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KaliTantra.de
MeditationEin Leitfaden
Was ist Meditation?
Ein Mönch fragte Zenmeister Chi-ch'en:“Wie finde ich den Weg zum
Gipfel?“. Der Meister antwortete: „Du findest ihn, indem Du hinab
steigst“
Dieses Zitat aus The Golden Age of Zen (Paragon Book Gallery, New
York 1975) fasst den praktischen Sinn der Meditation punktgenau
zusammen. Als spitzer Imperativ formuliert: „Komm runter!“
Meditation ist ein Zustand entspannter Aufmerksamkeit. Eine
passive Aktivität, bei der Du lernst, den brausenden Strom der
Gedanken zum Verstummen zu bringen. Warum solltest Du deine
Gedanken zum Verstummen bringen? Weil Du nicht diese Gedanken
bist.
Was sind Gedanken? Gedanken sind im Grunde nichts anderes als
die mentalen Ausläufer eines gewaltigen Sturmtiefs, das sich aus
den fossilen Elementen unserer archaischen Emotionen nährt.
Meditation lehrt uns, den Störungen dieses unentwegt tobenden Sturms
zu entkommen, indem wir uns in sein Zentrum begeben. Das Auge des
Sturms, sein Zentrum, ist ein Ort der Stille, der Ruhe und der
ungetrübten Sicht – und der Kraft.
Es ist ein langer Weg von den Ausläufern des Sturms, denen wir ständig
im Alltag ausgesetzt sind, hin zum Zentrum des Geschehens, dort wo
alles beginnt und alles endet. Doch schon die ersten Schritte können Dir
einen Geschmack davon geben, wie laut deine innere und äußere Welt
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tatsächlich ist – und wie nah das Tor zu einem Ausweg aus dem Chaos
ist.
Die in der Meditation angestrebte Gedankenstille bedeutet nicht das
Ausschalten der bewussten mentalen Aktivität, wie etwa im Schlaf. Im
Gegenteil, sie ermöglicht eine stärker zielgerichtete mentale
Aktivität, indem sie den Geist von mentaler Verschmutzung befreit.
Meditation zeigt und lehrt, welche mentalen Prozesse essentiell
sind für wirkliche, ungefilterte Aufmerksamkeit.
Gedanken sind in der Tat wie Filter oder wie Wolken. Sie halten uns
davon ab, bestimmte Dinge wahrzunehmen. Das ist ihre natürliche
Funktion. Unser Gehirn entwickelt die Fähigkeit zu denken und
Gedanken aneinander zu ketten, damit wir überlebensfähig sind und
nicht überwältigt werden von all den Eindrücken, die ständig auf uns
einprasseln. Doch wenn wir diese Filter willkürlich ausschalten wollen,
stellen wir fest, wie sehr sie sich verselbständigt haben – und uns mehr
bestimmen und leiten, als uns zumeist bewusst sein will.
Meditation ist die Beharrlichkeit des steten Tropfens, der jeden
Stein aushöhlt. Deshalb werden in der Meditation die Gedanken auch
nicht unterdrückt. Sie werden einfach ins Leere laufen gelassen. Indem
Du die Gedanken loslässt und sie in die Leere treiben lässt, aus der sie
hervor gekommen sind, bringst Du nach und nach die vielen Wellen, die
dich hin und her treiben, zur Ruhe. Schließlich realisierst Du, dass Du
selbst diese Wellen aufgerührt hast. An diesem Punkt beginnt die
magische Dimension der Meditation: Du veränderst den
zukünftigen Lauf der Dinge. Wie das?
Ein großer Teil der tantrischen Praxis besteht darin, den Ballast der
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Vergangenheit aufzuarbeiten. Dieser Ballast ist einer der Ursachen für
das innere Chaos an wildwütenden Gedanken und Emotionen. Diesem
alten Ballast keinen neuen Ballast hinzuzufügen ist deshalb ein wichtiger
Schritt in jeder persönlichen Entwicklung. Tatsächlich ist dieser
Wendepunkt ein Kennzeichen der Einweihung. Du wirst vielleicht
schon poetischere und romantischere Beschreibungen für das Wesen der
Einweihung gehört und gelesen haben als diese: das Ende der
Produktion von geistigem, emotionalem und seelischem Ballast.
Die Meditation ist der Königsweg zu diesem Zwischenziel – und darüber
hinaus. Die Quelle aller Störungen ausfindig gemacht zu haben, gibt Dir
die Möglichkeit, Einfluss auf diese Quelle zu nehmen. Um zu dieser
Quelle zu gelangen, musst Du gegen den Strom schwimmen –
oder ins Zentrum des Sturms vordringen, um die frühere Metapher zu
erinnern. Es gibt kein Vorbei an dieser Herausforderung. Du hättest dich
sicher nicht dem Tantra oder einer anderen spirituellen Tradition
zugewandt, wenn in deinem Inneren sich nicht dieser unbändige Wunsch
erhoben hätte, diesem Herumgetrieben-Werden durch Ströme oder
Stürme ein Ende zu bereiten.
Die Praxis der Meditation ist das sicherste und zuverlässigste
Mittel, Dir diesen Wunsch zu erfüllen.
