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Marketing-Trends Teil 1: Content Marketing in Pharma Dr. med. Günter Umbach Healthcare Marketing Dr. Umbach & Partner, Bonn Content Marketing im Pharma-Bereich bedeutet, hochwertige, re- levante Inhalte zu entwickeln und zu vermitteln mit der Absicht, den Zielgruppen das Leben zu erleichtern. Wenn das gelingt, wer- den sich die Zielgruppen freiwillig auf die Firma zubewegen und sich für deren Produkte oder Services interessieren, sodass diese Zielgruppen leichter als Kunden gewonnen und gebunden werden können. Herausforderung Heute sind die Zielgruppen medien- erfahren sie suchen sich genau aus, wem sie ihre kostbare Zeit und Auf- merksamkeit schenken. Die Men- schen ignorieren zunehmend die tra- ditionelle Werbung und folgen Pro- duktempfehlungen aus externen Quellen, die jenseits der Unterneh- men und beauftragten Werbe- und Public-Relations-Agenturen liegen. Dies bedeutet: Die früher üblichen "klassischen" Strategien mit vorder- gründiger Produktwerbung und dem Anpreisen eigener Produkte funktioniert heute nicht mehr. Wer effektiv seine Zielgruppen erreichen will, muss umdenken: Die Menschen wollen in ihrem Alltag heute nicht durch platte Werbebotschaften oder Hard Sellingbelästigt werden. Sie werden diese Art von Information als ungewollte Unterbrechungen oder Störungen empfinden und da- her wegklicken, wegschalten oder schlicht ignorieren. Manche Autoren sprechen auch von Werbeblindheit. Die Erkenntnis, dass statt inflationär gestreuter Werbebotschaften viel- mehr die Entwicklung und Vermitt- lung von gutem Content einer der besten Wege zum Kunden ist, erfor- dert allerdings einen Mentalitäts- wechsel. Dieser Einstellungswechsel beinhaltet, dass man selbst mehr le- sen, denken und relevante, verständ- liche Inhalte erstellen oder alternativ gute Leute damit in kompetenter Weise beauftragen muss eine Schlussfolgerung, die vielleicht nicht allen etablierten Marketingmana- gern gefallen wird. Auf jeden Fall liegt Content Mar- keting voll im Trend. Beim Content- Marketing-World-Kongress 2016, veranstaltet vom Content Marketing Institute, waren mehr als 3 000 Teil- nehmer aus über 60 Ländern vertre- ten. Eine Studie von Oracle Marke- ting Cloud und dem Marktfor- schungsinstitut Econsultancy ergab, dass 77 % der Marketing-Entscheider ihr Budget für Content Marketing im Jahr 2016 aufstocken wollen. Ein Hinweis zu den Begrifflichkei- ten: Inbound Marketing wird meist als Oberbegriff für Aktivitäten ver- wendet, die den Kunden dazu brin- gen, das Unternehmen zu kontaktie- ren ist aber auch mit dem Namen Pull Marketing belegt. Guter Content dient hier als einer der Treibstoffe neben anderen wie z. B. Search En- gine Optimization (SEO). Der Begriff Content (englisch für Inhalt) hat in Verbindung mit dem Begriff Marketing im letzten Jahr- zehnt für viele Marketingmanager und Agenturen eine neue Bedeutung gewonnen und bezeichnet infor- mierende, beratende oder unterhal- tende Inhalte, bei denen die klassi- sche Produktwerbung in den Hinter- grund rückt. Im Pharma-Bereich liegt der Fokus auf hochwertigen, infor- mativen, relevanten Inhalten inner- halb der engen Grenzen, die durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG), das Arzneimittelgesetz und verschie- dene andere Regularien vorgegeben sind. Eine Anmerkung: Einige Agentu- ren haben den Begriff als neues Mo- dewort oder Buzzword aufgegriffen und nennen nun fast alles, was früher einfach als Marketing bezeichnet wurde, Content Marketing klingt interessant, ist aber unzutreffend. Das Ziel von Content Marketing ist, derartige relevante Inhalte zu ent- wickeln und diese verständlich zu vermitteln mit dem Ziel, das Leben der Zielgruppen besser (z. B ein- facher, schöner oder erfolgreicher) zu machen. Wenn das gelingt, wer- den sich die Zielgruppen freiwillig auf die Firma zubewegen und man Arzneimittelwesen Gesundheitspolitik Industrie und Gesellschaft Pharma-Marketing Pharm. Ind. 79, Nr. 1, 6064 (2017) © ECV Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) 60 Umbach Content Marketing n AUTOR Dr. med. Günter Umbach ist Facharzt, ehemaliger Medical Director, Global Brand Team Leader und Marketing Director in der Pharma-Industrie. In 3 Business-Büchern in 3 Sprachen, etwa 50 Fachartikeln und 100 Videos legt er dar, wie man Strategien entwickelt, Men- schen überzeugt und effektiv Kunden gewinnt. Als Management-Trainer und Berater hilft er Füh- rungskräften in Medizin, Marketing und Vertrieb von Unternehmen, im Markt erfolgreich zu sein. Zur Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Verlages / For use with permission of the publisher

