münsingen pressesurf jan. 2014 - glp-net.ch · pdf filebald so gut, dass die ... adrian...
TRANSCRIPT
Münsingen PRESSESURF Jan. 2014
Wichtige Meldungen aus der lokalen und weiteren Presse, welche für unsere Meinungsbildung nützlich sein können.
Die Energie- und Verkehrswende gibt es nur im Duo Jürg Grossen 08.01.2014
Bei Bundesrätin Doris Leuthard fällt der wachsende Widerspruch zwischen Energie- und Verkehrspolitik auf. Während sie sich wegen des
Atomausstiegs zu Recht als grüne Hoffnungsträgerin präsentieren durfte, geht ihr Engagement in der Verkehrspolitik nicht weit genug. Die
Energiewende bleibt ohne Reduktion des CO2-Ausstosses im Verkehr ein unvollständiges Stückwerk, wie der «Bund» am 24. Dezember richtig
schrieb.
Der neue Verlagerungsbericht zeigt diesen Gegensatz in aller Deutlichkeit. Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass man sich gegen die Last-
wagenflut durch die Alpen nicht stärker wehren könne. Die Motivation, etwas für die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene zu tun,
scheint verflogen: Der Bundesrat liegt wie ein Käfer auf dem Rücken und jammert, anstatt sich mit griffigen Massnahmen wieder auf die Beine
zu helfen. Schlimmer noch: Leuthard als zuständige Bundesrätin zieht es vor, das Verlagerungsziel infrage zu stellen. Neue Lastwagen seien
bald so gut, dass die Bevölkerung in den Alpen nicht mehr lang auf «grenzwertig saubere Luft» warten müsse. Statistiken zeigen jedoch, dass
Lastwagen alles andere als «sauber» sind. In Europa sind sie für ein Viertel der CO2-Emissionen des Verkehrs verantwortlich – Tendenz stei-
gend. Die Motoren der Lastwagen sind in den letzten 25 Jahren nicht effizienter geworden. Neue Filter haben zwar eine Senkung der Stickstoff-
und Feinstaubemissionen erlaubt, aber gleichzeitig die Effizienz verschlechtert. Parallel dazu hat sich der Transitverkehr verdoppelt, und die
Prognosen zeigen europaweit nach oben.
Die zweite Röhre am Gotthard wäre die bequemste Antwort auf diese Entwicklung. Der Bundesrat soll aber nicht den einfachsten, sondern den
vom Volk beschlossenen Weg einschlagen – und der heisst Verlagerung. Das ist nicht nur wichtig, um die Alpen vor Feinstaub und Schwefel-
oxiden zu schützen, es geht auch darum, die steigenden CO2-Emissionen des Schwerverkehrs zu senken. Denn ohne Verkehrs- gibt es auch
keine Energiewende.
* Jürg Grossen (GLP) ist Nationalrat und Mitglied der Verkehrskommission.
Firmen fördern Ökopendeln kaum – trotz Hilfe des Bundes
Von Stefan Häne. Aktualisiert am 24.12.2013
Firmen sollen ihre Mitarbeiter dazu bringen, umweltfreundlich zu pendeln. So wünscht es sich der Bund. Doch sein Förderprogramm
bleibt hinter den Erwartungen zurück. Gleichwohl will er es fortsetzen.
Im Kampf gegen verstopfte Strassen und brechend volle Züge kommt ihnen eine Schlüsselrolle zu: Die rund 320'000 Unternehmen in der
Schweiz können das Pendlerverhalten ihrer Mitarbeiter beeinflussen. Etwa indem sie ihnen einen Beitrag ans ÖV-Abo zahlen, gestaffelte Arbeitszeiten einführen oder die Zahl der Parkplätze auf dem Firmengelände reduzieren. Das Zauberwort heisst: Mobilitätsmanagement.
Der Bund hat aus energie- und klimapolitischen Gründen ein Interesse daran, dass es möglichst viele Firmen nicht dem Zufall überlassen, wie
ihre Belegschaft zur Arbeit und wieder nach Hause gelangt. Ein Drittel des Energieverbrauchs und 40 Prozent des C02-Ausstosses gehen
hierzulande auf das Konto des Verkehrs. Ohne substanzielle Reduktion in diesem Bereich wird die von Bundesrat und Parlament angestrebte
Energiewende Stückwerk bleiben.
So weit soll es jedoch nicht kommen. Seit zehn Jahren versucht das Bundesamt für Energie (BFE), dem Ziel mit Fördergeldern
näherzukommen. Doch der Durchbruch ist bis dato nicht geschafft. Das zeigt ein von externen Experten verfasster Bericht über das BFE-
Programm «Mobilitätsmanagement im Unternehmen», das nach fünfjähriger Laufzeit dieses Jahr geendet hat. Angemeldet haben sich bloss 234
Firmen. Und nur 136 davon haben in der Folge Massnahmen tatsächlich erarbeitet und umgesetzt. Zwar zweifelt gemäss Bericht kaum ein
Unternehmer am Sinn eines nachhaltigen Mobilitätsmanagements, doch «schreckt der damit verbundene Aufwand offenbar gerade kleinere Firmen ab».
Weniger C02 gespart als erwartet
Auch klimapolitisch erfüllt das Projekt die Erwartungen nicht. So konnten die Firmen ihren C02-Ausstoss nur leicht senken, von 596 auf 546
Tonnen pro Jahr und Betrieb (–8 Prozent). Das BFE möchte gleichwohl nicht von einem Misserfolg sprechen. Projektleiter Hermann Scherrer
sagt, man habe sich nur eine leicht grössere Abnahme erhofft – um 10 bis 15 Prozent. Der Bericht geht jedoch mit Verweis auf
Prognoserechnungen aus dem Jahr 2009 von einer durchschnittlichen Einsparung von 330 Tonnen pro Jahr und Betrieb aus, was die tatsächlich
erzielte Reduktion (50 Tonnen) um fast den Faktor 7 übertrifft. Diese markante Differenz begründet das BFE unter anderem damit, dass man bei der besagten Prognose von durchschnittlich grösseren Firmen ausgegangen sei, und diese könnten im Verhältnis mehr CO2 einsparen als kleine.
