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KARL MARX • FRIEDRICH ENGELS WERKE • BAND 21

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Mai 1883 - Dezember 1889

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KARL MARX FRIEDRICH ENGELSW E R K E BAND 21

INSTITUT FR MARXISMUS-LENINISMUS BEIM ZK DER SED

KARL MARX FRIEDRICH ENGELSWERKE

0DIETZ VERLAG BERLIN1962

KARL MARX F R I E D R I C H ENGELSBAND 21

DIETZ VERLAG

BERLIN

Die deutsche Ausgabe fut auf der vom Institut fr Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU besorgten Ausgabe in russischer Sprache

VorwortDer einundzwanzigste Band der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels enthlt die Arbeiten von Engels, die von Mai 1883 bis Dezember 1889 geschrieben wurden. Es war die Periode der relativ friedlichen" Entwicklung des Kapitalismus, die Periode des beginnenden bergangs vom vormonopolistischen zum monopolistischen Kapitalismus, die Periode der Sammlung der Krfte des Proletariats fr die knftigen revolutionren Schlachten. Der Westen hat die brgerlichen Revolutionen abgeschlossen. Der Osten ist noch nicht reif fr sie", sagte Lenin, als er diese Periode charakterisierte (W. I.Lenin, Werke, Band 18, Berlin 1961, S.577). In den achtziger Jahren machte die Arbeiterbewegung in den europischen Lndern und in den USA groe Fortschritte. Immer neue Teile der Arbeiterklasse schlssen sich der Bewegung an, immer breitere Arbeitermassen wurden von den Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus erfat. In den beiden grten Lndern Westeuropas - Deutschland und Frankreich - wirkten bereits einflureiche proletarische Parteien, die den Marxismus als ihre theoretische Grundlage anerkannten. In vielen Lndern - sterreich-Ungarn, Italien, Spanien, den USA, Belgien, Holland, der Schweiz u.a. - entstanden oder festigten sich bereits vorhandene sozialistische Organisationen. Die erste russische marxistische Gruppe Befreiung der Arbeit" entfaltete groe Aktivitt bei der Verbreitung der Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus in Ruland. Das wachsende Klassenbewutsein der proletarischen Massen schuf reale Voraussetzungen fr die Lsung der von der Internationalen Arbeiterassoziation (I.Internationale) gestellten Hauptaufgabe, in den verschiedenen Lndern politische Massenparteien des Proletariats auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus zu schaffen.

Um diese Aufgabe zu verwirklichen, mute die Arbeiterklasse vor allem tagtglich dafr kmpfen, sich vom Einflu der brgerlichen und kleinbrgerlichen Ideologie frei zu machen. Weiterhin war es notwendig, die in der Arbeiterbewegung noch vorhandenen kleinbrgerlichen, reformistischen und anarchistischen Strmungen, die in den verschiedenen Lndern entsprechend dem Stand ihrer Entwicklung und den Besonderheiten ihrer sozialen Bedingungen unterschiedliche Formen und Schattierungen aufwiesen, endgltig ideologisch zu zerschlagen. Zu einer wachsenden Gefahr fr die jungen sozialistischen Parteien und Organisationen wurden die Versuche der Bourgeoisie, die Arbeiterbewegung durch offene Angriffe auf die marxistische Lehre zu spalten, sowie sie durch Korrumpierung der Oberschicht der Arbeiterklasse und Ausnutzung aller mglichen opportunistischen Elemente in ihren Reihen zu zersetzen. Der Kampf gegen diese Versuche wurde zur dringenden Aufgabe der Arbeiterbewegung. Unter diesen Bedingungen war Engels' Ttigkeit fr die weitere Entwicklung und Verbreitung der marxistischen Theorie, sein Kampf fr die Reinheit der Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus, gegen die klassenfremden Einflsse und den Opportunismus von groer Bedeutung. Nach dem Tode von Karl Marx ruhte die ganze Verantwortung der Leitung der internationalen Arbeiter- und sozialistischen Bewegung auf den Schultern von Engels. Ausgehend von den theoretischen und praktischen Erfordernissen des sich entfaltenden Kampfes der Arbeiterklasse ma Engels der Vollendung des von Marx nicht beendeten Hauptwerkes des Marxismus, des Kapitals", vorrangige Bedeutung bei und bereitete die Herausgabe des zweiten, dritten und vierten Bandes vor. Neben dieser Arbeit widmete er sich mit ganzer Kraft der weiteren Ausarbeitung anderer Probleme der marxistischen Theorie, der Verteidigung der Ideen des Marxismus gegen die Entstellungen durch die Ideologen der Bourgeoisie und die Opportunisten; er arbeitete die taktische Linie der Arbeiterparteien unter Bercksichtigung sowohl der allgemeinen Aufgaben der proletarischen Bewegung wie auch der konkreten Bedingungen in den einzelnen Lndern aus und setzte sich fr die Erziehung der fortgeschrittenen Arbeiter im Geiste des proletarischen Internationalismus ein. Die bedeutendste Arbeit, mit der Engels in diesen Jahren die Schatzkammer des Marxismus bereicherte, ist Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats". Lenin betrachtete diese Schrift als eines der grundlegenden Werke des modernen Sozialismus" (W. I.Lenin, Werke, Band 29, Berlin 1961, S.463). Diese Schrift beleuchtet erstmalig systematisch vom Standpunkt der materialistischen Geschichtsauffassung die

Geschichte der Menschheit in den frhesten Etappen ihrer Entwicklung; sie legt die historische Entwicklung der Familienverhltnisse dar und deckt die Ursachen der Entstehung des Privateigentums und der Teilung der Gesellschaft in antagonistische Klassen auf. Sie enthllt ferner die Entstehung des Staates als Machtinstrument der herrschenden Klassen und weist schlielich die historische Notwendigkeit seines allmhlichen Absterbens nach dem endgltigen Sieg der klassenlosen kommunistischen Gesellschaft nach. Mit diesem klassischen Werk gab Engels den Fhrern der Arbeiterbewegung das wissenschaftliche Rstzeug fr ihren Kampf gegen die Apologeten des Kapitalismus, die Kathedersozialisten und anderen Feinde des Marxismus, die bestrebt waren, die Unerschtterlichkeit des Privateigentums, des brgerlichen Staates und anderer Institutionen der kapitalistischen Gesellschaft nachzuweisen. Den Ursprung der Familie" betrachtete Engels, nach seinen eigenen Worten, gewissermaen als die Vollfhrung des Vermchtnisses von Marx, denn Marx widmete seit ihrer gemeinsamen Arbeit an dem Werk Die deutsche Ideologie" den Problemen der Geschichte der dem Kapitalismus vorausgegangenen Gesellschaftsformationen groe Aufmerksamkeit. Bei der Ausarbeitung dieser Schrift bercksichtigte Engels weitgehend Marx' Bemerkungen in seinem Konspekt des Buches Ancient society" des fortschrittlichen amerikanischen Gelehrten Lewis Henry Morgan, in dem die Begrnder des wissenschaftlichen Kommunismus eine Reihe eigener Schlufolgerungen besttigt fanden. Engels sttzte sich auerdem auf die Ergebnisse seiner eigenen Forschungen auf dem Gebiete der Geschichte der alten Kelten, der Deutschen und anderer Vlker. Im Ursprung der Familie" fat Engels die von Marx und ihm im Laufe vieler Jahre gewonnenen Erkenntnisse ber die vorkapitalistischen sozial-konomischen Formationen zusammen. Unter Anwendung der materialistischen Dialektik analysiert Engels diese Formationen und ergnzt das von Marx im Kapital" gezeichnete wissenschaftliche Bild der Entwicklung der brgerlichen Gesellschaft durch eine tiefschrfende Charakteristik der Urgemeinschaft, der Sklavenhalterordnung und in gewissem Sinne auch des Feudalismus. Damit wurde ein gewaltiger Schritt vorwrts getan bei der Ausarbeitung der materialistischen Geschichtsauffassung. Erstmalig in der marxistischen Literatur beleuchtet'Engels im Ursprung der Familie" die Entwicklung der Familie vom Standpunkt des historischen Materialismus. Die Familie als eine historische Kategorie betrachtend, enthllt Engels den organischen Zusammenhang ihrer Formen - von der alten Gruppenehe bis zu der mit der Entstehung des Privateigentums sich festi-

genden monogamen Familie - mit den verschiedenen Entwicklungsetappen der Gesellschaft und die Abhngigkeit dieser Formen von der Vernderung der Produktionsweise. Er zeigt, wie sich entsprechend der Entwicklung der Produktivkrfte der Einflu der Geschlechtsverbnde auf die Gesellschaftsordnung verringerte und mit dem Sieg des Privateigentums eine Gesellschaft entstand, in der die Familienordnung ganz von der Eigentumsordnung beherrscht wird" (siehe vorl. Band, S. 28). Engels unterzieht die moderne brgerliche Familie einer scharfen Kritik. Er enthllt die konomische Grundlage der rechtlichen Ungleichheit der Frauen unter den Bedingungen der Herrschaft des Privateigentums und zeigt, da erst die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln die Voraussetzungen fr die wirkliche Befreiung der Frau schafft. Erst in der sozialistischen Gesellschaft entwickelt sich, wie Engels nachweist, dank der immer breiteren Einbeziehung der Frauen in den Produktionsproze, der Herstellung der vlligen Gleichberechtigung der Geschlechter auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens, der Befreiung der Frau von der Last der Hauswirtschaft, fr die die Gesellschaft die Sorge in immer steigendem Mae auf sich nehmen wird, eine neue, hhere Form der Familie, die auf der vollen Gleichheit von Mann und Frau, auf gegenseitiger Achtung und echter Liebe beruhen wird. Ein bedeutender Teil der Arbeit ist der Untersuchung der Herausbildung und Entwicklung der verschiedenen Eigentumsformen und der von ihnen abhngigen Formen der Gesellschaftsordnung gewidmet. Im Gegensatz zu den brgerlichen Historikern, Nationalkonomen und Soziologen Beweist Engels unwiderlegbar, da es nicht immer Privateigentum gegeben hat, da whrend der langen Periode der Urgesellschaft die Produktionsmittel Gemeineigentum waren. Die Urgesellschaft, deren Untereinheit die Gens und der Stamm waren, die auf einer bestimmten Stufe die ursprngliche Horde abgelst hatten, kannte weder eine Klassenteilung noch die mit dieser Teilung verbundenen AusbeutungsVerhltnisse, noch eine vom Volk getrennte ffentliche Macht, d.h. den Staat. Engels legt ausfhrlich dar, wie mit der Entwicklung der Produktivkrfte und der gesteigerten Produktivitt der Arbeit es mglich wurde, sich die Produkte anderer Menschen anzueignen, wie sich auf der Grundlage des Privateigentums an den Produktionsmitteln die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und die Spaltung der Gesellschaft in antagonistische Klassen herausbildete. Die direkte Folge dieser Entwicklung war das Entstehen des Staates. Die Fragen des Ursprungs und des Wesens des Staates sind das Wichtigste, das Kernstck in Engels' Schrift. Die allseitige Untersuchung dieser

