licht-und elektronenmikroskopische untersuchungen an ascitestumorzellen

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Zeitsehrif~ ftir Krebsforsehnng 64, 313--322 (1961) Aus der Universitats-Geschwulstklinik der Charit6, Berlin (Direktor: Prof. Dr. F. GI~TZELT) Lieht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen an Ascitestumorzellen Von HERBERT ~LUG Mit 5 Tex~abbildungen (Eingegangen am 29. Februar 1961) Es ist nicht nur wi~nschenswert, sondern erscheint sogar notwendig, mSglichst genau die submikroskopische Struktur der verschiedenen Tumorformen zu er- forschen. In letzter Zeit sind vor allem die Ehrlich-Ascitescarcinomzellen ein- gehender elektronenmikroskopisch untersucht worden (S•LBY u. Mitarb. 1954, FRIEDLAENDER U. Mitarb. 1955, ADAMS u. P~I~OE 1957, EPSTEIN 1957, WESS~L u. B~NHARD 1957, YASUZUMI U. SUltAnA 1958, WESSEL 1959, WOLS 1959, B~AUN 1959), wobei yon einigen Autoren auch virusghnliche Partikel im Cyto- plasma einzelner Tumorzellen gefunden worden sind, yon anderen dagegen nicht. Zweck der hier durchgeffihrten Untersuchungen sollte ffir weitere experimentelle Bemfihungen die Ermittlung der submikroskopischen Struktur der hier unter- suchten Ascitestumorzellen sein sowie etwaige differente Zellformen ngher zu betrachten. Material und Methodik Ftir die Untersuchungen wurde die Ascitesform eines an der hiesigen Klinik geziiehteten transplantablen M~usetumors verwendet, der uns freundlicherweise vom Onkopathologischen Ins~itut Budapest fiberlassen wurde. Offensichtlich handel~ es sich hierbei um ein Lympho- sarkom, das nunmehr yon den Symptomen einer leuk~misehen Lymphadenose begleitet wird. Er hat die Bezeichnung ,,NK/LY-Lymphom" bekommen. 1fiber die Biologie und den klinischen Verlauf dieses Tumors wurde kfirzlich yon NEMETtt U. KELLNER (1960) berichtet. Ffir die lichtmikroskopisehen Untersuehungen wurde lebenden M~usen 8--15 Tage nach der Transplantation dureh Punktion Aseites entnommen, das Punktat sehnell bei geringer Tourenzahl zentrifugiert und der Uberstand von den Tumorzenen dekantiert. Anschliel3end wurden die Zellen sofort in eisgekiihlte FixierlSsung iibertragen. Ein Tell der Zellen wurde in 1%iger gepufferter Osmiums~ure (pg 7,3), der andere in Methanol fixiert. Die Fixier- dauer betrug bei Verwendung yon Methanol l0 rain, bei Osmiumsgure 1/~ Std. Die osmium- s~urefixierten Zellen wurden naeh mehrmaliger Spiilung mit Tyrode dureh die aufsteigende Alkoholreihe gefiihrt und ansehliel3end in ein Gemisch yon Butyl- und Methylmethacrylat (8:2) auf Objekttrggern eingebettet und nach Zusatz yon Benzoylperoxyd bei 580 C po]y- merisiert. Die methanolfixierten Zellen wurden als Ausstriehprgparate mit Giemsa-LSsung gefarbt. Fiir die elek~ronenmikroskopischen Untersuchungen wurde ein TeiI der in 1%iger gepuffer- ter Osmiumsgure fixierten Zellen in das obengenannte Acrylatgemiseh eingebettet, wghrend der andere Teil der Zellen nach Spiilung durch eine Aeetonstufe geffihrt und dann in Vesto- pal W eingebettet wnrde. Seine Polymerisation erfolgte bei 600 C. Die Dfinnsehnitte wurden mit versehiedenen Ultramikrotomen angefertigt und die elektronenmikroskopisehen Auf- nahmen mit dem Elmi D (Carl Zeiss Jena) durehgefiihrt.

