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Mikro¨ okonomik B 2. Entscheidung bei Unsicherheit Paul Schweinzer 5. Mai 2009.

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Mikrookonomik B2. Entscheidung bei Unsicherheit

Paul Schweinzer

5. Mai 2009.

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Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit

Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Entscheidung bei Unsicherheit

◮ Literaturangaben:◮ Varian (2007), Kapitel 12, 13◮ Jehle und Reny (2001), Kapitel 2.4◮ Kreps (1990), Kapitel 3.

◮ Bisher: Entscheidung zwischen verschiedenenHandlungsalternativen (Guterbundeln, Konsumplanen).

◮ Folgen der Entscheidung sind bekannt und treten mitSicherheit ein.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Entscheidung bei Unsicherheit

◮ Was, wenn manche Guterbundel nicht immer mit Sicherheit,sondern zufallig verfugbar sind?

◮ Das Gut ”Skifahren in den deutschen Alpen” ist z.B. nurverfugbar, falls dort die richtigen Temperaturen herrschen.

◮ Ganz allgemein hangt das Ergebnis einer Entscheidung oftnicht nur von der gewahlten Handlungsalternative ab, sondernauch vom Zufall, der Realisation eines Zustands der Welt.

◮ Zustand der Welt kann z.B. das Wetter sein, aber auch derEintritt eines Schadens, Erfolg oder Mißerfolg bei einem Test,der Entwicklung eines neuen Produkts, etc.

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Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit

Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Fragen die wir versuchen zu beantworten

◮ Wie kann man Praferenzen uber unsichere Ergebnisse vonEntscheidungen formal beschreiben?

◮ Was bedeutet rationales Verhalten (Optimieren unterAusnutzung verfugbarer Informationen) bei Unsicherheit?

◮ Wie kann man dies in einem Modell abstrakt abbilden?

◮ Welche theoretischen Vorhersagen ergeben sich fur empirischbeobachtbares Verhalten?

◮ Welche Implikationen fur wirtschaftliches Handeln folgen ausder Theorie?

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Lotterien: Skiurlaub in den deutschen Alpen

◮ Entweder es liegt Schnee oder nicht.

◮ D.h. es gibt zwei Zustande der Welt, S und N.

◮ Beide Zustande der Welt treten mit einer bestimmtenWahrscheinlichkeit ein, sagen wir pS und pN .

◮ Nachdem sich beide Zustande gegenseitig ausschliessen (siesind disjunkt), gilt pS + pN = 1.

◮ Das Gut Skifahren ist nur im Zustand der Welt S erhaltlich,ansonsten mussen Brettspiele konsumiert werden.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Lotterien

◮ Skiurlaub in den deutschen Alpen ist also ein Glucksspiel, eineLotterie.

◮ D.h. das Guterbundel, das im Urlaub konsumiert wird, istunsicher und gegeben durch{

2 Tage Skifahren . . . mit Wahrscheinlichkeit pS ,2 Tage Brettspiele . . . mit Wahrscheinlichkeit 1 − pS .

}

◮ Dabei sind Skifahren und Brettspiele Ergebnisse (outcomes)der Lotterie.

◮ Eintritts-Wahrscheinlichkeiten (pS ) sind in diesem Teil derVorlesung immer objektiv (konnten auch subjektiv sein!).

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Lotterien

Allgemeiner Formalismus

◮ Bezeichne die Menge aller moglichen Ergebnisse mitA = {a1, a2, . . . , an}; wir konzentrieren uns hier derEinfachheit halber auf numerische Ergebnisauszahlungen.

◮ Bezeichne die Wahrscheinlichkeitsverteilung uber A mitp = (p1, . . . , pn) wobei pi ≥ 0 fur i = 1, . . . , n und∑n

i=1 pi = 1. D.h. Wahrscheinlichkeit fur Ergebnis ai ist pi .

◮ Bezeichne die Menge aller moglichen Wahrscheinlichkeits-verteilungen (Lotterien) uber A mit P.

◮ Ein sicheres Ergebnis (z.B. ein Guterbundel) kann als Lotterieuber A = {x} mit px = 1 beschrieben werden.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Lotterien

◮ Eine Wahrscheinlichkeitsverteilung p uber eine ErgebnismengeA = {a1, a2, . . . , an} nennt man eine einfache Lotterie gS ,

gS = (p1 ◦ a1, p2 ◦ a2, . . . , pn ◦ an).

◮ Das Symbol ◦ steht dabei fur eine Zuordnung vonWahrscheinlichkeit und Ergebnis.

◮ Eine Ergebnismenge kann auch Lotterien beinhalten, z.B.A = {g1, g2, . . . , gn}.

◮ In diesem Fall nennt man die Wahrscheinlichkeitsverteilung puber A eine zusammengesetzte Lotterie g ,

g = (p1 ◦ g1, p2 ◦ g2, . . . , pn ◦ gn).

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Einfache und zusammengesetzte Lotterien graphisch

a1

gS

p

ttttttttttttttttttttt q

1−p−q

JJJJJJJJJJJJJJJJJJJJJa3

a2

Abbildung: Einfache Lotterie gS = (p ◦ a1, q ◦ a3, (1−p−q) ◦ a2).

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Einfache und zusammengesetzte Lotterien graphisch

a1

a3

g

p

wwwwwwwwwwwwwwwwwwwww q

1−p−q

GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG g ′

q′

qqqqqqqqqqqqq

1−q′

MMMMMMMMMMMMM

a4

a2

Abbildung: Zusammengesetzte Lotterie g = (p ◦ a1, q ◦ g ′, (1−p−q) ◦ a2).

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Lotterien

◮ Bezeichne Menge aller (zusammengesetzten) Lotterien mit G.

◮ Beispiel Skiurlaub:◮ Skiurlaub hangt davon ab, ob das Auto funktioniert.◮ Mit Wahrscheinlichkeit 1 − q fahrt es, mit q muß es in die

Werkstatt und Gut “Brettspiele zuhause” wird konsumiert.◮ D.h. die Autofahrt in den Skiurlaub ist eine zusammengesetzte

Lotterie der Form

g = (q ◦ a1, (1 − q) ◦ (p ◦ a2, (1 − p) ◦ a3)).

◮ Ist g aquivalent zu

g ′ = (q ◦ a1, (1 − q)p ◦ a2, (1 − q)(1 − p) ◦ a3)?

Nicht klar, hangt von Praferenzen ab! Aber wir werden dieReduktionseigenschaft einfach annehmen.

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Reduktion zusammengesetzter Lotterien

◮ Einfache Lotterie: Wahrscheinlichkeitsverteilung uberErgebnismenge A.

◮ Zusammengesetzte Lotterie: Wahrscheinlichkeitsverteilunguber andere Lotterien.

◮ Reduktion zusammengesetzter Lotterie g auf einfacheLotterie:

◮ Ausrechnen der Eintrittswahrscheinlichkeit fur jedes Ergebnisin A gegeben die Wahrscheinlichkeiten in g und allenzusammengesetzten Lotterien in g .

◮ Ergibt einfache Lotterie, die von g impliziert wird.

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Reduktion zusammengesetzter Lotterien graphischa1

a3

g

p

wwwwwwwwwwwwwwwwwwwww q

1−p−q

GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG g ′

q′

qqqqqqqqqqqqq

1−q′

MMMMMMMMMMMMM

a4

a2

Abbildung: Zusammengesetzte Lotterie g = (p ◦ a1, q ◦ g ′, (1−p−q) ◦ a2).

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Reduktion zusammengesetzter Lotterien graphisch

a1

a3

gS

p

vvvvvvvvvvvvvvvvvvvvv

qq′

ffffffffffffffffffffffffffffffff

q(1−q′)

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

1−p−q

HHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH

a4

a2

Abbildung: Reduktion der zusammengesetzte Lotterie g laßt auf dieeinfache Lotterie gS = (p ◦ a1, (1−p−q) ◦ a2, qq′ ◦ a3, q(1−q′) ◦ a4).

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Anmerkung zur Notation

◮ Mathematisch ist eine einfache Lotterie nichts anderes als eineZufallsvariable.

◮ Eine einfache Lotterie g = (p1 ◦ a1, p2 ◦ a2, . . . , pn ◦ an) kannman ebenso beschreiben als

◮ eine Zufallsvariable a verteilt gemaß der DichtefunktionP(ai) = pi auf dem Wahrscheinlichkeitstrager (support) A.

◮ Der Erwartungswert von a ist E[a] =∑n

i=1 piai .

◮ Diese Vorlesung verwendet das Konzept Lotterie, laßt sichaber auch uber Zufallsvariablen darstellen.

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Praferenzen uber Lotterien

◮ Lotterien stellen wohldefinierte Mengen vonEntscheidungsalternativen dar.

◮ Um Entscheidungen bei Unsicherheit zu modellieren, wird einModell der Praferenzen uber Lotterien benotigt (analog zurNutzentheorie bei Sicherheit).

◮ Wir werden in der Folge – analog zum Vorgehen bei Sicherheit– Annahmen an die Praferenzordnung stellen, die die Existenzeiner Nutzenfunktion sicherstellen.