Scherrer verweist zudem auf eine grundsätzliche Schwierigkeit: «Es braucht Zeit, bis alle Massnahmen greifen.» Die Unternehmen würden in
der Regel zuerst umsetzen, was sich einfach verwirklichen lasse, sagt er und nennt als Beispiel verstärkte Bemühungen, die Mitarbeiter zu
sensibilisieren oder Veloständer aufzustellen. Erst in einer späteren Phase kämen wirkungsvolle Massnahmen. Dazu gehöre etwa, in der
Belegschaft Fahrgemeinschaften zu organisieren. Laut Scherrer fällt die Bilanz auch deshalb besser aus als auf dem Papier, weil sich ein Teil der
Umweltwirkung nicht beziffern lasse, etwa gesundheitliche Aspekte oder der verringerte Bodenverbrauch, den ein ÖV-Pendler gegenüber einem Autofahrer habe.
Das Programm hat den Bund rund 1 Million Franken gekostet. Davon gingen zwei Drittel an insgesamt 39 Städte und Gemeinden, darunter
Zürich und Bern. Sie wurden finanziell entschädigt, wenn es ihnen gelang, Unternehmen für das Programm zu gewinnen. 1000 Franken erhielten
sie, wenn eine Firma eine Bestandesaufnahme erstellte. Wenn das Unternehmen einen Massnahmenplan erarbeitete und diesen umsetzte, kamen
3000 Franken dazu. Nochmals 1000 Franken gab es für die Analyse nach erfolgter Umsetzung der Massnahmen. Die Städte und Gemeinden
konnten selber entscheiden, ob sie das Geld zum Beispiel für externe Berater ausgaben oder direkt den Unternehmen für die Umsetzung der Massnahmen zukommen liessen.
Kritik an Bürokratie
Der Stadt Bern etwa gelang es, fünf Unternehmen zur Teilnahme zu bewegen. Adrian Stiefel, Leiter des Amts für Umweltschutz, wertet dies als
Erfolg: «Wir konnten immerhin 5500 Mitarbeiter erreichen, wovon ein Teil nun umweltverträglicher zur Arbeit pendelt.» So habe beispielsweise
ein Unternehmen eine bessere ÖV-Erschliessung seines Standorts erreicht.
Der Rest der Programmgelder – etwa 300'000 Franken – floss in die Erarbeitung von Hilfsmitteln, in Schulungen und in die Administration. Bei
den Firmen hat dies gemäss Bericht «grosse Kritik» hervorgerufen, den administrativen Aufwand taxieren sie als «klar zu hoch». Bedenken
äussert auch SVP-Nationalrat Jean-François Rime, der den Schweizerischen Gewerbeverband präsidiert. Die staatlichen Fördermassnahmen hält
er nicht nur für teuer, sondern auch für wenig effektiv. Es sei eine Illusion zu glauben, die Firmen könnten das Mobilitätsverhalten ihrer
Belegschaft mit etwas gutem Willen steuern, sagt Rime. In seinem Betrieb etwa, einem Sägewerk, seien flexible Arbeitszeiten schlicht nicht
möglich. Auch brauche es genügend Parkplätze. Das Bundesamt für Energie will das Programm gleichwohl weiterführen. Zu welchem Preis, ist
noch unklar. Im Mai 2014 wird das Amt eine modifizierte Variante lancieren, wie BFE-Experte Scherrer sagt. Ziel sei es unter anderem, den administrativen Aufwand zu verkleinern und so mehr Firmen zu gewinnen.
Grüne wollen Fracking im Kanton Bern verbieten
Aktualisiert am 22.11.2013
Die bernischen Grünen haben am Freitagmorgen eine Initiative zum Verbot von Fracking im Kanton Bern lanciert. Unterstützt wird die
Initiative von Pro Natura und der EVP.
In den USA habe Fracking (Bild) zu verheerenden Folgen für die Umwelt geführt, so die Initianten von «Stopp Fracking».
Im Kanton Bern soll die Förderung von Erdgas mit der umstrittenen Fracking-Methode vorsorglich verboten werden. Das ist das Ziel einer am Freitag präsentierten Initiative der Grünen. Auch die Umweltorganisation Pro Natura und die EVP wollen Unterschriften sammeln.
Fracking habe eine gefährliche Preisspirale in Gang gesetzt, vergifte Boden und Wasser, belaste das Klima und produziere gefährliche Abfälle,
sagte die Grünen-Geschäftsführerin Regula Tschanz vor den Medien. Die in den USA boomende Fördermethode sei aber nicht nur
umweltschädlich, ergänzte Nationalrätin Aline Trede. Sie gefährde auch die Energiewende. «Wir sollten keine weiteren Investitionen in endliche
Ressourcen stecken, sondern den erneuerbaren Weg konsequent einschlagen.» So sieht es auch Grossrat Urs Muntwyler. Das Ziel müsse ja der
Ersatz der fossilen Energien sein. Dazu brauche es die konsequente Förderung von energiesparenden Häusern, aber auch von Hybrid- und
Elektroautos. Der Kurswechsel in der Energiepolitik dürfe nicht zum Freipass für jeden energetisch ausgeheckten Unsinn werden, mahnte die bernische Pro-Natura-Präsidentin Verena Wagner. Die EVP war an der Medienkonferenz nicht vertreten.
Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in tief liegendes Schiefergestein gepresst. So kann Gas gewonnen werden,
das vorher unzugänglich war. Die verheerenden Folgen der Abbaumethode sind nach Ansicht der Grünen in den USA bereits sichtbar. Sie wollen deshalb verhindern, dass die umstrittene Fördermethode im Kanton Bern jemals angewandt wird.