Fragen durch Engels war ein gewaltiger Fortschritt bei der Ausarbeitung der marxistischen Lehre vom Staat und schliet sich in dieser Beziehung solchen klassischen Arbeiten an wie Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte" und Der Brgerkrieg in Frankreich" von Marx und dem Anti-Dhring" von Engels. Engels' Schrift richtet sich direkt gegen die brgerlichen Gelehrten, die den Staat als ein ber den Klassen stehendes Organ darzustellen versuchen, angeblich dazu berufen, die Interessen aller Brger gleichermaen zu schtzen. Er weist am Beispiel der Staatsbildung in Athen, Rom und bei den Deutschen nach, da der Staat in der antagonistischen Klassengesellschaft stets ein Werkzeug in den Hnden der herrschenden Klasse zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrckten Klasse ist. Der Staat, schreibt Engels, ist das Organ der mchtigsten, konomisch herrschenden Klasse, die vermittelst seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrckten Klasse" (siehe vorl. Band, S.166/167). Engels untersucht u.a. die einzelnen Staatsformen, insbesondere die brgerlich-demokratische Republik, die von den Apologeten des Kapitalismus als die hchste Form der Demokratie verherrlicht wird. Er deckt den Klassencharakter dieser Republik auf, d.h. er zeigt, da sich hinter der demokratischen Fassade die Herrschaft der Bourgeoisie verbirgt. Mit auerordentlichem Weitblick weist er auf sich schon zur damaligen Zeit abzeichnende Tendenzen der weiteren Entwicklung des brgerlichen Staates hin, die jedoch erst im imperialistischen Stadium des Kapitalismus, fr das der Proze der Verschmelzung des Staatsapparats mit den Monopolen, die Verwandlung des Staates in ein Instrument der Finanzoligarchie charakteristisch ist, zur vollen Blte gelangten. Engels nahm bereits damals gewisse Seiten dieses Prozesses wahr und wies nach, da in der demokratischen Republik der Reichtum seine Macht ausbt... in der Form der Allianz von Regierung und Brse, die sich um so leichter vollzieht, je mehr die Staatsschulden steigen und je mehr Aktiengesellschaften nicht nur den Transport, sondern auch die Produktion selbst in ihren Hnden konzentrieren und wiederum in der Brse ihren Mittelpunkt finden" (siehe vorl. Band, S.167). Vor parlamentarischen Illusionen warnend, die zu jener Zeit unter einem Teil der Fhrer der Arbeiterbewegung, besonders unter den opportunistischen Krften in der deutschen Sozialdemokratie verbreitet waren, weist Engels darauf hin, da, solange die Macht des Kapitals erhalten bleibt, keinerlei demokratische Freiheiten zur Befreiung der Werkttigen

fhren knnen. Gleichzeitig unterstrich Engels das berechtigte Interesse des Proletariats an der Erhaltung und Erweiterung der demokratischen Freiheiten, da diese die besten Voraussetzungen bieten fr die Entfaltung seines Befreiungskampfes, fr die revolutionre Umgestaltung der Gesellschaft. Bei der Untersuchung, inwiefern die Entwicklung der Produktivkrfte zu einer Vernderung der Produktionsweise der materiellen Gter fhrt, inwiefern sich auf einer bestimmten Entwicklungsstufe das Privateigentum herausbildet und damit die Gesellschaft sich unvermeidlich in antagonistische Klassen spaltet, przisiert Engels die bereits von Marx und ihm formulierte Schlufolgerung, da durch das weitere Wachstum der Produktivkrfte in der kapitalistischen Gesellschaft diese gesetzmig in Widerspruch zu den vorhandenen Produktionsverhltnisses geraten und die Produktionsverhltnisse zum Hemmschuh fr die Entwicklung der Produktion werden. Der Widerspruch zwischen den modernen Produktivkrften und den kapitalistischen Produktionsverhltnissen macht die proletarische Revolution zu einer geschichtlichen Notwendigkeit. Die Aufgaben dieser Revolution knnen - wie Marx und Engels wiederholt nachgewiesen haben - nicht gelst werden ohne die Zerschlagung des alten Staatsapparates und der Errichtung der Diktatur des Proletariats, die die hchste Form der Demokratie ist. Nur durch die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln und der antagonistischen Klassen werden die Voraussetzungen fr das Verschwinden und das Absterben des Staates geschaffen. Die Gesellschaft, die die Produktion auf Grundlage freier und gleicher Assoziation der Produzenten neu organisiert, versetzt die ganze Staatsmaschine dahin, wohin sie dann gehren wird: ins Museum der Altertmer, neben das Spinnrad und die bronzene Axt" (siehe vorl. Band, S. 168). Die von Engels meisterhaft dargelegte marxistische Lehre vom Staat wurde spter von Lenin entsprechend den Bedingungen der neuen historischen Epoche schpferisch weiterentwickelt und wird stndig bereichert durch die Kommunistische Partei der Sowjetunion und die anderen marxistisch-leninistischen Parteien. In seinem genialen Werk Staat und Revolution" zeigte Lenin, welch groe Bedeutung die marxistische Lehre vom Ursprung und Wesen des Staates und der Diktatur des Proletariats fr den Kampf der Arbeiterklasse hat. Lenin vereitelte die Versuche der Revisionisten und Reformisten, diese Lehre totzuschweigen und zu verzerren. Er entlarvte ihr Bestreben, Engels* These vom Absterben des Staates als ein Abweichen von der Idee der revolutionren Zerschlagung des brgerlichen Staatsapparates hinzustellen. Lenin betonte, da diese These sich nicht auf den brgerlichen, sondern

auf den sozialistischen Staat bezieht, und machte das Absterben des Staates von der Erfllung seiner fr den Aufbau der kommunistischen Gesellschaft notwendigen Funktion abhngig. Schpferisch die marxistische Theorie weiterentwickelnd, arbeitete Lenin die These von den konomischen Voraussetzungen fr das Absterben des Staates aus und verband dieses Problem mit der Lehre von den beiden Phasen der kommunistischen Gesellschaft. Der Staat wird erst im vollendeten Kommunismus endgltig absterben, erklrte Lenin. Die marxistisch-leninistische Staatslehre zerschlug und zerschlgt auch heute die brgerlich-revisionistischen Versuche, die Theorie" vom ber den Klassen stehenden Staat neu zu beleben sowie den modernen brgerlichen Staat als einen Wohlfahrtsstaat" hinzustellen. Diese Lehre hilft den Werkttigen der Lnder des sozialistischen Lagers, erfolgreich die neue, klassenlose Gesellschaft zu errichten. Bei der Abfassung seiner Schrift sttzte sich Engels auf das umfangreiche Tatsachenmaterial auf dem Gebiete der Archologie, der Geschichte und der Ethnographie. Er benutzte weitgehend das Buch des spontanen Materialisten Morgan Ancient society". Engels bernahm die von Morgan vorgenommene Einteilung der Urgeschichte in die Epoche der Wildheit und die Epoche der Barbarei sowie deren Unterteilung in eine untere, mittlere und obere Stufe, je nach der Entwicklung der Produktionsinstrumente und dem Stand der materiellen Produktion. Da diese Periodisierung der Geschichte nicht die Ablsung der verschiedenen Formen der Produktionsverhltnisse, sondern die vorgeschichtlichen Kulturstufen zur Grundlage hat, ma Engels ihr jedoch nur begrenzte Bedeutung bei und betonte, da mit der weiteren Entwicklung der Wissenschaft und der Ansammlung neuen Tatsachenmaterials die Morgansche Periodisierung unvermeidlich przisiert werden wird. Wie Engels voraussah, konnten auf Grund neuer Erkenntnisse der Wissenschaft eine przisere Periodisierung der Urgeschichte sowie Berichtigungen einzelner Morganscher Thesen, Familienformen der Urgemeinschaft betreffend, vorgenommen werden. Engels selbst nahm in Vorbereitung der vierten Ausgabe seines Buches 1891 bereits einige Vernderungen und Verbesserungen vor. Diese unvermeidlichen nderungen und Przisierungen, die an dem von Engels vor mehr als 75 Jahren entworfenen Bild der Entstehung, Entwicklung und des Untergangs der ursprnglichen konomischen Gesellschaftsformation vorzunehmen sind, betreffen jedoch lediglich Einzelheiten und berhren keinesfalls Engels' Schlufolgerungen, die im Gegenteil durch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse stndig besttigt werden. Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" gehrt zu jenen Werken, in

denen nach den Worten Lenins man zu jedem Satz Vertrauen haben ... kann" (W.I.Lenin, Werke, Band 29, Berlin 1961, S.463). In der ebenfalls in diesem Band enthaltenen theoretischen Schrift von Engels Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie" wird mit auerordentlicher Klarheit der Proze der Herausbildung und das Wesen der marxistischen Weltanschauung dargelegt Die Abfassung dieser Arbeit entsprang ebenfalls den dringenden Erfordernissen der Arbeiterbewegung, besonders in Deutschland. Die systematische Darstellung der Grundlagen des dialektischen und historischen Materialismus sollte das revolutionre Proletariat Deutschlands und anderer Lnder befhigen, den Kampf gegen jegliche idealistischen Theorien, die die ideologische Grundlage des Opportunismus und Reformismus bilden, zu fhren. Es war notwendig geworden, alle Bestrebungen zu vereiteln, die negativen Seiten der klassischen deutschen Philosophie neu zu beleben und dem Marxismus gegenberzustellen. Diese Bestrebungen bestanden darin, den Neukantianismus sowie reaktionre Elemente der Hegeischen Philosophie und anderer philosophischer Schulen innerhalb bestimmter Kreise des Brgertums und unter einem Teil der sozialdemokratischen Intelligenz zu verbreiten. Es kam darauf an, das Verhltnis der marxistischen Philosophie zur klassischen deutschen Philosophie, zur Philosophie Hegels und Feuerbachs, sowie ihren qualitativen Unterschied zu allen frheren philosophischen Systemen zu untersuchen und dabei die Schwchen und inneren Widersprche dieser frheren Systeme, aber auch ihre wertvollen Elemente, die in den Marxismus eingegangen und schpferisch weiterentwickelt worden sind, darzulegen. Engels weist nach, da die marxistische Philosophie das Resultat der gesamten vorausgegangenen Entwicklung des philosophischen Denkens ist und da die wichtigste Besonderheit der gesamten Geschichte der Philosophie im Kampf zwischen den zwei Hauptrichtungen - Materialismus und Idealismus - besteht. Engels gibt erstmalig eine klassische Definition der Grundfrage der Philosophie - der Frage nach dem Verhltnis des Denkens zum Sein, des Geistes zur Natur, und betont, da diese Frage noch einen anderen Aspekt, eine andere Seite hat, die sich in dem Problem der Erkennbarkeit der Welt, in der Wechselbeziehung zwischen dem Sein und seiner Widerspiegelung im menschlichen Bewutsein ausdrckt. Je nach der Beantwortung dieser Grundfrage wird die Zugehrigkeit eines jeden Philosophen zu einer der beiden Hauptrichtungen bestimmt. Engels betont die Haltlosigkeit aller Versuche, Materialismus und Idealismus durch die Schaffung eines Mitteldinges (Dualismus, Agnostizismus)

miteinander zu vershnen. Indem er die Erkennbarkeit der Welt beweist, widerlegt er den Agnostizismus in allen seinen Erscheinungsformen. Er sagt: Die schlagendste Widerlegung dieser wie aller andern philosophischen Schrullen ist die Praxis, nmlich das Experiment und die Industrie . . . Wir knnen die Richtigkeit unsrer Auffassung eines Naturvorgangs beweisen, indem wir ihn selbst machen, ihn aus seinen Bedingungen erzeugen, ihn obendrein unsern Zwecken dienstbar werden lassen." (Siehe vorl. Band, S. 276.) Engels' grtes Verdienst ist es, die Parteilichkeit der Philosophie begrndet zu haben, indem er an Hand der Geschichte des Kampfes der verschiedenen philosophischen Strmungen zeigte, wie der Kampf der Klassen und Parteien auf ideologischem Gebiet gefhrt wird. Engels' Arbeit selbst ist ein Musterbeispiel proletarischer Parteilichkeit in der Philosophie, ein Beispiel leidenschaftlicher Verteidigung der fortschrittlichen Weltanschauung und der entschiedenen Ablehnung der reaktionren idealistischen Strmungen. Bei der kritischen Untersuchung der Hegeischen Philosophie zeigt Engels, da die progressive Seite dieser Philosophie die dialektische Methode ist; gleichzeitig hebt er hervor, da diese Methode von Hegel mystifiziert und durch eine idealistische Hlle entstellt worden ist. Engels enthllt den Widerspruch zwischen dieser Methode und dem ganzen idealistischen System Hegels, das dogmatischen und metaphysischen Charakter trgt. Er zeigt, wie Marx, den Idealismus der Hegeischen Philosophie beiseite lassend, deren rationellen Kern - die dialektische Methode - herausschlte, und diesen mit der materialistischen Geschichtsauffassung verband. Bei der Charakterisierung des Feuerbachschen Materialismus als eine der theoretischen Quellen der marxistischen Philosophie deckt Engels gleichzeitig die Beschrnktheit des vormarxschen Materialismus, dessen mechanischen und metaphysischen Charakter auf. Er zeigt, da Feuerbach ebenso wie alle anderen Materialisten, die die Natur als das Primre und den Geist als das Sekundre ansahen, bei der Betrachtung der menschlichen Gesellschaft und deren Geschichte, den Idealismus nicht berwinden konnten. Feuerbach, sagt Engels, war unten Materialist, oben Idealist" (siehe vorl. Band, S.291). Engels enthllt das Wesen der revolutionren Umwlzung in der Philosophie, die von Marx durch die Schaffung des dialektischen Materialismus vollzogen wurde. Er schreibt: Damit reduzierte sich die Dialektik auf die Wissenschaft von den allgemeinen Gesetzen der Bewegung, sowohl der uern Welt wie des menschlichen Denkens." (Siehe vorl. Band, S.293.)

