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SCHWERPUNKT: AUFWACHSEN IM NAHEN OSTEN ÖKUMENISCHER FRIEDENSDIENST IN PALÄSTINA UND ISRAEL – SEITE 26 ISSN 0947-5435 E 12344 MAGAZIN ÜBER CHRISTLICHES LEBEN IM NAHEN OSTEN 4/2008

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Page 1: MAGAZIN ÜBER CHRISTLICHES LEBEN IM NAHEN OSTEN file4 5 BESINNUNG gekocht hatte. Hat mich das Essen nicht angesprochen, bin ich über die Dächer zu den Nachbarn gegangen und habe

SCHWERPUNKT: AUFWACHSEN IM NAHEN OSTEN ÖKUMENISCHER FRIEDENSDIENST IN PALÄSTINA UND ISRAEL – SEITE 26

ISSN 0947-5435 E 12344

MAGAZIN ÜBER CHRISTLICHES LEBEN IM NAHEN OSTEN4/20

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Erzähl mir von den KindernBesinnung von Viola Raheb 4

Leben wie im GefängnisKindheit im Gazastreifen 6

Aufwachsen hier und dortStatistische Zahlen im Vergleich 10

Muhammed ist dein BruderSamir Akel setzt auf Erziehung zur Toleranz 11

Medien 29

Briefe an die Redaktion 30

EVS-intern 31

Impressum 31

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie Kinder aufwachsen, wird von einerVielzahl von Faktoren bestimmt. Egal wieviel man der genetischen Festlegung unse-res Seins zuschreibt - Tatsache ist, dass dieZukunft eines Menschen auch durch dieUmstände seines Aufwachsens bestimmtwird: Wie sieht die Altersstruktur aus? Welche Rolle spielen Kinder in der Gesell-schaft? Gelten sie als Reichtum oder als (finanzielle) Last? Erleben sie Frieden undSicherheit, oder sind Gewalt, Krieg, Fremd-bestimmung und die ständige Sorge umdas Morgen bei den Eltern und Kindern bestimmend?

Die Schneller-Schulen versuchen denKindern einen geborgenen Raum für ihr Aufwachsen und das Rüstzeug füreine bessere Zukunft zu geben. Aber vieles können auch die Schulen nichtbeeinflussen: die Armut der Familien, die gesellschaftliche Situation, Kriegund Frieden.

Derzeit haben die Schulen sehr mit der wirtschaftlichen Situation zukämpfen. Vor der weltweiten Finanzkrise waren die Preise für Lebensmittel,für Energie und für vieles andere um über 30 Prozent gestiegen. Ohne Hilfekönnen die Schulen das nicht bewältigen. Und ohne Ihre Hilfe können wir nicht zusätzlich helfen! Zu spüren bekommen es letzten Endes die Kinder; denn wenn das Geld nicht reicht, können weniger Kinder in denInternaten aufgenommen werden.

Neben dem Thema des Aufwachsens begegnen Sie in diesem Heft Pfarrerin Friederike Weltzien, die wir mit ihrem Mann und der ganzen Familie in Deutschland willkommen heißen. Die Rückkehr in die Heimatversuchen auch Christen aus dem Tur Abdin in der Türkei.

Ich wünsche Ihnen spannende Lektüre und eine friedvolle Advents- und Weihnachtszeit.

Ihr

EDITORIALINHALT

SCHWERPUNKT: AUFWACHSEN IM NAHEN OSTEN 4

CHRISTEN UND DER NAHE OSTEN 20

Titelbild: Kerzenprotest gegen Stromkürzungen in GazaFoto: Gisha-Legal Center for Freedom of Movement/Ayda Abdelbari; www.gisha.org

AUS DEN SCHNELLER-SCHULEN 14

Nachrichten aus den Schneller-Schulen 14

Nikoläuse, Engel und FußballspielerKinder aus Deutschland und Jordanien wichteln 16

Aus der Schneller-Arbeit 18EVS-Mitgliederversammlung

Hilfe in FamilienkonfliktenFriederike Weltzien blickt zurück auf ihre Zeit als Pfarrerin in Beirut 20

Rückkehr aus dem ExilAramäische Christen wagen einen Neuanfang am Tur Abdin 24

Yanoun Habibti – Friedensdienst im Westjordanland 26

Nachrichten 28

Pfarrer Andreas Maurer(EVS-Geschäftsführer)

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BESINNUNG

gekocht hatte. Hat mich das Essen nichtangesprochen, bin ich über die Dächerzu den Nachbarn gegangen und habe ge-schaut, was sie zum Mittagessen hatten.Wenn es mir gefiel, blieb ich zum Essen,und wenn nicht, dann ging ich weiter,bis ich ein Gericht fand, das ich essenwollte. Auch das Spielen vollzog sich zumgrößten Teil auf der Straße und auf denDächern. Das Kinderzimmer als Spielortfür die Kleinen kannte ich nicht. Wir Kin-der gehörten zum Leben, wir konntenüberall dabei sein, überall mitgehen. Wirwurden herzlich aufgenommen, wurdeneingeschlossen in die Gruppe der Gro-

ßen, in den Gottesdienst, bei Besu-chen, bei Festen. Und am wichtig-sten: Wir durften Kinder bleiben,uns wie Kinder benehmen, manch-mal laut, manchmal trotzig, manch-mal nervig.

Oft werden Erinnerungen an dieKindheit im Nachhinein romanti-siert. Doch romantische Erinnerun-gen an meine Kindheit habe ichnicht. Denn ich bin unter Besatzunggeboren und aufgewachsen. Vieleschmerzvolle Erfahrungen und Er-lebnisse haben meine Kindheit ge-prägt: Soldaten, Verhaftungen, Aus-gangssperren, Hauszerstörungen,Schulschließung und vieles mehr.Doch die Liebe meiner Familie, derNachbarn glich diese schwierigeLage aus. Jean Paul hatte recht, alser schrieb: „Mit einer Kindheit vollLiebe kann man ein halbes Lebenhindurch die kalte Welt aushalten.“

Viola Raheb stammt aus einerchristlichen palästinensischen

Familie. Die 39-jährige evangelische Theologin und Autorin lebt in Wien.

cken kann. Ein Gebet und eine Haltung,die mein Leben bis heute prägen.Irgendwo tief im Innern spüre ich ihreGebete, die mich in Zeiten der Not wei-ter tragen.

Das Spielen vollzog sich auf den Dächern

In der Straße, in der ich aufgewachsenbin, wohnten viele ältere Leute, die keineKinder hatten. Immer, wenn ich von derSchule zurückkam, ging ich zuerst nachHause, um zu sehen was meine Mutter

ERZÄHL MIR VON DEN KINDERN

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehn-sucht des Lebens nach sich selbst.

Sie kommen durch euch, aber nicht voneuch.

Und wenngleich sie bei euch sind, gehörensie euch doch nicht.

Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, doch nichteure Gedanken, denn sie haben ihre eige-nen.

Ihr dürft ihrem Körper eine Wohnstatt ge-ben, doch nicht ihren Seelen,

denn diese wohnen im Haus von morgen,das ihr nicht aufsuchen könnt,

nicht einmal in euren Träumen.

Ihr könnt euch bemühen, wie sie zu sein,aber trachtet nicht danach, sie euch gleichzu machen.

Denn das Leben geht weder zurück, nochverharrt es im Gestern.

(Khalil Gibran: „Der Prophet“)

Ich bin in Bethlehem geboren und auf-gewachsen. Meine Kindheit habe ichin der Altstadt verbracht, in der

Milchgrotten-Straße unmittelbar bei derGeburtskirche. Eine kleine Straße, die vol-ler Souvenirläden ist, beziehungsweisewar. In einer für orientalische Verhält-nisse eher kleinen Familie mit nur zweiKindern bin ich groß geworden. Mein Va-ter starb als ich noch ein kleines Kindwar. Doch in unserem Leben und in derErziehung lebte er weiter durch die Ge-schichten, die die Familie, Freunde undBekannte von ihm erzählten.

Meine Mutter, die früh zu einer allein-erziehenden Mutter geworden war undmich und meinen Bruder großzog, gingarbeiten, um uns eine Bildung und eineZukunft zu ermöglichen. Eine Frau, die

stets an das Gute im Menschen glaubte,die ihren Alltag mit Gesang beschritt, dieuns mit Liebe und Sorge umhüllte. Dochwir wurden nicht nur von der kleinen Fa-milie getragen, sondern ebenso von dergroßen Familie, von der Gesellschaft.Irgendwo waren wir die „Kinder der Sehn-sucht des Lebens nach sich selbst“.

Meine Patentante war eine Palästinen-serin, ursprünglich aus Akko, die 1948vertrieben wurde und schließlich nachBethlehem kam. Eine Dame, die ihr Le-ben lang als zivile Nonne lebte. Eine gläu-bige Katholikin, die, um meine Paten-tante sein zu können, eine Erlaubnis ausRom ersuchen musste. Eine Dame, die je-den Tag ihres Lebens für mich betete, dassmir Gott die Kraft geben möge, so starkzu sein, dass mich niemand unterdrü-

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In der leeren Schule zur Heiligen Fa-milie treffen wir auf einen erschöpftenSchulleiter. Es ist der erste Tag der drei-monatigen Sommerferien. Pfarrer Mus-sallam leitet seit vielen Jahren neben sei-ner Pfarrei diese katholische Schule. Indiesem Schuljahr musste er den Schülernden Ausflug ans Meer verwehren. Nach-dem dort am Strand eine Familie durch

israelische Raketen umkam, fand er dasRisiko für seine Schulklassen zu hoch. Estut ihm weh zu sehen, wie es den Kin-dern geht. „Viele Kinder sind krank. Siegehen jede halbe Stunde zur Toilette. Diemeisten leben in einem Trauma. Wannkönnen wir sie heilen? Wenn sie verletztwurden, können sie nicht studieren. Siekommen zur Schule, aber sie könnennicht zuhören.“ Der Priester hadert mitder Weltgemeinschaft, die zulässt, dassunschuldige Kinder unter den Kollektiv-strafen leiden müssen.

