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Marxismus-Mystizismus - oder: die Verwandlung der Marxschen Theorie in deutsche Ideologie 1 von Ingo Elbe „Die Deutschen sind, wenigstens auf dem Gebiet der Philosophie, so sehr an das Obskure, Unverständliche, Schwülstige, Verworrene gewöhnt, daß ihnen gerade das Verständliche das Unverständliche, das Klare das Dunkle, das Begreifliche das einzig Unbegreifliche ist“. (Ludwig Feuerbach) 2 I. Im Jahr 1964 monierte Hans Albert, seines Zeichens Vertreter des Kritischen Rationalismus im damaligen ‚Positivismusstreit’, den Gestus „dialektischer Verdunkelung“, 3 mit dem Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas ihr Paradigma einer kritischen Gesellschaftstheorie von vermeintlich traditionellen Wissenschaftsstandards abzuheben gedachten. Diesen Gestus hat Albert später auch polemisch als Ausdruck einer „deutsche[n] Ideologie“ 4 bezeichnet, als deren bedeutendste Repräsentanten er Hegel und Heidegger ansah. Ohne die antihegelianische Hybris des Kritischen Rationalismus teilen zu müssen, ist im Rückblick tatsächlich zu konstatieren, dass im Gefolge Adornos, 5 aber auch traditionellerer marxistischer Denker, 6 in Fragen einer Methodologie kritischer Theorie einige obskurantistische Behauptungen in die sich antipositivistisch dünkende Linke Einzug gefunden haben, die bis heute fortwirken. Daran konnte 1 Erweiterte und überarbeitete Version eines 2007 in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift „Prodomo“ erschienenen Artikels. Ein weiterer Beitrag des Autors zu diesem Thema findet sich unter: http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/Anything-Ghost-Eine-Replik-auf.html. 2 Ludwig Feuerbach: Aus den „nachgelassenen Aphorismen“. In: Anthropologischer Materialismus. Ausgewählte Schriften, Bd. 1, Ff/M/ Berlin/ Wien 1985, S. 241. 3 Hans Albert: Der Mythos der totalen Vernunft. Dialektische Ansprüche im Lichte undialektischer Kritik. In: Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, München 1993 [1964], S. 209. 4 Hans Albert: Traktat über kritische Vernunft, 5. verb. u. erw. Aufl., Tübingen 1991 [1968], S. 2. 5 Allen Adorno-Fans sei versichert, dass ich damit keineswegs die theoretischen Leistungen Adornos in Bausch und Bogen verdammen will. Ebenso verhält es sich übrigens mit vielen der hier kritisierten Interpreten. Das muss man angesichts linker Ticket- und Sektenmentalität leider immer wieder eigens betonen. 6 Vgl. kritisch zu diesen Theoretikern: Igor Sergeewitsch Narski: Dialektischer Widerspruch und Erkenntnislogik, Berlin 1973 [russ. 1969], S. 20f.

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Marxismus-Mystizismus - oder: die Verwandlung der Marxschen Theorie in deutsche Ideologie1

von

Ingo Elbe

„Die Deutschen sind, wenigstens auf dem Gebiet der Philosophie, so sehr an das Obskure, Unverständliche, Schwülstige, Verworrene gewöhnt, daß ihnen gerade das Verständliche das Unverständliche, das Klare das Dunkle, das Begreifliche das einzig Unbegreifliche ist“. (Ludwig Feuerbach)2

I.

Im Jahr 1964 monierte Hans Albert, seines Zeichens Vertreter des Kritischen Rationalismus im damaligen ‚Positivismusstreit’, den Gestus „dialektischer Verdunkelung“,3 mit dem Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas ihr Paradigma einer kritischen Gesellschaftstheorie von vermeintlich traditionellen Wissenschaftsstandards abzuheben gedachten. Diesen Gestus hat Albert später auch polemisch als Ausdruck einer „deutsche[n] Ideologie“4 bezeichnet, als deren bedeutendste Repräsentanten er Hegel und Heidegger ansah. Ohne die antihegelianische Hybris des Kritischen Rationalismus teilen zu müssen, ist im Rückblick tatsächlich zu konstatieren, dass im Gefolge Adornos,5 aber auch traditionellerer marxistischer Denker,6 in Fragen einer Methodologie kritischer Theorie einige obskurantistische Behauptungen in die sich antipositivistisch dünkende Linke Einzug gefunden haben, die bis heute fortwirken. Daran konnte

1 Erweiterte und überarbeitete Version eines 2007 in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift „Prodomo“ erschienenen Artikels. Ein weiterer Beitrag des Autors zu diesem Thema findet sich unter: http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/Anything-Ghost-Eine-Replik-auf.html. 2 Ludwig Feuerbach: Aus den „nachgelassenen Aphorismen“. In: Anthropologischer Materialismus. Ausgewählte Schriften, Bd. 1, Ff/M/ Berlin/ Wien 1985, S. 241. 3 Hans Albert: Der Mythos der totalen Vernunft. Dialektische Ansprüche im Lichte undialektischer Kritik. In: Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, München 1993 [1964], S. 209. 4 Hans Albert: Traktat über kritische Vernunft, 5. verb. u. erw. Aufl., Tübingen 1991 [1968], S. 2. 5 Allen Adorno-Fans sei versichert, dass ich damit keineswegs die theoretischen Leistungen Adornos in Bausch und Bogen verdammen will. Ebenso verhält es sich übrigens mit vielen der hier kritisierten Interpreten. Das muss man angesichts linker Ticket- und Sektenmentalität leider immer wieder eigens betonen. 6 Vgl. kritisch zu diesen Theoretikern: Igor Sergeewitsch Narski: Dialektischer Widerspruch und Erkenntnislogik, Berlin 1973 [russ. 1969], S. 20f.

auch eine ‚neue Marx-Lektüre’ wenig ändern. In dieser entwickelten sich solche Tendenzen bisweilen sogar in ihren extremsten Varianten – nun unter dem Label einer ‚Rekonstruktion’ der Kritik der politischen Ökonomie firmierend. Drei Momente sind hier vor allem zu nennen: Die fehlende Explikation der eigenen Begriffe bis hin zu den Kapriolen eines „regellosen Sprachspiel[s]“,7 die Jean Améry treffend als „Jargon der Dialektik“ bezeichnet hat; die Konfusion deskriptiver und normativer Ansprüche in einem äquivoken Kritik- und Rationalitätsbegriff; und letztlich die mystische Behauptung realer Paradoxien in der Wirklichkeit des Kapitalismus und der affirmative Bezug auf logische Widersprüche zu deren Erfassung, die in der Behauptung der Initiative Sozialistisches Forum, das Kapitalverhältnis sei „an sich selbst unverständlich, historisch und logisch“,8 ihre letzte und konsequente Schwundstufe erreicht. Die Beharrlichkeit, mit der von verschiedensten Interpreten versucht wird, offensichtlichen Unsinn in Marx’ Ökonomiekritik zu entdecken, diesen mit der Aura von wahlweise ‚theorie’- (ISF) oder ‚aufklärungskritischer’ (Krisis) Tiefsinnigkeit zu versehen und zur emphatischen Intention des Marxschen Ansatzes zu adeln, ist also in der Marx-Rezeption, insbesondere derjenigen der letzten 40 Jahre, kein neues Phänomen. Es geht dabei um nicht weniger als die Frage, was kritische Gesellschaftstheorie überhaupt bedeuten kann und in welcher Weise sie sich von ‚affirmativer’, ‚ideologischer’, ‚bürgerlicher’ oder ‚traditioneller’ Theorie abzugrenzen hat. Zur Klärung dieser Fragen könnten drei Herangehensweisen von Interesse sein: 1) Bezieht sich Kritische Theorie wesentlich auf Marx’ Ökonomiekritik als eine Art ‚discours de la méthode’,9 dann wäre zu ermitteln, in welcher Weise Marx Kritik an der politischen Ökonomie seiner Zeit übt, welche Wissenschaftsstandards er beibehält und welche er als gegenstandsinadäquat verabschiedet.10 2) Dabei könnte untersucht werden, inwiefern die von irrationalistischen Positionen vorgebrachten Unterstellungen eines ‚realparadoxen’ Kerns der Kritik der politischen Ökonomie, bzw. ihres

7 Jean Améry: Jargon der Dialektik. In: ders.: Werke, Bd. 6: Aufsätze zur Philosophie, Stuttgart 2004 [frz. 1967], S. 269. 8 Initiative Sozialistisches Forum (ISF): Der Theoretiker ist der Wert. Eine ideologiekritische Skizze der Wert- und Krisentheorie der Krisis-Gruppe, Freiburg 2000, S. 20. Vgl. auch ebenda, S. 13: „daß das Kapital eine – logisch betrachtet – unmögliche Vergesellschaftungsweise darstellt“. 9 Vgl. Max Horkheimer: Traditionelle und kritische Theorie. In: ders.: Gesammelte Schriften Bd. 4, Ff/M. 1988 [1937], S. 217. 10 Vgl. dazu Gerhard Stapelfeldt: Theorie der Gesellschaft und empirische Sozialforschung. Zur Logik der Aufklärung des Unbewussten, Freiburg 2004, S. 283-313.