◮ Diese Nutzenfunktion u(g) ist uber die Menge der Lotteriendefiniert.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Praferenzen uber Lotterien

◮ Eine Nutzenfunktion u(g), die direkt aufWahrscheinlichkeitsverteilungen definiert ist, ist sowohlanalytisch als auch empirisch schwer zu ermitteln.

◮ Sehr viel angenehmer (und auch einfacher zu falsifizieren)ware es, mit einer Nutzenfunktion zu arbeiten, die auf derErgebnismenge definiert ist.

◮ Ein Beispiel dafur ist die folgende Nutzenfunktion

u(g) = E[a] =

n∑

i=1

piai .

◮ D.h. die Lotterie ist gerade so gut wie ihr Erwartungswert.Dies erscheint bei monitaren Ergebnissen nicht unsinnig.

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St. Petersburg-Paradox

◮ Gegeben ist folgendes Glucksspiel g :◮ Eine faire Munze wird solange geworfen, bis zum ersten Mal

Zahl erscheint.◮ Falls Zahl zum ersten Mal beim n-ten Munzwurf auftritt, wird

ein Betrag von 2ne ausgezahlt.

# 1 2 3 4 5 6 7 8e 2 4 8 16 32 64 128 256

◮ Wieviel wurden Sie bezahlen, um an diesem Glucksspielteilzunehmen?

◮ Die meisten Leute antworten in der Großenordnung von 3–5e.

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Daniel Bernoullis St. Petersburg-Paradox

◮ Erwartungswert der Lotterie g?

E[g ] =1

22 +

1

44 + . . . =

∞∑

t=1

(

1

2

)t

2t =

∞∑

t=1

1 = ∞.

◮ Gewisse Diskrepanz in beobachteter Zahlungsbereitschaft furg und dem Erwartungswert von g .

◮ Bernoullis Vorschlag: Ergebnisse 2n mit einer konkavenFunktion zu bewerten, damit werden fruhere (kleinere)Auszahlungen hoher gewichtet und die Zahlungsbereitschaftfur g wird endlich.

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Daniel Bernoulli

Daniel Bernoulli (1700-1782) 6= Jakob Bernoulli (-Verteilung!)

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St. Petersburg-Paradox

◮ Bernoullis Vorschlag fur eine Nutzenfunktion unterUnsicherheit:

U(g) =n∑

t=1

pt ln(at) =∞∑

t=1

1

2tln(2t) =

ln(4)

2

∞∑

t=1

t

2t= ln(4).

◮ Damit ware das Glucksspiel g genauso gut wie die sichereAuszahlung von etwa 1.4e.

◮ Annahme, Ergebnisse mit ln(at) zu bewerten ist willkurlich.

◮ U(g) linear in Wahrscheinlichkeiten, damit Nutzen direkt aufErgebnismenge definierbar.

◮ Dies ist eine sehr angenehme Form, die das Rechnenerleichtert und einfache Vergleichbarkeit von Lotterienermoglicht.

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Erwartungsnutzen-Eigenschaft

Formal laßt sich diese angenehme Form allgemein so beschreiben:

Definition (Erwartungsnutzen-Eigenschaft)

Eine reellwertige Nutzenfunktion U(g) hat dieErwartungsnutzen-Eigenschaft, wenn fur alle g ∈ G gilt

U(g) =n∑

i=1

piu(ai),

wobei (p1 ◦ a1, p2 ◦ a2, . . . , pn ◦ an) die von g induzierte einfacheLotterie ist.

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Erwartungsnutzen-Eigenschaft

◮ Erwartungsnutzen-Eigenschaft ist gleichbedeutend mit

U(g) =

n∑

i=1

pi(g)u(ai ) = E[u(ai)],

wobei E[·] der Erwartungswert bezuglich Verteilung p(g) ist.

◮ D.h. ein Individuum maximiert den Erwartungswert einerNutzenfunktion (Erwartungsnutzen) und nicht z.B. denNutzen des Erwartungswerts.

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Erwartungsnutzen

◮ Die Erwartungsnutzen-Eigenschaft postuliert eineNutzenfunktion der Form

U(g) =n∑

i=1

piu(ai )

◮ U(g) wird Erwartungsnutzen oder vonNeumann-Morgenstern (vNM) Nutzenfunktion genannt.

◮ u(ai) wird als Bernoulli-Nutzenfunktion bezeichnet.

◮ Falls die Ergebnismenge A ein Guterraum X ist, kann u(x)eine Nutzenfunktion aus der Konsumententheorie sein.

◮ Falls die Ergebnismenge A verschiedene Einkommen y enthalt,dann kann u(y) eine indirekte Nutzenfunktion sein.

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Invarianz bezuglich positiver linearer Transformation

Proposition (Invarianz bezuglich positiver linearerTransformation)

Angenommen U und V sind zwei vNM Nutzenfunktionen mit denzugehorigen Bernoulli-Nutzen- funktionen u und v, die dieselbePraferenzordnung � uber G reprasentieren. Dann existieren a, bmit b > 0, so daß u(x) = a + bv(x).

◮ Erwartungsnutzen sind linear in Wahrscheinlichkeiten.

◮ Bernoulli-Nutzenfunktionen sind (wie in Konsumententheorie)invariant bezuglich monotoner positiver Transformationen.

◮ Daher sind auch vNM Nutzenfunktionen nicht eindeutigbestimmt.

◮ Beweis: Wird hier nicht vorgestellt—aber die Idee folgt.

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BeweisideeBernoulli Nutzenfunktionen fur riskikoaverse und risikofreudigeEinstellungen.

u(3)

u(3)

u(2)

u(2)

12u(1) + 1

2u(3)

12u(1) + 1

2u(3)

u(1)

u(1)

ee11 22 33

u(x)u(x)

Da also die Form der Bernoullifunktion u(·) eine Rolle spielt,konnen Erwartungsnutzenfunktionen nur linear steigendtransformiert werden.

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Erwartungsnutzen

◮ Das Invarianzresultat bedeutet, daß der Erwartungsnutzenmehr Information enthalt als eine Nutzenfunktion aus derKonsumententheorie.

◮ Nutzenfunktion aus der Konsumententheorie war rein ordinal.

◮ Erwartungsnutzen nicht nur Ordnungsnummer einesErgebnisses.

◮ Nutzendifferenz zwischen verschiedenen Ergebnissen kannnicht beliebig verandert werden und doch dieselbePraferenzordnung uber Lotterien abbilden!

◮ D.h. Erwartungsnutzen kein ordinales, sondern ein kardinalesKonzept.

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Verhaltensimplikationen

◮ Erwartungsnutzen-Eigenschaft der Nutzenfunktion ist eineAnnahme an das Verhalten der Entscheider.

◮ Welche Einschrankungen an das Entscheidungsverhalten wirddurch das Konzept Erwartungsnutzen impliziert? Sind dieseVerhaltensimplikationen plausibel?

◮ Es existiert eine Axiomatisierung der Erwartungsnutzen-Eigenschaft. D.h., es existieren eine Reihe von Annahmen andie Praferenzen der Wirtschaftssubjekte, die sicherstellen, dassdiese durch eine Nutzenfunktion mit der Erwartungsnutzen-Eigenschaft dargestellt werden konnen.

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Die Axiome der Erwartungsnutzentheorie

1. Rationalitat

2. Stetigkeit

3. Reduktion

4. Unabhangigkeit

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Axiome der Erwartungsnutzentheorie

1. Rationalitat: Die Praferenzrelation % uber G ist vollstandig,reflexiv und transitiv, d.h.

(i) Fur alle g , g ′ in G gilt entweder g % g ′, g � g ′, oder beides.(ii) Fur alle g in G gilt g % g .(iii) Fur alle g , g ′, g ′′ in G gilt: g % g ′ und g ′ % g ′′ impliziert

g % g ′′.

Dies entspricht den ublichen Rationalitatsannahmen an diePraferenzrelation eines Konsumenten uber Guterbundel unterSicherheit.

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Axiome der Erwartungsnutzentheorie

2. Stetigkeit: Fur alle g , g ′, g ′′ in G mit g ≻ g ′ ≻ g ′′ existierenreelle Zahlen α, β ∈ (0, 1), so daß(α ◦ g , (1 − α) ◦ g ′′) ≻ g ′ ≻ (β ◦ g , (1 − β) ◦ g ′′).

Diese Annahme impliziert, daß immer ein trade-off inWahrscheinlichkeiten zwischen verschiedenen Lotterien bestehenmuß (ahnlich der Stetigkeitsannahme der Konsumententheorie).

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Axiome der Erwartungsnutzentheorie

3. Reduktion: Fur alle g , g ′ in G, die dieselbeWahrscheinlichkeitsverteilung uber die Ergebnisse Aimplizieren, gilt g ∼ g ′.

Dies bedeutet, die Lotterien

g = (q ◦ a1, (1 − q) ◦ (p ◦ a2, (1 − p) ◦ a3)) und

g ′ = (q ◦ a1, (1 − q)p ◦ a2, (1 − q)(1 − p) ◦ a3)

aus dem Skiurlaub-Beispiel sind tatsachlich gleichwertig unter derPraferenzordnung des Entscheiders.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Axiome der Erwartungsnutzentheorie

4. Unabhangigkeit: Fur alle g , g ′, g ′′ in G mit g ≻ g ′ gilt, daß(α ◦ g , (1−α) ◦ g ′′) ≻ (α ◦ g ′, (1−α) ◦ g ′′) fur alle α ∈ (0, 1).

