Jahrhunderts in einen alphabetischen Einwohnerteil, ein alphanumerisches Verzeichnis der Straßen mit einer entsprechenden Angabe der Bewohner und gegebenenfalls der gewerblichen Nutzung sowie ein Branchenverzeichnis unterteilt. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel.

    Abbildung 1: Auszug aus einem historischen Adressbuch - Inhaltsverzeichnis aus dem Jahr 1922

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.2 – 3

    Adressbücher dieser Art gibt es für fast alle Groß- und Mittelstädte (ab ca. 10.000 Einwoh-ner). Sie sind häufig im Stadt- bzw. Kreisarchiv, in der Landesbibliothek in Kiel oder im Landes-archiv in Schleswig zu finden (siehe Anhang 8).

    Der Zugriff auf altlastrelevante Gewerbe wäre prinzipiell über die Branchenverzeichnisse der Adressbücher am einfachsten. Diese sind jedoch oftmals lückenhaft, weil von einigen Verlagen nur Unternehmen in das Verzeichnis aufgenommen wurden, die für das Inserat bezahlten. Handel und Gewerbe mit überwiegender Laufkundschaft (z.B. Chemi-sche Reinigungen, Tankstellen) haben meist keine entsprechenden Anzeigen aufgegeben, sie sind über eine alleinige Auswertung des Branchenverzeichnisses nicht zu ermitteln. Ein weiterer Nachteil ist, dass es sich bei den dort angegebenen Adressen teilweise nur um die Kontoradressen handelt, die nicht mit dem eigentlichen Firmenstandort identisch sein müssen, so dass bezüglich der konkreten Lage Fehlinterpretationen möglich sind.

    Oftmals ist für die Altstandorterhebung das alphanumerische Verzeichnis der Straßen mit Angabe aller Wohnungs-, Geschäfts- und Gewerbeinhaber der informativste Teil des Adressbuches, da aus diesem altlastrelevan-te Gewerbe einschließlich der tatsächlichen Betriebsadresse sehr vollständig ermittelt werden können.

    In Abhängigkeit von der Vorgehensweise der Verlage bei der Erstellung der Adressbücher können aber trotz der oben genannten Be-denken sowohl das Branchenverzeichnis als

    auch das Einwohnerverzeichnis einen höheren Informationsgehalt als das Straßenverzeichnis aufweisen. Dies ist im Einzelfall vor einer sys-tematischen Auswertung zu prüfen.

    Sofern Adressbücher in ausreichender Anzahl vorliegen, ist über eine Auflistung der altlast-verdächtigen Gewerbe eine relativ vollständige Erfassung der relevanten Flächen möglich (ca. 80 - 90 %). Die sachgerechte Auswertung hat jedoch den Nachteil, dass sie sehr zeitintensiv ist und nur von fachkundigen Personen durch-geführt werden sollte.

    Eine systematische Auswertung der für die Erfassung ausgewählten Verzeichnisse sollte im zeitlichen Abstand von etwa 7 bis 10 Jahren durchgeführt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass in Krisenzeiten wie z.B. während der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegsjahre die Zeiträume enger gefasst werden sollten, um auch kriegsbedingte Nutzungsänderungen zu ermitteln. Es besteht jedoch gerade in diesen Zeiten die Gefahr, dass viele Betriebe nicht in den Verzeichnissen berücksichtigt sind, da sie nicht offiziell ange-meldet wurden, bzw. Adressbücher überhaupt nicht neu aufgelegt wurden.

    Ein weiterer problematischer Zeitraum ergibt sich durch den Tankstellenboom, der 1965 be-gann und bis in die 1980er Jahre hineinreichte. Viele Tankstellen aus dieser Zeit wurden nur für wenige Jahre betrieben. Um Betriebe dieser Art zu ermitteln, sollte für diese Zeit-spanne mindestens alle 5 Jahre eine Erhebung durchgeführt werden.

  • Methoden der Erfassung

    3.2 – 4 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Regionale und überregionale BranchenverzeichnisseEin Branchenverzeichnis, das nicht die zuvor genannten Nachteile aufweist, ist das Deut-sche Bundes-Adressbuch der gewerblichen Wirtschaft, das in der Nachkriegszeit aus amt-lichen Quellen erstellt wurde, um die deutsche Wirtschaft zu unterstützen.