Gegenstands, den Marxschen Intentionen angemessen sind.11 3) Anschließend wäre zu überprüfen, welche Berechtigung der bereits mit Lukács einsetzende und in der Frankfurter Schule ausgearbeitete positivismuskritische Marxismus hat und welche Parallelen bzw. Unterschiede es zur Positivismuskritik des kritischen Rationalismus und der analytischen Philosophie gibt.12 Aus nachvollziehbaren Gründen werde ich mich im Folgenden auf ausgewählte Aspekte des Punktes 2) beschränken. Dies macht auch deshalb Sinn, weil es in den diesem Aufsatz vorangegangenen Diskussionen vornehmlich um die Frage ging, ob die mystischen Positionen das ‚Kapital’ von Marx angemessen interpretieren, also etwas zum Verständnis des Textes beitragen, der allen Seiten der Debatte als unverzichtbare Grundlage einer emanzipatorischen Kritik des gegenwärtigen Zustands gilt. Die vielgeschmähte Marx-Exegese ist also unerlässlich, um die allzu freien ‚Rekonstruktionen’ wieder auf die unhintergehbare Materialität des Textes und dessen Kontext beziehen zu können, wovon jene sich bisweilen – ohne dies kenntlich zu machen – entfernt haben. Nicht, dass man sich nicht von Marx’ Text wegbewegen dürfe oder dort bereits alles gesagt sei. Doch sämtliche hier kritisierten Interpreten behaupten mit einem immensen exegetischen Aufwand, sie könnten sich auf das ‚Kapital’ oder wenigstens spezifische Diskursstränge darin stützen. Dies ist aber bezüglich der hier zur Diskussion stehenden Fragen ein Trugschluss. Ohne die Verdienste der Rekonstruktionsdebatte der neuen Marx-Lektüre schmälern zu wollen, auf denen auch dieser Text aufbaut, ohne die offenkundigen Verständnishürden und Ambivalenzen, die sich bei Marx tatsächlich finden, leugnen zu wollen, soll dem doch zuweilen beliebigen Zugriff auf den Marxschen Text der Satz von Helmut Fleischer entgegengehalten werden: „Die Marxisten haben ihren Marx immer wieder

11 Die Kritik irrationalistischer Positionen in der neueren Marx-Rezeption ist vor allem das Verdienst Dieter Wolfs. Vgl. seine ausführlichen Widerlegungen der Positionen von Lange, Backhaus, Theunissen, Furth, Fulda, Göhler und Colletti in Dieter Wolf: Ware und Geld. Der dialektische Widerspruch im Kapital, Hamburg 1985 sowie von Reichelt in D. Wolf: Kritische Theorie und Kritik der politischen Ökonomie. In: Berliner Verein zur Förderung der MEGA-Edition (Hg.), Wissenschaftliche Mitteilungen, Heft 3: Zur Konfusion des Wertbegriffs, Berlin 2004, S. 9-190. 12 Vgl. dazu in Ansätzen: Jürgen Ritsert: Methodischer Individualismus oder Totalitätsbezug? In: ders. (Hg.): Zur Wissenschaftslogik einer kritischen Soziologie, Ff/M. 1976; Ulrich Steinvorth: Eine analytische Interpretation der Marxschen Dialektik, Meisenheim am Glan 1977; Michael Schmid: Der Positivismusstreit in der Deutschen Soziologie. 30 Jahre danach. In: Logos N.F. I; Hans-Joachim Dahms: Positivismusstreit. Die Auseinandersetzungen der Frankfurter Schule mit dem logischen Positivismus, dem amerikanischen Pragmatismus und dem kritischen Rationalismus, Ff/M, 2. Aufl. 1998

einschneidend verändert. Nach alledem könnte es jetzt darauf ankommen, ihn eindringlich zu interpretieren“.13 Die Frage einer Begründung des Rationalitätsstandards, von dem ich ausgehe, kann hier nicht Thema sein. Es wäre zudem nicht an mir, einen wissenschaftlich etablierten Vernunfttypus zu legitimieren. Begründungen darf man von denen erwarten, die diesen zugunsten eines bisher nicht explizierten Standards verabschieden oder ‚aufheben’ wollen. Es stellt sich die Frage, weshalb man logische zugunsten logisch widersprüchlicher Aussagen aufgeben sollte und welcher Gegenstand eine solche Verfahrensweise erfordert. Ich werde im Folgenden zeigen, dass der Gegenstand des ‚Kapital’ dies nicht verlangt. Ein konsequent mit logischen Widersprüchen hantierendes Sprachspiel, das sei hier nur nebenbei bemerkt, lässt argumentative Willkür zu und macht damit jede Argumentation überflüssig bzw. verunmöglicht sogar jede gehaltvolle Aussage.14

II. Unterschiede machen.

Einige methodologische Vorbemerkungen Gegenstand dialektischer Darstellung in der Kritik der politischen Ökonomie ist die Struktur eines gesellschaftlichen Ganzen sowie dessen strukturbedingte Entwicklungstendenzen, seine innere Historizität. ‚Entwicklung’ der Formen gesellschaftlichen Reichtums (und Zwangs) bezeichnet nicht die Rekonstruktion ihrer geschichtlichen Entstehung, sondern die Erklärung einer Struktur 13 Helmut Fleischer: Den „Fall Marx“ historisch bearbeiten. In: Haug, F./ Krätke, M. (Hg.): Materialien zum Historisch-Kritischen Wörterbuch des Marxismus, Hamburg 1996. 14 Bereits Aristoteles hat eine transzendentale Begründung des Satzes vom ausgeschlossenen Widerspruch formuliert (Aristoteles: Metaphysik, 4. Aufl., Hamburg 2005, 4. Buch): Etwas aussagen heißt demzufolge immer etwas zu verstehen geben. Etwas zu verstehen geben bedeutet etwas Bestimmtes mitteilen. Etwas Bestimmtes mitteilen wiederum kann man nur, wenn ein Prädikat nicht zugleich sein Gegenteil bedeutet. Jeder, der gegen den Satz vom Widerspruch argumentiert, nimmt also implizit das in Anspruch, was er explizit negiert. Vgl. Ernst Tugendhat/ Ursula Wolf: Logisch-semantische Propädeutik, Stuttgart 2004, Kap. 4 sowie Karl R. Popper: Was ist Dialektik? In: E. Topitsch (Hg.): Logik der Sozialwissenschaften, Köln 1966 [engl. 1940], S. 267ff. sowie F.O. Wolf: Schwierigkeiten mit der materialistischen Dialektik (Fragmente). In: ders.: Umwege. Politische Theorie in der Krise des Marxismus, Hannover 1983, S. 115: „Wenn wahre Aussagen über die Welt notwendig kontradiktorisch sind, ist es weder möglich, irgend etwas Bestimmtes über die Welt zu erkennen – da aus einer formallogischen Kontradiktion jegliche beliebige andere Aussage ableitbar ist (sowie auch deren jeweilige Negation), noch gar irgendeine Behauptung über die Welt als wahr zu begründen, da jeder irgendwie begründeten Behauptung kraft der logischen Implikation der Kontradiktion wiederum jede beliebige andere Behauptung mit gleichem Recht entgegengestellt werden kann“.

gleichzeitig existierender und sich wechselseitig voraus-/ setzender Formen. Dialektische Darstellung ist primär die begriffliche Reproduktion eines unter bestimmten, nicht vom System selbst gesetzten Bedingungen produzierten und sich stets reproduzierenden Gegenstands, der ‚an sich’ real existiert, aber ‚für uns’, als begriffener Gegenstand, noch entfaltet werden muss. Für die begriffliche Entwicklung besteht damit die Notwendigkeit eines Nacheinanders in der Darstellung. Denn es ist unmöglich, reell gleichzeitig existierende Formen sprachlich ebenso gleichzeitig zu reproduzieren. Marx’ Theorie im ‚Kapital’ ist dabei Wesenserkenntnis im Sinne der Rekonstruktion eines empirisch nicht unmittelbar erfassbaren gesellschaftlichen Struktur- und Handlungszusammenhangs – und zwar mittels der Erarbeitung einer nichtempirischen Theorieebene15 die die Erklärung empirischer Erscheinungsformen, wie die des Geldes oder des Profits, allererst ermöglicht. Marx verfolgt damit ein „Prinzip der Entwicklung der ökonomischen Kategorien bei Differenzierung unterschiedlicher Abstraktionsebenen“.16 Kategorien wie abstrakte Arbeit, Wert oder Mehrwert haben dabei keine unmittelbaren empirischen Referenten, die Aufeinanderfolge der Kategorien (z.B. Ware und Geld) ist nicht als eine historische von jeweils für sich existierenden Sachverhalten zu verstehen, sondern als begriffliche Analyse. Es sind also unterschiedliche Abstraktionsebenen zu unterscheiden. Hinzu kommt, dass Marx nicht nur den realen Zusammenhang von Reichtumsformen analysiert, sondern daraus zugleich erklärt, warum diese als Naturformen menschlichen Zusammenlebens verkannt werden. Es sind also zusätzlich zwei Analyseebenen, Formanalyse und Ideologiekritik, zu unterscheiden. Dass Marx auch durch Theoriekritik der politischen Ökonomie zentrale Erkenntnisse gewinnt, bedeutet nicht, dass Formtheorie mit Ideologiekritik identisch ist. Beide sind verbunden, müssen aber hinsichtlich ihres Aussagengehalts insofern getrennt werden, als Marx mit bestimmten Aussagen die verkehrten Auffassungen der politischen Ökonomie referiert, um sie aus der Formanalyse heraus als notwendig falsche zu erklären. Eine Vielzahl von mystischen Deutungen zentraler Kategorien des ‚Kapital’ ist dem Unverständnis der 15 Die Unterscheidung empirischer von nichtempirischen Theorieebenen geht nicht davon aus, es gebe eine theoriefreie Beobachtungssprache, deren Terme bedeutungsinvariant bleiben, wenn die anderen Theorieelemente sich wandeln. Sie ist gerade gegen diese empiristische Trennung von Beobachtungs- und Theoriesprache gerichtet. Vgl. dazu Alfred Bohnen: Zur Kritik des modernen Empirismus. Beobachtungssprache, Beobachtungstatsachen und Theorien. In: H. Albert (Hg.): Theorie und Realität. Ausgewählte Aufsätze zur Wissenschaftslehre der Sozialwissenschaften, 2. veränd. Aufl., Tübingen 1972 sowie Hans Poser: Wissenschaftstheorie. Eine philosophische Einführung, Stuttgart 2001, S. 73-103. 16 Jan Hoff: Kritik der klassischen politischen Ökonomie. Zur Rezeption der werttheoretischen Ansätze ökonomischer Klassiker durch Karl Marx, Köln, S. 78.