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Page 1: Marketing-Trends - umbachpartner.com€¦ · schungsinstitut Econsultancy ergab, dass 77 % der Marketing-Entscheider ihr Budget für Content Marketing im Jahr 2016 aufstocken wollen

Marketing-TrendsTeil 1: Content Marketing in Pharma

Dr. med. Günter Umbach

Healthcare Marketing Dr. Umbach & Partner, Bonn

Content Marketing im Pharma-Bereich bedeutet, hochwertige, re-levante Inhalte zu entwickeln und zu vermitteln mit der Absicht,den Zielgruppen das Leben zu erleichtern. Wenn das gelingt, wer-den sich die Zielgruppen freiwillig auf die Firma zubewegen undsich für deren Produkte oder Services interessieren, sodass dieseZielgruppen leichter als Kunden gewonnen und gebunden werdenkönnen.

Herausforderung

Heute sind die Zielgruppen medien-erfahren – sie suchen sich genau aus,wem sie ihre kostbare Zeit und Auf-merksamkeit schenken. Die Men-schen ignorieren zunehmend die tra-ditionelle Werbung und folgen Pro-duktempfehlungen aus externenQuellen, die jenseits der Unterneh-men und beauftragten Werbe- undPublic-Relations-Agenturen liegen.Dies bedeutet: Die früher üblichen"klassischen" Strategien mit vorder-gründiger Produktwerbung unddem Anpreisen eigener Produktefunktioniert heute nicht mehr. Wereffektiv seine Zielgruppen erreichenwill, muss umdenken: Die Menschenwollen in ihrem Alltag heute nichtdurch platte Werbebotschaften oder„Hard Selling“ belästigt werden. Siewerden diese Art von Informationals ungewollte Unterbrechungenoder Störungen empfinden und da-her wegklicken, wegschalten oderschlicht ignorieren. Manche Autorensprechen auch von Werbeblindheit.Die Erkenntnis, dass statt inflationärgestreuter Werbebotschaften viel-mehr die Entwicklung und Vermitt-lung von gutem Content einer derbesten Wege zum Kunden ist, erfor-dert allerdings einen Mentalitäts-wechsel. Dieser Einstellungswechselbeinhaltet, dass man selbst mehr le-sen, denken und relevante, verständ-

liche Inhalte erstellen oder alternativgute Leute damit in kompetenterWeise beauftragen muss – eineSchlussfolgerung, die vielleicht nichtallen etablierten Marketingmana-gern gefallen wird.

Auf jeden Fall liegt Content Mar-keting voll im Trend. Beim Content-Marketing-World-Kongress 2016,veranstaltet vom Content MarketingInstitute, waren mehr als 3000 Teil-nehmer aus über 60 Ländern vertre-ten. Eine Studie von Oracle Marke-ting Cloud und dem Marktfor-schungsinstitut Econsultancy ergab,dass 77 % der Marketing-Entscheiderihr Budget für Content Marketing imJahr 2016 aufstocken wollen.