Grndlich untersucht er die Probleme des historischen Materialismus - der Wissenschaft von den allgemeinen Entwicklungsgesetzen der menschlichen Gesellschaft. Er stellt fest, da dem historischen Proze konomische Verhltnisse zugrunde liegen, aus denen der gesamte Uberbau der rechtlichen und politischen Einrichtungen sowie der religisen, philosophischen j \r i" d, i nr\ u n S e i e i u l i u . s o n s t i g e n v u i s i c n u n g s w e i s e . . . jlu. e i M a i c i i m i i u \mciic u a n u Ausgabe, S.25). Gleichzeitig unterstreicht er die aktive Rolle des berbaus, seine Fhigkeit, sich selbstndig zu entwickeln, sowie seine Rckwirkung auf die Basis. Engels zerschlug damit die Behauptung, da der Marxismus eine einseitige", konomische Erklrung der Geschichte gebe und den Einflu und die Rolle aller anderen Faktoren, der politischen, ideologischen usw., bestreite. In dieser Arbeit von Engels werden der Ursprung, die sozialen Wurzeln und das reaktionre Wesen der Religion vom materialistischen Standpunkt aus blogelegt. Von beraus groer Bedeutung ist Engels* Gedanke vom engen Zusammenhang zwischen der Entwicklung der fortschrittlichen Philosophie und den Erfolgen des menschlichen Denkens auf dem Gebiete der Naturwissenschaft. Engels betont, da die revolutionre Weltanschauung, in der das Streben der fortschrittlichen Klasse nach Umwandlung der Gesellschaft zum Ausdruck kommt, durch die progressive Entwicklung der Naturwissenschaften untersttzt wird. Engels weist auf die Unwissenschaftlichkeit und Dekadenz der brgerlichen Philosophie hin. deren Vertreter zu unverhllten Ideologen der reaktionren Bourgeoisie wurden. Nur durch die Theoretiker der Arbeiterklasse wird der dialektische Materialismus schpferisch weiterentwickelt. Sie sind auch, nach den Worten von Jtngels, die wirklichen Erben der klassischen deutschen Philosophie. Einige in diesem Band enthaltene Arbeiten widerspiegeln eine andere wichtige Seite der theoretischen Ttigkeit von Engels in dieser Periode seine Arbeit an der Vollendung und Drucklegung des Kapitals" sowie an der Herausgabe und Neuausgabe anderer Werke von Marx. Engels betrachtete die Fertigstellung des Kapitals" nach Marx' Tod als seine grte Verpflichtung gegenber dem internationalen Proletariat. Wiederholt betonte er, da mit dem Erscheinen aller Bnde des Kapitals" die Theorie des wissenschaftlichen Kommunismus das unerschtterliche Fundament erhlt und der ganzen offiziellen brgerlichen politischen konomie ein vernichtender Schlag versetzt wird. Im Februar 1885 beendete Engels die Arbeit am Manuskript des zweiten Bandes des Kapitals", der noch im gleichen Jahr herausgegeben wurde; die redaktionelle Bearbeitung des dritten Bandes erforderte noch eine zehnjhrige Arbeit; er erschien erst 1894.

Engels bereitete auch die dritte (1883) und die vierte (1890) Auflage des ersten Bandes des Kapitals" vor und redigierte sorgsam die bersetzung des ersten Bandes in die englische Sprache (erschien 1887). In der vierten deutschen Auflage des ersten Bandes des Kapitals" nahm Engels auf Grund erhalten gebliebener Hinweise von Marx Vernderungen und Verbesserungen vor und schrieb fr diese Ausgabe auch ein besonderes Vorwort (siehe Band 23 unserer Ausgabe, S. 41-46). Ein spezielles Vorwort verfate er auch fr die englische Ausgabe (siehe ebenda, S.36-40.) Den 1885 erschienenen zweiten Band hatte Engels ebenfalls mit einem lngeren Vorwort versehen, in dem er mit den brgerlichen Nationalkonomen abrechnete, die in ihrem Bestreben, die Marxsche Lehre zu diskreditieren und die erfolgreiche Verbreitung des Marxismus zu verhindern, vor keinem noch so unwrdigen Mittel zurckschreckten, nicht einmal vor schmutziger Verleumdung. So beschuldigten sie z.B. Marx, ein Plagiat an dem brgerlich-junkerlichen Nationalkonomen Karl Rodbertus, einem der geistigen Vter des preuischen Staatssozialismus", begangen zu haben (siehe Band 24 unserer Ausgabe, S. 1326). An das Vorwort von Engels zum zweiten Band des Kapitals" schliet sich unmittelbar das in diesem Band verffentlichte Vorwort zur ersten deutschen Ausgabe von Marx' Schrift Das Elend der Philosophie" an, die 1885 auf Initiative von Engels und unter seiner Redaktion erschien. In diesem Vorwort versetzt Engels den Apologeten Rodbertus' - den deutschen Kathedersozialisten sowie den Opportunisten innerhalb der deutschen Sozialdemokratie - einen vernichtenden Schlag. Engels entlarvt hier die reaktionre Utopie in den Anschauungen von Rodbertus, die Unhaltbarkeit seiner Theorie vom Arbeitsgeld", die von vlliger Unkenntnis des Wirkens des Wertgesetzes in der kapitalistischen Gesellschaft zeugt. Ausgehend von der Marxschen Werttheorie legt Engels dar, da unter den Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise sich das Wertgesetz mit Hilfe der Marktkonkurrenz und der Wert der Waren - die Preise schwanken stndig um den Wert - sich durch die Abweichungen der Preise vom Wert durchsetzt. Engels zeigt, da Marx, die Werttheorie kritisch anwendend, den unvermeidlichen Zusammenbruch der kapitalistischen Ordnung und den gesetzmigen Sieg des Sozialismus - der nicht auf moralischen Prinzipien, sondern auf konomischen Tatsachen beruht - wissenschaftlich begrndet hat. Engels entlarvt auch die reaktionren Auffassungen Rodbertus' und seiner Anhnger vom angeblich ber den Klassen stehenden Charakter des preuischen Staates und von dessen Fhigkeit, die besondere soziale

Mission - die Lage der Werkttigen zu erleichtern - zu erfllen. Mit Hilfe dieser Auffassungen versuchten die Anhnger des Staatssozialismus" ihre Liebedienerei vor der Bismarck-Regierung und ihre Lobpreisung der von ihr zu demagogischen Zwecken durchgefhrten sozialen Reformen" zu begrnden. Im Zusammenhang mit seiner Arbeit an der englischen bersetzung des ersten Bandes des Kapitals" schrieb Engels den Artikel Wie man Marx nicht bersetzen soll". In diesem Artikel unterzieht er eine bersetzung des ersten und eines Teils des zweiten Abschnitts des ersten Kapitels des ersten Bandes des Kapitals", die von dem Fhrer der englischen Sozialdemokratischen Fderation, dem Opportunisten Hyndman - er trat unter dem Pseudonym John Broadhouse auf - stammt, einer kritischen Analyse. Dieser Aufsatz zeigt, mit welcher Unduldsamkeit Engels gegen die geringsten Versuche, Marx zu entstellen, auftrat, und welch groen Wert er auf eine richtige bersetzung des Kapitals" in fremde Sprachen legte. Mit groem Interesse verfolgte Engels die bersetzung des Kapitals" ins Russische. Er unterhielt stndigen Kontakt mit dem Ubersetzer des zweiten Bandes, N.F.Danielson, und untersttzte ihn, um die Herausgabe zu beschleunigen. Whrend der Arbeit am Kapital" verfolgte Engels weiterhin aufmerksam die Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft und analysierte die in ihr auftauchenden neuen Erscheinungen. In dem Artikel Schutzzoll und Freihandel", dqr als Vorwort zu der amerikanischen Ausgabe von Karl Marx' Rede ber die Frage des Freihandels" geschrieben wurde, zeigt Engels, wie das Schutzzollsystem sich mit zunehmender Entwicklung des Kapitalismus aus einem frdernden in einen hemmenden Faktor verwandelt. Engels verweist dabei auf solche neue Erscheinungen der kapitalistischen Wirtschaft wie die Bildung groer Aktiengesellschaften, die er fr ein unvermeidliches Ergebnis der Entwicklung der kapitalistischen Produktion hlt. Die Verwandlung der pennsylvanischen Steinlproduktion in ein Monopol der Standard Oil Company ist ein Verfahren, das mit den Regeln der kapitalistischen Produktion durchaus im Einklang steht." (Siehe vorl. Band, S.372.) Er unterstreicht den volksfeindlichen Charakter solcher Monopole, ihre nicht nur gegen die auslndische Konkurrenz, sondern auch gegen die Lebensinteressen des einheimischen Verbrauchers gerichtete Tendenz. Neben der intensiven theoretischen Arbeit leitete Engels praktisch die ganzen Jahre hindurch die internationale sozialistische und Arbeiterbewegung. Nach dem Tode von Marx", schrieb Lenin, war es Engels

allein, der fortfuhr, als Berater und Fhrer der europischen Sozialisten zu wirken." (W. I. Lenin, Werke, Berlin 1961, Band2, S. 13.) Er verfolgte aufmerksam den Kampf des Proletariats, unterhielt persnlichen Kontakt zu den Fhrern der sozialistischen Bewegung Deutschlands, Frankreichs, Englands, Rulands, der USA, Hollands, sterreichs, Rumniens und anderer Lnder und studierte sorgfltig die sozialistische und die brgerliche Presse. Engels' Rolle als Fhrer der internationalen Arbeiterbewegung kommt besonders deutlich zum Ausdruck in seinem beraus umfangreichen Nachla an Briefen, in dem riesigen Umfang seiner Korrespondenz, die er mit den fhrenden Vertretern der Arbeiterbewegung Europasund Amerikas fhrte. Da Engels ber groe Erfahrungen im revolutionren Kampf, ber umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet der Geschichte und der konomie der verschiedensten Lnder verfgte, war er in der Lage, stets konkrete Ratschlge und Hinweise zu geben. Unter Bercksichtigung der historischen Besonderheiten in der Entwicklung der einzelnen Lnder half er bei der Lsung der kompliziertesten Fragen der Taktik der Arbeiterklasse. Unermdlich sorgte er sich um die organisatorische und ideologische Festigung der proletarischen Parteien und half ihnen, Fehler zu berichtigen und Schwierigkeiten zu berwinden. Er kmpfte leidenschaftlich gegen alle Erscheinungen des Opportunismus, Dogmatismus, Sektierertums und Anarchismus. Besondere Aufmerksamkeit schenkte Engels in diesen Jahren der deutschen Arbeiterbewegung. Die in verschiedenen Arbeiten dieses Bandes dargelegten Besonderheiten der historischen Entwicklung Deutschlands - die unvollendet gebliebene brgerliche Revolution, die Einigung Deutschlands von oben" unter der Hegemonie des junkerlichen Preuens, die politische Schwche und Feigheit der Bourgeoisie, die schnelle Entwicklung des Kapitalismus unter Beibehaltung wesentlicher berreste halbfeudaler Verhltnisse auf wirtschaftlichem und besonders auf politischem Gebiet - verschrften auerordentlich die Klassengegenstze. Diese Umstnde trugen dazu bei, da das deutsche Proletariat im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zur Vorhut der internationalen Arbeiterbewegung wurde. Deutschland war das erste Land, in dem eine einheitliche sozialistische Massenpartei geschaffen wurde, die auf dem Boden des Marxismus stand. Diese Partei war gezwungen, unter den schwierigen Bedingungen des 1878 von der BismarckRegierung erlassenen Sozialistengesetzes zu wirken. Engels erwies der Partei durch seinen unvershnlichen Kampf gegen die opportunistischen Elemente in ihren Reihen, durch die Kritik an den Fehlern und Schwankungen der Parteifhrung und bei der berwindung dieser Schwchen eineII Marx/Engels, Werke, Bd. 21