Abstraktions- und Analyseebenen der Marxschen Darstellung der Reichtumsformen geschuldet. So werden z.B. metatheoretische Aussagen, in denen Marx den im Rahmen des jeweiligen Abstraktionslevels bereits erreichten Erkenntnisstand über das Objekt der Analyse reflektiert, als letztgültige objekttheoretische Aussagen missverstanden (Beispiel: Wert als „Gedankending“) oder es werden Aussagen über die (verkehrte) gedankliche Verarbeitung der existierenden Reichtumsformen seitens der Warenbesitzer als Beschreibungen der wirklichen Struktur des Gegenstands verstanden (Beispiele: „objektive Gedankenformen“, „verrückte Formen“ oder „automatisches Subjekt“). Die meisten der unten besprochenen Beispiele eines marxistischen Obskurantismus betreffen die Deutung der ‚dialektischen Einheit’ widersprüchlicher Momente. Dialektisches Denken impliziert eine Unterscheidung von Verstand und Vernunft. Verständiges Denken ist dabei als solches definiert, das bei unvermittelten Gegensätzen stehen bleibt und sie fixiert (also nur 'Realoppositionen' kennt), vernünftiges hingegen als eines, das zudem deren Vermittlungen/ Einheit/ Zusammengehörigkeit berücksichtigt.17 Es kommt nun darauf an, wie die Begriffe Vermittlung/ Einheit/ Zusammengehörigkeit verstanden werden. Das scheint der Kern der Frage zu sein, inwiefern der Gegenstand des ‚Kapital’ ein rational (im Sinne von vernünftig) begreifbarer ist. Im Gegensatz zu einer vorschnellen und scheinbar besonders tiefsinnigen Identifizierung von dialektischen mit logischen Widersprüchen, muss festgehalten werden, dass in der Marxschen Dialektik ein Vernunfttypus präsent ist, der innere Vermittlungen denkt und zugleich auf „bleibende Differenz[en] innerhalb der Vermittlung“18 pocht. Marx’ Konzept des Widerspruchs, der Bewegungsformen findet, schließt somit „die Vermittlung der Extreme ein, ohne daß diese miteinander vermischt werden“.19 Ein solches Konzept von Dialektik kommt ohne die theologisch-phantastische Welt hölzerner Eisen aus und braucht nicht von Dingen zu reden, die zugleich und in derselben Hinsicht Gesellschaftliches und Ungesellschaftliches sind. Dies wäre überhaupt die Voraussetzung einer Kritik, welche die Gegenwart zu begreifen und nicht bloß zu be- und verurteilen weiß.20

17 Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (Gesammelte Werke, Bd. 20), Hamburg 1992 [1830]: „Das Denken als Verstand bleibt bei der festen Bestimmung und der Unterschiedenheit derselben gegen andere stehen“ (§ 80, S. 118). „Das Spekulative oder Positiv-Vernünftige faßt die Einheit der Bestimmungen in ihrer Entgegensetzung“ (§ 82, S. 120). 18 Andreas Arndt: Unmittelbarkeit, Bielefeld 2004, S. 42. 19 Wolf, Ware und Geld, a.a.O., S. 328. 20 Vgl. MEW 23, S. 528.

III.

Das ‚credo, quia absurdum est’21 marxistischer Theologen

„die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik“ (Karl Marx)22 Eine kleine Auswahl gängiger irrationalistischer Behauptungen wird nun kurz, kursiv gesetzt, referiert, bzw. in Frageform dargelegt. Die Antwort/ Widerlegung folgt dann jeweils auf dem Fuße. Dabei bin ich mir der Tatsache bewusst, dass hier sehr unterschiedliche Theoretiker unter das Label ‚Mystizismus’ subsumiert werden. Weder soll damit behauptet werden, die Differenzen zwischen diesen Interpreten seien irrelevant noch, deren Beiträge gingen vollends in irrationalistischen Behauptungen auf. An der Tatsache der Verwendung irrationaler Argumentationsmuster seitens der erwähnten Theoretiker ändert dieser Vorbehalt aber nichts. 1. Zeigt sich der realparadoxe Charakter des Gegenstands der Ökonomiekritik nicht bereits daran, daß der Wert „die identische Präsenz des logisch einander Ausschließenden“,23 die Ware „wie der Christ [...] die Einheit des Endlichen und des Unendlichen [...] gleichzeitig Sein und Nichtsein“24 ist, „ein ‚Ding’“ bezeichnet, „das doch kein Ding ist“25 oder anders ausgedrückt Waren „als Sachen real geworden [sind], obwohl sie keine Sachen sind“, weil sie „ein Produkt der Entfremdung, [...] irreale, wenn auch versachlichte Größen“26 darstellen? Ist nicht die „komplizierte Beziehung“27 von Tauschwert und Gebrauchswert allein in einer einzigen Fußnote aus einer Selbstverständigungsschrift Marxens richtig erfasst worden, in der es heißt: „Ist nicht Wert als die Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert zu fassen? An

21 „Ich glaube, weil es widersinnig ist“. 22 MEW 1, S. 378. 23 ISF, Der Theoretiker ist der Wert, S. 19. 24 Anselm Jappe: Die Abenteuer der Ware. Für eine neue Wertkritik, Münster 2005, S. 193. 25 Jürgen Schampel: Das Warenmärchen. Über den Symbolcharakter der Ware im „Kapital“ von Karl Marx, Königstein/ Ts. 1982, S. 15. 26 Lucio Colletti: Marxismus und Dialektik. In: ders.: Marxismus und Dialektik, Ff/M./ Berlin/ Wien 1977 [ital. 1974], S. 35. 27 Wolfgang Pohrt: Theorie des Gebrauchswerts. Über die Vergänglichkeit der historischen Voraussetzungen, unter denen das Kapital Gebrauchswert setzt, 2. Aufl., Berlin 2001 [1976], S. 107.

und für sich ist Wert als solcher das Allgemeine gegen Gebrauchswert und Tauschwert als besondre Form desselben?“.28 Die Einheitsdimension von Gebrauchswert und Wert ist ohne jeden logischen Widerspruch denkbar.29 Zunächst gilt der Wert selbst als gesellschaftliche Einheitsdimension von Privatprodukten, was nicht bedeutet, dass er eine Gleichsetzung total verschiedener Dinge in ihrer Verschiedenheit wäre. Die isoliert voneinander produzierten Güter werden als Waren, das heißt durch das Absehen von ihren Gebrauchswerten und das Reduzieren auf Produkte abstrakter Arbeit, in ihrer Wertdimension aufeinander bezogen und so vergesellschaftet. Der Wertgrund ist die abstrakte Arbeit als Realabstraktion. Abstrakte Arbeit als Nominalabstraktion30 ist eine Eigenschaft, die jeder Ware als Produkt menschlicher Arbeit zugrunde liegt. Das allein macht sie allerdings noch nicht zur Wertsubstanz. Wertsubstanz wird sie erst, sobald Arbeitsprodukte in ihrer Eigenschaft als bloße Produkte menschlicher Arbeit im Tausch aufeinander bezogen werden. Damit ist die Wertsubstanz eine rein relationale Eigenschaft, die nicht-relationale Eigenschaften, nämlich konkrete Arbeiten und Gebrauchswerte, als Träger besitzt. Der Gebrauchswert ist zwar auch eine Relation (die Nützlichkeit von Gegenständen für Menschen), aber erstens ist diese Nützlichkeit nicht ohne objektive Eigenschaften dieser Gegenstände zu denken (Marx’ Rede vom ‚Naturstoff’) und zweitens ist es nicht von bestimmten sozialen Verhältnissen abhängig, dass es überhaupt Gebrauchswerte gibt. In die Werteigenschaft hingegen geht „kein Atom Naturstoff“31 ein und sie stellt gerade eine historisch-spezifische soziale Relation dar. Vom Wert als Einheitsdimension zu unterscheiden ist die Ware als Einheit von Gebrauchswert und Wert, die zunächst nur das Nebeneinanderbestehen zweier verschiedener Bestimmungen – stofflicher und gesellschaftlicher – desselben Gegenstands meint. Eine Ware ist „in einer gesellschaftlich-unspezifischen Hinsicht Gebrauchswert, d.h. ein Stück bearbeiteter Natur [...], und in einer gesellschaftlich-spezifischen Hinsicht Wert“.32 Im Jahre 1879/80 kritisiert Marx an Adolph Wagner genau die oben zitierte identitätsphilosophische Konzeptualisierung des Verhältnisses von

28 MEW 42, S. 193 (FN). 29 Vgl. dazu ausführlich Dieter Wolf: Der dialektische Widerspruch im Kapital. Ein Beitrag zur Marxschen Werttheorie, Hamburg 2002 [1985], S. 166-172. 30 Mittels einer vom Theoretiker vorgenommenen Abstraktion wird von der Besonderheit spezifischer Arbeiten abgesehen und diese auf ihre gemeinsame Eigenschaft, Verausgabungen menschlicher Arbeitskraft schlechthin zu sein, reduziert. 31 MEW 23, S. 62 (Hervorhebung von mir, I.E.). 32 Wolf, Ware und Geld, a.a.O., S. 187.