Ein Hinweis zu den Begrifflichkei-ten: Inbound Marketing wird meistals Oberbegriff für Aktivitäten ver-wendet, die den Kunden dazu brin-gen, das Unternehmen zu kontaktie-ren – ist aber auch mit dem NamenPull Marketing belegt. Guter Contentdient hier als einer der Treibstoffe –neben anderen wie z.B. Search En-gine Optimization (SEO).

Der Begriff Content (englisch fürInhalt) hat in Verbindung mit demBegriff Marketing im letzten Jahr-zehnt für viele Marketingmanagerund Agenturen eine neue Bedeutunggewonnen – und bezeichnet infor-mierende, beratende oder unterhal-tende Inhalte, bei denen die klassi-sche Produktwerbung in den Hinter-

grund rückt. Im Pharma-Bereich liegtder Fokus auf hochwertigen, infor-mativen, relevanten Inhalten inner-halb der engen Grenzen, die durchdas Heilmittelwerbegesetz (HWG),das Arzneimittelgesetz und verschie-dene andere Regularien vorgegebensind.

Eine Anmerkung: Einige Agentu-ren haben den Begriff als neues Mo-dewort oder Buzzword aufgegriffenund nennen nun fast alles, was frühereinfach als Marketing bezeichnetwurde, Content Marketing – klingtinteressant, ist aber unzutreffend.

Das Ziel von Content Marketingist, derartige relevante Inhalte zu ent-wickeln und diese verständlich zuvermitteln mit dem Ziel, das Lebender Zielgruppen besser (z. B ein-facher, schöner oder erfolgreicher)zu machen. Wenn das gelingt, wer-den sich die Zielgruppen freiwilligauf die Firma zubewegen und man

Arzneimittelwesen • Gesundheitspolitik • Industrie und Gesellschaft

Pharma-Marketing

Pharm. Ind. 79, Nr. 1, 60–64 (2017)© ECV • Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany)60 Umbach • Content Marketing

n AUTOR

Dr. med. Günter Umbachist Facharzt, ehemaliger Medical Director, GlobalBrand Team Leader und Marketing Director in derPharma-Industrie. In 3 Business-Büchern in3 Sprachen, etwa 50 Fachartikeln und 100 Videoslegt er dar, wie man Strategien entwickelt, Men-schen überzeugt und effektiv Kunden gewinnt. AlsManagement-Trainer und Berater hilft er Füh-rungskräften in Medizin, Marketing und Vertriebvon Unternehmen, im Markt erfolgreich zu sein.

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schafft es, die Zielgruppen als Kun-den zu gewinnen oder zu halten. DasMotto lautet also „Hilfreicher Con-tent zieht Leute an – ähnlich wieein Lockstoff.“

Einen unerwarteten Schub hatContent Marketing durch die „Pan-da“ und „Pinguin“ genannten Up-dates der Firma Google zu ihrem ver-wendeten Suchalgorithmus erhalten.Während es vor Einführung dieserUpdates (bei Vernachlässigung derInhaltsqualität) möglich war, alleindurch den massenhaften Erwerbvon Links Spitzenplätze bei den or-ganischen Google-Suchergebnissenzu erreichen, ist dies heute nichtmehr möglich. Google straft diesesVorgehen sogar ab. Kurz gesagt giltheute „Google liebt gute Inhalte.“Dies bedeutet: Es gibt keinen Ersatzfür gute Inhalte. Darauf basiert auchder Spruch „Content is King“ – wobeies korrekt heißen müsste „Hochwer-tiger, neuartiger Content ist König.“

Grundvoraussetzungen undKonzeption

Eine Voraussetzung für erfolgreichesContent Marketing ist die Bereit-schaft in hochwertige Beiträge zu in-vestieren und das Produkt dabei zu-nächst in den Hintergrund zu rücken.Denn: Unternehmen werden sowahrgenommen, wie sie sich selbstdarstellen und wie andere über siereden. Mit anderen Worten: Habgierscheint stets durch – ebenso wieHilfsbereitschaft.

5 Dinge, die für ein gelungenesContent Marketing wichtig sind:. Zielgruppe: Wer soll informiertoder überzeugt werden?

. Welchen Nutzen bringt das Un-ternehmen dem Leser?

. Was ist die Kernbotschaft?

. Was soll der Leser fühlen?

. Was soll der Leser machen?

