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Detlev Beyer-Peters Drittbezogener Personaleinsatz und Mitbestimmung des Betriebsrates 27. September 2006

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Detlev Beyer-Peters

Drittbezogener Personaleinsatz

und

Mitbestimmung des Betriebsrates

27. September 2006

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Inhaltsverzeichnis: Gliederung Seite 1. Arbeitnehmerüberlassung .....................................................................................................4

1.1. Kennzeichen der Arbeitnehmerüberlassung ...............................................................4 1.2. Abgrenzung zu anderen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes ..................4 1.3. Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ................................................................4

1.3.1. Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung...............................4 1.3.2. Gewerbsmäßigkeit..................................................................................................5 1.3.3. Gestellung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes .....................................6

1.4. nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ........................................................7 1.4.1. außergewöhnliche Umstände ................................................................................7 1.4.2. Gemeinnützigkeit ...................................................................................................7

1.5. erlaubte Arbeitnehmerüberlassung..............................................................................7 1.5.1. Arbeitnehmerüberlassung in demselben Wirtschaftszweig ...............................7 1.5.2. Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen ..............................8

1.6. unerlaubte (verdeckte) Arbeitnehmerüberlassung .....................................................8 1.6.1. Vermutung der Arbeitsvermittlung .....................................................................8 1.6.2. Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen ..............................9

2. Gestellungsverträge..............................................................................................................10 3. Gestellung von Personal im Rahmen einer Gebrauchsüberlassung................................10 4. Regelungen im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes .....................................................10

4.1. Versetzung.....................................................................................................................10 4.2. Abordnung ....................................................................................................................11 4.3. Zuweisung .....................................................................................................................11 4.4. Personalgestellung ........................................................................................................11

5. Abordnung zur Verfolgung eigener Betriebszwecke ........................................................11 6. Auszubildende.......................................................................................................................12 7. Beschäftigte ohne Arbeitnehmerstatus...............................................................................12

7.1. ehrenamtlicher Einsatz von Vereinsmitgliedern .......................................................12 7.2. arbeitnehmerähnliche Personen: Selbständige und freie Mitarbeiter ....................12 7.3. Beamte ...........................................................................................................................13 7.4. Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung..........................................13 7.5. Strafgefangene ..............................................................................................................14

8. Werkverträge........................................................................................................................14 8.1. Kriterien ........................................................................................................................14 8.2. Werksergebnis ..............................................................................................................14 8.3. Werkvertragsfähige Leistungen..................................................................................15 8.4. Werkvertragsfähige Unternehmen .............................................................................15 8.5. Unternehmerische Dispositionsfreiheit ......................................................................15 8.6. Eingliederung................................................................................................................15 8.7. Unternehmerrisiko .......................................................................................................16

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9. Ordensschwestern ................................................................................................................16 10. Dienstvertrag ....................................................................................................................16 11. Dienstverschaffungsvertrag.............................................................................................16 12. Geschäftsbesorgungsvertrag ...........................................................................................17 10. Mitbestimmung bei drittbezogenem Personaleinsatz ...................................................17

10.1. Informationsrecht des Betriebsrates ......................................................................17 10.1.1. Unterrichtung .......................................................................................................17 10.1.2. Prüfung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates ....................................17 10.1.3. Aushändigung von Unterlagen............................................................................17

10.2. Mitbestimmungsrechte bei der Einstellung ...........................................................18 10.2.1. Ordensangehörige und Rote-Kreuz-Pflegekräfte .............................................18 10.2.2. ehrenamtlicher Einsatz von Vereinsmitgliedern für betriebliche Aufgaben..18 10.2.3. Zivildienstleistende...............................................................................................19 10.2.4. Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung..................................19 10.2.5. Auszubildende.......................................................................................................20 10.2.6. Fremdfirmenarbeitnehmer .................................................................................20 10.2.7. (Schein)Selbständige und freie Mitarbeiter .......................................................21 10.2.8. Leiharbeitnehmer.................................................................................................21

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Mit dem Begriff „drittbezogener Personaleinsatz“ wird gekennzeichnet, dass Arbeitnehmer in Betrieben tätig werden, mit deren Inhaber sie keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben und somit kein Arbeitsverhältnis zum Beschäftigungsarbeitgeber vorhanden ist.1 1. Arbeitnehmerüberlassung

1.1. Kennzeichen der Arbeitnehmerüberlassung Arbeitnehmerüberlassung ist dadurch gekennzeichnet, dass drei Beteiligte vorhanden sein müssen: Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer. Der Leiharbeitnehmer steht zum Verleiher in einem Arbeitsverhältnis, das wegen wechselnder Einsätze bei Entleihern einem besonderen durch das AÜG geregelten Schutz unterliegt. Während der Entleiher zum Verleiher durch den Überlassungsvertrag in einer Rechtsbeziehung steht, entsteht zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer keine arbeitsvertragliche Beziehung.2 Der Verleiher übernimmt mit der Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers das Arbeitgeberrisiko und die Arbeitgeberpflichten insbesondere nach Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht.3 Eine Überlassung zur Arbeitsleistung i.S. des Art. 1 §1 Abs. 2 AÜG liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung im Betriebe eines Dritten erbringt und dieser (Entleiher) den Arbeitnehmer nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie einen eigenen Arbeitnehmer einsetzt. Die Arbeitskräfte müssen voll in den Betrieb des Dritten eingegliedert sein4. Außerdem muss der Arbeitnehmer den Weisungen des Dritten oder dessen Repräsentanten hinsichtlich der Arbeitsausführung unterliegen. Diese Grundsätze gelten auch für den Fall nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung5. 6 1.2. Abgrenzung zu anderen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes Grundsätzlich ist der Geschäftsinhalt der zwischen den Beteiligten vereinbarten Verträge entscheidend. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den schriftlichen Vereinbarungen der Beteiligten als auch aus der praktischen Durchführung der Verträge ergeben. Widersprechen sich allerdings schriftliche Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung des Vertrages, so kommt es auf die tatsächliche Durchführung an. Diese ist für die Ermittlung des Vertragstyps maßgebend7.8 1.3. Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung

1.3.1. Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung

1 Wolfgang Schneider: Aktives und passives Wahlrecht – Auswirkungen des drittbezogenen Personaleinsatzes, AiB 2005 – Heft 12, Seite 710 2 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 13 3 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 15 4 Beschluss des BAG vom 28.11.1989 – 1 ABR 90/88, Senatsurteil vom 30.01.1991 5 BAG Urteil vom 21.03.1990 6 Urteil des BAG vom 1.6.1994 (7 AZR 7/93 zu § 10 AÜG) 7 vgl. BAG vom 15.6.1983 DBIR 2876a SonstR/Art 1 § 10 AÜG = NJW 1984, 2912 8 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 23