Sie ist das Fundament und das Ziel zugleich, um eine symbolische
Anleihe bei der Tradition der Kabbalah zu machen, in der es heisst:
„Kether (die Krone) ist in Malkuth (irdisches Königreich), und Malkuth ist
in Kether.“ Am Ende deines Wegs der vollständigen Befreiung wirst Du
dich selbst in der Meditation wiederfinden wie am ersten Tag, als Du
damit begannst. Es wird keinen Unterschied mehr zwischen dem
Höchsten und dem Niedrigsten geben.
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In der japanischen Tradition des Za-Zen heisst es, dass das Einnehmen
der Haltung der Befreiung unmittelbare Befreiung bewirkt – der noch
unreife Geist des Schülers muss dies jedoch erst erkennen. Oder in den
Worten des Zenmeisters Shunryu Suzuki (Zen Mind.Beginner's Mind,
Tokyo 1975): „Du selbst erzeugst die Wellen in deinem Geist. Wenn Du
deinen Geist lässt, wie er ist, wird er von alleine ruhig werden.“
Warum sollte ich Meditation üben, wenn ich die Kunst des Tantra
erlernen will?
Ich bin mir bewusst, dass viele Menschen die ruhige, kontemplative
Praxis der Meditation eher mit transzendentalen oder gar religiösen
Praktiken in Verbindung bringen und daher vielleicht einen Vorbehalt ihr
gegenüber pflegen. Insbesondere wenn das eigentliche Interesse der
eher aktiven Kunst des Tantra gilt.
Doch es gibt keine Praxis der Beruhigung und Kontrolle der Gedanken,
die sich so bewährt hat wie die sitzende Meditation. Du findest sie in
Variationen in praktisch allen Kulturen und spirituellen, magischen und
schamanischen Systemen wieder. Das regelmäßige Üben der
Gedankenstille hilft nicht nur, diese willkürlich herbeizuführen (z.B. für
eine gezielte Handlung), sondern viel wichtiger noch, sie klärt den
Geist und etabliert langfristig diese Klarheit in jede Handlung
des täglichen Lebens.
Die Praxis der Meditation zeitigt ausschließlich positive Wirkungen in
Körper und Geist. Sie eignet sich ebenso zur Erholung des Geistes von
Anstrengungen wie zur präventiven Vorsorge.
Das Wichtigste aber ist, dass sie effizient und langfristig wirksam ist in
der schwierigsten aller Aufgaben: der Meisterung der eigenen,
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inneren „Dämonen“. Wie solltest Du in der Lage sein, dich selbst
zu steuern und zu verändern, wenn Du im ständigen Clinch mit
Dir selbst liegst?
Der wichtigste und entscheidende Grund, warum eine etablierte Praxis
täglicher Meditation praktisch unerlässlich ist für das wirkliche Ziel des
Tantra, der Enthüllung der wahren Natur des Selbst, ist, dass sie diese
Enthüllung stabilisiert.
Ein wirkliche Veränderung deines Selbst bedeutet auch eine reale, d.h.
physische Veränderung deines Gehirns. Du veränderst nicht nur die
Biochemie z.B. der Neuroransmitter, sondern auch die Struktur deines
Gehirns. Neue Nervenverbindungen entstehen, die allmählich die
Funktionen bereits bestehender Nervenverbindungen übernehmen.
Diese reale Transformation der „Hardware“ unterliegt den Regeln jedes
biologischen Anpassungsprozesses: Stimulation der Nervenzellen
durch neue Reize – Kontinuität der Stimuli - Etablierung neuer
Verhaltensweisen. Und wie jeder biologische Prozess braucht auch –
und vor allem – der Anpassungsprozesses des Gehirns Zeit und
Kontinuität. Deshalb verliere keinen weiteren Tag – und beginne jetzt.
Für jede tantrische Handlung brauchst Du die volle Kapazität deines
Geistes, und die tägliche Praxis der Meditation erschließt Dir alle
Kapazitäten, zu denen dein Bewusstsein per se fähig ist. Hier ist nur
eine kleine Liste von geistig-körperlichen Fertigkeiten, die für die Praxis
des Tantra notwendig und hilfreich sind, und die durch das tägliche Üben
der Meditation schnell, wirksam und vor allem dauerhaft entwickelt
werden können:
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· Achtsamkeit
· Aufmerksamkeit
· Wachheit der Sinne
· Konzentration
· Fokussierung
· Visualisierung
· Zugang zum Unbewussten
· Heiterkeit
· Gelassenheit
· Klarheit des Denkens
· geistige Ausdauer
· Atembewusstheit- und Kontrolle
· Kontrolle der Emotionen
· Wahrnehmungsfähigkeit
· Unterscheidungsvermögen
· Urteilsvermögen
· Willentliche Senkung des Muskeltonus
· Einfluss auf Herz-Kreislauf-System
· verbesserte Regeneration
· Intensivierung und Steuerung des Traumlebens
· u.v.m.
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Die eigenen Kräfte bündeln und auf einen Punkt zielgenau richten zu
können ist für jede tantrische Praxis hilfreich – und für manche
Praktiken absolut erforderlich. Ebenso ist die Fähigkeit, emotional
stabil und offen zugleich neuen Eindrücken zu begegnen und mit
ihnen gelassen und flexibel umgehen zu können, unverzichtbar
für viele Anwendungen tantrischer Praktiken – auch und
insbesondere im Bereich der Sexualität.
Betrachte deshalb die Praxis der täglichen Meditation als das
unumgängliche Fundament, auf dem deine persönliche und
tantrische Entwicklung sich entfalten kann. Dieses Fundament wird
dabei vor allem durch einen Aspekt errichtet und gestärkt: Kontinuität.