Beiträge maßschneidern

Damit Inhalte für die Empfänger in-teressant und lesenswert werden,

sollten diese gezielt an die Weltder Empfänger angepasst werden.Dies bedeutet: Der Sprachstil derTexte sollte für die Zielgruppe maß-geschneidert werden. Für die Aus-wahl der Worte und Formulierun-gen gilt: „Sprich die Sprache DeinerZuhörer oder Leser – und Du wirsteher akzeptiert.“ Für die Auswahlder visuellen Elemente gilt: Die Ziel-gruppe wird Bilder als stimmig emp-finden, wenn diese dicht an ihrergewohnten Bilderwelt sind. Also: Jemehr die optischen Elemente zurErlebniswelt der Kunden passen,umso glaubwürdiger wird manwahrgenommen und umso eherwerden die Kunden der Firma ihrVertrauen schenken. Dies bedeutetz.B., dass anstatt von Golfern, Tief-seetauchern und Jetpiloten Ärzte,Apotheker oder Patienten abgebil-det werden sollen.

Content-Arten

Von den vielen Themen-Kategorienseien hier 8 erwähnt, die dabei helfenkönnen, den Stellenwert zu unter-streichen und die Thought Leader-ship auszubauen:1. Ratgeber-Wissen2. Updates über neue Trends und

Entwicklungen3. Hintergrundinformationen und

Zusammenhänge4. Aktuelle Ideen, Impulse und An-

regungen5. Erklärungen und Erläuterungen6. Gelernte Lektionen und Einsich-

ten (am besten anhand von Fall-beispielen)

7. Fallstricke und Hürden, über dieandere Firmen gestolpert sind

8. Zusammenfassungen von Kon-gressen

Idealerweise erhält der Leser erhel-lende Einblicke, Einsichten, Erkennt-nisse und Aha-Erlebnisse, die er ananderer Stelle nicht erhalten würde.Angemerkt sei, dass ein Großteil desaktuell veröffentlichten Contentsdiesem hohen Anspruch leider nichtgerecht wird. Hier kann die Pharma-Industrie noch viel optimieren.

Kriter ien für guten Content

Inhalte sollten idealerweise folgendeKriterien erfüllen:1. Fachlich fundiert2. Kompetenz ausstrahlen3. Neu oder originär, sich also von

bisherigen Inhalten unterscheiden4. Gezielt an die Erlebniswelt der

Empfänger angepasst sein(Schreibstil, Sprachmuster undTonalität sind an die Leser adap-tiert)

5. Die Empfänger zum Nachdenkenanregen und letztlich zum Han-deln bringen

6. Leicht verständlich sein: Eine guteRichtlinie für die Beurteilung derVerständlichkeit eines Textes istdas Hamburger Verständlich-keitsmodell, das 4 Dimensionennennt: Einfachheit, Gliederung,Prägnanz und Anregung.

Ausdrucksformen der Inhalte

Prinzipiell kann man Daten und In-formationen verbal, numerisch odervisuell, ausdrücken. Konkret bedeu-tet das, dass prinzipiell 3 Kategorienzur Verfügung stehen:1. Verbal: Worte und Texte bzw.

alles, was mit Sprache zu tunhat

2. Numerisch: Alles was mit Zahlenund mathematischen Formeln zutun hat

3. Visuell: Elemente wie Illustratio-nen, Grafiken, Bilder , Fotos, Vi-deos.

Am effektivsten ist natürlich eineKombination aller 3 Ausdrucksfor-men. Dies hat auch den Vorteil,dass Beiträge in den verschiedenenSuchkategorien der Google UniversalSearch erscheinen können. Im bestenFall zeigt Google dem Nutzer – jenach Suchanfrage – neben der Fir-men-Webseite auch die entsprechen-den Bilder (Images) und Videos (aufYouTube, einer Google-Tochter). Sogelingt es leichter, auf der erstenSearch Engine Results Page (SERP)prominent zu sein oder diese sogarzu dominieren.