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Zeitsehrif~ ftir Krebsforsehnng 64, 313--322 (1961)

Aus der Universitats-Geschwulstklinik der Charit6, Berlin (Direktor: Prof. Dr. F. GI~TZELT)

Lieht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen an Ascitestumorzellen

Von

HERBERT ~LUG

Mit 5 Tex~abbildungen

(Eingegangen am 29. Februar 1961)

Es i s t n i ch t nu r wi~nschenswert, sondern erscheint sogar notwendig, mSgl ichst genau die submikroskopische S t r u k t u r der verschiedenen Tumor fo rmen zu er- forschen. I n le tz te r Zei t s ind vor al lem die Ehr l ich-Asci tescarc inomzel len ein- gehender e lek t ronenmikroskopisch un te r such t worden (S•LBY u. Mi tarb . 1954, FRIEDLAENDER U. Mitarb . 1955, ADAMS u. P~I~OE 1957, EPSTEIN 1957, WESS~L u. B~NHARD 1957, YASUZUMI U. S U l t A n A 1958, WESSEL 1959, WOLS 1959, B~AUN 1959), wobei yon einigen Au to ren auch vi rusghnl iche Pa r t ike l im Cyto- p l a sma einzelner Tumorze l len gefunden worden sind, yon anderen dagegen nicht . Zweck der hier durchgeff ihr ten Unte r suchungen sollte ffir weitere exper imente l le Bemfihungen die E r m i t t l u n g der submikroskopischen S t r u k t u r de r hier un te r - suchten Asc i tes tumorze l len sein sowie e twaige differente Zel l formen ngher zu be t rach ten .

Material und Methodik

Ftir die Untersuchungen wurde die Ascitesform eines an der hiesigen Klinik geziiehteten transplantablen M~usetumors verwendet, der uns freundlicherweise vom Onkopathologischen Ins~itut Budapest fiberlassen wurde. Offensichtlich handel~ es sich hierbei um ein Lympho- sarkom, das nunmehr yon den Symptomen einer leuk~misehen Lymphadenose begleitet wird. Er hat die Bezeichnung ,,NK/LY-Lymphom" bekommen. 1fiber die Biologie und den klinischen Verlauf dieses Tumors wurde kfirzlich yon NEMETtt U. KELLNER (1960) berichtet.

Ffir die lichtmikroskopisehen Untersuehungen wurde lebenden M~usen 8--15 Tage nach der Transplantation dureh Punktion Aseites entnommen, das Punktat sehnell bei geringer Tourenzahl zentrifugiert und der Uberstand von den Tumorzenen dekantiert. Anschliel3end wurden die Zellen sofort in eisgekiihlte FixierlSsung iibertragen. Ein Tell der Zellen wurde in 1%iger gepufferter Osmiums~ure (pg 7,3), der andere in Methanol fixiert. Die Fixier- dauer betrug bei Verwendung yon Methanol l0 rain, bei Osmiumsgure 1/~ Std. Die osmium- s~urefixierten Zellen wurden naeh mehrmaliger Spiilung mit Tyrode dureh die aufsteigende Alkoholreihe gefiihrt und ansehliel3end in ein Gemisch yon Butyl- und Methylmethacrylat (8:2) auf Objekttrggern eingebettet und nach Zusatz yon Benzoylperoxyd bei 580 C po]y- merisiert. Die methanolfixierten Zellen wurden als Ausstriehprgparate mit Giemsa-LSsung gefarbt.

Fiir die elek~ronenmikroskopischen Untersuchungen wurde ein TeiI der in 1%iger gepuffer- ter Osmiumsgure fixierten Zellen in das obengenannte Acrylatgemiseh eingebettet, wghrend der andere Teil der Zellen nach Spiilung durch eine Aeetonstufe geffihrt und dann in Vesto- pal W eingebettet wnrde. Seine Polymerisation erfolgte bei 600 C. Die Dfinnsehnitte wurden mit versehiedenen Ultramikrotomen angefertigt und die elektronenmikroskopisehen Auf- nahmen mit dem Elmi D (Carl Zeiss Jena) durehgefiihrt.

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Ergebnisse a) Lichtmikroskopische Ergebnisse. Bereits bei phasenkontrastmikroskopischer

Betraehtung der lebenden Zellen ist ihre unterschiedliche GrSge auffi~llig, wenn auch weitaus die meisten ann~hernd den gleichen Durchmesser yon 12--13/] haben. Einzelne Zellen haben eine betri~chtliche GrSge und erreichen einen Durchmesser his zu 20/]. Dagegen miBt eine Anzahl yon Zellen nur 6--8/~. Allerdings gibt es zwischen diesen GrSgen flieBende ~berg~nge. Der kugelige Zellkern ist phasenoptisch bei stiirkerer VergrSgerung gut zu erkennen und ffillt bei vielen Zellen den grTBten Teil des Zelleibes aus, so dab er dann nur yon einer

relativ schmalen Plas- mahfille umgeben wird. Bei vielen Zellen - - vor allem den grbBeren - - ist der Plasmaanteil je- doeh wesentlich umfang- reieher.