Die Praferenz fur eine zusammengesetzte Lotterie hangt nicht vongemeinsamen Konsequenzen g ′′ ab.

Anm: Fur die Indifferenzrelation % laßt sich das gleichlautendendeAxiom fur alle α ∈ [0, 1] definieren.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Monotonie

◮ Lemma (Monotonie)

Unter den Annahmen Rationalitat, Stetigkeit, Reduktion undUnabhangigkeit gilt fur alle g, g ′ in G mit g ≻ g ′, daß(α ◦ g , (1 − α) ◦ g ′) ≻ (β ◦ g , (1 − β) ◦ g ′) mit α, β ∈ [0, 1] genaudann wenn α > β.

Der Beweis wird hier nicht vorgestellt. Monotonie bedeutet, daßmehr Wahrscheinlichkeit auf praferierten Ergebnissen immer besserist (ahnlich zur Monotonie in der Konsumententheorie).

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Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit

Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Das von Neumann-Morgenstern Reprasentationstheorem

◮ Theorem (von Neumann-Morgenstern)

Die Praferenzrelation % uber Lotterien erfullt die AnnahmenRationalitat, Stetigkeit, Reduktion und Unabhangigkeit dann undnur dann wenn eine Nutzenfunktion U : G 7→ R existiert, die %

reprasentiert und die Erwartungsnutzen-Eigenschaft

U(g) =

n∑

i=1

piu(ai) besitzt.

Der Beweis wird hier nicht vorgestellt. Das Theorem sagt, daß dievorgestellten Axiome notwendig und hinreichend sind furReprasentation einer Praferenzordnung uber Lotterien durch denErwartungsnutzen.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

von Neumann und Morgenstern

John von Neumann Oskar Morgenstern

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Bedeutung des vNM-Theorems

◮ Falls ein Individuum Praferenzen hat, die den vNM-Axiomengenugen, so existiert eine Nutzenfunktion uber Lotterien, diedie Erwartungsnutzeneigenschaft besitzt.

◮ D.h. die Eigenschaft, den erwarteten Nutzen als Zielfunktionzu haben, basiert auf Annahmen direkt an die Praferenzeneines Entscheidungstragers.

◮ Umgekehrt impliziert die Annahme einer Erwartungsnutzen-funktion, dass die Praferenzen eines Entscheiders denAxiomen genugen.

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Anwendungen

◮ Erwartungsnutzentheorie ermoglicht es◮ optimale Entscheidungen zu treffen (normativ), oder◮ das Verhalten von Entscheidern vorherzusagen (positiv).

◮ Potentiell große Menge an Anwendungen der Theorie◮ Berufswahl: Beamter oder Unternehmer?◮ Prufungsvorbereitung: Wieviel Mut zur Lucke?◮ Heirats-Entscheidung: Wann sollte man aufhoren zu suchen?◮ Portfolioentscheidung: Aktien oder Anleihen?◮ Versicherungswahl: Wie hoch sollte man sich versichern?◮ Wert von Information: Was sollte Wissen uber den wahren

Zustand der Welt kosten?

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Beispiel 1: Einkommensrisiko und monetare Auszahlungen

◮ Im Leben eines Bauern gabe es zwei mogliche Zustande:genug Regen G und kein Regen S . Zustand G tritt mitWahrscheinlichkeit pG und S mit der Gegenwahrscheinlichkeit1 − pG ein.

◮ Ernte und damit Bauerneinkommen y sind vom realisiertenZustand der Welt abhangig, dh. die Ergebnismenge einesBauern ist A = {yG , yS}. Es gelte yS < yG .

◮ Also sieht sich der Bauer folgender Einkommens-Lotteriegegenuber

g = (pG ◦ yG , (1 − pG ) ◦ yS).

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Beispiel 1: Einkommens-Lotterie graphisch

yG

g

pG

kkkkkkkkkkkkkkkkkk

1−pGSSSSSSSSSSSSSSSSSSS

yS

Abbildung: Einfache Lotterie g = (pG ◦ yG , (1−pG ) ◦ yS ), d.h. mitWahrscheinlichkeit pG tritt Zustand G mit Einkommen yG ein,anderenfalls tritt Zustand S mit Einkommen yS ein.

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Beispiel 1: Einkommens-Zustandsdiagramm

(yS

,yG

)

={(yG

,y

S

): Eu(y

) = Eu(y)}

-(1-pG

)/pG

- (1-pG

)/pG

u'(yS

)/u'(y

G

)

(yS

,y

G

)

yG

yS

(yS , yG )

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Beispiel 1: Indifferenzkurven

◮ Indifferenzkurve: Zwischen welchen Zustandseinkommen yG

und yS , ist der Bauer indifferent (dh. U(g) konstant)?

◮ Erwartungsnutzen von g = (pG ◦yG , (1−pG )◦yS ):

U(g) = E u(y) = pGu(yG ) + (1 − pG )u(yS ).

◮ Also ist der Bauer indifferent zwischen Lotterie g und einerLotterie g ′ = (pG ◦xG , (1−pG )◦xS ) mit gleichen Wahrschein-lichkeiten, aber anderen Ergebnissen, genau dann wenn

pGu(yG ) + (1 − pG )u(yS ) = pGu(xG ) + (1 − pG )u(xS ).

◮ Damit bilden alle Bundel x = (xG , xS ) mit obiger Eigenschaftdie Indifferenzkurve I .

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Beispiel 1: Indifferenzkurven

(yS

,yG

)

={(yG

,y

S

): Eu(y

) = Eu(y)}

-(1-pG

)/pG

- (1-pG

)/pG

u'(yS

)/u'(y

G

)

(yS

,y

G

)

yG

yS

y = (yS , yG )

I = {(xG , xS) : E u(x) = E u(y)}

Indifferenzkurve I zurAusgangslotterie(pG ◦yG , (1−pG )◦yS )gegeben BernoullisVorschlag u(y) = ln(y).Beachte: Bessermengevon I ist streng konvex.

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Beispiel 1: Indifferenzkurven

◮ Im Punkt (xG , xS) gilt

E u(x) = pGu(xG ) + (1 − pG )u(xS ).

◮ Variieren von (xG , xS) um (∆xG ,∆xS) ergibt

pG

∂u(xG )

∂xG

∆xG + (1 − pG )∂u(xS )

∂xS

∆xS = 0.

◮ Also gilt

∆xG

∆xS

= −(1 − pG )∂u(xS )

∂xS

pG∂u(xG )

∂xG

= GRSGS .

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Beispiel 1: Indifferenzkurven

(yS

,yG

)

={(yG

,y

S

): Eu(y

) = Eu(y)}

-(1-pG

)/pG

- (1-pG

)/pG

u'(yS

)/u'(y

G

)

(yS

,y

G

)

yG

yS

y = (yS , yG )

I = {(xG , xS) : E u(x) = E u(y)}(xG , xS)

−(1−pG)pG

u′(xS)u′(xG)

Negative Steigung von Ientspricht Verhaltnis derGrenznutzen, d.h. GRSzwischen Einkommen inZustand G und S .

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Beispiel 2: Versicherung

◮ Gegeben die ursprungliche Lotterie uber Einkommen yG undyS , wurde der Bauer Einkommen in G gegen Einkommen in Stauschen?

◮ Ja, falls eine Einheit Einkommen in S nicht mehr als GRSGS

Einheiten Einkommen in G kostet.

◮ Eine Moglichkeit, Einkommen zwischen den Zustanden zuverschieben, ist eine Versicherung.

◮ Versicherung hat typischerweise zwei Bestandteile:◮ Leistung (Versicherungssumme), eine zustandsabhangige

Auszahlung K , die (hier in S) an den Bauern gezahlt wird.◮ Preis (Versicherungspramie): eine zustandsunabhangige

Zahlung des Bauern γK , γ ∈ [0, 1], die zurzustandsabhangigen Leistung berechtigt.

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Beispiel 2: Einkommens-Lotterie mit Versicherung

yG − γK

gV

pG

iiiiiiiiiiiiiiiiiiii

1−pG UUUUUUUUUUUUUUUUUUUU

yS − γK + K

Abbildung: Lotterie mit Versicherung gV , Versicherungsleistung ist K imZustand S und Versicherungspramie ist γK , formalgV = (pG ◦ yG − γK , (1−pG) ◦ yS − γK + K ).

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Beispiel 2: Versicherung◮ Versicherung mit Versicherungsleistung K im Zustand S und

Versicherungspramie γK verschiebt Einkommen zwischen denZustanden.

◮ Umtauschrate von G nach S bei Kauf von Leistung K :

Zustand G S

Einkommensanderung ∆ −γK +(1 − γ)K

◮ D.h. Umtauschrate (relativer Preis) ist K Einkommen in S furγK/(1 − γ) Einkommen in G

∆G

∆S= − γK

(1 − γ)K= − γ

1 − γ.

