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KARL MARX FRIEDRICH ENGELS WERKE•BAND 7

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1849-1851

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KARL MARX FRIEDRICH ENGELS WERKEBAND 7

I N S T I T U T FR M A R X I S M U S - L E N I N I S M U S B E I M Z K DER SED

KARL MARX FRIEDRICH ENGELSWERKE

0DIETZ VERLAG BERLIN 1960

BAND 7

Die deutsche A u s g a b e f u t auf d e r v o m I n s t i t u t f r M a r x i s m u s - L e n i n i s m u s beim ZK der K P d S U b e s o r g t e n A u s g a b e in russischer S p r a c h e

VorwortDer siebente Band der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels enthlt die von August 1849 bis Juni 1851 geschriebenen Arbeiten. In dieser Periode richteten Marx und Engels ihre Aufmerksamkeit besonders auf die theoretische Auswertung der revolutionren Kmpfe der Jahre 1848 und 1849 in Frankreich und Deutschland, auf die weitere Ausarbeitung der Taktik des Proletariats und auf den Kampf fr eine selbstndige, von den kleinbrgerlichen Demokraten unabhngige Partei der Arbeiterklasse. Nachdem Karl Marx Ende August 1849 in London eingetroffen war, wo sich die meisten Mitglieder der frheren Zentralbehrde des Bundes der Kommunisten versammelt hatten, begann er mit ihnen gemeinsam den Bund und seine Zentralbehrde zu reorganisieren. In die Zentralbehrde wurde auch Engels aufgenommen, der im November 1849 in London eintraf. Marx und Engels leisteten eine groe Arbeit zur Festigung der proletarischen Partei. Sie trachteten danach, den Deutschen Bildungsverein fr Arbeiter in London zu beleben, dessen fhrender Kern die rtlichen Gemeinden des Bundes der Kommunisten waren; sie wurden Mitglieder des von diesem Verein geschaffenen Sozial-demokratischen Untersttzungskomitees fr deutsche Flchtlinge (siehe die Dokumente des Komitees im Anhang des vorl. Bandes) und suchten auf diese Weise die revolutionren Emigranten um den Bund der Kommunisten zusammenzuschlieen. Marx und Engels traten in enge Verbindung mit den revolutionren Fhrern der proletarischen Bewegung anderer Lnder, so mit den franzsischen blanquistischen Emigranten und den englischen Chartisten, und grndeten im Herbst 1850 mit ihnen die Weltgesellschaft der revolutionren Kommunisten. Das wichtigste Mittel zur Festigung der proletarischen Partei sahen Marx und Engels in einem Presseorgan, das die berhmte Neue Rheinische Zeitung" fortsetzen sollte. Zu diesem Zweck schufen sie die Zeitschrift Neue

Rheinische Zeitung. Politisch-konomische Revue", deren erstes Heft unter der Redaktion von Karl Marx im Januar 1850 in Hamburg erschien. In der Ankndigung der Zeitschrift, die den vorliegenden Band erffnet, legten Marx undEngels als Aufgaben des neuen Organs dar ber die durchlebte Periode der Revolution aufzuklren, ber den Charakter der ringenden Parteien, ber die gesellschaftlichen Verhltnisse, welche das Dasein und den Kampf dieser Parteien bedingen". Die von Marx und Engels in der Neuen Rheinischen Zeitung. Politischkonomische Revue" verffentlichten Schriften, bilden eine der wichtigsten Etappen in der Entwicklung der marxistischen Theorie und insbesondere der Taktik. In der Arbeit Die Klassenkmpfe in Frankreich 1848 bis 1850", die in dieser Zeitschrift erschien, gab Marx eine unbertroffene Analyse der Ursachen, des Charakters und des konkreten Verlaufs der revolutionren Ereignisse in Frankreich. Engels betont in seiner 1895 geschriebenen Einleitung zu dieser Arbeit: Im .Kommunistischen Manifest' war die Theorie in groen Umrissen auf die ganze neuere Geschichte angewandt, in Marx' und meinen Artikeln der .Neuen Rheinischen Zeitung' war sie fortwhrend benutzt worden zur Deutung gleichzeitiger politischer Ereignisse. Hier dagegen handelte es sich darum, im Verlauf einer mehrjhrigen, fr ganz Europa sowohl kritischen wie typischen Entwicklung den inneren Kausalzusammenhang nachzuweisen, also, im Sinn des Verfassers, die politischen Begebenheiten zurckzufhren auf Wirkungen von in letzter Instanz konomischen Ursachen" (siehe vorl. Band, S. 51 1). Die wichtigsten Leitstze des historischen Materialismus, die Leitstze ber die Wechselbeziehungen zwischen Basis und berbau, ber die Rolle des Klassenkampfes, des Kampfes der Parteien und Ideen in der Entwicklung der Gesellschaft, ber die Rolle des Staates und seiner verschiedenen Formen sowie die Leitstze ber die groe Bedeutung der revolutionren Umgestaltungen in der Geschichte der Menschheit - sie alle hat Marx in dieser Arbeit konkretisiert und weiterentwickelt. Die praktischen Erfahrungen des revolutionren Kampfes der Massen bilden die Grundlage, auf der Marx in den Klassenkmpfen in Frankreich" seine Theorie von der Revolution und der Diktatur des Proletariats entwickelt. Er zeigt, da die Revolutionen die Lokomotiven der Geschichte" sind (siehe vorl. Band, S. 85), die den Gang ihrer Entwicklung beschleunigen und mchtige schpferische Krfte der Volksmassen freilegen, und da die entscheidende Kraft in den Revolutionen des 19. Jahrhunderts das Proletariat ist, Marx weist die Arbeiterklasse auf die Notwendigkeit hin, die Macht zu

erkmpfen; dabei gebraucht er zum erstenmal den klassischen Terminus Diktatur des Proletariats" und legt die politischen, konomischen und ideologischen Aufgaben dieser Diktatur dar. Er zeigt den grundlegenden Unterschied des revolutionren Sozialismus-Kommunismus zu den kleinbrgerlichen utopischen Theorien, die im Verlauf der Revolution Bankrott erlitten haben, und charakterisiert die wesentlichen Besonderheiten des SozialismusKommunismus folgendermaen: Dieser Sozialismus ist die Permanenzerklrung der Revolution, die Klassendiktatur des Proletariats als notwendiger Durchgangspunkt zur Abschaffung der Klassenunterschiede berhaupt, zur Abschaffung smtlicher Produktionsverhltnisse, worauf sie beruhen, zur Abschaffung smtlicher gesellschaftlichen Beziehungen, die diesen Produktionsverhltnissen entsprechen, zur Umwlzung smtlicher Ideen, die aus diesen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen" (siehe vorl. Band, S. 89/90). Diese klassische Definition ging als ein entscheidender Leitsatz des wissenschaftlichen Kommunismus in die Schatzkammer des menschlichen Denkens ein. In den Klassenkmpfen in Frankreich" wurde, wie Engels hervorhebt, als historische Aufgabe des Proletariats die konomische Umgestaltung der Gesellschaft zum erstenmal in einer streng wissenschaftlichen Formel ausgedrckt: . . . . Aneignung der Produktionsmittel, ihre Unterwerfung unter die assoziierte Arbeiterklasse, also die Aufhebung der Lohnarbeit, des Kapitals und ihres Wechselverhltnisses" (siehe vorl. Band, S. 42). Diese Formel des wissenschaftlichen Kommunismus wendet sich entschieden gegen alle Spielarten des vormarxschen Sozialismus sowie gegen den utopischen Kommunismus mit seiner verschwommenen Forderung nach Gemeineigentum" . Einen groen Platz hat Marx in diesem Werk der Analyse der Lage und Rolle der Bauernschaft und ihrer Wechselbeziehungen zum Proletariat eingerumt. Marx weist darauf hin, da sich die Ausbeutung der franzsischen Bauernschaft nur in der Form von der Ausbeutung des Industrieproletariats unterscheidet und da sie beide ein und denselben Ausbeuter haben - das Kapital. Ihren wahren Beschtzer und Bundesgenossen findet die Bauernschaft im Proletariat, denn nur der Fall des Kapitals kann den Bauern steigen machen, nur eine antikapitalistische, eine proletarische Regierung kann sein konomisches Elend, seine gesellschaftliche Degradation brechen" (siehe vorl. Band, S. 84). So kommt Marx an Hand der Erfahrungen aus den Klassenkmpfen in Frankreich zu der uerst wichtigen theoretischen und politischen Schlufolgerung von der Notwendigkeit des Bndnisses zwischen Proletariat und Bauernschaft.

Marx' Arbeit Die Klassenkmpfe in Frankreich" ging als klassisches Werk des wissenschaftlichen Kommunismus in die Geschichte ein. Jedoch werden in ihm, wie Engels 1895 in seiner Einleitung ausfhrte, die Reife des Kapitalismus und die revolutionren Mglichkeiten des franzsischen Proletariats zu hoch eingeschtzt, woraus die Vorstellung von der unmittelbar bevorstehenden sozialistischen Revolution entsprang. Die Geschichte hat uns und allen, die hnlich dachten, unrecht gegeben", schrieb Engels. Sie hat klargemacht, da der Stand der konomischen Entwicklung auf dem Kontinent damals noch bei weitem nicht reif war fr die Beseitigung der kapitalistischen Produktion" (siehe vorl. Band, S. 516). Die kapitalistische Produktion war damals noch sehr ausdehnungsfhig und entwickelte sich im groen und ganzen in aufsteigender Linie. Diese berschtzung der objektiven und subjektiven Bedingungen der proletarischen Revolution findet sich auch in der von Marx und Engels im Mrz 1850 verfaten Ansprache der Zentralbehrde an den Bund" und in einigen anderen Arbeiten dieser Periode. Aber solche Fehler der Giganten des revolutionren Denkens", schrieb W. I.Lenin, die das Proletariat der ganzen Welt ber die kleinlichen, alltglichen Groschenaufgaben zu erheben suchten und erhoben, sind tausendmal edler, erhabener, historisch wertvoller und wahrhafter als die banale Weisheit des zopfigen Liberalismus, der deklamiert, lamentiert, trompetet und orakelt ber die Eitelkeit der revolutionren Eitelkeiten, ber die Vergeblichkeit des revolutionren Kampfes, ber den Zauber konterrevolutionrer .konstitutioneller' Hirngespinste" (W.I.Lenin, Werke, Band 12, Berlin 1959, S. 376). Wie in den Klassenkmpfen in Frankreich" die franzsische Revolution ihre theoretische Auswertung gefunden hat, so sind die Erfahrungen aus der deutschen Revolution verallgemeinert in der Ansprache der Zentralbehrde an den Bund vom Mrz 1850" und in Arbeiten von Friedrich Engels wie Die deutsche Reichsverfassungskampagne" und Der deutsche Bauernkrieg". Die Ansprache der Zentralbehrde an den Bund vom Mrz 1850", die Marx und Engels gemeinsam schrieben, ist eines der wichtigsten Dokumente des wissenschaftlichen Kommunismus. W.I.Lenin spricht von ihr als einer auerordentlich interessanten und lehrreichen .Ansprache'" (W. I.Lenin, Werke, Band 8, Berlin 1958, S. 465). In der Ansprache" weisen Marx und Engels darauf hin, da sich die im Manifest der Kommunistischen Partei" niedergelegte Theorie im Verlaufe der Revolution vollauf besttigt habe. Die Ansprache" behandelt auch die neuen Fragen, die sich aus dem revolutionren Kampf des Proletariats, insbesondere aus den Erfahrungen der Revolution von 1848 ergaben, und ist somit ein bedeutender