Gebrauchswert und Wert aus der Fußnote der ‚Grundrisse’: Marx wirft Wagner vor, „dem deutsch-vaterländischen Professoral-‚Bestreben’ zu folgen“,33 Gebrauchswert und Wert zu konfundieren, indem der Wert als gesellschaftliche Einheitsdimension der Waren mit der Einheit von Gebrauchswert und Wert der jeweiligen Waren vermischt werde. Gebrauchswert und Tauschwert werden bei Wagner demnach einander gegenübergestellt und zugleich aus dem Wert als vermeintlich über beide Seiten übergreifende und ihnen zugrundeliegende Einheitsdimension erklärt. Analog zu Hegels identitätsphilosophischer Lösung des Gegensatzes von Geist und Natur, in der der absolute Geist das über den endlichen Geist und die Natur übergreifende Dritte darstellt, das sich vermittelt über diesen Gegensatz zu sich selbst verhält, verdoppelt sich bei Wagner der Wert in Gebrauchswert und Tauschwert, wird so als mystische Identität von Identität und Nichtidentität begriffen. Auch hinsichtlich der Bestimmung des Kapitals ist dieses Konzept nicht zu retten. Wolfgang Pohrt hat es dennoch versucht, indem er Kapital, statt es als über Waren und Geld übergreifenden,34 prozessierenden Wert zu fassen, als die Gestalt von Geld und (dinglichen) Gebrauchswerten annehmende Substanz begriff.35 2. Setzt dann nicht wenigstens Geld „die Prinzipien der Logik: den Satz der Identität, den Satz vom zu vermeidenden Widerspruch und den vom ausgeschlossenen Dritten außer Kraft“, weil es „zugleich und in derselben Hinsicht Ding und Nicht-Ding, nämlich gesellschaftliches Verhältnis“36 ist? Sagt Marx nicht auch im folgenden Zitat, dass für ihn das theologische Mysterium eines zugleich und in derselben Hinsicht Abstrakt-Konkreten, Sinnlich-Übersinnlichen, ein „buchstäbliche[s] körperliche[s] Erscheinen der

33 MEW 19, S. 371. 34 Kapital ist nach Marx eine „Substanz, für welche Ware und Geld beide bloße Formen“ (MEW 23, S. 169 – Hervorhebung von mir, I.E.). Allerdings sind bezüglich des Kapitalbegriffs tatsächlich noch einige kategoriale Schärfungen vorzunehmen, die unter anderem die Frage des Grundes von Wertquantität und Wertqualität betreffen. Eine der Diskussion um die Wertform- und Geldanalyse vergleichbare Debatte hat es in dieser Ausführlichkeit auch nicht innerhalb der neuen Marx-Lektüre gegeben. 35 Vgl. Pohrt, Theorie des Gebrauchswerts, a.a.O., S. 108. Damit ist seine vermeintlich historische Diagnose, Kapital sei „kein Verhältnis mehr. Der Schein ist wirklich geworden, das Kapital Sache“ (ebenda, S. 122), bereits in seinem theoretischen Kapitalbegriff vorweggenommen, die Diagnose damit ihres Sinns beraubt. 36 Frank Kuhne: Begriff und Zitat bei Marx. Die idealistische Struktur des Kapitals und ihre nicht-idealistische Darstellung, Lüneburg 1995, S. 32. Auch die ISF versteht bereits die Wertform als Inkarnation des Werts, als präsentisches Symbol, in dem das Übersinnliche buchstäblich wohnt, vgl. ISF, Der Theoretiker ist der Wert, a.a.O., S. 22.

Abstraktion“37 existiert: „Es ist als ob neben und außer Löwen, Tigern, Hasen und allen andern wirklichen Thieren [...] auch noch d a s T h i e r existierte, die individuelle Incarnation des ganzen Thierreichs“.38 Wertgegenständlichkeit kommt den Produkten nur innerhalb eines spezifisch gesellschaftlichen Verhältnisses von Sachen zu. Dieser Bezug aufeinander geht aber nicht von den Sachen aus und entspringt nicht ihrem physischen Sosein. Sie werden von Menschen unter bestimmten (privat-arbeitsteiligen) Vergesellschaftungsbedingungen ihrer Arbeit in ein solches Verhältnis zueinander gesetzt, was ihre Eigenschaften als Wertdinge erst hervorbringt. Die Sachen haben nun eine über ihre physische Dingeigenschaft, die ihnen auch selbständig zukommt, hinausreichende Bedeutung. Aber: „Waaren sind Sachen. Was sie sind, müssen sie sachlich sein oder in ihren eignen sachlichen Beziehungen zeigen“.39 Wertsubstanz und Wert müssen notwendig erscheinen. Die Gesellschaftlichkeit der Warendinge, ihre Wertdimension, kann sich nur in der Gebrauchswertdimension der jeweils anderen Waren, letztlich einer ausgeschlossenen Ware, äußern. Dies liegt nicht nur in der rein gesellschaftlichen Existenzweise des Werts, sondern auch in der spezifischen Ausdrucksweise der Gesellschaftlichkeit von Gegenständen begründet: „Da der Wert der einzelnen Ware in keinem von ihrem Gebrauchswert verschiedenen Medium erscheinen kann (die Ware ist ein toter Gegenstand, der keine Gesten hat, keine Sprache besitzt usw.), kann der Wert an ihr überhaupt nicht erscheinen. Die Ware ist nicht als das vom Gebrauchswert verschiedene Gesellschaftliche, sondern einzig und allein als Gebrauchswert faßbar. Muß die Ware als Wert erscheinen und kann sie dies in keinem andern Medium als in dem des Gebrauchswerts tun, dann kann die Ware nur in einem Gebrauchswert erscheinen, der vom Gebrauchswert der Ware verschieden ist“.40 In der Wertform (dem Tauschwert) erhält der Wert (ein Gesellschaftlich-Allgemeines, ein Verhältnis) sinnlich-gegenständliche Selbständigkeit. Das Allgemeine (der Wert) tritt wie ein Konkretes neben die konkreten Dinge (Gebrauchswerte). Dieses individuelle Allgemeine hat in der Tat wesentliche Eigenschaften mit dem christlichen Gott gemein.41 Es ist aber nur ein „Als ob“! Dieses „Als ob“ im

37 Kurz, Geschlechtsfetischismus. In: Krisis Nr. 12/1992, S. 140. 38 MEGA II/5, S. 37. 39 Ebenda, S. 30. 40 Wolf, Der dialektische Widerspruch im Kapital, a.a.O., S. 141. 41 Vgl. MEGA II/5, S. 37: „Ein solches Einzelne, das in sich selbst alle wirklich vorhandenen Arten derselben Sache einbegreift, ist ein Allgemeines, wie Thier, Gott u.s.w.“. Vgl. auch Ludwig Feuerbach: Das Wesen des Christentums, Stuttgart 1988 [1843/49], S. 241: „Gott ist der Begriff der Gattung als eines Individuums [...] Gott liebt nicht, er ist selbst die Liebe; er

obigen Marx-Zitat übersehen viele marxistische Interpreten, weil es ihnen offenbar nicht in den Kram passt, dass Marx eben keinen inkarnierten heiligen Geist, kein zugleich und in derselben Hinsicht sinnliches und übersinnliches, konkretes und allgemeines ‚Ding’ als real annimmt. Zwar kommt es durch die Darstellung des Werts der Ware A im Gebrauchswert der Ware B zu einer – von der Eigenschaft beider Waren als Einheiten von Gebrauchswert und Wert zu unterscheidenden – ‚Vereinigung’ des Werts der ersten mit dem Gebrauchswert der zweiten Ware. Die Naturalform von B gilt aber im Rahmen dieses Verhältnisses lediglich als Wertform von A. Es verwandelt sich dabei weder der Wert (von A) in den Gebrauchswert (von B) noch der Gebrauchswert (von B) in den Wert (von A). Die Wertform ‚x Ware A ist y Ware B wert’ ist ein polarischer Gegensatz. Dessen Pole sind Reflexionsbestimmungen, d.h. Eigenschaften, die ihnen nur innerhalb ihres Verhältnisses aufeinander zukommen. Die irrationale Auffassung, in der Wertform entstehe eine reale Verschmelzung von Gebrauchswert und Wert, konkreter und abstrakter Arbeit, Privatarbeit und gesellschaftlicher Arbeit, erliegt gerade dem Warenfetisch, der relationale Eigenschaften als Dingeigenschaften begreift. 3. Was ist mit den Stellen, in denen Marx vom „Paradoxon der Wirklichkeit“42 redet, das sich in Sprachparadoxien reflektiere,43 oder die „wirkliche Verkehrung“44 anführt, ja diese als „mystisch[e]“ Anordnung eines Konkreten als „Verwirklichungsform des Abstrakt-Allgemeinen“45 bezeichnet? Tauchen da nicht die Realparadoxien auf, von denen gerade noch behauptet wurde, dass es sie nicht gebe? Und ist es nicht auch Marx’ Bezeichnung der Ware als