◮ Durch Transfer von yS → γ1−γ yG , hat der Bauer eine

Budgetmenge

B = {(xG , xS ) : γxS + (1 − γ)xG ≤ γyS + (1 − γ)yG}.48 / 130

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Beispiel 2: Transfer von yS → γ1−γyG

(yS

,yG

={(yG

,y

S

): Eu(y

) = Eu(y)}

-(1-pG

)/pG

- (1-pG

)/pG

u'(yS

)/u'(y

G

)

(yS

,y

G

)

yG

yS

y = (yS , yG )

I B = {(xG , xS) : γxS + (1 − γ)xG ≤ γyS + (1 − γ)yG}.

− γ

(1−γ)

Versicherung abbildbarals Menge aller Punkte,die von (yG , yS ) auserreichbar sind.

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Beispiel 2: Optimale Versicherungsentscheidung

(yS

,yG

)

={(yG

�,y

S

�): Eu(y

�) = Eu(y)}

-(1-pG

)/pG

- (1-pG

)/pG

� u'(yS

�)/u'(y

G

�)

(yS

�,y

G

�)

yG

yS

y

I

(x∗G , x∗

S)

− γ

(1−γ)

I ′

yG − γK

yS + (1 − γ)K

Optimale Versicherungs-entscheidung (x∗

S , x∗

G ) istTangentialpunkt vonIndifferenzkurve undBudgetmenge.

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Beispiel 2: Optimale Entscheidung bei Unsicherheit

◮ Steigung der Versicherungsgerade (Budgetgerade) muß imOptimum gleich der Steigung der Indifferenzkurve sein!

◮ Also:

∂ E[u(x)]

∂xS

∂ E[u(x)]

∂xG

=

∂(1 − pG ) ln(x∗

S)

∂xS

∂pG ln(x∗

G )

∂xG

=(1 − pG )xG

pGxS

1 − γ.

◮ D.h. im Optimum gilt die beo

(1 − pG )1

x∗

S

1 − γpG

1

x∗

G

.

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Beispiel 2: Position der Versicherung

◮ Geht fur Preis γK die Lotterie (pG ◦ 0, (1 − pG ) ◦ −K ) ein.

◮ Erwarteter Profit:

π = γK − (1 − pG )K .

◮ Angenommen, Versicherung macht im Schnitt Nullgewinne,also π = 0, dann ist γK = (1 − pG )K .

◮ Bei γ = (1 − pG ) heißt die Versicherung ‘aktuarisch’ fair,dh. die Versicherungspramie entspricht den erwarteten Kosten.

◮ Faire Versicherungspramie bepreist Zustands-Einkommen mitEintrittswahrscheinlichkeit des jeweiligen Zustands.

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Beispiel 2: Optimale Entscheidung bei Unsicherheit

◮ Bauern-beo von zuvor:

x∗

G =pG

1 − pG

γ

1 − γx∗

S .

◮ Aktuarisch faire Versicherung, γ = (1 − pG ), impliziert

x∗

G =pG

1 − pG

1 − pG

pG

x∗

S = x∗

S .

◮ Also wahlt der Bauer ein zustandsunabhangiges EinkommenE[x ] = x∗

G = x∗

S , d.h. volle Versicherung.

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Risikoaversion

◮ Beispiel: Streng konvexe Praferenzen im Zustands-Diagrammund positive Nachfrage nach Versicherung.

◮ Besteht ein allgemeiner Zusammenhang zwischen Form derIndifferenzkurven / Nutzenfunktion und Nachfrage nachVersicherung?

◮ Wenn die Nachfrage nach Versicherung von der Form derNutzenfunktion abhangt, dann ist diese Form alsRisiko-Einstellung eines Individuums interpretierbar!

◮ Kann also das Risikoverhalten (z.B. suchend oder vermeidend)als Parameter der Nutzenfunktion modelliert werden?

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Risikoverhalten & Form der Nutzenfunktion

◮ Wie zuvor werden hier nur monetare Auszahlungen w alsErgebnisse betrachtet, dh. Ergebnismenge A = R

+0 .

◮ Die Bernoulli-Nutzenfunktion u(w) uber die Ergebnismengeist als indirekte Nutzenfunktion interpretierbar.

◮ u(w), w ∈ R+0 sei mindestens so oft stetig differenzierbar in w

wie benotigt.

◮ Technische Annahme: A enthalt nur endlich viele Ergebnissemit positiver Wahrscheinlichkeit.

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Jensens Ungleichung

◮ Vermutung: Konvexitat der Bessermengen wichtig.

◮ Streng konvexe Bessermengen ⇔ streng konkaveNutzenfunktion (in einer Variable!).

◮ Individuum fragt Versicherung nach, wenn Nutzen ausErwartungswert einer Lotterie g = (p1 ◦ w1, . . . , pn ◦ wn)hoher als Nutzen aus g , also u(E[g ]) > E[u(g)]:

u

(

n∑

i=1

piwi

)

>

n∑

i=1

piu(wi ).

◮ Diese Ungleichung halt genau dann, wenn u(w) streng konkavist; sie heißt Jensens Ungleichung.

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Risikoaversion

◮ Klassifizierung der Risikoeinstellungen von Individuen nachihrer Nachfrage nach fairer Versicherung.

◮ Dies entspricht nach Jensens Ungleichung einer Klassifizierunganhand der Eigenschaften der Nutzenfunktion.

DefinitionEin Individuum mit einer vNM-Nutzenfunktion U(g) = E[u(w)]uber einfache Lotterien g = (p1 ◦ w1, . . . , pn ◦ wn) ist bezuglich g

◮ risikoavers, falls u(E[g ]) > E[u(w)],

◮ risikoneutral, falls u(E[g ]) = E[u(w)],

◮ risikofreudig, falls u(E[g ]) < E[u(w)].

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Risikoaversion

◮ Ein Individuum kann sich bezuglich einer einfachen Lotterie grisikoavers, sich aber bezuglich einer anderen einfachenLotterie g ′ 6= g risikofreudig verhalten.

◮ Falls ein Individuum fur jede nicht-triviale Lotterie grisikoavers ist, sagt man das Individuum ist risikoavers.

◮ Analoges gilt fur Risikoneutralitat und Risikofreude.

◮ Jensens Ungleichung impliziert, daß dies bestimmtenEigenschaften der Bernoulli Nutzenfunktion u(·) entspricht.

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Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion

u(w1

)

u(w2

)

E[u(w)]

u(E[w])

w1

w2

E[w]

(1-p1

)(w2

- w1

) p1

(w2

- w1

)

u(w)

u(·)

e

Gegeben sei einekonkave BernoulliNutzenfunktion und dieLotterie(p1 ◦ w1, (1 − p1) ◦ w2).

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Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion

w

u(w1

)

u(w2

)

E[u(w)]

u(E[w])

w1

w2

u(w)

P

(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)

E[w ]

u(·)

e

Erwartungswert E[w ]der Lotterie(p1 ◦ w1, (1 − p1) ◦ w2)laßt sich durch Strecken-teilung darstellen.

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Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion

w

u(w1

)

u(w2

)

E[u(w)]

u(E[w])

w1

w2

u(w)

P

(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)

E[w ]

u(·)

e

Ahnlich kann man denErwartungswert derNutzenwerte bestimmen.

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Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion

w

u(w1

)

u(w2

)

E[u(w)]

u(E[w])

w1

w2

u(w)

SÄ P

(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)

E[w ]

u(·)

e

E[u(w)]

Erwartungsnutzen alsPunkt auf Konvex-kombination dereinzelnen Nutzenwerteaus den Auszahlungenw1 und w2.

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Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa

Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion

w

u(w1

)

u(w2

)

E[u(w)]

u(E[w])

w1

w2

u(w)

SÄ P

(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)

E[w ]

u(·)

e

E[u(w)]

u(E[w ])

Jensens Ungleichung

u

(

n∑

i=1

piwi

)

>

n∑

i=1

piu(wi )

besagt, daß fur strengkonkave u(·), derErwartungsnutzenkleiner ist als Nutzen desErwartungswertes.

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Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion

w

u(w1

)

u(w2

)

E[u(w)]

u(E[w])

w1

w2

u(w)

(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)

E[w ]

u(·)

e

E[u(w)]

u(E[w ])SA P

u(E[w ] − P)SicherheitsaquivalentSA: sichere Auszahlung,die gleichen Nutzenverschafft wie Lotterie.Riskopramie P: Differenzzwischen Erwartungs-wert und Sicherheits-aquivalent der Lotterie.

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Sicherheits-Aquivalent

DefinitionDas Sicherheits-Aquivalent einer einfachen Lotterie g ubermonetare Auszahlungen w ist eine Auszahlung SA(g), so daßu(SA(g)) = E[u(w)].

Das Sicherheits-Aquivalent einer Lotterie g beschreibt also, wiehoch eine sichere Auszahlung sein muß, damit ein Individuumgerade indifferent zwischen der sicheren Auszahlung und g ist.

Das Sicherheits-Aquivalent reflektiert Risikoeinstellung: Falls

◮ SA(g) < E[w ], so ist das Individuum risikoavers bzgl g ,

◮ SA(g) = E[w ], so ist das Individuum risikoneutral bzgl g ,

◮ SA(g) > E[w ]), so ist das Individuum risikofreudig bzgl g .