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Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ist grundsätzlich verboten, es sei denn, der Verleiher verfügt über eine entsprechende Erlaubnis. In bestimmten Fällen reicht eine Anzeige aus.9 1.3.2. Gewerbsmäßigkeit Die Anwendung des AÜG hängt allein von der Frage der Gewerbsmäßigkeit ab.10 Gewerbsmäßig ist jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf die Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile gerichtete selbständige Tätigkeit, die auf die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gerichtet ist.11 Das entscheidende Kriterium für die Gewerbsmäßigkeit ist die Gewinnerzielungsabsicht.12 Für diese kommt es zwar nicht darauf an, ob tatsächlich ein Gewinn erzielt wird. Es genügt, dass mit der Arbeitnehmerüberlassung lediglich ein mittelbarer Gewinn erstrebt wird. An einer Gewinnerzielungsabsicht fehlt es aber, wenn die Überlassung lediglich gegen Erstattung der Personalkosten erfolgen soll und dem Verleiher daraus auch mittelbar keine wirtschaftlichen Vorteile erwachsen.13 Die Gewinnerzielungsabsicht setzt voraus, dass aus der Sicht des Handelnden die Möglichkeit einer Gewinnerzielung besteht. Gewinn ist dabei jede geldwerte Leistung, die der Verleiher über die Deckung seiner Kosten hinaus erzielt. Eine Gewinnerzielungsabsicht im gewerberechtlichen Sinne liegt regelmäßig nur dann vor, wenn ein Überschuss der Erträge gegenüber den Aufwendungen angestrebt wird. Demzufolge handelt der Verleiher mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn er das Entgelt für die Überlassung des Leiharbeitnehmers so bemisst, dass es die Kosten übersteigt. Deckt dagegen das Überlassungsentgelt allenfalls die Selbstkosten des Arbeitgebers, liegt grundsätzlich keine Gewinnerzielungsabsicht vor. Auch wenn bei Wirtschaftsunternehmen grundsätzlich davon auszugehen ist, dass sie aus der Arbeitnehmerüberlassung unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile ziehen wollen, gilt das nicht für konzernangehörige Personalführungsgesellschaften. Ebenso wie bei konzerninternen vorübergehenden Abordnungen fehlt es vielmehr auch bei der konzernangehörigen Personalführungsgesellschaft in der Regel an der Absicht, aus der Arbeitnehmerüberlassung einen Gewinn zu erzielen. Die im Konzern zur Vereinheitlichung der Arbeitsrechtsbeziehungen gebildete Personalführungsgesellschaft ist jedenfalls dann nicht auf Gewinnerzielung angelegt, wenn sie als eine Service-Agentur und ausgelagerte Personalabteilung auf Selbstkostenbasis betrieben wird, um die angeschlossenen Konzernunternehmen bei der formalen Abwicklung von Arbeitsverträgen zu unterstützen. Zu den Kosten der Arbeitnehmerüberlassung gehören nicht nur die Kosten der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer (Bruttoarbeitsentgelt einschließlich aller Lohnnebenkosten, Aufwendungsersatz usw.), sondern auch die beim Verleiher für die Arbeitnehmerüberlassung anfallenden Verwaltungskosten (Büromiete, Büropersonal, Kosten für Buchführung und Führung von Personalakten, Telefon usw.

9 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 13 10 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 18 11 BAG 21. März 1990 – 7 AZR 198/89 12 BAG 21. März 1990 – 7 AZR 198/89; BAG 28. Juni 2000 – 7 AZR 45/99 13 BAG 21. März 1990 – 7 AZR 198/89

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sowie sonstige Betriebskosten).14 Jedenfalls bei einer über mehrere Jahre andauernden Überlassung derselben Arbeitnehmer an denselben Entleiher … ist das Merkmal der selbständigen sowie nachhaltigen, planmäßigen und nicht nur gelegentlichen zufälligen Tätigkeit erfüllt. … Bei einer derartigen Verleihdauer ist auszuschließen, dass diese Mitarbeiter lediglich zum Ausgleich oder zur Minderung eigener Personalkosten überlassen wurden, weil die Vertragsarbeitgeberinnen keine eigenen Einsatzmöglichkeiten für diese Arbeitnehmer hatten.15 Für das AÜG gilt der allgemeine gewerberechtliche Begriff der Gewerbsmäßigkeit. Er setzt Gewinnerzielungsabsicht und Wiederholungsabsicht voraus. Die für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit erforderliche Gewinnerzielungsabsicht bezieht sich auf das Gesamtunternehmen. Die Gewinnerzielungsabsicht liegt auch dann vor, wenn nur Verluste verringert werden sollen. Bei Arbeitnehmerüberlassung durch einen am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betrieb (Gewerbebetrieb) ist grundsätzlich Gewerbsmäßigkeit anzunehmen. Gewerbsmäßigkeit ist auch gegeben, wenn es sich bei der Arbeitnehmerüberlassung um eine im Geschäftsinteresse liegende Kundenserviceleistung handelt.16 Nach herrschender Meinung ist es für das Vorliegen der „Gewerblichkeit“ ausreichend, wenn eine Kostenerstattung erfolgt. Nicht erforderlich ist, dass der Überlasser Gewinn macht oder Gewinnerzielung beabsichtigt.17 Aber selbst wenn für die Arbeitnehmerüberlassung kein Entgelt gezahlt wird, ist zu berücksichtigen, dass sich die Personalgestellung im Geschäftsinteresse des Entsendenden im Hinblick auf zu erwartende Geschäftsverbindungen oder zur Pflege derselben vollzieht.18 Für die Frage der Gewerbsmäßigkeit bleibt es unerheblich, ob Arbeitnehmerüberlassung für einen Betrieb Hauptzweck oder nur Nebenzweck ist. Als Mischbetriebe werden solche Betriebe bezeichnet, die sowohl Arbeitnehmer in eigener Betriebsstätte beschäftigen als auch bei sich bietender Gelegenheit Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlassen. Unerheblich ist es daher beispielsweise, in welchem Umfang Arbeitnehmer in der jeweiligen betrieblichen Sparte eingesetzt werden oder welche Umsätze mit Arbeitnehmerüberlassung in der Relation zu den übrigen betrieblichen Tätigkeiten erzielt werden.19 1.3.3. Gestellung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Insbesondere unter Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes ist gelegentlich die Annahme anzutreffen, mit dem Mittel des „Gestellungsvertrages“ ließe sich das Problem der Arbeitnehmerüberlassung geschickt umgehen, da diese nicht gewerbsmäßig sondern nur gegen reine Kostenerstattung erfolge. Es ist jedoch vollkommen egal, wie der Arbeitgeber

14 Beschluss des BAG vom 20.04.2005 – 7 ABR 20/04 15 Urteil des BAG vom 18.02.2003 – 3 AZR 160/02 16 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 17 17 Gutachten von Rechtsanwalt Michael W. Felser „Gestellungsvertrag als illegale Arbeitnehmerüberlassung?“ in www.felser.de 18 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 21 19 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 18

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das Arbeitsverhältnis selbst benennt. Entscheidend kommt es auf die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses an.20

1.4. nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung

1.4.1. außergewöhnliche Umstände Wenn z.B. Hilfe in Katastrophenfällen geleistet wird, kann bei Arbeitnehmerüberlassung durch einen Gewerbebetrieb Gewerbsmäßigkeit verneint werden.21 1.4.2. Gemeinnützigkeit Nach der bisher vorherrschenden Dogmatik sollen in den Fällen der gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung im Prinzip sämtliche Vorschriften des AÜG nicht anwendbar sein.22 Einrichtungen, denen die Gemeinnützigkeit nach § 52 AO von den Finanzbehörden zuerkannt wurde, handeln grundsätzlich nicht gewerbsmäßig. Das zuständige Finanzamt wird die Frage der Gemeinnützigkeit auch unter dem Aspekt des Verleihs von Arbeitskräften bewerten und dies in der Bescheinigung zur Gemeinnützigkeit zum Ausdruck bringen. Die Anerkennung der sonstigen Tätigkeiten der Gesellschaft als gemeinnützig ist nicht entscheidend. Wird die Arbeitnehmerüberlassung als ein besonderes Betätigungsfeld der gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft aus Sicht der Finanzbehörden als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb qualifiziert, liegt gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung vor. Mit dem Widerruf der Gemeinnützigkeit wird die Arbeitnehmerüberlassung erlaubnispflichtig (es sei denn, Erlaubnisfreiheit besteht aufgrund anderer Ausnahmevorschriften).23 Als Fall der gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung wird ausdrücklich die Zeitarbeitsfirma START GmbH genannt, bei der z.B. schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose verliehen werden.24

1.5. erlaubte Arbeitnehmerüberlassung

1.5.1. Arbeitnehmerüberlassung in demselben Wirtschaftszweig Zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges ist eine Überlassung von Arbeitnehmern erlaubt, wenn dadurch Kurzarbeit oder Entlassungen vermieden werden und nur soweit dies ein für den Entleiher und Verleiher geltender Tarifvertrag vorsieht25. Keiner Erlaubnis bedarf darüber hinaus ein Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten, der zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen an einen Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bis zur Dauer von zwölf Monaten überlässt, wenn er die Überlassung vorher schriftlich der Bundesagentur für Arbeit angezeigt hat. In der Anzeige sind anzugeben.