Gas-Suche im Kanton Bern
Wo im Bernbiet überhaupt Gasvorkommen genutzt werden könnten, ist wieder eine andere Frage. Die Suche nach Erdgas läuft seit vielen
Jahren. So darf die Schweizer Firma SEAG zurzeit nördlich von Thun und im Zulgtal nach Erdgas suchen. Eine Schürfbewilligung hat sie auch
für den Raum Seeland/Frienisberg. Eine Probebohrung in Hermrigen kam bisher aus technischen Gründen nicht zustande. Ein drittes
Schürfgebiet gibt es im Berner Jura; dort ist die britische Firma Celtique Energie am Zug. Wer eine kantonale Schürfbewilligung hat, darf Tests
an der Oberfläche durchführen. Verlaufen diese vielversprechend, kann das Unternehmen eine Probebohrung beantragen. Der dritte Schritt wäre die Förderung. Dafür wiederum ist eine Konzession nötig.
Eigentlich möchte die Grüne Partei Schweiz ein nationales Fracking-Verbot. Doch der Bund hat dafür keine Rechtsgrundlage: Der Abbau von
Bodenschätzen ist Sache der Kantone. Dementsprechend bemühen sich Grüne und Umweltschützer um kantonale Verbote, wie Nationalrätin
Trede sagte. So erwägen die Neuenburger Grünen eine Initiative, um ein Projekt für Probebohrungen in Noiraigue zu verhindern. Die Genfer
Grünen brachten eine Motion gegen Fracking durch. In der Waadt besteht ein Moratorium der unkonventionellen Förderung von fossilen Energien. In der Bodensee-Region kämpfen St. Galler Grüne laut Trede zusammen mit Deutschen und Österreichern gegen Fracking-Pläne.
Zwei Initiativen am Start
Die bernischen Grünen ziehen derweil mit zwei Initiativen in die kommenden Wahlen. Bereits am Dienstag hatten sie die Kulturland-Initiative
präsentiert, für die sie mit der Bauernorganisation Lobag und der BDP zusammenspannen. Für beide Volksbegehren müssen nun 15'000
Unterschriften innert sechs Monaten gesammelt werden. Das bedeute viel Arbeit, räumte die Grünen-Geschäftsführerin Tschanz ein. Die beiden
Begehren ergänzten sich aber gut, und sie helfen nach Überzeugung der Grünen dabei, die Partei im Wahlkampf zu positionieren.
Bundesamt für Umwelt erzeugt zu viel CO2
Von Titus Plattner, Julian Schmidli und Oliver Zihlmann. Aktualisiert am 22.12.2013
Die Flugreisen der Beamten im Bafu haben seit 2006 um 40 Prozent zugenommen. Aus eigener Kraft erreichen sie die Ziele der Regierung
nicht. Der oberste Umweltschützer der Schweiz ist in den letzten Jahren so viel geflogen, dass er es damit bis zum Mond geschafft hätte. 397'000
Flugkilometer absolvierte Bruno Oberle, Chef des Bundesamtes für Umwelt (Bafu), allein von 2010 bis 2012. Das zeigt die Reisedatenbank des
Bundes, die die «SonntagsZeitung» veröffentlicht hat. 2010 bereiste Oberle Destinationen wie Madrid, Bali, Bilbao, Montevideo in Uruguay,
Kopenhagen, dreimal Brüssel, Nairobi, New York, Tokio, Peking und Cancún in Mexiko. 2011 standen elf Ziele auf dem Programm, unter
anderem Nairobi, Johannesburg und Tselinograd in der kasachischen Steppe. 2012 folgten 21 weitere Destinationen von Rio bis Hyderabad in
Indien. Oberles Bilanz: 184 Reisetage, Kosten von 165'000 Franken, CO2-Verbrauch von 75 Tonnen. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher
Schweizer verbraucht innerhalb eines Jahres 7 Tonnen CO2. Zur Frage, ob er nicht selber etwas erschrocken sei, als er seine beachtliche Reiseliste sah, sagt der Bafu-Chef: «Im Gegenteil, ich war zufrieden, festzustellen, wie wenig Flüge es sind und wie fokussiert sie waren.»
Im Aussendepartement ist der Trend genau umgekehrt
In seinem Umweltbericht letzten September zeigte sich das Bafu jedoch nicht so zufrieden mit dem Reisefieber der eigenen Beamten – denn die
Umweltschützer sitzen immer länger im Flieger. Noch im Jahr 2006 flogen Bafu-Angestellte im Schnitt 3608 Kilometer. 2012 waren es bereits
5080 – ein Zuwachs von 40 Prozent. Zum Vergleich: Dem Aussendepartement EDA gelang es seit 2010, die Zahl der Flugkilometer pro
Mitarbeiter um fast 40 Prozent zu reduzieren. In der ganzen Verwaltung gingen die Flugkilometer seit 2006 um 7 Prozent zurück. «Die Höhe der
Flugreisekilometer pro Vollzeitstelle ist sehr stark abhängig davon, in welchem Jahr welche internationalen Umweltkonferenzen mit
Engagement des Bafu in welchen Ländern stattfinden», erklärt das Amt. Gerade die letzten Jahre seien deshalb sehr reiseintensiv gewesen. ETH-
Umweltexperte und Nationalrat Bastien Girod gibt sich hingegen kritisch: «Der Bedarf an internationaler Koordination im Bereich Umwelt ist
sicher nicht um 40 Prozent gestiegen in den letzten vier Jahren.» Grundsätzlich sei es sinnvoll, wenn das Bafu an internationalen Konferenzen
teilnehme. «Fliegen selber ist aber auch ein zunehmendes Klimaproblem, es ist der am stärksten wachsende Beitrag zur Klimaerwärmung», sagt
Girod. Der Nationalrat der Grünen schlägt vor, dass das Bafu vermehrt Alternativen zum Fliegen fördere, zum Beispiel Videokonferenzen. Die
vielen Flugreisen haben dem Bafu inzwischen ein handfestes Problem beschert: Ausgerechnet das Umweltamt kann als eine der wenigen Stellen
in der gesamten Verwaltung die CO2-Ziele des Bundes nicht aus eigener Kraft einhalten. Im sogenannten Programm Rumba verpflichtete die
Regierung ihre Departemente und Bundesämter, den CO2Ausstoss pro Mitarbeiter von 2006 bis 2016 um 10 Prozent zu reduzieren. Ende
Oktober verkündete der Bundesrat in einer Zwischenbilanz, die Verwaltungseinheiten hätten als Ganzes das Ziel bereits übertroffen und bis
letztes Jahr 17,6 Prozent CO2 pro Vollzeitstelle eingespart – und zwar ohne CO2-Kompensationen auf dem Markt zu kaufen. Praktisch alle Stellen meldeten positive Resultate. Nicht jedoch die Umweltbeamten vom Bafu.