groe Hilfe. Engels half der Sozialdemokratischen Partei in den achtziger Jahren, eine richtige revolutionre Taktik auszuarbeiten und die legale Arbeit mit der illegalen Ttigkeit geschickt zu verbinden; seine Autoritt und sein Einflu unter den Arbeitern wuchs bedeutend, als es der Partei mit seiner Untersttzung 1890 gelang, die Aufhebung des Sozialistengesetzes durchzusetzen. Engels hielt die Erziehung der Partei und der Arbeitermassen im Geiste der revolutionren Traditionen und des proletarischen Internationalismus, die endgltige Uberwindung des reformistischen Einflusses des Lassalleanismus sowie anderer Strmungen des brgerlichen und kleinbrgerlichen Sozialismus fr eine Sache von grter Wichtigkeit. Im Vorwort zur zweiten durchgesehenen Auflage Zur Wohnungsfrage" stellt Engels fest, da in Deutschland diese Strmungen noch zahlreiche Vertreter sowohl in Gestalt der Kathedersozialisten als auch in der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion haben, und betont, da diese Erscheinungen bedingt sind durch die sozialen Verhltnisse in Deutschland - in dem Land des Spiebrgertums par excellence, und zu einer Zeit, wo die industrielle Entwicklung dies alteingewurzelte Spiebrgertum gewaltsam und massenweise entwurzelt" (siehe vorl. Band, S.329). Engels schenkte der Ausarbeitung der von den Kathedersozialisten entstellten Geschichte der sozialistischen Bewegung in Deutschland und in anderen Lndern, in erster Linie der Geschichte des Bundes der Kommunisten und der I. Internationale, groe Beachtung. Da es ihm nicht mglich war, seinen Plan fr eine umfangreiche Ausarbeitung dieser Geschichte zu verwirklichen, schrieb Engels Aufstze fr die Presse, die einzelnen Perioden des revolutionren Kampfes gewidmet sind, und bereitete die Neuauflage einiger Arbeiten von Marx und der wichtigsten Dokumente aus der Geschichte der revolutionren Arbeiterbewegung vor, die er auch mit Vorworten versah. In dem Aufsatz Marx und die ,Neue Rheinische Zeitung' 1848 bis 1849", der anllich des ersten Todestages von Marx geschrieben wurde, legt Engels die Besonderheiten der Taktik der proletarischen Revolutionre in der Periode der brgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 dar. Engels' Arbeit unterstreicht die historische Bedeutung des revolutionren Kampfes der Massen und der richtigen taktischen Leitung ihrer Aktionen. Er betont, da eine proletarische Partei es verstehen mu, die allgemeinen demokratischen Aufgaben mit den Zielen des Proletariats zu verbinden. Am Beispiel der von Marx 1848/49 verfolgten Taktik lehrte Engels die deutschen Sozialdemokraten, die fhrende Rolle der Arbeiterklasse in der allgemeinen demokratischen Bewegung zu verteidigen und gleichzeitig die Klassen-

interessen des Proletariats zu vertreten, ohne sich kleinbrgerlichen Illusionen hinzugeben, und entschieden die Versuche der herrschenden Klasse, durch falsche Versprechungen das Proletariat zu tuschen, zu entlarven. In der Arbeit Zur Geschichte des Bundes der Kommunisten" zeigt Engels die historische Rolle und den Platz, den diese erste internationale Organisation des Proletariats, die zum ersten Male das Programm des wissenschaftlichen Kommunismus an ihre Fahnen heftete, in der Entwicklung der internationalen Arbeiterbewegung einnimmt. Er betont, da die Grndung dieser Organisation eine wichtige Etappe im Kampf fr die Schaffung proletarischer Parteien darstellt, insbesondere in Deutschland. Gleichzeitig entlarvt Engels die von den Lassalleanern verbreitete Legende, da der Ausgangspunkt fr die selbstndige Arbeiterbewegung in Deutschland der lassalleanische Allgemeine Deutsche Arbeiterverein sei. Am Beispiel der Geschichte des Bundes der Kommunisten zeigt Engels, da der Sieg der marxistischen Theorie ber die verschiedenen sektiererischen Strmungen dadurch bedingt war, da diese Theorie vom Augenblick ihres Entstehens an vollstndig den Erfordernissen des praktischen revolutionren Kampfes des Proletariats entsprach und von ihm nicht zu trennen war. Whrend des Sozialistengesetzes war fr die deutsche Arbeiterklasse die Ausnutzung der von ihr in der Periode des Angriffs der Reaktion (1849 bis 1852) gesammelten Erfahrungen von groer Bedeutung. Engels erachtete darum die Neuauflage der Broschre Karl Marx vor den Klner Geschwornen. Proze gegen den Ausschu der rheinischen Demokraten wegen Aufrufs zum bewaffneten Widerstand" (1849) sowie Marx' Pamphlets Enthllungen ber den Kommunisten-Proze zu Kln" fr notwendig. Im Vorwort zur genannten Broschre weist Engels darauf hin, da die Reden von Marx Musterbeispiele dafr sind, wie Kommunisten das brgerliche Gericht zur ffentlichen Verteidigung der revolutionren Anschauungen ausnutzen knnen. Engels entlarvt hier voller Zorn und Emprung die brgerliche Gesetzlichkeit", unter deren Flagge die deutsche Reichsregierung die Sozialisten verfolgte. Das Vorwort von Engels ist auch direkt gegen die opportunistischen Elemente innerhalb der Sozialdemokratischen Partei gerichtet, die bereit waren, fr das Versprechen, das Sozialistengesetz aufzuheben, revolutionre Grundprinzipien preiszugeben und die Partei des revolutionren Proletariats in eine Partei des deutschen Kleinbrgertums umzuwandeln. Der im vorliegenden Band verffentlichte Aufsatz Der Bergarbeiterstreik an der Ruhr 1889" zeigt, welche groe Aufmerksamkeit Engels denIII Marx/Engels, Werke, Bd. 21

Massenaktionen der deutschen Arbeiter und der Teilnahme der Sozialdemokratie am praktischen Kampfe des deutschen Proletariats schenkte. Er forderte stets diese Teilnahme von der Parteifhrung und betonte, da es besonders wichtig ist, immer neue Teile der Arbeiterklasse in die Bewegung einzubeziehen. Pnoplo l t O U i 1 J.'o Jontooko kAJ/.lUtU^lllVlU ULl^ U U 1 Vusi Aue-" ClnTloUaTOnU-oflo oiiA I^llgCiO U l U L L . ^ U U X U 1 U ^ * . Vl U " arbeitung einer richtigen Taktik gegenber der Bauernschaft. Er unterlie es nicht, stndig auf die Bedeutung dieser Fragen hinzuweisen. In diesen Jahren bereitete Engels die Neuausgabe seiner Schrift Die Mark" in Form einer populrwissenschaftlichen Broschre vor; er begann auerdem mit der berarbeitung seines Buches Der deutsche Bauernkrieg" fr eine Neuauflage. In dieser wie auch einer Reihe anderer Arbeiten wird die Notwendigkeit des Bndnisses der Arbeiterklasse mit der werkttigen Bauernschaft als des einzig realen Weges zur Befreiung der Bauern vom Joch des Junkertums und der Bourgeoisie begrndet. Der von Engels in diesem Zusammenhang geschriebene Aufsatz Zur Geschichte der preuischen Bauern" enthllt den historischen Proze der Unterjochung dieser Bauern; sie weist nach, mit welch ruberischen Mitteln und Methoden die Gutsbesitzer, die durch den Krieg gegen Napoleon und die 1848 durchgefhrten revolutionren Aktionen der Bauern gezwungen waren, der Aufhebung der Feudallasten zuzustimmen, die Bauern dabei ausplnderten. Engels schlufolgert daraus, da die Arbeiterklasse in der durch die Gutsbesitzer ausgeplnderten Bauernschaft einen natrlichen Verbndeten im Kampf fr den Sturz der kapitalistischen Ordnung besitzt. IVIit diesem Problem ist auch das bereits erwhnte Vorwort zur zweiten durchgesehenen Auflage Zur Wohnungsfrage" eng verbunden. Engels untersucht in diesem Vorwort den Zustand der deutschen Heimindustrie und verweist dabei besonders auf die erschreckend niedrigen Lhne der Heimarbeiter. Die Tatsache, da die Heimarbeiter noch fest mit der Landwirtschaft verbunden waren, nutzten die Kapitalisten aus, um nicht nur diesen einen Hunger lohn zu zahlen, sondern auch die Arbeitslhne aller brigen Arbeiter zu senken. Gleichzeitig zeigt Engels, da die Ausbreitung der Heimindustrie zur Verelendung der Kleinbauern und zu ihrer Verwandlung in Proletarier fhrt. Durch diesen Proze erhlt das Proletariat stndig neuen Zustrom, was wiederum gnstige Voraussetzungen fr die Ausdehnung der revolutionren Bewegung bis in die entlegensten Winkel Deutschlands schafft. Engels zieht daraus die Schlufolgerung, da bei einer revolutionren Erhebung der Arbeiterklasse die Bauernshne des

.herrlichen Kriegsheers"4 tapfer mithelfen werden (siehe vorl. Band, S.334). Im Interesse der ideologischen Erziehung der deutschen Arbeiter und der deutschen Sozialdemokratie zum richtigen Verstndnis der Geschichte ihres Landes und seiner gegenwrtigen Situation nahm Engels trotz seiner groen Arbeitsbelastung, eine Reihe von Arbeiten in Angriff, in denen er die geschichtliche Vergangenheit Deutschlands zu analysieren beabsichtigte. Er gedachte darin die historischen Wurzeln der reaktionren Systeme blozulegen, die im Deutschen Reich geherrscht hatten. So hatte er vor, die Neuausgabe seines Buches Der deutsche Bauernkrieg" bedeutend zu erweitern und ausfhrlicher auf die ihm vorangehende Geschichte Deutschlands einzugehen sowie die Bedeutung der Ereignisse im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts als der ersten, wenn auch erfolglosen brgerlichen Revolution hervorzuheben, der Ereignisse, die nach seinen Worten zum Wendepunkt der ganzen Geschichte Deutschlands wurden. Im vorliegenden Band werden die uns erhalten gebliebenen Fragmente dieser unvollendeten Arbeit verffentlicht. Der Anfang der Einleitung erscheint in dem Abschnitt Aus dem handschriftlichen Nachla" unter dem Titel ber den Verfall des Feudalismus und das Aufkommen der Bourgeoisie" und die Skizze, die offensichtlich'ein Konzept dieser Einleitung darstellt, unter dem Titel Zum Bauernkrieg'". In diesen Fragmenten zeigt Engels, wie in Westeuropa im Sche der alten Feudalordnung allmhlich die kapitalistischen Verhltnisse entstehen und sich die Nationalstaaten bilden. Er unterstreicht in diesem Zusammenhang die progressive Rolle, die das Knigtum in der Periode der Zentralisierung spielte - es vertrat die Ordnung in der Unordnung" (siehe vorl. Band, S.397). Er gab damit den Schlssel zum Verstndnis und zur richtigen Einschtzung des historischen Prozesses der Bildung zentralisierter absolutistischer Monarchien im 15. und 16. Jahrhundert in einigen europischen Lndern - auer in Italien und Deutschland. Mit diesen Ausfhrungen, in denen auch die Besonderheiten der Bildung der europischen Nationen aufgezeigt werden, trug Engels wesentlich zur Ausarbeitung der marxistischen Lehre ber die nationale Frage bei. Aus dem handschriftlichen Nachla wird eine weitere unvollendete Arbeit von Engels - Die Rolle der Gewalt in der Geschichte" - verffentlicht. Sie war als viertes Kapitel fr eine Broschre unter dem gleichen Titel gedacht. Die ersten drei Kapitel dieser Broschre sollten Kapitel aus dem Anti-Dhring" bilden, die dort den Titel Gewaltstheorie" fhren. Aus Engels' Aufzeichnungen ist ersichtlich, da er am konkreten Beispiellila Marx/Engels, Werke, Bd. 21