    Der besondere Vorteil dieses Verzeichnisses besteht darin, dass auch Betriebe in ländlichen Regionen, für die sonst kaum eine zentrale Quelle besteht, nachweisbar sind. Das Deut-sche Bundes-Adressbuch der gewerblichen

    Wirtschaft ist leider nur in wenigen Exempla-ren erhalten geblieben. Im Institut für Welt-wirtschaft der Christian-Albrechts-Universität in Kiel existieren Exemplare von 1952 - 1994 (siehe Tabelle 1).

    Die Bücher können vor Ort eingesehen und kopiert werden. Die Verlässlichkeit dieser Quelle ist relativ groß, so dass sie anstelle des Straßenverzeichnisses aus einem historischen Adressbuch auch für Städte sowie größere Ge-meinden und Ämter als Ersatz oder Ergänzung genutzt werden kann.

    Tabelle 1: Auflistung der Deutschen Bundes - Adressbücher des Institutes für Weltwirtschaft

    Titel Jahrgang Ausgabe

    Deutsches Bundes-Adressbuch der gewerblichen Wirtschaft 1952 1

    Deutsches Bundes-Adressbuch der gewerblichen Wirtschaft 1956 3

    Deutsches Bundes-Adressbuch der gewerblichen Wirtschaft 1958 5

    Deutsches Bundes-Adressbuch der gewerblichen Wirtschaft 1959 6

    Deutsches Bundes-Adressbuch der gewerblichen Wirtschaft 1960 7

    Deutsches Bundes-Adressbuch für Industrie, Handel, Gewerbe und Verkehr

    1961 8

    Deutsches Bundes-Adressbuch für Industrie, Handel, Gewerbe und Verkehr

    1962 9

    Deutsches Bundes-Adressbuch der Firmen aus Industrie, Handel und Verkehr

    1964 11

    Deutsches Bundes-Adressbuch der Firmen aus Industrie, Handel und Verkehr

    1967/68 14

    Deutsches Bundes-Adressbuch der Firmen aus Industrie, Handel und Verkehr

    1971/72 18

    Deutsches Bundes-Adressbuch der Firmen aus Industrie, Handel und Verkehr

    1974/75 21

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1975/76 22

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1976/77 23

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1977/78 24

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1981/82 28

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1985/86 32

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1987/88 34

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1990/91 37

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1992/93 39

    Deutsches Bundes-Adressbuch: der Mittler für Industriekontakt und kommunale Planung

    1993/94 40

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.2 – 5

    Neben dem Deutschen Bundes-Adressbuch der gewerblichen Wirtschaft zählt auch das Firmenhandbuch Schleswig-Holstein und der Hansestadt Hamburg zu den regionalen bzw. überregionalen Branchenverzeichnissen, die für die Erfassung relevanter Flächen genutzt werden können. Von Bedeutung sind der alphabetische Firmenteil mit einem ortsweise

    geordneten Verzeichnis der Vollkaufleute und der Branchenteil, in dem die Firmen nach Bran-chen ortsweise alphabetisch geordnet sind. Erfasst werden sollten alle altlastrelevanten im Handelsregister eingetragenen Unternehmen, sofern eine Betriebsstätte ermittelt werden konnte (siehe Abbildung 2).

    Abbildung 2: Auszug aus dem Firmenhandbuch für Schleswig- Holstein und Hamburg von 1977

  • Methoden der Erfassung

    3.2 – 6 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    In der Landesbibliothek in Kiel liegen verschie-dene Exemplare vor, die vor Ort eingesehen,

    aber auch ausgeliehen werden können (siehe Tabelle 2).