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Inhaltsformate

Folgende Formate oder Zuschnittestehen zur Verfügung:1. Interviews mit Experten2. Magazinartige Beiträge in Zeit-

schriften mit Bildern3. Reportagen von Reportern in Zei-

tungen oder Zeitschriften4. Tutorials zu einem speziellen

Thema5. Lexika, Glossare oder Stichwort-

verzeichnisse6. Checklisten mit Punkten zum

Abhaken

Audios und Videos

2 Formate, die sich zunehmenderBeliebtheit erfreuen, sind erstensAudios bzw. Podcasts und zweitensdie Bewegtbild-Kommunikation, al-so Videos (meist auf YouTube gehos-tet), die sich einer enormen Beliebt-heit erfreuen. Interessanterweise ha-ben die Videos die Audios keines-wegs ersetzt, sondern Letztere habenvielmehr eine Renaissance erlebt.Audios haben den Vorteil, dass sietechnisch einfacher aufzunehmenund leicht via Kopfhörer oder Laut-sprecher abspielbar sind – selbstwenn der Zuhörer etwas anderesmacht, z. B am Computer sitzt oderAuto fährt.

Zeitrahmen

Content Marketing ist eine langfris-tige Strategie. So werden die Erfolgeerst nach einigen Monaten oder so-gar Jahren sichtbar – nach demMotto „Steter Tropfen höhlt denStein.“Mit anderen Worten, die Ge-schäftsleitung muss bereit sein,langfristig Ressourcen dazu bereit-zustellen. Manche Firmen sind zudiesen lohnenswerten Investmentsbereit, während andere Firmen lie-ber in klassische Werbung und Son-deraktionen investieren, welcheschnelle, aber flüchtige Ergebnissebringen – ähnlich einem Stroh-feuer.

Glaubwürdigkeit

Unternehmenswebseiten, sog. Cor-porate Websites, und Produkt-Web-seiten, sog. Branded Websites, wer-den meist als wenig glaubwürdig ein-gestuft. Typische Social-Media-Platt-formen wie Twitter, Facebook oderGoogle+ werden im Healthcare-Be-reich ebenfalls als wenig vertrauens-würdig eingestuft – meist völlig zuRecht.

Artikel, die in anerkannten Fach-zeitschriften veröffentlicht werden,genießen nach wie vor eine sehrhohe Glaubwürdigkeit. Der Leserwird davon ausgehen, dass eine kom-petente Redaktion von den einge-reichten Manuskripten nur die qua-litativ guten auswählt und druckt.

Vorsicht vor NativeAdvertis ing

Es gibt immer mehr Werbetexte undBilderstrecken, die aussehen wie re-daktionelle Artikel, aber in Wirklich-keit von Unternehmen bezahlt wor-den sind – im Sinne von Beiträgen, indenen der wahre Autor bewusst ver-schleiert wird. Kritische Kommenta-toren reden hier auch von Tarnwer-bung. Ein verwandter und wohlwol-lend klingender Begriff ist Native Ad-vertising (zu Deutsch „Werbung imbekannten Umfeld“), eine spezielleForm der Werbung, die besondersim Internet benutzt wird. Hier wirdversucht, die Aufmerksamkeit derNutzer durch ein Angebot zu errei-chen, bei dem die gezeigten Inhalteden Elementen der alltäglichen be-ruflichen oder privaten Umgebungähneln, also den Nutzern aus ihrerpersönlichen Erfahrungswelt bereitsbekannt und vertraut sind. Das Zielist, den im Hintergrund bezahltenArtikel nicht als sofort als Werbungerkennbaren Beitrag zu gestalten.Dem Native Advertising verwandtsind Advertorials im Public-Rela-tions-Bereich. Auch hierbei werdendie Beiträge an das redaktionelleUmfeld angepasst. So soll der An-schein erweckt werden, dass es sich

um einen unabhängigen, redaktio-nellen Artikel handelt – was aber defacto nicht zutrifft. Kritisch ist anzu-merken, dass sich die Autoren dabeischon im Konsumgüter-Marketingrechtlich in einer Grauzone bewegen.Man spricht hier auch von "Schleich-werbung". Ein Beispiel sind Bloggerim Internet, die sich als „Experten“im jeweiligen Thema etabliert habenund die (gegen Honorar vom Herstel-ler) spezielle Produkte besprechenund empfehlen – was natürlich beiAufdecken des wahren Sachverhaltsdazu führt, dass der Blogger anGlaubwürdigkeit stark verliert. Des-halb gibt es auch Blogger, die diesenSachverhalt offenlegen und damitden Interessenkonflikt transparentmachen. Im Pharma-Bereich sinddiese Arten nicht authentischer Aus-sagen als besonders skeptisch zu be-werten. Das HWG verbietet diese Artvon Werbung.