Besorgt beobachtet er, wie Familien-strukturen zerstört werden. Der Vater ist

Ich laufe auf dem Gartenweg ums Hausherum und Heba hüpft laut lachendhinterher, bis ich müde bin. In der Nachtweint Heba heftig. Wie wir alle, ist sievon der Detonation einer Bombe, die einisraelisches Kampfflugzeug nicht weitentfernt von ihrem Elternhaus auf einePolizeistation abgeworfen hat, aufge-wacht. Ihre Eltern flüstern beruhigendauf sie ein, bis sie wieder einschlafenkann. „Ein Israeli wurde getötet. Wir hat-ten einen schlimmen Vergeltungsschlagerwartet“, erklärt Hebas Vater am näch-sten Morgen. Elf Verletzte, darunter Kin-der, waren die Opfer der Nacht.

Anschläge auf Zivilisten und Kollek-tivstrafen sind nach dem Völkerrecht ver-

boten. Der südafrikanische Jurist und UN-Sonderberichterstatter über den Stand derMenschenrechte in den palästinensischenGebieten John Dugard hat in seinem Be-richt vom Januar 2008 auch die israeli-sche Regierung wegen ihrer Übertretun-gen des Kollektivstrafen-Verbots kritisiert.Immer wieder werden Kinder und Ju-gendliche Opfer der israelischen Armee.Zwischen Januar und September 2008sind im Gazastreifen 75 Kinder getötetworden, 426 Palästinenser waren es ins-gesamt, davon 389 im Gazastreifen. Imselben Zeitraum haben Palästinenser 30Israelis getötet, davon 5 im Gazastreifen.

Kinder spielen Festnahme und Erschießung

Ein Drittel der Kinder im Gazastreifen lei-det unter posttraumatischer Belastungs-störung, wissen die Psychiater des GazaCommunity Mental Health Programms.3.000 Kinder hatten sie untersucht undfanden bei ihnen zum Teil mehrfach trau-matische Erlebnisse. „Für viele dieser Kin-der war es am unerträglichsten, zuzu-sehen, wie ihr Vater von israelischenSoldaten geschlagen worden ist – und kei-nen Widerstand leistete“, weiß der Psy-chiater Eyad Sarraj. „Der Vater kann seinKind nicht schützen.“ Deshalb sei es keinWunder, wenn für das palästinensischeKind nicht mehr der Vater, sondern derSoldat als Vorbild dient. Die Kinder spie-len Festnahme und Erschießung. Als indiesem Jahr zum Zuckerfest wieder vieleSpielzeuggewehre gekauft wurden, weiles der Herzenswunsch der kleinen Söhnewar, und danach Kinder durch Spielzeug-munition zum Teil verletzt wurden, hatdie Hamas die Familien gebeten, solchePlastikwaffen aus dem Verkehr zu ziehen.

SCHWERPUNKT: AUFWACHSEN IM NAHEN OSTEN

LEBEN WIE IM GEFÄNGNIS

Die dreijährige Heba in Gaza istein lebhaftes Mädchen, das gernemit anderen spielt.

Heba ist drei Jahre alt. Sie hat einSchaukelpferd und im großenWohnzimmer hängt noch ihre

„Happy-Birthday-Girlande“. Tagsüber,wenn ihre Eltern bei der Arbeit sind, passtdie Großmutter auf die Kleine und ihreSchwester auf. „Heba will überall dabeisein“, klagt ihr Vater ein wenig halbher-zig, denn schließlich ist er stolz auf seinelebhafte Tochter.

„Spielst du mit mir?“ fragt sie gleichbei meiner Ankunft. Ihr Zuhause ist eingeräumiges zweigeschossiges Gebäudemit Wassertank und Waschmaschine aufdem begehbaren Dach in Strandnähe zwi-schen Gaza, Beit Hanoun und dem Flücht-lingslager Jabaliya. Wir erfinden ein Spiel:

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Kindheit im Gazastreifen

Palästinensische Kinder spielen „Festnahme“.Das Foto ist Teil der Ausstellung „breakingthe silence“, die ehemalige israelische Solda-ten zusammengestellt haben.

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allem Kinder mit Hautinfektionen. „DieKinder brauchen viel Zuwendung. Wirgeben ihnen Liebe, damit sie glücklichsind“, strahlt die junge Krankenschwes-ter Iman. Der medizinische Leiter des Hos-pitals Dr. Majad Ayad operiert morgen einZwölffingerdarmgeschwür bei einem klei-nen Patienten. „Krebs unter jungen Men-schen nimmt zu“, erläutert der Chirurg,„aber allein schon um die Diagnose stel-len zu können, muss das Krankenhaus ei-nen enormen Aufwand leisten. Ein Laborhaben wir in Jerusalem gefunden, aber je-des Gewebeteil, das den Gaza-streifen verlässt, benötigt eineextra Genehmigung der Besat-zungsmacht.“

Am schlimmsten ist die Angst

„Ein 16-jähriger Junge im Gaza-streifen von heute ist jemand,für den das Leben ein Gefäng-nis ist. Er darf den Gazastreifennicht verlassen. Er hat Bombar-dements und Tötungen gese-hen, Morde, Blut und Demütigungen. Erdenkt nicht daran, dass er eine Zukunftals Wissenschaftler, als Arzt oder Inge-nieur hat. Trauriger- und tragischerweisedenken deshalb viele von ihnen, dass esdas beste sei, ein Märtyrer zu werden“,beschreibt der Psychiater Sarraj das Le-bensgefühl der jungen Generation. AlsPsychologe sieht er dies als Folge der Um-welt. In einer Umgebung von Hoffnungund Freude würde man vor Tod und Tö-ten zurückschrecken, „wenn man aber ineiner Umgebung der Hoffnungslosigkeitund Verzweiflung lebt, dann gibt es Mär-tyrer, die glauben, Tod ist der Anfang zumLeben.“ Der Kampf der Palästinenser

ckiert, dass die Mehrheit der gut Ausge-bildeten Gaza gerne verlassen würde.Doch derzeit bekommen nicht einmalStudierende mit einem Stipendium imAusland die Erlaubnis auszureisen. DerGazastreifen ist abgeriegelt.

Seit der Blockade des Gazastreifens hatsich die Not der Kinder verschärft. Wäh-rend die Besatzungsmacht vor zwei Jah-ren täglich rund 300 bis 400 Lastwagenmit Waren nach Gaza ließ, sind es nurnoch rund 100 Lastwagen. Dadurch fehltTreibstoff und Transport ist teuer gewor-den. Manche Kinder müssen einen wei-ten Schulweg zu Fuß zurücklegen. Vielesfehlt den 1,5 Millionen Einwohnern vonGaza, von denen die Hälfte jünger als 16Jahre ist. Im Norden ist das Trinkwasservoller Nitrat und Filter sind nicht erhält-lich. Das führt zu Nieren- und Gehirn-krankheiten bei Kindern. Ins anglikani-sche Ahli Arab Krankenhaus kommen vor

SCHWERPUNKT: AUFWACHSEN IM NAHEN OSTEN

unter Druck, weil er keine Arbeit hat, dieMutter, weil zum wiederholten Mal derStrom ausgefallen ist. Der Vater schlägt dieKinder, die Mutter weint. Entstanden sei„eine Mentalität von Gewalt, Geschrei,ständigem Sprechen, von Hass, sich demanderen verschließen“. Familien würdenin Hamas und Fatah gespalten, wobei diemit Hamas sympathisierenden nicht mehrbei Hochzeiten der anderen mitfeiern.

„Ich habe meine Kinder aus einem ru-higen Leben in Deutschland herausgeris-sen“, sagt Achmad Abu Shaban, der nachseiner Promotion fast ein Jahr auf dieWiedereinreise in den Gazastreifen war-ten musste. Spätestens als er am 15. Mai2008 bei der Einreise mit Frau, drei klei-nen Kindern und acht Koffern im Pan-zerfeuer am Grenzübergang Erez standund nicht nur seine Kinder, sondern auchdie Erwachsenen weinten, kamen ihmZweifel. Der Rückkehrer ist auch scho-

drehe sich heute darum, wie man nichtzu einer Bombe auf zwei Beinen wird,glaubt er.

Viele im Gazastreifen kämpfen diesenKampf mit: Eltern, Ärzte und Lehrer, diesich mit den Jugendlichen auseinander-setzen und Kinder schützen wollen. Ei-ner ist Ryad Salem. Er ist vor vier Jahrenaus Saudi Arabien zurückgekehrt. Wasihm an den Kindern in Gaza auffiel, wardie Angst, die sie haben. Manche Elternwürden dies verstärken, indem sie ihnen

drohen, die Juden würden kommen, etwawenn sie nicht schlafen wollen. Salemhat eine Kinderorganisation gegründet.Zusammen mit Schulen wendet sie sichan sechs- bis zwölfjährige Problemkin-der, hilft mit Schulranzen, Fußbällen,kleinen Belohnungen und bei körper-lichen Problemen. Gegen die Angst derKinder setzt er auf Spiel und darauf, dassder Fernseher aus bleibt. „Viele Leuteschalten den Fernseher mittlerweile aus“,ergänzt sein Kollege, „sie wollen keineschlechten Nachrichten mehr sehen.“

Wiltrud Rösch-Metzler

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Blick auf die Nordgrenze des Gazastrei-fens. Hinter der Mauer liegt Israel.