lebt nicht, er ist das Leben; er ist nicht gerecht, sondern die Gerechtigkeit selbst, nicht eine Person, sondern die Persönlichkeit selbst – die Gattung, die Idee unmittelbar als Wirkliches“. 42 MEW 26.3, S. 134. 43 Vgl. Gerhard Göhler: Die Reduktion der Dialektik durch Marx. Strukturveränderungen der dialektischen Entwicklung in der Kritik der politischen Ökonomie, Stuttgart 1980, S. 42. 44 MEW 26.3, S. 445. 45 MEGA II/5, S. 634. Der Passus lautet: „Innerhalb des Werthverhältnisses und des darin einbegriffenen Werthausdrucks gilt das abstrakt Allgemeine nicht als Eigenschaft des Konkreten, Sinnlich-Wirklichen, sondern umgekehrt das Sinnlich-Konkrete als bloße Erscheinungs- oder bestimmte Verwirklichungsform des Abstrakt-Allgemeinen [...] Diese Verkehrung, wodurch das Sinnlich-Konkrete nur als Erscheinungsform des Abstrakt-Allgemeinen, nicht das Abstrakt-Allgemeine umgekehrt als Eigenschaft des Konkreten gilt, charakterisirt den Werthausdruck. Sie macht zugleich sein Verständniß schwierig. Sage ich: Römisches Recht und deutsches Recht sind beide Rechte, so ist das selbstverständlich. Sage ich dagegen: Das Recht, dieses Abstraktum, verwirklicht sich im römischen Recht und im deutschen Recht, diesen konkreten Rechten, so wird der Zusammenhang mystisch“.

„sinnlich-übersinnliches Ding“46, die „formaler Logik hohn[spricht]“ ?47 All das zwingt uns doch, Marx’ Rede von den „theologische[n] Mucken“48 der Ware „w ö r t l i c h zu nehmen. Er besagt also, daß die Ware theologisch ist in dem Sinne, den dieser Begriff in der Anthropologie Feuerbachs und des jungen Marx hat“.49 Der Sinn der Bezeichnung einer Ware als sinnlich-übersinnliches Ding besteht darin, dass die Ware Einheit von natürlichen Eigenschaften und gesellschaftlichen Bestimmungen ist50. In die gesellschaftlichen Eigenschaften geht Marx zufolge „kein Atom Naturstoff“51 ein. Arbeitsprodukte erhalten „[e]rst innerhalb ihres Austauschs [...] eine von ihrer sinnlich verschiednen Gebrauchsgegenständlichkeit getrennte“, nicht unmittelbar wahrnehmbare „gesellschaftlich gleiche Wertgegenständlichkeit“.52 Wir haben es also wieder mit sinnlichen und unsinnlichen Eigenschaften in verschiedener Hinsicht zu tun. Die „theologische[n] Mucken“,53 von denen Marx spricht, beziehen sich hingegen auf die Vorstellung, die Ware habe unabhängig vom gesellschaftlichen Bezug der Arbeitsprodukte die sachliche Eigenschaft, Wertding zu sein, sei also ein gesellschaftlich-ungesellschaftliches, übersinnlich-sinnliches Wesen in derselben Hinsicht zur selben Zeit. Die Bezeichnung „theologisch“ ist hinsichtlich der Struktur des Warenfetischs durchaus präzise. Denn Gott ist in der christlichen Vorstellung ein „Mittelding voll Widerspruch“, „ein sinnliches

46 MEW 23, S. 85 47 Uli Krug: Gebrauchswert und „Wertkritik“. Ein Marx teilt sich nicht in zwei. In: Bahamas Nr. 28/ 1999. 48 MEW 23, S. 85. 49 Jacques Rancière: Der Begriff der Kritik und die Kritik der politischen Ökonomie von den „Pariser Manuskripten“ zum „Kapital“, Berlin 1972 [frz. 1966], S. 51. Rancière widerlegt allerdings an späterer Stelle seines Werkes diese These selber. Vgl. u.a. ebenda, S. 106, 110. 50 Diese gesellschaftlichen Bestimmungen sind allerdings nicht ‚übernatürlich’ in einem supranaturalistischen Sinn, wie Rancière (Begriff der Kritik, S. 51) oder Schampel (Das Warenmärchen, S. 36) zunächst nahe legen. Hier hätte die Berücksichtigung der semantischen Schichten des Naturbegriffes, wie sie David Hume vorgenommen hat, beide vor Missverständnissen bewahren können. Hume unterscheidet die Oppositionen natürlich-übernatürlich (supranatural), natürlich-unnatürlich (außergewöhnlich) und natürlich-konventionell (kulturell) (vgl. David Hume: Traktat über die menschliche Natur, Hamburg 1978 [engl. 1739f.], S. 216). Wenn Marx vom übersinnlichen Charakter des Werts spricht, so meint er damit ein nicht unmittelbar wahrnehmbares natürliches (d.h. innerweltliches) Phänomen i.S. der ersten Opposition, und ein nichtnatürliches (d.h. gesellschaftliches) Phänomen i.S. der dritten Opposition, auch wenn es nicht konventionell im engeren Sinn des Wortes ist. 51 MEW 23, S. 62. 52 Ebenda, S. 87. 53 Ebenda, S. 85.

Sein, dem aber alle Bestimmungen der Sinnlichkeit abgehen – also ein unsinnliches sinnliches Sein“.54 Auch die anderen Stellen lassen sich ohne die Annahme von Realparadoxien deuten: Man muss nur z.B. auf S. 134 der ‚Theorien über den Mehrwert’ weiterlesen und findet, dass Marx die Widersprüche benennt, die daraus hervorgehen, dass Privatarbeit sich als gesellschaftliche und diese sich wiederum in Dingen darstellen muss. Im ‚Kapital’ wird dieser Zusammenhang weiter entfaltet – und zwar, wie ich gezeigt habe, ohne jede ‚Realparadoxie’. Damit ist diese Stelle untauglich, um die These einer Realparadoxie zu stützen, auch wenn Marx dieses Wort unachtsam verwendet haben mag. Schließlich behandelt das Zitat, in dem Marx vom Konkreten als der „Verwirklichungsform des Abstrakt-Allgemeinen“ spricht, die Erscheinungsform des Werts (eines Allgemeinen, einer relationalen Eigenschaft) im Gebrauchswert (einem Konkreten, einer intrinsischen Eigenschaft): „Diese Verkehrung, wodurch das Sinnlich-Konkrete nur als Erscheinungsform des Abstrakt-Allgemeinen, nicht das Abstrakt-Allgemeine umgekehrt als Eigenschaft des Konkreten gilt, charakterisirt den Werthausdruck“. Da im Wertausdruck 20 Ellen Leinwand 1 Rock wert sind, wird die Schneiderarbeit zur Erscheinungsform abstrakt-menschlicher Arbeit schlechthin. Es wird zugleich auf die mögliche Verkennung dieses Verhältnisses verwiesen ("mystisch"), die durch das eigentümliche und als solches nicht empirisch zu erfassende Repräsentationsverhältnis bedingt wird. Entscheidend ist, dass Marx selbst hier nicht eine 'reale Mystik' entdeckt zu haben beansprucht, sondern lediglich Gesellschaftliches (Allgemeines) in nicht-nominalistischer Weise theoretisiert. In der Tat ist ja der Topos einer Herrschaft von Abstraktionen55 eine wesentliche Einsicht, die gelegentlich mit Marx’ zweiter Hegel-Rezeption in Verbindung gebracht wird.56 Hiermit soll die Verselbständigung eines mittels realer 54 Feuerbach, Das Wesen des Christentums, a.a.O., S. 305. 55 Vgl. MEW 42, S. 97: „Diese sachlichen Abhängigkeitsverhältnisse im Gegensatz zu den persönlichen erscheinen auch so (das sachliche Abhängigkeitsverhältnis ist nichts als die den scheinbar unabhängigen Individuen selbständig gegenübertretenden gesellschaftlichen Beziehungen, d.h. ihre ihnen selbst gegenüber verselbständigten wechselseitigen Produktionsbeziehungen), daß die Individuen nun von Abstraktionen beherrscht werden, während sie früher voneinander abhingen. Die Abstraktion oder Idee ist aber nichts als der theoretische Ausdruck jener materiellen Verhältnisse, die Herr über sie sind“. 56 Vgl. zu diesem seit den Arbeiten Alfred Schmidts und Helmut Reichelts in der neuen Marx-Lektüre geläufigen Ansatz v.a. Heinz-Dieter Kittsteiner: Naturabsicht und unsichtbare Hand, Ff/M./ Berlin/ Wien 1980, Kapitel 1. Marx halte die Hegelschen Abstraktionen nicht bloß für Hypostasierungen von sinnlich Konkretem, sondern für mystifizierte Ausdrücke für die Herrschaft struktureller Zwänge, vornehmlich der Realabstraktion Wert. Weder wird dadurch Marx aber zu einem klassischen Universalienrealisten noch hat sein früherer Modus der Hegel-Kritik reale Allgemeinheiten, resp. wirkliche soziale Zusammenhänge, ausgeschlossen.