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Risikopramie

DefinitionDie Risikopramie einer einfachen Lotterie g uber monetareAuszahlungen w ist eine Auszahlung P(g), so daßE[u(w)] = u(E[w ] − P(g)).

Die Risikopramie einer Lotterie g beschreibt also, welchen Betragein Individuum gerade bereit ist zu bezahlen, um die Lotterie g zuvermeiden. Es gilt:

P(g) + SA(g) = E[w ], fur alle g ∈ G.

Risikopramie und Risikoeinstellung: Falls◮ P(g) > 0, so ist das Individuum risikoavers bzgl g ,◮ P(g) = 0, so ist das Individuum risikoneutral bzgl g ,◮ P(g) < 0, so ist das Individuum risikofreudig bzgl g .

(Die Risikopramie ist nicht gleich der Versicherungspramie.)

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Maße der Risikoeinstellung

◮ Messung und Vergleich von Risikoeinstellungen verschiedenerIndividuen?

◮ Interessant fur◮ Verhalten auf Kapitalmarkten,◮ Nachfrage nach Versicherung.

◮ Wann ist ein Individuum risiko-averser als ein anderes?

◮ Generell oder bezuglich einer bestimmten Lotterie?

◮ Vorschlag: Risikopramie als Maß der Risikoeinstellung.

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Maße der Risikoeinstellung

◮ Risikopramie P(g): Ein Individuum ist risikoaverser als einanderes bezuglich einer einfachen Lotterie g , falls seineRisikopramie fur g hoher ist.

◮ Diese Charakterisierung hangt von Lotterien g ab; es konntetechnisch aufwendig sein, Risikoeinstellungen zu vergleichen.

◮ Vielleicht konnte ein adaquates Maß auch uber Eigenschaftender Bernoulli-Nutzenfunktion u(w) definiert werden?

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Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion

E[u(w)]

u(E[w])SÄ P

u(w)

w1 E[w ]

u(·)

ew2

Gegeben sei eineNutzenfunktion u(w)und eine Lotterieg = (p1◦w1, (1−p1)◦w2)mit Erwartung E[w ].

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Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion

u(E[w])SÄ P

u(w)

w1 E[w ]

u(·)

ew2

E[u(w)]P

BerechneErwartungsnutzenE[u(w)] undRisikopramie P(g).

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Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion

u(E[w])SÄ P

u2(w) = w1/2

w1 E[w ]

u(·)

ew2

u3(w) = w1/3

u4(w) = w1/4

u5(w) = w1/5

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Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion

u(E[w])SÄ P

u2(w) = w1/2

w1 E[w ]

u(·)

ew2

u3(w) = w1/3

u4(w) = w1/4

u5(w) = w1/5

Risikopramie hoher fur starkere Krummung der Nutzenfunktion!72 / 130

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Maße der Risikoeinstellung

◮ Je gekrummter die Bernoulli-Nutzenfunktion, desto hoher dieRisikopramie P der Lotterie g .

◮ Gilt dies nur fur g oder allgemein?

◮ Was ware ein einfaches Krummungsmaß?

◮ Die Krummung einer Funktion wird bestimmt durch ihrezweite Ableitung, die angibt, wie stark ihre erste Ableitungsteigt bzw. fallt.

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Arrow-Pratt-Maß der absoluten Risikoaversion

Definition (Arrow-Pratt-Maß der absoluten Risikoaversion)

Das Arrow-Pratt-Maß der absoluten Risikoaversion Ra(w) isgegeben durch

Ra(w) = −∂2u(w)

∂w2

∂u(w)

∂w

= −u′′(w)

u′(w).

Ra(w) ist

◮ streng positiv, wenn u(w) streng konkav ist,

◮ Null, wenn u(w) linear ist, und

◮ streng negativ, wenn u(w) streng konvex ist.

Je großer Ra(w) ist, desto großer die “Risikoaversion.”

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Beispiel: Arrow-Pratt-Maß von u(w) =√

w

E[u(w)]

u(E[w])SÄ P

u(w) =√

w = w12

u(·)

w

u′(w) =∂u(w)

∂w=

1

2w−

12 ,

u′′(w) =∂2u(w)

∂w2= −1

4w−

32 ,

Ra(w) = −u′′(w)

u′(w)=

14w−

32

12w−

12

=1

2w.

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Arrow-Pratt-Maß der absoluten Risikoaversion

Das Arrow-Pratt-Maß der absoluten RisikoaversionRa(w) = −u′′(w)/u′(w)

◮ ist invariant bezuglich linearer Transformationen derNutzenfunktion.

◮ enthalt alle identifizierenden Eigenschaften einerNutzenfunktion, d.h. kennt man Ra(w) fur alle w ∈ A, kannman daraus die zugehorige Nutzenfunktion konstruieren.

◮ ist ein lokales Maß, kann also in w variieren! Also kann sichdie Risikoaversion eines Individuums in der Hohe derAuszahlungen einer Lotterie und damit ebenfalls imAnfangsvermogen eines Individuums verandern.

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Absolute Risikoaversion und Risikopramie

Proposition

Fur zwei monoton steigende, streng konkave Nutzenfunktionenu1(w) und u2(w) sind die folgenden Bedingungen aquivalent:

(i) R1a (w) ≥ R2

a (w) fur alle Ergebnisse w ∈ A und

(ii) P1(g) ≥ P2(g) fur alle Lotterien g ∈ G.

⇒ Also mißt Ra in der Tat die Risikoaversion (ebenso wie P).

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Absolute Risikoaversion und Risikopramie

◮ Intuition: Sowohl Risikopramie als auch absolute Risiko-aversion sind Maße der Konkavitat einer Nutzenfunktion.

◮ Man kann auch zeigen, daß Bedingungen (i) und (ii)aquivalent sind zu dieser Bedingung:u1(·) ist eine konkave Transformation von u2(·).

Def. u1(·) heißt konkave Transformation von u2(·) wenn gilt, daßu1(w) ≡ ρ(u2(w)) fur eine steigende und konkave Funktion ρ(·).

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Absolute Risikoaversion und Einkommensanderung

◮ Die Risikopramie einer Lotterie g ist ein intuitives Maß fur dieRisikoeinstellung eines Entscheiders (Zahlungsbereitschaft, umLotterie g zu vermeiden).

◮ Falls Einkommen eines Individuums steigt, konnte sich dieRisikopramie fur g verandern.

◮ Beispiel: Zu welchem Preis wurden sie folgende Wetteakzeptieren, bei der sie mit gleicher Wahrscheinlichkeit 1ebezahlen mussen oder 1e bekommen?

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Beispiel: Einkommmenslotterien in den Fallen (a) und (b)

2 1.000.001

ga

1/2kkkkkkkkkkkkkkkkkk

1/2SSSSSSSSSSSSSSSSSS gb

1/2iiiiiiiiiiiiiiiiiii

1/2 UUUUUUUUUUUUUUUUUUU

0 999.999

Abbildung: Durch die ±1e-Wette induzierte Einkommenslotterien ga undgb unter den Einkommen 1e und 1 Mio e.

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Absolute Risikoaversion und Einkommensanderung

Proposition (Arrow-Pratt)

Fur jede vNM-Nutzenfunktion E[u(w)], u(w) streng monotonsteigend und streng konkav, sind diese Aussagen aquivalent:

(i) Ra(w) ist eine fallende (konstante, steigende) Funktion von w.

(ii) Risikopramie P(g) einer Lotterie g mit Auszahlungenwi = w ± ǫi , ǫi hinreichend klein im Vergleich zu w, ist einefallende (konstante, steigende) Funktion von w.

⇒ Veranderung von Risikopramie und absoluter Risikoaversion imEinkommen w haben das gleiche Vorzeichen.

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DARA: Funktionen mit fallender absoluter Risikoaversion

◮ Falls das Arrow-Pratt-Maß der absoluten Risikoaversion einerFunktion im Einkommen sinkt, bezeichnet man diese Funktionals DARA-Funktion (decreasing absolute risk aversion).

◮ Formal: Falls fur eine Nutzenfunktion u(w) gilt, daß∂Ra(w)

∂w< 0, dann ist u(w) eine DARA Nutzenfunktion.

◮ Beispiel: u(w) =√

w .

◮ Ableitungen: u′(w) = 12w−

12 und u′′(w) = − 1

4w−32 .

◮ Daher ist Ra =14 w

32

12 w

12

= 12

1w

.

◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w

= − 12

1w2 < 0.

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CARA: Funktionen mit konstanter absoluter Risikoaversion

◮ Falls das Arrow-Pratt-Maß der absoluten Risikoaversion einerFunktion im Einkommen konstant bleibt, nennt man dieseFunktion CARA-Funktion (constant absolute risk aversion).

◮ Formal: Falls fur eine Nutzenfunktion u(w) gilt, daß∂Ra(w)

∂w= 0, dann ist u(w) eine CARA Nutzenfunktion.

◮ Beispiel: u(w) = − exp(−ρw), ρ > 0.

◮ Ableitungen: u′(w) = ρ exp(−ρw), u′′(w) = −ρ2 exp(−ρw).