Heba mit ihrer Mutter Diana und Schwester Nur

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gemeinsame Erziehungsverantwortung.Wenn ein Kind in der Öffentlichkeit Un-sinn macht, wird ein Erwachsener dasKind zurechtweisen. Letztens in Alepposah ich, wie ein Mann einen Jungenschlug. Ich bin zu ihm gegangen, habe –wie das unter Arabern durchaus üblichist – seine Hand festgehalten und ihn ge-fragt, was los ist. Gleich kamen die La-denbesitzer der Umgebung dazu und be-fragten ihrerseits den Mann und denJungen. Man mischt sich mehr ein.

Was beobachten Sie bei den Kindernund Jugendlichen im Nahen Osten?Es gibt große Unterschiede, je nachdemin welchem Land und in welcher Fami-lie sie aufwachsen. Eine meiner Schwes-tern in Israel hat sieben Kinder und 38Enkel. Sie haben die israelische Staats-bürgerschaft, wachsen mit jüdischen Al-tersgenossen auf, arbeiten mit ihnen im

Welchen Stellenwert haben Kinder im Nahen Osten?Sie sind ein Reichtum, auch im materiel-len Sinn; denn eine staatliche Altersver-sorgung gibt es nicht. Meine Mutter hatteneun Kinder und bezeichnete mich undmeine Frau mit unseren zwei Kindern alsarm. Kinder sind im Orient immer will-kommen und werden als Segen empfun-den. Eltern bekommen nach der Geburtihres ersten Sohnes neue Namen. MeineMutter hieß „Um Samir“, also „Muttervon Samir“, weil ich der Älteste bin. ImNahen Osten trägt die Gesellschaft eine

MUHAMMED IST DEIN BRUDER

Samir Akel wurde 1938 in Nazarethgeboren. Der arabische Christ wurdemit neun Jahren Schneller-Schüler imGaliläischen Waisenhaus. Im Zuge derAuflösung der Schneller-Anstalten imHeiligen Land kam er über Umwegein den Libanon, wo Hermann Schnel-ler 1952 die Johann-Ludwig-Schnel-ler-Schule (JLSS) gründete. Dort legteAkel sein Abitur ab und arbeitete alsJunglehrer. Nach einem Studium inDeutschland kam Akel gemeinsammit seiner deutschen Frau in den 60erJahren als Schulleiter der Elementar-schule an die JLSS. Akel promoviertein Tübingen über die Pädagogik vonJohann Ludwig Schneller und arbei-tete ab 1973 als Pädagogik-Professoran der Evangelischen Fachhochschulefür Sozialwesen in Reutlingen. DerRuheständler gibt heute Seminare ininterkultureller Pädagogik. AndreaAippersbach sprach mit ihm über dasAufwachsen im Nahen Osten damalsund heute.

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Samir Akel setzt auf Erziehung zur Toleranz

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Statistische Zahlen im VergleichAUFWACHSEN HIER UND DORT

Deutschland

82,443,3

-0,0441,41

4,03

4,6

9999

Bevölkerung in Mio.Altersdurchschnitt in JahrenBevölkerungswachstum in %

Geburtenrate in Kindern/FrauKindersterblichkeit

(pro 1.000 Lebendgeburten)Bildungsausgaben vom

Bruttoinlandsprodukt in %Schreib- und Lesefähigkeit:

Männer in %:Frauen in %:

Schweiz

7,640,7

0,3291,44

4,23

5,8

9999

Gaza

1,517,2

3,4225,19

19

k. A.

96,788

Libanon

428,8

1,1541,87

22,59

2,7

93,182,2

Jordanien

6,223,9

2,3382,47

15,57

4,9

95,184,7

Israel

7,128,9

1,7132,77

4,28

6,9

98,595,9

20 13,8

66,2

Deutschland

16 15,8

68,2

Schweiz

2,7

44,7

52,7

Gazastreifen

7,1

26

66,8

Libanon

4,1

32,2

63,7

Jordanien

9,8

28

62,2

Israel

Quelle: The 2008 World Factbook, Central Intelligence Agency

0 - 14 Jahre15 - 64 Jahre65 Jahre und älter

Samir Akel neben einem Foto seiner Eltern in Nazareth

Im Nahen Osten gehören Kinder zum Alltagsbild.

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nebeneinander, statt miteinander entwi-ckeln. Als Schüler habe ich gelernt, dassmein Mitschüler Muhammed mein Bru-der ist. Diese Toleranz war und ist einezentrale Botschaft der Pädagogik an denSchneller-Schulen. Im Libanon müssenevangelische, katholische, drusische undmuslimische Einrichtungen mehr Netz-werke bilden.

Wo liegen die größten Unterschiede zwischen dem NahenOsten und Europa?Wenn ein Kind oder Jugendlicher seineEltern verliert, greift in Europa die staat-liche Unterstützung. Es gibt Kinderheime,ein Jugendamt. Im Nahen Osten müssendie Familien diese Arbeit leisten. Kinderwerden in der Verwandtschaft unterge-bracht. Das kann gut laufen, aber es gibtauch andere Fälle, wo Kinder fürchterlichleiden. Im Gegensatz zu Europa ist dieGroßfamilie immer noch weit verbreitet.Da gibt es dieses natürliche Miteinandervon Jung und Alt. Eine Entwicklung hinzur Kleinfamilie und die Schwierigkeitenjunger Europäer, eine feste Lebensform zufinden, kann man aber zunehmend auchim Orient beobachten.

Kind sein in einer Kultur ist ja auch im-mer verbunden mit den Traditionen,mit Geschichten und Liedern … Die kulturellen Wurzeln sind sehr wich-tig für die Entwicklung von Kindern. Dahat sich auch in der Schneller-Pädagogikviel verändert. Im Gegensatz zu frühersingen die Kinder sowohl deutsche alsauch arabische Lieder. Das hilft dabei, bi-kulturell zu leben.

Man muss sich im Nahen Osten fra-gen, warum wir Araber an einigen Punk-ten von den Europäern überholt wurdenund wo wir von ihnen lernen sollten.Gleichzeitig muss man aber auch danachfragen, welche eigene kulturelle Identitätwir bewahren müssen. Ich habe letztenseinen Vortrag einer Soziologin in Beirutgehört, die als Feministin betonte, dassFrauen im Orient ihren eigenen Weg derBefreiung gehen und keine Vorgaben ausEuropa brauchen. Es muss ein gegensei-tiges Geben und Nehmen zwischenOrient und Okzident geben.

SCHWERPUNKT: AUFWACHSEN IM NAHEN OSTEN

Betrieb und gehen mit ihnen abends aus.Mischehen allerdings gibt es selten. Es istein völlig anderes Leben als das der Nach-barn in der Westbank, im Gazastreifenoder in den umliegenden Ländern. In Pa-lästinenserlagern im Libanon gibt es Ba-racken-Schulen der UNRWA mit 60 oder70 Kindern in einer Klasse. Es wird inzwei Schichten vor- und nachmittagsunterrichtet. Die Kinder sind hoch moti-viert, an ihrer Lage etwas zu ändern, wol-len Ärzte werden und helfen. Aber sie ha-ben keine Staatsbürgerschaft, könnennicht ausreisen und studieren.

Wie wachsen Mädchen auf?Mädchen und Frauen sind im Orient be-nachteiligt. Bei einem Mädchen heißt esoft: „Warum soll sie studieren? Sie istdoch ein Mädchen.“ Ich habe mich im-mer gefragt, wie wir an den Schneller-

Schulen von einem christ-lichen Geist reden kön-nen und dann nur Jungenausbilden. Zum Glück hatsich das an der JLSS im Li-banon geändert. Aber inder Gesellschaft gibt esviele Ungerechtigkeiten.Bei einer Scheidung kom-men nach orientalischemDenken und Recht dieKinder automatisch zurFamilie des Mannes. Inden Fortbildungen, dieich für muslimische So-zialarbeiterinnen aus liba-nesischen Palästinenser-

lagern gegeben habe, habe ich auch immerwieder erlebt, dass junge Frauen unter derSpannung, einen Beruf ausüben zu wol-len und der gesellschaftlichen Erwartung,eine Familie zu gründen, leiden.