Abstraktionen im Tauschakt bewerkstelligten sozialen Zusammenhangs gegenüber den Intentionen von Individuen und den Plänen von Kollektiven verdeutlicht werden. Es gibt also Marx zufolge wirksame Abstraktionen, die von Menschen unwillkürlich im gesellschaftlichen Verhältnis ihrer Arbeitsprodukte hervorgebracht werden. In diesem Kontext distanziert sich Marx aber zugleich von allen mystischen Auslegungen der mit dem Wert als Realabstraktion und seiner Erscheinungsformen einhergehenden Sachverhalte. So ist der Verwirklichungs-Begriff nicht wörtlich zu nehmen. Es ‚verwirklicht’ sich der Wert nicht im Gebrauchswert der zweiten Ware in dem Sinne, dass er ihn schaffen würde, das Abstrakte aus sich heraus durch Selbstunterscheidung ein Besonderes hervorbrächte57. Hier ist lediglich ein Geltungsverhältnis angesprochen („als Eigenschaft des Konkreten gilt“), in dem ein vor dem und unabhängig vom Allgemeinen existierendes Konkretes und Materielles (ein spezifischer Gebrauchswert) einen spezifisch gesellschaftlichen Zusammenhang symbolisiert. Hegel wird hingegen vorgeworfen, nur sein hypostasierter Begriff bringe es fertig, sich ohne äußeren Stoff zu objektivieren.58 Diese Aussage steht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem obengenannten Zitat zur Verkehrung. 4. Ist es nicht Marx höchstselbst, der die Entstehung des Mehrwerts als logischen Widerspruch bezeichnet, indem er sagt: „Kapital kann also nicht aus der Zirkulation entspringen und es kann ebensowenig aus der Zirkulation nicht entspringen. Es muß zugleich in ihr und nicht in ihr entspringen“?59 Dies ist ein logischer Widerspruch, den Marx als Problemantinomie einführt, um eine Erkenntnis vor den Augen des Lesers nachzuvollziehen, die er selbst längst besitzt. Diese Antinomie ist einer Ebene der Darstellung im ‚Kapital’ geschuldet, die die Funktion des Aufspürens dialektischer Widersprüche in noch unpräziser, den realen Verhältnissen nur ähnlicher Form erfüllt. Ihr wird im

Dies gilt bereits für Feuerbach, dessen Kritikmodus der Umstülpung Hegels Marx zunächst noch folgt. Nicht einmal Feuerbach vertritt einen konsequenten Nominalismus; vgl. Ludwig Feuerbach: Grundsätze der Philosophie der Zukunft. In: Anthropologischer Materialismus. Ausgewählte Schriften, Bd. 1, Ff/M/ Berlin/ Wien 1985 [1843], S. 150, aber dagegen ders., Kritische Bemerkungen zu den Grundsätzen der Philosophie. In: ebenda, S. 160 sowie ders., Aus den „nachgelassenen Aphorismen“, a.a.O., S. 242. 57 Wie z.B. Schampel (Das Warenmärchen, a.a.O., S. 36) meint: Der Tauschwert werde „zum Ort einer spirituellen Materialisation: in ihm erscheint das Übersinnliche sinnlich“. 58 „Bloß der Hegel’sche ‚Begriff’ bringt es fertig, sich ohne äußern Stoff zu objektiviren“ (MEGA II/5, S. 31). 59 MEW 23, S. 180f.

Kontext der Kritik der politischen Ökonomie nur der Status „didaktische[r] Probleme“ zuteil, die „die durchlaufene Erkenntnisbewegung reproduzieren, d.h. heuristisch vorher gestellte (und dabei gelöste) Probleme reproduzieren“.60 Diese Struktur findet der analytische Marxist Igor S. Narski vor allem in der oben angeführten Zirkulations-Produktions-Antinomie im ‚Kapital’ wieder: Dort wird im Zuge der Thematisierung der ‚Widersprüche der allgemeinen Formel’ (G-W-G) und der Frage der begrifflichen Fassbarkeit des Kapitals formuliert: „Kapital kann also nicht aus der Zirkulation entspringen und es kann ebensowenig aus der Zirkulation nicht entspringen. Es muß zugleich in ihr und nicht in ihr entspringen [...] Dies sind die Bedingungen des Problems“ (Marx). Die Synthese als Aufhebung dieses Widerspruchs darf jedoch keinesfalls mit der Konjunktion der widersprüchlichen Aussagen verwechselt werden. Soll die Antinomie einen dialektischen Widerspruch anzeigen, so muss über sie hinausgegangen werden, und insofern ist ihre logische Struktur ‚A – Non A’ nur im Sinne einer unpräzisierten logisch nicht-widersprüchlichen als statthaft zu erachten. Das heißt, die Struktur ‚entsteht in der Zirkulation und entsteht nicht in der Zirkulation’, die als kontradiktorischer Widerspruch auftritt – K ist B und Nicht-B zur selben Zeit und in derselben Hinsicht –, muss als Schein-Antinomie61 erwiesen und in die Struktur des nicht-logischen, dialektischen Widerspruchs – K ist B und Nicht-B in verschiedener Hinsicht zur selben Zeit oder in derselben Hinsicht zu verschiedenen Zeitpunkten – transformiert werden. Die Synthese besteht hier in der Präzisierung der Bedeutung von These und Antithese und der dadurch bewirkten Überwindung ihres kontradiktorischen Charakters. Sie gilt somit als Resultat der bewussten Vermeidung logischer Widersprüche. Die Lösung der Produktions-Zirkulations-Antinomie der Mehrwertgenese besteht nun darin, Kapital als in der Produktion, vermittelt über die Zirkulation konstituiert zu betrachten: Vermittelt über den Kauf der Ware Arbeitskraft (präzisierte Redeweise von 'in der Zirkulation') durch den Konsum des 'Gebrauchswerts' dieser Ware, mehr Wert zu setzen, als sie zu ihrer Reproduktion benötigt (präzisierte Redeweise von 'in der Produktion'). 5. Wenn die einfacheren Reichtumsformen noch keine kontradiktorischen Gegensätze in der Wirklichkeit anzeigen, so doch bestimmt das Kapital. Ist es doch die Aufgabe von Marx’ „Begriffsmystik [...], die reale Mystik einer

60 Narski, Dialektischer Widerspruch und Erkenntnislogik, a.a.O., S. 51. 61 Vgl. ebenda, S. 53. Marx spricht daher auch von den „scheinbaren Widersprüche[n], die in dem Problem [...] liegen“ (MEGA II/3.1, S. 23).

Gesellschaft zu erfassen, in der ‚4=5’ ist“.62 Ist es denn nicht „die Besonderheit von Karl Marx in seinem Hauptwerk [...], den Wert als sich verwertenden Wert, als ‚größer als er selbst’ bestimmt zu haben“ ?63 Besteht der „denunziative Nerv der Kritik der politischen Ökonomie“ nicht in „nichts anderem als darin, daß, was Jahrhunderte sich unter ‚Gott’ nur im Ungefähren vorzustellen vermochten, in Begriff und Sache des Kapitals zum Bewegungsgesetz der Wirklichkeit geworden ist – zum ‚automatischen Subjekt’“ ?64 Immer wenn Marx den Widersinn der politischen Ökonomen anspricht, die wiederum nur die „prosaisch reelle[n] Mystifikation[en]“65 oder die „Religion des Alltagslebens“66 verdolmetschen, dann fühlen sich marxistische ‚Theologen’ zu Recht intuitiv angesprochen. War doch schon den christlichen Theologen 3=1,67 lange bevor Politökonomen und marxistische Interpreten auf die Idee kamen, 4 sei gleich 5. Aber letztere halten die kritisch-ironischen Bemerkungen von Marx über seine Gegner irrtümlicherweise für dessen ureigenste Einsichten. Marx macht sich im dritten Band des ‚Kapital’ über den Zinsfetisch lustig, der unterstellt, Kapital sei ein ‚sich’ vermehrendes Guthaben an Geld, eines, das vermittlungslos aus Wert mehr Wert mache. In diesem Kontext fällt die Bemerkung, diese These laufe darauf hinaus, dass „4=5“68 sei. Diesen „Unsinn, daß ein Wert mehr wert sein soll, als er wert ist“69 meint er auch, wenn er im ersten Band vorgreifend erwähnt, im „zinstragenden Kapital“ stelle sich die Formel G-W-G’ „ohne die Vermittlung, sozusagen im Lapidarstil, als G-G’, Geld, das zugleich mehr Geld, Wert, der größer als er selbst ist“70 dar.71 Zu guter letzt ist auch die Formulierung des „automatischen Subjekts“ eine fetischismuskritische, welche die verkehrte Erscheinungsform des Kapitals bezeichnet, die „okkulte Qualität“ zu besitzen, „Wert zu setzen, weil er Wert ist“.72 Von der „okkulten Qualität“73 ist auch im dritten Band die Rede, und zwar 62 Jappe, Die Abenteuer der Ware, a.a.O., S. 161. 63 Hans-Georg Bensch: Vom Reichtum der Gesellschaften. Mehrprodukt und Reproduktion als Freiheit und Notwendigkeit in der Kritik der politischen Ökonomie, Lüneburg 1995, S. 7. 64 ISF, Der Theoretiker ist der Wert, a.a.O., S. 21. 65 MEW 13, S. 35. 66 MEW 25, S. 838. 67 „Drei ist Eins: der Plural ein Singular. Gott ist ein aus drei Personen bestehendes persönliches Wesen“ (Feuerbach, Das Wesen des Christentums, a.a.O., S. 351). Feuerbach referiert hier das Trinitätsdogma. 68 MEW 25, S. 826. 69 Ebenda, S. 825. 70 MEW 23, S. 170. 71 Vgl. auch Rancières treffende Darstellung in Der Begriff der Kritik, a.a.O., S. 75, 106, 110. 72 MEW 23, S. 169. 73 MEW 25, S. 826.

