mein kleiner garten

58
GARTEN MEIN KLEINER

Upload: rawcut-design-studio

Post on 17-Mar-2016

229 views

Category:

Documents


1 download

DESCRIPTION

climbing photographie book from Alessandro Fischer

TRANSCRIPT

Page 1: Mein kleiner Garten

GartenMein kleiner

Page 2: Mein kleiner Garten

der bauch

Auf der Suche nach einem unberührten Felsen wurde ich in Engelberg fündig. Mitten in einer riesigen Wand, 300m über dem Tal-boden, erspähte ich unter einer bauchförmigen Fels-formation mit dem Fernglas einen Absatz, mit Bäumen und wilden Rosen. Schon bald stand ich aufgeregt mit zwei Bohrhaken und 170m Seil ausgerüstet, am Abgrund über der Wand. Der Plan war, durch die

mehrere hundert Meter hohe Wand direkt über den Bauch abzuseilen. Mit dem letzten Meter Seil landete ich zwischen den Rosen auf dem Absatz. Mit dem Bauch verbindet mich seit dem Tag eine tie-fe Freundschaft, jedes Mal wenn ich an diesen Ort zu-rückkehre bin ich Glück-lich.

Matthias Trottmann

ein kleines Paradies hoch über dem engelberger Tal. 1992 packte mich das Entdeckerfieber.

Page 3: Mein kleiner Garten
Page 4: Mein kleiner Garten
Page 5: Mein kleiner Garten
Page 6: Mein kleiner Garten
Page 7: Mein kleiner Garten

„Das war unser lieber Lex, der junge Holländer, der noch kaum einen Berg je zu Gesicht gekriegt hat. So schöne grosse Augen sieht

man selten, nicht erstaunlich bei Feuer und Sternennacht auf dem bauch. Ich glaub er würd lieber hier in der Schweiz bleiben, als in

die Ebene zurück zukehren.“

unbek a nnt

Page 8: Mein kleiner Garten

Doch dann erkennen wir: Der Aufstieg hat sein eige-nes Geheimnis. Er ist ein Moment des Einkehrens. Wir tragen Lasten mühseli-ge Pfade hoch, drücken uns mit zu grossen Rucksäcken zwischen Bäumen und Fel-sen durch, der Schweiss im Gesicht vermischt sich mit mitgerissenen Spinnennet-zen. Diese aus dem Gesicht putzend, wird man kurz un-aufmerksam und tritt neben den Weg. Dazu gibt es keine Sprüche, keine anfeuernden

Worte: Jeder ist alleine mit sich und fängt an, auf nichts als den Weg zu achten. Man greift die nächste Sprosse, setzt den Fuss, at-met aus. Diese Einkehr zu sich selbst ist wohl die deut-lichste Grenze zwischen dem Unten und dem Oben. Und die schönste. Und da ist er ja schon, der unten noch kaum zu erwartende Fels-riegel. Fast zu früh, werden wir aus dieser Aufstiegsme-ditation gerissen.

der aufstieg, das notwendige Übel, denken wir. notwendig, weil wir nur so zu unserem abgelegenen Gärtchen kommen. das vermeidliche Übel schafft immerhin eine Grenze, gar eine hürde, zwischen den Orten wo alle sind und demjenigen, den wir ger-ne für uns behalten. das Stück Fels dort oben, zu dem man nicht einfach so hinkommt, für das es kei-ne kletterführer gibt.

der auFStIeG

Page 9: Mein kleiner Garten
Page 10: Mein kleiner Garten
Page 11: Mein kleiner Garten
Page 12: Mein kleiner Garten
Page 13: Mein kleiner Garten
Page 14: Mein kleiner Garten

„Ein wunderschöner Platz, einer für Aussteiger.