Sie kennen den Libanon auch ausBürgerkriegszeiten. Was hat der Kriegmit den Kindern gemacht?Im Grunde ging alles kaputt, weil Kindererlebten, dass Probleme mit Gewalt ge-löst werden. Es gab Banditen aller Cou-leur, die Straßensperren errichteten undMenschen deshalb erschossen, weil sieChristen oder Muslime waren. Die roheGewalt zeigte sich auch bei Schneller-Schülern. Einer zerstörte an der JLSS alleElektroleitungen und Steckdosen. Das wa-ren keine normalen Entwicklungsstörun-gen mehr. Auch heute hat der Libanonwieder das Problem, dass sich Menschen

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Der Schneller-Schüler Samir Akel (rechts im Bild)

Junglehrer Samir Akel mit seinen Schülern an der JLSS

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und ist Mitglied in der Queen Rania Kom-mission für die besten Lehrer in Jordanien.Khalidah Massarwehs wichtigstes Anlie-gen ist es, den Kindern und Jugendlichender TSS durch gute Bildung und Erziehungeine Zukunft zu sichern. Im nächstenSchuljahr sollen im Tagesbereich die er-sten Mädchen aufgenommen werden und damit der Schritt weg von einer reinen Bil-dungsanstalt für Jungen erfolgen. IhrWunsch ist es, eine weiterführende Schuleeinzurichten, damit Jugendliche an derTSS auch Abitur machen können. Siemöchte zudem die Arbeit der Schule mehr

in der Öffentlichkeit bekannt machen.Massarweh ist römisch-katholisch, verhei-ratet und hat fünf Kinder im Alter zwi-schen 19 und 30 Jahren. Sie war ehren-amtlich beim CVJM und in der JordanianWomen’s Union aktiv. Persönliche Schwer-punkte sind Kinder- und Frauenrechte.

HOCHSEILGARTEN FERTIG GESTELLTAmman. Es wurde nochmals kräftig Handangelegt und das Ergebnis kann sich se-hen lassen: Der Hochseilgarten im Ein-gangsbereich der TSS ist jetzt nicht nurein attraktiver Blickfang, sondern auch

NACHRICHTEN AUS DEN SCHNELLER-SCHULEN

UMSATZSTEIGERUNG Khirbet Kanafar. „Die Umsätze unsererKfz-Werkstatt sind deutlich gestiegen, seitwir die Mitarbeiter an den Erlösen betei-ligen“, berichtet Pfarrer George Haddad,Direktor der Johann-Ludwig-Schneller-Schule (JLSS). Der zusätzliche Kunden-verkehr sei zwar eine Belastung für dieAusbilder, ermögliche aber den Auszubil-denden das praktische Lernen in einerrealistischen Situation: Neben dem Re-parieren von Autos üben sie den Umgangmit Kunden, das Berechnen der Kosten,den Umgang mit Zeitdruck, wenn dieKunden warten und gleichzeitig neueAufträge eingehen. Der erhöhte Umsatzbedeute auch höhere Einnahmen für dieSchule, so Haddad – in einer Zeit starksteigender Preise ein wichtiger Faktor.

MÄDCHENAUSBILDUNGKhirbet Kanafar. Die Baumaßnahmenan der JLSS für die Berufsausbildung von

Mädchen haben begonnen. In zwei Bau-abschnitten sollen Schulungsräume ge-schaffen werden, in denen Mädchen abdem Schuljahr 2009/2010 eine Ausbil-dung machen können zur Friseurin undKosmetikerin, Schneiderin und Mode-designerin oder Köchin und Hauswirt-schafterin. Finanziert wird das Projektvon BibleLands, dem Evangelischen Mis-sionswerk in Südwestdeutschland (EMS)und dem Schweizer Verein für die Schnel-ler Schulen.

TRAGISCHER UNFALLAmman. Während des Aufbaulagers derbadischen Schülerarbeit an der Theodor-Schneller-Schule (TSS) kam es im Augustzu einem tragischen Unfall. Jack, ein Ab-solvent der TSS, stürzte bei Erdarbeitenund brach sich einen Rückenwirbel. Pfar-rer Klaus Schmid, Vorsitzender des EVS,und Pfarrer Andreas Maurer, EVS-Ge-schäftsführer, besuchten den jungenMann und seine Familie im September.Noch besteht Hoffnung, dass die Läh-mung der Beine nicht endgültig ist. Jackwohnt mittlerweile in einer Wohnung ander TSS. Die Verantwortlichen in Ammansetzen sich dafür ein, dass er eine Ausbil-dung beginnen kann, die ihm trotz einermöglichen Behinderung eine Berufspers-pektive eröffnet.

NEUE SCHULLEITUNGAmman. Seit August hat die TSS erstmalsin ihrer Geschichte eine Frau an der Spitzeder Schule. Khalidah Massarweh ist 52Jahre alt, studierte Philosophie und warRektorin an mehreren Schulen. Sie pro-movierte im Bereich Bildungsmanagement

betriebsbereit. Ab Frühjahr 2009 könnengeschulte Trainer hier pädagogisch mitden Jungen der Schneller-Schule oder mitGruppen anderer pädagogischer Einrich-tungen arbeiten. Die TSS ist der Evange-lischen Landeskirche in Baden, vor allemder badischen Schülerarbeit, dem Teamdes Hochseilgartens in Mannheim unddem Berufsbildungswerk Neckargmündsehr dankbar für dieses in jeder Hinsichtwertvolle Geschenk.

TRAINING AM SEILGARTEN Amman. Mitarbeitende der DeutschenBotschaft und der GTZ absolvierten EndeOktober ein Training an den niederen Ele-menten des Seilgartens der TSS. Am eige-nen Leib erfuhren sie, wie Persönlichkeits-entwicklung mit erlebnispädagogischenMethoden erfolgt. In einer Abschlussrefle-xion wurde klar, dass der Seilgarten nichtnur für Kinder und Jugendliche, sondernauch für Erwachsene geeignet ist. Dadurchergeben sich Chancen für die pädagogi-sche Arbeit, Konfliktbearbeitung und Frie-denserziehung auch über die TSS hinaus.

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Die räumlichen Voraussetzungen werdengeschaffen, damit erstmals auch Mädchenan der JLSS eine Berufsausbildung erhal-ten können.

Die neue Schul-leiterin KhalidahMassarweh

Der Seilgarten an der TSS ist nicht nur einBlickfang, sondern bietet vielseitige päda-gogische Möglichkeiten.

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Jede Handpuppe erhält ein anderes Aussehen.

AUS DEN SCHNELLER-SCHULEN

Nachdem ich jeden einzelnen Briefmündlich übersetzt hatte, war das Stau-nen groß. An der Schneller-Schule gibtes keinen Adventskalender. Die Jungenbekommen weder im Internat noch zuHause so viele Geschenke wie die Kinderin Deutschland. Vom Heiligen Nikolaushatten sie auch noch nie gehört - im Na-hen Osten verehrt man eher die HeiligeBarbara. Aber dennoch gibt es Gemein-samkeiten: Die Weihnachtszeit ist auchin Jordanien eine Zeit der Familie. Christ-liche Familien besuchen am 25. Dezem-ber morgens gemeinsam den Friedhof.Anschließend geht die Familie in denGottesdienst und verbringt die Festtagezusammen.

Weil die Post die Rohwichtel lange un-ter Verschluss hielt und die Weihnachts-ferien dazwischen kamen, hat die Ant-wort aus Amman etwas gedauert. DieJungen der dritten bis sechsten Klasse lie-ßen sich beim Gestalten ihrer Puppennicht hetzen. Doch dann traten Scheichs,Rapper, jordanische Fußballer und Blu-menmädchen, begleitet von Fotos und

Kinder lernen andere Kulturen undden fairen Handel kennen und kön-nen mit Kindern in anderen Ländernin Kontakt kommen. Das ist inGrundzügen das Ziel der Initiative„weltweit wichteln“, bei der sich Kin-der gegenseitig selbst gestaltete Hand-puppen, Fotos und Briefe schicken.Katrin Kaltenecker hat die Idee desgegenseitigen Wichtelns begeistertund es während ihres Aufenthalts alsÖkumenische Freiwillige an der Theo-dor-Schneller-Schule (TSS) in Ammanausprobiert. Als Partnergruppe inDeutschland konnte sie Schülerinnenund Schüler ihrer ehemaligen Grund-schule in Eschenbach gewinnen.

Pünktlich zum Weihnachtsfest 2007nahm ich einen Karton in der HauptpostAmmans in Empfang. Pakete aus demAusland müssen vom Zoll geöffnet undder Wert der Waren angegeben werden.Der Beamte war sehr erstaunt, als er inder Box selbst gebastelte Puppen vorfand.„Wofür sind die denn?“, fragte er. „Fürmeine Kinder“, sagte ich. „Du hast aberviele Kinder, dafür, dass du noch so jungaussiehst!“, war seine prompte Antwort.

42 wunderschöne Wichtelpuppen wa-ren aus Deutschland gekommen. DieDritt- und Viertklässler der GrundschuleEschenbach hatten sich mit ihren Wich-teln sehr viel Mühe gegeben. In zahlrei-chen Kunststunden sind aus einfachenBaumwollrohlingen Nikoläuse und En-gel, Fußballspieler im Deutschlandtrikot,ein Mädchen mit perlenbesticktem Kleidund langen, geflochtenen Zöpfen, ein Kö-nig, ein Handwerker in Latzhose und mit

Schnauzbart entstanden. Egal ob mit Was-serfarben oder Wachsstiften, ob mit Wolleoder Stoffresten - jeder Wichtel war einkleines Kunstwerk. Dazu war in jedemSäckchen auch ein Foto und ein Brief.Auf liebevoll gestaltetem Briefpapier be-schrieben die Kinder, wie sie in Deutsch-land die Advents- und Weihnachtszeitverbringen. Außerdem erklärten sie zu-sammen mit ihren Religionslehrern, wel-chen Hintergrund und welche Bedeutungdie Bräuche haben.

NIKOLÄUSE, ENGEL UND FUSSBALLSPIELER

Briefen die Reise nach Deutschland an.Und so wurden es eben Oster-Wichtel.