    Tabelle 2: Auflistung der Firmenhandbücher Schleswig-Holsteins und der Hansestadt Hamburg

    Titel Jahrgang

    Firmenhandbuch SH/HH 1949/50*

    Firmenhandbuch SH/HH 1960

    Firmenhandbuch SH/HH 1968

    Firmenhandbuch SH/HH 1971

    Firmenhandbuch SH/HH 1977

    * zum Teil unvollständige Adressangaben

    Gewerbemeldedaten der örtlichen BehördenGrundsätzlich muss jeder Gewerbebetrieb beim zuständigen Amt, häufig Teil des Ord-nungsamtes, in der Gewerbekartei gemeldet sein. Die Grundlage für das Führen einer Ge-werbekartei wurde 1869 mit der Preußischen Gewerbeordnung (GO) gelegt.

    In der Gewerbekartei sind zumeist die wesent-lichen Daten zur Kennzeichnung des Betrie-bes enthalten (Name, Adresse, Nutzungsart, Zeitpunkt der An-, Um- bzw. Abmeldung).

    Ältere Gewerbemeldedaten liegen in Papier-form vor (Loseblattsammlung, Karteikarten, gebundene Journale, siehe Abbildung 3).

    Abbildung 3: Auszug aus einem Gewerbejournal (Abmeldung) aus dem Jahr 1930

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.2 – 7

    Gewerbejournale wurden früher oft nach An- und Abmeldung getrennt in verschiedenen Büchern geführt, so dass eine Suche nach vollständigen Datensätzen schwierig ist. Bis in die 1990er Jahre wurde die Papierform überwiegend beibehalten. Die aktuellen Daten

    befinden sich zum größten Teil in den Gewer-bemeldeämtern der Gebietskörperschaften und werden dort EDV-technisch verwaltet. Ältere Daten sind, sofern sie nicht vernichtet wurden, oftmals in Gemeinde-, Stadt- bzw. Kreisarchive ausgelagert worden.

    Durch den Erlass XI 530 vom 19.1.1996 hat das damalige MNUL erstmals präzisiert, dass vor der Löschung von Daten im Rahmen der Durchführung der Ziffer 6.3.6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der §§ 14, 15 und 55c der Gewerbeordnung (Er-lass des MWTV VII 420b-1767 vom 6.11.1995) Daten aus Gewerbeanzeigen an die für die Altlastenerfassung zuständigen Behörden zu übermitteln sind. Diese Regelung umfasst die Betriebe, bei denen nicht mit Sicherheit ausge-schlossen werden kann, dass es in der Vergan-genheit zu flüssigen, gasförmigen oder festen Schadstoffeinträgen in den Boden des betref-fenden Betriebes oder benachbarter Grund-stücke oder das Grundwasser gekommen ist. Aktualisiert wurde diese Regelung 2005.

    Prinzipiell müsste mit der Gewerbekartei für die jeweilige Gebietskörperschaft eine voll-ständige Liste der an- bzw. abgemeldeten Betriebe vorliegen. Da die Löschung der Daten von abgemeldeten Betrieben in den zuständi-gen kommunalen Verwaltungen des Landes Schleswig-Holstein sehr unterschiedlich ge-handhabt wurde, gibt es große Unterschiede in der Vollständigkeit dieser Karteien. Es ist nahezu unmöglich, eine vollständige Altstand-orterhebung nur auf Grundlage der Gewerbe-kartei durchzuführen. Die Auswertung der Gewerbekartei sollte stets in Verbindung mit der Sichtung von Adressbüchern oder vergleichbaren Quellen erfolgen.

    Weiterhin muss bei der Auswertung der Gewer-bekartei beachtet werden, dass Änderungen der Straßennamen bzw. der Hausnummern, die im Laufe der Zeit vorgenommen wurden, bei der

    verzeichneten Adresse nicht berücksichtigt wur-den. Die erhobene historische Adresse ist heute unter Umständen nicht mehr aktuell, so dass die gegenwärtige Adresse der tatsächlich altlastver-dächtigen Fläche neu ermittelt werden muss.

    Seit 2008 gibt es Bestrebungen, die Gewer-beangelegenheiten vollständig zu digitalisie-ren, um das Verwaltungshandeln effektiver zu gestalten. Daher wurde das sogenannte eGewerbe-Verfahren eingeführt. Die Daten-übermittlung kann seitdem vollständig auf elektronischem Weg erfolgen.

