methoden zur kontinuierlichen laborzucht von apfelminiermotten des artenkomplexes phyllonorycter...

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J. Appl. Ent. 117 (I994), 530-532 0 1994 Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0931-2048 Institut fur Pflanzenwissenschaften, E TH-Zurich, Schweiz Methoden zur kontinuierlichen Laborzucht von Apfelminiermotten des Artenkomplexes Phyllonorycter bZancardeZZa Fabr. (Lep., Gracillariidae) und seiner Parasitoide Von J. CASAS und R. MEYHOFER Abstract A method for the continuous laboratory-rearing of the complex Phyllonorycter blancardella Fabr. (Lep., Gracillariidae) and its parasitoids A new and simple method for the year-round laboratory rearing of the leafminer species complex Pbyllonovycter blancardella Fabr. and some of its associated parasitoids is presented. 1 Einleitung Es wird eine Methode zur kontinuierlichen Laborzucht von Blattminierern und ihren Parasitoiden dargestellt. Die hier ausgefuhrten Erlauterungen vereinfachen bereits bekannte Methoden (RIDGWAY und MAHR 1989) erheblich. Die gegebenen Zuchthinweise beziehen sich speziell auf Phyllonorycter cydoniella D. & S., sind aber fur den gesamten Artenkomplex P. blancardella Fabr. von Bedeutung. Einige Arten der Pbyllonouycter-Gruppe werden haufig als Schadlinge angesehen (z. B. REISSIG et al. 1982; POLLINI und BOSELLI 1988). Die zugeschriebene wirtschaftliche Bedeutung, erfolgversprechende Ansatze in der biologischen Schadlingsbekampfung und die besondere Eignung des Systems zur Bearbeitung von oko- logischen Fragestellungen erfordern weitere detaillierte Untersuchungen, die ihrerseits eine Verbesserung der Zuchtmethoden verlangen. 2 Massenzucht der Miniermotte Apfelsamlinge von 5-10 cm Gro8e werden einzeln in Torfanzuchttopfe gepflanzt und bei einer Temperatur von 20-20 C" und einer Feuchtigkeit von 80 % gezogen. Zum Eintopfen- zeitpunkt haben sie 4-5 Blatter. Die Topfe werden in Kasten uberfuhrt. In einen Kasten der Gro13e 40 x 40 x 40 cm konnen 20 Pflanzen eingestellt werden. Die besten Erfolge erzielt man rnit Kasten, die an allen vier Seiten mit Gaze-Stoff versehen sind. Fur die weitere Zucht bewahrt sich eine verschliefibare Offnung an einer Kastenseite. Ein Deckel aus Glas ermoglicht gleichzeitig die Beobachtung der Insekten. In jeden Zuchtkasten werden soviele Miniermotten eingesetzt, da13 1-2 Insekten pro Pflanze vorhanden sind, um im Endeffekt eine Minenanzahl von 1-3 pro Blatt zu erhalten. Dabei sind die Eier haufig nicht homogen verteilt, sondern gehauft zu finden. Durch eine Eiablageperiode von 1-2 Tagen erhalt man eine gut definierte Minierer-Kohorte. Die weifilichen Eier werden in der Nahe der Blattnervaturen abgelegt und konnen mit bloi3em Auge erkannt werden. Blatter, die Larven ab dem 5. Stadium oder Puppen enthalten, konnen fur eine weitere Verwendung gepflackt und direkt in einen neuen Kasten iiberfuhrt werden. Diese Vorgehensweise hat zwei wichtige Vorteile: zum einen befinden sich die geschlupften Minermotten direkt in ihrer zukunftigen U. S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0931-2048/94/1705-0530$10.50/0

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Page 1: Methoden zur kontinuierlichen Laborzucht von Apfelminiermotten des Artenkomplexes Phyllonorycter blancardella Fabr. (Lep., Gracillariidae) und seiner Parasitoide

J. Appl. Ent. 117 (I994), 530-532 0 1994 Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0931-2048

Institut fur Pflanzenwissenschaften, E TH-Zurich, Schweiz

Methoden zur kontinuierlichen Laborzucht von Apfelminiermotten des Artenkomplexes Phyllonorycter

bZancardeZZa Fabr. (Lep., Gracillariidae) und seiner Parasitoide

Von J. CASAS und R. MEYHOFER

Abstract

A method for the continuous laboratory-rearing of the complex Phyllonorycter blancardella Fabr. (Lep., Gracillariidae) and its parasitoids

A new and simple method for the year-round laboratory rearing of the leafminer species complex Pbyllonovycter blancardella Fabr. and some of its associated parasitoids is presented.