20 Gutachten von Rechtsanwalt Michael W. Felser „Gestellungsvertrag als illegale Arbeitnehmerüberlassung?“ in www.felser.de 21 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 18 22 vgl. ErfK/Wank § 1 AÜG; Münsch/ArbR/Marschall § 167 Rn. 30 23 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 18 24 vgl. ErfK/Wank § 1 AÜG 25 § 1 Abs. 3 Nr. 1 AÜG

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1. Vor- und Familiennahmen, Wohnort und Wohnung, Tag und Ort der Geburt des Leiharbeitnehmers,

2. Art der vom Leiharbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit und etwaige Pflicht zur auswärtigen Leistung,

3. Beginn und Dauer der Überlassung, 4. Firma und Anschrift des Entleihers.26

1.5.2. Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen Die Überlassung von Arbeitnehmern ist aber auch zwischen Konzernunternehmen erlaubt, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend nicht bei seinem Arbeitgeber leistet27. Der Begriff „vorübergehend“ ist weit auszulegen. Das Kriterium „vorübergehend“ ist immer dann als erfüllt anzusehen, wenn von vornherein eine Befristung geplant ist, unabhängig davon, wie lange diese Befristung währt. Sie kann aus in der Natur der Sache liegenden Gründen im Einzelfall sogar mehrere Jahre dauern. Das Ziel der späteren Weiterbeschäftigung beim ursprünglichen Arbeitgeber muss aber fortbestehen.28

1.6. unerlaubte (verdeckte) Arbeitnehmerüberlassung

1.6.1. Vermutung der Arbeitsvermittlung Werden Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlassen und übernimmt der Überlassende nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AÜG), so wird vermutet, dass der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt.29 U.a. bei Verletzung des Gleichstellungsgebots wird vermutet, dass der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt. Die Vermutung gilt auch bei nicht gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung30. Die vermutete Arbeitsvermittlung stellt jedoch ihrerseits keinen Verbotstatbestand mehr dar, nachdem das Alleinvermittlungsmonopol der damaligen Bundesanstalt für Arbeit durch Gesetz vom 21.12.1993 und die Erlaubnispflicht für private Arbeitsvermittler im früheren § 291 SGB III mit Wirkung vom 27.03.2002 aufgehoben wurde.31 Nach der Streichung des § 13 AÜG (alte Fassung) durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24.03.1997 gibt es bei einer vermuteten Arbeitsvermittlung keine gesetzliche Grundlage mehr für das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher.32 Die vermutete Arbeitsvermittlung durch den Überlassenden kann lediglich gegen die Vorschrift des § 146 Abs. 2 Nr. 1 Gewerbeordnung verstoßen, nach der die Nichtanzeige des Beginns eines Gewerbes mit Geldbuße bis 1000 € bedroht ist. Die Vermutung gilt sowohl für die gewerbsmäßige als auch nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung.

26 § 1a AÜG 27 § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG 28 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 35 29 § 1 Abs. 2 AÜG 30 BAG 28. Juni 2000 – 7 AZR 45/99; BAG 21. März 1990 – 7 AZR 198/89 31 BAG 25. Januar 2005 – 1 ABR 61/03 32 BAG 28. Juni 2000 – 7 AZR 100/99

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Eine solche Vermutung liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn die Arbeitnehmerüberlassung zur Sicherung des sozialen Besitzstandes des überlassenen Arbeitnehmers vorgenommen wird (z.B. Überlassung von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes oder gemeinnütziger Einrichtungen an private oder öffentliche Betriebe). Die Vermutung der (unerlaubten) Arbeitsvermittlung ist in diesen Fällen allerdings als widerlegt anzusehen, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aufrechterhalten und die Arbeitgeberpflichten und Arbeitgeberrisiken voll erfüllt bzw. getragen werden.33 Eine solche Personalgestellung ist z.B. dort üblich, wo eine Überleitung in eine andere Firma stattfindet, der Arbeitnehmer bei dem bisherigen Arbeitgeber verbleiben will und deshalb dem Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 6 BGB innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung schriftlich widerspricht. Zur Vermeidung von Kündigungen werden diese Beschäftigten wie z.B. beim Übergang des Knappschaftskrankenhauses Gelsenkirchen-Buer in die Bergmannsheil/Vestische Kinderklinik GmbH oder bei der Bayerischen Forstverwaltung, die in eine Anstalt öffentlichen Rechts übergehen sollte, der neuen Firma gestellt und verbleiben im Arbeitsverhältnis zu ihrem bisherigen Arbeitgeber. Die Bayerische Staatsregierung sieht bei einer solchen Gestellung allerdings folgende Nachteile: umständlich und aufwändig, erhöhter Personalverwaltungsaufwand bei Verleiher und Entleiher, fehlende Arbeitgeberstellung mit entsprechenden Kompetenzen beim Entleiher, Nebeneinander von Personal unterschiedlicher Arbeitgeber, umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen.34 1.6.2. Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen Voraussetzung für das Vorliegen einer vorübergehenden Arbeitsleistung bei einem anderen Arbeitgeber des gleichen Konzerns ist, dass der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke des Ausleihens von seinem Arbeitgeber angestellt wurde. Damit fallen Konzernunternehmen oder Betriebsabteilungen, die ihre Arbeitnehmer nicht selbst beschäftigen, sondern diese anderen Konzernunternehmen zur Arbeitsleistung zur Verfügung stellen, nicht unter die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Nr. 2.35 Denn die Überlassung erfolgt wiederholt und planmäßig. Dies ist z.B. bei einer Personalführungsgesellschaft eines Konzerns der Fall, die Beschäftigte einstellt und dann an einzelne Konzernunternehmen verleiht. Dasselbe gilt auch dann, wenn keine Rückkehr zur Konzerngesellschaft geplant ist. Es ist auch unerheblich, ob die überlassenen Arbeitnehmer nur vorübergehend bei einer bestimmten Konzerngesellschaft tätig werden und dann wieder in ein anderes Unternehmen des Konzerns wechseln. Dadurch wird die Überlassung nicht vorübergehend. Entscheidend ist allein, dass eine Beschäftigung dieser Arbeitnehmer im eigenen Unternehmen überhaupt nicht vorgesehen ist.36

33 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 32 34 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“ (Staatliches Forstgesetz) vom 14.09.2004, Kommentar Seite 39 35 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 35 36 Beschluss des BAG vom 20.04.2005 – 7 ABR 20/04

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2. Gestellungsverträge Das Oberverwaltungsgericht NRW versteht Gestellungsverträge als Verträge, „durch die eine Person, die kein Bediensteter (Beamter, Angestellter oder Arbeiter) ist, durch eine karitative Einrichtung einen Dritten zur Dienstleistung überlassen wird.37 So begründet die Gestellung von Religionslehrern in öffentlichen Schulen kein Arbeitsverhältnis mit dem Staat, da ihr Einsatz auf der Grundlage des Grundgesetzes durch Rechtsverordnungen geregelt ist.38 Ähnliches dürfte gelten für die Gestellung von Ordensschwestern für die seelsorgerische Betreuung von BewohnerInnen in Altenpflegeheimen. 3. Gestellung von Personal im Rahmen einer Gebrauchsüberlassung Das AÜG gilt darüber hinaus nicht bei sog. gemischten Verträgen, die neben den Verkauf bzw. die Vermietung von Geräten, Anlagen, Systeme oder Programme auch die Überlassung von Bedienungs-, Wartungs- , Montage- oder Einweisungspersonal Personal regelt. Hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass nach dem Sinn und Zweck des gemischten Vertrages die Gebrauchsüberlassung des Gerätes im Vordergrund steht und die dazu erfolgte Personalgestellung nur dienende Funktion hat, indem sie den Einsatz des Gerätes erst ermöglichen soll. Der Vertrag darf nicht schwerpunktmäßig auf die Verschaffung der Arbeitsleistung des Personals gerichtet sein, so dass die Überlassung des Gerätes demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung hat.39 Dies ist z.B. bei der Gestellung von Flugpersonal im Zusammenhang mit der Vermietung eines Flugzeuges40 oder die Gestellung von Bauarbeitern zur Bedienung von Baumaschinen (z.B. Bagger, Planierraupen)41. 4. Regelungen im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes Der am 01.10.2005 in Kraft getretenen „Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes“ definiert vier unterschiedliche Formen des Betriebs- bzw. Dienststellenwechsels, deren Definition sich z.B. hinsichtlich der Gestellung von der Rechtssprechung zu Gestellungsverträgen und hinsichtlich des Versetzungsbegriffes vom Betriebsverfassungsgesetz unterscheiden. Es kann sich je nach Umständen auch um Arbeitnehmerüberlassung handeln:

4.1. Versetzung Versetzung ist die Zuweisung einer auf Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.42 Beschäftigte können aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen versetzt … werden. Sollen Beschäftigte an eine Dienststelle oder einen Betrieb außerhalb des bisherigen Arbeitsortes versetzt … werden, so sind sie vorher zu hören.43

37 Urteil des OVG NRW vom 15.12.1999 – 1 A 5174/97.PVL 38 siehe Urteil des BAG vom 14. Februar 1991 – 2 AZR 363/90 39 vgl. Urteil des BAG vom 17.2.1993 – 7 AZR 167/92 40 vgl. Urteil des BAG vom 17.2.1993 – 7 AZR 167/92 41 BAG AP Nr. 41 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) 42 Protokollerklärung Nr. 2 zu § 4 Abs. 1 TVöD 43 § 4 Abs. 1 TVöD

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4.2. Abordnung Abordnung ist die Zuweisung einer vorübergehenden Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben oder eines anderen Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.44 Beschäftigte können aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen … abgeordnet werden. Sollen Beschäftigte an eine Dienststelle oder einen Betrieb außerhalb des bisherigen Arbeitsortes … voraussichtlich länger als drei Monate abgeordnet werden, so sind sie vorher zu hören.45 4.3. Zuweisung Zuweisung ist - unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses - die vorübergehende Beschäftigung bei einem Dritten im In- und Ausland, bei dem der Allgemeine Teil des TVöD nicht zur Anwendung kommt.46 Beschäftigten kann im dienstlichen/betrieblichen oder öffentlichen Interesse mit ihrer Zustimmung vorübergehend eine mindestens gleich vergütete Tätigkeit bei einem Dritten zugewiesen werden. Die Zustimmung kann nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Die Rechtsstellung der Beschäftigten bleibt unberührt. Bezüge aus der Verwendung nach Satz 1 werden auf das Entgelt angerechnet.47 4.4. Personalgestellung Personalgestellung ist – unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses – die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten. Die Modalitäten der Personalgestellung werden zwischen dem Arbeitgeber und Dritten vertraglich gestaltet.48 Werden Aufgaben der Beschäftigten zu einem Dritten verlagert, ist auf Verlangen des Arbeitgebers bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen (Personalgestellung). § 613a BGB sowie gesetzliche Kündigungsrechte bleiben unberührt.49

5. Abordnung zur Verfolgung eigener Betriebszwecke An einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG fehlt es, wenn sich der drittbezogene Personaleinsatz auf Seiten des Vertragsarbeitgebers nicht darauf beschränkt, einem Dritten den Arbeitnehmer zur Förderung von dessen Betriebszwecken zur Verfügung zu stellen, sondern der Vertragsarbeitgeber damit eigene Betriebszwecke verfolgt. Dies ist z.B. der Fall, wenn Arbeitnehmer in einen Gemeinschaftsbetrieb entsandt werden, zu dessen Führung sich ihr Vertragsarbeitgeber und ein Dritter rechtlich verbunden haben. Dies gilt ebenso, wenn zwar ein gemeinsamer Betrieb nicht vorliegt, die beteiligten Arbeitgeber aber im Rahmen einer unternehmerischen Zusammenarbeit mit dem Einsatz ihrer Arbeitnehmer jeweils ihre eigenen Betriebszwecke verfolgen. Denn dieser drittbezogene Personaleinsatz dient nicht dazu, einem Dritten Arbeitnehmer zur Förderung von dessen Betriebszweck zur Verfügung zu stellen.50

44 Protokollerklärung Nr. 1 zu § 4 Abs. 1 TVöD 45 § 4 Abs. 1 TVöD 46 Protokollerklärung zu § 4 Abs. 2 TvöD 47 § 4 Abs. 2 TVöD 48 Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TvöD 49 § 4 Abs. 3 TvöD 50 vgl. Urteil des BAG vom 25.10.2000 – 7 AZR 487/99)

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6. Auszubildende Arbeitnehmerüberlassung liegt nicht vor, wenn Auszubildende Dritten zu Ausbildungszwecken, z.B. auch im Rahmen eines Ausbildungsverbunds, überlassen werden.51 7. Beschäftigte ohne Arbeitnehmerstatus

7.1. ehrenamtlicher Einsatz von Vereinsmitgliedern Ein Mitglied des DRK, das sich als ehrenamtlicher Helfer zur Leistung von Bereitschaftsdienst bei einer Rettungswache des DRK verpflichtet hat, seine Einteilung im Dienst- und Schichtplan sowie den zeitlichen Umfang der Einsätze selbst bestimmt, eine Aufwandsentschädigung von 5,- DM/Stunde und ein Kilometergeld erhält, ist kein Arbeitnehmer, denn die Einordnung in die Dienste erfolgt freiwillig und der Bereitschaftsdienst ist die Erfüllung der satzungsmäßigen Beitragspflicht.52 Auch die DRK-Schwestern sind keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG. Wenn Sie aufgrund eines Gestellungsvertrages zwischen der Schwesternschaft und z.B. einem Krankenhausträger tätig werden, erbringen sie ihre Arbeitsleistungen aufgrund vereinsrechtlicher Mitgliedschaft.53 7.2. arbeitnehmerähnliche Personen: Selbständige und freie Mitarbeiter Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.54 Im Gegensatz dazu sind selbstständig Tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400 € übersteigt, und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.55 Als Arbeitnehmerähnliche Personen sind sie keine Arbeitnehmer. Sie leisten keine Dienste in persönlicher Abhängigkeit. Es handelt sich um Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind. Wirtschaftliche Abhängigkeit ergibt sich bei ihnen aus der ausschließlichen oder überwiegenden Beschäftigung für eine Person oder ein Unternehmen. Es fehlt das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist weder erforderlich noch ausreichend. Das BAG neigt in letzter Zeit bezüglich der Lehrkräfte und Dozenten i.d.R. zur Annahme des Arbeitnehmerstatus.56 Allerdings handelt es sich bei diesen Formen der Tätigkeit oft um Scheinselbständigkeit, mit der Beschäftigungen bezeichnet werden, in denen mittels vorgetäuschter Selbständigkeit unter formaler Bezeichnung als Selbständige oder freie Mitarbeiter versucht wird, das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht einschließlich das BetrVG aus Kostengründen zu unterlaufen bzw. einzuschränken. Als abgrenzungstaugliche typische

51 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 17 52 Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 15.03.1990 – 4 Sa 619/89 53 Beschlüsse des BAG vom 3. Juni 1975 – 1 ABR 98/74 –, 20. Februar 1986 – 6 ABR 5/85 –, 1. Juni 1994 – 7 AZR 7/93 und 6. Juli 1995 – 5 AZB 9/93 54 § 7 Abs. 1 SGB IV 55 § 2 SGB Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SGB VI 56 Fitting u.a.: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Handkommentar 22. Auflage, zu § 5 Rn. 87 und 88