Was besser vermiedenwerden sol l te

Hier beispielhaft weitere Punkte, diekontraproduktiv sind und auf dieverzichtet werden sollte, wenn mitContent Marketing langfristig dasVertrauen der Empfänger gewonnenund erhalten werden soll:1. Plakative, simplifizierte produkt-

orientierte Botschaften2. Einfaches Kopieren vorhandener,

fremder Textpassagen oder Bilder3. Aufstellen unbelegter oder nicht

belegbarer Behauptungen4. Fehlerhafte oder in sich wider-

sprüchliche Aussagen5. Abgedroschene Phrasen und

Massenware6. Marketing-Gesülze oder Werbe-

Slogans7. Selbstbeweihräuchernde oder

selbstverliebte Aussagen8. Superlative wie „optimal“, „fan-

tastisch“ oder „der Beste“9. Abtönungspartikel bzw. Füllwör-

ter (eigentlich, freilich, durchaus)Auch auf das im US-Business anzu-treffende verbale Sugar Coating derSprache (extrem positiv-optimisti-

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Pharma-Marketing

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sche Tonalität) sollte verzichtet wer-den, da dieses im europäischenSprachraum als unnatürlich undübertrieben empfunden wird. Wei-terhin sollte darauf verzichten wer-den, die identischen Inhalte gleich-zeitig über alle möglichen Kanälezu vermitteln (Spray-and-Pray Ap-proach), sodass die Zielgruppenüberall mit den gleichen Informatio-nen überschwemmt und damit ge-langweilt werden. Hier gilt: „Wenigerist oft mehr.“

Tipps für gute Texte

Da ein großer Teil des Contents inschriftlicher Sprache ausgedrücktwird, hier einige Anregungen zumVerfassen prägnanter Texte, diegerne gelesen werden:1. Präzise und punktgenaue Formu-

lierungen – keine Floskeln2. Nicht versuchen mit Intelligenz

oder Pfiffigkeit zu beindrucken3. „In der Beschränkung zeigt sich

der wahre Meister.“ (Goethe)4. Beachtung der 4-K-Regel: Kurz,

klar, konkret, konstruktiv5. Aussagen mit Belege und Quellen

untermauern6. Abstrakte Termini durch griffige,

leicht vorstellbare Worte ersetzen7. Verwendung von Synonymen und

Worten mit ähnlicher Bedeutung,damit die Beiträge von Such-maschinen leicht gefunden wer-den (Ein Wörterbuch wiewww.openthesaurus.de ist dabeihilfreich.)

Wer erstel l t die Beiträge?

Abbildung 1 illustriert das Vorgehenzum Erstellen und Vermitteln der In-halte. Wenn es die Zeit zulässt, soll-ten hochwertige Inhalte am bestenselbst entwickelt werden. Wenn al-lerdings – wie bei den meisten Leis-tungsträgern in der Industrie – fürdie Erstellung derartigen Contentskeine Zeit bleibt, werden Autoren inForm von internen oder externenDienstleistern benötigt – im Eng-

lischen auch Content Creators ge-nannt.

In einigen Firmen gibt es MedicalAdvisor oder Scientific Advisor, frü-her zutreffend medizinisch-wissen-schaftliche Mitarbeiter genannt, fürTexte in Richtung Ärzte und Apothe-ker. Diese Professionals beherrschenneben der Business-Sprache auchdie ärztliche bzw. wissenschaftlicheSprache. Dies ermöglicht ihnen, in-haltlich und verbal den richtigenTon zu treffen und effektive Textefür diese anspruchsvollen Zielgrup-pen zu erstellen.