Allein die Flüge kosten eine Viertelmillion Franken
Um auf Kurs für die verbindlichen Sparziele zu sein, müsste das Bafu von 2006 bis 2012 wenigstens 6 Prozent CO2 pro Mitarbeiter eingespart
haben. Es hat aber nur 3,4 Prozent geschafft, also kaum mehr als die Hälfte. Für die Periode 2006 bis 2011 verzeichneten die Bafu-Angestellten
sogar einen Zuwachs an CO2-Ausstoss von 14 Prozent. Das Amt betont, man habe zusätzlich CO2-Kompensationen gekauft und so alle Ziele des
Bundes erreicht. Dafür verwendeten sie jedoch Steuergelder, und der Zeit- und Ressourcenverbrauch der Reisen verschwindet damit nicht. Vor
allem aber steht die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Der Bundesrat schreibt, eines der Ziele des CO2-Reduktions-Programmes sei, dass man «im
Umweltbereich eine Vorbildfunktion übernehmen kann». Dass es nicht gut aussieht, wenn ausgerechnet die Umweltbeamten zu viel
CO2verbrauchen, hat wohl auch das Bafu erkannt. In seinem Umweltbericht schreibt das Amt, man wolle nun «alles daran setzen», dass die
Umweltbelastung nicht erneut ansteige. Ein Blick in die Reisedatenbank weckt in der Tat Zweifel, ob das Bafu seinen steigenden CO2-Bedarf im
Griff hat. Am UNO-Nachhaltigkeitsgipfel in Rio 2012 leitete Amts-Chef Oberle etwa eine Delegation von 18 Personen. Inklusive
Vorbereitungskonferenz in New York beliefen sich allein die Flugkosten auf mindestens eine Viertelmillion Franken. Nachdenklich stimmt auch
eine Flugreise von zwei Bafu-Mitarbeitern vom 2. bis zum 5. März 2010 zu einem «technischen Workshop» der Klimakonvention mit dem Titel
«Collaboration among regional centres and networks». Die beiden Umweltbeamten flogen dafür jeweils 32'000 Kilometer weit. Der Workshop fand in Apia statt, der Hauptstadt des Pazifikatolls Samoa – auf halbem Weg zwischen Hawaii und Australien.
Neue Zürcher Zeitung
Sololäufe und Koordination bei der Suche im Untergrund 8. Januar 2014
Eidgenössische Kommission für Geologie kritisiert erste kantonale Verbote der Gasförderung – neuer Gesetzesentwurf in der
Nordostschweiz
Die Nordostschweizer Kantone haben sich auf einen Entwurf für neue Gesetze zur Nutzung des Untergrunds geeinigt. Experten verlangen mehr
Koordination, gerade auch mit Blick auf das umstrittene Fracking zur Förderung von Gas.
Davide Scruzzi
Der einzige in der Schweiz kommerziell genutzte Gasfund im luzernischen Finsterwald wurde aufgrund der geringen Mengen lange als
Bestätigung der Regel betrachtet, wonach es unserem Land an natürlichen Rohstoffen fehle. Nun mehren sich die Gesuche um die Nutzung des
Untergrunds (siehe Zusatztext). Darauf reagieren die Kantone. Die Nordostschweizer Kantone vergaben die Rechte für die Suche nach Erdöl und
Gas einst einem einzigen Unternehmen, der von der Industriellenfamilie Schmidheiny mitbegründeten Firma Seag. Jenes Konkordat wurde 2013
aufgelöst. Kurz vor Weihnachten teilten die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Glarus, St. Gallen, Schaffhausen,
Schwyz, Thurgau, Zug und Zürich die Ausarbeitung eines neuen Mustergesetzes mit. Seit Montag ist es einsehbar. Es betrifft auch die Geothermie.
Umstrittene Fördermethode
Erst im Rahmen der kantonalen Gesetzgebungsprozesse soll sich in den nächsten Jahren zeigen, ob es auch zu einzelnen Verboten der Fracking-
Methode für die Gasförderung kommt. Beim Fracking werden die Gesteinsschichten durch Druck und Chemikalien durchlässig gemacht, so dass
Gas auch aus Zonen gefördert werden kann, die bisher nicht genutzt werden konnten. In den Kantonen Waadt und Freiburg wurde wegen
ökologischer Bedenken bereits ein Verbot dazu beschlossen. Andere Kantone, etwa Bern und Aargau, äusserten sich zwar vorsichtig, wollen
aber noch auf ein Verbot verzichten. Ein Verbot fordern die Grünen. Franz Schenker, Präsident der Eidgenössischen Geologischen
Fachkommission (EGK), kritisiert grundsätzlich kantonale Sololäufe bei der umstrittenen Einzelfrage des Frackings. Die EGK werde dazu in
den nächsten Monaten Empfehlungen erarbeiten. Angesichts der Grösse der Explorationsgebiete sei ein gesamtschweizerisches Vorgehen
sinnvoll. Schenker will den Kommissionsentscheid nicht vorwegnehmen, macht aber kein Hehl daraus, dass er als Geologe das Fracking – unter
Einhaltung von Sicherheitsauflagen – als sinnvoll erachtet. Das umstrittene Aufbrechen der Gesteine erfolge in grosser Tiefe. Die ökologischen
Risiken ortet Schenker bei den Bohrlöchern indes an der Oberfläche, unabhängig von der Fracking-Methode. Dabei gelte es, das Auslaufen von
Chemikalien zu verhindern und das Bohrloch gut abzudichten. Offen ist für Schenker aber, ob es sich angesichts der tiefen Erdgaspreise so bald
lohnen wird, in der Schweiz Erdgas zu fördern.