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Arbeitnehmermerkmale werden angesehen eine auf Dauer angelegte Arbeit, die in eigener Person – ohne Mitarbeiter – nur für einen Auftraggeber und im Wesentlichen ohne eigenes Kapital und ohne eigene Organisation erbracht wird, insbesondere auch die Kontrolle durch den Dienstberechtigten, die mittels moderner Informations- und Kommunikationstechniken oft umfassend ist und zu einer „informationellen“ Abhängigkeit führt. Im Zweifelsfall muss der Auftraggeber darlegen und beweisen, dass trotz der typischen Arbeitnehmermerkmale Selbständigenrecht angewandt werden darf.57 Der Auftraggeber (Arbeitgeber) hat die Pflicht zu prüfen, ob ein Auftragnehmer (Arbeitnehmer) bei ihm abhängig beschäftigt ist oder selbständig tätig ist. Im Zweifelsfall empfehlen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger daher das Anfrageverfahren zur Statusklärung bei den Rentenversicherungsträgern nach § 7 a SGB IV einzuleiten (Clearingstelle der BfA). Es gilt unverändert die Legaldefinition der Beschäftigung in § 7 Abs. 1 SGB IV zusammen mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen Tätigkeit. Der Status eines Auftragnehmers richtet sich nicht nach dem Willen der Vertragspartner, sondern danach, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse gestalten. Wird von vertraglich getroffenen Vereinbarungen abgewichen, ist die tatsächliche Durchführung der Erwerbstätigkeit maßgebend.58 Werden „so genannte freie Mitarbeiter“ zur Arbeitsleistung überlassen und beim Entleiher als Arbeitnehmer eingesetzt, liegt ANÜ vor. Die Bezeichnung eines Arbeitnehmers als „freier Mitarbeiter“ ist unerheblich. Maßgebend ist, ob die überlassene Arbeitskraft im Betrieb des Entleihers eine Tätigkeit in persönlicher und weisungsgebundener Abhängigkeit wie ein Arbeitnehmer zu leisten hat, oder ob die Tätigkeit der überlassenen Arbeitskraft so frei und unabhängig vom Weisungsrecht des Entleihbetriebes auszuüben ist, dass nicht mehr von einer abhängigen Tätigkeit gesprochen werden kann.59 7.3. Beamte Auch Beamte fallen aufgrund fehlender Arbeitnehmereigenschaft nicht unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz60. Aber auch ein Gestellungsvertrag kann hier nicht zur Anwendung gelangen.61 7.4. Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung Langzeitarbeitslose, die für im Betrieb geschaffene Arbeitsgelegenheiten vom Arbeitsamt zugewiesen werden oder von einer i.d.R. gemeinnützige Gesellschaft überlassen werden, und für ihren Einsatz eine Mehraufwandsentschädigung erhalten gelten nicht als Arbeitnehmer, da diese Arbeiten kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechtes begründen62.

57 Fitting u.a.: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Handkommentar 22. Auflage, zu § 5 Rn. 47 und 48 58 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 16 59 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 17 60 § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG 61 Urteil des OVG NRW vom 15.12.1999 – 1 A 5174/97.PVL 62 § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II

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7.5. Strafgefangene Ein Strafgefangener ist nicht Arbeitnehmer, da er in der Regel nicht aufgrund eines Arbeitsvertrages sondern des Strafvollzugsgesetzes zur Ausübung zugewiesene Arbeit verpflichtet ist63. Eine Ausnahme bildet lediglich das freie Beschäftigungsverhältnis das auf einem Arbeitsvertrag basiert64.65

8. Werkverträge66 Aufgrund der Werkvertragsvorschriften des BGB (§§ 631 - 651) und der ständigen Rechtsprechung des BAG, der sich auch andere Bundesgerichte angeschlossen haben, liegen gefestigte Maßstäbe für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen und Verträgen auf Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG vor.

8.1. Kriterien Elemente des Werkvertrages sind:

• Vereinbarung und Erstellung eines qualitativ individualisierbaren und dem Werkunternehmer zurechenbaren Werkergebnisses.

• Unternehmerische Dispositionsfreiheit des Werkunternehmers gegenüber dem Besteller.

• Weisungsrecht des Werkunternehmers gegenüber seinen im Betrieb des Bestellers tätigen Arbeitnehmern, wenn das Werk dort zu erstellen ist.

• Tragen des Unternehmerrisikos, insbesondere der Gewährleistungen, durch den Werkunternehmer.

• Erfolgsorientierte Abrechnung der Werkleistung.

8.2. Werksergebnis Voraussetzung für einen Werkvertrag ist u.a., dass das zu erstellende Werk von vornherein ausreichend genau beschrieben ist, um so die erforderliche qualitative Individualisierung vorzunehmen und das Werkergebnis dem Werkunternehmer zuordnen zu können. Unbestimmte vertragliche Ziele (z.B. Mitarbeit im Betrieb) indizieren den Verdacht, dass gar nicht beabsichtigt ist, ein näher beschriebenes Werk zum Gegenstand des Vertrages zu machen. Ein typisches Element des Werkvertrages ist der projekt- und erfolgsbezogene Einsatz der im Betrieb des Werkbestellers tätig werdenden Arbeitnehmer des Werkunternehmers. Allein der Umstand, dass Arbeitnehmer des Bestellerbetriebes der Tätigkeit des Werkunternehmers vergleichbare Arbeiten auf dem eigenen Werksgelände durchführen steht dem nicht entgegen. Die mangelnde Abgrenzbarkeit des Arbeitsergebnisses bezogen auf die von den Arbeitnehmern des Bestellerbetriebes verrichtete Arbeit deutet darauf hin, dass tatsächlich Arbeitnehmerüberlassung betrieben wird.

63 § 37 Abs. 2 StVollzG i.V.m. § 41 StVollzG 64 siehe § 39 StVollzG 65 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 17 66 vgl. Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 24 - 28

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8.3. Werkvertragsfähige Leistungen Gegen einen Werkvertrag können – trotz der heutzutage im modernen Arbeitsleben fortschreitenden Arbeitsteilung – folgende Vertragsinhalte sprechen:

• Wenn gleichzeitig oder über einen bestimmten Zeitraum eine Summe von Klein- und Kleinst-„Projekten“ vergeben wird;

• wenn lediglich die Leistung (nicht erfolgsbezogener) einfacherer Arbeiten benötigt wird (z.B. Schreibarbeiten, Botendienste, einfache Zeichenarbeiten, Maschinenbedienung, Dateneingabe).

Anhaltspunkte dafür, ob überhaupt eine werkvertragsfähige Leistung vorliegt, können auch den schriftlichen Vereinbarungen der Vertragsparteien entnommen werden. Das Werk muss in aller Regel im Angebot präzise beschrieben sein. Allgemeine Formulierungen ohne Präzisierung des Auftraggegenstandes genügen nicht. Die Beschreibung der auszuführenden Arbeiten soll so eindeutig sein, dass im Konfliktfalle (Abrechnung, Haftung wegen mangelnder Ausführung) bestimmbar ist, wer die Arbeiten ausgeführt hat. 8.4. Werkvertragsfähige Unternehmen Der Unternehmer muss über eine eigene materielle Ausstattung (Kapital, Maschinen, Fahrzeuge, Werkzeuge, Materialien, eine dem Unternehmen entsprechende büromäßige Organisation, Versicherungsschutz usw.) und die entsprechende fachliche Kompetenz verfügen. Er muss hinreichend qualifiziertes Personal beschäftigt, welches die geschuldete Leistung selbständig planen und organisieren und schließlich auch selbständig und eigenverantwortlich durchführen und überwachen kann. Die Beachtung oder Nichtbeachtung öffentlich-rechtlicher Ordnungsvorschriften (z.B. HandwO, GewO, 2. DEVO) ist kein zuverlässiges Abgrenzungskriterium. Allerdings kann die Verletzung einschlägiger Vorschriften auf mangelnde fachliche Qualifikation hindeuten. Ferner kann z.B. das Fehlen eines handwerklichen Befähigungsnachweises (Meisterprüfung) zusätzlich die Auffassung stützen, dass kein Werkvertrag vorliegt. 8.5. Unternehmerische Dispositionsfreiheit Der Unternehmer muss Art, Ablauf und Einteilung der Arbeiten selbst bestimmen und der Dritte darf kein Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern des Herstellers haben. Vertragstypische Rechte/Pflichten des Werkunternehmers sind insbesondere:

• Entscheidung über Auswahl der eingesetzten Arbeitnehmer (Zahl, Qualifikation und Person),

• Ausbildung und Einarbeitung, • Bestimmung der Arbeitszeit und Anordnung von Überstunden, • Gewährung von Urlaub und Freizeit, • Durchführung der Anwesenheitskontrolle, • Überwachung der Ordnungsmäßigkeit der Arbeitsabläufe.

Werden derartige Funktionen vom angeblichen Werkbesteller wahrgenommen, so spricht dies für Arbeitnehmerüberlassung. 8.6. Eingliederung Die organisatorische Eingliederung in die Arbeitsabläufe oder in den Produktionsprozess des Bestellerbetriebes spricht grundsätzlich für Arbeitnehmerüberlassung.