Schritt vorwrts zur Ausarbeitung des Programms und der Taktik des revolutionren Proletariats. Marx und Engels, die in nchster Zeit einen neuen Aufschwung der Revolution erwarteten, der zunchst die kleinbrgerlichen Demokraten an die Macht bringen mute, erlutern in der Ansprache" die Taktik der proletarischen Partei gegenber der kleinbrgerlichen Demokratie. Sie beweisen, da die kleinbrgerlichen Demokraten unfhig sind, die Revolution zu Ende zu fhren, und da es unbedingt notwendig ist, das Proletariat von ihrem Einflu zu befreien. Indem Marx und Engels in der Ansprache" ausdrcklich darauf hinweisen, da es fr die Arbeiterpartei notwendig ist, in der bevorstehenden Revolution so selbstndig und organisiert wie nur mglich aufzutreten, setzen sie die im Frhjahr 1849 vorgezeichnete Linie der organisatorischen Trennung des Proletariats von der kleinbrgerlichen Demokratie fort. Die allernotwendigste Aufgabe der Kommunisten besteht darin, betonten Marx und Engels, in Deutschland eine selbstndige geheime und ffentliche Organisation der Arbeiterpartei herzustellen und jede Gemeinde zum Mittelpunkt und Kern von Arbeitervereinen zu machen, in denen die Stellung und Interessen des Proletariats unabhngig von brgerlichen Einflssen diskutiert werden" (siehe vorl. Band, S. 248/249). Marx und Engels, denen jedes Sektierertum fremd war, erklrten, da die proletarische Partei gemeinsam mit den kleinbrgerlichen Demokraten gegen die Reaktion kmpfen, mit ihnen zeitweilige Bndnisse eingehen, aber gleichzeitig ihre selbstndige Organisation erhalten und festigen und eine von der kleinbrgerlichen Demokratie unabhngige revolutionre Politik betreiben msse. Die Idee der Revolution in Permanenz", das ist der bestimmende Grundgedanke, den die Schpfer des Marxismus in der Ansprache der Zentralbehrde an den Bund" formulierten. Die Lehre von der Revolution in Permanenz, deren Grundzge schon in mehreren Artikeln von Marx und Engels in der Neuen Rheinischen Zeitung" 1848/49 enthalten waren, wurde in den Schriften des vorliegenden Bandes, insbesondere in den Klassenkmpfen in Frankreich", weiterentwickelt. Die prziseste Formulierung erhielt diese Lehre in der Ansprache der Zentralbehrde an den Bund". Whrend die demokratischen Kleinbrger", schreiben Marx und Engels in diesem Dokument, die Revolution mglichst rasch ... zum Abschlsse bringen wollen", indem sie ihr Ausma auf die Erkmpfung kleiner brgerlicher Reformen beschrnken, ist es unser Interesse und unsere Aufgabe, die Revolution permanent zu machen, so lange, bis alle mehr oder weniger besitzenden Klassen von der Herrschaft verdrngt sind, die Staatsgewalt vom Proletariat erobert und diela Marx/ Engels, Werke, Dd. 7

Assoziation der Proletarier nicht nur in einem Lande, sondern in allen herrschenden Lndern der ganzen Welt so weit vorgeschritten ist, da die Konkurrenz der Proletarier in diesen Lndern aufgehrt hat und da wenigstens die entscheidenden produktiven Krfte in den Hnden der Proletarier konzentriert sind. Es kann sich fr uns nicht um Vernderung des Privateigentums handeln, sondern nur um seine Vernichtung, nicht um Vertuschung der Klassengegenstze, sondern um Aufhebung der Klassen, nicht um Verbesserung der bestehenden Gesellschaft, sondern um Grndung einer neuen" (siehe vorl. Band, S. 247/248). Um den Sieg der Revolution in Permanenz zu sichern, mssen die Arbeiter neben den neuen offiziellen Regierungen zugleich eigene revolutionre Arbeiterregierungen" errichten, sei es in der Form von Gemeindevorstnden, Gemeinderten, sei es durch Arbeiterklubs oder Arbeiterkomitees" (siehe vorl. Band, S.250). Sie mssen die brgerlichdemokratische Regierung unter die Kontrolle der Arbeitermassen stellen. Eine unumgngliche Bedingung der Weiterentwicklung der Revolution sahen Marx und Engels in der Bewaffnung der Arbeiter und in der Organisation einer selbstndigen proletarischen Garde. Unter den neuen historischen Bedingungen in der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolutionen entwickelte Lenin Marx' Lehre von der Revolution inPermanenz zur Theorie des Hinberwachsens der brgerlichdemokratischen in die proletarische Revolution weiter und erarbeitete auf der Grundlage der Kampferfahrungen der Arbeiterklasse Rulands und anderer Lnder die neue Theorie der sozialistischen Revolution. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion verteidigte die Leninsche Theorie von der sozialistischen Revolution und zerschlug die Ideologie der Trotzkisten, die Marx' Lehre von der Revolution in Permanenz entstellten, um sie in ihrem Kampf gegen die Leninsche Theorie von der Mglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande auszubeuten. In engem Zusammenhang mit der Ansprache der Zentralbehrde an den Bund vom Mrz 1850" steht die in diesen Band aufgenommene Ansprache der Zentralbehrde an den Bund vom Juni 1850", die ebenfalls das Bedrfnis nach einer starken geheimen Organisation der revolutionren Partei ber ganz Deutschland" hervorhebt (siehe vorl. Band, S. 306). In diesem Dokument wird eine eingehende Charakteristik der Lage des Bundes gegeben und sein Verhltnis zu den einzelnen Gruppen der deutschen kleinbrgerlichen Demokraten bestimmt. Friedrich Engels' Arbeit Die deutsche Reichsverfassungskampagne" ist nicht nur eine geschichtliche Untersuchung, sondern gleichzeitig der Bericht eines Augenzeugen, das lebendige Zeugnis eines aktiven Teilnehmers an den

beschriebenen Ereignissen. Die tiefe Analyse der Ursachen der Bewegung und der Positionen der Klassen und Parteien ist hier mit der lebhaften Beschreibung einzelner Episoden der Kampagne und der treffenden Charakteristik ihrer verschiedenartigen Akteure verbunden. Engels geielt die Fhrer der deutschen kleinbrgerlichen Demokratie, weil sie die revolutionren Aktionen durch hochtnende Phrasen ersetzten und, stndig unentschlossen, im entscheidenden Moment des Kampfes schwankten und so die revolutionre Bewegung verrieten. In dieser Arbeit wurden die Kampferfahrungen der Volksmassen aus der letzten Etappe der deutschen Revolution von 1848/49 verallgemeinert; sie enthlt eine Anzahl wichtiger Leitstze ber die Taktik der revolutionren Partei im bewaffneten Aufstand und im Brgerkrieg. Auch Der deutsche Bauernkrieg" von Friedrich Engels verallgemeinert die Erfahrungen aus der deutschen Revolution von 1848/49. Die Parallele zwischen der deutschen Revolution von 1525 und der von 1848/49 lag zu nahe, um damals ganz von der Hand gewiesen zu werden", schrieb spter Friedrich Engels (siehe vorl. Band, S. 532). Bei der Analyse der revolutionren Ereignisse im Deutschland des 16. Jahrhunderts zeigte Engels, da die Hauptursache des Mierfolges dieser beiden bedeutenden Bewegungen des deutschen Volkes in der verrterischen Haltung des deutschen Brgertums im 16. Jahrhundert und der deutschen Bourgeoisie im 19. Jahrhundert zu finden ist. Wie W. I. Lenin feststellte, hat Engels die gemeinsame Lehre aus beiden Bewegungen besonders unterstrichen, nmlich: Zersplitterung der Aktionen, mangelnde Zentralisation bei den unterdrckten Massen, was mit ihrer kleinbrgerlichen Lebenslage zusammenhngt" (W.I.Lenin, Das Jahr 1917, Berlin 1957, S. 223/224). Das war eine weitere Ursache fr die Schwche der revolutionren Klassen und ihre Niederlage in diesen beiden historischen Schlachten des deutschen Volkes. Zugleich hebt Engels auch den wesentlichen Unterschied dieser beiden Bewegungen hervor, der durch die verschiedenen Geschichtsepochen bedingt ist. Friedrich Engels' Zurckgreifen auf eine der glnzendsten Epochen des revolutionren Befreiungskampfes in Deutschland war auch von dem Wunsch bestimmt, bei der Erschpfung und Enttuschung, die in Deutschland herrschten, im Volk die Erinnerung an seine revolutionren Traditionen zu beleben. Meisterhaft zeichnet Engels die mchtigen Gestalten der Heerfhrer der revolutionren Bauernschaft und der Plebejer des 16. Jahrhunderts und zeigt, welche gewaltige revolutionre Energie in den Bauernmassen schlummert. Gleichzeitig deckt er die charakteristischen Besonderheiten der Bauernschaft auf, die es ihr unmglich machen, ihren Kampf selbstndig bis zum siegreichen Ende zu fhren. Das ganze Werk beweist,

da es notwendig ist, die revolutionren Mglichkeiten der Bauernschaft auszunutzen, und unterstreicht die gewaltige Bedeutung ihres Bndnisses mit dem Proletariat. Der deutsche Bauernkrieg" ist ein leuchtendes Beispiel der materialistischen Analyse einer ganzen Geschichtsepoche, einer Analyse, die aus den theoretischen Verallgemeinerungen in aller Schrfe die Schlufolgerungen zieht. Ohne auf eine selbstndige Quellenforschung Anspruch zu erheben (alles Tatsachenmaterial ist der Allgemeinen Geschichte des groen Bauei nkrieges" des deutschen Historikers Wilhelm Zimmermann entnommen), hat Engels zum erstenmal die sozialkonomischen Ursachen der Reformation und des Bauernkrieges, den Klassencharakter dieser politischen und religisen Kmpfe aufgedeckt, in denen die deutschen idealistischen Bourgeoishistoriker noch immer weiter nichts als heftige theologische Znkereien" sahen (siehe vorl. Band, S. 342). Einen bedeutenden Platz nehmen im vorliegenden Band die Rezensionen und kritischen Artikel aus der Neuen Rheinischen Zeitung. Politisch-konomische Revue" ein, in denen Marx und Engels gegen die ideologischen Gegner des revolutionren Proletariats auftreten. Sie decken den Klassencharakter der Positionen ihrer Gegner auf und unterziehen deren hinflliges ideologisches Arsenal sowie deren Kampfmethoden gegen die revolutionre Bewegung einer scharfen Kritik. In der Rezension von Guizots Broschre Pourquoi la revolution d'Angleterre a-t-elle reussi?" (Warum hatte die Revolution in England Erfolg?") wird gezeigt, da selbst ehemals fortschrittliche brgerliche Historiker, sehen sie sich zugespitzten Klassenkmpfen und Revolutionen gegenber, aus Furcht vor ihnen jegliche Fhigkeit, die Geschichte zu begreifen, verlieren und auf solche Weise als Wissenschaftler ihren Bankrott erklren. So verzichtete Guizot, bestrebt, seine politische Ttigkeit zu rechtfertigen, auf eine Klassenanalyse der historischen Ereignisse und ersetzte die wissenschaftliche Forschung durch politische, religise und idealistische Phraseologie. Die Rezension enthlt eine klassische Charakteristik der englischen brgerlichen Revolution des 17. Jahrhunderts und ihrer sozialen Bedingungen. Zugleich wird die gesamteuropische Bedeutung dieser Revolution und ihr Unterschied zur franzsischen brgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts gezeigt. Das Schicksal Guizots ereilte auch einen anderen bedeutenden Ideologen der herrschenden Klassen, einen Vertreter des feudalen Sozialismus, Thomas Carlyle. Wenn Carlyle frher durch seinen Kampf gegen die englische prosaisch-nchterne Krmerbourgeoisie, durch seine Verteidigung der franz-

sischen brgerlichen Revolution von 1789 und des Chartismus eine bestimmte positive Rolle gespielt hat, so trat er in der Periode der Revolution von 1848 und danach als leidenschaftlicher Feind der Revolution und der Demokratie auf. In der Rezension der Latter-Day Pamphlets" (Zeitgenssischen Pamphlete") wird seine subjektiv-idealistische Theorie, insbesondere der von ihm propagierte Heroenkult" einer vernichtenden Kritik unterzogen. Hier wird gezeigt, wie Carlyle unter der Flagge des Personenkultes, der Anbetung der Helden, die ganze Niedertrchtigkeit der Bourgeoisie rechtfertigt und sogar noch weitertreibt. Schwulstige Phrasen dienen ihm in letzter Instanz dazu, die Unterdrckung und Versklavung der Volksmassen zu rechtfertigen, denen er jede historische Rolle, wie sie auch beschaffen sei, abspricht. Im Gegensatz zu den subjektiv-idealistischen Anschauungen Carlyles verteidigen die Begrnder des Marxismus in dieser Rezension die materialistische Geschichtsauffassung und heben die groe schpferische Rolle der Volksmassen in der historischen Entwicklung hervor. Der subjektiv-idealistische Personenkult war auch unter den kleinbrgerlichen Demokraten, unter ihren Historikern und Publizisten weit verbreitet; einen gewissen Einflu hatte er auch in den ersten proletarischen Organisationen unter den Anhngern Cabets, Weitlings und anderer utopischer Sozialisten. Marx und Engels fhrten einen entschiedenen Kampf gegen den Personenkult, da er der Klassenorganisation der Arbeiter und der Entwicklung ihrer Selbstndigkeit hindernd im Wege stand. In der Rezension ber zwei verleumderische Pamphlete der franzsischen Polizeiagenten Adolphe Chenu und Lucien de la Hodde schreiben die Schpfer des Marxismus: Nichts ist wnschenswerter, als da die Leute, die an der Spitze der Bewegungspartei standen, sei es vor der Revolution in den geheimen Gesellschaften oder in der Presse, sei es spter in offiziellen Stellungen, endlich einmal mit derben rembrandtschen Farben geschildert werden, in ihrer ganzen Lebendigkeit. Die bisherigen Darstellungen malen uns diese Persnlichkeiten nie in ihrer wirklichen, nur in ihrer offiziellen Gestalt, mit dem Kothurn am Fu und der Aureole um den Kopf. In diesen verhimmelten raffaelschen Bildern geht alle Wahrheit der Darstellung verloren" (siehe vorl. Band, S.266). In dieser Rezension wird auch das Verschwrer- und Sektierertum scharf kritisiert und die negative Rolle, die diese Erscheinungen in der Arbeiterbewegung spielen, aufgedeckt. Statt das revolutionre Proletariat zu organisieren, sind die Verschwrer bestrebt, die revolutionre Entwicklung knstlich zu beschleunigen und eine Revolution aus dem Stegreif, ohne die Bedingungen einer Revolution zu machen. Die einzige Bedingung der Revolution ist fr sie die hinreichende Organisation ihrer Verschwrung. Sie sind die Alchimisten der