Die kugelige Form bewahren die einzelnen Zellen aueh we~tgehend, wenn sie naeh Fixierung in gepufferter Osmium- s/~ure nach der oben an- gef/ihrten Methode in Acrylat auf dem Ob- jekttri~ger eingeschlos- sen werden (Abb. 1).

Abb. 1. Asci~estumorzellen ~ach Osmiums~m'ef ix ierung und Acr:dat- Dutch diese Preparat ion e inbe t tung . Links oben eine Riesenzelle. B = dunkle Zel l typem

VergP. 750fach ist keine nennenswerte Sehrumpfung oder De-

formierung der Zellen zu bemerken. Der Kern ist aueh bier bei stKrkerer Ver- grSl]erung siehtbar. Bei Anwendung dieser Methode Iassen sieh nnnmehr die einzelnen Zellen auf Grund ihres Farbtones ohne Sehwierigkeit deutlich in zwei Gruppen ~eilen. Die eine Gruppe um:iagt weitaus die meisten Zellen yon unter- schiedlicher GrSge. Ihr Kern und Cy~oplasma sind nut sehwaeh brs tingiert. Die andere Gruppe weist nicht solche GrSBenunterschiede auf, jedoeh ist ffir diese Zellen ihr nahezu gleichm~Big dunkelbrauner Farbton charakteri- stisch (Abb. 1). Bei Anwendnng der genannten Technik ist in diesen durch- sehnittlich kleineren Zellen kein Kern wahrzunehmen. In beiden Zellformen befindet sich eine unterschiedliche Anzahl stark osmiophiler Granula, wobei es sich zweifellos um Mitochondrien bzw. LipoidtrSpfchen handel,.

Bei Anwendung yon Giemsa-LTsung ffir Ausstrichpr/~para~e haben die Zellen einen rotviolett gef/~rbten, meist runden Kern, der yon eine2 unterschiedlich dicken blauen Plasmaschieht umgeben ist. Gew5hnlich liegt er exzentriseh und hat einen Durehmesser yon 5--10 #; einzelne shad noeh gr5Ber. W~hrend der Waehstumsphase des Tumors sind h~ufig binueleare Zellen zu beobachten. Der Nueleolus, der bei Anwendung dieser Fixier- und Fgrbeteehnik dunkler tingiert ist als das Kernplasma, ist nieht in allen Kernen deutlieh siehtbar. I m aUgemeinen

Elektronenmikroskopische Untersuchungen an Ascitestumorzellen 315

weist er aber eine reeht untersehiedliche Form und GrSSe auf. An zahlreichen Zellen lassen sieh auch w/~hrend der Wachstumsphase des Tumors betr/~ehtliche morphologisehe Ver&nderungen beobachten. Bei solchen Zellen, die nicht deut- lich be~renz~ sind, is~ das Cy~oplasma hellbtau und stark vacuolisiert und der Kern

Abb. 2. C y t o p l a s m a a ~ s c h n i t t e yon zwei Asci tes tumorzel len wah rend tier Wachs turasphase des Tumors . Das Cytop lasma der oberen Zelle enth/~lt dicht ge lager te submikroskopische Granula sowie ein Riesenmitochondr ium. I n einzelnen Mitochondrien und Promi tochondr ien (I~ l iegen osmiophile

Granula . L Lamel la re S t rukturen , V vesi~uIare Struk/~tren. Vergr. 25000fa~h. Vesfiopal W

in unterschiedlichem Ma6e pyknotisch. Die Anzahl solcher Zellen erh5ht sich mit zunehmendem Alter des Tumors erheblich.

b) Elektronenmikroskopische Ergebnisse. Bei der elektronenmikroskopischen Untersuchung yon Diinnschnitten dieser Tumorzellen sind eben~alls wie bei ande- ren untersuchten Aseitestumorzellen die unterschiedlich ]angen Cy~oplasmafort- s~tze (Mikrovilli) yon verschiedener Dieke auff&llig. Desgleiehen entsprieht der

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submikroskopisehe Aufbau der meisten Cytoplasmastrukturen im wesentliehen den Aseiteszellen anderer untersuehter Tumorformen, so dab sieh hier detaillierte Angaben fiber das endoplasmatisehe l~etieulum und die Golgi-Strukturen erfibrigen.

