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Menschliche Wahrnehmung
Thomas Jung
Gliederung
• Modelle zur menschlichen Wahrnehmung• Aufgaben der Wahrnehmung• Physiologie des Gehirns• Farbwahrnehmung• Objektwahrnehmung• Wahrnehmung von Tiefe und Größe• Bewegungswahrnehmung• ( Hören )
Modelle zur menschlichen Wahrnehmung
• Frühe Forschungsansätze
• Erlernen von Wahrnehmung (Erismann, Kohler, seit 1930)
• Wahrnehmen und Umgebung (Gibson, seit 1930)
• Wahrnehmen und Motorik (von Holst, Mittelstaedt, Bischof, seit 1950)
• Wahrnehmen und Kinematik (Johansson, seit 1950)
• Stereosehen (Julesz, seit 1960)
• Wahrnehmen und Gedächtnis (Neisser, 1976)
• Neurophysiologie und -psycholgie (seit ca. 1950)
Geschichte der Wahrnehmungsforschung
• Aristoteles (384 - 322 v. Chr.)– 5 Sinne: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten
• passend zu den Elementen: Feuer, Erde, Luft und Wasser
• Galen (130-200 n. Chr.)– Gehirn gleicht Aquädukten eines Abwassersystems
• Descartes (1596-1650)– menschlicher Körper gleicht Maschine
• Seit dem 19. Jh. experimentelle Forschung– optische Reizmuster zur Beobachtung
– Interpretation der berichteten Wahrnehmung
Erlernen von Wahrnehmung
• Innsbrucker Versuche mit Prismenbrillen (Umkehrbrillen), Erismann/Kohler seit 1928
• Ergebnis:– Wahrnehmung wird erlernt– Freie Exploration ermöglicht Adaption an
Umgebung
Ökologisch-orientierte Wahrnehmungspsychologie
• Gibson (ca. seit 1930)• Betrachung der handlungsrelevanten Umstände
– Hammer: Gewicht statt z. B. Farbe
• Kein „Schnappschußsehen“– aktives Hinschauen statt Abbildung auf der Retina
• Relevante Informationen werde direkt und unmittelbar aus der Verteilung des Lichts extrahiert– spezialisierte Wahrnehmungskomponenten statt
Wahrnehmung als globaler Prozeß
Wahrnehmung und Motorik
• Von Holst/Mittelstädt, MPI seit 1950
• Beispiel: Oben-Unten-Wahrnehmung– Unterschiedliche Wahrnehmungskanäle wirken
zusammen: Haltungssinne und Sehen– Koordination von Auge, Kopf und Hand
Wahrnehmen und Kinematik
• Johansson, seit 1950– Wahrnehmung von Bewegungsmustern– Gefilmte Lichtpunkte an menschlichem Skelett
ermöglichen z. B. Erkennen der Bewegungen• Steigen über Stiegen
• Begrüßungen
• Aufheben von Kartons
• sogar das Gewicht des Kartons
Plastisches Sehen
• Julesz, seit 1956– Einsatz von Zufallsstereogrammen– Stereosehen auf der frühesten
Wahrnehmungsebene– Form- und Objekterkennen nicht Voraussetzung
für sondern Ergebnis vom Stereosehen
Wahrnehmung und Gedächtnis
• Neisser, seit 1976
• Theorie des Wahrnehmungszyklus– Wahrnehmung ohne Gedächtnis nicht möglich– Gedächtnis ist aktive Ordnungsstruktur– leitet Erkundungsvorgänge– ermöglicht Interpretation
„Wir sehen nur wonach wir suchen können“
Physiologischer Ansatz
• Bestimmung der einzelnen Neuronen im visuellen Cortex
• Unterschiedliche Stufen im visuellen System (Farbe, Bewegung, Konturen, ...)
• Zuordnung von Wahrnehmungsausfällen und Gehirnläsionen
• Modellierung mit neuronalen Netzen
Funktionale Aufgaben der menschlichen Wahrnehmung
• Aufbau eines grundlegendes Koordinatensystem– als Bezug für die Orientierung
• Kognitive Landkarte– Steuerung der Fortbewegung
• Erkennen von Gegenständen, Orten, Ereignissen, Oberflächen, Substanzen und Nahrungsmitteln– in ihrem Zusammenhang für unser Handeln
• Soziale Kommunikation (einschließlich Sprache)– Sprechen, Zuhören, Mimik, Gestik, Lesen, Schreiben, Verstehen
• Fakultativer Erwerb weiterer Fähigkeiten– z.B. Klavierspielen, Sport, Informatikdiplom, ...