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8.7. Unternehmerrisiko Der Werkunternehmer trägt im Vergleich zum Verleiher ein erhöhtes Unternehmerrisiko. Der Werkunternehmer trägt die Vergütungsgefahr (§ 644 i.V.m. §§ 640 und 646 BGB) und die Gewährleistungspflicht (§ 633 Abs. 1 BGB). Dabei muss er sich das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen anrechnen lassen (§ 278 BGB). Ein „echter“ Werkunternehmer wird gegen diese Risiken entsprechend abgesichert sein (Versicherungen, Rückstellungen). Werkvertragstypisch ist auch die Vereinbarung einer Konventionalstrafe. Der Verleiher muss demgegenüber nur für die fristgerechte Gestellung von Arbeitnehmern und Auswahlverschulden einstehen. 9. Ordensschwestern

Die durch Gestellungsvertrag eingesetzten Ordensschwestern sind keine Arbeitnehmer. Sie leisten ihre Arbeit aufgrund Verbandsrechts und nicht aufgrund eines Einzelarbeitsvertrags. Vielmehr erfüllen sie als Ordensmitglieder ihren apostolischen Auftrag. Der Gestellungsvertrag der Ordensschwestern ist nach h.M. als Werkvertrag im Sinne des § 613 BGB zu qualifizieren.67 10. Dienstvertrag68 Anders als bei Werkvertragsverhältnissen wird bei Dienstverträgen kein bestimmter Erfolg, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet. Ein Dienstvertrag liegt nur dann vor, wenn der dienstleistende Unternehmer die geschuldeten Dienste entweder in Person oder mittels seiner Erfüllungsgehilfen unter eigener Verantwortung und nach eigenem Plan ausführt (Organisation der Dienstleistung, zeitliche Disposition, Zahl der Erfüllungsgehilfen, Eignung der Erfüllungsgehilfen usw.). Das bedeutet insbesondere, dass die Erfüllungsgehilfen in Bezug auf die Ausführung der zu erbringenden Dienstleistung im wesentlichen frei von Weisungen seitens des Arbeitgeberrepräsentanten des Drittbetriebes sind und ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können69. Ein drittbezogener Personaleinsatz auf dienstvertraglicher Basis ist daher nur in den aufgezeigten engen Grenzen möglich, etwa bei Dienstleistungen, die gegenständlich umschrieben werden können. 11. Dienstverschaffungsvertrag Da Arbeitnehmerüberlassung eine Form der Dienstverschaffung, nämlich die Verschaffung von Arbeitsleistungen ist, kann ein von Arbeitnehmerüberlassung abzugrenzender Dienstverschaffungsvertrag nur dann in Betracht kommen, wenn ein Vertragspartner die Verpflichtung übernimmt, dem anderen Vertragspartner nicht die Arbeitsleistung, sondern die selbständige Dienstleistung eines Dritten zu verschaffen. Voraussetzung dafür ist, dass der Dritte in wirtschaftlicher und sozialer Selbständigkeit und Unabhängigkeit die Dienste (z.B. als Wirtschaftsprüfer) leistet. Arbeitsvertragliche Beziehungen bzw. aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse gegebene persönliche Abhängigkeit zu einem Vertragspartner schließen einen derartigen Dienstverschaffungsvertrag aus. Es liegt dann entweder Arbeitnehmerüberlassung oder Arbeitsvermittlung vor.

67 siehe Gutachten von Rechtsanwalt Michael W. Felser „Gestellungsvertrag als illegale Arbeitnehmerüberlassung?“ in www.felser.de 68 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 28 69 Urteil des BSG vom 23.06.1982 – DBIR Nr. 2790a AFG/§ 13 – SozRecht 4100 § 13 Nr. 6

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12. Geschäftsbesorgungsvertrag70 Vom Werkvertrag zu unterscheiden ist der Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB), der auf eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art gerichtet ist und eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Ein Geschäftsbesorgungsvertrag liegt z.B. vor, wenn ein Rechtsanwalt mit der Prozessführung beauftragt wird oder eine Werbefirma den Auftrag erhält, eine Werbeaktion mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln durchzuführen.

10. Mitbestimmung bei drittbezogenem Personaleinsatz

10.1. Informationsrecht des Betriebsrates

10.1.1. Unterrichtung Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch über die Beschäftigung von solchen Personen zu unterrichten, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen71: z.B. Leiharbeitnehmer, Fremdfirmenpersonal, Arbeitnehmer eines anderen Konzernunternehmens, arbeitnehmerähnliche Personen, Arbeitsgelegenheiten und freie Mitarbeiter. 10.1.2. Prüfung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates Der Betriebsrat hat die tatsächliche Art des drittbezogenen Personaleinsatzes, den daraus abzuleitenden Umfang seiner Rechte sowie der Rechte der betroffenen Arbeitnehmer zu prüfen (Prüfliste siehe Anlage). Dazu benötigt er alle beim Arbeitgeber vorhandenen Informationen und Unterlagen. 10.1.3. Aushändigung von Unterlagen Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.72 Dazu kann der Betriebsrat die Herausgabe z.B. folgender Unterlagen für die vom Arbeitgeber genannte, vermeintliche Form des drittbezogenen Personaleinsatzes verlangen:

• bei Gestellungen der Gestellungsvertrag, • bei vermeintlich freien Mitarbeitern der Honorarvertrag, • bei vermeintlichen Fremdfirmen- und Selbständigeneinsatz der Werkvertrag, • bei anderen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes den

Kooperationsvertrag, Dienstvertrag, Dienstverschaffungsvertrag, Geschäftsbesorgungsvertrag usw.,

• bei Arbeitnehmerüberlassung die Erlaubnis und die Geschäftsbedingungen des Verleihers sowie der Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher (Inhalte gemäß § 12 Abs. 1 AÜG).

70 Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Stand Januar 2004, Seite 29 71 § 80 Abs. 2, Satz 1, 2.Halbsatz BetrVG 72 § 80 Abs. 2, Satz 2, 1.Halbsatz BetrVG

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10.2. Mitbestimmungsrechte bei der Einstellung Eine Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BAG immer dann vor, wenn Personen in einen Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Hinzukommen muss, dass diese Personen eine weisungsabhängige Tätigkeit ausüben und der Betriebsinhaber die Entscheidungen über Art, Zeit und Ort der Tätigkeit trifft. In welchem Rechtsverhältnis diese Personen zum Betriebsinhaber stehen, ist demgegenüber unerheblich. Zur Begründung dieser Rechtsprechung verweist das BAG darauf, dass § 99 Abs. 1 BetrVG in erster Linie den Interessen der schon vorhandenen Belegschaft dient. Inwieweit diese Interessen berührt oder gar gefährdet werden, hängt nicht davon ab, auf welcher Rechtsgrundlage die neuen Mitarbeiter tätig werden, sondern inwieweit sie tatsächlich in den Betrieb eingegliedert werden.73 Eine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG kann aber bereits schon dann vorliegen, wenn die arbeitgebertypische Auswahlentscheidung getroffen wird, welcher Mitarbeiter in die Belegschaft aufgenommen werden soll. Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Entscheidung des Arbeitgebers steht nicht entgegen, dass die Zuweisung dieser Person – wie bei Zivildienstleistenden – durch Verwaltungsakt erfolgt.74 Liegen bei der Beschlussfassung des Betriebsrates zur Einstellung keine oder nur unvollständige Informationen und Unterlagen vor, so kann das folgende Rechtsfolgen haben:

• Die Frist für die Zustimmungserklärung des Betriebsrates von einer Woche wird nicht in Gang gesetzt mit der Folge, dass die Zustimmung weder als erteilt gilt noch vom Arbeitsgericht ersetzt werden kann.

• Eine trotzdem durchgeführte Maßnahme kann gemäß § 101 BetrVG unterbunden werden.

• In schwerwiegenden Fällen ist ein Unterlassungsverfahren gemäß § 23 BetrVG möglich.