Übe täglich. Und ganz gleich ob Du den Pfad des Tantra einst verlassen
wirst oder nicht, - die durch die tägliche Praxis der Meditation erworbene
Stabilität und Klarheit deines Geistes wird Dir in allen, wirklichen
allen Bereichen deines Lebens unschätzbaren Dienst erweisen.
Der ganze Kurs “Kaula Immersion” basiert auf – und kulminiert letztlich
in - den Erfahrungen, die Dir das ruhige, aufrechte Sitzen mit nach
Innen gerichteten und unverhafteten Geist erschließen wird. Wenn ich
gefragt werde, welche Magische-Mystische-Spirituelle Praxis ich vor allen
anderen empfehle, dann antworte ich: Meditiere. Die Entwicklung
eines heiteren, gelassenen und klaren Geistes ist für den
Tantrika wie für jeden spirituellen Sucher das, was das 1 x 1 für
den Mathematiker, die Tafel der Elemente für den Physiker, das
Alphabet der Buchstaben für den Literaten und die Farbpalette
für den Maler sind: alles, was er/sie wirklich braucht.
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Was geschieht genau beim Meditieren?
Die wissenschaftliche Forschung hat vor allem in den letzten vierzig
Jahren sich um ein Verständnis der durch meditative Praxis ausgelösten
körperlichen und psychischen Vorgänge und Veränderungen bemüht.
Diese Forschung ist längst nicht abgeschlossen. Immer wieder gibt es
neue Ansätze und Erkenntnisse, vor allem gibt es immer wieder neue
Erkenntnisse über die grundlegenden Funktionsweisen des menschlichen
Gehirns. Wer also wirklich verstehen will, was beim Meditieren
geschieht, muss sich mit den grundlegenden Funktionsweisen des
menschlichen Gehirns vertraut machen.
Um den Rahmen dieser praxisorientierten Einleitung nicht zu sprengen,
will ich hier nur einige Punkte ansprechen, die andeuten, in welcher
Weise die meditative Praxis von unserem biologischem Erbe bestimmt
ist. Wer sich tiefer vertraut machen möchte mit den zum Teil
erstaunlichen Erkenntnissen der neurologischen Forschung zum weiten
Feld meditativer Praktiken, dem empfehle die ausführliche und exzellent
geschriebene Studie Zen and the Brain von Prof. James H. Austin.
Die archaischen Ursprünge der Meditation
In früheren Texten habe ich selbst wiederholt auf das Modell der
Gehirnwellen zur Beschreibung der neurologischen Veränderungen
während meditativer und magischer Praktiken verwiesen. Heute wissen
wir, dass dieses Modell nur einen sehr oberflächlichen Einblick in die
tatsächlich wesentlich komplexeren Vorgänge innerhalb des Gehirns
gibt.
So ist z.B. beim Meditieren in einem Teil des Gehirns ein signifikanter
Anstieg der Beta-Wellen zu verzeichnen, während ein anderer Teil des
Gehirns vorwiegend Alpha-Wellen produziert. Auch in tiefen Zuständen
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der Meditation kann ein starker Ausschlag im Beta-Wellenbereich
beobachtet werden. Wichtige Erkenntnisse zur meditativen Praxis
kommen auch aus der Schlafforschung sowie aus einem tieferen
Verständnis der Biorhythmen des menschlichen Körpers. Dazu gehört
u.a. die Erkenntnis, dass das menschliche Gehirn beim Üben der
Meditation in einigen Phasen alle Anzeichen einer hohen Erregung oder
Erregungsbereitschaft zeigt, und nicht ausschließlich solche, wie wir sie
bei einem Akt der Entspannung erwarten würden.
Vielleicht hilft es, dieses vermeintliche Paradox besser zu verstehen,
wenn Du dir das Bild eines Jägers vergegenwärtigst, der der Spur seiner
Beute gefolgt ist und nun hinter einem Busch darauf wartet, dass das
Tier sich ihm auf Schuß- oder Wurfweite nähert. Um von seinem
Beutetier unentdeckt zu bleiben, muss der Jäger seine
Körperaktivitäten praktisch komplett einstellen, sich nicht
bewegen, keinen Laut von sich geben, ruhig atmen und passiv
abwartend und in alarmbereiter Aufmerksamkeit zugleich
verharren, bis sich ihm eine Chance bietet, sein Ziel zu treffen. Nicht
umsonst ist das Bogenschießen eine der bevorzugten Allegorien für die
Praxis der Meditation auch außerhalb der Zen-Kultur. Die körperliche und
geistige Einstellung und Aktivität des Meditierenden ähnelt der des
lauernden, wachen und aufmerksamen Jägers mehr als jeder anderen
menschlichen Tätigkeit – und ist mit ziemlicher Sicherheit auch aus
diesem archaischen Verhaltenstypus hervor gegangen.
Die Männer und Frauen, die stundenlang regungslos, still und mit
gespannter Aufmerksamkeit auf vorbei schleichendes Wild lauern
mussten, werden dabei viele der Erfahrungen gemacht haben, die so
typisch sind für die Erfahrungen in der Meditation. Im Grunde ist die
Meditation eine Spezialisierung einige der Fertigkeiten des
Jägers (und in anderer Hinsicht der geduldsamen Tätigkeit des
Sammlers), und damit eine der vielen Tätigkeiten, die der
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Mensch aus der intimen Kenntnis von und der Nähe zu den
Tieren der Wildnis erlernt hat. Die älteste bekannte Darstellung des
hinduistischen Gottes Shiva-Rudra, des Herrn des Yoga, zeigt ihn nicht
zufällig mit gekreuzten Beinen sitzend in der Wildnis, umgeben von
wilden Tieren.