Revolution..." (siehe vorl. Band, S. 273). Sie stehen der revolutionren Theorie nihilistisch gegenber und verachten es, das Klassenbewutsein des Proletariats zu entwickeln. Die sektiererischen und verschwrerischen Elemente, gegen die sich diese grundlegenden theoretischen Leitstze richteten, waren auch innerhalb des Bundes der Kommunisten noch stark und fhrten bald zu seiner Spaltung. Diese Kritik am Verschwrer- und Sektierertum hatte folglich auch fr den Bund eine sehr aktuelle Bedeutung. In einigen Rezensionen und kritischen Bemerkungen unterziehen Marx und Engels die Fhrer und Ideologen der deutschen kleinbrgerlichen Demokraten (Ludwig Simon, Gottfried Kinkel u.a.) einer Kritik. An Hand konkreter Beispiele fhren sie die Schlaffheit der deutschen kleinbrgerlichen Demokratie vor Augen und zeigen, welche Bedeutung die Kritik fr die Festigung der revolutionren Partei hat. In dem Artikel Gottfried Kinkel" verteidigten die Schpfer des Marxismus den Gedanken, da die Rheinprovinz, im entscheidenden Kampf zwischen Revolution und Kontrerevolution, sich unbedingt auf die revolutionre Seite schlagen werde, sei sie vertreten durch Franzosen oder Chinesen" (siehe vorl. Band, S. 300). Dieser entscheidende Grundsatz der marxistischen revolutionren Taktik, der das Wechsel Verhltnis zwischen den Nationen unter dem Gesichtspunkt der Interessen der Revolution betrachtet, zog die besondere Aufmerksamkeit Lenins auf sich. In der Rezension des Buches von Georg Friedrich Daumer wird der konterrevolutionre Charakter dieses klglichen Versuches einer combinatorisch-aphoristischen Grundlegung" aufgedeckt. Die abgedroschenen, banalen Aphorismen der deutschen Philister versuchte Daumer als Die Religion des neuen Weltalters" auszugeben. In diesem Sammelsurium von Zitaten der verschiedensten Autoren, das ganz und gar durchdrungen ist von der Verachtung der unteren Volksschichten und der Furcht vor der Revolution, sehen Marx und Engels einen anschaulichen Beweis fr den ideologischen Bankrott des durch die Revolution erschreckten Kleinbrgertums sowie der deutschen idealistischen Philosophie. Die Ansichten Daumers kamen in gewissem Mae der spteren Gottbildnerei gleich, die W. I.Lenin als verliebte Selbstbetrachtung des stumpfsinnigen Spiebrgertums" bezeichnete (W.I.Lenin, ber die Religion, Berlin 1956, S. 46), als die Ideologie der erschreckten und zurckgebliebenen Kleinbrger. Die Rezension des Buches Le socialisme et l'impot" (Der Sozialismus und die Steuer") von Emile de Girardin setzt die Kritik am brgerlichen Sozialismus fort, die von Marx und Engels im Manifest der Kommunistischen Partei" gebt worden war. Sie enthlt wichtige Gedanken ber

das Wesen des brgerlichen Steuersystems sowie ber den Ursprung des Kreislaufs in der kapitalistischen Landwirtschaft von der Konzentration zur Zersplitterung und von der Zersplitterung zur Konzentration des Grundeigentums. Auerdem werden brgerlich-anarchistische Ideen heftig kritisiert, die damals in Frankreich und Deutschland eine gewisse Verbreitung gefunden hatten. Diese Kritik wird fortgesetzt in Friedrich Engels' Manuskript Uber die Losung der Abschaffung des Staates und die deutschen .Freunde der Anarchie'", das zur Verffentlichung in der Neuen Rheinischen Zeitung. Politisch-konomische Revue" vorgesehen war. Die Kritik an den anarchistischen Ideen von der Abschaffung des Staates" und die Analyse des Ursprungs dieser Ideen in Deutschland sind von groem theoretischen Interesse. Friedrich Engels' Artikel Die Zehnstundenfrage", der in George Julian Harneys Zeitschrift The Democratic Review of British and Foi'eign Politics, History and Literature" verffentlicht wurde, und die in Ernest Jones Organ Notes to the People" erschienene Arbeit von Karl Marx Die Konstitution der Franzsischen Republik" sind ein Beweis fr Marx' und Engels' enge Zusammenarbeit mit den linken Chartisten. Zur Mitarbeit in diesen Organen zogen Marx und Engels auch ihre nchsten Anhnger heran, deren Arbeiten unter Marx' und Engels' unmittelbarer Beteiligung verfat wurden. Ziel dieser Mitarbeit war, die Ideen des Manifestes der Kommunistischen Partei" in den Spalten der englischen proletarischen Presse zu propagieren und die Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus in die Arbeiterbewegung Englands hineinzutragen. In dem Artikel Die Zehnstundenfrage" weist Engels darauf hin, da man die gesetzliche Beschrnkung des Arbeitstages nicht als Endziel der Arbeiterbewegung betrachten darf, da der Arbeiterklasse durch ein Bndnis mit den reaktionren Gegnern der Bourgeoisie ^einerlei dauernder Vorteil verschafft werden kann, sondern da sie ihn sich selbst verschaffen mu, indem sie zuallererst die politische Macht erobert"' (siehe vorl. Band, S. 230). In dieser Arbeit zeigt sich eine gewisse Unterschtzung der Bedeutung des Kampfes des englischen Proletariats fr die Zehnstundenbill sowie des positiven Einflusses der Verkrzung des Arbeitstages auf die krperliche und geistige Entwicklung der englischen Proletarier. Eine vielseitigere Einschtzung dieses Gesetzes und seiner Bedeutung fr die Arbeiterklasse gab Marx spter in der Inauguraladresse der Internationalen Arbeiterassoziation" und im ersten Band des Kapitals". In dem Artikel Die Konstitution der Franzsischen Republik" bt Marx eine scharfe Kritik an der brgerlichen Demokratie. Am Beispiel der franz-

sischen Verfassung zeigt Marx, da die in der brgerlichen Verfassung gro ausgehngten demokratischen Rechte von solchen Vorbehalten und Einschrnkungen begleitet sind, die sie auf ein Nichts zurckfhren. Marx hebt auch eine andere Besonderheit des brgerlichen Konstitutionalismus hervor, den Bruch zwischen den in der Verfassung festgelegten Freiheiten" und der herrschenden Praxis. Von groem theoretischen Interesse sind die von Marx und Engels gemeinsam verfaten Revuen der Neuen Rheinischen Zeitung. Politisch-konomische Revue". In ihnen geben Marx und Engels eine wissenschaftliche Analyse der wichtigsten Tagesereignisse aus dem konomischen und politischen Leben verschiedener Lnder und machen Voraussagungen, die im Laufe der weiteren historischen Entwicklung ihre Besttigung gefunden haben. In der ersten Revue", die Januar/Februar 1850 geschrieben wurde, wird insbesondere ein neuer Krieg Rulands gegen die Trkei und die Unvermeidlichkeit der Verwandlung dieses Krieges in einen europischen vorausgesagt. Hier wird zum erstenmal auf die Bedeutung der Entdeckung der kalifornischen Goldminen fr die konomische Entwicklung der Vereinigten Staaten von Amerika, fr den ganzen Welthandel und fr den Sieg der industriellen Groproduktion auf dem europischen Kontinent hingewiesen. Auch Marx' und Engels' Voraussage, da die alten europischen kapitalistischen Lnder wie England und Frankreich in dem Mae, wie die konomische Macht der Vereinigten Staaten anwchst, immer mehr in die Abhngigkeit der Vereinigten Staaten geraten werden, hat sich besttigt. Die einzige Chance, da die europischen zivilisierten Lnder dann nicht in dieselbe industrielle, kommerzielle und politische Abhngigkeit fallen, in der Italien, Spanien und Portugal sich jetzt befinden, liegt in einer gesellschaftlichen Revolution ..." (siehe vorl. Band, S. 221). An diesen Ansichten hielt Engels bis zu seinem Tode fest, wie das aus seinem Artikel Die amerikanische Prsidentenwahl", den er 1892 schrieb, ersichtlich ist. In der ersten Revue" fand auch Marx* und Engels' tiefer Glaube an den kommenden Sieg der Revolution in China seinen Ausdruck. In den Revuen untermauerten Marx und Engels auf Grund der Erfahrung der Revolution von 1848 den im Manifest der Kommunistischen Partei" aufgestellten Grundsatz, da die Krisen einer der mchtigsten Hebel in der politischen Umwlzung sind" und da die rckkehrende Prosperitt dann auch die Revolutionen knickt und den Sieg der Reaktion begrndet" (Engels an Bernstein, 25./3I.Januar 1882). Wenn in den ersten beiden Revuen noch die Erwartung einer baldigen konomischen Krise und eines mit dieser in Zusammenhang stehenden revolutionren Aufschwunges durchblickt, so

erklren Marx und Engels in der letzten Revue" (Mai bis Oktober 1850) direkt, da die kapitalistischen Staaten in eine Periode industrieller Prosperitt eingetreten seien und da folglich von einem neuen Aufschwung der revolutionren Bewegung vorlufig keine Rede sein kann. Eine neue Revolution ist nur mglich im Gefolge einer neuen Krisis" (siehe vorl. Band, S. 440). Von dieser Schlufolgerung ausgehend, legten die Begrnder des Marxismus die neue Taktik des Bundes der Kommunisten fest und fhrten einen entschiedenen Kampf gegen die sektiererischen und verschwrerischen Elemente, die die objektive Analyse der historischen Lage durch idealistischvoluntaristische Anschauungen ersetzten und den Bund auf den Weg vorzeitiger Aufstnde undPutsche stoen wollten. Marx' und Engels' Kampf gegen die Abenteurerfraktion Willich-Schapper, die auf der Suche nach Bundesgenossen einen prinzipienlosen Block mit den kleinbrgerlichen Fhrern bildeten, endete im September 1850 mit der Spaltung des Bundes der Kommunisten und dem Ausschlu dieser Fraktion. Die Spaltung des Bundes der Kommunisten zog den Austritt von Marx, Engels und ihren Anhngern aus dem Deutschen Arbeiterbildungsverein in London nach sich - seine Mehrheit hatte sich auf die Seite der Fraktion WillichSchapper gestellt - sowie den Bruch mit den franzsischen blanquistischen Emigranten in London (Adam, Vidil, Barthelemy), die sich mit den Spaltern solidarisch erklrten. Der Kampf der Begrnder des Marxismus gegen die Fraktion Willich-Schapper spiegelt sich wider in Marx' und Engels' Erklrung ber den Austritt aus dem Deutschen Bildungsverein fr Arbeiter in London, in dem Brief an Adam, Barthelemy und Vidil, in dem Beschlu der Zentralbehrde des Bundes der Kommunisten vom 15.September 1850 ber die Verlegung des Sitzes der Zentralbehrde nach Kln, der in den Beilagen verffentlicht wird, und in verschiedenen anderen Dokumenten. ber sein Manuskript Bedingungen und Aussichten eines Krieges der Heiligen Allianz gegen ein revolutionres Frankreich im Jahre 1852" schreibt Engels: Es ist brigens total unfit [ungeeignet] zum Druck, nur fr private Information und eine Art bung fr mich" (Marx/Engels, Briefwechsel, Berlin [1949], I.Band, S. 224). In diesem Manuskript gibt Engels eine materialistische Analyse der Entwicklung des Militrwesens der europischen Staaten Ende des 18. Jahrhunderts und eine Charakteristik ihres militrisch-konomischen Potentials in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Engels uerte hier eine Reihe tiefer Gedanken ber die Entwicklung der Kriegskunst in den Armeen der siegreichen proletarischen Revolution. Er wies darauf hin, da diese Armeen eine unerhrte Strke besitzen werden, weil dem stndigen Wachstum ihrer Masse, ihrer Manvrierfhigkeit und ihrer Schlagkraft ein gigantisches