Die dann doch einsteigen.Super schöne Touren

mit viel Luft unterm Füdli.Da kommt man wieder,

nicht alle Jahre, sondern gleichen Morgen wieder!“

P. S.

Page 15: Mein kleiner Garten
Page 16: Mein kleiner Garten

der LaGerPLatZ

Jeder sortiert sich etwas ein, das Seil wir abgerollt und bald schon heizt der Kocher dem zweiten Kaffee ein. Ei-ner macht sich auf, eine neue Route zu vollenden. Andere klettern entspannt irgendwo hoch, sitzen dazwischen im Schatten und geniessen die Aussicht. Die ersten Flam-men aus der kleinen Feuer-stelle lösen die Sonne ab, welche schnell hinter dem Titlis verschwindet. Wenn wir hier Abenteuer erleben, dann sicherlich auch ein ku-linarisches. Jeder hat so ein bisschen quer eingekauft, in der Annahme ein anderer bringe dann das dazu pas-sende. So vermischen sich Honigmelonen mit durch-

zogenem Schwein, welchem wiederum gefüllte Peperoni angehängt werden. Diese hinterlassen abgerundet mit einem Schluck Wein und nachgedoppelt mit einer To-mate eigentlich einen ganz exquisiten Nachgeschmack. Die kreisende Weinflasche, eine wärmende Jacke, das lodernde Licht des Feuers und der Sternenhimmel machen das Leben leicht. Neidische Sprüche über die dicke Matte des andern und Dinge, die hier nicht mehr erwähnt werden sollen, sind das letzte, was unser Biwak noch von sich gibt. Dann strecken wir unsere Glieder in die laue Sommernacht.

Ich werfe meinen rucksack hin, ziehe mich fast voll-ständig aus, wedle mir mit dem nassen Leibchen Luft zu. doch die zweite amtshandlung kann keine andere sein, als die kaffemaschine zu füllen und auf den kocher zu stellen. Schon die herren heckmair, Harrer, Kasparek und Vörg pflegten das Kaffeetrin-ken ausgiebig, damals am eiger.

Page 17: Mein kleiner Garten
Page 18: Mein kleiner Garten
Page 19: Mein kleiner Garten
Page 20: Mein kleiner Garten
Page 21: Mein kleiner Garten
Page 22: Mein kleiner Garten
Page 23: Mein kleiner Garten
Page 24: Mein kleiner Garten
Page 25: Mein kleiner Garten
Page 26: Mein kleiner Garten
Page 27: Mein kleiner Garten

nachtMan sagt, dass der Prozess des Erinnerns viel mit Sinngebung zu tun hat. Unsere Erinne-rung stellt die Dinge so zusammen, dass sie für unser inneres Ich Sinn ergeben. So wer-den die einzelnen Erlebnisse zu einer Geschichte verknüpft, die eben sehr individuell ist. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass dies im Schlaf passiert, so stelle ich mir den Schlaf unruhiger vor, je komplizierter das Verknüpfen der Erlebnisse ist. Vielleicht hat es mit dem simplen Leben im Biwak zu tun, dass man so gut schläft…

Page 28: Mein kleiner Garten

„Morgens um 10:00 schien die Welt noch in Ordnung.

Fels kalt, Finger kalt, Zehen kalt. Um 14:00 war dann alles vorbei.

Das Baby hatte gebrannt, zumindest für Adi nicht zu schlimm…“

a dI und dOmInIk

Page 29: Mein kleiner Garten
Page 30: Mein kleiner Garten
Page 31: Mein kleiner Garten
Page 32: Mein kleiner Garten
Page 33: Mein kleiner Garten
Page 34: Mein kleiner Garten
Page 35: Mein kleiner Garten
Page 36: Mein kleiner Garten
Page 37: Mein kleiner Garten

„Also Variante A geht besser wenn man B versucht hat und wütend ist auf B probiert man dann A und es geht doch nicht grrrr. Versöhnt ma sich wieder

mit B zwischendurch hört und sieht man ein Schimmer von C der aber gleich wieder verschwindet und kann wieder (klar) sehen muss A oder B. Also soll

man jetzt abwechseln zwischen A und B konsequent auch wenn z.B. plötzlich B mehr Hoffnung macht? Dom sagt B ist unmöglich was eigentlich sagen wür-de: klarer Fall A. Aber A geht schlechter als B und sowieso Domi ist gar nicht

oben gewesen! Ich sags Euch dann wie ichs gemacht hab. Geschrien hab ich so: aaaaahhhhhhhh also vielleicht mach ich doch A weil schrei du mal bbeeee-

ehhhhhh! So bescheuert!“

PacSI

Page 38: Mein kleiner Garten

ab GehtS!