    TelefonbücherNeben den Adress- und Branchenbüchern sowie den Gewerbemeldedaten sind auch die älteren Telefonbücher eine wichtige Informa-tionsquelle zur Erfassung altlastverdächtiger Standorte. Mit der flächendeckenden Ein-führung des Telefons verloren die regionalen herkömmlichen Adressbücher an Bedeutung. Sie wurden nach und nach durch die Telefon-bücher ersetzt. Telefonbücher sind ca. ab 1960 auswertbar, weil davon auszugehen ist, dass die Gewerbebetriebe ab diesem Zeitpunkt über einen eigenen Telefonanschluss verfüg-ten und somit relativ vollständig verzeichnet sind. Ein großer Nachteil der Telefonbücher ist, dass sie weitaus weniger Informationen enthalten als die historischen Adressbücher, da z.B. selten Angaben über Produktions- oder Lageradressen der Firmen vorhanden sind. Ins-besondere im ländlichen Raum kann auch die Durchsicht von alten örtlichen Telefonbüchern erforderlich werden, um altlastverdächtige Flächen zu ermitteln.

    Gemäß MNUL-Erlass XI 500b - 5278.1 vom 10.10.1991 besteht für die Erfassung von Altstandorten das Erfordernis, Gewerbekarteien und Gewerbealtkarteien der zuständigen Ordnungsbehörden auszuwerten.Gemäß Erlass XI 530 des MUNL vom 19.01.1996 bzw. des Erlass des MWAV vom 20.11. 2004 sowie des MLUR V 613 – 5821.11.1.0 vom 06.12.2005 sind die Ordnungsämter verpflichtet, die Daten der An-, Um- bzw. Abmeldung von Gewerben an die unteren Bodenschutzbehörden (uBB) zu übermitteln, da diese die Grundlage für den Aufbau von Altlastenkatastern sind.

  • Methoden der Erfassung

    3.2 – 8 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Publikationen zur Wirtschaftsgeschichte (z.B. Chroniken)Seit einigen Jahren wird die Wirtschaftsge-schichte einzelner Regionen intensiv be-arbeitet und es sind inzwischen zahlreiche Veröffentlichungen und Chroniken zu dieser Thematik erschienen. In ihnen wird oftmals die Entwicklung von Gewerbe und Industrie wäh-rend des letzten Jahrhunderts beschrieben, so dass sie wertvolle Informationen über die Industriegeschichte und damit über altlastre-levante Standorte liefern können. Diese Quelle ist sowohl für den städtischen als auch den ländlichen Bereich von Bedeutung. In zahlrei-chen Dorf- und Gemeindechroniken wird das Wirtschaftsgeschehen erläutert. Durch die Angaben von Namen, Branchen und Adressen werden wichtige Hinweise auf altlastrelevante Betriebe einer Region gegeben. Die Publikati-onen befinden sich zumeist in den Stadt- bzw. Kreisarchiven sowie Heimatvereinen (siehe Anhang 8). Eine Vielzahl der bisher erschie-nenen Chroniken befindet sich auch in der Bibliothek der Christian Albrechts-Universität in Kiel und kann dort ausgeliehen werden.

    Informationen von HeimatvereinenIn einigen Regionen existieren Heimatverei-ne, deren Mitglieder über gute Kenntnisse der örtlichen historischen Gegebenheiten

    und Besonderheiten verfügen. Häufig wurde die gewerbliche und industrielle Entwicklung recherchiert und kleine Veröffentlichungen zu dieser Thematik erstellt, die wichtige Hinweise auf ehemalige Betriebe geben. Nicht nur die schriftlichen Dokumentationen, sondern auch mündliche Mitteilungen können sehr hilfreich sein.

    Akten der Industrie-, Handels- und HandwerkskammerDurch eine Recherche bei der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskam-mer ist eine Feststellung von Betrieben und Geschäftsadressen einschließlich Firmierung möglich. Der Sachverhalt sollte durch eine Anfrage vor Ort geklärt werden.

    KartenmaterialAlte Stadtpläne können Hinweise auf ehema-lige Gewerbe- bzw. Industriebetriebe geben. Ziel der Auswertung ist das Auffinden von Signaturen oder typischen Signaturanordnun-gen, die auf gewerbliche Nutzungen hindeuten (siehe Abbildung 4).