◮ Daher ist Ra = ρ2 exp(−ρw)ρ exp(−ρw) = ρ.

◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w

= 0.

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IARA: zB. Quadratische Nutzenfunktion

◮ In manchen Anwendungen der politischen Okonomie oder derFinanzwirtschaft wird eine quadratische Nutzenfunktionbenutzt, z.B.

u(w) = 2w − (w − w)2 mit w ≤ w .

◮ Ableitungen: u′(w) = 2 + 2(w − w), u′′(w) = −2.

◮ Daher ist Ra = 22+2(w−w) = 1

1+w−w.

◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w

= 1(1+w−w)2

> 0.

◮ Also hat die quadratische Nutzenfunktion steigende absoluteRisikoaversion (manchmal auch IARA genannt).

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Relative Risikoaversion

◮ Fallende absolute Risikoaversion (DARA) scheint empirischplausibel.

◮ Akzeptanz fur “kleine” Lotterien konnte im Einkommensteigen, sie werden immer “unwichtiger” im Vergleich zumEinkommen.

◮ Vielleicht nutzlich, den Anteil des Einkommens zu betrachten,der unsicherheitsbehaftet ist.

◮ Z.B. bei der optimalen Aufteilung eines Anlagebetrages inverschiedene Wertpapiere.

◮ Steigt Anteil, der in unsichere Anlagen investiert wird imAnlagebetrag?

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Relative Risikoaversion

Definition (Relative Risikoaversion)

Das Maß der relativen Risikoaversion Rr (w) is gegeben durch

Rr (w) = −∂2u(w)

∂w2

∂u(w)

∂w

w = −u′′(w)

u′(w)w = Ra(w)w .

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Relative Risikoaversion: u(w) = ln(w)

◮ Ableitungen: u′(w) = 1w

, u′′(w) = − 1w2 .

◮ Daher ist Ra =1

w21w

= 1w

.

◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w

= − 1w2 < 0, also ist ln(w)

DARA.

◮ Rr (w) = 1, eine Konstante.

◮ Damit ∂Rr (w)∂w

= 0 und ln(w) ist eine CRRA-Funktion(constant relative risk aversion).

Es gilt generell:

◮ Falls eine Funktion CRRA ist, so ist sie auch DARA.

◮ Falls eine Funktion CARA oder IARA ist, so hat sie auchsteigende relative Risikoaversion.

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Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier

◮ Wichtiges Anwendungsgebiet: Finanzmarkte.

◮ Auszahlungen von Aktien, Anleihen, und ahnlichenWertpapieren unsicher (Kurs-, Ausfall-, Wahrungs- undZinsrisiko etc.).

◮ Hier einfaches Beispiel: Individuum entscheidet uber dieInvestition seines Einkommens w .

◮ Zwei Anlagemoglichkeiten stehen zur Verfugung:

◮ Risikolose Anlage A, zahlt mit Sicherheit am Ende des Tages(1 + r)wA aus (dabei r ≥ 0 Zinssatz und wA Anlagebetrag).

◮ Wertpapier W , zahlt mit Wahrscheinlichkeit p Betrag(1 + rH)wW und mit (1 − p) Betrag (1 + rN)wW aus (dabeirH > r > rN Rendite und wW Anlagebetrag).

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Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier

◮ Investor mit Nutzenfunktion ln(w): DARA & CRRA.

◮ Was ist die optimale Aufteilung des Vermogens auf A und W ?

◮ Optimierungsproblem des Investors:

maxwA,wWp ln ((1+r)wA + (1+rH)wW )

+(1−p) ln((1+r)wA + (1+rN)wW )

so dass wW + wA = w , da r ≥ 0.

◮ Es ist hilfreich α als Einkommensanteil, der in W investiertwird, zu definieren:

α =wW

w= 1 − wA

w.

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Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier

◮ Optimierungsproblem des Investors in α:

maxα p ln ((1+rH)αw + (1+r)(1−α)w)

+(1−p) ln ((1+rN)αw + (1+r)(1−α)w) .

◮ w laßt sich ausklammern:

maxα ln(w) + p ln ((1+rH)α + (1+r)(1−α))

+(1−p) ln((1+rN )α + (1+r)(1−α)).

◮ Vor dem Ableiten zusammenfassen:

maxα

ln(w) + p ln (1+r + α(rH−r)) + (1−p) ln (1+r + α(rN−r)) .

⇒ Die optimale Wahl von α ist unabhangig von w .

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Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier

◮ BEO (durch Ableiten der Zielfunktion nach α):

p(rH − r)

1 + r + α(rH−r)=

(1 − p)(r − rN)

1 + r + α(rN−r).

◮ Interpretation: Erwarteter Grenznutzen muss bei optimalerWahl α in beiden Zustanden gleich hoch sein.

◮ Auflosen nach α ergibt nach einigem Rechnen

α =(1 + r)(prH + (1 − p)rN − r)

(rH − r)(r − rN).

◮ prH + (1 − p)rN ist gerade die erwartete Rendite desWertpapiers E[rW ].

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Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier

◮ Optimaler Anteil α:

α =(1 + r)(E[rW ] − r)

(rH − r)(r − rN).

◮ α > 0 genau dann wenn E[rW ] > r .

◮ α < 0 entspricht “Leerverkauf” des WPs, α > 1 Kauf aufKredit.

◮ Sollten Staatsanleihen oder Aktien im Erwartungswert hohereRendite erzielen?

Def. Der Verkauf eines Wertpapiers, das der Verkaufer zumVerkaufszeitpunkt noch nicht besitzt heißt Leerverkauf. DerVerkaufer profitiert von dem Leerverkauf, wenn der verkaufteGegenstand im Preis sinkt.

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Aktien vs. Staatsanleihen

Abbildung: Reale Jahres-Renditen des Standard & Poor’s Index (links)und amerikanischer Staatsanleihen (rechts).

Graphiken aus Kocherlakota (1996, JEL 34(1), pp. 42-71) mit verschiedener

Skalierung.

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Aktien vs. Anleihen: Durchschnittliche reale Renditen p.a.S & P 500 Staatsanleihen Differenz

1881-1890 5,08 % 7,23 % -2,15 %1891-1900 9,15 % 5,08 % 4,08 %1901-1910 6,78 % 3,18 % 3,60 %1911-1920 -0,83 % 0,82 % -1,64 %1921-1930 17,54 % 7,41 % 10,13 %1931-1940 7,52 % 2,80 % 4,72 %1941-1950 8,22 % -4,57 % 12,79 %1951-1960 15,32 % 1,05 % 14,27 %1961-1970 5,90 % 2,27 % 3,63 %1971-1980 2,12 % -0,30 % 2,42 %1981-1990 9,59 % 5,32 % 4,28 %1991-2000 15,16 % 2,61 % 12,54 %

Sample Mean 8,81 % 3,24 % 5,57 %

(Daten aus Fama, French (2002, JoF 57(2), pp. 637-659))

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Beispiel 3: Marktpreis eines riskanten Wertpapiers

◮ Nachfrage nach unsicherem Wertpapier hangt von◮ Risikoeinstellung des Investors, und◮ von den Preisen fur Einkommen in Zustand H bzw. N (also rH

bzw. rN) ab.

◮ Bedingung erster Ordnung: Grenznutzen des Einkommens ausden verschiedenen Zustanden angleichen (wie immer bei derWahl des optimalen Guterbundels).

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Risiko

◮ Im Beispiel mußte der Investor durch einen hoherenErwartungswert der unsicheren Anlage kompensiert werden,um eine positive Menge nachzufragen.

◮ Nicht sonderlich uberraschend, dies ist Definition vonRisikoaversion!

◮ Was ist aber das Risiko einer Lotterie?

◮ Intuitiv: Ein risikoaverser Entscheider sollte, ohne dafurkompensiert zu werden, eine weniger riskante Lotterie einerriskanteren gegenuber bevorzugen.

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Risikovergleich zwischen Lotterien

◮ Im Beispiel: riskantes Wertpapier und sichere Anlage.

◮ Wertpapier doch sicher “riskanter” als sichere Anlage?

◮ Trotzdem positive Nachfrage nach Wertpapier moglich,abhangig vom Erwartungswert!

◮ Also wird Risiko der riskanteren Lotterie zumindest teilweiseuber die Differenz der Erwartungswerte kompensiert.

◮ Idee: Vergleiche Lotterien und halte dabei Erwartungswertkonstant.

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Beispiel 4: Risikovergleich

◮ Seien g und h zwei Lotterien definiert durch

g = (p ◦ wg1 , (1 − p) ◦ wg

2 ) und

h = (p ◦ wh1 , (1 − p) ◦ wh

2 ).

◮ Die erwarteten Auszahlungen von g und h seien gleich, d.h.

E[wg ] = pwg1 + (1 − p)wg

2 = pwh1 + (1 − p)wh

2 = E[wh].

◮ Außerdem gelte wg1 > wh

1 > wh2 > wg

2 , also liegenAuszahlungen von g außerhalb der von h.