der Geschichte Deutschlands die Richtigkeit der im Anti-Dhring" gezogenen Schlufolgerungen ber die Beziehungen zwischen konomie und Politik in der Geschichte nachzuweisen beabsichtigte. In dieser Arbeit sollte die herrschende Klasse Deutschlands entlarvt werden, die sich in ihrer Politik der Einigung Deutschlands durch Blut und Eisen" brutaler Gewaltmanahmen bediente, die Vertreter des Proletariats aber als Verfechter der Gewaltanwendung in jeder beliebigen Situation hinzustellen versuchte. Diese Verleumdungen nahm die BismarckRegierung zum Anla, um mit polizeilichen Repressalien gegen die revolutionre Sozialdemokratie vorzugehen. In der ArbeitDie Rolle der Gewalt in der Geschichte" sind die Besonderheiten in der Entwicklung Deutschlands nach 1848 dargelegt. Whrend Engels in den Fragmenten fr die Neuausgabe des Deutschen Bauernkriegs" die Ursachen fr die Aufrechterhaltung der feudalen Zersplitterung in Deutschland bis Mitte des 19. Jahrhunderts aufdeckt, untersucht er in der Rolle der Gewalt in der Geschichte" die konomischen und politischen Voraussetzungen fr die spter durchgefhrte Einigung des Landes. Engels analysiert tiefschrfend die zur Einigung Deutschlands fhrenden Wege und deckt die Ursachen auf, die zur Einigung von oben" unter der Hegemonie Preuens gefhrt haben. Engels betrachtet die Einigung als einen Fortschritt, trotz der Tatsache, da sie von oben" erfolgte, zeigt aber gleichzeitig die ganze historische Beschrnktheit und den bonapartistischen Charakter der Bismarckschen Politik, die zwangslufig zur Festigung des Polizeistaates in Deutschland, zur Strkung des Junkertums dieser konomisch und politisch berlebten Klasse - und zum Anwachsen des Militarismus fhrte. Er entlarvt die Unentschlossenheit und Feigheit der deutschen Bourgeoisie, die sich als unfhig erwies, ihre eigenen Interessen bis zu Ende zu verteidigen und die feudalen berreste endgltig zu beseitigen. Engels verurteilt scharf die kriegslsterne Auenpolitik der herrschenden Klassen Deutschlands, die am deutlichsten sichtbar wurde in der Ausplnderung Frankreichs 1871 und in der Annexion von ElsaLothringen. Auf Grund seiner Analyse des inneren Zustandes des Deutschen Reiches - der Verteilung der Klassenkrfte, der bereits seit der Grndung vorhandenen inneren Widersprche, sowie der militaristischen und aggressiven Bestrebungen - kam Engels zu der Schlufolgerung, da der Zusammenbruch des Reiches unvermeidlich ist. Aus der Arbeit von Engels geht mit aller Deutlichkeit hervor, da in Deutschland nur eine Klasse das Proletariat - den Anspruch erheben kann, die wahrhaft nationalen Interessen des gesamten Volkes zu vertreten.

Im vorliegenden Band werden auch eine Reihe von Artikeln verffentlicht, die den gegenwrtigen Stand und die Besonderheiten der englischen Arbeiterbewegung grndlich einschtzen: England 1845 und 1885", Anhang zur amerikanischen Ausgabe der Lage der arbeitenden Klasse in England'", Die Abdankung der Bourgeoisie". Bei der Untersuchung der in England vor sich gegangenen konomischen Vernderungen erkannte Engels bereits Anzeichen, die darauf hindeuteten, da England allmhlich sein Industriemonopol und seine Vormachtstellung auf dem Weltmarkt einben wird. Der unvermeidliche Verlust dieses Monopols werde, wie Engels nachwies, den Verlust der Sonderstellung der englischen Arbeiter gegenber den Arbeitern anderer Lnder zur Folge haben, und dies wiederum werde den Ansto zur Ausweitung der sozialistischen Bewegung in England geben. Groe Bedeutung ma Engels der Einbeziehung der breiten Massen ungelernter Arbeiter bei, die auerhalb der alten, konservativen TradeUnions standen und daher nicht in den Genu von Vergnstigungen kamen, ber die die in den Trade-Unions vereinte Arbeiteraristokratie" verfgte; er begrte leidenschaftlich das Erwachen des Klassenbewutseins dieses zahlreichsten und am strksten unterdrckten Teils des englischen Proletariats. Engels untersttzte aktiv den Ende der achtziger Jahre in England beginnenden Aufbau der sogenannten neuen Trade-Unions, die die bis dahin nicht organisierten ungelernten Arbeiter erfaten, und bte scharfe Kritik an der Leitung der Sozialdemokratischen Fderation wegen ihres sektiererischen Verhaltens gegenber dieser Bewegung. Engels war der Ansicht, da gerade diese Schichten der Arbeiterklasse am aufgeschlossensten fr die sozialistischen Ideen sind und da ihre erwachende Aktivitt dazu beitragen wird, die Arbeiterklasse vom Einflu der trade-unionistischen Ideologie zu befreien und eine sozialistische Massenpartei in England zu schaffen. Besondere Aufmerksamkeit schenkte Engels dem Kampf des Proletariats in den USA, der in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts einen groen Aufschwung nahm. Er trat entschieden gegen die Theoretiker auf, die schon damals den Versuch unternahmen, auf Grund angeblicher Besonderheiten des amerikanischen Kapitalismus zu beweisen, da fr die Verbreitung sozialistischer Ideen in Amerika kein Boden vorhanden sei. Engels betonte, da unter den Bedingungen des wachsenden Klassenbewutseins des Proletariats der USA die Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus unvermeidlich in die Arbeitermassen eindringen werden und daher ihre Verbreitung dringend notwendig ist. Engels veranjate die Herausgabe seiner

Arbeit Die Lage der arbeitenden Klasse in England" in den USA, wobei er sich davon leiten lie, da dieses Werk fr die amerikanischen Arbeiter am verstndlichsten und naheliegendsten war, da ihr politisches Bewutsein Mitte der achtziger Jahre etwa der politischen Reife der englischen Arbeiter der vierziger Jahre entsprach. In dem Vorwort zu dieser Ausgabe, das auch als Sonderdruck unter dem Titel Die Arbeiterbewegung in Amerika" verffentlicht wurde, zeigt Engels, da die strmische Entwicklung des Kapitalismus in den USA gesetzmig von einem ebenso strmischen Anwachsen der Arbeiterbewegung begleitet sein wird. Er schlufolgert daraus, da das amerikanische Proletariat, hnlich wie seine europischen Klassenbrder, frher oder spter gezwungen sein wird, den Kampf fr den Sozialismus aufzunehmen. In der gleichen Arbeit unterzieht Engels die utopische Doktrin des brgerlichen amerikanischen Reformers Henry George, dessen Ideen eine Zeitlang einen gewissen Einflu auf die amerikanischen Arbeiter ausbten, einer kritischen Analyse. Whrend Engels die progressive Rolle der von George und dessen Anhngern aufgestellten Forderung nach Nationalisierung des Grund und Bodens hervorhebt, zeigt er gleichzeitig, da die Verkndung dieser Forderung als alleiniges Allheilmittel gegen Armut und Verelendung der Volksmassen wirkungslos ist. Bei Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung kann, wie Engels nachweist, die Nationalisierung des Bodens entgegen den Behauptungen Georges nicht zur Befreiung der Werkttigen von Unterdrckung und Ausbeutung fhren. Die Forderung der Sozialisten schliet eine vollstndige Umwlzung des gesamten heutigen Systems der gesellschaftlichen Produktion ein. Die Forderung Henry Georges dagegen lt die heutige gesellschaftliche Produktionsweise unberhrt..." (siehe vorl. Band, S. 340). In dieser wie auch in anderen seiner Schriften unterstreicht Engels, da das Proletariat sich nur dann befreien und die politische Macht in die eigenen Hnde nehmen kann, wenn es eine selbstndige politische Partei geschaffen hat, und diese, was besonders wichtig ist, ein konsequentes revolutionres sozialistisches Programm besitzt. Ohne ein solches Programm wird auch die Partei nur noch als Keim existieren; ... sie mag eine Partei sein ihrer Bestimmung nach, aber noch nicht in der Wirklichkeit" (siehe vorl. Band, S.337). Engels hebt gleichzeitig hervor, da es nicht gengt, in einer programmatischen Erklrung die Prinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus anzuerkennen. Eine Partei, die diese Prinzipien zwar verkndet, vom praktischen Kampf der Arbeiterklasse jedoch losgelst ist, bleibt unweigerlich eine sektiererische Gruppe. Aus diesem Qrunde bte

Engels scharfe Kritik an der sektiererischen, dogmatischen Haltung der Sozialistischen Arbeiterpartei Amerikas, die zwar in Worten den Marxismus anerkannte, aber keine ernsthaften Schritte unternahm, um sich mit der Massenbewegung der Arbeiter Amerikas zu verbinden. Die weitere Entwicklung einer selbstndigen Arbeiterbewegung in den USA hing seiner Meinung nach davon ab, ob es dem amerikanischen Proletariat gelingt, sich seine, vom Einflu der Bourgeoisie freie politische Klassenpartei zu schaffen. Die im vorliegenden Band verffentlichten Arbeiten Die Situation", An das Redaktionskollegium des ,Socialiste'", Zum 15.Jahrestag der Pariser Kommune", ber den Streik der Arbeiter der Glasfabriken in Lyon" und andere zeugen davon, mit welch groem Interesse Engels den Kampf der Arbeiterklasse Frankreichs verfolgte, wie er die Bemhungen des franzsischen Proletariats untersttzte, sich so rasch wie mglich von der Niederlage der Pariser Kommune zu erholen. Da Engels Frankreich als das Land betrachtete, in dem . . . die wechselnden politischen Formen, innerhalb deren sie" (die Klassenkmpfe) sich bewegen und in denen ihre Resultate sich zusammenfassen, in den schrfsten Umrissen ausgeprgt sind" (Vorrede zur dritten Auflage von Karl Marx' Schrift Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte", siehe vorl. Band, S.248), begrte er die Erfolge der franzsischen revolutionren Sozialisten, insbesondere die erfolgreiche Ttigkeit der Arbeiterdeputierten im Parlament. ber die sozialistische Fraktion im Parlament schrieb er, da deren bloes Erscheinen auf dem Schauplatz gengt hat, Verwirrung in die Reihen aller brgerlichen Parteien zu tragen" (siehe vorl. Band, S.258). Unaufhrlich untersttzte Engels die franzsischen Marxisten in ihrem Kampf gegen die opportunistische Strmung der Possibilisten, die sich von der Arbeiterpartei abgespalten hatte. In dem in die Beilagen dieses Bandes aufgenommenen Pamphlet Der Internationale Arbeiterkongre von 1889. Eine Antwort an die Justice'", das von Engels redigiert wurde, wird nachgewiesen, da die Possibilisten in diesem Augenblick im vollen Sinn des Worts eine Regierungspartei ministerielle Sozialisten - sind und die Wohltaten einer solchen Stellung einheimsen" (siehe vorl. Band, S.522). Unablssig half Engels den franzsischen Marxisten bei der Umwandlung der Arbeiterpartei Frankreichs in eine wirkliche sozialistische Massenpartei des Proletariats. Mit groer Aufmerksamkeit verfolgte Engels die Entwicklung der revolutionren Bewegung in Ruland. Die Verschrfung der politischen Reaktion in den achtziger Jahren konnte Engels' berzeugung, da die Volksrevolution gegen den Zarismus unvermeidlich ist, nicht erschttern; nach

wie vor ma er einer solchen Revolution groe Bedeutung bei, da sie zur Beschleunigung des Sieges der europischen Arbeiterklasse beitragen wrde. In dem Interview, das er der sozialistischen New Yorker Volkszeitung" gab, wies Engels darauf hin, da eine Revolution in Ruland die ganze Gestalt der europischen politischen Lage umwlzen wrde" (siehe vorl. Band, S. 512). Engels war berzeugt davon, da die revolutionren Krfte in Ruland ungeachtet aller Repressalien und des Terrors von Seiten des Zarismus stndig wachsen und eine immer bedeutendere Rolle in der internationalen revolutionren Bewegung spielen werden. Ruland - das ist das Frankreich des gegenwrtigen Jahrhunderts", so gibt G.A.Lopatin die Worte von Engels wieder. Gesetzmig und zu Recht kommt ihm die revolutionre Initiative fr eine neue soziale Umgestaltung zu." (Siehe vorl. Band, S.488.) Engels unterhielt stndig Kontakt zu den russischen Revolutionren und begrte die Bildung der ersten russischen marxistischen Gruppe Befreiung der Arbeit". Er ma ihr eine auerordentliche Bedeutung fr die Verbreitung des Marxismus in Ruland und fr die Formierung eines revolutionren Proletariats bei. Mit groer Anerkennung uerte sich Engels ber die ersten Schriften russischer Marxisten, welche die Anschauung der Volkstmler kritisierten; er korrespondierte mit V. I.Sassulitsch und G.W. Plechanow und freute sich ber ihre Teilnahme am Kampf fr den internationalen Zusammenschlu der sozialistischen und Arbeiterparteien. Eine Reihe von Schriften und Dokumenten, die in diesem Bande verffentlicht sind, widerspiegeln Engels' Rolle bei der Festigung der internationalen revolutionren Verbindungen der Sozialisten der verschiedensten Lnder. Engels untersttzte mit allen Mitteln die verschiedenen Formen dieser Verbindungen: durch persnliche Kontakte, durch Mitarbeit an der sozialistischen Presse, durch internationale Kampagnen anllich dieses oder jenes Ereignisses, durch Agitationsreisen in andere Lnder und schlielich, falls notwendig, durch Organisierung materieller Untersttzung. Groe Bedeutung ma Engels der sozialistischen Presse bei. Unmittelbaren Einflu bte Engels auf die Redaktion des Sozialdemokrat", des Zentralorgans der deutschen Sozialdemokratie, aus und arbeitete auerdem an folgenden Zeitungen und Zeitschriften mit: Le Socialiste", The Commonweal", The Labour Elector" und Die Neue Zeit". Viele der in diesem Band verffentlichten Artikel von Engels erschienen in sozialistischen Organen verschiedener Lnder. Unter der unmittelbaren Beteiligung von Engels, in den meisten Fllen unter seiner Redaktion, wurde auer dem Kapital" eine Reihe weiterer bedeutender Werke des wissenschaftlichen Kommunis-