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.2 – 9

    Abbildung 4: Auszug aus einem historischen Stadtplan von 1904, Gewerbe- und Industriebetriebe sind nummeriert und in einer beigefügten Legende aufgelistet (Quelle: Stadt Neumünster, Untere Bodenschutzbehörde)

    Im Gegensatz zum Luftbild unterliegt die Kar-tendarstellung allerdings einer maßstababhän-gigen Generalisierung durch den Bearbeiter. Die Stadtplanauswertung ist ein Instrument, das primär bei größeren gewerblichen und in-dustriellen Betrieben zur Anwendung kommt. Im günstigsten Fall sind die gewerblichen An-lagen in der Legende der Stadtpläne mit ihrem Namen und ihrer Adresse verzeichnet.

    Insbesondere die historischen Stadtpläne sind trotz ihrer wechselnden Inhalte und Gestaltung wertvolle Informationsquellen zur Erhebung von altlastverdächtigen Flächen. Sofern dieses Material vorliegt, sollte ein Ab-gleich mit den bisher ermittelten Gewerbebe-trieben des jeweiligen Zeitraumes erfolgen.

    Durch einen Vergleich historischer Messtisch blätter aus verschiedenen Zeit-räumen sind Veränderungen der Landschaft, insbesondere auch Veränderungen in der Be-bauung feststellbar. Dementsprechend kann eine Auswertung dieses Materials im Rahmen der systematischen Altstandorterhebung sehr hilfreich sein.

    Weiterhin ist eine multitemporale Kartenaus-wertung für die Überprüfung von Veränderun-gen der Straßennamen, des Straßenverlaufes sowie auch der Gebäudesituation von wesent-licher Bedeutung. Ein Abgleich verschiedener Kartenjahrgänge kann ganz entscheidende Hinweise auf Veränderungen von Straßenna-men und letztendlich auf die aktuelle Adresse geben.

  • Methoden der Erfassung

    3.2 – 10 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Eine Kartenauswertung kann mit Einschrän-kungen auch in stadtfernen und dünn besie-delten Regionen ein wichtiges Hilfsmittel sein. Sofern die bisherigen Arbeitsschritte zu unbefriedigenden Ergebnissen geführt haben, kann eine flächendeckende Auswertung von Kartenchronologen zumindest erste Hinweise auf Gewerbebetriebe geben.

    Im Rahmen der 1. Preußischen Landesauf-nahme wurden von 1875 - 1880 topographi-sche Karten im Maßstab 1: 25.000 (TK25) erstellt, die sehr detaillierte Angaben zur Nutzung enthalten (Fabrik, Schuppen, Werft, Ziegelei, Rieselfeld etc.). Die Karten wurden in relativ kurzen Abständen, mindestens jedoch im Abstand von 5 - 10 Jahren aktualisiert. Unter der Bezeichnung „Chronologen“ sind über die Erstausgabe hinaus Reproduktionen fast aller weiteren Ausgaben im Landesamt für Vermessung und Geoinformation in Kiel erhältlich.

    Mit noch genaueren Ergebnissen ist eine Auswertung der Deutschen Grundkarte 1: 5.000 (DGK 5) verbunden. Das Kartenwerk der DGK 5 ist kartographisch kaum generali-siert (siehe Abbildung 5). Dieses Kartenmateri-al steht für einige Bereiche des Landes bereits seit Mitte der 1920er Jahre zur Verfügung. Die meisten verfügbaren Karten stammen jedoch aus den 1950er Jahren. Ein Problem bei der Beschaffung der historischen DGK 5 besteht darin, dass für dieses Kartenwerk keine Chronologieblätter erstellt, sondern die Originalkarten fortgeführt wurden. So muss das Vorhandensein von historischen DGK 5 bei verschiedenen Behörden, Institutionen und Kommunen im Einzelfall recherchiert werden. Umfangreiche Kartenbestände befinden sich im Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (Geologisches Archiv).