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Beispiel 4: Lotterien g und h graphisch

w1g = 10

w1h = 7, 5

g

p

wwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwww

1−p

GGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGG h

pjjjjjjjjjjjjjjjjjj

1−p TTTTTTTTTTTTTTTTTT

w2h = 2, 5

w2g = 0

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Beispiel 4: Risikovergleich

◮ Wird ein risikoaverser Entscheider g oder h bevorzugen?

◮ E[u(wh)] > E[u(wg )] falls

(1 − p)(u(wh2 ) − u(wg

2 )) > p(u(wg1 ) − u(wh

1 )).

◮ Teilen beider Seiten durch p(wg1 − wh

1 ) = (1 − p)(wh2 − wg

2 )

u(wh2 ) − u(wg

2 )

wh2 − wg

2

>u(wg

1 ) − u(wh1 )

wg1 − wh

1

.

◮ Diese Ungleichung halt, falls u(w) global konkav in w .

◮ Also wird jeder risikoaverse Entscheider h gegenuber gvorziehen, egal welche Nutzenfunktion er genau hat.

◮ Also erscheint g riskanter als h.

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Beispiel 4: Risikovergleich

SÄ P

u(w)

w2g = 0 w2

h = 2, 5

u(·)

ew1

h = 7, 5 w1g = 10

u(w2h )

u(w1h )

u(w1g )

u(w2g )

Fur jede streng konkaveFunktion u(·) gilt, daßu(wh

2 ) − u(wg2 )

wh2 − wg

2

>

u(wg1 ) − u(wh

1 )

wg1 − wh

1

.

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Allgemein: Mean Preserving Spreads

Definition (Mean preserving spread)

Betrachte die Lotterien h = (ph1 ◦ wh

1 , . . . , phn ◦ wh

n ) undg = (pg

1 ◦ wg1 , . . . , pg

m ◦ wgm). g ist ein mean preserving spread

(MPS, ‘erwartungstreue Streckung’) von h, falls E[h] = E[g ] undwg

i ,wgj existieren mit pg

i , pgj > 0 und wg

i ≤ whk ≤ wg

j fur alle

k = 1, . . . , n mit strikter Ungleichung fur wgi (und) oder wg

j .

g1 gm

h1 hn

E[h]

E[g ]

Der Support von g enthalt den Support von h, g legt positiveWahrscheinlichkeit auf mindestens ein Ergebnis, das kleiner odergroßer ist als alle Ergebnisse im Support von h.

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Mean preserving spreads

w

u(w)

E[w0]

u(·)

u(E[w0]) Gegeben sind eineBernoulli-Nutzen-funktion u(·) und eineLotterie g , die mitSicherheit w0 auszahlt.

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Beispiel: Lotterien g und g ′ graphisch

g 1 w0

w3

g ′

1/2kkkkkkkkkkkkkkkkkk

1/2SSSSSSSSSSSSSSSSSS

w2

Abbildung: Links: Lotterie g , die mit Sicherheit w0 auszahlt. Rechts: g ′

mit 1/2(w2 + w3) = w0 ist ein MPS von g .

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Mean preserving spreads

w

u(w)

E[w0]

u(·)

u(E[w0])U(g ′)

w2 w3

Der Erwartungsnutzender Lotterie g ′ ist kleinerals der von g

U(g ′) =1

2u(w2)+

1

2u(w3).

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Mean preserving spreads

P

w

u(w)

E[w0]

u(·)

u(E[w0])U(g ′)

w2 w3w1 w4

U(g ′′)

AbermaligeserwartungstreuesSpreizen von g ′ ergibtden weiteren MPS g ′′

mit noch geringeremErwartungsnutzen.

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Risiko

Proposition

Betrachte zwei Lotterien g und h mit Auszahlungen wgi und wh

i .Die folgenden Bedingungen sind aquivalent:

(i) g kann durch MPS von h dargestellt werden.

(ii) E[u(whi )] > E[u(wg

i )] fur jede konkave Funktion u(w).

◮ Unter Bedingung (i) bevorzugen alle risikoaversen Agenten hgegenuber g .

◮ Umkehrschluß: h ist weniger riskant als g , g ist einRisikoanstieg gegenuber h.

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Beispiel 5: Prufungsvorbereitung

◮ Student S bereitet sich auf ein hypothetisches Examen vor.

◮ Die Prufung besteht aus einer Frage, die zufallig mit gleicherWahrscheinlichkeit aus 3 Themengebieten ausgewahlt wird.

◮ S kann seine Zeit T = 1 auf die Vorbereitung der Themenaufteilen, wahlt (t1, t2, t3).

◮ ti bestimmt direkt die Punktzahl bei Frage aus Thema i .

◮ S ist risikoavers und bezieht Nutzen aus erzielten Punkten

uS =√

ti ,

wobei i das zufallig ausgewahlte Thema bezeichnet.

◮ Was ist die optimale Vorbereitungsstrategie?

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Beispiel 5: Prufungsvorbereitung

t1

g

1/3SSSSSSSSSSSSSSSSSS

1/3

kkkkkkkkkkkkkkkkkk

1/3t2

t3

Abbildung: Uber die Zeitaufteilung (t1, t2, t3) kann Nutzen zwischen denverschiedenen Zustanden der Welt (Prufungsthemen) verschoben werden.

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Beispiel 5: Prufungsvorbereitung

◮ Im Optimum wird (t1, t2, t3) so gewahlt, daß GRS zwischenallen Zustanden gleich ist.

◮ Eintrittswahrscheinlichkeiten der Zustande (Themen) sindebenfalls gleich.

◮ Daher wird S im Optimum t1 = t2 = t3 = 1/3 wahlen.

◮ Alle anderen Aufteilungen sind MPS von (t1, t2, t3).

◮ Analogie zum Portfolio-Entscheidungsproblem: Nicht alle Eierin einen Korb legen.

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Beispiel 5: Mut zur Lucke

◮ Allerdings liegt ublicherweise die Bestehensgrenze bei 50%,also fallt Student mit Sicherheit durch, da ti = 1/3 < .5,i = 1, 2, 3.

◮ S sollte ihre Nutzenfunktion modifizieren:

u(ti) =

0 falls ti < 1/2√ti falls 1/2 ≤ ti ≤ 1,

1 falls ti > 1.

Dh. die Nutzenfunktion hat eine Sprungstelle (von 0 auf√

1/2 bei ti = 1/2).

◮ Investition von Zeit in ein Thema nur sinnvoll, falls ti ≥ 1/2.

◮ Optimierungsproblem: Wahl zwischen Lotterien vom Typ(2/3 ◦ 1/2, 1/3 ◦ 0) und (1/3 ◦ 1, 2/3 ◦ 0).

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Beispiel 5: Mut zur Lucke graphisch

1/2

g

1/3NNNNNNNNNNNNNN

1/3

qqqqqqqqqqqqq

1/31/2

0

g2/3

1/3NNNNNNNNNNNNNN 1/2

0

1

g ′

1/3

qqqqqqqqqqqqq

2/3MMMMMMMMMMMMM

0

E[g ] =2

3

1

2=

1

3= E[g ′].

Abbildung: Links: Zeitaufteilung auf zwei Themengebiete ergibt Lotterieg . Mitte: Zeitaufteilung auf zwei Themengebiete zusammengefaßt.Rechts: Vergleich mit MPS g ′ (Vorbereitung nur auf ein Themengebiet).

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Beispiel 5: Mut zur Lucke

◮ Da S risikoavers und g ′ ein MPS von g ist, wird sich S aufzwei Themen vorbereiten.

◮ Obwohl g mit (1/2, 1/2, 0) riskanter ist als Vollversicherung(ti = 1/3, i = 1, 2, 3) wird S durch die Sprungstelle zumRisiko gezwungen.

◮ Durchfallgrenze von 50% impliziert Nutzen erst abMindestinvestition ti = 1/2.

⇒ Fixkosten bzw. diskrete Auszahlungsniveaus konnen risikofreu-diges Verhalten risikoaverser Individuen auslosen.

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Weiterfuhrende Themen

◮ Welche Prufungsform wird ein Dozent wahlen, der moglichstbreite Ausbildung der Studenten im Auge hat?

◮ Wenn der Dozent private Anreize hat, moglichstniedrige/hohe Durchfallquoten zu induzieren?

◮ Mechanismus-Design

◮ Im Modell praferieren schlechte Studenten riskanterePrufungen.

◮ Wieviele Fragen sollte die Klausur Ihrer Meinung nach haben?

◮ Signalisierungsspiele.

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Diskussion

◮ Erwartungsnutzentheorie ergibt eine formale Darstellungokonomischen Verhaltens unter Unsicherheit, diemathematisch beherrschbar ist.

◮ Ermoglicht z.B. die Existenz von Versicherungsmarkten zuerklaren.

◮ Linearitat der Erwartungsnutzenfunktion inWahrscheinlichkeiten eine starke Restriktion, ermoglichtrelativ einfache Messung.

◮ Erwartungsnutzentheorie ist axiomatisiert durch Annahmen anPraferenzen uber Handlungsalternativen mit unsicherenKonsequenzen.

◮ Annahmen der Erwartungsnutzentheorie vergleichsweise starkund detailliert, damit einfach testbar.

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Diskussion

◮ Erwartungsnutzentheorie hat zwei Komponenten.