in der erwähnten Kritik des Zinsfetischs: „Im zinstragenden Kapital ist daher dieser automatische Fetisch rein herausgearbeitet, der sich selbst verwertende Wert, Geld heckendes Geld, und trägt es in dieser Form keine Narben seiner Entstehung mehr. Das gesellschaftliche Verhältnis ist vollendet als Verhältnis eines Dings, des Geldes, zu sich selbst. Statt der wirklichen Verwandlung von Geld in Kapital zeigt sich hier nur ihre inhaltlose Form“74. Keine Spur von einer verqueren Gottesfürchtigkeit des Ökonomiekritikers, der Behauptung eines absoluten, sich ohne Vermittlung durch soziale Beziehungen selbst setzenden Subjekts oder ähnlicher Mysterien. Wenn man ohne Gott nicht auskommt, und sei es auch das Kapital als ein böser Gott, ist das in (der bürgerlichen) Ordnung. Nur sollte man diese Haltung nicht Marx unterstellen. Wenngleich die behauptete Gottgleichheit des Kapitals von den hier kritisierten Interpreten auch zu dessen Denunziation bemüht wird,75 ist doch die Diagnose von genuin theologischen Befunden nicht zu unterscheiden. 6. Die Herrschaft von Abstraktionen zu denunzieren, ist schon in vermeintlich ahistorischen Kategorien das Anliegen von Marx. So werden Gebrauchswert und konkrete Arbeit von ihm schon zu Beginn des ‚Kapital’ als „reduktive Bestimmung[en]“ eingeführt, erhalten „von Anfang an eine durch das Kapital bestimmte Ausrichtung“,76 weil sie den konkreten Arbeiten und Bedürfnissen gegenüber gleichgültig formuliert sind und damit auf die „Restbestimmung, überhaupt in irgendeiner Art nützlich zu sein“77 schrumpfen. Marx spricht nur dann von ‚Gebrauchswert’, „[s]obald ein Arbeitsprodukt [...] als Ware auftritt“,78 ansonsten verwendet er den Terminus ‚Gebrauchsgegenstand’, der gerade die situations- und bedürfnisspezifische Verwendungsweise anzeigt.

74 Ebenda, S. 405. 75 Darin wissen sich z.B. Krisis und ISF einig. So meint die ISF (Der Theoretiker ist der Wert, a.a.O., S. 13): „Die Krisis-Gruppe hegt den tatsächlich überaus begründeten Verdacht, daß das Kapital eine – logisch betrachtet – unmögliche Vergesellschaftungsweise darstellt, daß, was an sich unmöglich ist, auch dazu verurteilt ist, von uns aus der Wirklichkeit geschafft zu werden“. Also das, was unmöglich ist, ist aber doch möglich und deshalb muss es abgeschafft werden. Die ISF macht mit einem simplen naturalistischen Fehlschluss (einem logischen Fehler) die moralische Nötigung des Kampfes gegen den Kapitalismus von einer logisch ebenso fehlerhaften (theoretisch-deskriptiven) Diagnose abhängig. Nur ein theoretisch Widersinniges kann ihr offenbar als moralisch widerwärtig gelten. 76 Georg Lohmann: Indifferenz und Gesellschaft. Eine kritische Auseinandersetzung mit Marx, Ff/M. 1989, S. 122. 77 Ebenda, S. 123. 78 Ebenda, S. 122.

Hier wird der eigentümliche Charakter der Abstraktion ‚Gebrauchswert’ verkannt und zuviel in die Anfangskategorien des ‚Kapital’ hineingedeutet. In der Tat ist im Zusammenhang der Erläuterung von Differenzen zwischen Produkten- und Warentausch im zweiten Kapitel des ‚Kapital’ deutlich von ‚ausgetauschten’ ‚Gebrauchsgegenständen’ die Rede.79 Doch ist die These, nur im Kontext von Waren werde der Gebrauchswertbegriff verwendet, schon rein philologisch nicht verifizierbar. So liest man u.a. den folgenden Satz: „Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt, welches immer seine gesellschaftliche Form sei“.80 An anderer Stelle81 verwendet Marx die Kategorie Gebrauchsgegenstand auch für die stoffliche Seite der Ware und in Vorarbeiten zur Zweitauflage des ‚Kapital’ wird die transhistorische Bedeutung des Gebrauchswert-Begriffs ebenfalls deutlich: „Das Arbeitsprodukt ist in allen gesellschaftlichen Zuständen Gebrauchswerth oder Gebrauchsgegenstand“.82 Konsequenter ist Robert Kurz, wenn er Marx vorwirft, nicht gesehen zu haben, dass Gebrauchswert nichts als eine Erscheinungsform des Werts sei, weil nämlich selber abstrakt, und für Abstraktionen ist Kurz zufolge prinzipiell der Wert verantwortlich. Dass auch die vermeintlich konkreten Termini ‚Stoff’ und ‚Tätigkeit’, welche statt dessen als Alternativen zu ‚Gebrauchswert’ vorgeschlagen werden, um Sozialformations-Unspezifisches zu bezeichnen, nicht zu knappe Abstraktionen sind, bedarf eigentlich keiner Erläuterung. Die uneingestandene Konsequenz von Kurz’ Position wäre es, alle Abstraktionen und damit alle Begriffe und alles Begreifen zugunsten einer reinen sinnlichen Unmittelbarkeit zu diskreditieren. Wer solcherart den Begriff Gebrauchswert als Abstraktion kritisiert, dem ist der Status des Begriffs offenbar nicht klar, „das Verschiedene gerade benennen zu sollen und es doch nur als Nicht-Verschiedenes aussprechen zu können“.83 Das Sinnlich-Einzelne kann nämlich nur im Medium der Sprache und daher auch nur allgemein ausgedrückt werden.84 Das geht bis hin zu ‚diesem Stuhl oder diesem Menschen hier’.85

79 Vgl. MEW 23, S. 102. 80 Ebenda, S. 50. 81 Vgl. ebenda, S. 75. 82 MEGA II/6, S. 23. 83 Gerhard Stapelfeldt: Das Problem des Anfangs in der Kritik der politischen Ökonomie, Ff/M., New York 1979, S. 114f. 84 Vgl. ebenda, S. 132. 85 Nur die Liebe, nicht das Denken, so Ludwig Feuerbachs unmittelbarkeitsfixierte Ahnung, hat Zugang zum Singulären und würdigt wirklich „diesen“ (unmittelbaren, einzigartigen) Menschen (vgl. Feuerbach, Grundsätze der Philosophie der Zukunft, a.a.O., S. 141). Liebe statt Theorie. Ob es allerdings für die Vermittlungsdenker ein Trost ist, dass sich Feuerbach auch in der Liebe getäuscht hat, bleibt fragwürdig.

7. Sagt Marx nicht in aller Deutlichkeit, dass der Wert ein „bewußtlos im Kopf der Menschen Existierendes [...] bloßes Gedankending“86 sei? Ist er nicht eine objektive Gedankenform,87 ein „dem Bewußtsein Immanentes“, das sich „dem Bewußtsein als ein Fremdes entgegen[stellt]“?88 Wert ist eine nicht empirisch zutage tretende Eigenschaft, die die Produzenten im Austausch beständig hervorbringen, ohne dies zu wissen. Gegenstand des ‚Kapital’ ist die unbewusste Hervorbringung von Reichtumsformen innerhalb einer strukturell, durch die privat-arbeitsteiligen Vergesellschaftungsbedingungen der Arbeit, determinierten Praxis. Diese Praxis, das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten, wird nur vermittelt über das gesellschaftliche Verhältnis ihrer Arbeitsprodukte hergestellt. Dadurch kann die Theorie überhaupt erst erklären, warum Herrschaft und Aneignung im Kapitalismus nicht eine nur sachlich verschleierte Form personaler Abhängigkeit sind, sondern persönliche Freiheit, gegründet auf sachlicher Abhängigkeit. Die Abstraktion, die den qualitativ unterschiedlichen Gebrauchswerten im Tauschakt widerfährt, heißt deshalb ‚Realabstraktion’, weil sie nicht von Menschen im Kopf, auch nicht unbewusst, vorgenommen wird. Die Realabstraktion Wert ebenso wie die Repräsentationsform Geld sind objektive Geltungsverhältnisse. Die Geltung – d.h. historisch spezifische gesellschaftliche Bedeutung oder Funktion –, die Sachen zu den Objekten Ware und Geld macht, wird dabei aus einer Relation erklärt, in der diese Sachen von Menschen unter bestimmten Bedingungen der Vergesellschaftung ihrer Arbeit gesetzt werden. Ohne das bewusste Handeln der Warenbesitzer ist die Hervorbringung der Reichtumsformen natürlich nicht möglich. In dieses bewusste Handeln sind aber Implikationen eingelassen, die den Akteuren nicht bewusst sind. Unbewusst heißt hier ein Nicht-Wissen über das, was im gesellschaftlichen Verhältnis der Sachen geschieht. Hier wird die Form Wert konstituiert. Bewusst beziehen sich die Akteure immer nur auf Geld und Preis als bereits komplexe, ihre Konstitutionsbedingungen nicht mehr offenbarende Reichtumsformen: Was die 86 Robert Kurz: Abstrakte Arbeit und Sozialismus. Zur Marx’schen Werttheorie und ihrer Geschichte. In: Marxistische Kritik Nr.4/ 1987, S. 89, 94. 87 Vgl. Helmut Reichelt: Die Marxsche Kritik ökonomischer Kategorien. Überlegungen zum Problem der Geltung in der dialektischen Darstellungsmethode im ‚Kapital’. In: Fetscher, I./ Schmidt, A. (Hg.): Emanzipation als Versöhnung. Zu Adornos Kritik der ‚Warentausch-Gesellschaft’ und Perspektiven der Transformation, Ff/M. 2002, S. 146f., 160. 88 Hans-Georg Backhaus: Zur Dialektik der Wertform. In: ders.: Dialektik der Wertform. Untersuchungen zur Marxschen Ökonomiekritik, Freiburg 1997 [1969], S. 55. Vgl. auch ebenda, S. 47.