Die persönlichen Briefe stellten michanfangs vor ein Problem: Die jordanischenKinder können nicht auf Englisch schrei-ben und ich kann die arabischen Briefenicht lesen. Außerdem waren die Hälfteder Jungen Muslime, die kein Weihnach-ten feiern. Daher habe ich einen Fragebo-gen entwickelt, den die Kinder ausgefüllthaben. Die Muslime habe ich nicht nachWeihnachten, sondern nach „Id al-Atha“gefragt, einem der höchsten muslimischenFeste. Anschließend formulierte ich aus al-len Fragebögen einen kleinen Brief, der zu-sammen mit Foto und Stoffpuppe in je-den Wichtelsack kam. Ein Brief über Land,Leute und die Schule vermittelte den deut-schen Kindern zudem einen Eindruck überJordanien und das Leben der Schüler ander TSS.

Die Wichtelpuppen aus Deutschland erfreuen sich bei den Schülern der TSS großer Beliebtheit.

Kinder aus Deutschland und Jordanien wichteln

Die im Evangelischen Missionswerk in Süd-westdeutschland (EMS) beheimatete Initia-tive „weltweit wichteln“ greift das imdeutschsprachigen Kulturraum, aber auchbis nach Brasilien bekannte und ausgeübteBrauchtum des Wichtelns auf. Mit Wichtel-handpuppen und Wichtelsäckchen könnenKinder aus unterschiedlichen Ländern einan-der etwas über die eigene Lebensweise mit-teilen. Neben Informationen über die Wich-telaktion finden Sie auf der Homepagewww.weltweit-wichteln.org auch päda-gogisches und liturgisches Material zumGlobalen Lernen.

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Am 16. November fand die Mitgliederversamm-lung des Evangelischen Vereins für die Schnel-ler-Schulen (EVS) statt. Schon zum Gottesdienstkamen rund 80 Mitglieder und Interessierte indie Erlösergemeinde nach Stuttgart. Pfarrer Ge-orge Haddad, Direktor der Johann-Ludwig-Schneller-Schule (JLSS) im Libanon, veranschau-lichte in seiner Predigt, dass die Arbeit derSchneller-Schulen das Himmelreich Gottes sicht-bar mache.

Der Bericht des EVS-Vorsitzenden PfarrerKlaus Schmid legte den Schwerpunkt auf die Ar-beit des Vorstands in Deutschland, die Reisenvon Vorstandsmitgliedern zu den Schneller-Schulen und die Entwicklung der Schneller Stif-tung – Erziehung zum Frieden. Über 80.000 Eurokonnten in diesem Jahr an Zustiftungen ver-bucht werden.

Weniger erfreulich ist die Spendenentwick-lung des EVS. Schatzmeister Reinhold Schaal er-läuterte, dass zwar der Gesamttrend immer nochpositiv sei. Dennoch fehlen in diesem Jahr imVergleich zum Vorjahr über 53.000 Euro Spen-den. Angesichts der Finanzkrise sei zu befürch-

ten, dass auch das Spendenaufkommen im Dezember unter dem des Vorjahres blei-ben werde. Er appellierte an alle Mitglieder, in Gemeinden, bei Freunden undBekannten für die Arbeit der Schneller-Schulen zu werben.

Die Mitgliederversammlung wählte Alfons Riek von der Firma Festo in das Kura-torium der Stiftung nach. Seit vielen Jahren bestehen enge Verbindungen von derFirma Festo zur JLSS.

Der Nachmittag war gefüllt mit Erlebnisberichten. Die ehemaligen ÖkumenischenFreiwilligen Silvan Eppinger und Christoph Dinkelaker erzählten von ihren Erfah-rungen an der JLSS. Sie betonten, wie wichtig diese Zeit für ihre persönliche Ent-wicklung gewesen sei. Mit Spannung lauschten die Teilnehmerinnen und Teilneh-mer anschließend Pfarrer Uwe Weltzien. Unter dem Leitgedanken „Mit Widersprüchenleben lernen“ berichtete er über die neun Jahre, in denen er gemeinsam mit seinerFrau Friederike die Evangelische Gemeinde zu Beirut leitete. Er zeichnete dabei eineindrucksvolles Bild einer Gemeinde, die sich zwischen interreligiösem Dialog, Krieg,kulturellen Veranstaltungen, Gottesdienst und Sozialarbeit bewegt.

Zur Unterstützungder Arbeit an derTheodor-Schneller-Schule (TSS) geht derEVS-VorsitzendePfarrer Klaus Schmidfür voraussichtlichein Jahr nach Jorda-nien. Schmid arbei-tet dort im Auftragdes Evangelischen

Missionswerks in Südwestdeutschland(EMS) als Berater der Schulleitung. SchmidsAufgaben im EVS wird seine Stellvertrete-rin Regina Schoch wahrnehmen.

JOHANNA HAGEN VERAB-SCHIEDET

KLAUS SCHMID AN DIE TSS

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enIm Rahmen seiner Mitgliederversammlungnahm der EVS Abschied von Johanna Ha-gen (links im Bild). Sieben Jahre lang warsie als Sachbearbeiterin im EMS eine stetskompetente Ansprechpartnerin für dieSchneller-Schulen, für Vereinsmitgliederund bei allen Anliegen rund um das Nah-ost-Referat. Der EVS bedankte sich bei Jo-hanna Hagen, die in Altersteilzeit geht, fürihren herausragenden Einsatz. Nachfolge-rin ist Ute Müller (rechts im Bild).

EVS-MITGLIEDERVERSAMMLUNG

Der Evangelische Verein für die Schneller-Schulen e.V. (EVS) unterstützt und begleitet

die Arbeit der Johann-Ludwig-Schneller-Schuleim Libanon und der Theodor-Schneller-Schulein Jordanien. Seine besondere Aufgabe bestehtdarin, in den Schneller-Schulen bedürftigenKindern Erziehung sowie eine schulische undberufliche Ausbildung zu ermöglichen. Der Ver-ein arbeitet partnerschaftlich mit den beidenörtlichen Trägerkirchen zusammen: der Natio-nalen Evangelischen Kirche von Beirut und derBischöflichen Kirche in Jerusalem und demMittleren Osten. Der EVS ist Gründungsmit-glied des Evangelischen Missionswerks in Süd-westdeutschland (EMS).

Wenn Sie Mitglied im EVS werden wollen,schicken wir Ihnen gerne eine Beitrittserklärungzu. Der jährliche Mindestbeitrag beträgt 25Euro. Mit einer Spende für die Schneller-Schu-len unterstützen Sie eine als mildtätig aner-kannte diakonische Arbeit.

Stiften Sie Zukunft! Mit einer Zustiftung(ab 300 Euro) in die Schneller Stiftung – Erziehungzum Frieden schaffen Sie die Möglichkeit, auchlangfristig beide Schneller-Schulen zu fördern.

Vogelsangstraße 62 | 70197 Stuttgart Tel.: 0711 636 78 -39 | www.evs-online.org

WERDEN SIE MITGLIED IM EVS!

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AUS DER SCHNELLER-ARBEIT

Oben: Gespräch vor der Kirche mitUwe Weltzien (rechts)

Unten: George Haddad (Mitte) mitKlaus Schmid und EVS-Geschäfts-führer Andreas Maurer (rechts) imGottesdienst

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den Pfarrern. Bei den Kinderaktivitätenist den Müttern der Anschluss an deut-sche Traditionen wichtig. Beide Gruppensind interreligiös gemischt. Besondersschön fand ich, dass die Kinder die reli-giösen Themen einforderten und unsnach den Geschichten in der Bibel undim Koran ausfragten. Nach dem Krieg imSommer 2006 war die Suche nach einertragenden Spiritualität das Wichtigste:Wie sind Verzweiflung und Depressionauszuhalten? Und wie stärken wir denGlauben, dass Gewalt nicht mehr dieOberhand behält? Ich empfand es alsmeine Aufgabe, Alltagsfreude zu verbrei-ten, und wenn es nur mit einer Blumewar, oder einem Lied oder auch mal miteinem Kasperltheater.

Frau Weltzien, fehlt Ihnenetwas, wenn Sie an den Liba-non denken?Das kann man wohl sagen. Esist einfach eine andere Welt. Am meis-ten fehlen mir die Menschen. Dadurch,dass es schwierige Zeiten waren, sind wirsehr zusammen gewachsen.

Hatten Sie dort andere Aufgaben als hier?Einen großen Raum nahm das Wirt-schaftsunternehmen Gemeinde ein. DieGemeinde muss sich aus eigener Kraft fi-nanzieren. Um Einnahmen zu haben, hatdie Gemeinde ein neunstöckiges Hausmit 16 Mietwohnungen gebaut. Auch vonder Struktur her ist die Gemeinde anders.Man muss ihr beitreten und zahlt einenMitgliedsbeitrag.