• Schließlich liegt in verspäteter oder unvollständiger Unterrichtung eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 121 BetrVG vor.75

10.2.1. Ordensangehörige und Rote-Kreuz-Pflegekräfte Bei einer Beschäftigung von Ordensangehörigen und Rote-Kreuz-Pflegekräften auf Grund von Gestellungsverträgen liegt dann eine Einstellung vor, wenn der Arbeitgeber die typischen Weisungsbefugnisse hinsichtlich des Arbeitseinsatzes hat.76 10.2.2. ehrenamtlicher Einsatz von Vereinsmitgliedern für betriebliche Aufgaben Die Übertragung weisungsgebundener Tätigkeit auf Vereinsmitglieder stellt daher eine Einstellung im Sinne der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften dar.77 Beim ehrenamtlichen Einsatz z.B. von Mitgliedern des Deutschen Roten Kreuzes auf Krankenkraftwagen im Rahmen des von einem DRK-Kreisverband betriebenen Rettungsdienstes hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1.

73 Beschluss des BAG vom 12.11.2002 – 1 ABR 60/01 74 Leitsatz zum Beschluss des BAG vom 19.06.2001 – 1 ABR 25/00 75 Däubler/Kittner/Klebe: BetrVG, 9. Auflage, Bund-Verlag, zu § 99 Rn. 116 76 Urteil des BAG vom 22.04.1997, NZA 97, 1297 77 Beschluss des BAG vom 12.11.2002 – 1 ABR 60/01

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BetrVG.78 In dem genannten Fall stellt das BAG fest, dass die Zweitbesetzung auf einen Krankenkraftwagen in der Funktion eines Rettungssanitäters weisungsgebundene Tätigkeit ist. Sie unterscheidet sich nicht von der Tätigkeit hauptamtlicher Beschäftigter. Ohne Bedeutung ist auch, dass Vereinsmitglieder die Möglichkeit hätten, die Übernahme von Einsatzschichten abzulehnen oder Zusagen zurück zu ziehen, da es nur auf die Tätigkeit nach Schichtbeginn und der dann vorliegenden Weisungsgebundenheit der Tätigkeit ankommt. Weiterhin gibt es für das Eingreifen des Mitbestimmungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG auch keine zeitliche Mindestgrenze oder einen Mindestumfang der vorgesehenen Tätigkeit, anders als bei Versetzungen (§ 95 Abs. 3 BetrVG). Schließlich ist auch die Frage, ob und in welcher Höhe Vereinsmitglieder für ihren Einsatz eine Vergütung erhalten, ohne Belang. Die haupt- oder ehrenamtlich beschäftigten Rettungssanitäter sind jedenfalls bei ihrem Einsatz auf Krankenkraftwagen keine Tendenzträger, so dass ein etwaiges Mitbestimmungsrecht nach § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht ausscheidet.79 10.2.3. Zivildienstleistende Da die spätere hoheitliche Zuweisung von Zivildienstleistenden durch das Bundesamt für Zivildienst nur kraft freien Einverständnisses des Arbeitgebers möglich ist, wird dessen Antrag an das Bundesamt so behandelt wie die Abgabe eines verbindlichen Angebots an einen Stellenbewerber, das nur noch angenommen werden muss. Die entsprechende Antragstellung bedarf deshalb der Zustimmung des Betriebsrates.80 Dem Betriebsrat steht ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zu, wenn der Arbeitgeber beim Bundesamt für den Zivildienst – im Rahmen einer Auswahl unter mehreren Bewerbern um einen Zivildienstplatz – die Zuweisung bestimmter Zivildienstleistender beantragt. 81 10.2.4. Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung Vergleichbares müsste für Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung gelten. Analog zum BetrVG hat das Bundesverwaltungsgericht für das Personalvertretungsrecht allerdings entschieden, dass zwar die vorentscheidende Maßnahme der Schaffung gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit durch Bereitstellung und Benennung geeigneter Einsatzbereiche und dort anfallender Arbeiten seitens der Dienststelle mitbestimmungspflichtig ist, nicht jedoch die Heranziehung der einzelnen Hilfeempfänger durch das Sozialamt.82 Vor der Besetzung der Arbeitsgelegenheiten sind dem Betriebsrat die Ausschreibungen der ARGE (Arbeitsgemeinschaften der Agenturen für Arbeit und der Träger der Sozialhilfe) mit der Bewerbung des Arbeitgebers um die Maßnahme und die entsprechenden Verträge mit der ARGE zur Verfügung zu stellen, sobald diese vorliegen. Soweit die Arbeitslosen über eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft in einen Betrieb weiter gegeben werden, sind dem Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes die Kooperationsverträge und –unterlagen (Vereinbarungen gemäß § 17 Abs. 2 SGB II)

78 amtlicher Leitsatz zum Beschluss des BAG vom 12.11.2002 – 1 ABR 60/01 79 vgl. Beschluss des BAG vom 12.11.2002 – 1 ABR 60/01 80 Däubler/Kittner/Klebe: BetrVG, 9. Auflage, Bund-Verlag, zu § 99 Rn. 54; vgl. Urteil des BAG vom 19.06.2001 81 vgl. Beschluss des BAG vom 19.06.2001 – 1 ABR 25/00 82 Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.01.2000, Az.: 6 P 2.99

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zwischen der Gesellschaft und dem Betrieb auszuhändigen. Der Betriebsrat hat zu prüfen, ob die Arbeitsgelegenheiten

• im öffentlichen Interesse liegen, • im Sinne des § 261 Abs. 2 SGB III zusätzlicher Natur sind, • wettbewerbsneutral und • arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig sind.

Die Frage, ob der Einsatz dieser sog. Ein-Euro-Kräfte als „Einstellung“ der Zustimmung des Personalrats (analog des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG – d. Verf.) bedarf, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtssprechung bundesweit heftig umstritten.83 So haben in diesjährigen Beschlüssen der Hessische Verwaltungsgerichtshof Kassel und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz auf diese Frage völlig unterschiedlich geantwortet.84 10.2.5. Auszubildende Eine Beschäftigung zur Ausbildung unterliegt § 99 BetrVG unabhängig davon, in welchem Rechtsverhältnis die dafür aufgenommenen Personen zum Arbeitgeber stehen. Es können dies z.B. sein Anlernlinge, Praktikanten, Volontäre, Umschüler, Krankenpflegeschüler (Altenpflegeschüler – d. Verf.) oder Teilnehmer an firmeninternen Ausbildungsmaßnahmen. Voraussetzung ist, dass die Bewerber in den Betrieb eingegliedert werden und für die in Aussicht genommene Beschäftigung eine Ausbildung erhalten, ohne die die Beschäftigung nicht möglich wäre. Es ist dabei unerheblich, dass das der Ausbildung zugrunde liegende Rechtsverhältnis für beide Seiten insofern unverbindlich ist, als weder der Bewerber zur Beendigung der Ausbildung noch der Arbeitgeber zur Beschäftigung bei erfolgreicher Ausbildung verpflichtet ist. Unerheblich ist, dass die Ausbildung unentgeltlich erfolgt und für die Teilnahme an der Ausbildung kein Entgelt bezahlt werden soll. Diese Voraussetzung sieht das BAG als nicht gegeben an bei Schülerpraktikanten, die in erster Linie zur persönlichen Informationen, zur Erleichterung der Ausbildungs- und Berufswahl eingesetzt werden. Soweit Schülerpraktikanten jedoch über die Praktikums-Zweckbestimmung hinaus zur Arbeit herangezogen werden, ist dies nur unter Beteiligung des Betriebsrates möglich.85 10.2.6. Fremdfirmenarbeitnehmer Bei der geplanten Beschäftigung von Fremdpersonal hat der Betriebsrat zu prüfen, ob ein Eingliederungstatbestand gegeben ist oder nicht. Für eine mitbestimmungspflichtige Eingliederung und damit Einstellung im Betrieb spricht z.B., wenn das Fremdfirmenpersonal

• den Arbeitsanweisungen der Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten des Betriebs unterworfen ist,

• den konkreten Arbeitsort innerhalb der Betriebsorganisation vom Betrieb zugewiesen bekommt,

• in die Arbeitszeitregelungen, insbes. Schichtpläne, Rolliersysteme, Pausenregelung eingebunden ist,

83 Presseinformation des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes Kassel vom 22.06.2006 Nr. 12/2006 84 Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes Kassel vom 22.06.2006 – Az: 22 TL 2779/05 und des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 17.05.2006 – AZ: 5 K 291/05.MZ 85 Däubler/Kittner/Klebe: BetrVG, 9. Auflage, Bund-Verlag, zu § 99 Rn. 44