mus in verschiedene Sprachen bersetzt und herausgegeben; so wurden z.B. die franzsische bersetzung von Marx' Arbeit Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte" und die italienische, polnische und dnische Ausgabe des Ursprungs der Familie, des Privateigentums und des Staats" vorbereitet. Von auerordentlicher Bedeutung war die unter seiner Mitwirkung vorbereitete neue deutsche (1883) und die von ihm redigierte englische (1888) Ausgabe des Manifests der Kommunistischen Partei". In der Vorrede zur englischen Ausgabe dieses programmatischen Dokuments des Marxismus stellte Engels mit Befriedigung fest, da das Manifest gegenwrtig ... zweifellos das weitest verbreitete, internationalste Werk der ganzen sozialistischen Literatur, ein gemeinsames Programm" ist, das von Millionen Arbeitern von Sibirien bis nach Kalifornien anerkannt wird" (siehe vorl. Band, S.354). Solange in einer Reihe der wichtigsten Lnder Europas noch keine sozialistischen Parteien bestanden, hielt Engels die Grndung einer neuen Internationale fr verfrht. Als jedoch Ende der achtziger Jahre - berall waren marxistische Parteien entstanden und festigten sich - gnstige Bedingungen fr die Grndung einer neuen internationalen sozialistischen Organisation vorhanden waren, strzte sich Engels mit groem Eifer in die Vorbereitung des Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongresses von 1889, der die Grundlage fr die II. Internationale schuf. Dank seiner Untersttzung scheiterten die Versuche der opportunistischen Elemente in Gestalt der franzsischen Possibilisten und der Fhrer der englischen Sozialdemokratischen Fderation, die Fhrung der internationalen Arbeiterbewegung an sich zu reien. Diese Seite der Ttigkeit von Engels widerspiegelt sich in dem Artikel Die Mandate der Possibilisten" sowie in dem Brief an die Redaktion des ,Labour Elector'", den Engels mit dem Namen des franzsischen Sozialisten Bonnier unterzeichnete, in den beiden von ihm redigierten Pamphleten Der Internationale Arbeiterkongre von 1889" und in den unter seiner Mitwirkung verfaten Dokumenten ber die Einberufung des Kongresses, die als Beilagen gebracht werden. Im vorliegenden Band sind auch einige Arbeiten enthalten, die Engels dem Kampf gegen die drohende Kriegsgefahr, gegen Militarismus und Aufrstung widmet. Diesen Kampf hielt Engels fr eine der Hauptaufgaben der sozialistischen Parteien und der ganzen internationalen Arbeiterbewegung. Im Artikel Die politische Lage Europas", in dem die internationale Lage in der zweiten Hlfte des Jahres 1886 analysiert wird, als infolge der sogenannten Balkankrise und des Anwachsens des Chauvinismus in Deutschland und in Frankreich sich die Kriegsgefahr besonders zuspitzte, betont

Engels, da die herrschenden Klassen der europischen Staaten, die zum Kriege rsten, in ihm auch ein Mittel zur Unterdrckung der revolutionren Bewegung sehen. .. .Sie sehen vor sich das Gespenst der sozialen Revolution und kennen nur ein Mittel zur Rettung: den Krieg" (siehe vorl. Band, S.317). Engels ruft den sozialistischen Parteien ins Gedchtnis, da es ihre unmittelbare Pflicht ist, gegen den Ausbruch eines Krieges zu kmpfen. Die Sozialisten...", schreibt er, sind gleichermaen an der Erhaltung des Friedens interessiert, weil sie es wren, die smtliche Kriegskosten zu bezahlen htten." (Siehe vorl. Band, S.318.) Ein hervorragender Beitrag zur Entlarvung der militaristischen und aggressiven Politik ist die Einleitung von Engels zu Sigismund Borkheims Broschre Zur Erinnerung fr die deutschen Mordspatrioten. 1806 bis 1807". Diese Arbeit enthlt eine glnzende, auf einer sorgfltigen Analyse der tiefen Widersprche zwischen den europischen Gromchten beruhende Darstellung der Ausmae und Folgen eines knftigen Krieges, der von den herrschenden Klassen vorbereitet wurde; Engels schreibt in kluger Voraussicht, da das ein Weltkrieg von einer bisher nie geahnten Ausdehnung und Heftigkeit" sein wrde. Acht bis zehn Millionen Soldaten werden sich untereinander abwrgen und dabei ganz Europa so kahl fressen, wie noch nie ein Heuschreckenschwarm. Die Verwstungen des Dreiigjhrigen Kriegs zusammengedrngt in drei bis vier Jahre und ber den ganzen Kontinent verbreitet; Hungersnot, Seuchen, allgemeine, durch akute Not hervorgerufene Verwilderung der Heere wie der Volksmassen; rettungslose Verwirrung unsres knstlichen Getriebs in Handel, Industrie und Kredit, endend im allgemeinen Bankerott; Zusammenbruch der alten Staaten und ihrer traditionellen Staatsweisheit, derart, da die Kronen zu Dutzenden ber das Straenpflaster rollen und niemand sich findet, der sie aufhebt; absolute Unmglichkeit, vorherzusehn, wie das alles enden und wer als Sieger aus dem Kampf hervorgehen wird; nur ein Resultat absolut sicher: die allgemeine Erschpfung und die Herstellung der Bedingungen des schlielichen Siegs der Arbeiterklasse." (Siehe vorl. Band, S.350/351.) Diese Voraussicht Engels' charakterisierte Lenin als geniale Voraussage". Einiges von dem, was Engels voraussagte", schrieb Lenin-im Jahre 1918 in dem Aufsatz Prophetische Worte", ist anders gekommen: wie sollten sich auch die Welt und der Kapitalismus in den dreiig Jahren wahnsinnig schneller imperialistischer Entwicklung nicht gendert haben! Am erstaunlichsten aber ist, da so vieles von dem, was Engels vorausgesagt hat, eintrifft, ,wie es geschrieben steht*. Denn Engels hat eine einwandfrei genaue Klassenanalyse gegeben, und die Klassen sowie ihre Wechselbezie-

hungen sind die frheren geblieben." (W.I.Lenin, Werke, Berlin 1961, Band 27, S.495.) Besonders hoch schtzte Lenin in den Ausfhrungen ber den knftigen Krieg Engels' optimistischen, unerschtterlichen Glauben an den Endsieg der Arbeiterklasse und den Triumph des Sozialismus. Als er seinen zornigen, anklagenden Protest gegen die verbrecherische, menschenfeindliche Politik der Vorbereitung und Auslsung eines Weltkriegs erhob, sagte Engels voraus, da dieser Krieg zum Zusammenbruch der kapitalistischen Gesellschaftsordnung fhren wird... Die Arbeitet, die zu Lebzeiten von Friedrich Engels nicht verffentlicht worden sind und im Manuskript erhalten blieben, werden in dem Abschnitt Aus dem handschriftlichen Nachla" verffentlicht. In den Beilagen werden die Arbeiten und Dokumente verffentlicht, an deren Abfassung Engels mitwirkte und die das Bild ber seine theoretische und praktische Ttigkeit in der vorliegenden Periode abrunden... Institut fr Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU

Von den insgesamt 54 im vorliegenden Band verffentlichten Arbeiten von Engels werden eine Reihe Artikel zum erstenmal in deutscher Sprache verffentlicht. Einige in deutscher Sprache verfaten Artikel werden erstmalig wieder in der Originalsprache zugnglich gemacht. Das Vorwort zum Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" (vierte Auflage 1891) wurde zustzlich zur russischen Ausgabe in die Beilagen aufgenommen. Der Text des vorliegenden Bandes wurde an Hand der Originale oder Photokopien berprft, soweit die Quellen zur Verfgung standen. Bei jeder Arbeit ist die fr den Abdruck bzw. fr die bersetzung herangezogene Quelle vermerkt. Die von Engels angefhrten Zitate wurden ebenfalls berprft, soweit die Quellen zur Verfgung standen. Lngere Zitate werden zur leichteren bersicht in kleinerem Druck gebracht. Im Text vorkommende fremdsprachige Zitate und fremdsprachige Wrter sind in Funoten bersetzt. In den deutschsprachigen Texten sind die Rechtschreibung und Zeichensetzung, soweit vertretbar, modernisiert; der Lautstand der Wrter wurde nicht verndert. Alle in eckigen Klammern stehenden Titel, Wrter und

Wortteile stammen von der Redaktion; offensichtliche Druck- oder Schreibfehler wurden stillschweigend korrigiert. Funoten von Engels sind durch Sternchen gekennzeichnet, Funoten der Redaktion durch eine durchgehende Linie vom Text abgetrennt und durch Ziffern kenntlich gemacht. Zur Erluterung ist der Band mit Anmerkungen versehen, auf die im Text durch hochgestellte Zahlen in eckigen Klammern hingewiesen wird; auerdem sind ein Literaturverzeichnis, Daten ber das Leben und die Ttigkeit von Engels, ein Personenverzeichnis, ein Verzeichnis der literarischen und mythologischen Namen, eine Liste der geographischen Namen, ein Verzeichnis der Vlker- und Stammesnamen sowie eine Erklrung der Fremdwrter beigefgt. Institut fr Marxismus-Leninismus beim ZK der SED

FRIEDRICH

ENGELS

Mai 1883-Dezember 1889

1

Marx/Engels. Werke, Bd. 21

[Vorwort zum Manifest der Kommunistischen Partei" (deutsche Ausgabe von 1883)m]Das Vorwort zur gegenwrtigen Ausgabe mu ich leider allein unterschreiben. Marx, der Mann, dem die gesamte Arbeiterklasse Europas und Amerikas mehr verdankt als irgendeinem andern - Marx ruht auf dem Friedhof zu Highgate, und ber sein Grab wchst bereits das erste Gras. Seit seinem Tode kann von einer Umarbeitung oder Ergnzung des Manifestes" erst recht keine Rede mehr sein. Fr um so ntiger halte ich es, hier nochmals das Folgende ausdrcklich festzustellen. Der durchgehende Grundgedanke des Manifestes": da die konomische Produktion und die aus ihr mit Notwendigkeit folgende gesellschaftliche Gliederung einer jeden Geschichtsepoche die Grundlage bildet fr die politische und intellektuelle Geschichte dieser Epoche; da demgem (seit Auflsung des uralten Gemeinbesitzes an Grund und Boden) die ganze Geschichte eine Geschichte von Klassenkmpfen gewesen ist, Kmpfen zwischen ausgebeuteten und ausbeutenden, beherrschten und herrschenden Klassen auf verschiedenen Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung; da dieser Kampf aber jetzt eine Stufe erreicht hat, wo die ausgebeutete und unterdrckte Klasse (das Proletariat) sich nicht mehr von der sie ausbeutenden und unterdrckenden Klasse (der Bourgeoisie) befreien kann, ohne zugleich die ganze Gesellschaft fr immer von Ausbeutung, Unterdrckung und Klassenkmpfen zu befreien - dieser Grundgedanke gehrt einzig und ausschlielich Marx an.* * Diesem Gedanken", sage ich in der Vorrede zur englischen bersetzung1, der nach meiner Ansicht berufen ist, fr die Geschichtswissenschaft denselben Fortschritt zu begrnden, den Darwins Theorie fr die Naturwissenschaft begrndet hat - diesem Gedanken hatten wir beide uns schon mehrere Jahre vor 1845 allmhlich genhert. Wieweit ich selbstndig mich in dieser Richtung voranbewegt, zeigt meine .Lage der1

Siehe vorl. Band, S. 357-358

Ich habe das schon oft ausgesprochen; es ist aber gerade jetzt ntig, da es auch vor dem Manifest" selbst steht. London, 28. Juni 1883 F. Engels Nach: Das Kommunistische Manifest", dritte autorisierte deutsche Ausgabe, Hottingen-Zrich 1883.

arbeitenden Klasse in England'1. Als ich aber im Frhjahr 1845Marx in Brssel wiedertraf, hatte er ihn fertig ausgearbeitet und legte ihn mir vor in fast ebenso klaren Worten wie die, worin ich ihn oben zusammengefat." [Anmerkung von Engels zur deutschen Ausgabe onl890.]