Das Thema hat bereits internationale Dimensionen. So gibt es Fracking-Pläne für das deutsche Bodenseegebiet. Die Ostschweizer Kantone
befürchten eine Gefährdung des Sees als Trinkwasserspeicher. Auch Baden-Württemberg äusserte sich gegen ein Fracking, erlaubte aber einer britischen Firma erste Abklärungen dazu.
Verfahren definiert
Ursprünglich wurde gewünscht, dass die Kantone und die EGK einen Austausch über die Ausformulierung der Gesetze pflegen. Dazu ist es nun
im Fall der Nordostschweiz kaum gekommen. Die Autoren des Gesetzesentwurfs hätten aber Vorlagen im Aargau und im Kanton Luzern
beachtet, die 2013 beschlossen worden seien, heisst es. – Die einstige Konzessionierung an ein einzelnes Unternehmen würde dem heutigen
Binnenmarktgesetz nicht entsprechen, für Bodenschätze sei nun eine öffentliche Ausschreibung nötig, sagt Andreas Kapp, zuständiger Jurist von
der Zürcher Baudirektion, zum Mustergesetz. Dieses sieht eine Aufspaltung der Bewilligung von Sondierbohrungen und der Konzession für die Nutzung von Bodenschätzen oder der Erdwärme vor.
Trotz dieser Zweiteilung soll aber der «Explorand» bei der Konzessionierung bevorzugt werden. Bei der Geothermie sind gemäss Mustergesetz
nur Anlagen ab einer Tiefe von 500 Metern oder einer Leistung von mehr als 100 Kilowatt von den neuen Vergabeverfahren und Bestimmungen
erfasst. Für die zahlreichen Erdsonden im Gebäudebereich ändert sich also nichts. Anders als bei den eigentlichen Bodenschätzen ist die
Nutzung der Erdwärme nicht gesetzlich definierte kantonale Hoheit, sondern könnte mit dem auf Bundesebene regulierten Eigentumsrecht der
einzelnen Grundstückeigentümer in Widerspruch geraten. Diesbezüglich seien Gerichtsverfahren denkbar, erklärt Kapp. Im Mustergesetz sind auch Ansätze für Entschädigungen an den jeweiligen Kanton aufgeführt.
Von der neuen Gesetzgebung ausdrücklich nicht tangiert wird die durch den Bund geregelte Tiefenlagerung nuklearer Abfälle, wohl aber die unterirdische Lagerung von Gas.
Die Kantone regulieren den Untergrund, die Linke will Verbote
Die Nordostschweizer Kantone haben sich auf einen Gesetzesentwurf zur Nutzung des Untergrunds geeinigt. Der Gewinn aus dem Papier ist
offen. Die genauen Perspektiven der Gassuche wie auch der energetischen Nutzung der Erdwärme lassen sich schwer abschätzen. Die
handfesten unternehmerischen Projekte für die Gasexploration machen aber Regulierungen nötig, die einerseits die neuen Interessen
marktwirtschaftlich fair berücksichtigen und andererseits dem Staat ein Mitverdienen am eigenen Untergrund ermöglichen. Sollten Geothermie
oder Erdgassuche Erfolge zeitigen, wird der Gesetzgeber weiter gefordert sein. Bei der Nutzung dieser Ressourcen sind neue ökologische Fragen
zu beantworten und auch versicherungstechnische Abklärungen nötig – das Erdbeben um die St. Galler Geothermiebohrung lieferte 2013 ein
praktisches Beispiel dafür.
Doch bereits hat dieses neue geologische Interesse seine politische Unschuld verloren. Nach dem Erdbeben in St. Gallen meldete sich etwa eine
Gruppierung aus dem thurgauischen Etzwilen organisiert zu Wort, wo ebenfalls ein Geothermie-Kraftwerk geplant ist. Befürchtet werden
Grundwasserverschmutzungen und Erdbeben. Während bei der Geothermie die Hoffnung auf die Energiewende eine Fundamentalopposition
von links verhindert, klappt beim sogenannten Fracking die rot-grüne Bewirtschaftung von Technikfeindlichkeit und Unsicherheiten bereits wie
am Schnürchen. Noch bevor klar ist, ob hierzulande jemals ein Kubikmeter Gas mit der ökologisch umstrittenen Fracking-Methode rentabel
gefördert werden kann, verlangen rot-grüne Parteien auf kantonaler und eidgenössischer Ebene ein Verbot ebendieses Frackings. Weil das
Aufbrechen von Gesteinsschichten mithilfe von Chemikalien auch bei Varianten der Geothermie ansteht und Fortschritte bei den angewandten Methoden absehbar sind, ist eine strenge ökologische Überprüfung einzelner künftiger Projekte besser als ein allgemeines Verbot.
Der Untergrund gewinnt mit dem Atomausstieg an Bedeutung. Neben der Nutzung von Gas und Erdwärme geht es auch um die Speicherung
von Gas zur Versorgungssicherheit oder um die Ablagerung von CO2 aus Gaskraftwerken. Vielleicht sind all dies Träume – wie die meisten
bisherigen helvetischen Explorationen nach Öl und Gas. Der Staat soll diese Goldgräberstimmung aber nicht a priori unterbinden, sondern mit Weitsicht koordiniert regulieren.
Kantonalzürcher Abstimmung vom 9. Februar
Energiewende mit Zwangsmassnahmen?