Des 6fteren kann man Zellen bemerken, die sieh elektronenmikroskopiseh yon den fibrigen vor allem dutch ihr wesentlieh diehteres Cytoplasma untersehei- den, aber aueh durchschnittlich etwas kleiner sind. Das gesamte Cytoplasma

Abb. 3. Cytoplasmaausschni t t einer Asci tes tumorzel le m i t Mitochondrien (M) u n 4 Promi tochondr ien (PM), in denen z u m Tell osmiophile Granula liegen. My Mikrovilli . Vergr. 28 000fach. Vestopal W

wird bier submikroskopiseh yon granulgren Elemen~en aufgebau~, die im Zelleib gleiehm/~gig verteilt und sehr dieht aneinander gelagert sind und somit der ganzen Zelle eine gr6gere Elektronendichte verleihen. Gelegentlieh kSnnen eigenartige lamell/~re Strukturen in diesem Cytoplasma beobachte~ werden (Abb. 2). AuBer- dem kommen bl/isehenartige Elemente vor, die yon einer einfachen Membran umgeben sind und ein mehr oder weniger homogenes, elektronenoptiseh struktur- loses Lumen haben (Abb. 2).

Bei den Mitoehonclrien, die bei den einzelnen Zellen in sehr untersehiedlicher Anzahl im Cytoplasma verstreut liegen, variiert die GrSBe erheblieh. Von den gestreckten Mitochondrien erreichen manche eine Lgnge yon 4#, wghrend die gedrungenen l%rmen einen Durchmesser bis zu 2 # erreiehen, also gewissermagen Riesenformen darstellen (Abb. 2 and 3).

Am submikroskopisehen Ban dieser Zellorganelle interessiert in erster Linie ihre lamell/~re Innenstruktur. An dieser ist auff~llig, dab trotz optimaler Fixierung

Elektronenmikroskopische Untersuchungen an Ascitestumorzellen 317

und Einbettung die Cristae mitochondriales in vielen Mitochondrien nur zum Tell vorhanden sind (Abb. 3 und 4). Die gut entwickelten Cristae lassen deutHeh den typischen doppellamell/s Aufbau erkennen, was aueh ffir die Aul~emnembran zutr~fft. Etwaige signifikante Untersehiede hinsichtlieh der Dieke der beiden osmiophilen Lamellen sowie der osmiophoben Mittelschicht konnten nieht er-

Abb. 4. Zahlreiche Mitochondrien verschiedener Entwicklungsst~_fen mi t osmiophilen Granula, M S Anreichex~mg yon , ,mi tochondrogener" Substanz, wobei zum Teil bereits Membrandi f ferenzierungen

e rkennbar sind. Vergr. 28000fach. Vestopal W

mittelt werden. I{gufig ist der doppeltlamellierte Aufbau der einzelnen Cristae innerhalb eines Mitoehondriums nut zum Teil vollst/~ndig, w/~hrend der andere Tell dutch eine Zone elektronenoptiseh diehterer Substanz gekennzeiehnet ist (Abb. 4). In derartigen Zonen sind immer wieder vesicul&re Elemente wahr- znnehmen, die mehr oder weniger lihear angeordnet sind. Solche Anordnung dieser Strukturen kann man auch des 5f~eren als Verl/~ngerung unvollst/indiger Cristae bemerken.

In eytoplasmareiehen Zellen Iinden sieh augerdem oft zahlreiehe Gebilde, bei denen eine Doppelmembran einen untersehiedliehen dichten Innenk6rper umgibt (Abb. 3). Zweifellos handelt es sich bei derartigen Strukturen nm Mitochondrien,

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die sich in der Entwicklung befinden (Promitochondrien). Als verschiedene Ent- wicklungsphasen sind sicherlich auch die unterschiedlich dichten Anreicherungen yon granul/~rer Substanz innerhalb des Cytoplasmas zu werten, bei denen teil- weise oder lediglich erste Anzeichen der Aul~en- bzw. der Innenmembran zu er- kennen sind (Abb. 4).