Das menschliche Nervensystem
Informationsübertragung im Gehirn
• Elektrischer Impuls in Neuron entlädt sich
• Nervenfasern verbinden Neuronen
• Synapsen an den Enden der Nervenfasern
• Chemische Substanz (Neurotransmitter) überwindet synaptischen Spalt
• Wenn Neurotransmitter an passendem Rezeptor andockt löst er Spannungsänderung aus
• elektrische Reaktion ist entweder hemmend oder erregend bzgl. des Zielneurons, verändert Entladungsfrequenz
Psychophysik
• Unterscheidbarkeit von ähnlichen Reizen nur wenn Reizschwelle überschritten– Beispiel: 5% Gewichtsänderung ist merkbar
• Reizschwellen abhängig von äußeren Umständen, Aufmerksamkeit, etc.
statt
Experiment: Gruppe A
Experiment: Gruppe B
Was ist das ?
Erwartungshaltung beeinflußt Wahrnehmung
„Man sieht, was man kennt“
Bugelsky, Alampay, 1961
A B
Visuelles System
Gehirn
Auge
Auge versus Kamera
• Auge und Kamera bündeln das Licht• Netzhaut entspricht Film• Kamera: Fokussierung durch Bewegung der Linse• Auge: Fokussierung durch Veränderung der
Brechungseigenschaften (Form) der Linse: Akkomodation
Retina (Netzhaut)• Gesehene Umwelt wird auf
Retina abgebildet
• Zapfen befinden sich hauptsächlich in der “Mitte” der Netzhaut (Fovea)
• Stäbchen befinden sich an der Peripherie
• Ausgang zum Sehnerv (Blinder Fleck) besitzt weder Zapfen noch Stäbchen
Zapfen und Stäbchen• Fovea
– besitzt hauptsächlich Zapfen– erlaubt Erkennen von Details (z. B.
Lesen!)– Unterscheidung von ca. 30 Perioden
pro Sehwinkel– erlaubt Farbwahrnehmung
• Peripherie– besitzt hauptsächlich Stäbchen– ermögicht die Wahrnehmung
geringerer Intensitäten– ermöglicht Wahrnehmung von
Veränderungen
Zeit in Dunkelheit in Min
Relative Epfindlichkeit
Neuronale Verarbeitung
• Neuronen (Zellen) sind netzförmig verbunden
• 120 Mio. Stäbchen und 6 Mio. Zapfen konvergieren auf eine Million Ganglienzellen am Sehnerv
• Zellen im Corpus geniculatum laterale bilden Schichten von retinotopen Karten (Abbildungen der Netzhaut)
• Visueller Cortex:– Einfache Zellen können z. B. auf horizontale oder vertikale Kanten
reagieren
– Komplexe Zellen reagieren z. B. auf bewegte Kanten
– Endinhibierte Zellen reagieren z. B. auf bewegte Ecken
Beispiel Erkennung von Kanten
Zahl der Impulse
Regionen des visuellen CortexBewegung
Farbwahrnehmung
• Dreifarbentheorie:– 3 Rezeptoren (419nm: rot, 531nm: grün und 558 nm: blau)
• Gegenfarbentheorie:– rot/grün, blau/gelb, schwarz/weiß: Gegenfarbzellen
hemmen
• Metamere:– Unterschiedliche physikalische Farben können gleiche
Reizmuster erzeugen
Helligkeitskonstanz
• Welches Innenfeld ist heller ?
Helligkeitskonstanz
• Text in Büchern erscheint immer schwarz auf weiß, egal wie hell die Seiten beleuchtet sind !
heller
Unterschiedliche Wahrnehmung
• Farbempfinden ist subjektiv• Fehlsichtigkeiten:
– Protanopie und Deuteranopie (Rotgrün-Blindheit) 2% der Männer; 0,03% Frauen: Menschen empfinden nur blau und gelb
– Trinatopie 0,002%: nur blau und rot
Wahrnehmungswelten
• Kleinkinder nahmen anders war– Sehschärfe bis zum 6. Monat, Farben ab 2 Monaten
• Tiere nehmen anders war– Beispiel Farbwahrnehmung
• Bienen sehen im ultravioletten Bereich und können so besser zwischen Blütenarten unterscheiden
• Tauben haben 5 statt 3 unterschiedliche Farbrezeptoren !!!
• Viele Tiere sehen nur schwarz weiß