1 Einleitung

Es wird eine Methode zur kontinuierlichen Laborzucht von Blattminierern und ihren Parasitoiden dargestellt. Die hier ausgefuhrten Erlauterungen vereinfachen bereits bekannte Methoden (RIDGWAY und MAHR 1989) erheblich. Die gegebenen Zuchthinweise beziehen sich speziell auf Phyllonorycter cydoniella D. & S., sind aber fur den gesamten Artenkomplex P. blancardella Fabr. von Bedeutung. Einige Arten der Pbyllonouycter-Gruppe werden haufig als Schadlinge angesehen (z. B. REISSIG et al. 1982; POLLINI und BOSELLI 1988). Die zugeschriebene wirtschaftliche Bedeutung, erfolgversprechende Ansatze in der biologischen Schadlingsbekampfung und die besondere Eignung des Systems zur Bearbeitung von oko- logischen Fragestellungen erfordern weitere detaillierte Untersuchungen, die ihrerseits eine Verbesserung der Zuchtmethoden verlangen.

2 Massenzucht der Miniermotte

Apfelsamlinge von 5-10 cm Gro8e werden einzeln in Torfanzuchttopfe gepflanzt und bei einer Temperatur von 20-20 C" und einer Feuchtigkeit von 80 % gezogen. Zum Eintopfen- zeitpunkt haben sie 4-5 Blatter. Die Topfe werden in Kasten uberfuhrt. In einen Kasten der Gro13e 40 x 40 x 40 cm konnen 20 Pflanzen eingestellt werden. Die besten Erfolge erzielt man rnit Kasten, die an allen vier Seiten mit Gaze-Stoff versehen sind. Fur die weitere Zucht bewahrt sich eine verschliefibare Offnung an einer Kastenseite. Ein Deckel aus Glas ermoglicht gleichzeitig die Beobachtung der Insekten. In jeden Zuchtkasten werden soviele Miniermotten eingesetzt, da13 1-2 Insekten pro Pflanze vorhanden sind, um im Endeffekt eine Minenanzahl von 1-3 pro Blatt zu erhalten. Dabei sind die Eier haufig nicht homogen verteilt, sondern gehauft zu finden. Durch eine Eiablageperiode von 1-2 Tagen erhalt man eine gut definierte Minierer-Kohorte. Die weifilichen Eier werden in der Nahe der Blattnervaturen abgelegt und konnen mit bloi3em Auge erkannt werden. Blatter, die Larven ab dem 5. Stadium oder Puppen enthalten, konnen fur eine weitere Verwendung gepflackt und direkt in einen neuen Kasten iiberfuhrt werden. Diese Vorgehensweise hat zwei wichtige Vorteile: zum einen befinden sich die geschlupften Minermotten direkt in ihrer zukunftigen

U. S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0931-2048/94/1705-0530$10.50/0

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Laborzucht von Afelminiermotten und ihren Parasitoiden 53 1

Umgebung, zum anderen werden die meisten phytopathologischen Probleme dadurch ver- mindert. Diese Probleme werden in einem separatem Abschnitt behandelt (s.u.). Eine mehr- malige Verwendung der abgeernteten Samlinge fur weitere Generationen ist moglich.

3 Zucht der Parasitoide

Die meisten Erfahrungen konnten mit den Parasitoiden-Arten Sympiesis sericericornis Nees (Hym., Eulophidae) und Pnigalio soemius Walker (Hym., Eulophidae) gemacht werden (CASAS 1988; CASAS et al. 1993). Aber auch andere Arten wie 2.B. Apantefes circumscriptus Nees (Hym., Braconidae), Czrrsopilur spp. (Hym., Eulophidae) und Achrysocharoides utys (Hym., Eulophidae) konnten sich zum Teil unbeabsichtigt iiber mehrere Generationen in der Zucht halten. Aus diesem Grund sind die gewonnenen Erfahrungen auch fur diese Arten von Gultigkeit.