Wachstum der Produktivkrfte der neuen Gesellschaft, ein Aufblhen der Technik und Kultur zugrunde liegen wird. Eine Gruppe Offener Briefe und Erklrungen, die Marx und Engels in den Jahren 1849 bis 1851 an die Redaktionen verschiedener Zeitungen (Times", Spectator", Globe" u.a.) gerichtet haben, spiegelt die praktische Ttigkeit der Schpfer des Marxismus fr den Zusammenschlu der revolutionren Emigration wider. Ein Teil der Dokumente befat sich mit der Entlarvung des Spionagesystems der reaktionr-absolutistischen und der brgerlichen Staaten Europas und mit der Verfolgung der revolutionren Emigration durch diese Staaten. Institut fr Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU

Der vorliegende siebente Band der deutschen Ausgabe enthlt gegenber dem siebenten Band der russischen Ausgabe zustzlich folgende Beilagen: Die Vorbemerkung" von Engels zu den Ausgaben von 1870 und 1875 seiner Schrift Der deutsche Bauernkrieg", die 1895 von Engels verfate Einleitung" zu Marx' Schrift Die Klassenkmpfe in Frankreich" und die Ansprache der Klner Zentralbehrde an den Bund". Der Text des vorliegenden Bandes wurde nach Originalen oder Photokopien berprft. Bei jeder Arbeit ist die zum Abdruck herangezogene Quelle vermerkt. Die von Marx und Engels angefhrten Zitate wurden berprft, soweit die Originale zur Verfgung standen. Lngere Zitate werden zur leichteren bersicht in kleinerem Druck gebracht. Fremdsprachige Zitate und im Text vorkommende fremdsprachige Wrter sind in Funoten bersetzt. Die bersetzungen der fremdsprachigen Arbeiten wurden berprft oder neu "angefertigt. Rechtschreibung und Zeichensetzung sind, soweit vertretbar, modernisiert. Der Lautstand der Wrter in den deutschsprachigen Texten wurde nicht verndert. Alle in eckigen Klammern stehenden Wrter und Wortteile stammen von der Redaktion; offensichtliche Druck- oder Schreibfehler wurden stillschweigend korrigiert. In Zweifelsfllen wurde in Funoten die Schreibweise des Originals angefhrt.

Funoten von Marx und Engels sind durch Sternchen gekennzeichnet, Funoten der Redaktion durch eine durchgehende Linie vom Text abgetrennt und durch Ziffern kenntlich gemacht. Zur Erluterung ist der Band mit Anmerkungen versehen, auf die im Text durch hochgestellte Zahlen in eckigen Klammern hingewiesen wird; auerdem werden ein Personenverzeichnis, Daten ber das Leben und die Ttigkeit von Marx und Engels, ein Literaturverzeichnis und eine Erklrung der Fremdwrter beigefgt. Institut fr Marxismus-Leninismus beim ZK der SED

KARL MARXund

FRIEDRICH ENGELSAugust 1849-Juni 1851

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T i t e l b l a t t der N e u e n Rheinischen Z e i t u n g . Politisch-konomische R e v u e "

Karl Marx/Friedrich Engels

[Ankndigung der Neuen Rheinischen Zeitung. Politisch-konomische Revue"111][Westdeutsche Zeitung" Nr. 7 vom 9. Januar 1850J

Im Januar 1850 erscheint: NEUE RHEINISCHE ZEITUNG. Politisch-konomische Revue" redigiert von Karl Marx. Die Zeitschrift fhrt den Titel der Zeitung, als deren Fortsetzung sie zu betrachten ist. Eine ihrer Aufgaben wird darin bestehen, auf die Epoche, die seit der Unterdrckung der Neuen Rheinischen Zeitung" verflossen ist, in nachtrglichen Schilderungen zurckzukommen. Das grte Interesse einer Zeitung, ihr tgliches Eingreifen in die Bewegung und unmittelbares Sprechen aus der Bewegung heraus, die Widerspiegelung der Tagesgeschichte in ihrer ganzen Flle, die fortlaufende leidenschaftliche Wechselwirkung zwischen dem Volke und der Tagespresse des Volkes, - dies Interesse geht notwendig bei einer Revue verloren. Die Revue gewhrt dagegen den Vorteil, die Ereignisse in grern Umrissen zu fassen und nur bei dem Wichtigeren verweilen zu mssen. Sie gestattet ein ausfhrliches und wissenschaftliches Eingehen auf die konomischen Verhltnisse, welche die Grundlage der ganzen politischen Bewegung bilden. Eine Zeit des scheinbaren Stillstandes, wie die jetzige, mu eben benutzt werden, um ber die durchlebte Periode der Revolution aufzuklren, ber den Charakter der ringendenParteien, ber die gesellschaftlichen Verhltnisse, welche das Dasein und den Kampf dieser Parteien bedingen. Die Revue erscheint in monatlichen Heften von wenigstens/n/Bogen zum Abonnementspreis von 24 S[ilber]gr[oschen] pro Vierteljahr, zahlbar bei

Ablieferung des ersten Heftes. Einzelne Hefte 10 Sgr. Den buchhndlerischen Vertrieb bernehmen die Herren Schuberth und Comp, in Hamburg. Die Freunde der Neuen Rheinischen Zeitung" werden gebeten, Abonnementslisten in ihren resp. Lokalitten zirkulieren zu lassen und dieselben baldigst an den Unterzeichneten einzusenden. Literarische Beitrge, ebenso Nova zur Besprechung in der Revue werden blo franko angenommen. London, den 15. Dez. 1849 K. Schramm Gerant der N. Rh. Ztg. [Politisch-konomische Revue]" 4. Anderson Street, Kirgroad, Chelsea

Friedrich Engels

Die deutschen Sozial-Demokraten und die Times"[ T h e Northern Star" Nr. 632 vom 1. Dezember 1849]

An den Redakteur des Northern Star"' 2 1 Sir, die Times"[31 vom vergangenen Freitag enthlt einen mit Anti-Sozialist" unterzeichneten Brief, in dem der englischen ffentlichkeit und dem englischen Innenministerium einige der hllischen Doktrinen" denunziert werden, die ein gewisser Herr Karl Heinzen, der als ein groes Licht in der deutschen Sozial-Demokratischen Partei" bezeichnet wird, in der Deutschen Londoner Zeitung" entwickelt. t4] Diese hllischen Doktrinen" bestehen hauptschlich aus dem wohlwollenden Vorschlag, in der nchsten Revolution auf dem Kontinent ein paar Millionen Reaktionre umzubringen". Wir knnen es gewi Ihnen berlassen, das Benehmen der Redakteure der Times" einzuschtzen, die ihre Spalten in politischen Fragen der direkten Polizeiinformation und Denunziation ffnen. Wir sind jedoch ziemlich erstaunt, in der fhrenden Zeitung Europas" Herrn Heinzen als ein groes Licht der deutschen Sozial-Demokratischen Partei" bezeichnet zu finden. Die fhrende Zeitung Europas" htte eigentlich wissen mssen, da Herr Heinzen, weit davon entfernt, der betreffenden Partei als groes Licht zu dienen, im Gegenteil seit 1842 stets angestrengt, doch ohne Erfolg alles angegriffen hat, was nach Sozialismus oder Kommunismus aussieht. Die Deutsche .So^i ^-Demokratische Partei" bernahm deshalb niemals die Verantwortung, noch wird sie diese wohl kaum jemals bernehmen fr irgend etwas, das Herr Karl Heinzen gesagt oder geschrieben hat. Was die Gefahr anbelangt, die aus den obenerwhnten hllischen Doktrinen" entstehen knnte, so htte die Times" wissen mssen, da Herr Heinzen, weit entfernt zu versuchen, diese Doktrinen in den vergangenen

achtzehn Monaten revolutionrer Erschtterungen in Deutschland in die Praxis umzusetzen, in dieser Zeit so gut wie gar nicht seinen Fu auf deutschen Boden gesetzt und in keiner dieser Revolutionen irgendeine Rolle gespielt hat. Die Vorstellung, Sir, da ein Mann, der nicht einmal dem kleinsten deutschen Frsten je etwas zuleide tat, in der Lage sein sollte, dem riesigen britischen Empire Schaden zuzufgen, wrde unseres Erachtens eine Beleidigung der englischen Nation bedeuten. Wir erlauben uns deshalb vorzuschlagen, da die ganze Sache von der Times" damit abgeschlossen wird, da sie Herrn Karl Heinzen den Dank fr den courage malheweux1 ausspricht, mit dem er Sozialismus und Kommunismus bekmpft hat. Ich verbleibe, Herr Redakteur, Ihr sehr ergebener Ein deutscher London, 28. Nov. 1849Aus dem Englischen.

Sozial-Demohratf5i

1

traurigen Mut

KARL MARX

Die Klassenkmpfe in Frankreich 1848 bis 1850m

Geschrieben 1850. Erstmalig verffentlicht in: Neue Rheinische Zeitung. Politisch-konomische Revue", Hamburg 1850. In der Zeitschrift erschienen die Abschnitte wie folgt: I - Erstes Heft, Januar 1850 II - Zweites Heft, Februar 1850 I I I - D r i t t e s Heft, Mrz 1850 IV - Fnftes und Sechstes Heft, Mai bis Oktober 1850. Der vorliegende Abdruck fut auf der von Friedrich Engels besorgten Ausgabe von 1895.

Mit Ausnahme einiger weniger Kapitel trgt jeder bedeutendere Abschnitt der Revolutionsannalen vom 1848 bis 1849 die Uberschrift: Niederlage der Revolution! Was in diesen Niederlagen erlag, war nicht die Revolution. Es waren die vorrevolutionren traditionellen Anhngsel, Resultate gesellschaftlicher Verhltnisse, die sich noch nicht zu scharfen Klassengegenstzen zugespitzt hatten - Personen, Illusionen, Vorstellungen, Projekte, wovon die revolutionre Partei vor der Februarrevolution nicht frei war, wovon nicht der Februarsieg, sondern nur eine Reihe von Niederlagen sie befreien konnte. Mit einem Worte: Nicht in seinen unmittelbaren tragikomischen Errungenschaften brach sich der revolutionre Fortschritt Bahn, sondern umgekehrt in der Erzeugung einer geschlossenen, mchtigen Kontrerevolution, in der Erzeugung eines Gegners, durch dessen Bekmpfung erst die Umsturzpartei zu einer wirklich revolutionren Partei heranreifte. Dies nachzuweisen, ist die Aufgabe der folgenden Bltter.