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• mit Material, Werkzeugen, Maschinen und sonstigen Arbeitsmitteln des Betriebs arbeitet,

• praktisch die gleichen Arbeiten verrichtet, wie das Eigenpersonal des Betriebes • stets wiederkehrende und regelmäßig auszuführende Wartungs- und

Reinigungsarbeiten ausführt, die von dem arbeitstechnischen Zweck des Betriebs nicht getrennt werden können und bei Produktionsstillstand außerhalb der Schichtzeiten stattfinden,

• verpflichtet ist, Arbeitsunfähigkeit dem Betrieb anzuzeigen. Auch das Fehlen eigener Produktionsmittel und eines spezifischen Know-hows der Fremdfirma oder Abrechnung auf Stundenbasis unter Zugrundelegung der im Betrieb einschlägigen Tarifverträge spricht für zustimmungspflichtige Eingliederung des Fremdpersonals. 10.2.7. (Schein)Selbständige und freie Mitarbeiter Die vorstehenden Kriterien gelten im Wesentlichen auch dann, wenn es sich bei der betriebsfremden Person um einen angeblich Selbständigen handelt. Bei freien Mitarbeitern setzt das Mitbestimmungsrecht gemäß § 99 ab dem Zeitpunkt ein, ab dem durch „Zuwachsen“ arbeitsvertraglicher Komponenten das freie Mitarbeiterverhältnis die Qualität eines Arbeitsvertrages erlangt.86 10.2.8. Leiharbeitnehmer Vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung ist der Betriebrat des Entleiherbetriebes nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Dabei hat der Entleiher dem Betriebsrat auch die schriftliche Erklärung des Verleihers nach § 12 Abs. 1 Satz 2 vorzulegen. Er ist ferner verpflichtet, Mitteilungen des Verleihers nach § 12 Abs. 2 unverzüglich dem Betriebsrat bekannt zu geben.87 Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass § 14 Abs. 3 AÜG entsprechende Anwendung findet auf die gewerbsmäßige oder nicht gewerbsmäßige und erlaubte oder unerlaubte (verdeckte) Arbeitnehmerüberlassung.88 Das Beteiligungsrecht des Betriebsrates besteht sowohl für die Frage, ob Leiharbeitnehmer eingestellt werden sollen, als auch für ihre Auswahl, falls diese dem Entleiher möglich ist, sowie bei Verlängerung der Entleihe und Austausch der Leiharbeitnehmer.89 Dem Betriebsrat sind folgende Daten über die Leiharbeitnehmer mitzuteilen:

• Anzahl der Leiharbeitnehmer(innen), • Qualifikation, • Einstellungstermin, • Einsatzdauer, • vorgesehene Arbeitsplätze, • vorgesehene Tätigkeit, • Arbeitszeit und

86 Däubler/Kittner/Klebe: BetrVG, 9. Auflage, Bund-Verlag, zu § 99 Rn. 50 87 § 14 Abs. 3 AÜG 88 vgl. BAG vom 28.09.1988 – 1 ABR 85/87 89 Fitting u.a.: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Handkommentar, 22. Auflage, Verlag Franz Vahlen, zu § 99 Rn. 54

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• Auswirkung auf die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer.90 Außerdem ist dem Betriebsrat der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Ent- und Verleiher auszuhändigen. In diesem Vertrag müssen alle Vereinbarungen niedergelegt sein bzw. im Wege der Auslegung zu erkennen sein. Leistung und Gegenleistung müssen klar aus der Urkunde hervorgehen. Er muss von beiden Vertragspartnern unterzeichnet sein. Schriftliche Vereinbarungen für den einzelnen Überlassungsfall, die auf einen ebenfalls schriftlich geschlossenen Rahmenvertrag Bezug nehmen, sind zulässig. Der Entleiher hat in der Urkunde anzugeben, welche besonderen Merkmale die für den Leiharbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist. Diese Angaben sind auch von Bedeutung, um die angemessene tarifliche Eingruppierung des Leiharbeitnehmers überprüfen zu können. Der Betriebsrat könnte z.B. die Zustimmung zur Einstellung verweigern, wenn

• die Einstellung gegen das AÜG verstößt, z.B. weil der Verleiher nicht über eine Erlaubnis der Agentur für Arbeit verfügt oder die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG nicht erfüllt sind,

• die zu besetzende Stelle – soweit sie nicht zuvor mit dem Betriebsrat als eine Stelle für Leiharbeitnehmer festgelegt wurde – zuvor nicht im Betrieb ausgeschrieben wurde, obwohl der Betriebsrat dies gemäß § 93 BetrVG verlangt hat,

• der/die betroffene Beschäftigte benachteiligt wird, weil sie/er z.B. mit dem offensichtlichen Ziel der Umgehung von Schutzrechten nach Ablauf der zweijährigen Frist des TzBfG über einen konzerneigenen Verleiher ihre/seine Tätigkeit an demselben Arbeitsplatz fortsetzt statt unbefristet übernommen zu werden,

• andere, konkret zu benennende Beschäftigte Nachteile erleiden, weil z.B. die Einstellung eines Leiharbeitnehmers höhere Kosten verursacht als eine Neueinstellung über den Arbeitsmarkt mit ggf. der Übernahme eines befristet Beschäftigten und daraus ein geringerer Einstellungsumfang mit entsprechend schlechteren Arbeitsbedingungen z.B. durch Arbeitsverdichtung folgt.

Soweit sich mit der Einstellung von Leiharbeitnehmern die bloßen Chancen von Stammarbeitnehmern des Entleihers auf eine Verlängerung des eigenen befristeten Arbeitsverhältnisses verringern sollten, liegt darin kein rechtlich bedeutsamer Nachteil.91 Zumindest im Fall nicht gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Übernahme eines Leiharbeitnehmers nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gleichstellungsgebot in § 9 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG verweigern. Darauf, ob dieses Gebot auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung Anwendung findet, kommt es nicht an.92 Es ist jedoch bereits strittig, ob das Gleichstellungsgebot nicht ohnehin nur für gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung gilt. Selbst dann, wenn es auch auf nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung anwendbar sein sollte, berechtigt eine Verletzung dieses Gebots nicht, der Übernahme eines Leiharbeitnehmers die Zustimmung

90 DGB: Ratgeber Zeitarbeit – Handlungshilfe für Betriebs- und Personalräte, Oktober 2003; Fitting u.a.: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Handkommentar, 22. Auflage, Verlag Franz Vahlen zu § 99 Rn. 153 91 BAG 25. Januar 2005 – 1 ABR 61/03 92 2. Leitsatz zum Beschluss des BAG vom 25.01.2005 – 1 ABR 61/03

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zu versagen.93 Denn es genügt nicht, dass einzelne Vertragsbedingungen rechtswidrig sind. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen ist kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle.94 Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist bei Einstellungen lediglich dann gegeben, wenn der Zweck der Verbotsnorm nur dadurch erreicht werden kann, dass die Einstellung insgesamt unterbleibt.95 Auch aus der in § 9 Nr. 2 AÜG angeordneten Unwirksamkeit einer das Gleichstellungsgebot missachtenden Vereinbarung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer folgt kein gesetzliches Beschäftigungsverbot. Das mit dem Gleichstellungsgebot verbundene gesetzliche Ziel verlangt nicht danach, dass im Verletzungsfall eine Beschäftigung des Leiharbeitnehmers ganz unterbleibt. Dementsprechend könnte der Betriebsrat zur Sicherstellung der Gleichbehandlung sein Verweigerungsrecht nur in Bezug auf die Eingruppierung wahrnehmen. Ansonsten muss der/die betroffene Beschäftigte im Rahmen einer Individualklage vor dem Arbeitsgericht gegen die Ungleichbehandlung vorgehen.96

93 BAG 25. Januar 2005 – 1 ABR 61/03 94 BAG 12. November 2002 – 1 ABR 1/02; BAG 28. März 2000 – 1 ABR 16/99 95 BAG 28. Juni 1994 – 1 ABR 59/93 96 vgl. BAG 25. Januar 2005 – 1 ABR 61/03