    Abbildung 5: Auszug aus der DGK 5 Elmshorn (Vergrößerung) aus dem Jahr 1955. (Quelle: Landesamt für Vermessung und Geoinformation SH)

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.2 – 11

    LuftbildmaterialDie Auswertung von Luftbildern kann in Ein-zelfällen auch zur Erhebung von ehemaligen Betriebsstandorten herangezogen werden. Sie kann für den städtischen, insbesondere aber den stadtfernen, ländlichen Bereich von Be-deutung sein. Die Nutzung dieser Quelle sollte stets in Verbindung mit anderen Informationen erfolgen. Die ältesten Luftbilder stammen in Schleswig-Holstein aus der Zeit ab 1920, aus den 1930er Jahren existieren Bildpläne. Hinweise auf Luftbildquellen sind im Anhang 9 aufgeführt. Im Rahmen der historischen Erkun-dung hat die Luftbildauswertung jedoch eine weit größere Bedeutung (siehe Kapitel 3.2.2).

    3.2.2 Historische Erkundung von AltstandortenWährend die historische Erhebung einen flächenhaften Problemansatz aufweist (Ermitt-lung von Mindestinformationen), beinhaltet die historische Erkundung die objekt- und einzel-fallbezogene, vertiefende Datensammlung. Sie

    umfasst das Zusammentragen aller relevanten, verfügbaren Informationen über einen altlast-verdächtigen Altstandort.

    Die Einzelfälle sind durch unterschiedliche Um-stände und wechselnde Rahmenbedingungen gekennzeichnet. Dabei kann eine historische Erkundung je nach Datenlage zu einer detail-lierten in die Tiefe gehenden Beschreibung der altlastrelevanten Umstände oder, mangels Informationen, zu einer von vornherein nur eingeschränkt nutzbaren Datensammlung füh-ren. Die Realität bietet hier eine Vielfalt, deren Endergebnis sich zu Beginn der Recherchen oft nicht vorhersehen lässt.

    Im Rahmen der standortspezifischen histo-rischen Erkundung sollten alle verfügbaren Daten, Unterlagen und Informationen, die über die vorliegenden Verhältnisse und insbeson-dere die historische Entwicklung Aufschluss geben können, möglichst umfassend zusam-mengetragen, aufbereitet und ausgewertet werden.

    Ziel der historischen Erkundung ist eine vollständige Rekonstruktion der Nutzungsge-schichte und des Produktionsablaufes, um Bereiche höherer Gefährdungsvermutung zu lokalisieren.

    Technische Erkundungsmaßnahmen und chemisch-physikalische Untersuchungen sind nicht Bestandteil der historischen Erkundung.

    Aufbauend auf den Ergebnissen der histori-schen Erhebung der altlastverdächtigen Fläche

    (siehe Kapitel 3.2.1) werden im Rahmen der historischen Erkundung weitere Informations-quellen ausgewertet, um den Altlastenver-dacht weiter zu konkretisieren.

  • Methoden der Erfassung

    3.2 – 12 Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014

    Die Bedeutung einzelner Quellen für die historische Erkundung ist sehr unterschiedlich und in starkem Maße vom jeweiligen Infor-mationsgehalt abhängig. Die oben genannten Quellen zeigen somit nur Möglichkeiten der Datenbeschaffung auf, die Vorgehensweise muss stets den spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalles angepasst werden.

    Bei der historischen Erkundung sind insbeson-dere die räumlichen, zeitlichen und nutzungs-spezifischen Bedingungen sowie die Intensität des Umgangs mit altlastrelevanten Stoffen zu erfassen und dokumentieren.