Her Sojiltomokratgj; ^ e n t r a f - ^ r g a n cr euffdjen ^ojiafemofirdie. pntnnthig, 7. 3"'1888.

[Georg Weerth, der erste und bedeutendste Dichter des deutschen Proletariats][Der Sozialdemokrat" Nr.24 vom 7. Juni 18831 Handwerksburschenlied Von Georg Weerth (1846)121

Wohl um die Kirschenblte Da haben wir logiert, Wohl um die Kirschenblte In Frankfurt einst logiert. Es sprach der Herbergsvater: Habt schlechte Rcke an!" Du lausiger Herbergsvater, Das geht Dich gar nichts an! Gib uns von Deinem Weine, Gib uns von Deinem Bier; Gib uns zu Bier und Weine Auch ein gebraten Tier." Da krht der Hahn im Spunde Das ist ein guter Flu. Es schmeckt in unsrem Munde Als wie Urinius. Da bracht' er einen Hasen In Petersilienkraut, Vor diesem toten Hasen Hat es uns sehr gegraut.

Und als wir waren im Bette Mit unsrem Nachtgebet, Da stachen uns im Bette Die Wanzen frh und spt. Das ist geschehn zu Frankfurt, Wohl in der schnen Stadt, Das wei, der dort gelebet Und dort gelitten hat. Dieses Gedicht unseres Freundes Weerth habe ich unter dem Nachla von Marx wieder aufgefunden. Weerth, der erste und bedeutendste Dichter des deutschen Proletariats, war von rheinischen Eltern in Detmold geboren, wo sein Vater geistlicher Superintendent war. Als ich mich 1843 in Manchester aufhielt, kam Weerth als Kommis seiner deutschen Firma nach Bradford, und wir verbrachten viele heitere Sonntage zusammen. 1845, als Marx und ich in Brssel wohnten, bernahm Weerth die kontinentale Agentur seines Handlungshauses und richtete es so ein, da er sein Hauptquartier ebenfalls in Brssel nehmen konnte. Nach der 1848er Mrzrevolution fanden wir uns alle in Kln zur Grndung der Neuen Rheinischen Zeitung" zusammen. Weerth bernahm das Feuilleton, und ich bezweifle, ob je eine andere Zeitung ein so lustiges und schneidiges Feuilleton hatte. Eine seiner Hauptarbeiten war: Leben und Thaten des berhmten Ritters Schnapphahnski", die Abenteuer des von Heine im Atta Troll" so benamsten Frsten Lichnowski schildernd. Die Tatsachen sind alle wahr; wie wir sie erfuhren, darber vielleicht ein andermal. Diese Schnapphahnski-Feuilletons sind 1849 bei Hoffmann u. Campe gesammelt als Buch erschienen131 und noch heute uerst erheiternd. Da aber SchnapphahnskiLichnowski am 18. September 1848 mit dem preuischen General von Auerswald (ebenfalls Parlamentsmitglied) die den Frankfurter Barrikadenkmpfern zuziehenden Bauernkolonnen spionieren ritt, bei welcher Gelegenheit er und Auerswald von den Bauern verdientermaen als Spione totgeschlagen wurden, richtete die deutsche Reichsverweserschaft eine Anklage gegen Weerth wegen Beleidigung des toten Lichnowski, und Weerth, der lngst in England war, bekam drei Monate Gefngnis, lange nachdem die Reaktion der N.Rh.Ztg." ein Ende gemacht hatte. Diese drei Monate hat er denn auch richtig abgesessen, weil seine Geschfte ihn ntigten, Deutschland von Zeit zu Zeit zu besuchen. 1850/51 reiste er im Interesse einer anderen Bradforder Firma nach Spanien, dann nach Westindien und ber fast ganz Sdamerika. Nach einem

kurzen Besuch in Europa kehrte er nach seinem geliebten Westindien zurck. Dort wollte er sich das Vergngen nicht versagen, das wirkliche Original des Louis-Napoleon III., den Negerknig Soulouque auf Haiti141, einmal anzusehen. Aber er bekam, wie W. Wolff, 28. August 1856, an Marx schreibt, Schwierigkeiten mit den Quarantne-Behrden, mute sein Projekt aufgeben und sammelte auf der Tour die Keime zu dem (gelben) Fieber, das er mit nach Havanna brachte. Er legte sich nieder, eine Gehirnentzndung trat hinzu und - am 30.Juli starb unser Weerth in Havanna." Ich nannte ihn den ersten und bedeutendsten Dichter des deutschen Proletariats. In der Tat sind seine sozialistischen und politischen Gedichte denen Freiligraths an Originalitt, Witz und namentlich an sinnlichem Feuer weit berlegen. Er wandte oft Heinesche Formen an, aber nur, um sie mit einem ganz originellen, selbstndigen Inhalt zu erfllen. Dabei unterschied er sich von den meisten Poeten dadurch, da ihm seine Gedichte,' einmal hingeschrieben, total gleichgltig waren. Hatte er eine Abschrift davon an Marx oder mich geschickt, lie er die Verse liegen und war oft nur schwer dazu zu bringen, sie irgendwo drucken zu lassen. Nur whrend der Neuen Rheinischen Zeitung" war das anders. Warum, zeigt folgender Auszug eines Briefes von Weerth an Marx, Hamburg, 28. April 1851: brigens hoffe ich Dich Anfang Juli in London wiederzusehen, denn ich kann diese grashoppers (Heuschrecken) in Hamburg nicht lnger ertragen. Es droht mir hier eine glnzende Existenz, aber ich erschrecke davor. Jeder andere wrde mit beiden Hnden zugreifen. Aber ich bin zu alt, um ein Philister zu werden, und jenseit der See liegt ja der ferne Westen... Ich habe in der letzten Zeit allerlei geschrieben, aber nichts beendigt, denn ich sehe gar keinen Zweck, kein Ziel bei der Schriftstellerei. Wenn Du etwas ber Nationalkonomie schreibst, so hat das Sinn und Verstand. Aber ich? Drftige Witze, schlechte Spe reien, um den vaterlndischen Fratzen ein bldes Lcheln abzulocken - wahrhaftig, ich kenne nichts Erbrmlicheres! Meine schriftstellerische Ttigkeit ging entschieden mit der .Neuen Rheinischen Zeitung' zugrunde. Ich mu gestehen: so leid es mir tut, die letzten drei Jahre fr nichts und wieder nichts verloren zu haben, so sehr freut es mich, wenn ich an unsere Klner Residenz denke. Wir haben uns nicht kompromittiert. Das ist die Hauptsache! Seit Friedrich dem Groen hat niemand das deutsche Volk so sehr en canaille behandelt wie die .Neue Rheinische Zeitung'. Ich will nicht sagen, da dies mein Verdienst war; aber ich bin dabei gewesen ... 0 Portugal! 0 Spanien!" (W. kam gerade dorther.) Htten wir nur deinen schnen Himmel, deinen Wein, deine Orangen und Myrthen! Aber auch das nicht! Nichts als Regen und lange Nasen und Rauchfleisch! Bei Regen mit langer Nase Dein G.Weerth."

Worin Weerth Meister war, worin er Heine bertraf (weil er gesunder und unverflschter war) und in deutscher Sprache nur von Goethe bertroffen wird, das ist der Ausdruck natrlicher, robuster Sinnlichkeit und Fleischeslust. Manche der Leser des Sozialdemokrat" wrden sich entsetzen, wollte ich die einzelnen Feuilletons der Neuen Rhein. Zeitung" hier abdrucken lassen. Es fllt mir jedoch nicht ein, dies zu tun. Indes kann ich doch die Bemerkung nicht unterdrcken, da auch fr die deutschen Sozialisten einmal der Augenblick kommen mu, wo sie dies letzte deutsche Philistervorurteil, die verlogene spiebrgerliche Moralprderie offen abwerfen, die ohnehin nur als Deckmantel fr verstohlene Zotenreierei dient. Wenn man z.B. Freiligraths Gedichte liest, so sollte man wirklich meinen, die Menschen htten gar keine Geschlechtsteile. Und doch hatte niemand mehr Freude an einem stillen Ztlein, als gerade der in der Poesie so ultrazchtige Freiligrath. Es wird nachgerade Zeit, da wenigstens die deutschen Arbeiter sich gewhnen, von Dingen, die sie tglich oder nchtlich selbst treiben, von natrlichen, unentbehrlichen und uerst vergnglichen Dingen ebenso unbefangen zu sprechen wie die romanischen Vlker, wie Homer und Plato, wie Horaz und Juvenal, wie das Alte Testament und die Neue Rheinische Zeitung". brigens hat Weerth auch minder anstige Sachen geschrieben, und von diesen werde ich mir die Freiheit nehmen, von Zeit zu Zeit einiges dem Feuilleton des Sozialdemokrat" zuzuschicken. F. Engels Geschrieben Ende Mai 1883.

Das Buch der Offenbarung151Die historische und sprachliche Kritik der Bibel, die Untersuchung des Alters, des Ursprungs und des historischen Werts der verschiedenen Schriften, aus denen sich das Alte und das Neue Testament zusammensetzt, ist eine Wissenschaft, welche in diesem Lande fast niemandem, auer einigen freisinnigen Theologen, bekannt ist, die sich bemhen, sie so geheim wie mglich zu halten. Diese Wissenschaft ist fast ausschlielich deutsch. berdies hat sich das wenige, das ber die Grenzen Deutschlands gedrungen ist, nicht gerade als ihr bester Teil erwiesen; es ist jene freisinnige Kritik, die sich brstet, unvoreingenommen, grndlich und gleichzeitig christlich zu sein. Die Bcher sind nicht gerade Offenbarungen des heiligen Geistes, sondern sind Offenbarungen des Gttlichen durch den heiligen Geist der Menschlichkeit etc. So sind die Vertreter der Tbinger Schule (Baur, Gfrrer etc.) [61 in Holland und der Schweiz ebensosehr beliebt wie in England; will man jedoch ein wenig darber hinausgehen, so folgt man Strau. Derselbe nachsichtige, aber vollkommen unhistorische Geist beherrscht den berhmten Ernest Renan, der nur ein armseliger Plagiator der deutschen Kritiker ist. Von all seinen Werken gehrt ihm nichts als die sthetische Sentimentalitt des durchdringenden Gedankens und die seichte Sprache, in die das Ganze gekleidet ist. Etwas Gutes hat Ernest Renan allerdings gesagt: Wenn Sie einen genauen Begriff davon haben wollen, was die ersten christlichen Gemeinden waren, dann vergleichen Sie sie nicht mit den Kirchengemeinden unserer Tage; sie glichen eher lokalen Sektionen der Internationalen Arbeiterassoziation." Und das stimmt. Das Christentum ergriff die Massen genauso, wie es der moderne Sozialismus tut, in Gestalt mannigfaltiger Sekten und noch mehr durch widersprechende individuelle Meinungen - manche klarer, manche