Hausbesitzer sollen gezwungen werden können, erneuerbare Energien zu nutzen. So hat es der Kantonsrat beschlossen. Die
Bürgerlichen wehren sich gegen den staatlichen «Ökozwang». Befürworter sehen damit die Gemeindeautonomie gestärkt.
rib. Am Anfang stand eine parlamentarische Initiative. Grüne, SP und EVP verlangten darin, Gemeinden sollten in geeigneten Gebieten Zonen
schaffen können, in denen Hauseigentümer verpflichtet wären, bei Neubauten und grösseren Umbauprojekten Solaranlagen zu installieren. Der
Regierungsrat lehnte den Vorstoss aus praktischen gesetzgeberischen Gründen ab, arbeitete aber einen Gegenvorschlag aus, der den
wesentlichen Punkt aufnahm. Er schlug vor, im Planungs- und Baugesetz (PBG) zu verankern, dass Gemeinden das Recht haben sollten, in ihren
Bauordnungen für bestimmte Zonen Festlegungen zur Energienutzung zu erlassen. Die Bestimmung sollte sich aber nicht nur auf Solarenergie
beziehen, sondern alle erneuerbaren Energien umfassen. Diesem Gegenvorschlag stimmte der Kantonsrat im vergangenen Frühling zu. Am 9. Februar haben die Stimmberechtigten das letzte Wort.
Im Kantonsrat fiel der Entscheid mit 89 zu 84 Stimmen knapp aus. SP, Grüne und Grünliberale stimmten dafür und erreichten dank
Schützenhilfe der CVP die Mehrheit. Auch im Parlament war unbestritten, dass die Nutzung erneuerbarer Energien an Bedeutung gewonnen hat
– und dass sie weiter an Bedeutung gewinnen muss, wenn die Energiewende Realität werden soll. Doch ob Zwangsmassnahmen der richtige
Weg sind, um bestimmte Energieträger zu fördern, darüber gingen die Meinungen auseinander. SVP, FDP, BDP und EDU stemmten sich gegen
einen von Staates wegen verordneten «Ökozwang». Und dass ausgerechnet eine bürgerlich dominierte Regierung eine derart unliberale Regelung vorschlage, sei ein ordnungspolitischer Sündenfall erster Ordnung, sagte ein FDP-Votant.
Aus «Kann» wird Zwang
Der Vorschlag der Regierung gehe noch über das hinaus, was die Initianten gefordert hatten, monierten die Bürgerlichen. Er weite die
Kompetenzen der Gemeinden massiv aus und schaffe einen Zwang zur Nutzung von erneuerbaren Energien. Dass die neue Kompetenz im
Gesetz nur als «Kann»-Formulierung erscheint, ist aus Sicht der bürgerlich-liberalen Stimmen nicht entscheidend. Denn wenn eine Gemeinde
sich dazu entschliesse, das Recht zu nutzen, dann habe zwar die Bevölkerung das letzte Wort. Doch wenn diese Ja sage, sei die Bestimmung am Ende trotz allem verbindlich vorgeschrieben.
Das dürfe nicht sein, argumentieren die bürgerlichen Parteien, die das Gesetz nun per Referendum an die Urne bringen. Verbindliche
Vorschriften über die Art der Energienutzung widersprächen nicht nur einem liberalen Staatsverständnis, sondern gefährdeten die
Eigentumsfreiheit. Abgesehen davon, dass Zwangsmassnahmen ein schlechtes Mittel seien, um energiepolitische Forderungen durchzusetzen,
sehen Bürgerliche ein weiteres Problem: Jedes Bemühen um einheitliche Energievorschriften wäre zunichtegemacht, wenn von Gemeinde zu Gemeinde verschiedene Regelungen bestehen würden.
«Freiwilligkeit genügt nicht»
Für die Befürworter ist genau das eine Stärke der neuen Regelung. Sie gebe den Gemeinden mehr Kompetenzen und damit Spielraum für eine
eigenständige Energiepolitik. Allein mit Freiwilligkeit seien die Forderungen der Energiewende kaum zu erreichen. Dass von Gemeinde zu
Gemeinde verschiedene Vorschriften gelten würden, ist aus Sicht der Befürworter kein Mangel, sondern gelebte Gemeindeautonomie. Zudem
weisen sie darauf hin, dass die Möglichkeiten der Gemeinden nicht unbegrenzt wären. Sie könnten den bei Neubauten bereits heute vorgeschriebenen Anteil erneuerbarer Energien von 20 Prozent erhöhen. Das aber sei kein unverhältnismässiger Eingriff ins Privateigentum.
Auch das Argument, die Umsetzung der Vorlage könnte die Mietpreise stark erhöhen, lassen die Befürworter nicht gelten. Von der Bestimmung
wären nur umfassende Gesamtrenovationen sowie An- und Neubauten betroffen. Normale Umbauten würden nicht erfasst. Zudem liege die
Umsetzung in den Händen der Gemeindebehörden. Sie hätten die Regeln zu erlassen, nach denen das neue Mittel eingesetzt werde – und sie
müssten gewährleisten, dass diese angemessen seien.
«Gebirgskantone forderten nie einen Atomausstieg»
Kurt Marti / 09. Jan 2014 - Die Atomkraftwerke konkurrenzieren die Wasserkraft. Doch einen raschen Atomausstieg wollen die
Gebirgskantone nicht.
Letzte Woche schlugen die Bündner Konzessionsgemeinden Alarm: Weil im Ausland die Stromproduktion subventioniert werde, verlangten sie
ebenfalls Subventionen für den Bau grosser Wasserkraftwerke, insbesondere für das Pumpspeicherwerk Lago Bianco des Bündner
Stromkonzerns Repower, der zu 92 Prozent der öffentlichen Hand gehört (58.3 % Kanton Graubünden, 33.7 % Axpo/Nordostschweizer
Kantone). Das Projekt Lago Bianco wurde kürzlich auf Eis gelegt und deshalb bangen die Gemeinden nun um die fiktiven Einnahmen, die sie
bereits budgetiert haben.
Die Gebirgsvertreter widersprechen sich
Laut den Bündner Konzessionsgemeinden «besteht die Gefahr, dass anstatt der Atomenergie letztlich der Wasserkraft der Hahn zugedreht wird».