Die Situation der Frauen ist ein großesThema. Jeden Dienstag ist Frauentag. Eswird Brot aus der Schneller-Schule ver-kauft, es tut gut Deutsch zu sprechen, dieGeburtstage zu feiern und sich nebenbeiRat zu holen bei der Sozialarbeiterin oder

CHRISTEN UND DER NAHE OSTEN

Wie lebt eine ausländische Kirchenge-meinde zwischen Hizbollah undChristenmilizen?Durch die Gemeindemitglieder, die mitLibanesen verheiratet sind, ist man ein-gebunden in alle politischen und religi-ösen Gruppen. Es ist eine hohe Kunst,die Konflikte nicht aufbrechen zu lassen.Die Gemeinde hat Beziehungen zu allenGruppen. Die Hizbollah beispielsweisebrauchten wir ab und zu im Zusammen-hang mit familiären Konflikten. Eine Frauhatte uns einmal um Hilfe gebeten; ihrMann behandelte sie sehr schlecht undsperrte sie immer wieder im Haus ein. Eshalf ihr, dass ein Hizbollah-Führer demMann erklärte, dass dieser nach islami-schem Verständnis seiner Frau nicht ver-bieten darf, das Haus zu verlassen. Ande-rerseits hat die Hizbollah skrupellos imMai letzten Jahres auch unser Viertel er-obert. Die Hizbollah hat keine Mehrheitim Parlament, aber sie fordert quasi einVetorecht. Sie ist ein Staat im Staat. Zu-dem stehen sich derzeit sunnitisch-christ-liche Kräfte und schiitisch-christlicheKräfte gegenüber. Die Idee von Gewalt-losigkeit ist im Libanon ganz weit weg.

Wo endete für Sie die Rücksicht-nahme auf kulturelle Gepflogenhei-ten des Gastlandes?Wir haben uns massiv eingesetzt fürFrauen in Not. Zuerst wurden wir ge-warnt, dass wir das Thema als Ausländernicht angehen dürften. Wir haben aberimmer Verbündete gefunden, sowohl beiZwangsheirat als auch bei Kindesentfüh-rungen. Nach einem Ehrenmord an ei-nem Mädchen, das zunächst bei uns Hilfegesucht hatte, haben wir ein Netzwerkmit Scheichs und christlichen Würden-trägern aufgebaut. Gerade in Berücksich-tigung der kulturellen Gepflogenheiten

konnten wir mit diesen Verbündeten inFamilienkonflikten wirksam eingreifen.In der Gemeinde konnten wir Frauen einNotfallzimmer bieten und manchmalauch ein Rückflugticket. Dabei wird engmit libanesischen Frauenorganisationenund auch Frauenhäusern in Deutschlandzusammengearbeitet.

Wie sehen Sie die Zukunft der Chris-ten im Libanon?Es ist traurig: Je mehr Angst und Druckden Alltag bestimmen, desto mehr zie-hen sich die Christen auf ihre Gruppenzurück und verhalten sich eher traditio-nell. Ich bin sehr in Sorge über die Aus-wanderungen, aber man kann es denMenschen nicht verdenken, die sich einebessere Zukunft für ihre Kinder erhoffen.Es gibt dennoch viele einflussreiche undverantwortungsvolle christliche Gruppenund Persönlichkeiten, die die libanesischeGesellschaft auf unterschiedlichen Ebe-nen mitgestalten.

HILFE IN FAMILIENKONFLIKTEN

Friederike Weltzien ist inzwei Kulturen zu Hause. Siewuchs im Libanon auf undleitete als württembergischePfarrerin zusammen mit ih-rem Mann neun Jahre langdie deutschsprachige Evange-lische Gemeinde zu Beirut.Die Mutter von vier Kindernarbeitet seit Herbst 2008 alsKrankenhausseelsorgerin inStuttgart, wo Wiltrud Rösch-Metzler sie befragte.

Friederike Weltzien blickt zurück auf ihre Zeit als Pfarrerin in Beirut

Friederike Weltzien hat ein Buchüber ihre Erlebnisse im Libanon ge-schrieben: „Warum musstest dusterben, Fidaa?Zwischen GottesDienst und Ehren-mord – Ein Be-richt aus Beirut“

Herder-Verlag, 240 Seiten, Euro 19,95

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Pfarrerin Friederike Weltzien

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zum christlichen Glauben. Die vielenKlöster und kostbaren Evangeliare zeu-gen von der Jahrhunderte langen christ-lichen Kultur. Vor 30 Jahren schien dasEnde der Christen am Tur Abdin einge-läutet. Während Anfang der 70er Jahrenoch mehr als 200.000 Christen in demGebiet nahe der syrischen Grenze lebten,sind es heute vielleicht noch 2.000 – zuwenige, um den Reichtum der christ-lichen Tradition zu bewahren.

Das wissen auch diejenigen, die heuteim Exil leben. „Wir waren 2003 zum er-sten Mal wieder in Kafro und es hat ge-schmerzt zu sehen, was mit dem Dorf pas-siert ist“, erzählt Nail Demir. Die Häuserwaren zerfallen, die Kirche geplündert,die Gräber verwahrlost und die Bäumeumgehackt. „Alles, was unsere Vorfahrenaufgebaut hatten, war kaputt.“ Damalssei ihm klar geworden: „Wenn niemandzurückgeht, ist bald alles verloren, wasdie Christen dort über die Jahrhundertehinweg aufgebaut haben.“

Nail und Atiye Demir haben es gewagt.Mitte August sind sie nach Kafro am TurAbdin gezogen und haben ihr bisherigesLeben in Göppingen aufgegeben. Nail(42) und Atiye (36) haben fast nur Kind-heitserinnerungen an den Tur Abdin. Vor30 Jahren waren ihre Familien nachDeutschland geflohen. Angesichts derzahlreichen Repressionen gegenüber derchristlichen Minderheit und den verhee-renden Folgen des Konflikts zwischenkurdischen Separatisten und dem türki-schen Militär sahen sie für sich undihre Kinder dort keine Zukunft mehr.Heute haben Nail und Atiye Demirselbst drei Kinder. Nail hatte bis vorkurzem eine feste Stelle als Betriebs-schlosser, die Kinder (14, 16 und 19)waren gut integriert und die Familiewohnte im eigenen Haus in einemGöppinger Vorort. Das haben sie nunverkauft und mit dem Geld ein neuesHaus in Nails Heimatdorf gebaut.

Die Region um den Tur Abdin – demBerg der Knechte – ist eines der ältes-ten christlichen Siedlungsgebiete. Be-reits im dritten Jahrhundert bekanntesich die Mehrheit der Menschen dort

Seit einigen Jahren schmieden immermehr Exil-Tur Abdiner Rückkehrpläne.In Kafro, aus dem 1995 die letzte Fami-lie geflohen war, leben mittlerweile wie-der dreizehn Familien. Auch andere Dör-fer werden von den Christen nach undnach wieder bewohnt. Jedes Jahr sollenes um die 15 Familien sein, die an denTur Abdin zurückkehren. Das ist keinMassentrend. Aber es ist die einzige Rück-kehrbewegung von Christen in den Na-hen Osten. Überall sonst in der Regionhält der Exodus der Christen an.

Der ehemalige türkische Ministerprä-sident lud 2001 die Christen im Exil of-fiziell zur Rückkehr in die Heimat ein.Die Türkei hatte sich damals auf den Wegin die Europäische Union gemacht undwollte zeigen, dass sie religiösen und eth-nischen Minderheiten gegenüber offenist. Bisher hat die Regierung nur wenigeihrer Zusagen eingehalten. Die syrisch-orthodoxen Christen haben nach wie vorkeinen Minderheitenstatus. Der Bauneuer Kirchen ist immer noch verboten.Und das Aramäische, die Sprache derChristen vom Tur Abdin, kann nur ille-gal in Klöstern unterrichtet werden.

Zu all diesen Problemen kommen nochAuseinandersetzungen mit denjenigen, dievon der damaligen Massenflucht profitierthaben. Die kurdischen Nachbarn warenin einige der verwaisten Dörfer gezogenund bestellen seither die Felder der Chris-ten. Unklarheiten auf dem Katasteramtführen zudem zu langwierigen Streitereienund es ist vielfach nicht sicher, dass dieChristen ihre alten Ländereien wieder inBesitz nehmen dürfen. Im Sommer erstbrannten die Wälder oberhalb von Kafro.Wer den Brand gelegt hat, wurde nicht ge-klärt. Als Drohgebärde gegenüber denRückkehrern kann das Feuer allemal ver-standen werden.

Nail Demir findet trotzdem, dass sichseine Rückkehr gelohnt hat. Im Oktoberist er noch einmal nach Deutschland zu-rückgekommen und erzählt, wie schön al-les in Kafro geworden sei. Auch die Kin-der seien über die erste Phase des Heimwehshinweg. Er lässt sich die Hoffnung auf eineZukunft am Tur Abdin nicht nehmen.Schließlich weiß er, was auf dem Spiel steht:nichts weniger als der Erhalt der aramäi-schen Kultur. Denn die ließe sich langfris-tig im Exil nicht bewahren.

Katja Dorothea Buck

RÜCKKEHR AUS DEM EXIL

So wie heute irakische Christen ausdem Land gedrängt werden, erging esvor 30 Jahren ihren Glaubensbrüdernund -schwestern in der Südosttürkei.Zu Hunderttausenden hatten sie da-mals ihre Dörfer am Tur Abdin verlas-sen und waren ins Exil nach Europagegangen. Jetzt kehren einige Familienwieder zurück und wagen einen Neu-anfang in der alten Heimat – nichtganz ohne Risiko.

Die wieder aufgebaute Kapelle in Kafro Foto

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Aramäische Christen wagen einen Neuanfang am Tur Abdin

Nail und Atiye Demir sind aus Deutschland zu-rückgekehrt in die alte Heimat.

CHRISTEN UND DER NAHE OSTEN

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UN, das Rote Kreuz und die israelischeFrauenorganisation Machsom Watch.