I

Die Juniniederlage 1848Vom Februar bis Juni 1848

Nach der Julirevolution, als der liberale Bankier Laffitte seinen compere 1 , den Herzog von Orleans, im Triumph auf das Hotel deVille 2 geleitete, lie er das Wort fallen: Von nun an werden die Bankiers herrschen." Laffitte hatte das Geheimnis der Revolution verraten. Nicht die franzsische Bourgeoisie herrschte unter Louis-Philippe, sondern eine Fraktion derselben, Bankiers, Brsenknige, Eisenbahnknige, Besitzer von Kohlen- und Eisenbergwerken und Waldungen, ein Teil des mit ihnen ralliierten Grundeigentums - die sogenannte Finanzaristokratie. Sie sa auf dem Throne, sie diktierte in den Kammern Gesetze, sie vergab die Staatsstellen vom Ministerium bis zum Tabaksbro. Die eigentlich industrielle Bourgeoisie bildete einen Teil der offiziellen Opposition, d. h., sie war in den Kammern nur als Minoritt vertreten. Ihre Opposition trat um so entschiedener hervor, je reiner sich die Alleinherrschaft der Finanzaristokratie entwickelte und je mehr sie selbst nach den in Blut erstickten Erneuten 1832, 1834 und 1839171 ihre Herrschaft ber die Arbeiterklasse gesichert whnte. Grandin, Fabrikant von Rouen, in der konstituierenden wie in der legislativen Nationalversammlung das fanatischste Organ der brgerlichen Reaktion, war in der Deputiertenkammer der heftigste WidersacherGuizots. LeonFaucher, spter durch seine ohnmchtigen Anstrengungen bekannt, sich zumGuizot der franzsischen Kontrerevolution aufzuschwingen, fhrte in den letzten Zeiten Louis-Philippes einen Federkrieg fr die Industrie gegen die Spekulation und ihren Schlepptrger, die Regierung. Bastiat agitierte im Namen von Bordeaux und des ganzen weinproduzierenden Frankreichs gegen das herrschende System. Die kleine Bourgeoisie in allen ihren Abstufungen, ebenso die Bauernklasse waren vollstndig von der politischen Macht ausgeschlossen. Es befanden1

Gevatter; Helfershelfer -

2

Rathaus von Paris

sich endlich in der offiziellen Opposition oder gnzlich auerhalb des pays legal 1 die ideologischen Vertreter und Wortfhrer der angefhrten Klassen, ihre Gelehrten, Advokaten, rzte usw., mit einem Worte: ihre sogenannten Kapazitten. Durch ihre Finanznot war die Julimonarchie von vornherein abhngig von der hohen Bourgeoisie, und ihre Abhngigkeit von der hohen Bourgeoisie wurde die unerschpfliche Quelle einer wachsenden Finanznot. Unmglich, die Staatsverwaltung dem Interesse der nationalen Produktion unterzuordnen, ohne das Gleichgewicht im Budget herzustellen, das Gleichgewicht zwischen Staatsausgaben und Staatseinnahmen. Und wie dies Gleichgewicht herstellen ohne Beschrnkung des Staatsaufwandes, d. h. ohne Interessen zu verletzen, die ebenso viele Sttzen des herrschenden Systems waren, und ohne die Steuerverteilung neu zu regeln, d. h. ohne einen bedeutenden Teil der Steuerlast auf die Schultern der hohen Bourgeoisie selbst zu wlzen? Die Verschuldung des Staats war vielmehr das direkte Interesse der durch die Kammern herrschenden und gesetzgebenden Bourgeoisfraktion. Das Staatsdefizit, es war eben der eigentliche Gegenstand ihrer Spekulation und die Hauptquelle ihrer Bereicherung. Nach jedem Jahre ein neues Defizit. Nach dem Verlaufe von vier bis fnf Jahren eine neue Anleihe. Und jede neue Anleihe bot der Finanzaristokratie neue Gelegenheit, den knstlich in der Schwebe des Bankerotts gehaltenen Staat zu prellen - er mute unter den ungnstigsten Bedingungen mit den Bankiers kontrahieren. Jede neueAnleihe gab eine zweite Gelegenheit, das Publikum, das seine Kapitalien in Staatsrenten anlegt, durch Brsenoperationen zu plndern, in deren Geheimnis Regierung und Kammermajoritt eingeweiht waren. berhaupt bot der schwankende Stand des Staatskredits und der Besitz der Staatsgeheimnisse den Bankiers wie ihren Affiliierten in den Kammern und auf dem Throne die Mglichkeit, auerordentliche, pltzliche Schwankungen im Kurse der Staatspapiere hervorzurufen, deren stetes Resultat der Ruin einer Masse kleinerer Kapitalisten sein mute und die fabelhaft schnelle Bereicherung der groen Spieler. War das Staatsdefizit das direkte Interesse der herrschenden Bourgeoisfraktion, so erklrt es sich, wie die auerordentlichen Staatsverwendungen in den letzten Regierungsjahren Louis-Philippes bei weitem um das Doppelte die auerordentlichen Staatsverwendungen unter Napoleon berstiegen, ja beinahe jhrlich die Summe von 400 Millionen frs. erreichten, whrend die jhrliche Gesamtausfuhr Frankreichs im Durchschnitt sich selten zur Hhe von 750 Millionen frs. erhob. Die enormen Summen, die so durch1

des Kreises der Wahlberechtigten

die Hnde des Staates flssen, gaben berdem Gelegenheit zu gaunerischen Lieferungskontrakten, Bestechungen, Unterschleifen, Spitzbbereien aller Art. Die bervorteilung des Staates, wie sie durch die Anleihen im Groen geschah, wiederholte sich bei den Staatsarbeiten im Detail. Das Verhltnis zwischen Kammer und Regierung vervielfltigte sich als Verhltnis zwischen den einzelnen Administrationen und den einzelnen Unternehmern. Wie die Staatsverwendungen berhaupt und die Staatsanleihen, so exploitierte die herrschende Klasse die Eisenbaknbauten. Dem Staate wlzten die Kammern die Hauptlasten zu, und der spekulierenden Finanzaristokratie sicherten sie die goldenen Frchte. Man erinnert sich der Skandale in der Deputiertenkammer, wenn es gelegentlich zum Vorschein kam, da smtliche Mitglieder der Majoritt, ein Teil der Minister eingerechnet, als Aktionre bei denselben Eisenbahnbauten beteiligt waren, die sie hinterher als Gesetzgeber auf Staatskosten ausfhren lieen. Die kleinste finanzielle Reform scheiterte dagegen an dem Einflsse der Bankiers. So z. B. die Postreform. Rothschild protestierte. Durfte der Staat Einnahmequellen schmlern, aus denen seine stets wachsende Schuld zu verzinsen war? Die Julimonarchiewar nichts als eine Aktienkompanie zur Exploitation des franzsischen Nationalreichtums, deren Dividenden sich verteilten unter Minister, Kammern, 240000 Whler und ihren Anhang. Louis-Philippe war der Direktor dieser Kompanie - Robert Macaire 181 auf dem Throne. Handel, Industrie, Ackerbau, Schiffahrt, die Interessen der industriellen Bourgeoisie muten bestndig unter diesem System gefhrdet und beeintrchtigt werden. Wohlfeile Regierung, gouvernement bon marche, hatte sie in den Julitagen auf ihre Fahne geschrieben. Indem die Finanzaristokratie die Gesetze gab, die Staatsverwaltung leitete, ber smtliche organisierte ffentliche Gewalten verfgte, die ffentliche Meinung durch die Tatsachen und durch die Presse beherrschte, wiederholte sich in allen Sphren, vom Hofe bis zum Cafe Borgne 1 dieselbe Prostitution, derselbe schamlose Betrug, dieselbe Sucht, sich zu bereichern, nicht durch die Produktion, sondern durch die Eskamotage schon vorhandenen fremden Reichtums, brach namentlich an den Spitzen der brgerlichen Gesellschaft die schrankenlose, mit den brgerlichen Gesetzen selbst jeden Augenblick kollidierende Geltendmachung der ungesunden und liederlichen Gelste aus, worin der aus dem Spiele entspringende Reichtum naturgem seine Befriedigung sucht, wo der Genu crapuleux 2 wird, wo Geld, Schmutz und Blut1

Bezeichnung fr verrufene Kaffeehuser und Kneipen in Paris -

2

ausschweifend

zusammenflieen. Die Finanzaristokratie, in ihrer Erwerbsweise wie in ihren Genssen, ist nichts als die Wiedergeburt des Lumpenproletariats auf den Hhen der brgerlichen Gesellschaft. Und die nicht herrschenden Fraktionen der franzsischen Bourgeoisie schrien Korruption! Das Volk schrie: A bas les grands voleurs! A bas les assassins!1 als im Jahre 1847 auf den erhabensten Bhnen der brgerlichen Gesellschaft dieselben Szenen ffentlich aufgefhrt wurden, welche das Lumpenproletariat regelmig in die Bordells, in die Armen- und Irrenhuser, vor den Richter, in die Bagnos und auf das Schafott fhren. Die industrielle Bourgeoisie sah ihre Interessen gefhrdet, die kleine Bourgeoisie war moralisch entrstet, die Volksphantasie war emprt,Paris war vonPamphlets berflutet La dynastie Rothschild", Les juifs rois de l'epoque" 2 etc. - , worin die Herrschaft der Finanzaristokratie mit mehr oder weniger Geist denunziert und gebrandmarkt wurde. Rien pour la gloire! 3 Der Ruhm bringt nichts ein! La paix partout et touj ours! 4 Der Krieg drckt den Kutfs der drei- und vierprozentigen! - hatte das Frankreich der Brsenjuden auf seine Fahne geschrieben. Seine auswrtige Politik verlor sich daher in eine Reihe von Krnkungen des franzsischen Nationalgefhls, das um so lebhafter auffuhr, als mit der Einverleibung Krakaus in sterreich der Raub anPolen vollendet wurde und Guizot im schweizerischen Sonderbundskriege 191 aktiv auf Seiten der Heiligen Allianz trat. Der Sieg der Schweizer Liberalen in diesem Scheinkriege hob das Selbstgefhl der brgerlichen Opposition in Frankreich, die blutige Erhebung des Volkes zu Palermo wirkte wie ein elektrischer Schlag auf die paralysierte Volksmasse und rief ihre groen revolutionren Erinnerungen und Leidenschaften wach. * Der Ausbruch des allgemeinen Mibehagens wurde endlich beschleunigt, die Verstimmung zur Revolte gereift durch zwei konomische Weltereignisse. Die Kartoffelkrankheit und Miernten von 1845 und 1846 steigerten die allgemeine Grung im Volke. Die Teuerung von 1847 rief in Frankreich wie auf dem brigen Kontinente blutige Konflikte hervor. Gegenber den schamlosen Orgien der Finanzaristokratie - der Kampf des Volkes um die ersten Lebensmittel! Zu Buzanfais dieEmeutiers des Hungers hingerichtet 1101 , zu* A n n e x i o n von K r a k a u d u r c h sterreich i m Einverstndnis m i t R u l a n d u n d P r e u e n 11. N o v e m b e r 1846. - Schweizer S o n d e r b u n d s k r i e g 4. bis 28. N o v e m b e r 1847. - A u f s t a n d in P a l e r m o 12. Januar 1848, E n d e Januar neuntgiges B o m b a r d e m e n t der S t a d t d u r c h die Neapolitaner. [Anmerkung von Engels zur Ausgabe von 1895.]

1 Nieder mit den groen Dieben! Nieder mit den Mrdern! - 2 Die Dynastie Rothschild", Die Juden - Konige unserer Z e i t " - 3 Nichts fr den Ruhm! - 1 Friede berall und immer!

Paris bersttigte Escrocs 1 den Gerichten durch die knigliche Familie entrissen! Das zweite groe konomische Ereignis, welches den Ausbruch der Revolution beschleunigte, war eine allgemeine Handels- und Industriekrise in England; schon Herbst 1845 angekndigt durch die massenhafte Niederlage der Eisenbahnaktien-Spekulanten, hingehalten whrend des Jahres 1846 durch eine Reihe von Inzidenzpunkten wie die bevorstehende Abschaffung der Kornzlle, eklatierte sie endlich Herbst 1847 in den Bankerotten der groen Londoner Kolonialwarenhndler, denen die Falliten der Landbanken und das Schlieen der Fabriken in den englischen Industriebezirken auf dem Fue nachfolgten. Noch war die Nachwirkung dieser Krise auf dem Kontinent nicht erschpft, als die Februarrevolution ausbrach. Die Verwstung des Handels und der Industrie durch die konomische Epidemie machte die Alleinherrschaft der Finanzaristokratie noch unertrglicher. In ganz Frankreich rief die oppositionelle Bourgeoisie die Bankettagitation fr eine Wahlreform hervor, welche ihr die Majoritt in den Kammern erobern und das Ministerium der Brse strzen sollte. Zu Paris hatte die industrielle Krisis noch speziell die Folge, eine Masse Fabrikanten und Grohndler, die auf dem auswrtigen Markte unter den gegenwrtigen Umstnden keine Geschfte mehr machen konnten, auf den inneren Handel zu werfen. Sie errichteten groe Etablissements, deren Konkurrenz Epiciers und Boutiquiers 2 massenhaft ruinierte. Daher eine Unzahl Falliten in diesem Teile der Pariser Bourgeoisie, daher ihr revolutionres Auftreten im Februar. Es ist bekannt, wie Guizot und die Kammern die Reformvorschlge mit einer unzweideutigen Herausforderung beantworteten, wie Louis-Philippe sich zu spt zu einem Ministerium Barrot entschlo, wie es zum Handgemenge zwischen dem Volke und der Armee kam, wie die Armee durch die passive Haltung der Nationalgarde entwaffnet wurde, wie die Julimonarchie einer provisorischen Regierung den Platz rumen mute. Die provisorische Regierung, die sich auf den Februarbarrikaden erhob, spiegelte in ihrer Zusammensetzung notwendig die verschiedenen Parteien ab, worunter sich der Sieg verteilte. Sie konnte nichts anderes sein als ein Kompromi der verschiedenen Klassen, die gemeinsam den Julithron umgestrzt, deren Interessen sich aber feindlich gegenberstanden. Ihre groe Majoritt bestand aus Vertretern der Bourgeoisie. Das republikanische Kleinbrgertum vertreten in Ledru-Rollin und Flocon, die republikanische Bourgeoisie in den Leuten vom National" [11! , die dynastische Opposition in1