Für die Gruppe der Laien und derBetroffenen werden oft externe Auto-ren, Redakteure, Journalisten oderprofessionelle Texter (Copy Writer)in Anspruch genommen – also Pro-fessionals, die gut mit Sprache umge-hen können. Darüber hinaus sindgrafische Designer hilfreich, um dieBotschaften zu visualisieren.

Alle Autoren sollten folgende Vo-raussetzungen erfüllen: Sie solltena) das jeweilige Thema beherrschen,b) die Kundenbedürfnisse kennenund c) prägnant schreiben können.Diese 3 Kompetenzen sind nicht soeinfach unter einen Hut zu bekom-men, weshalb von High-End-Autorengesprochen wird, die auf dem Marktsehr gefragt sind.

Besonders im englischen Sprach-raum gibt es Online-Portale bzw. Job-börsen, auf denen man Freelancer fürTexte und Grafiken finden kann, wiez.B. upwork.com, talent.hubstaff.com,freelancer.com. Im deutschen Sprach-raum fokussieren sich die Freelan-cer-Portale meist auf technischeoder digitale Aspekte, Grafiken, Wer-be- und Pressetexte oder Ghostwriterfür Bücher. Eine Liste der Freelancer-Portale im Business-Bereich findenSie z.B. auf http://t3n.de/news/freelancer-jobs-610810/. Ein Wort der Vor-sicht: Die meisten Autoren, die aufdiesen Portalen zu finden sind, habennicht die notwendigen Kenntnisse,um im Arzneimittelbereich guteTexte schreiben zu können. Es istdaher besser, Empfehlungen ausdem eigenen Umfeld einzuholen.Eine Auswahl von „free, high-quality,

stock-image sites“ kann im Artikel“Say Cheese for These 7 Free Stock-Photo Sites” auf der Webseite desContent Marketing Institute gefun-den werden. Empfehlenswert ist na-türlich, eigene Fotos zu verwenden,die besser zum jeweiligen Themapassen – was mit den heute verfüg-baren hochauflösenden Digitalkame-ras oder Smartphones relativ einfachmachbar ist.

Brauchen Firmen einenContent Marketing Manager?

Einige Autoren befürworten das Ein-richten einer neuen Position im Un-ternehmen, die sie Content Marke-ting Manager oder gar Chief ContentOfficer nennen. Die persönliche Mei-nung des Autors dazu ist, dass einederartige Position völlig überflüssigist. Diese Funktion sollte inhaltlichvon den etablierten Positionen desProduktmanagers bzw. Marketing-managers übernommen werden –ggf. in Kooperation mit externenDienstleistern.

Redaktionsplan

Hilfreich ist ein Redaktionsplan, derauflistet, wer bis wann welche In-halte erstellen soll und wo man zeit-lich im Workflow gerade steht. Man-che Agenturen propagieren für einen

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n Ab b i l d u n g 1

Vorgehen zur Erstellung und Vermittlungvon Inhalten (Quelle der Abbildung: derAutor).

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Artikel Phasen wie Entwurf, Lektorat,Freigabe, Veröffentlicht. Den Statuskann übersichtlich nach Kalender-wochen geordnet in einer Tabelledargestellt werden. Auf diese Weiseist stets ausreichend freigegebenerContent vorrätig, der zu den geplan-ten Zeitpunkten in die verschiedenenKanäle geleitet werden kann. Ande-renfalls besteht leicht die Gefahr,kurz vor dem Abgabetermin von Bei-trägen unnötig in Hast zu verfallen.

Ausgewählte rechtl icheAspekte

Es ist völlig legitim, wenn Firmenproduktneutral die Information undAufklärung zu einem Krankheits-thema unterstützen und z.B. dieKenntnisse in der Bevölkerung zurVerhütung von Krankheiten undzur Diagnose zu fördern. Natürlichmüssen die Vorgeben des HWG undanderer Gesetze eingehalten werden.Zum Beispiel dürfen Hersteller beiEndverbrauchern nicht für verschrei-bungspflichtige (Rx) Medikamentewerben. Hier gilt: Eine Werbungkann sogar dann vorliegen, wennder Produktname nicht spezifisch ge-nannt ist.