Tatsächlich herrscht heute in Europa ein Stromüberschuss, der unter anderem durch die Bandstrom-Produktion der Atomkraftwerke angeheizt
wird und folglich auf die Strompreise drückt. Die AKW stehen in harter Konkurrenz zur Wasserkraft. Folglich läge es auf der Hand, dass die
Gebirgskantone aktiv einen raschen Atomausstieg fordern würden. Doch von ihrer Lobby, der Regierungskonferenz der Gebirgskantone
(RKGK), in der die Wasserschloss-Kantone Uri, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Graubünden, Tessin und Wallis zusammengeschlossen sind,
war dazu in der Vergangenheit überhaupt nichts zu hören. Auf Anfrage von Infosperber bekräftigt RKGK-Generalsekretär Fadri Ramming
diesen Eindruck: «Die Gebirgskantone haben nie einen Atomausstieg gefordert. Wenn dies einige wenige Exponenten getan haben, dann
entsprach dies jeweils ihrer persönlichen Meinung.» Und er hält weiter fest: «Ich wage zu bezweifeln, dass ein rascher Atomausstieg die
aktuellen Probleme der Wasserkraft lösen würde. Den Beweis dafür müsste man auf jeden Fall noch erbringen.» Über solche Aussagen werden
sich die Stromkonzerne und Atomlobbyisten freuen. Etwas anders aber sieht das der «Bericht über die Strompolitik des Kantons Graubünden»
(2012): Infolge des Atomausstiegs sei «mit steigenden Strompreisen zu rechnen, was den Wert der Wasserkraft, insbesondere auch in Graubünden, steigert».
Kein Protest gegen die Ausland-Investitionen
Statt auf einen raschen Atomausstieg setzt die RKGK laut Ramming auf «eine Verteuerung der fossilen Energien», durch die «die Werthaltigkeit
der Wasserkraft» verbessert würde, «beispielsweise über eine international koordinierte CO2-Abgabe in ausreichender Höhe». Diese Haltung
der RKGK erstaunt aus drei Gründen: Erstens läge ein rascher Atomausstieg im Handlungsbereich der Schweiz. Zweitens ist die verbale
Forderung nach internationaler Koordination meistens ein bequemer Vorwand für das energiepolitische Nichtstun. Und drittens war von den
Gebirgskantonen in den letzten zehn Jahren kein einziger Protest über die Milliarden zu hören, welche die Stromkonzerne in die CO2-
produzierenden Gaskraftwerke im Ausland investierten. Nota bene Milliarden aus den Gewinnen der Wasserkraft. Paradoxerweise wurden
dadurch die Stromschwemme und der Strompreiszerfall noch verstärkt. Zum Nachteil der Wasserkraft.
Gebirgsvertreter in den Verwaltungsräten
Auf den Vorwurf, die Gebirgskantone würden zu oft die Positionen der Strombranche nachbeten und sich vor eigenen Stellungnahmen drücken,
antwortete RKGK-Generalsekretär Ramming keck: «Die Gebirgskantone reagieren nicht auf jede Verlautbarung von Dritten, sondern melden
sich dann zu Wort, wenn sie dies für angezeigt erachten.» Tatsächlich findet man auf der Web-Seite der Gebirgskantone keine einzige
Medienmitteilung zur Wasserkraft, stattdessen wird man mit einer Lawine von Verlautbarungen zur Zweitwohnungsinitiative eingedeckt. Die
RKGK - früher auch Alpen-Opec genannt - ist ein handzahmer Verband, der mehrheitlich im Fahrwasser der Strombranche schwimmt. Das ist
kein Wunder, denn mehrere Parlamentarier der Gebirgskantone sassen und sitzen in den Verwaltungsräten der Strombranche. Besonders
prägend war für die RKGK die Präsidentschaft des kürzlich verstorbenen Glarner FDP-Ständerats Pankraz Freitag, der gleichzeitig im Axpo-
Verwaltungsrat sass. Während dessen RKGK-Präsidentschaft finanzierten die Gebirgskantone sogar eine von der Stromlobby initiierte ETH-
Studie mit, welche die Reduktion der Wasserzinse zum Ziel hatte. Und als das Bundesamt für Energie (BFE) im vergangenen Dezember unter
gütiger Mithilfe der Strombranche eine Wasserkraft-Studie veröffentlichte, worin die Wasserzinse ganz offen infrage gestellt werden, blieben die Vertreter der Gebirgskantone in der Öffentlichkeit stumm.
Ständeräte liessen sich einseifen
Auch im Vorstand des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) sitzen die Beamten der Gebirgskantone brav dabei (siehe Link
unten), obwohl der SWV eindeutig als Interessenverband der Stromkonzerne Axpo, Alpiq, BKW, Repower und EnAlpin auftritt. Im SWV-
Vorstand dominieren denn auch die Vertreter der Strombranche. Symptomatisch für die Haltung der Gebirgskantone ist die Tatsache, dass die
letzte Wasserzins-Debatte erst ins Rollen kam, als die Oberwalliser Oppositionszeitung «Rote Anneliese» die Alpen-Opec dazu aufrief, endlich
im Interesse der Gebirgskantone aufzuwachen. Aufgrund der Offensive der RA kam es zu einer Motion im Nationalrat und darauf gab der
Bundesrat zwei Wasserzins-Studien in Auftrag, welche die Begründung für zusätzliche 60 Wasserzins-Millionen für die Gebirgskantone lieferte. Doch die Vertreter der Gebirgskantone im Ständerat liessen sich von der Stromlobby einseifen und verzichteten grosszügig darauf.
Wie die Axpo vom verzerrten Strommarkt profitiert
Hanspeter Guggenbühl / 19. Dez 2013 - Trotz tiefen Preisen macht der Stromproduzent Axpo Gewinn. Er profitiert vom Strommarkt, der
durch Subventionen verfälscht ist.
Tiefe Preise auf dem europäischen Strommarkt, verursacht durch subventionierten Kohle-, Solar- und Windstrom, machen konventionelle
Kraftwerke unrentabel. Diese Klage wiederholen Stromlobbyisten im Wochenrhythmus. Die Axpo als grösster Schweizer Stromproduzent
müsste darum längst Pleite sein. Das ist sie aber nicht. Im Gegenteil: Die Nordostschweizer Kantone, denen die Axpo gehört, können mit einer
gleichbleibenden Dividende rechnen, die 74 Millionen Franken in ihre Kassen spülen wird. Und der abtretende Konzernchef Heinz Karrer kassiert erneut ein Jahresgehalt von 900 000 Franken – dreimal mehr als ein Zürcher Regierungsrat, ohne dass jemand murrt.