Gauner -

2

Krmer und Kleinhndler

Cremieux, Dupont de l'Eure usw. Die Arbeiterklasse besa nur zwei Reprsentanten, Louis Blanc und Albert. Lamartine endlich in der provisorischen Regierung, das war zunchst kein wirkliches Interesse, keine bestimmte Klasse, das war die Februarrevolution selbst, die gemeinsame Erhebung mit ihren Illusionen, ihrer Poesie, ihrem eingebildeten Inhalt und ihren Phrasen. brigens gehrte der Wortfhrer der Februarrevolution, seiner Stellung wie seinen Ansichten nach, der Bourgeoisie an. Wenn Paris infolge der politischen Zentralisation Frankreich beherrscht, beherrschen die Arbeiter in Augenblicken revolutionrer Erdbeben Paris. Der erste Lebensakt der provisorischen Regierung war der Versuch, sich diesem berwltigenden Einflsse zu entziehen durch einen Appell von dem trunkenen Paris an das nchterne Frankreich. Lamartine bestritt den Barrikadenkmpfern das Recht, die Republik auszurufen, dazu sei nur die Majoritt der Franzosen befugt; ihre Stimmgebung sei abzuwarten, das Pariser Proletariat drfe seinen Sieg nicht beflecken durch eine Usurpation. Die Bourgeoisie erlaubt dem Proletariat nur eine Usurpation - die des Kampfes. Um die Mittagsstunde des 25. Februar war die Republik noch nicht ausgerufen, waren dagegen smtliche Ministerien schon verteilt unter die brgerlichen Elemente der provisorischen Regierung und unter die Generale, Bankiers und Advokaten des National". Aber die Arbeiter waren entschlossen, diesmal keine hnliche Eskamotage zu dulden wie im Juli 1830. Sie waren bereit, von neuem den Kampf aufzunehmen und die Republik durch Waffengewalt zu erzwingen. Mit dieser Botschaft begab sich Raspail auf das Hotel de Ville. Im Namen des Pariser Proletariats befahl er der provisorischen Regierung, die Republik auszurufen; sei dieser Befehl des Volkes im Laufe von zwei Stunden nicht vollstreckt, so werde er an der Spitze von 200 000 Mann zurckkehren. Noch waren die Leichen der Gefallenen kaum erkaltet, die Barrikaden nicht weggerumt, die Arbeiter nicht entwaffnet, und die einzige Macht, die man ihnen entgegenstellen konnte, war die Nationalgarde. Unter diesen Umstnden verschwanden pltzlich die staatsklugen Bedenken und juristischen Gewissensskrupel der provisorischen Regierung. Die Frist von zwei Stunden war nicht abgelaufen, und schon prangten an allen Mauern von Paris die historischen Riesenworte: Republique fran^aise! Liberte, Egalite, Fraternite!1 Mit der Proklamation der Republik auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts war selbst die Erinnerung an die beschrnkten Zwecke und Motive ausgelscht, welche die Bourgeoisie in die Februarrevolution gejagt hatten.1

Franzsische Republik.' Freiheit, Gleichheit,

Brderlichkeitl

2

Marx/Engels, Werke, Bd. 7

Statt einiger weniger Fraktionen des Brgertums - smtliche Klassen der franzsischen Gesellschaft pltzlich in den Kreis der politischen Macht hineingeschleudert, gezwungen, die Logen, das Parterre, die Galerie zu verlassen und in eigener Person auf der revolutionren Bhne mitzuspielen! Mit dem konstitutionellen Knigtum auch der Schein einer eigenmchtig der brgerlichen Gesellschaft gegenberstehenden Staatsmacht verschwunden und die ganzeReihe von untergeordneten Kmpfen, welche diese Scheinmacht herausfordert! Das Proletariat, indem es der provisorischen Regierung und durch die provisorische Regierung ganz Frankreich die Republik diktierte, trat sofort als selbstndige Partei in den Vordergrund, aber es forderte zugleich das ganze brgerliche Frankreich gegen sich in die Schranken. Was es eroberte, war das Terrain fr den Kampf um seine revolutionre Emanzipation, keineswegs diese Emanzipation selbst. Die Februarrepublik mute zunchst vielmehr die Herrschaft der Bourgeoisie vervollstndigen, indem sie neben der Finanzaristokratie smtliche besitzenden Klassen in den Kreis der politischen Macht eintreten lie. Die Majoritt der groen Grundbesitzer, die Legitimisten wurden von der politischen Nichtigkeit emanzipiert, wozu die Julimonarchie sie verurteilt hatte. Nicht umsonst hatte die Gazette de France" 1121 gemeinsam mit den Oppositionsblttern agitiert, nicht umsonst La Rochejaquelein in der Sitzung der Deputiertenkammer vom 24. Februar die Partei der Revolution ergriffen. Durch das allgemeine Wahlrecht wurden die nominellen Eigentmer, welche die groe Majoritt der Franzosen bilden, die Bauern, zu Schiedsrichtern ber das Schicksal Frankreichs eingesetzt. Die Februarrepublik lie endlich die Bourgeoisherrschaft rein hervortreten, indem sie die Krone abschlug, hinter der sich das Kapital versteckt hielt. Wie die Arbeiter in den Julitagen die brgerliche Monarchie, hatten sie in den Februartagen die brgerliche Republik erkmpft. Wie die Julimonarchie gezwungen war, sich anzukndigen als eine Monarchie, umgeben von republikanischen Institutionen, so die Februarrepublik als eine Republik, umgeben von sozialen Institutionen. Das Pariser Proletariat erzwang auch diese Konzession. Marche, ein Arbeiter, diktierte das Dekret, worin die eben erst gebildete provisorische Regierung sich verpflichtete, die Existenz der Arbeiter durch die Arbeit sicherzustellen, allen Brgern Arbeit zu verschaffen usw. Und als sie wenige Tage spter ihre Versprechungen verga und das Proletariat aus den Augen verloren zu haben schien, marschierte eine Masse von 20000 Arbeitern auf das Hotel de Ville mit dem Rufe: Organisation der Arbeit! Bildung eines eigenen Ministeriums der Arbeit! Widerstrebend und nach langen Debat-

ten ernannte die provisorische Regierung eine permanente Spezialkommission, beauftragt, die Mittel zur Verbesserung der arbeitenden Klassen auszubilden! Diese Kommission wurde gebildet aus Delegierten der Pariser Handwerkskorporationen und prsidiert von Louis Blanc und Albert. Das Luxembourg wurde ihr als Sitzungssaal angewiesen. So waren die Vertreter der Arbeiterklasse von dem Sitze der provisorischen Regierung verbannt, der brgerliche Teil derselben behielt die wirkliche Staatsmacht und die Zgel der Verwaltung ausschlielich in den Hnden, und neben den Ministerien der Finanzen, des Handels, der ffentlichen Arbeiten, neben der Bank und der Brse erhob sich eine sozialistische Synagoge, deren Hohepriester, Louis Blanc und Albert, die Aufgabe hatten, das gelobte Land zu entdecken, das neue Evangelium zu verknden und das Pariser Proletariat zu beschftigen. Zum Unterschiede von jeder profanen Staatsmacht stand ihnen kein Budget, keine exekutive Gewalt zur Verfgung. Mit dem Kopfe sollten sie die Grundpfeiler der brgerlichen Gesellschaft einrennen. Whrend das Luxembourg den Stein der Weisen suchte, schlug man im Hotel de Ville die kurshabende Mnze. Und dennoch, die Ansprche des Pariser Proletariats, soweit sie ber die brgerliche Republik hinausgingen, sie konnten keine andere Existenz gewinnen als die nebelhafte des Luxembourg. Gemeinsam mit der Bourgeoisie hatten die Arbeiter die Februarrevolution gemacht, neben der Bourgeoisie suchten sie ihre Interessen durchzusetzen, wie sie in der provisorischen Regierung selbst neben die brgerliche Majoritt einen Arbeiter installiert hatten. Organisation der Arbeit! Aber die Lohnarbeit, das ist die vorhandene brgerliche Organisation der Arbeit. Ohne sie kein Kapital, keine Bourgeoisie, keine brgerliche Gesellschaft. Ein eigenes Mini~ steriumder Arbeit! Aber die Ministerien der Finanzen, des Handels, der ffentlichen Arbeiten, sind sie nicht die brgerlichen Ministerien der Arbeit? Und neben ihnen ein proletarisches Ministerium der Arbeit, es mute ein Ministerium der Ohnmacht sein, ein Ministerium der frommen Wnsche, eine Kommission des Luxembourg. Wie die Arbeiter glaubten, neben der Bourgeoisie sich emanzipieren, so meinten sie, neben den brigen Bourgeoisnationen innerhalb der nationalen Wnde Frankreichs eine proletarische Revolution vollziehen zu knnen. Aber die franzsischen Produktionsverhltnisse sind bedingt durch den auswrtigen Handel Frankreichs, durch seine Stellung auf dem Weltmarkt und die Gesetze desselben; wie sollte Frankreich sie brechen ohne einen europischen Revolutionskrieg, der auf den Despoten des Weltmarkts, England, zurckschlge? Eine Klasse, worin sich die revolutionren Interessen der Gesellschaft konzentrieren, sobald sie sich erhoben hat, findet unmittelbar in ihrer eigenen

Lage den Inhalt und das Material ihrer revolutionren Ttigkeit: Feinde niederzuschlagen, durch das Bedrfnis des Kampfes gegebene Maregeln zu ergreifen; die Konsequenzen ihrer eigenen Taten treiben sie weiter. Sie stellt keine theoretischen Untersuchungen ber ihre eigene Aufgabe an. Die franzsische Arbeiterklasse befand sich nicht auf diesem Standpunkte, sie war noch unfhig, ihre eigene Revolution durchzufhren. Die Entwicklung des industriellen Proletariats ist berhaupt bedingt durch die Entwicklung der industriellen Bourgeoisie. Unter ihrer Herrschaft gewinnt es erst die ausgedehnte nationale Existenz, die seine Revolution zu einer nationalen erheben kann, schafft es selbst erst die modernen Produktionsmittel, welche ebenso viele Mittel seiner revolutionren Befreiung werden. Ihre Herrschaft reit erst die materiellen Wurzeln der feudalen Gesellschaft aus und ebnet das Terrain, worauf allein eine proletarische Revolution mglieh ist. Die franzsische Industrie ist ausgebildeter und die franzsische Bourgeoisie revolutionrer entwickelt als die des brigen Kontinents. Aber die Februarrevolution, war sie nicht unmittelbar gegen die Finanzaristokratie gerichtet? Diese Tatsache bewies, da die industrielle Bourgeoisie Frankreich nicht beherrschte. Die industrielle Bourgeoisie kann nur da herrschen, wo die moderne Industrie alle Eigentumsverhltnisse sich gem gestaltet, und nur da kann die Industrie diese Gewalt gewinnen, wo sie den Weltmarkt erobert hat, denn die nationalen Grenzen gengen ihrer Entwicklung nicht. Frankreichs Industrie aber, zum groen Teile, behauptet selbst den nationalen Markt nur durch ein mehr oder minder modifiziertes Prohibitivsystem. Wenn das franzsische Proletariat daher in dem Augenblicke einer Revolution zu Paris eine faktische Gewalt und einen Einflu besitzt, die es zu einem Anlaufe ber seine Mittel hinaus anspornen, so ist es in dem brigen Frankreich an einzelnen zerstreuten industriellen Zentralpunkten zusammengedrngt, fast verschwindend unter einer berzahl von Bauern und Kleinbrgern. Der Kampf gegen das Kapital in seiner entwickelten modernen Form, in seinem Springpunkt, der Kampf des industriellen Lohnarbeiters gegen den industriellen Bourgeois ist in Frankreich ein partielles Faktum, das nach den Februartagen um so weniger den nationalen Inhalt der Revolution abgeben konnte, als der Kampf gegen die untergeordneten Exploitationsweisen des Kapitals, des Bauern gegen den Wucher und die Hypotheke, des Kleinbrgers gegen den Grohndler, Bankier und Fabrikanten, mit einem Worte, gegen den Bankerott, noch eingehllt war in die allgemeine Erhebung gegen die Finanzaristokratie. Nichts erklrlicher also, als da das Pariser Proletariat sein Interesse neben dem brgerlichen durchzusetzen suchte, statt es als das revolutionre Interesse der Gesellschaft selbst zur Geltung zu bringen, da