Bemerkenswert ist das Auftreten stark osmiophiler Granula in zahlreichen Mi~ochondrien (Abb. 2--4). Diese intramitochondrialen Partikel sind yon ziem-

Abb. 5. Ke rn einer Ascitestumorzelle m i t zwei Nucleoli (1u die deutl ieh vaeuolenar t ige Aufhel lungen und osmiophile Granula e rkennen lassen, Einzetne Granula i m K e r n vers t reut .

Vergr . 14400faeh. Aery la t

lich einheitlicher Gr5$e und haben einen Durchmesser von etwa 600 A. Ihre Lage innerhalb tier Mitochondrien ist recht unterschiedlich, doch ist auff/~llig, da$ sie sich gewShnlich an solchen Stellen befinden, wo die Cristae noch nicht aus- gebildet sind. Ihre Elektronendichte ist im einzelnen etwas unterschiedlich, so dab manche etwas heller erscheinen. Interessanterweise kommen diese Granula vor allem in den Promitochondrien bzw. in Mitochondrien vor, deren Entwicklung offensichtlich noch nicht abgeschlossen ist.

Die Zellkerne dieser Ascitestumorzellen zeigen hinsichtlich des Kernplasmas so~de tier doppeltkon~urierten Kernmembran mit Porenstruktur und zahl- reichen EinstiiIpungen gegeniiber Tumorzellen anderer Genese keine Besonder- heiten, so daft auch diesbeziiglich hier keine Einzelheiten angefiihrt zu werden brauchen.

Elektronenmikroskopische Untersuchungen an Aseitestumorzellen 319

Die bereits zum Te~l liehtmikroskopiseh erkennbare Polymorphie der Nueleolen ist elektronenmikroskopiseh besonders auffgllig. Bemerkenswert oft haben Nucleolen dieser Tumorzellen vaeuolenartige Aufhellungen yon versehiedener GrSge (Abb. 5). Diese ,,Nueleolusvaeuolen" haben elektronenmikroskopisch ein homogenes Lumen yon variierender Dichte und kSnnen bei binueleol~ren Kernen in beiden Nueleolen beobaehtet werden. Sie sind yon keiner membranar~igen Struktur umgeben und unterseheiden sieh darin yon Cytoplasmavaeuolen. Des- gleiehen sind aueh sehr h/iufig kleine, stark osmiophile Granula mit einem Dureh- messer yon 100--120 m# in den Kernk6rperehen zu linden. Sie umlagern vor- wiegend die vaeuolenartigen Bildungen, liegen zum Teil aber aueh im Nueleolus verstreut. Vereinzelt sind sie sogar im Kern zu finden (Abb. 5). Wieweit diese Nueleolusgebilde nur bestimmten Entwieklungs- und Differenzierungsphasen der einzelnen Tumorzellen zukommen und welehe funktionelle Bedeu~ung sie haben, kann vorerst noeh nieht gesagt werden.

Besprechung Wie die elektronenmikroskopisehen Untersuehungen zeigen, unterscheiden

sieh die Aseiteszellen dieses Tumors hinsichtlich des Aufbaues des endoplasma- tischen getieulums, der Golgi-Strukturen und des Grundplasmas nicht wesent- lieh yon den Aseitestumorzellen anderer Genese (S~LBu 1953, W~ss~Lu. B S ~ - HARD 1957, LSBLICtI U. LANDSCtIfrTZ 1960). Die unterschiedlieh umfangreiehe Ausbildung des Cytoplasmas bei den einzelnen Zellen hat m5glicherweise in ver- schiedenen Wachstums- und Differenzierungsstadien seine Ursaehe. Es ist aber nieht ausgesehlossen, dab es sich hierbei zum Tell um Zellen versehiedener Iler- kunft handelt. Wieweit dies vor allem fiir die Zellen zutrifft, deren Cytoplasma sehr dicht und feingranuliert ist, mfissen weitere Untersuehungen zeigen. H6ehst- wahrscheinlieh handelt es sich jedoeh hierbei um junge Zellen, die sieh dutch einen hohen Gehalt a n gNS-Proteiden auszeichnen und bier in Form gleichartig besehaffener grannl~rer Elemente erseheinen." Zweifellos 1/~3~ dies auf eine starke Proteinsynthese schlieBen. Fiir gesteigerte synthetisierende t~eaktionen spreehen auch die hypertrophen Mitochondrienformen mit gut ausgebildeter Innenstruktur. Derargige Zellformen sind meines Eraehtens bei anderen Ascites- tumorzellen elektronenmikroskopiseh noch nicht ermittelt women. Ungeklgrt bleibt zun/~chst noeh, wieweit diese Zellen mit den osmiophilen Zellen der Ausstrichpr~parate identisch sind. Auch hier sotlten weitere Untersuehungen aufsehluBreich sein.