    Informationsquellen für die historische Erkundung eines Einzelstandortes:• Bauakten• Ortsbesichtigung• Akten und Auskünfte der Umweltbehörde• Akten und Informationsmaterial aus dem Firmenarchiv• Branchenspezifische Fachliteratur• Luftbildauswertung• Akten und Informationsmaterial aus örtlichen bzw. regionalen Archiven

    (z.B. Stadt- oder Kreisarchiv)• Zeitzeugenbefragung• Akten und Auskünfte des Ordnungsamtes• Informationen des Katasteramtes• Informationen des Grundbuchamtes• Akten des Registergerichtes• Akten und Auskünfte des ehemaligen Gewerbeaufsichtsamtes/Staatlichen Umweltamtes• Akten, Karten und Auskünfte des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt

    und ländliche Räume• Akten der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer• Akten und Informationsmaterial aus überregionalen Archiven

    (Landesarchiv, Bundesarchiv)

    Bearbeitungsaspekte:• Bauchronologie des Standortes• Anlagenart• Sondernutzungen• Verfahrens- und Produktionstechniken• Einsatz, Menge, Lagerung und Wege der Entsorgung von altlastrelevanten Stoffen• Altlastrelevante singuläre Ereignisse• Zustand des Grundstücks (Versiegelung, Schutzvorkehrungen und ähnliches) während der historischen und aktuellen Nutzung• Geologische und hydrogeologische Standortbedingungen• Planungsrechtlich zulässige Nutzung• Derzeitige Nutzung

  • Methoden der Erfassung

    Altlasten-Leitfaden Schleswig-Holstein: Erfassung Stand 12/2014 3.2 – 13

    Informationsgehalt der verschiedenen Quellen:

    BauaktenDie Bauakte ist das zentrale Element zur Er-schließung der Bau- und Nutzungsgeschichte eines Standortes. Sie enthält Informationen zu baugenehmigungspflichtigen Vorgängen (Bau-anträge, Genehmigungen und ähnliches). Für die meisten Veränderungen der Bausubstanz und auch für viele gewerberechtlich relevante Veränderungen der Gebäudenutzung lassen sich entsprechende Vorgänge oder Aktennoti-zen finden.

    In der Regel sind den Bauanträgen Lagepläne bzw. entsprechende Flurkarten beigefügt, so dass eine exakte räumliche Zuordnung der Gebäude einschließlich der Nutzung möglich ist. Die Feststellung der Nutzung einzelner Teilflächen gibt Hinweise auf das zu erwarten-de Schadstoffspektrum. In günstigen Fällen sind auch Produktionsverfahren einschließlich der erforderlichen Zusatzstoffe und Produkti-onstechniken in den Bauakten beschrieben, die Rückschlüsse auf das Altlastenpotential der Fläche zulassen.

    Die Akten liegen nach Adressen, Flurstücken oder anderen Kriterien geordnet vor und reichen oftmals bis zum Anfang des 20. Jahr-hunderts zurück. Die Bauakten sind bei den Bauämtern der Kreise und kreisfreien Städte sowie bei den einzelnen Gemeinden oder gegebenenfalls den Grundstückseigentümern zu finden. In Ausnahmefällen ist auch mit der Auslagerung älterer Bestände in andere Archi-ve zu rechnen.

    Die Auswertung von Bauakten ist zeitauf-wändig und muss daher zielgerichtet auf verwertbare Informationen abgestellt werden. Das Material ist zunächst zu sichten, Eckdaten sollten notiert werden, relevante Akten sind zu kennzeichnen sowie wichtige Pläne und Passagen zu kopieren. Es ist jedoch zu beach-

    ten, dass in den Bauakten auch Bauplanungen eingetragen sein können, die später nicht oder anders realisiert wurden (siehe Luftbildauswer-tung). Eine Arbeitshilfe für die Bauaktenaus-wertung ist im Anhang 2.1 beigefügt.

    OrtsbesichtigungIm Rahmen der historischen Erkundung ist eine Ortsbesichtigung durchzuführen, insbe-sondere, wenn die bisherigen Recherchen nicht ergiebig bzw. widersprüchlich waren. Ortsbesichtigungen dienen vorrangig der Plausibilitätsprüfung der bisher ermittelten Informationen aus der Bau- und Nutzungsge-schichte des Standortes. Ortsbesichtigungen ermöglichen dem/der Bearbeiter/in einen Überblick über die aktuelle Nutzung sowie den Zustand der altlastverdächtigen Fläche und der Umgebung.

    Weiterhin können bei diesem Termin Vegeta-tionsschäden, Auffälligkeiten der Bodenober-fläche, Geländeabsenkungen, oberflächennahe Abla