es die rote Fahne vor der trikploren fallen lie [131 . Die franzsischen Arbeiter konnten keinen Schritt vorwrts tun, kein Haar der brgerlichen Ordnung krmmen, bevor der Gang der Revolution die zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie stehende Masse der Nation, Bauern und Kleinbrger, nicht gegen diese Ordnung, gegen die Herrschaft des Kapitals emprt, sie gezwungen hatte, sich den Proletariern als ihren Vorkmpfern anzuschlieen. Nur durch die ungeheure Niederlage im Juni konnten die Arbeiter diesen Sieg erkaufen. Der Kommission des Luxembourg, diesem Geschpfe der Pariser Arbeiter, bleibt das Verdienst, das Geheimnis der Revolution des neunzehnten Jahrhunderts von einer europischen Tribne herab verraten zu haben: die Emanzipation des Proletariats. Der Moniteur" '14i errtete, als er die wilden Schwrmereien" offiziell propagieren mute, die bisher vergraben lagen in den apokryphischen Schriften der Sozialisten und nur von Zeit zu Zeit als ferne, halb frchterliche, halb lcherliche Sagen an das Ohr der Bourgeoisie anschlugen. Europa fuhr berrascht aus seinem brgerlichen Halbschlummer auf. In der Idee der Proletarier also, welche die Finanzaristokratie mit der Bourgeoisie berhaupt verwechselten; in der Einbildung republikanischer Biedermnner, welche die Existenz selbst der Klassen leugneten oder hchstens als Folge der konstitutionellen Monarchie zugaben; in den heuchlerischen Phrasen der bisher von der Herrschaft ausgeschlossenen brgerlichen Fraktionen war die Herrschaft der Bourgeoisie abgeschafft mit der Einfhrung der Republik. Alle Royalisten verwandelten sich damals in Republikaner und alle Millionre von Paris in Arbeiter. Die Phrase, welche dieser eingebildeten Aufhebung der Klassenverhltnisse entsprach, war die fraternite, die allgemeine Verbrderung und Brderschaft. Diese gemtliche Abstraktion von den Klassengegenstzen, diese sentimentale Ausgleichung der sich widersprechenden Klasseninteressen, diese schwrmerische Erhebung ber den Klassenkampf, die fraternite, sie war das eigentliche Stichwort der Februarrevolution. Die Klassen waren durch ein bloes Miverstndnis gespalten und Lamartine taufte die provisorische Regierung am 24. Februar 1151 : un gouvernement qui suspende ce malentendu terrible qui existe entre les differentes classes"1. Das Pariser Proletariat schwelgte in diesem gromtigen Fraternittsrausche. Die provisorische Regierung ihrerseits, einmal gezwungen, die Republik zu proklamieren, tat alles, um sie der Bourgeoisie und den Provinzen annehm1 eine Regierung, die dieses frchterliche Miverstndnis schiedenen Klassen besteht"

aufhebt, das zwischen dm ver-

bar zu machen. Die blutigen Schrecken der ersten franzsischen Republik wurden desavouiert durch die Abschaffung der Todesstrafe fr politische Verbrechen, die Presse wurde allen Meinungen freigegeben, die Armee, die Gerichte, die Administration blieben mit wenigen Ausnahmen in den Hnden ihrer alten Wrdentrger, keiner der groen Schuldigen der Julimonarchie wurde zur Rechenschaft gezogen. Die brgerlichen Republikaner des National" amsierten sich damit, monarchische Namen und Kostme mit altrepublikanischen zu vertauschen. Fr sie war die Republik nichts als ein neuer Ballanzug fr die alte brgerliche Gesellschaft. Ihr Hauptverdienst suchte die junge Republik darin, nicht abzuschrecken, vielmehr selbst bestndig zu erschrecken und durch die weiche Nachgiebigkeit und Widerstandslosigkeit ihrer Existenz Existenz zu gewinnen und den Widerstand zu entwaffnen. Den privilegierten Klassen im Innern, den despotischen Mchten nach auen wurde laut verkndet, die Republik sei friedfertiger Natur. Leben und leben lassen sei ihr Motto. Es kam hinzu, da kurz nach der Februarrevolution Deutsche, Polen, sterreicher, Ungarn, Italiener, jedes Volk seiner unmittelbaren Situation gem revoltierte. Ruland und England waren, letzteres selbst bewegt und das andere eingeschchtert, nicht vorbereitet. Die Republik fand also vor sich keinen nationalen Feind. Also keine groartigen auswrtigen Verwickelungen, welche die Tatkraft entznden, den revolutionren Proze beschleunigen, die provisorische Regierung vorwrtstreiben oder ber Bord werfen konnten. Das Pariser Proletariat, das in der Republik seine eigene Schpfung erblickte, akklamierte natrlich jedem Akt der provisorischen Regierung, der sie leichter in der brgerlichen Gesellschaft Platz greifen lie. Von Caussidiere lie es sich willig zu Polizeidiensten verwenden, um das Eigentum in Paris zu beschtzen, wie es die Lohnzwiste zwischen Arbeitern und Meistern von Louis Blanc schlichten lie. Es war sein Point d'honneur, vor den Augen von Europa die brgerliche Ehre der Republik unangetastet zu erhalten. Die Republik fand keinen Widerstand, weder von auen noch von innen. Damit war sie entwaffnet. Ihre Aufgabe bestand nicht mehr darin, die Welt revolutionr umzugestalten, sie bestand nur noch darin, sich den Verhltnissen der brgerlichen Gesellschaft anzupassen. Mit welchem Fanatismus sich die provisorische Regierung dieser Aufgabe unterzog, dafr gibt es keine sprechenderen Zeugnisse als ihre finanziellen Maregeln. Der ffentliche Kredit und der Privatkredit waren natrlich erschttert. Der ffentliche Kredit beruht auf dem Vertrauen, da sich der Staat durch die Juden der Finanz exploitieren lt. Aber der alte Staat war verschwunden, und die Revolution war vor allem gegen die Finanzaristokratie gerichtet. Die

Schwingungen der letzten europischen Handelskrise hatten noch nicht ausgeschlagen. Noch folgten Bankerotte auf Bankerotte. Der Privatkredit war also paralysiert, die Zirkulation gehemmt, die Produktion gestockt, ehe die Februarrevolution ausbrach. Die revolutionre Krise steigerte die kommerzielle. Und wenn der Privatkredit auf dem Vertrauen beruht, da die brgerliche Produktion in dem ganzen Umfange ihrer Verhltnisse, da die brgerliche Ordnung unangetastet und unantastbar ist, wie mute eine Revolution wirken, welche die Grundlage der brgerlichen Produktion, die konomische Sklaverei des Proletariats in Frage stellte, welche der Brse gegenber die Sphinx des Luxembourg aufrichtete? Die Erhebung des Proletariats, das ist die Abschaffung des brgerlichen Kredits; denn es ist die Abschaffung der brgerlichen Produktion und ihrer Ordnung. Der ffentliche Kredit und der Privatkredit sind der konomische Thermometer, woran man die Intensitt einer Revolution messen kann. In demselben Grade, worin sie fallen, steigt die Glut und die Zeugungskraft der Revolution. Die provisorische Regierung wollte der Republik den antibrgerlichen Schein abstreifen. Sie mute daher vor allem den Tauschwert dieser neuen Staatsform, ihren Kurs auf der Brse zu sichern suchen. Mit dem Preiskurant der Republik auf der Brse hob sich notwendig wieder der Privatkredit. Um selbst den Verdacht zu beseitigen, als wolle oder knne sie den von der Monarchie bernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen, um an die brgerliche Moral und Zahlungsfhigkeit der Republik glauben zu machen, nahm die provisorische Regierung zu einer ebenso wrdelosen als kindischen Renommage ihre Zuflucht. Vor dem gesetzlichen Zahlungstermin zahlte sie den Staatsglubigern die Zinsen der 5 % , 4 x / a %, 4 % aus. Das brgerliche Aplomb, das Selbstgefhl der Kapitalisten erwachte pltzlich, als sie die ngstliche Hast sahen, womit man ihr Vertrauen zu erkaufen suchte. Die Geldverlegenheit der provisorischen Regierung verminderte sich natrlich nicht durch einen Theaterstreich, der sie des vorrtigen baren Geldes beraubte. Die Finanzklemme war nicht lnger zu verbergen, und Kleinbrger, Dienstboten, Arbeiter muten die angenehme Uberraschungzahlen, welche man den Staatsglubigern bereitet hatte. Die Sparkassenbcher ber den Betrag von 100 frs. hinaus wurden fr nicht mehr in Geld einwechselbar erklrt. Die in den Sparkassen niedergelegten Summen wurden konfisziert und durch ein Dekret in eine nicht rckzahlbare Staatsschuld verwandelt. Damit wurde der ohnehin bedrngte Kleinbrger gegen die Republik erbittert. Indem er an die Stelle seiner Sparkassenbcher Staatsschuldscheine erhielt, wurde er gezwungen, auf die Brse

zu gehen, um sie zu verkaufen und sich so direkt in die Hnde der Brsenjuden zu liefern, gegen die er die Februarrevolution gemacht hatte. Die Finanzaristokratie, welche unter der Julimonarchie herrschte, hatte ihre Hochkirche in der Bank Wie die Brse den Staatskredit regiert, so die Bank den Handelskredit. Durch die Februarrevolution direkt bedroht, nicht nur in ihrer Herrschaft, sondern in ihrer Existenz, suchte die Bank von vornherein die Republik zu diskreditieren, indem sie die Kreditlosigkeit allgemein machte. Den Bankiers, den Fabrikanten, den Kaufleuten kndigte sie pltzlich den Kredit auf. Dieses Manver, indem es nicht sofort eine Kontrerevolution hervorrief, schlug notwendig auf die Bank selbst zurck. Die Kapitalisten zogen das Geld zurck, das sie in den Kellern der Bank niedergelegt hatten. Die Inhaber von Banknoten strzten an ihre Kasse, um sie gegen Gold und Silber auszuwechseln. Ohne gewaltsame Einmischung, auf legale Weise konnte die provisorische Regierung die Bank zum Bankerott zwingen; sie hatte sich nur passiv zu verhalten und die Bank ihrem Schicksale zu berlassen. Der Bankerott der Bank ~ das war die Sndflut, welche die Finanzaristokratie, die mchtigste und gefhrlichste Feindin der Republik, das goldene Piedestal der Julimonarchie, in einem Nu von dem franzsischen Boden wegfegte. Und die Bank einmal bankerott, mute die Bourgeoisie selbst es als einen letzten verzweifelten Rettungsversuch betrachten, wenn die Regierung eine Nationalbank schuf und den nationalen Kredit der Kontrolle der Nation unterwarf. Die provisorische Regierung gab dagegen den Noten der BankZwangskfirs. Sie tat mehr. Sie verwandelte alle Provinzialbanken in Zweiginstitute der Banque de France und lie sie ihr Netz ber ganz Frankreich auswerfen. Sie versetzte ihr spter die Staatswaldungen als Garantie fr eine Anleihe, die sie bei ihr kontrahierte. So befestigte und erweiterte die Februarrevolution unmittelbar die Bankokratie, die sie strzen sollte. Unterdessen krmmte sich die provisorische Regierung unter dem Alp eines wachsenden Defizits. Vergebens bettelte sie um patriotische Opfer. Nur die Arbeiter warfen ihr Almosen hin. Es mute zu einem heroischen Mittel geschritten werden, zur Ausschreibung einer neuen Steuer. Aber wen besteuern? Die Brsenwlfe, die Bankknige, die Staatsglubiger, die Rentiers, die Industriellen? Das war kein Mittel, die Republik bei der Bourgeoisie einzuschmeicheln. Das hie von der einen Seite den Staatskredit und den Handelskredit gefhrden, whrend man ihn von der anderenSeite mit so groenOpfern und Demtigungen zu erkaufen suchte. Aber jemand mute blechen. Wer wurde dem brgerlichen Kredit geopfert? Jacques le bonhomme 1161 , der Bauer.