Wie die elektronenmikroskopischen Befunde zudem best/~tigen, kommen in diesen Tumorzellen an Hehtmil~'oskopiseh siehbbaren Cytoplasmaeinsehliissen lediglieh Mitoehondrien und in /~lteren aueh noch LipoidtrSpfehen vor. Somit handelt es sich bei den hier nach Osmiums~urefixierung liehtmikroskopiseh ge- fundenen Granula ganz sieher um Mitoehondrien oder um Lipoidanh/~ufungen. Vaeuolen linden sich dagegen gewShnlich nur in nekrotisierenden Zellen. Wenn auch nach Osmimnsgurefixierung mSgiieherweise nieht alle Zeilstrukturen optimal stabilisiert werden, so ist aber wahrseheinlieh, dab weitere Cytoplasmastrukturen in diesen Tumorzellen, wie sie etwa in Form yon ,,Stegosomen" bei Aseites- carcinomzellen besehrieben worden sind (DArrElL U. G/3TT]~S ]952), nieht vor- kommen. Derartige Gebilde sind fibrigens elektronenmikroskopiseh bisher aueh

23*

320 H~RBERTKLuG:

bei Ehrlich-Aseitescarcinomzellen nicht ermittelt worden (B~Au~ 1958, W~SSEL 1959, WOLF 1959).

Rech~ eigenartig ist das Vorkommen der stark osmiophilen Granula in zahl- reichen Mitochondrien. Auffiillig ist dabei, dab sic vor allem in den sog. Pro- mitochondrien und noch nieht vollstandig ausgebildeten Mitochondrien zu linden sind. Solche intramitoehondrialen Partikel sind meines Erachtens in dieser Form und Deutlichkeit bisher bei Tumorzellen noch nieht gefunden und auch nicht be- schrieben worden. Lediglich yon B~Au~ (1958) werden ,,osmiophile Granen" in Mitochondrien bei Ascitescarcinomzellen kurz erwiihnt, so dab bier keine ver- gleiehende Betrachtung angestellt werden kann. Da sie in ersier Linie ws der Entwicklungsphase der Mitoehondrien auftreten, spielen sie mSglicherweise bei deren Morphogenese eine entseheidende Rolle. Allerdings werden in der Dar- stellung yon WEISS~F~LS (1957), in der fiber die Entwicklung yon Mitoehondrien in Carcinom- und Sarkomzellen beriehtet wird, keine analogen intramitochon- drialen Partikel beschrieben. DaB es sich bei den hier zum Teil angefiihrten Cytopt~smastrukturen um Promitoehondi~ien und deren versehiedene Vorstufen handelt, steht aul~er Zweifeh Dabei erfolgt offensichtlich zuns eine Anreiehe- rung yon ,,mitoehondrogener" Substanz im Cytoplasma, aus der fiber vesiculs bzw. tubuls Zwischenstadien die lamellaren Innen- und AuBenstruktur#n auf- gebaut werden, wie dies auch in i~hnlicher Weise yon W~ISS~FELS diskutiert wi~d.

•ber hypertrophe Formen der Riesenmitochondrien berichten auch W~ssEL u. BEI~HA~D bei Aseitesearcinomzellen sowie LSBLIeH U. LANDSCItOTZ bei SA I-Ascitestumoren, ws sie bei Yoshida-Ascitessarkomzellen keine l~iesen- mitochonch'ien fanden.