Die Route „Sommernachts-traum“ klingt nicht nur schön lau, sie ist geradezu ideal, die noch kalten Mus-keln vom Koffeinzittern zu befreien. Danach definitiv im Tag angekommen, wet-zen wir zurück zur Platt-form. „Frühlingserwachen“ startet glücklicherweise di-rekt aus dem Biwak und der Name verspricht zudem, in die nächste Bewusstseins-Stufe befördert zu werden.

Und tatsächlich, danach sind wir definitiv wach. Jetzt wollen wir unsere Kraft nicht mehr vergeu-den, ganz nach oben soll’s gehen, in eine bisher noch undurchstiegene Route am Bauch. Klettern am Kalk hat eine ganz besondere Ästhetik. Es ist vielleicht die tänzerischste Form des Kletterns. Dagegen ist Gra-nit-Kletterei das reinste Fit-nesscenter.

Warum sind wir eigentlich hier? ach ja: Zum klet-tern! einbinden und ab geht’s! der bauch ist bloss eine kleine Plattform, geklettert wird aber auch links und rechts dieses Gärtchens. Wir huschen also zunächst flink - an Fixseilen gesichert - über eine abschüssige Platte, bis an den rechten rand des bauches.

Page 39: Mein kleiner Garten
Page 40: Mein kleiner Garten
Page 41: Mein kleiner Garten
Page 42: Mein kleiner Garten
Page 43: Mein kleiner Garten

Griffe „schauen“ im Kalk oft in die falsche Richtung, weshalb man mit dem Fuss irgend-wo dagegen ziehen muss, ihn hochnehmen zur Hand, sich verdrehen, eine Hand lösen, um mit der andern nach dem nächsten Leistchen zu greift. Dabei ist man stets von der Hoffnung getragen, dass einem die Reibung bei den am Fels verbleibenden Füssen und der Hand keinen Streich spielt. Sonst findet man sich alsbald ein paar Meter tiefer im Seil baumelnd mit der Frage beschäftigt, ob jetzt der Fuss oder doch die Hand zuerst den Halt verlor. Man trifft eine Annahme, zieht sich an die Wand, steigt über den letzten Siche-rungspunkt bis zur fraglichen Stelle, setzt die Füsse, bleibt ruhig und doch im Fluss und trotzdem reicht es auch diesmal nicht. Irgendwann sind die Batterien leer, die Schatten länger und wir räumen auf am Bauch, packen unsere sieben Sachen und seilen müde und glücklich ins Tal ab.

dIe hand

Page 44: Mein kleiner Garten
Page 45: Mein kleiner Garten
Page 46: Mein kleiner Garten
Page 47: Mein kleiner Garten
Page 48: Mein kleiner Garten
Page 49: Mein kleiner Garten
Page 50: Mein kleiner Garten

„Es war super schön an einem heissen Junitag. Alles was hier oben noch fehlt ist ein

Kühlschrank oder Bier.“

dave

Page 51: Mein kleiner Garten
Page 52: Mein kleiner Garten
Page 53: Mein kleiner Garten
Page 54: Mein kleiner Garten
Page 55: Mein kleiner Garten

Mit bestem Dank an: Matthias Trottmann und Thomas Scheuner, welche das Shooting am Bauch möglich machten.

Rawcut - ohne sie gäbe es kein Fotobuch! Und nicht zu vergessen, alle die über die Jahre den „Buuch“ zu dem gemacht haben, was er jetzt ist.

Page 56: Mein kleiner Garten

ImPreSSum:Fotografie: Alessandro Fischer

Text: Thomas ScheunerKletterer: Matthias Trottmann, Thomas Scheuner

Konzept: Harun DoganGrafik & Design: Florian Baier, Sarah Furrer

copywrite: Alessandro Fischer

Page 57: Mein kleiner Garten
Page 58: Mein kleiner Garten