Die nächste Phase: Mult iChannel Management (MCM)

Nach der Erstellung eines guten Con-tents muss dieser effektiv an die Ziel-gruppen vermittelt werden. Manch-mal wird der Content unzutreffendinfrage gestellt, obwohl in Wirklich-keit der gewählte Vermittlungspfadder falsche ist. Mit anderen Worten,der relevante Content muss über dierichtigen Kommunikationskanäle(manchmal unzutreffend als Distri-butionskanäle bezeichnet) vermitteltwerden. Manche Agenturen bezeich-nen dies als „die Kanäle bespielen“.

Mehr zu diesem Thema ist im zwei-ten Teil dieses Artikels mit dem Ti-tel „Multi Channel Management(MCM)“ zu finden.

Stets zu bevorzugen sind eigeneKanäle, sog. Owned Media. Diese bie-ten den großen Vorteil, dass die volleKontrolle über Inhalte und Verteilerbehalten wird. Hierzu gehören z.B.Broschüren, die eigenen Webseitenund Newsletter bzw. Blogs sowohlfür Laien als auch für Fachkreise.Ein Hinweis: Bei umfangreichenWebseiten ist auf eine angemessenePlatzierung der Links zu achten.Konkret zu platzieren sind DeepLinks, also Verlinkungen auf tieferlie-gende Unterseiten einer Internetprä-senz. So muss der Besucher nicht erstin der Tiefe der Online-Präsenz müh-sam selbst nach Webseiten suchenmuss.

An zweiter Stelle stehen EarnedMedia wie z.B. das organische Ran-king in den Suchmaschinen. Erst andritter Stelle kommen die Paid Mediawie die gesponserten Suchanzeigen(Google AdWords, Pay per Click),für deren Schalten immer wieder be-zahlt werden muss.

Ein Warnhinweis: Beiträge auffremden Webseiten wie z.B. Diskus-sionsforen, Online-Communities, Ex-perten-Blogs usw. haben einen gro-ßen Nachteil: Dritten wird die Kon-trolle über die Inhalte gegeben mitdem Risiko, dass diese jederzeit will-kürlich geändert, eingeschränkt oderoffline gestellt werden können.

Leistungskenngrößen

Wenn Erfolge erzielt werden oderausbleiben, kann im Einzelfall kaumidentifiziert werden, ob es an der Se-lektion der Zielgruppe, der Qualitätdes Contents oder der Wahl desKommunikationskanals liegt. Ein ge-meinsames wichtiges Etappenziel iststets die Zahl derer, die das tun, was

der Absender möchte, also z.B. abon-nieren, downloaden, weiterempfeh-len, anrufen, bestellen oder kaufen.Dies beinhaltet, dass am Ende einesjeden Beitrags ein entsprechenderHandlungsimpuls (Call-to-Action[CTA]) gesetzt wird, dessen Realisie-rung mit einem Nutzen für den Emp-fänger verbunden ist. Die präzise Be-deutung eines einzelnen Beitrags zurSteigerung von Umsatz oder Markt-anteil (immer wieder von der Ge-schäftsleitung gewünscht) ist leideraufgrund der Vielzahl simultanerBeiträge und Kanäle nicht möglich.Es kann aber festgestellt werden: Fir-men, die schon bei diesem wichtigenMeilenstein scheitern, werden wahr-scheinlich auch am angestrebtenEndziel, nämlich „mehr Kundenbzw. mehr Marktanteil bzw. mehrUmsatz" scheitern. Um am ge-wünschten Endziel anzukommen,müssen auch die Meilensteine aufdem Weg dorthin erfolgreich durch-laufen werden. Mehr hierzu ist imnächsten Teil dieses Beitrags mitdem Titel „Multi Channel Manage-ment (MCM)“ zu lesen.

Fazit

Das Entwickeln und Vermittelnhochwertigen, nutzenbringenden,suchmaschinenoptimierten Con-tents lohnt sich. Langfristig ist es ei-ner der effektivsten Methoden, umKunden zu gewinnen und zu binden.

Der zweite Teil dieses Beitrags er-scheint in einer der nächsten Aus-gaben dieser Zeitschrift.

Korrespondenz:Dr. med. Günter UmbachHealthcare MarketingDr. Umbach & PartnerIm Gries 1653179 Bonn (Germany)e-mail: [email protected]

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