tIinsichtlich der Kernstrukturen dieser TumorzeIlen ist die grol~e Vielgestaltig- keit der Nucleolen auff~llig, die sicherlieh mit den verschiedenen Entwicklungs- phasen der einzelnen Zellen und den damit verbundenen dffferenten Funktions- leistungen der Nucleolen in Beziehung steht. Auch hier dfirften weitere Unter- suchungen aufschlul~reieh sein. Vor allem interessieren hier die framer wieder- kehrenden vaeuolenartigen Bildungen sowie die zahlreiehen stark osmiophflen Granula in den Nueleoli. Uber derartige Nueleolusvaeuolen berichten aueh PAGE et al. auf Grund lichtmikroskopischer Untersuehungen an benignen und malignen Tumorzellen sowie an normalen Gewebezellen des Menschen. Sic be- zeichnen sie als ,,refractive bodies". Nach diesen Autoren sind diese Gebilde in Tumorzellen grSl~er und zahlreicher als in normalen. Aui~erdem werden yon ihnen ,,argentophile bodies" angeffihrt, die ebenfalls in Tumorzellen haufiger sind als in normalen. An den hier untersuehten Tumorzellen konnten die Vacuolen lichtmikroskopisch nicht eindeutig bemerkt werden. Wiewei~ die Nueleolen- differenzierungen der genannten Autoren artefaktfrei sind und mit den hier elektronenoptiseh ermittelten zu vergleichen sind, ist nieht ohne weiteres zu ent- seheiden. Nueleolusaufhellungen wurden auch yon BRACN an Ehrlich-Ascites- carcinomzellen elektronenmikroskopiseh bemerkt, wenn aueh weniger deutlieh und charakteristisch als hier.

Eine funktionell-morphologische Deutung dieser ,,Nucleolusvacuolen" sowie der Granula ist zunachst noch nicht mSglich. Die Anordnung der osmiophilen Partikel um diese Nueleolusvaeuolen l~Bt eine Beziehung zwisehen beiden Struk- turen vermuten. Die Granula unterscheiden sich zweffellos in ihrem chemischen

Elektronenmikroskopisehe Untersuchungen an Ascitestumorzellen 321

Aufbau yon der iibrigen Nuclcolussubstanz. ttSchstwahrscheinlich handelt es sieh hier um ein besonderes Ribonucleoproteid, worauf auch cytochemische Be- funde an verschiedenen Zellen hindcuten (SERRA 1958, STOLK 1959, LOVE 1959). Obwohl sehr haufig Nueleolarsubstanz in unmittelbarer N~he der Kernmcmbran zu finden ist und auch ganze Nucleolen membranst~ndig liegen, konnte keine ein- deutige Ausschleusung yon Nncleolarsubstanz aus dem Kern bemerkt werden, wie dies ttOMA~X (1954) an M~use-Ascitescarcinomzellen lichtmikroskopisch bcobachtet haben will und mit dem Begriff ,,Kernsekretion" belegt hat.

Zusammenfassung Die Asciteszellen des Mi~usetumors NK/Ly-Lymphom wurden licht- und

elektronenmikroskopisch untersucht. Lichtmikroskopisch lasscn sich nach Osmium- s~urefixierung an Ausstrichpr~paraten in kleiner Anzahl dunkelbraune von schwach braunlich gef~rbten Zcllen untcrscheiden. In bciden Zelltypen ist eine ver- schiedene Anzahl osmiophiler Granula erkennbar. Elektronenmikroskopisch fallen zahlreiche Zellen durch ihr dichtes, fcingranuliertes Cytoplasma auf. In Mitochondrien kgnnen h~ufig stark osmiophile Granula yon 600 A Durchmesser beobachtct werden, die mSglicherweise an der Entwicklung der Mitochondrien beteiligt sind. Einzelne Mitochondrien stcllen Riesenformen dar. Itinsichtlich des endoplasmatischen Reticulums und der Golgi-Strukturen untersekieden sich diese Tumorzellen nicht wesentlich yon Tumoren anderer Genese. Auffallig ist bloft die Polymorphie der Nucleolen, die vacuolenartige Aufhellung (Nucleolus- vaeuolen) sowie osmiophile Granula aufweisen kSnnen. Virusahnliche Partikel wnrden nieht gefunden.

Summary The ascites cells of the mouse tumor NK/Ly lymphoma were studied with the

light and electron microscopes. In smear preparations fixed with osmic acid a small number of dark brown to pale brown cells could be distinguished. In both types of cells variable numbers of osmiophilic granules could be recognized. Electron-microscopically many cells were striking because of their dense and finely granular cytoplasm. Frequently intensely osmiophilic granules 600 A in diameter could be observed in the mitochondria, and these possibly participated in the development of the mitochondria. Some mitoehondria appeared in giant forms. The cndoplastic rcticulum and the Golgi structures of these tumor cells were not essentially different from those of other types of tumors. Noteworthy was the polymorphism of the nncleoli, which showed a vacuole-like clearing (nucleolar vacuoles), as well as osmiophilic granules. Virus-like particles were not found.

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Dr. HERBERT KLUG, Universitats-Geschwulstklinik der Charit4, Berlin