Die Zucht wurde in den selben Kasten weitergefuhrt, in denen bereits die Miniermotten gezuchtet worden waren. Das Ubertragen der Parasitoide von einem Kasten in den nachsten kann genauso wie bei der Miniermotte durch das Pflucken und die Uberfuhrung von befallenen Blattern geschehen. Im Gegensatz zur Zucht der Miniermotten ist bei der Zucht der Parasitoide ein natiirlicher Lichtzyklus mit Dammerungsphasen erforderlich. Versuche, eine Zucht in Klimakabinen mit unvermitteltem Lichtwechsel einzurichten blieben erfolglos. Die fur die Eiablage von 3. sericeicornis angebotenen Pflanzen mussen Minen mit Wirten ab dem vierten Larvenstadium enthalten.

Um die Wahrscheinlichkeit eines ersten Kontaktes zwischen Parasitoiden und Pflanzen zu erhohen, kann die positive Phototaxis der Schlupfwespen durch Abdunkeln des Lichts unterdriickt werden. Damit wird verhindert, dai3 die Schlupfwespen sich nur kurzfristig auf dem Deckel aufhalten. Umgekehrt kann die Phototaxis ausgenutzt werden, indem grof3e Pflanzen, deren obere Blatter den Deckel beriihren, in den Kasten gestellt werden, um einen direkten Kontakt der am Deckel umherlaufenden Parasitoiden mit der Pflanze zu ermoglichen. Um zu verhindern, dai3 sich das Geschlechterverhdtnis der nachsten Genera- tion zu sehr zu Gunsten der mannlichen Nachkommen verschiebt oder die Population vollkommen zusammenbricht, diirfen sich nicht zu viele Weibchen in dem Zuchtkasten befinden (hochstens ein Weibchen pro Pflanze). Eine Woche nach erfolgter Inkubation konnen die Blatter gepfluckt und in einen neuen Kasten ubertragen werden. Ein neuer Zyklus beginnt.

Stehen zur Zucht hingegen nur wenige weibliche Individuen zur Verfiigung, miissen die Tiere einzeln betreut werden. Hierzu wird eine einzige Pflanze mit einem einzigen Weibchen und 1-3 Mannchen isoliert. Jeden Tag wird eine neue Pflanze angeboten. Parasitoiden- Weibchen konnen sich iiber mehrere Tage hinweg im Boden aufhalten und sind wahrend dieser Zeit nicht herauszufinden. Dieses Verhalten kann in Zusammenhang mit der Eireifung geschen werden (CASAS et al. 1993).

4 Schadlingsbekampfung in der Zucht

Gute Erfahrungen konnten bei der Anwendung von Netzschwefel gegen Mehltau, Clo- fentezin gegen Spinnmilben, und Pirimicarb gegen Blattlause erzielt werden. Gegen die Weii3e Fliege, die im Sommer gelegentlich auftritt, mussen keine besonderen MaAnahmen ergriffen werden.

Danksagung

Von allern danken wir der Firma MAAG und ihren Mitarbeitern Hernn Jenny und Herrn Kalt, die uns jahrelang mit Apfelsarnlingen versorgten. Bei Frau Professorin S. DORN bedanken wir uns fur das Durchlesen des Manuskriptes.

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532 J. Casas und R. Meyhofer

Zusammenfassung

Eine kontinuierliche Laborzuchtmethode von Apfelblattminiermotten des Arten komplexes Phyllono- r cter blancardella Fab. und seinen Parasitoiden wird auf Grundlage langjahriger Erfahrungen Lrgeste1lt.

Literatur

CASAS, J., 1988: Analysis of searching movements of a leafminer parasitoid in a structured environment.

- GURNEY, W. S. C.; NISBET, R.; ROUX, O., 1993: A probabilistic model for the functional response

POLLINI, A.; BOSELLI, M., 1988: I1 minatore fogliare del pesco. Inf. Fitopat. 5,29-33. REISSIG, R. W.; WEIRES, D. R.; FORSHEY, C. G., 1982: Effects of gracillariid leafminers on apple in

RIDGWAY, N. M.; MAHR, D. L., 1989: Laboratory methods for rearing spotted tentiform leafminer

Physiol. Entomol. 13,373-380.

of a parasitoid at the behavioural time-scale. J. Anim. Ecol. 62, 194-204.

Quebec. Environ. Entomol. 11,958-963.

(Lepidoptera: Gracilliriidae) and two of its parasitoids. J. Econ. Entomol. 82,319-321.

Anschrifr der Verfusser: J. CASAS, Department of Biological Sciences, University of California, Santa Barbara, C A 93106, USA und R. MEYHOFER, Institute of Plant Sciences, Phytomedecine Division, Swiss Federal Institute of Technology, ETH-Zen- trum, Clausiustr. 21, CH-8092 Zurich, Switzerland