Die wichtigste Bedingung für Versöh-nung ist das Anerkennen von geschehe-nem Unrecht. Weil es oft schwierig ist,sowohl für die Opfer als auch für die Tä-ter, Ungerechtigkeit als solche wahrzu-nehmen, sind gewaltfreie Aktionen not-wendig, um die existierende Unterdrü-ckung offenzulegen und anzuprangern.Beim EAPPI-Programm machen wir unsdabei selbst verletzlich und setzen unsder Ungerechtigkeit aus. Es führt an denKern eines christlichen Verständnissesvon Gewaltlosigkeit: den Weg des Kreu-zes. Das hört sich sehr ernst an. Die Freudebeim gemeinsamen Einsatz in Yanounund Umgebung überwiegt aber, den fin-steren Tälern des Konflikts zum Trotz.

Christian Kercher

Den vollständigen Bericht von ChristianKercher können Sie auf unserer Webseitelesen: www.ems-online.org/1354.html.

Stellen Sie sich eine Illustration fürden Psalm 23 „Der Herr ist mein

Hirte“ vor: Auf einem Hügel schmiegtsich auf halber Höhe ein gutes DutzendHäuser an den Hang. Hütejungen führenihre Schaf- und Ziegenherden an denDorfbrunnen. Das ist Yanoun bei Nablus,siebzig Kilometer nördlich von Jerusa-lem gelegen – das für mich schönste Dorfder Westbank. Hier lebte ich im Sommerdieses Jahres mit meinen drei Kollegenaus Norwegen, Schweden und Südafrikaals Teilnehmer am „Ökumenischen Frie-densdienst in Palästina und Israel”(ÖFPI, engl. EAPPI).

Israelische Siedler haben seit 1996rundum die Höhen oberhalb Yanouns be-

setzt. Dadurch haben die Bauern Yanounsmittlerweile nur noch Zugang zu 20 Pro-zent ihres Landes. Das hat zu Verarmunggeführt, denn den Großteil ihrer Oliven-bäume können sie seitdem weder be-schneiden noch abernten. Die Schafher-den sind wegen des knappen Weidelandesauf ein Zehntel ihrer vorherigen Größegeschrumpft. Von Anfang an haben sichdie bewaffneten Siedler mit Übergriffengegen Tiere, Dinge und Menschen Furchtund Abstand zu verschaffen gewusst. Siehaben Kinder mit Maschinengewehrenbedroht und Väter vor den Augen ihrerFrauen und Kinder geschlagen und oft-mals schwer verletzt. Nicht in Yanoun,aber im Umkreis gab es auch Todesfälle.Der Yanouner Stromgenerator und dieWassertanks wurden von Siedlergruppenzerstört und das Wasser des Dorfbrun-

CHRISTEN UND DER NAHE OSTEN

nens unbrauchbar gemacht, indem sieund ihre Hunde darin badeten.

„The Bible says this is our land“, sagtemir ein junger Siedler aus der Gruppe, diean einem Freitagmorgen mit Gewehrenüber der Schulter durch Yanoun lief. Da-bei verstößt die Kolonisierung, wie mandie Landnahme und Ansiedlung im mili-tärisch besetzten Westjordanland auchnennt, nicht nur gegen das Völkerrecht,sondern auch gegen israelisches Recht.

Seit Sommer 2003 ist es die Aufgabeder Teams des EAPPI, in Yanoun Präsenzzu zeigen. Einer von uns blieb immer imDorf. Am israelischen Wochenende, alsoFreitag und vor allem am Sabbat, muss-ten wir alle anwesend sein, weil an die-sen Tagen die Siedler üblicherweise zu Be-such kommen. Übergriffe sind seltengeworden. Während meiner Zeit sindzwei Mal Siedlergruppen provozierendund uns beleidigend durch Yanoun mar-schiert. Die Dorfbewohner hatten sichsofort in ihre Häuser zurückgezogen.„Aber sobald Ihr geht, würden sie uns dasLeben wieder zur Hölle machen“, ist Ras-hid Ahmad, der Bürgermeister, überzeugt.

Zu unseren Aufgaben gehörte auch dieBeobachtung des militärischen Kontroll-postens Huwarra. Alle Einwohner vonNablus müssen durch den Checkpoint,wenn sie die Stadt gen Süden verlassenwollen. Männer, die jünger als 45 Jahrealt sind, haben eine Wartezeit von min-destens einer halben Stunde. Autos undLieferwagen brauchen ein bis zwei Stun-den und eine Sondergenehmigung, dazuein dickes Fell gegen die Demütigungen.Unsere Anwesenheit half auch hier. EineUmfrage unter Palästinensern bestätigtedie Äußerung eines israelischen Solda-ten: „Wir benehmen uns besser, wenn Ihrda seid“. Unsere Berichte bekommen die

Der „Ökumenische Friedensdienstin Palästina und Israel“ (ÖFPI, engl.EAPPI) ist ein Programm des Öku-menischen Rates der Kirchen. SechsTeams von je vier Freiwilligen ausaller Welt begleiten in Jerusalemund an fünf Orten der Westbankdrei Monate lang Palästinenser undIsraelis, die das Ziel eines gerechtenFriedens verfolgen. Sendeorganisa-tion aus Deutschland ist unter an-derem das EMS. Mehr unter www.eappi-netzwerk.de undwww.eappi.org.

EAPPI-Freiwillige im Gespräch mit jungenSiedlern auf der Dorfstraße von Yanoun

YANOUN HABIBTI – FRIEDENSDIENST IM WESTJORDANLAND

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NACHRICHTEN

Märchenwelt und PolitikEs ist kein Märchen und dennoch für vieleeine Märchenwelt: Sari Nusseibeh ist inden besten Kreisen Palästinas aufgewach-sen. Er studierte in England und verliebtesich. Sein Jerusalemer Elternhaus war einpolitisches und kulturelles Machtzen-trum.

Wie er dazu auf Distanz geht und sei-nen eigenen Weg findet, vom Betreiberdes Lemon Tree Kulturcafés in der Jeru-salemer Altstadt bis zum intelligentenWiderständler gegen die Besatzungs-macht, beschreibt er in der vorliegendenAutobiografie. Aus dem schüchternenHeranwachsenden, der sich der Politikentziehen wollte und doch oft aktiv ein-griff, ist schließlich der Präsident der pa-lästinensischen Al Quds Universität in Je-rusalem geworden. Heute ist er der jungenPalästinenser-Generation ein wichtigesGegenüber und ein vielgefragter Rednerauf internationalen Konferenzen.

Das Buch birgt neue, spannende Ein-sichten in die engsten palästinensischenMachtzirkel. Es zeigt einen mittlerweile60-jährigen palästinensischen Intellek-tuellen, der zeitlebens im Kontakt mit Ju-den die andere Seite mitgedacht hat, derFanatismus die Stirn bietet und der Ge-walt eine Absage erteilt.

Wiltrud Rösch-Metzler

Die Geschichte des Syrischen WaisenhausesWer sich für die Geschichte des SyrischenWaisenhauses in Jerusalem interessiert,findet hier eine hervorragende Darstel-lung. Der Kirchengeschichtler Löfflerkonzentriert sich in seiner Doktorarbeitauf die Zeit zwischen den beiden Welt-kriegen, bietet aber auch einen knappenÜberblick über die Entstehungsgeschich-te. Er arbeitet dabei nicht nur historisch,sondern bezieht die Sozial- und die Men-talitätsgeschichte mit ein.

Löffler nähert sich dem Syrischen Wai-senhaus, der Vorgängerinstitution derheutigen Schneller-Schulen, auf 105 Sei-ten mit kritischer Distanz und schildertsowohl, was damals geleistet wurde, alsauch Defizite. „Als eine der innovativ-sten Berufs- und Ausbildungsstätten desVorderen Orients hat das Syrische Wai-senhaus einen bemerkenswerten Beitragzur Modernisierung Palästinas im 19. und20. Jahrhundert geleistet“, resümiert Löff-ler – und das obwohl Familie Schnellersich gegen die Auswirkungen der Mo-derne und die beginnende Säkularisie-rung stellte. Damit ist laut Löffler ein Bei-

MEDIEN

Sari Nusseibeh und Anthony DavidEs war einmal einLand. Ein Leben in PalästinaAntje Kunstmann Verlag,München 2008, 527 Seiten, Euro 24,90

Roland LöfflerProtestanten in Paläs-tina. Religionspolitik,Sozialer Protestan-tismus und Mission inden deutschenevangelischen undanglikanischen Insti-tutionen des Heiligen

Landes 1917 – 1939Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2008,526 Seiten, Euro 44,00

BUNDESVERDIENSTKREUZ FÜRJOHANNES LÄHNEMANN

Stuttgart (EMS). Im Oktober erhielt EVS-Vorstandsmitglied Johannes Lähnemanndas Bundesverdienstkreuz am Bande. Läh-nemann ist Professor am Lehrstuhl für Re-ligionspädagogik und Didaktik des Evan-gelischen Religionsunterrichts an derFriedrich-Alexander-Universität Erlan-gen-Nürnberg. Er setzt sich seit Jahrzehn-ten für den interreligiösen Dialog ein.