Die provisorische Regierung schrieb eine Zusatzsteuer von 45 Centimes pro Franc auf die vier direkten Steuern aus. Dem Pariser Proletariat schwindelte die Regierungspresse vor, diese Steuer falle vorzugsweise auf das groe Grundeigentum, auf die Inhaber der von der Restauration oktroyierten Milliarde [ , 7) . In der Wirklichkeit traf sie aber vor allem die Bauernklasse, d. h. die groe Majoritt des franzsischen Volkes. Sie muten dieKosten derFebruarrevolution zahlen, an ihnen gewann die Kontrerevolution ihr Hauptmaterial. Die 45-Centimes-Steuer, das war eine Lebensfrage fr den franzsischen Bauer, er machte sie zur Lebensfrage fr die Republik. Die Republik fr den franzsischen Bauer, das war von diesem Augenblicke an die 45-Centimes-Steuer, und in dem Pariser Proletariat erblickte er den Verschwender, der sich auf seine Kosten gemtlich tat. Whrend die Revolution von 1789 damit begann, den Bauern die Feudallasten abzuschtteln, kndigte sich die Revolution von 1848, um das Kapital nicht zu gefhrden und seine Staatsmaschine im Gange zu halten, mit einer neuen Steuer bei der Landbevlkerung an. Nur durch ein Mittel konnte die provisorische Regierung alle diese Ungelegenheiten beseitigen und den Staat aus seiner alten Bahn herausschleudern - durch die Erklrung des Staatsbankerotts. Man erinnert sich, wie LedruRollin in der Nationalversammlung nachtrglich die tugendhafte Entrstung rezitierte, womit er diese Zumutung des Brsenjuden Fould, jetzigen franzsischen Finanzministers, von sich abwies. Fould hatte ihm den Apfel vom Baume der Erkenntnis gereicht. Indem die provisorische Regierung die Wechsel anerkannte, welche die alte brgerliche Gesellschaft auf den Staat gezogen hatte, war sie ihr verfallen. Sie war zum bedrngten Schuldner der brgerlichen Gesellschaft geworden, statt ihr als drohender Glubiger gegenberzustehen, der vieljhrige revolutionre Schuldforderungen einzukassieren hatte. Sie mute die wankenden brgerlichen Verhltnisse befestigen, um Verpflichtungen nachzukommen, die nur innerhalb dieser Verhltnisse zu erfllen sind. Der Kredit ward zu ihrer Lebensbedingung und die Konzessionen an das Proletariat, die ihm gemachten Verheiungen, zu ebenso vielen Fesseln, die gesprengt werden muten. Die Emanzipation der Arbeiter - selbst als Phrase - wurde zu einer unertrglichen Gefahr fr die neue Republik, denn sie war eine bestndige Protestation gegen die Herstellung des Kredits, der auf der ungestrten und ungetrbten Anerkennung der bestehenden konomischen Klassenverhltnisse beruht. Es mute also mit den Arbeitern geendet werden. Die Februarrevolution hatte die Armee aus Paris hinausgeworfen. Die Nationalgarde, d.h. die Bourgeoisie in ihren verschiedenen Abstufungen,

bildete die einzige Macht. Allein fhlte sie sich indes dem Proletariat nicht gewachsen. berdem war sie gezwungen, wenngleich nach dem zhesten Widerstande, hundert verschiedene Hindernisse entgegenhaltend, allmhlich und bruchweise ihre Reihen zu ffnen und bewaffnete Proletarier in dieselben eintreten zu lassen. Es blieb also nur ein Ausweg brig: einen Teil der Proletarier dem anderen entgegenzustellen. Zu diesem Zwecke bildete die provisorische Regierung 24 Bataillone Mobilgarden, jedes zu tausend Mann, aus jungen Leuten von 15 bis 20 Jahren. Sie gehrten groenteils dem Lumpenproletariat an, das in allen groen Stdten eine vom industriellen Proletariat genau unterschiedene Masse bildet, ein Rekrutierplatz fr Diebe und Verbrecher aller Art, von den Abfllen der Gesellschaft lebend, Leute ohne bestimmten Arbeitszweig, Herumtreiber, gens sans feu et sans aveu 1 , verschieden nach dem Bildungsgrade der Nation, der sie angehren, nie den Lazzaronicharakter verleugnend; in dem jugendlichen Alter, worin die provisorische Regierung sie rekrutierte, durchaus bestimmbar, der grten Heldentaten und der exaltiertesten Aufopferung fhig, wie der gemeinsten Banditenstreiche und der schmutzigsten Bestechlichkeit. Die provisorische Regierung zahlte ihnen pro Tag 1 fr. 50 cts., d.h., sie erkaufte sie. Sie gab ihnen eigene Uniform, d. h., sie unterschied sie uerlich von der Bluse. Zu Fhrern wurden ihnen teils Offiziere aus dem stehenden Heere zugeordnet, teils whlten sie selbst junge Bourgeoisshne, deren Rodomontaden vom Tode frs Vaterland und Hingebung fr die Republik sie bestachen. So stand dem Pariser Proletariat eine aus seiner eigenen Mitte gezogene Armee von 24000 jugendlich krftigen, tollkhnen Mnnern gegenber. Es schrie der Mobilgarde auf ihren Zgen durch Paris Vivats! zu. Es erkannte in ihr seine Vorkmpfer auf den Barrikaden. Es betrachtete sie als die proletarische Garde im Gegensatze zur brgerlichen Nationalgarde. Sein Irrtum war verzeihlich. Neben der Mobilgarde beschlo die Regierung noch eine industrielle Arbeiterarmee um sich zu scharen. Hunderttausend durch die Krise und die Revolution auf das Pflaster geworfene Arbeiter einrollierte der Minister Marie in sogenannte Nationalateliers. Unter diesem prunkenden Namen versteckte sich nichts anderes als die Verwendung der Arbeiter zu langweiligen, eintnigen, unproduktiven Erdarbeiten fr einen Arbeitslohn von 23 Sous. Englische workhouses^lsi im Freien - weiter waren diese Nationalateliers nichts. In ihnen glaubte die provisorische Regierung eine zweite proletarische Armee1

dunkle Existenzen (Menschen ohne Heim und ohne gesellschaftliche Anerkennung)

gegen die Arbeiter selbst gebildet zu haben. Diesmal irrte sich die Bourgeoisie in den Nationalateliers, wie sich die Arbeiter in der Mobilgarde irrten. Sie hatte eine Armee fr die Erneute geschaffen. Aber ein Zweck war erreicht. Nationalateliers - das war der Name der Volkswerksttten, die Louis Blanc im Luxembourg predigte. Die Ateliers Maries, im direkten Gegensatze zum Luxembourg entworfen, boten durch die gemeinsame Firma den Anla zu einer Intrige der Irrungen, wrdig der spanischen Bedientenkomdie 1191 . Die provisorische Regierung selbst verbreitete unter der Hand das Gercht, diese Nationalateliers seien die Erfindung Louis Blancs, und es schien dies um so glaublicher, als Louis Blanc, der Prophet der Nationalateliers, Mitglied der provisorischen Regierung war. Und in der halb naiven, halb absichtlichen Verwechslung der Pariser Bourgeoisie, in der knstlich unterhaltenen Meinung Frankreichs, Europas waren jene workhouses die erste Verwirklichung des Sozialismus, der mit ihnen an den Pranger gestellt wurde. Nicht durch ihren Inhalt, aber durch ihren Titel waren die Nationalateliers die verkrperte Protestation des Proletariats gegen die brgerliche Industrie, den brgerlichen Kredit und die brgerliche Republik. Auf sie wlzte sich also der ganze Ha der Bourgeoisie. In ihnen hatte sie zugleich den Punkt gefunden, worauf sie den Angriff richten konnte, sobald sie genug erstarkt war, offen mit den Februarillusionen zu brechen. Alles Unbehagen, aller Mimut der Kleinbrger richtete sich gleichzeitig auf diese Nationalateliers, die gemeinsame Zielscheibe. Mit wahrem Grimme berechneten sie die Summen, welche die proletarischen Tagediebe verschlangen, whrend ihre eigene Lage tglich unertrglicher wurde. Eine Staatspension fr eine Scheinarbeit, das ist der Sozialismus! knurrten sie in sich hinein. Die Nationalateliers, die Deklamationen des Luxembourg, die Zge der Arbeiter durch Paris - in ihnen suchten sie den Grund ihrer Misere. Und niemand fanatisierte sich mehr gegen die angeblichen Machinationen der Kommunisten als der Kleinbrger, der rettungslos am Abgrunde des Bankerotts schwebte. So waren im bevorstehenden Handgemenge zwischen Bourgeoisie und Proletariat alle Vorteile, alle entscheidenden Posten, alle Mittelschichten der Gesellschaft in den Hnden der Bourgeoisie zur selben Zeit, als die Wellen der Februarrevolution ber den ganzen Kontinent hoch zusammenschlugen und jede neue Post ein neues Revolutionsbulletin brachte, bald aus Italien, bald aus Deutschland, bald aus dem fernsten Sdosten von Europa, und den allgemeinen Taumel des Volkes unterhielt, ihm bestndige Zeugnisse eines Sieges bringend, den es schon verwirkt hatte. Der 17. Mrz und der 16.April waren die ersten Plnklergefechte in dem

groen Klassenkampfe, den die brgerliche Republik unter ihren Fittichen verbarg. Der 17. Mrz offenbarte die zweideutige, keine entscheidende Tat zulassende Situation des Proletariats. Seine Demonstration bezweckte ursprnglich, die provisorische Regierung auf dieBahn der Revolution zurckzuwerfen, nach Umstnden die Ausschlieung ihrer brgerlichen Glieder zu bewirken und die Aufschiebung der Wahltage fr die Nationalversammlung und die Nationalgarde zu erzwingen. [20) Aber am 16. Mrz machte die in der Nationalgarde vertretene Bourgeoisie eine der provisorischen Regierung feindselige Demonstration. Unter dem Rufe: A bas Ledru-Rollin! 1 drang sie zum Hotel de Ville. Und das Volk war gezwungen, am 17. Mrz zu rufen: Es lebe LedruRollin! Es lebe die provisorische Regierung! Es war gezwungen, gegen das Brgertum die Partei der brgerlichen Republik zu ergreifen, die ihm in Frage gestellt schien. Es befestigte die provisorische Regierung, statt sie sich zu unterwerfen. Der 17. Mrz verpuffte in eine melodramatische Szene, und wenn das Pariser Proletariat an diesem Tage noch einmal seinen Riesenleib zur Schau trug, war die Bourgeoisie innerhalb und auerhalb der provisorischen Regierung um so entschlossener, ihn zu brechen. Der 16. April war ein durch die provisorische Regierung mit der Bourgeoisie veranstaltetes Miverstndnis. Die Arbeiter hatten sich zahlreich auf dem Marsfelde versammelt und im Hippodrom, um ihre Wahlen fr den Generalstab der Nationalgarde vorzubereiten. Pltzlich verbreitete sich in ganz Paris, von einem Ende bis zum anderen, mit Blitzesschnelle das Gercht, die Arbeiter htten sich im Marsfeld bewaffnet versammelt, unter der Anfhrung Louis Blancs, Blanquis, Cabets und Raspails, um von da auf das Hotel de Ville zu ziehen, die provisorische Regierung zu strzen und eine kommunistische Regierung zu proklamieren. Der Generalmarsch wird geschlagen - Ledru-Rollin, Marrast, Lamartine machten sich spter die Ehre seiner Initiative streitig - , in einer Stunde stehen 100000 Mann unter den Waffen, das Hotel de Ville ist an allen Punkten von Nationalgarden besetzt, der Ruf: Nieder mit den Kommunisten! Nieder mit Louis Blanc, mit Blanqui, mit Raspail, mit Cabet! donnert durch ganz Paris, und der provisorischen Regierung wird von einer Unzahl Deputationen gehuldigt, alle bereit, das Vaterland und die Gesellschaft zu retten. Als die Arbeiter endlich vor dem Hotel de Ville erscheinen, um der provisorischen Regierung eine patriotische Kollekte zu berreichen, die sie auf dem Marsfelde gesammelt hatten, erfahren sie zu ihrer Verwunderung, da das brgerliche Paris in einem hchst behut1

Nieder mit Ledru-Rollin!

sam angelegten Scheinkampfe ihren Schatten geschlagen hat. Das furchtbare Attentat vom 16. April gab den Vorwand zur Zurckberufung der Armee nach Paris - der eigentliche Zweck der plump angelegten Komdie - und zu den reaktionren fderalistischen Demonstrationen der Provinzen. Am 4. Mai trat die aus den direkten allgemeinen Wahlen hervorgegangene Nationalversammlung zusammen. Das allgemeine Stimmrecht besa nicht die magische Kraft, welche ihm die Republikaner alten Schlags zugetraut hatten. In ganz Frankreich, wenigstens in der Majoritt der Franzosen, erblickten sie Citoyens mit denselben Interessen, derselben Einsicht usw. Es war dies ihr Volkskultus. Statt ihres eingebildeten Volkes brachten die Wahlen das wirkliche Volk ans Tageslicht, d.h. Reprsentanten der verschiedenen Klassen, worin es zerfllt. Wir haben gesehen, warum Bauern und Kleinbrger unter der Leitung der kampflustigen Bourgeoisie und der restaurationswtigen groen Grundeigentmer whlen muten. Aber wenn das allgemeine Stimmrecht nicht die wunderttige Wnschelrute war, wofr republikanische Biedermnner es angesehen hatten, besa es das ungleich