Es ist ein Kennzeichen der Moderne ( d.h. der letzten 150 Jahre ), dass
der Mensch vergessen hat, wie lange er in Symbiose mit der Natur und
ihren Geschöpfen gelebt hat. Dieses Vergessen ändert aber nichts daran,
wie sehr unsere Verhaltensweisen geprägt sind aus der Zeit vor dem
Vergessen. Das eigentliche innere Geschehen in der sitzenden
Meditation gehört zu diesem Erbe aus einer Zeit, als der Mensch
von den Tieren nicht nur lebte, sondern auch lernte.
Dieser Kurs propagiert einen ausdrücklichen Down-to Earth – Ansatz,
so auch beim Thema der Meditation. Sie findet nicht in einem exklusiven
Kämmerchen der Großirnrinde statt, sondern wurzelt in den ältesten
Regionen unseres Gehirns, die noch immer unsere Instinkte, Emotionen
und Leidenschaften dominieren. Wenn Du dich in die Meditation setzt,
erinnere dich, dass Du keine künstliche, überirdisch-heilige Position
annimmst, sondern dass Millionen von Menschen seit Tausenden von
Jahren sich auf diese Weise auf den Boden gesetzt haben, ihren Atem
beruhigten, die Augen senkten, nach innen lauschten und ihre
Aufmerksamkeit sich ausdehnen ließen auf alles, was sie umgab.
Betrachte die Meditation nicht als heilige Handlung, sondern als
Handwerk – und erlerne sie mit Geduld, Ausdauer und Genauigkeit.
Wie lerne ich zu meditieren?
Es gibt verschiedene Formen der Meditation, verschiedene Schulen und
Ansätze, die allesamt auch unterschiedliche Wirkungen generieren. Am
sinnvollsten ist es für Dich, wenn Du eine Art der Meditation wählst, die
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frei ist von religiösem Kontext. Also ohne Zeremonie, ohne
Visualisierung einer bestimmten Gottheit, ohne die Verwendung eines
heiligen Mantra und ohne den Gebrauch ritueller Gesten oder Hilfsmittel.
Du kannst all dies später noch hinzufügen, wenn Du magst ( wir werden
im Laufe des Kurses noch ausführlich Gebrauch von diesen Techniken
machen ), doch beginne mit der einfachsten und universellsten Form der
Meditation: Sitze aufrecht, sei still, atme ruhig und sei
aufmerksam.
Die sitzende Haltung mit aufrechten Rücken ist keine rigide
Disziplin blinder Gehorsamkeit, sondern von zutiefst praktischem Sinn:
bei einer optimal ausgerichteten Wirbelsäule wird die muskuläre
Aktivität des Körpers auf ein Minimum reduziert. Das Ziel ist
körperliche und mentale Entspannung, eine Erholung, wie sie auch
der Schlaf gewährt, jedoch bei wachem Geist. Das aufrechte Sitzen
vermeidet einfach das Einschlafen. Die Schultern bleiben durch die
ruhige Lage der Hände im Schoß passiv, Bauch und Brust haben allen
Raum zum Atmen und die gekreuzten Beine bilden eine stabile Basis in
Form eines Dreiecks.
Die Stille des Körpers ist die Voraussetzung für eine zunehmende
Entwicklung der Stille des Geistes. Du wirst viele kleine Symptome
bemerken, während Du in der Meditationshaltung sitzt. Zucken,
Krämpfe, Jucken, Kratzen, Schlucken, Niesen, Husten etc.... . Reagiere
nicht auf diese natürlichen Symptome einer zunehmenden
Aufmerksamkeit, sondern lasse sie, wie sie sind. Vermeide aber aktive
Handlungen wie etwa Kratzen mit der Hand oder Wippen mit den Füßen.
Schluck- und Niesreize u.ä. lasse geschehen, sie werden mit der Zeit
weniger werden. Wichtig ist vor allem die stille, ruhige Position
der Augen. Senke die Augäpfel leicht nach unten, schaue über den
Nasenrücken auf einen Punkt auf den Boden vor Dir und senke dann die
Augenlider, so dass Sie deine Augen zur Hälfte oder drei Viertel
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bedecken. Schließe sie nicht ganz, sondern lasse durch einen Spalt die
äußere Welt mit deinen Augen in Kontakt bleiben. Das hilft, Wegdriften
und Träumereien einzuschränken und unterstützt dich außerdem darin,
wach zu bleiben.
Der Atem ist der große Lehrmeister. Der Kreislauf von Ein- und
Ausatmen wird Dich alles lehren, was irgendwie von Bedeutung ist für
deine tantrische und persönliche Entwicklung. Das ist keine
Übertreibung. Verfolge mit ruhigen, nicht wollenden Geist die Bahn
deiner Atmung, ohne die Augen dabei zu bewegen. Das bewusste
Wahrnehmen von Heben und Senken des Bauches, der Wechsel
zwischen Ein- und Ausatmung, das zunehmende Bewußtheit für den
Tandi'en zwei Fingerbreit unterhalb des Nabels – all dies sind
Richtpunkte für diese Aus- und Einfaltung der ursprünglichen Energie.