Waren austauschbar macht und was allgemeine Austauschbarkeit ist, bleibt ihnen unklar und wird von ihnen gar nicht, mit bewussten Konventionen oder mit Gebrauchswerteigenschaften erklärt. Die in der neuen Marx-Lektüre aufgeworfene Frage, welcher Status der ökonomischen Gegenständlichkeit jenseits ihrer Auflösung in handgreifliche Dinge einerseits und in psychische Inhalte andererseits zukomme, ist damit beantwortet: Reichtumsformen im Kapitalismus sind gegenständlich vermittelte (Wert), von Gegenständen repräsentierte (Geld u.a. Wertformen) und als bloße Dingeigenschaften erscheinende (Fetischismus/ Mystifikation) soziale Verhältnisse zwischen Produzenten unter privat-arbeitsteiligen Vergesellschaftungsbedingungen der Arbeit. Diese Unterscheidungen werden von Kurz und Reichelt nicht nachvollzogen. Wert deuten sie als unbewusstes Set sozialer Normen, also ideeller Größen. Sie teilen damit den von Marx kritisierten „Standpunkt des Oekonomen, der nur handgreifliche Dinge kennt oder Ideen – Verhältnisse existiren nicht für ihn“89. Dabei werfen sie Abstraktionsebenen des ‚Kapital’ durcheinander: Es treten bei ihnen z.B. Warenbesitzer auf, wo bei Marx bewusst nur von Waren die Rede ist (Kapitel 1.1-1.3 des ersten Bandes), um einen im obigen Sinne unbewussten Vergesellschaftungsmodus anzuzeigen. Auch das Herauslesen der These, Wert sei ein Gedankending, welches anschließend dem Bewußtsein gegenübertrete, stellt eine Verwechslung von Abstraktionsebenen dar und ist inhaltlich bestenfalls ein säkularisierter Hegelianismus,90 der ein aus dem Kopfe Herauswandern und sich an Dinge Kleben sozialer Bestimmungen postuliert.91 Wert ist aber ein historisch-spezifisches „sachliche[s] Verhältnis der Personen und gesellschaftliche[s] Verhältnis[...] der Sachen“.92 Auf der Abstraktionsebene der ‚einzelnen’ Ware zu Beginn des ‚Kapital’ ist von diesem Verhältnis allerdings noch methodisch abstrahiert.93 Da die reale Abstraktion Wert außerhalb des Tauschvorgangs nicht stattfindet, kann auf der Ebene der Betrachtung der durch theoretische Abstraktion gewonnenen ‚einzelnen’ Ware der spezifisch gesellschaftliche Charakter derselben nur im Kopf des Theoretikers fixiert werden.94 Wert ist als solcher nur denkbar, nicht

89 MEGA II/3.1, S. 133. 90 Vgl. Peter Ruben: Über Methodologie und Weltanschauung der Kapitallogik. In: SoPo Nr. 42/ 1977, S. 47 (FN). 91 Vgl. dazu ausführlich Wolf, Kritische Theorie und Kritik der politischen Ökonomie, a.a.O. 92 MEW 23, S. 87. 93 Vgl. dazu ausführlich Dieter Wolf: Abstraktionen in der ökonomisch-gesellschaftlichen Wirklichkeit und in der diese Wirklichkeit darstellenden Kritik der politischen Ökonomie. Online unter: http://www.rote-ruhr-uni.com/texte/wolf_abstraktion.pdf. 94 Nach Wolf geht es „darum, dass der wissenschaftliche Betrachter - stellvertretend für das, was hinsichtlich des Erscheinens des Werts in der Beziehung zur zweiten Ware geschieht -, den Wert, der an der einzelnen Ware nicht erscheint, in dem von dem Gebrauchswert der

beobachtbar. Diese methodisch bedingten Aussagen nehmen Kurz und Reichelt umstandslos als solche über den ontologischen Status des Werts per se. Ebenso wenig gelingt es ihnen, zwischen ökonomischen Formen und Kategorien klar zu unterscheiden. Marx’ Äußerung, dass der gegenständlich induzierte Schein der Sacheigenschaft unmittelbarer Austauschbarkeit als „objektive Gedankenform[...]“ „die Kategorien der bürgerlichen Ökonomie“95 bildet, wird von Reichelt vom Bezug auf den fetischistischen Schein, den die Formen im Wertausdruck produzieren, wie auf dessen Verarbeitung im Diskurs der Politökonomie gereinigt. Nicht mehr die „verrückten Formen“96 als fetischisierte reale Formen, sondern diese Formen selbst gelten ihm demnach als objektive Gedankenformen.97 Objektive Gedankenformen sind nach Marx aber weder der Wert noch das Geld als ökonomische Formen, sondern gedankliche Reproduktionen dieser Formen in ihrer fertigen, die gesellschaftlichen Vermittlungsprozesse ihrer Hervorbringung nicht mehr aufweisenden, sachlichen Gestalt.

IV. Das Kapital habe noch keiner verstanden, schrieb die ISF im Jahr 2000, 85 Jahre nachdem bereits Lenin festgestellt hatte, es habe bislang „kein Marxist Marx begriffen“.98 Ließ Lenins Diagnose noch Grund zur Hoffnung, dass es in Zukunft einmal ein Verständnis des ‚Kapital’ geben könne, so steht die Aussage des ISF als Endpunkt einer offensichtlich als ernüchternd erfahrenen Debatte da: ‚Und nach uns keine Theorie mehr, nur noch die Revolution’! Nun wird das Kapital (ohne Anführungszeichen) als nicht verstehbar begriffen (!). Im Vorangegangenen sollte gezeigt werden, dass man es sich so leicht jedoch nicht machen darf. Die meisten der hier vorgetragenen Behauptungen resultieren nicht einmal aus der bei Marx vielfach zu konstatierenden Popularisierung seiner Methode, die bisweilen „den Verzicht auf eine systematische Ausarbeitung

Ware verschiedenen Medium des Denkens festhält. Dies geschieht mit dem Wissen, dass das hierbei entstehende ‚Gedankending’ nicht der mit den anderen metaphorischen Umschreibungen gemeinte Wert selbst und auch nicht seine originäre Erscheinungsweise ist“ (Dieter Wolf: Quantität und Qualität des Werts. Makroökonomischer Ausblick auf den Zusammenhang von Warenzirkulation und Produktion. Online unter: http://www.dieterwolf.net, S. 38). 95 MEW 23, S. 90. 96 Ebenda. 97 Vgl. Reichelt, Die Marxsche Kritik ökonomischer Kategorien, a.a.O., S. 160. 98 Lenin, Philosophische Hefte. In: ders., Werke Bd. 38, Berlin 1973 [russ. 1915], S. 170.

werttheoretischer und methodologischer Grundgedanken“99 nach sich zog. Bis zu den tatsächlichen Problemen und Ambivalenzen bei Marx gelangen die Realparadoxie-Diagnosen, wie sie hier kursorisch vorgestellt wurden, gar nicht. Sie sind vielmehr Ausdruck einer typisch deutschen Vorliebe, das Marxsche Denken in eine Tradition einzugemeinden, deren Verwandtschaft zur Theologie Ludwig Feuerbach nach wie vor gültig darin erblick hat, „eine besondere Freude am Widerspruch“ im Sinne einer „mysteriöse[n] Komposition von Gegensätzen“100 zu haben. Der von Marx im ‚Kapital’ untersuchte Gegenstand muss so aber in der Tat unverständlich werden. Es bleibt ein Desiderat, die in dieser Debatte verborgene Problematik des Verhältnisses der ersten zur zweiten Hegel-Rezeption von Marx bezüglich werttheoretischer Probleme neu aufzurollen. Die These einer Homologie zwischen Hegels spekulativem und Marx’ ökonomiekritischem Diskurs muss zwar ernstgenommen werden, ohne aber, wie vor allem in der westdeutschen Auseinandersetzung oft geschehen, in puren Irrationalismus umzukippen. Gegen diese Tendenzen bleibt daran festzuhalten, dass die Transformation irrationaler, gegenständlich bedingter Gedankenformen in rationale, bzw. ‚begriffliche’ die zentrale Intention von Marx’ wissenschaftlicher Kritik nationalökonomischer Kategorien ist.

99 Hoff, Kritik der klassischen politischen Ökonomie, a.a.O., S. 24. 100 Feuerbach, Das Wesen des Christentums, S. 111.