SOLIDARITÄT MIT IRAKISCHENCHRISTEN

Zypern (EMS). Die Gemeinschaft dermittelöstlichen evangelischen Kirchen(FMEEC) äußert sich besorgt über die anChristen in Mosul begangenen Gewalt-taten, Tötungen und Vertreibungen. Eswerde berichtet, dass 20 Christen star-ben und mehr als 2.000 Familien ihreHäuser in der Stadt verlassen mussten,heißt es in einer Verlautbarung vom No-vember. Kirchen seien zerstört. Trotz derVerurteilung der Geschehnisse auchdurch hochrangige muslimische Führerseien noch keine konkreten Schritte ein-geleitet worden, die den Christen in Mo-sul Sicherheit garantieren. Alle Kirchenin der Welt seien daher aufgerufen, die-ses Thema in ihren Ländern auch auf po-litischer Ebene einzubringen.

Die FMEEC erinnert daran, dass Chris-ten im Mittleren Osten trotz vieler Ver-folgungen durch die Jahrhunderte amAufbau ihrer Länder mitgeholfen undsich für Freiheit, Gerechtigkeit und De-mokratie eingesetzt hätten. Die Alterna-tive sei „religiöser Fanatismus, konfessio-nelle Spaltung und Neo-Apartheid“.

KONFERENZ ZUM „VERHEISSENEN LAND“

Bern (EMS). Ein besseres Verständnis derLand-Frage in Bibel, Theologie und imaktuellen israelisch-palästinensischenKonflikt ist eines der zentralen Resultateder internationalen Konferenz zum Kon-zept des „verheißenen Landes“, die derÖkumenische Rat der Kirchen (ÖRK) imSeptember veranstaltete. Die 85 Teilneh-menden aus Europa, dem Nahen Osten,Nord- und Südamerika, Afrika und Asienbetonten in ihrem Schlussdokument, den„Berner Perspektiven“, die Bibel dürfenicht missbraucht werden, um „Unter-drückung zu rechtfertigen oder grob ver-einfachende Stellungnahmen zu aktuel-len Ereignissen abzugeben und so denKonflikt zu sakralisieren und seine sozio-politischen, wirtschaftlichen und ge-schichtlichen Dimensionen außer Achtzu lassen.“ Bei der Land-Frage müsse manzwischen der Geschichte des Heiligen Lan-des und biblischen Erzählungen sowiezwischen dem biblischen Israel und demmodernen Staat Israel unterscheiden.

DEN LIBANON ENTDECKENBad Boll (EMS). Vom 23. Mai bis 6. Juni2009 führt die Evangelische Akademie BadBoll eine Studienreise in den Libanondurch. Sie bringt die Teilnehmenden zuKlöstern, in Zedernreservate, zu phönizi-schen Städten, römischen Tempelanlagen,ans Meer und nach Beirut. Mit Einheimi-schen wird über aktuelle Themen aus Po-litik, Religion und Kultur diskutiert. ZweiNächte sind in der Schneller-Schule ge-plant. Flyer mit mehr Informationen: Martina Waiblinger, Tel. 07164 79 -302/-305,[email protected]

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123. Jahrgang, Heft 4, Dezember 2008

Herausgeber: Evangelischer Verein fürdie Schneller-Schulen e.V. im Evange-lischen Missionswerk in Südwest-deutschland e.V. (EMS)

Redaktion: Andrea Aippersbach (ver-antw.), Andreas Maurer, Birte Petersen,Wiltrud Rösch-MetzlerRedaktionsassistenz: Margrit BachGestaltung: Steffen Grashoff, Julia Theilmann

Anschrift: Vogelsangstraße 62 70197 StuttgartTel.: 0711 636 78 -0 Fax: 0711 636 78 -45 E-Mail: [email protected] www.evs-online.orgSitz des Vereins: Stuttgart

Druck: J.F. Steinkopf Druck GmbHStuttgart, Auflage: 14 600

Kontaktadresse Schweizer Verein fürdie Schneller Schulen im Nahen Os-ten: Christoph Schmitter, Schönauweg 4, CH - 3007 BernZürich. PC Konto 40-11277-8www.schnellerschulen.orgFür Adressänderungen: Werner Nick,Steinhölzliweg 65, 3007 Bern,[email protected]

Einer Teilausgabe liegt eine Zahlkartemit eingedruckter Spenden-bescheinigung bei.

Das Schneller-Magazin erscheint vierMal jährlich. Der Bezugspreis ist imEVS-Mitgliedsbeitrag enthalten.

IMPRESSUM

EVS-INTERN

DankMit herzlichem Dank bestätigen wir den Ein-gang von Gaben unbekannter Spenderinnenund Spender und von Spendenden, die keinenEinzeldank wünschen, sowie denjenigen, derenNamen leider unleserlich waren.

VerstorbeneAus dem Kreis der Freundinnen und Freundeder Arbeit des Evangelischen Vereins für dieSchneller-Schulen (EVS) wurden in die Ewig-keit abberufen:

Hans Haußmann, 70565 Stuttgart

Elisabeth Keudel, 20149 Hamburg

Margarete Möhl, 55131 Mainz

Hilde Schneider, 47906 Kempen

MEDIEN

Kinder und der Irakkrieg„Schildkröten können fliegen“ ist ein auf-wühlender Spielfilm über Kinder unmittelbarvor der amerikanischen Irak-Invasion im Jahr2003. Er erzählt von kurdischen Waisenkin-dern in einem irakischen Dorf nahe der Grenzezu Iran und der Türkei. Die Kinder suchenLandminen, um sie zu verkaufen.

Bahman Ghobadi:Schildkröten könnenfliegenIran/Irak 2004, Laufzeit98 Minuten, Kurdisch mitdeutschen Untertiteln, DVD, Euro 20,99

Justine Shapiround B.Z. Gold-berg:Hass und Hoff-nung (Promi-ses) – Kinder

im NahostkonfliktUSA/Israel 2001, Laufzeit 90 Min.,Arabisch, Hebräisch, Englisch – Unter-titel in deutscher Sprache, Verleih überMedienzentralen

Zum Artikel „Wir Juden leben so privile-giert auf Kosten der Palästinenser“ überVertreibungen im Zuge der StaatsgründungIsraels im Schneller-Magazin 2/2008:Der erste Absatz traf mich wie eine Ohrfeige,die bewirkte, dass ich die ganze Nacht nichtschlafen konnte. Die Aufforderung, mir vor-zustellen, wie die Bewohner eines Dorfesvertrieben werden – ohne die Chance derRückkehr – rief mir aus den Tiefen der Erin-nerung unser ganzes Kriegs- und Flücht-lingselend zurück. Wer Krieg und Gewalt er-lebt hat, wird zeitlebens einen Horror habenvor allem, was mit Krieg zu tun hat.

Rosemarie Siebert, Kassel (Enkelin von Ludwig Schneller)

Liebe Leserinnen und Leser,wir sind dankbar für Ihre Rückmeldun-gen zum Schneller-Magazin. Aus Platz-gründen müssen wir uns Kürzungen Ih-rer Zuschriften vorbehalten.

BRIEFE AN DIE REDAKTION

DER EVS

Dialog unter KindernDer Film dokumentiert Gespräche vonsieben jüdischen und palästinensischenKindern, die in Jerusalem keine 20 Mi-nuten voneinander leben. In den Aussa-gen der Kinder – aufgenommen von 1997bis Sommer 2000 – spiegeln sich die ver-breiteten Einstellungen ihrer jeweiligenLandsleute, aber sie wagen es auch, dieGrenzen zu überschreiten und sich gegen-seitig kennen zu lernen. In diesem klei-nen „Experiment“ lassen sich Wege zurAnnäherung erkennen, aber auch dieSchwierigkeiten, die zu überwinden sind.Mehrfach preisgekrönt, Oscar-Nominie-rung 2002.

trag zur Entstehung der palästinensischenZivilgesellschaft geleistet worden. Der Pa-ternalismus der Leitung habe andererseitspolitische Modernisierung oder betrieb-liche Mitbestimmung verhindert.

Die Verbindungen der Schnellers zumNationalsozialismus werden differenziertdargestellt. So auch die bis heute beste-hende Partnerschaft des EVS und des EMSmit der anglikanischen Kirche in Jerusa-lem. Für den EVS ist dieses Buch ein wert-voller Beitrag zur Aufarbeitung derSchneller-Geschichte.

Andreas Maurer

Der Evangelische Verein für die Schneller-Schulen (EVS) unterstützt und begleitet die Ar-beit der Johann-Ludwig-Schneller-Schule inKhirbet Kanafar (Libanon) und der Theodor-Schneller-Schule in Amman (Jordanien). BeideEinrichtungen gehen zurück auf das SyrischeWaisenhaus, das der schwäbische Pädagoge undevangelische Missionar Johann Ludwig Schnel-ler 1860 in Jerusalem gegründet hat. Schülerin-nen und Schüler – viele von ihnen kommen ausarmen Familien – können an den Schneller-Schulen neben dem Schulabschluss eine hand-werkliche Ausbildung in den angegliedertenWerkstätten absolvieren.

Das Schneller-Magazin berichtet aus den bei-den Schulen und greift aktuelle Themen aus derarabischen Welt auf. Ein besonderer Schwer-punkt liegt auf der Situation von Christen imNahen Osten. Die Online-Ausgaben finden Sieals PDF-Dokument auf Deutsch und Englischunter www.ems-online.org/280.html.

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Evangelischer Verein für die Schneller-Schulen (EVS), Mitglied im Evangelischen Missionswerk inSüdwestdeutschland e.V. (EMS)

Vogelsangstr. 62 | 70197 Stuttgart

Tel.: 0711 636 78 -0

Fax: 0711 636 78 -45

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„LASSET DIE KINDER ZU MIR KOMMEN, DENN SOLCHEN GEHÖRT DAS REICH GOTTES.“ LK 18,16

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