Durch die Beobachtung des Atmens wirst Du immer vertrauter mit
deinen inneren Prozessen, erkennst, wie, wann, wo und warum sich
bestimmte Gedanken und Emotionen aus der Leere erheben – und
schaust ihnen zu, wie sie wieder mit dem nächsten Atemzyklus
verschwinden. Der Atem kommt und geht – doch alles, was er mit sich
trägt, verschwindet wieder im Nichts, einschließlich aller Bilder von Dir
selbst. Der Atem schafft Raum, in dem sich das Ungedachte,
Unerkannte, Unbewertete entfalten kann. Er schafft den Raum, in
dem Du dir selbst auf völlig neue Weise begegnen kannst. Das wird nicht
immer angenehm sein, doch es ist unumgänglich für deine tantrische
Sadhana. Gleichzeitig erzeugt Dir das regelmäßige Üben auch ein
wachsendes Vertrauen in dich selbst, in deine selbstheilenden Kräfte.
Dein Atem ist der große Lehrmeister – höre auf Ihn.
Beobachte mit stillem aufmerksamen Geist, wie die Gedanken,
Erinnerungen, Emotionen, Projektionen, Wünsche, Gelüste und
Fantasien auftauchen und wieder verschwinden. Halte keinen Gedanken
fest, lasse ihn los und er taucht von selbst ins Nichts zurück.
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Meditieren heisst den Geist der Nicht-Anhaftung zu üben, bzw.
die eingewöhnte Tendenz zur Identifikation mit diesem oder
jenem, das gerade in deinem Geist präsent ist, loszulassen und
langfristig ganz zu überwinden. Nicht-Anhaftung bedeutet
einzugestehen, dass alles, was in deinem Geist erscheinen mag, nur
flüchtig und von kurzer Dauer ist. Es ist deshalb nicht schlecht, falsch
oder irreal, aber es ist flüchtig und vergänglich und deshalb ungeeignet,
als Grundlage für die eigene Identität zu dienen. Du bist nicht das, was
Du denkst oder fühlst – das was du fühlst oder denkst ist immer
nur ein kleiner Ausschnitt des großen Ganzen, das Du in
Wirklichkeit bist.
Dem zufälligen, flüchtigen Inhalt deines Geistes die Hoheit über deine
Selbstwahrnehmung und Identität zu überlassen, ist ein schlechter Deal.
Und es geschieht weit häufiger, als wir vermuten. Genau genommen
geschieht es sogar permanent, solange wir der gewohnheitsmäßigen
Tendenz zur Anhaftung keine Alternative entgegen setzen. Das
Kultivieren einer geistigen Haltung der Nicht-Anhaftung während des
Übens der Meditation ist diese Alternative. Erst wenn diese innere
Haltung bis zu einem gewissen Punkt entwickelt ist, kann die geistige
Kraft der Konzentration sich voll entfalten. Und Konzentration führt Dich
noch tiefer in den unbekannten Ozean deines Selbst.
Rahmenbedingungen und Grundlagen für ein erfolgreiches Üben
der Meditation.
Ort: ein sauberer, allein der Praxis vorbehaltener Platz in deiner
Wohnung. Übe bevorzugt bei offenem Fenster oder – wenn Du die
Möglichkeit hast – in deinem Garten. Wann immer Du kannst, ziehe das
Üben in freier Natur dem Üben in geschlossenen Räumen vor.
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Zeit: Übe möglichst zu gleichen Zeiten. Aus nicht nur praktischen
Gründen sind die Morgenstunden, kurz nach dem Aufstehen am besten
geeignet. Die Welt ist noch ruhig, die Luft noch frisch, der Geist noch
nicht abgelenkt. Auch geeignet sind die Abendstunden, wenn Du alle
Arbeit erledigt hast und dich kein Tagesgeschäft mehr belastet. Ideal
sind die Zeiten des Sonnen Auf- und Untergangs.
Körperliche Voraussetzungen: Übe mit leerem Darm und leerer
Blase. Der biologisch natürlichste Zeitpunkt für den Stuhlgang liegt
zwischen der sechsten und der achten Stunde nach Mitternacht. Solltest
Du morgens Probleme damit haben, deinen Darm zu entleeren, ist das
ein Hinweis auf eine Störung im zirkadianen Rhythmus (Mein Tipp:
konsultiere einen Arzt aus der Ayurvedischen oder Chinesischen
Tradition der Medizin). Übe dann besser am Abend, 1 – 2 Stunden nach
deiner letzten Mahlzeit. Wasche dich, dusche oder bade vor der
Meditation. Unangenehme Körpergerüche können eine widerspenstige
Quelle von Ablenkungen sein. Wenn Du morgens nach dem Aufstehen
noch sehr steif und unbeweglich bist, lockere dich mit ein paar Übungen
oder gehe eine Runde Joggen. Generell sollte ein regelmäßiges Training
des Körpers Bestandteil deiner magischen Praxis sein. Yoga ist ideal,
aber Kampfsport, Tai Chi, Qi Qong, Joggen oder Krafttraining oder eine
andere Art von Freizeit-Sport sind ebenfalls hilfreich dabei, das Herz-
Kreislauf-System und die Durchblutung deiner Muskulatur
funktionstüchtig zu erhalten.
Haltung: Es gibt verschiedene Positionen, die geeignet sind, das
Meditieren zu üben. Wenn Du es leicht kannst, dann nimm die Haltung
des Lotus-Sitzes ein, bei der beide Beine übereinander gekreuzt sind.