◮ Normativ sagt sie aus, daß Individuen, deren Praferenzen dieErwartungsnutzen-Axiome erfullen, eine vNM-Nutzenfunktionbesitzen und diese maximieren sollten.

◮ Positiv sagt sie aus, daß tatsachliches individuelles Verhaltenunter Unsicherheit mit einer Erwartungsnutzenfunktionkonsistent sein sollte.

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Messung der Erwartungsnutzenfunktion

◮ Haben Sie eine Erwartungsnutzenfunktion? Wie sieht sie aus?

◮ Dazu konnen Sie Ihre personliche Zahlungsbereitschaft fur diefolgenden drei Lotterien angeben.

◮ Aus den Antworten konnen Sie dann Teile IhrerNutzenfunktion konstruieren.

Dieser Messungsvorschlag folgt Klaus Schmidts Vorlesungs-skriptum ‘Mikrookonomie’ (2006).

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Messung der Erwartungsnutzenfunktion

◮ Frage 1: Welcher sichere Geldbetrag ware genauso gut fur Siewie eine Lotterie, bei der Sie mit gleicher Wahrscheinlichkeit4000e gewinnen oder 1000e verlieren?Antwort 1 (A1): . . .

◮ Frage 2: Welcher sichere Geldbetrag ware genauso gut fur Siewie eine Lotterie, bei der Sie mit gleicher Wahrscheinlichkeit4000e gewinnen oder den bei Antwort 1 angegeben Betraggewinnen?Antwort 2 (A2): . . .

◮ Frage 3: Welcher sichere Geldbetrag ware genauso gut fur Siewie eine Lotterie, bei der Sie mit gleicher Wahrscheinlichkeitden bei Antwort 1 angegeben Betrag gewinnen oder 1000everlieren?Antwort 3 (A3): . . .

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Messung der Erwartungsnutzenfunktion

◮ Die drei Antworten bestimmen (mit sicheren Auszahlungen4000 und −1000) funf Punkte Ihrer vNM-Nutzenfunktion.

◮ Die Nutzenfunktion kann beliebig umskaliert werden, wirwahlen u(−1000) = 0 und u(4000) = 1.

◮ Damit gilt u(A1) = 1/2 und damit u(A2) = 3/4 sowieu(A3) = 1/4.

◮ Zusammen mit den zugehorigen Geldbetragen haben Sie nunfunf Koordinaten, die Sie auf der folgenden Graphik eintragenkonnen.

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Messung der Bernoulli-Nutzenfunktion

-1000 0 1000 2000 3000 4000

1/4

1/2

3/4

1

u(w)

w

Hier konnen Sie diedurch Ihre Ant-worten A1, A2 undA3 bestimmtenPunkte IhrerBernoulli-Nutzenfunktioneintragen.

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Lotterien im Simplex

Definition (Simplex)

Eine Menge ∆ = {p ∈ RN+ :∑

pi = 1} heißt N-dimensionalerSimplex.

In seinem drei-Ergebnis (3-dimensionalen) Fall, kann ein Simplexgraphisch als gleichseitiges Dreieck mit Hohe 1 dargestellt werden.Die rechtwinkelige Entfernung von einer Seite des Dreiecks wirddann als Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses das dieser Seitegegenuberliegt interpretiert. Da fur jeden Punkt im Simplex gilt

3∑

i=1

pi = 1,

beschreibt jeder Punkt im Simplexdiagramm eine Lotterie.

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Lotterien uber Geld

Die Lotterie Q = {p1 ◦ 1, p2 ◦ 2, p3 ◦ 3} mit p1 = p2 = p3 = 1/3.

e1 e2

e3

0

1

11

e1 e2

e3

p1p2

p3

Q

1

1/2

1/2%

Da nur fur die Hyperebene durch (1,1,1) gilt, daß∑

i pi = 1, istein N-dimensionaler Simplex in N − 1 Dimensionen darstellbar.

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Praferenzen uber LotterienDie vNM-Annahmen induzieren gerade & parallele Indifferenz-kurven uber Lotterien w ≻ (u ∼ v) im Simplexdiagramm. Hier eineIllustration der Macht von Reduktion & Unabhangigkeit:

(α ◦ u, (1 − α) ◦ w) % (α ◦ v , (1 − α) ◦ w)

uu

vv

1/2u + 1/2v

w

1/2u + 1/2w1/2v + 1/2w

e1e1 e2e2

e3e3

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Allais’ Paradoxon

Von Neumann und Morgenstern verstanden die Erwartungs-nutzentheorie als normatives Argument fur idealisiertesRisikoverhalten. Die praktische Anwendbarkeit der Theorie machtees allerdings bald notwendig auch ihre Vorhersagen zu uberprufen.

Die klassische Falsifikation dieser deskriptiven Seite derErwartungsnutzentheorie ist Allais’ Paradoxon. Sie wahlenzwischen Alternativen L1 und L2 bzw L3 und L4:

L1 {0◦e5, 1◦e1, 0◦e0} L2 {.1◦e5, .89◦e1, .01◦e0}L3 {.1◦e5, 0◦e1, .9◦e0} L4 {0◦e5, .11◦e1, .89◦e0}

(Betrage in Millionen.)

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Allais’ ParadoxonTypischerweise wird L1 ≻ L2 und L3 ≻ L4 gewahlt—aber parallele,gerade Indifferenzkurven konnen nicht sowohl L1 ≻ L2 als auchL3 ≻ L4 reprasentieren!

e0 Mioe0 Mio e1 Mioe1 Mio

e5 Mioe5 Mio

L1L1

L2 L2L3 L3

L4 L4

%%

Das ubliche Wahlverhalten in Allais’ Paradoxon kann also nichtdurch die Erwartungsnutzentheorie beschrieben werden.

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Rabins Paradox

◮ Grad der Risikoaversion entspricht Krummung derBernoulli-Nutzenfunktion. Fur sehr kleine Lotterien laßt sichdie Nutzenfunktion daher gut mit einer linearen Funktionapproximieren.

◮ Man kann zeigen, daß sich risikoaverse Erwartungsnutzen-Maximierer fur kleine Lotterien annahernd risikoneutralverhalten.

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Rabins Paradox

◮ Angebot 1:◮ Ich werfe eine Munze: bei Kopf bekomme ich 100e; bei Zahl

bekommen sie 110e.◮ Wurden sie dieses Angebot annehmen?

◮ Angebot 2:◮ Ich werfe eine Munze: bei Kopf bekomme ich 1000e; bei Zahl

bekommen sie 1,000,000,000,000,000,000e.◮ Wurden sie dieses Angebot annehmen?

◮ Wenn nein/ja-Wechsel, dann sind Sie kein(e)vNM-Nutzenmaximierer(in)!

Aussage: Menschen orientieren sich auch an Einkommensveran-derungen, nicht nur am endgultigen Einkommen.

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Rabins Paradox

◮ Intuition: Um Lotterie (1/2 ◦ 110, 1/2 ◦ −100) abzulehnen,muß die Nutzenfunktion im Intervall [w0 − 100,w0 + 110]hinreichend gekrummt sein.

◮ Es muß fur durchschnittliche Steigung auf [w0 − 100,w0] bzw.[w0,w0 + 110] gelten, daß

u(w0 + 110) − u(w0)

110<

100

110

u(w0) − u(w0 − 100)

100.

◮ Fur risikoaverse Entscheider ist Nutzenfunktion konkav unddamit fallt ihre Steigung in w .

◮ Wenn Steigung auf einer Strecke von 210e nennenswert fallt,dann muß Grenznutzen von großen Auszahlungen gering sein,Grenznutzen bei mittleren Verlusten vergleichsweise hoch.

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Kahneman & Tversky: Framing

Deutschland steht vor dem Ausbruch der Schweinegrippe. Es wirderwartet, dass ihr hier etwa 600 Menschen zum Opfer fallenwerden. Es existieren zwei Behandlungsprogramme zur Auswahl.

◮ Welches Verfahren wahlen sie im Programm 1?◮ Verfahren A: “200 Menschen konnen gerettet werden.”◮ Verfahren B: “Es existiert eine ein Drittel Wahrscheinlichkeit,

dass alle 600 Menschen gerettet werden konnen und eine zweiDrittel Wahrscheinlichkeit, dass niemand gerettet werdenkann.”

◮ Welches Verfahren wahlen sie im Programm 2?◮ Verfahren C: “400 Menschen sterben.”◮ Verfahren D: “Es existiert eine ein Drittel Wahrscheinlichkeit,

dass niemand stirbt und eine zwei Drittel Wahrscheinlichkeit,dass 600 Menschen sterben werden.”

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Kahneman & Tversky: Framing

Obwohl A & C, bzw. B & D auf Grundlage der vNM-Erwartungs-nutzentheorie ident sind, wahlen in Versuchen typischerweise etwa

◮ 72% der Befragten A uber B, und

◮ 78% der Befragten D uber C.

Framing Effekte lassen sich in vielen Investitions- undVersicherungsentscheidungen problemlos nachweisen.Preaferenzumkehrungen wie im obigen Beispiel sind der Ursprungdes Feldes der Verhaltensokonomie (Behavioural Economics).

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