verwirrter, wobei die letzteren die groe Mehrheit bildeten - , aber alle sind dem herrschenden System, den bestehenden Mchten", feindlich gesinnt. Nehmen wir z.B. unser Buch der Offenbarung, von dem wir sehen werden, da es, statt das dunkelste und geheimnisvollste zu sein, das einfachste und klarste Buch des ganzen Neuen Testaments ist. Im Augenblick mssen wir den Leser bitten, zu glauben, was wir nach und nach beweisen werden: da es im Jahre 68 oder im Januar 69 u.Z. geschrieben wurde und da es deshalb nicht nur das einzige Buch des Neuen Testaments ist, von dem das Datum wirklich feststeht, sondern auch das lteste Buch. Wie das Christentum im Jahre 68 aussah, knnen wir hier wie im Spiegel sehen. Als erstes, Sekten und immer wieder Sekten. In den Sendschreiben an die sieben Kirchen Asiens171 werden mindestens drei Sekten erwhnt, von denen wir sonst nichts weiter wissen: die Nikolaiten, die Bileamiten und die Anhnger einer Frau, hier durch den Namen Jesabel versinnbildlicht. Von allen drei wird behauptet, da sie es ihren Anhngern gestatteten, von den den Gttern geopferten Dingen zu essen, und da sie der Unzucht zugetan waren. Es ist eine merkwrdige Tatsache, da mit jeder groen revolutionren Bewegung die Frage der freien Liebe" in den Vordergrund tritt: bei einem Teil der Menschen als ein revolutionrer Fortschritt, als ein Abwerfen nicht mehr notwendiger, alter traditioneller Fesseln, bei anderen als eine willkommene Lehre, die bequemerweise alle Arten zgelloser Handlungen zwischen Mann und Frau deckt. Die letzteren, nmlich die Philister, scheinen hier bald die Oberhand bekommen zu haben; denn die Hurerei" wird immer in Zusammenhang gebracht mit dem Essen von Gtzenopfern was Juden und Christen streng verboten war, aber was abzulehnen manchmal gefhrlich oder zumindest unangenehm sein konnte. Dies zeigt offensichtlich, da die hier erwhnten Anhnger der freien Liebe im allgemeinen bestrebt waren, jedermanns Freund zu sein, und da sie edles andere als das Zeug zu Mrtyrern hatten. Das Christentum wurde, wie jede andere groe revolutionre Bewegung, von den Massen geschaffen. Es entstand in einer uns vollkommen unbekannten Art und Weise in Palstina zu einer Zeit, als neue Sekten, neue Religionen, neue Propheten zu Hunderten auftauchten. Tatschlich handelt es sich nur um eine Durchschnittserscheinung, die sich spontan aus den gegenseitigen Reibereien der fortschrittlicheren dieser Sekten bildete und die nachher durch das Hinzukommen von Theoremen des alexandrinischen Juden Philo und spter durch starke stoische*8' Infiltrationen zu einer Lehre wurde. Wenn wir in der Tat Philo den geistigen Vater des Christentums

nennen knnen, so war Seneca der Onkel. Ganze Abstze des Neuen Testaments scheinen fast wrtlich aus seinen Werken abgeschrieben zu sein; andererseits kann man Abstze in den Satiren von Persius finden, die aus dem damals ungeschriebenen Neuen Testament entnommen zu sein scheinen. Von all diesen, die Lehre betreffenden Elementen ist in unserem Buch der Offenbarung nichts zu finden. Hier haben wir das Christentum in der primitivsten Form, in der es fr uns erhalten geblieben ist. Es gibt dort nur einen vorherrschenden, dogmatischen Punkt: da die Glubigen durch das Opfer Christi gerettet worden sind. Aber wie und warum kann absolut nicht erklrt werden. Da ist nichts als die alte jdische und heidnische Vorstellung, da Gott oder die Gtter durch Opfer vershnt werden mssen, in die spezifisch christliche Vorstellung umgewandelt (die das Christentum tatschlich zur allgemeinen Religion machte), da der Tod Christi das ein fr allemal ausreichende groe Opfer ist. Von der ursprnglichen Snde keine Spur. Nichts von der Dreieinigkeit. Jesus ist das Lamm", aber Gott untergeordnet. In der Tat wird er in einem Absatz (15,3) mit Moses auf eine Stufe gestellt. Statt des einen heiligen Geistes gibt es die sieben Geister Gottes" (3,1 und 4,5). Die ermordeten Heiligen (die Mrtyrer) rufen Gott zur Rache auf: Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rchest unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?" (6, 10) eine Gefhlsregung, die spter sorgfltig aus dem theoretischen Moralkodex des Christentums gestrichen, die aber in der Praxis um so heftiger gebt wurde, sobald die Christen die Oberhand ber die Heiden bekamen. Natrlicherweise stellt das Christentum nur eine Sekte des Judaismus dar. So in den Sendschreiben an die sieben Gemeinden: Ich wei die Lsterung von denen, die da sagen, sie seien Juden" (nicht Christen) und sind's nicht, sondern sind des Satans Schule" (2,9); und noch einmal (3,9): Siehe, ich werde geben aus des Satanas Schule, die da sagen, sie seien Juden, und sind's nicht." Unser Autor hatte also im Jahre 69 u.Z. nicht im entferntesten eine Vorstellung davon, da er eine neue Phase der religisen Entwicklung vertrat, die dazu bestimmt war, eines der wesentlichsten Elemente der Revolution zu werden. Daher sind es auch, als die Heiligen vor dem Throne Gottes erscheinen, zuerst 144 000 Juden, 12 000 von jedem der zwlf Stmme, und erst nach ihnen werden die Heiden zugelassen, die dieser neuen Phase des Judentums beigetreten waren.

So sah das Christentum im Jahre 68 aus, wie es im ltesten und einzigen Buch des Neuen Testaments geschildert wird, dessen Echtheit nicht bezweifelt werden kann. Wer der Autor war, wissen wir nicht. Er nennt sich Johannes. Er gibt nicht einmal vor, der Apostel" Johannes zu sein, denn die Grundsteine des neuen Jerusalem" bergen die Namen der zwlf Apostel des Lammes" (21, 14). Diese mssen daher schon tot gewesen sein, als er das Buch schrieb. Da er ein Jude war, ist klar ersichtlich aus den reichlich vorhandenen Hebraismen in seinem Griechisch, welches an schlechter Grammatik selbst die anderen Bcher des Neuen Testaments bei weitem bertrifft. Da das sogenannte Evangelium des Johannes, die Briefe des Johannes und dieses Buch mindestens drei verschiedene Autoren haben, wird eindeutig durch ihre Sprache, wenn nicht schon durch die in ihnen enthaltenen, einander vllig widersprechenden Doktrinen bewiesen. Die apokalyptischen Visionen, die fast die ganze Offenbarung ausmachen, sinjl in den meisten Fllen wrtlich den klassischen Propheten des Alten Testaments und ihren spteren Imitatoren entnommen, angefangen mit dem Buch des Daniel (ungefhr 160 v.u.Z., das Dinge prophezeite, die Jahrhunderte vorher geschehen waren) und endend mit dem Buch des Henoch", einem apokryphischen Elaborat in griechischer Sprache, nicht lange vor Anfang unserer Zeitrechnung geschrieben. Die ursprngliche Erdichtung, selbst die Gruppierung der plagiierten Visionen, ist uerst armselig. Professor Ferdinand Benary, dessen Vorlesungsreihe an der Berliner Universitt im Jahre 1841 ich das Folgende verdanke, hat unter Angabe von Kapitel und Vers nachgewiesen, woher unser Autor jede einzelne seiner angeblichen Visionen genommen hat. Es ist deshalb nutzlos, unserem Johannes" in all seinen nrrischen Einfllen zu folgen. Wir sollten vielmehr sofort zu dem Punkt kommen, der das Geheimnis dieses auf jeden Fall merkwrdigen Buchs aufdeckt. Im vollkommenen Gegensatz zu all seinen orthodoxen Kommentatoren, die alle erwarten, da seine Prophezeiungen noch eintreffen, nach mehr als 1800 Jahren, hrt Johannes" niemals auf zu sagen: Die Zeit ist nahe, dies alles wird in Krze geschehen." Und das trifft besonders auf die Krise zu, die er voraussagt und die er offenbar zu sehen erwartet. Diese Krise ist der groe entscheidende Kampf zwischen Gott und dem Antichrist", wie andere ihn genannt haben. Die entscheidenden Kapitel sind die Kapitel 13 und 17. Lassen wir alle berflssigen Ausschmckungen fort: Johannes" sieht ein Tier aus dem Meer steigen, das

sieben Hupter und zehn Hrner hat (die Hrner interessieren uns berhaupt nicht). Und ich sah seiner Hupter eines, als wre es tdlich wund; und seine tdliche Wunde ward heil." Dieses Tier sollte fr 42 Monate (eine Hlfte der heiligen sieben Jahre) Macht ber die Erde gegen Gott und das Lamm haben, und alle Menschen sollten whrend dieser Zeit gezwungen sein, das Malzeichen dieses Tieres oder die Zahl seines Namens an der rechten Hand oder an der Stirn zu tragen. Hier ist Weisheit. Wer Verstand hat, der berlege die Zahl des Tiers; denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist 666." Im zweiten Jahrhundert wute Irenus immer noch, da mit dem verwundeten und geheiligten Haupt der Kaiser Nero gemeint war. Nero war der erste groe Verfolger der Christen. Bei seinem Tode verbreitete sich besonders in Achaja und Asien das Gercht, da er nicht tot, sondern nur verwundet sei, und da er eines Tages wieder erscheinen und ber die ganze Welt Schrecken verbreiten wrde (Tacitus, Hist. II, 8). Gleichzeitig kannte Irenus eine andere sehr alte Lesart, wonach der Name die Zahl 616 an Stelle von 666 ergab.'91 Im Kapitel 17 erscheint das Tier mit den sieben Huptern wieder, diesmal von der wohlbekannten scharlachroten Dame beritten, deren gefllige Beschreibung der Leser im Buch selbst nachsehen kann. Ein Engel erklrt dort dem Johannes: Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen und ist nicht ... Die sieben Hupter sind sieben Berge, auf welchen das Weib sitzt, und sieben Knige. Fnf sind gefallen, und einer ist, und der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, mu er eine kleine Zeit bleiben. Und das Tier, das gewesen ist und nicht ist, das ist der achte und ist von den sieben ... Und das Weib, das du gesehen hast, ist die groe Stadt, die das Reich hat ber die Knige auf Erden." Hier haben wir also zwei klare Angaben: 1. Die scharlachrote Dame ist Rom, die groe Stadt, die ber die Knige der Welt regieret; 2. zur Zeit, da das Buch geschrieben wird, regiert der sechste rmische Kaiser; nach ihm wird ein andrer kommen, der kurze Zeit regiert, und dann kommt die Rckkehr des einen, der von den sieben ist", der verwundet, aber geheilt war und dessen Name in der geheimnisvollen Zahl enthalten ist, und von dem Irenus noch wute, da es Nero war. Beginnen wir bei Augustus, so haben wir Augustus, Tiberius, Caligula, Claudius und Nero als Fnften. Der Sechste, der ist, ist Galba, dessen

Thronbesteigung das Signal fr einen Aufstand der Legionen war, besonders in Gallien, gefhrt durch Otho, Galbas Nachfolger 1101 . Demzufolge mu unser Buch unter Galba geschrieben worden sein, der vom 9. Juni 68 bis zum 15. Januar 69 regierte. Es sagt die Rckkehr Neros als bevorstehend voraus. Aber nun zum entscheidenden Beweis - die Zahl. Auch diese ist von Ferdinand Benary entdeckt und seitdem niemals in der wissenschaftlichen Welt abgestritten worden. Ungefhr dreihundert Jahre vor unserer Zeitrechnung begannen die Juden, ihre Buchstaben als Symbole fr Zahlen zu benutzen. Die spekulativen Rabbis sahen hierin eine Methode zur mystischen Deutung oder Kabbala. Geheime Worte wurden durch die Zahl ausgedrckt, die durch die Addition der in ihnen enthaltenen numerischen Werte der Buchstaben zustande kam. Diese neue Wissenschaft nannten sie gematriah, Geometrie. Eben diese Wissenschaft wird von unserem Johannes" hier angewandt. Wir haben zu beweisen 1., da die Zahl den Namen eines Mannes beinhaltet und da dieser Mann Nero ist und 2., da die Lsung sowohl fr die Lesart 666 als auch fr die ebenso alte Lesart 616 gilt. Wir nehmen die hebrischen Buchstaben und ihre Werte: = 50 3 (nun) n = 200 1 (resch) r 1 (waw) fr o = 6 = 50 3 (nun) n k [ q ] = 100 p (koph) = 60 D (samech) s r = 200 " (resch) 1 Neron Kesar, der Kaiser Neron, griechisch Neron Kaisar. Wenn wir nun aber, statt die griechische Schreibweise zu verwenden, das lateinische Nero Caesar in hebrische Buchstaben bertragen, verschwindet das Nun am Ende von Neron und damit der Wert von 50. Das bringt uns zur anderen alten Lesart, nmlich 616, und damit ist der Beweis so vollkommen, wie man es nur wnschen kann.* Also liegt nun der Inhalt des geheimnisvollen Buchs in voller Klarheit vor uns. Johannes" sagt die Rckkehr Neros ungefhr fr das Jahr 70 und seine Schreckensherrschaft voraus, die 42 Monate oder 1260 Tage dauern soll. Nach dieser Zeitspanne ers