Den meisten Europäern fällt dies aber sehr schwer, und es gibt keinen
Grund, sich hier zu quälen. Das zentrale Kriterium ist die aufrechte
Haltung der Wirbelsäule. Jede Position, die Du leicht einnehmen und
längere Zeit halten kannst und die das Sitzen mit aufrechtem Rücken
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ermöglicht, ist in Ordnung. Du kannst auch auf einem Stuhl sitzen und
den Rücken aufrichten - nichts spricht dagegen. Auf Dauer ist es aber
tatsächlich bequemer und leichter, auf dem Boden zu sitzen. Wenn Dir
das schwer fällt, verwende ein Meditationskissen oder einen Klotz als
Unterlage für dein Gesäß. Dadurch ist das Becken höher als die Beine
und diese lassen sich leichter kreuzen und sind entlastet. Lege die
rechte Sohle auf den linken Oberschenkel oder die linke Sohle auf den
rechten Oberschenkel. Oder kreuze einfach die unteren Beine. Wenn das
Kreuzen der Beine aber generell zu unbequem für Dich ist, dann sitze
auf den Fersen, die Knie zusammen. Auch hier kannst Du ein Kissen
oder einen Klotz als Unterlage benutzen.
Die Arme hängen seitlich des Rumpfes herunter, die Schultern sind
weich und locker und die Hände im Schoß zusammengelegt. Lege die
rechte Hand mit der Handfläche nach oben weisend in die linke – oder
umgekehrt, wie es sich für dich am besten anfühlt. Je nach
eingenommener Sitzhaltung liegen dabei die Handgelenke auf den
Oberschenkeln oder auf den Fersen (im Lotus-Sitz). Egal welche Haltung
Du eingenommen hast: verändere sie nicht mehr während des Übens.
Finde durch Experimentieren heraus, welche Haltung für dich optimal
geeignet ist – und bleibe dann dabei. Nichts unterstützt die Meditation
mehr als Kontinuität.
Achte darauf, dass die Wirbelsäule auch im Kopfbereich aufgerichtet ist.
Das Kinn sollte sich leicht nach vorne zur Brust hin neigen und so den
Halswirbelbereich verlängern. Die Augen richte über die Nasenspitze und
schließe die Lider bis auf einen Schlitz. Die Meditation beginnt, wenn Du
die endgültige Position eingenommen und alle Körperbewegungen
eingestellt hast.
Atmung: Atme ruhig und gleichmäßig. Die Augen auf einem Punkt auf
dem Boden ruhend, richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem und
verfolge seine Bahn. Weder forciere noch unterbreche die Atmung,
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manipuliere auch sonst in keiner Weise. Das aufrechte Sitzen hilft den
Körper zu entspannen, was sich alsbald in einer ruhig und selbständig
gleichmäßigen Atmung niederschlägt. Du wirst bald feststellen, dass mit
zunehmender Ruhe sich die Dauer der Ausatmung gegenüber der
Einatmung verlängert. Das ist ok und wünschenswert, denn die
verlängerte Ausatmung hilft, Herzschlag und andere Rhythmen im
Körper zu verlangsamen und runter zu fahren. Ein Zyklus von Einatmen
und Ausatmen wird länger werden. Auch das ist ok. Die ruhige und
regelmäßige Atmung in der Meditationshaltung verlangsamt alle
Prozesse im Körper und schießlich auch im Geist, was Dir die Möglichkeit
eröffnet, diese Prozesse genauer zu erkennen und zu verstehen. Du
wirst auch bemerken, wie sich mit der Ausatmung das Zwerchfell
zusammenzieht und der Atem ab einem bestimmten Punkt wie hinter
einem sich hebenden Vorhang verschwindet. An diesem Punkt setzt der
Wechsel von der Aus- zur Einatmung ein, ganz von selbst und
unwillkürlich. Dieser Punkt ist der Tandien, der berühmte Punkt, an dem
sich das „Chi“ oder „Prana“ sammelt. Die Chinesen nennen diesen Punkt
„das Meer des Chi“ und Du wirst schon bald verstehen, wie deine
asiatischen Vorgänger auf diesen Namen kamen. Die Einatmung lasse
geschehen und unterstütze sie allenfalls mit der Entspannung deines
Bauchraumes. Atme aber nicht absichtlich tief bis in die oberen Lungen.
Bei natürlich-ruhiger Einatmung heben sich die Bauchdecke und die
unteren Rippen, nicht aber der Brustkorb oder gar die Schultern. Wenn
sich deine Schultern beim Atmen deutlich heben und senken, ist das ein
Zeichen für übermäßige Anstrengung. In diesem Falle achte einfach
darauf, dass bei der nächsten Einatmung sich die Schultern nicht heben.
Der Atem findet dann schon von allein den richtigen Weg.
Geisteshaltung: Übe stets mit offenem, erwartungslosem Geist.
Beobachte deinen Atem und nimm die aufsteigenden Gedanken und
Emotionen wahr, ohne sie festzuhalten. Du wirst Dich immer wieder
dabei ertappen, wie Du dich mit einem Gedanken, bzw. einem ganzen
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Gedankenkomplex identifizierst. Löse dich von dieser Identifikation,
lasse den Komplex an Gedanken und Emotionen von dannen ziehen,
indem Du deine Aufmerksamkeit wieder dem Atem zuwendest. Du wirst
zu Beginn so viele Wahrnehmungen machen, dass Du dich leicht darin
verlierst. Auch hier: führe deine Aufmerksamkeit sanft und nüchtern auf
den Atem zurück.
Vermeide übermäßige Konzentration. Kultiviere statt dessen eine
rezeptive Geisteshaltung, in der Du bereit bist, jede Wahrnehmung und
Erfahrung ohne Beurteilung zuzulassen. Wir werden auch noch andere
geistige Techniken kennenlernen und anwenden, wie etwa objektfixierte
Konzentration. Doch die allgemeine Basis für jede speziellere Tätigkeit
des Geistes sollte seine Fähigkeit und Bereitschaft sein, ungefilterte
Wahrnehmung zuzulassen. Ich kann diesen Punkt, auch wenn er
unspektakulär oder vielleicht sogar langweilig klingt, nicht nachdrücklich
genug betonen. Entwickle einen offenen, neutralen und unverhafteten
Geist durch das tägliche Üben der Aufmerksamkeit und
Gegenwartsbewußheit in der sitzenden Meditation.
Dauer: Wie lange sollte eine einzelne Meditations-Sitzung dauern? Klare
Antwort: 30 Minuten, mindestens. Dies ist der vielleicht heikelste Punkt,
wenn es darum geht, eine tägliche Routine der meditativen Praxis zu
entwickeln. Es braucht diese minimale Dauer, um aus einer
vorübergehende Entspannung bewirkenden Übung ein Mittel zur
Transformation deines Geistes zu machen. Dazu bedarf es nicht 20,
nicht 25, sondern mindestens 1x täglich 30 Minuten. Du wirst sehr bald
selbst feststellen, dass erst bei einer Übungsdauer ab 30 Minuten sich
eine signifikante Wandlung des Bewusstseins einstellt. Unterhalb dieser
Zeit stellen sich viele andere positive und wohltuende Änderungen ein,
aber diese eine, entscheidende nicht.
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Warum ist das so? Das Gehirn braucht eine bestimmte Weile, um aus
seiner gewohnheitsmäßigen Arbeitsweise in eine andere zu wechseln.
Erst ab einer Dauer von 30 Minuten ungebrochener Aufmerksamkeit
schwindet die Tendenz zur Identifikation mit den Inhalten des Geistes.
Das Gehirn passt sich dieser neuen Form geistiger Tätigkeit an. Aber es
verharrt nicht in dieser neuen Arbeitsweise, sondern fällt alsbald wieder
in seine alten Muster zurück. Deshalb ist die Kontinuität durch tägliches
Üben so immens wichtig. Damit sich Anpassungsprozesse stabilisieren
können, müssen die Anpassung auslösenden Reize immer wieder gesetzt
werden. Die neurologische und biochemische Beschaffenheit des
menschlichen Gehirns ist dergestalt, dass ab einer Dauer von
mindestens 30 Minuten täglicher Übung gerichteter Aufmerksamkeit sich
erste, dauerhafte Anpassungen nach ca. 3 Monaten einstellen.
An dieser Stelle ist wichtig, dass Du verstehst, dass es sich bei der
Festlegung auf eine bestimmte Dauer weder um eine persönliche,
subjektive Vorliebe meinerseits noch um eine „heilig- mystische“ Ziffer
handelt, sondern dass sie ausschließlich auf den realen Gegebenheiten
der menschlichen Biologie beruht. Und diese lässt sich durch nichts,
aber auch gar nichts umgehen.
Vielleicht verdeutlicht folgende, einfache Rechnung die Bedeutung einer
minimalen Dauer veränderten Bewußtseins pro Tag. Ein Tag hat 24
Stunden, von dem Du 5-8 Stunden mit Schlafen verbringst. Die ca. 16
restlichen Stunden verbringst Du in einem „normalen“
Bewusstheitszustand, zwischen beruflicher und sozialer Betätigung und
privater Ablenkung und Selbstbezogenheit. Eine halbe Stunde tägliches
Meditieren kann schon ausreichen, einen ausgleichenden Gegenpol zu
den restlichen 23 ½ Stunden des Tages zu bilden. Mach Dir auch klar,
dass das langfristige Ziel der tantrischen Praxis - und auch dieses Kurses
- ist, das Du 24 Stunden am Tag, ob schlafend oder wachend, in jenem
Bewusstsein verbringst, das Du in der Meditation erfährst und
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entwickelst. Wenn es einmal soweit ist, werden alle tantrisch-magischen
Kniffe und Werkzeuge, die letztlich nichts anderem dienten, als die
Entwicklung dieses von allen Anhaftungen, Einschränkungen und
Fremdsteuerung befreiten Bewusstseins zu unterstützen, überflüssig
geworden sein.
Die tägliche Praxis der Meditation ist die Basis und der Schlüssel zum
Verwirklichen absoluter Befreiung. Sie wird Dich in allen, wirklich allen
Bereichen deines Lebens und der praktischen Magie unterstützen. Der
Wert dieses Schlüssels ist unschätzbar, und er steht Dir kostenlos und
ohne Einschränkung zur Verfügung. Nutze Ihn – und beachte die
Gebrauchsanweisung. Dann wirst Du mehr gewinnen, als Du jemals für
möglich gehalten hast.
Zeichne deine Erfahrungen mit der Meditation auf
Wie bei jeder neuen Tätigkeit oder Aufgabe, ist der Geist zu Beginn erst
einmal begeistert und hoch motiviert. Doch schon sehr bald kühlt die
Begeisterung in der täglichen Routine ab. Das ganze Unternehmen
scheint untragbar langweilig, sinnlos und Zeit verschwendend.
Widerstände bauen sich, Abwehr akkumuliert sich. Die inneren
Widerstände werden schließlich so stark, dass der Geist fast nur noch
mit ihnen beschäftigt ist und kaum mehr Kraft zur wirklichen
Aufmerksamkeit aufbringen kann. Die Folge ist eine zunehmende
Verwässerung der Meditation, Ablenkungen werden nicht mehr als
solche erkannt und geistige Fantasiereisen zu ersten Erleuchtungs-
erlebnissen verklärt. Du bist praktisch ohne jede Aufmerksamkeit in
deinem Meditationssitz und hältst Dich für befreit oder glaubst, einen
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großen Durchbruch geschafft zu haben.
Diese Verkettung von Irrtümern ist typisch für die erste Zeit der
Mediationspraxis und geradezu natürlich. Um dich aber in dieser Phase
deines Übens und im weiteren Verlauf deiner Praxis nicht vollends im
Selbstbeweihräuchern und substanzlosem Herumfantasieren zu
verlieren, ist es hilfreich, nach jeder deiner Meditations-Sitzungen ( wie
nach jeder magischen Handlung ) deine Erfahrungen und Erlebnisse
aufzuzeichnen. Das tust Du am Besten in Form einer Checkliste, in der
Du in Stichworten die wichtigsten Daten zusammenfasst. Das spart Zeit,
gibt Überblick und Struktur und hilft, eventuelle Abwehr gegen Notizen
zu überwinden. Im Folgenden ein Beispiel, was eine solche Checkliste
mindestens beinhalten sollte und in Klammern beispielhafte Notizen:
· Zeitpunkt der Übung (morgens 8h, vor Frühstück)
· Dauer der Übung (32 Min.)
· Ort (Wohnung)
· Visuelle / Auditive Phänomene (Lichtkreise/keine)
· Körperliche Symptome (leichtes Ziehen in linker Hüfte)
· Emotionale Verfassung (ausgeglichen, aber müde)
· Art und Umfang der Ablenkungen (körperlich wenig,
wiederkehrende Gedanken zu Büroarbeit und Beziehung)
· Folgewirkungen der Übung (ruhig, fokussiert, heiter)
Am praktischsten ist es, wenn Du Dir eine solche Checkliste mit einem
Textverarbeitungsprogramm am Computer oder per Hand erstellst und
eine große Zahl an Kopien davon anfertigst. Dann brauchst Du deine
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Anmerkungen jeweils nur einzutragen, was den ganzen Prozess der
„Tagebuch-Arbeit“ entschieden vereinfacht. Ausserdem können auf diese
Weise die über einen längeren Zeitraum gesammelten Daten leichter
verglichen und analysiert werden, was sowohl den eigenen tatsächlichen
Fortschritt dokumentiert wie auch Aufschluss über individuell besonders
signifikante Schwierigkeiten geben kann.
Voraussetzung zur Teilnahme an Kaula Immersion - Gruppen
Innerhalb des Kurses wird es Angebote zu Gruppentreffen geben. Damit
diese Gruppentreffen nicht bei Null beginnen, sondern wir kontiuierlich
tiefer eintauchen können, ist die regelmäßige Praxis der Meditation eine
Voraussetzung für die Teilnahme an diesen Gruppen.
Das ist nicht dazu gedacht, dich zu gängeln oder meine sadistische Ader
zu befriedigen, sondern um zu gewährleisten, dass es eine Basis gibt,
auf der weiterführende Praktiken eingeführt und angewendet werden
können.
Konkret wird es so aussehen, dass vor der Teilnahme an einem
Gruppentreffen du einen kurzen Report verfasst, in dem du – z.B.
anhand deiner im vorherigen Kapitel empfohlenen Aufzeichnungen –
deine Erfahrungen und die Entwicklung deiner Meditationspraxis
zusammenfasst. In diesem Report beschreibe kurz und prägnant
mindestens folgende Aspekte:
– Ort und Zeit deiner Mediationspraxis (allgemein)
– was waren/sind die größten Schwierigkeiten/Hindernisse?
– Welche Art von Ablenkungen sind am widerspenstigsten/häufigsten?
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– Welche Entwicklung/Wirkung deine Meditationspraxis betreffend ist
die für dich bedeutendste?
Wenn es soweit ist (du wirst von mir per Email zeitig darüber informiert
werden), sende mir dann diesen Report, der nicht länger als eine Din A4
Seite sein sollte, per Email-Anhang an [email protected].
Sei bitte ehrlich und aufrichtig bei der Schilderung, es wird keine Noten
oder Bewertungen geben. Auf diese Weise erhalte ich zumindest eine
ungefähre Vorstellung davon, wo du gerade bist und welche
weiterführenden Praktiken für dich geeignet sein könnten.
Geh locker und ohne Zwang an die Sache heran und mache dir keine
Sorgen darüber, ob du das “gut” genug machst oder nicht. Ein großer
Teil des Weges besteht darin, die Tendenz abzulegen, jemand anderes
sein zu wollen als du wirklich bist. Das Üben der Meditation ist das
effizienteste Mittel dazu.
Copyright© 2006 Frank Lerchhttp://[email protected]