Um Sonderfaktoren bereinigter Gewinn ist gestiegen
In ihrer gestern veröffentlichten Rechnung über das Geschäftsjahr 2012/13 (per Ende September) weist die Axpo-Holding – bei einem Umsatz
von rund sieben Milliarden Franken – einen Unternehmensgewinn von 213 Millionen Franken aus. Das ist zwar weniger als im Vorjahr.
Klammert man aber alle Sonderfaktoren aus – darunter eine massive Wertverminderung auf eigenen Kraftwerken –, so steigt der bereinigte
Jahresgewinn auf annähernd 600 Millionen Franken (siehe Tabelle). Das ist rund ein Viertel mehr als im Vorjahr – und immerhin noch halb so
viel wie im goldenen Jahr 2008, als die europäischen Handelspreise für Strom zwei bis dreimal höher waren als heute.
Damit stellt sich die Frage: Wie kann ein produktionslastiger Stromkonzern wie die Axpo, die in ihren in- und ausländischen Kraftwerken rund
einen Drittel mehr Strom erzeugt, als sie im eigenen Versorgungsgebiet absetzen kann, noch Gewinn machen, wenn ihre Marktpreise unter die
mittleren Produktionskosten ihrer Kraftwerke fallen? Die Antwort: Sie muss die Verluste aus der Produktion im übrigen Stromgeschäft mehr als
kompensieren. Genau das tat die Axpo im abgelaufenen Geschäftsjahr.
Produktion gedrosselt, Handel ausgeweitet
«Wir hatten ein erfolgreiches internationales Energiehandelsgeschäft», begründete Heinz Karrer an der Medienkonferenz in Zürich. Damit
profitierte die Axpo als Händlerin vom durch Überkapazitäten und vielerlei Subventionen verfälschten europäischen Strommarkt, dessen Verzerrungen sie in der politischen Debatte kritisiert. Ihr Erfolgsrezept besteht – vereinfacht zusammengefasst – aus folgenden Teilen:
WENIGER PRODUKTION Die Axpo drosselte ihre Stromproduktion gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Prozent auf noch 33,6
Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh). Ihre fossile Stromproduktion allein brach von 5,4 auf 2,5 Mrd. kWh ein. Das rührt daher,
dass die Axpo ihre Gaskraftwerke in Italien, deren variable Kosten höher sind als die mittleren Marktpreise, nur noch kurzzeitig
einsetzt, um die schwankende Produktion von Wind- und Solarkraftwerken auszugleichen. Diese kurzfristig benötigte «Regelenergie»
lässt sich vor allem in Italien teuer verkaufen.
MEHR EINKAUF Die Axpo vergrösserte ihren Handel. Dazu kaufte sie auf dem europäischen Energiemarkt, der durch
Überkapazitäten und Subventionen aller Art verzerrt ist, annähernd fünfzig Prozent mehr Strom- und Erdgas ein als im Vorjahr (total
54 Mrd. kWh). Damit profitiert sie sowohl von den tiefen Marktpreisen für «Graustrom» aus subventionierten Atom- und
Kohlekraftwerken als auch vom subventionierten Windstrom. Diese billige Energie vermarktet die Axpo mit Gewinn. Das Know how
dazu erhielt sie von der erfahrenen Stromhändlerin EG Laufenburg, die der damalige Axpo-Chef Peter Wiederkehr 2002 kaufte, und
die Heinz Karrer später voll in die Axpo-Holding integrierte.
EXTERNES ENERGIEMANAGEMENT Als zusätzliche «Ertragsquelle» hat die Axpo das externe Energiemanagement entdeckt.
Beispiel: Sie managt für fremde Investoren den Betrieb von Windparks oder die Vermarktung des unregelmässig anfallenden Stroms
aus Windenergie. Oder sie optimiert den Energieeinkauf für energieintensive Industriebetriebe.
Absatzverlust im angestammten Versorgungsgebiet
Auf dem nationalen Strommarkt hingegen hat die Axpo Marktanteil eingebüsst. Die Strommenge, die sie in ihrem in ihren bisherigen
Versorgungsgebieten in der Nordost- und Zentralschweiz absetzte, verminderte sich um neun Prozent, weil zum Markt zugelassene
Grossverbraucher oder Verteilwerke zu andern Lieferanten wählten. Diesen mengenmässigen Verlust konnte die Axpo durch den Gewinn von Grosskunden in andern Versorgungsgebieten nur zur Hälfte ausgleichen.
Bald neue Leute an der Axpo-Spitze
Ein Wandel findet auch im internen Management statt: Konzernleiter Heinz Karrer, der neue Präsident von Economiesuisse, wird nächstes Jahr
ersetzt durch Andrew Walo, bisher Chef der Axpo-Tochter CKW. Für die 2014 abtretenden Ressortleiter Hans Schulz (Handel) und Manfred
Thumann (Produktion) werde die Axpo «Nachfolger bald finden», sagte Axpo-Präsident Robert Lombardini vor den Medien in Zürich und fügte an: «Hoffentlich».
Schweizer Stromkonsum auf Rekordstand
Hanspeter Guggenbühl / 30. Dez 2013 - Der Schweizer Stromverbrauch war im hydrologischen Jahr 2012/13 so hoch wie nie zuvor. Der
Handel schrumpfte nur vermeintlich.
Wirtschaft und Bevölkerung in der Schweiz verbrauchten im hydrologischen Jahr 2012/13 (1. Oktober bis 30. September) 63,7 Milliarden
Kilowattstunden (kWh) Strom; dies brutto, also inklusive 4,5 Milliarden kWh Verteilverluste. Dieser Wert liegt um 0,7 Prozent über dem Wert
des Vorjahres und um 0,2 Prozent über dem Rekordwert im hydrologischen Jahr 2010/11. Das zeigen die neusten Daten des Bundesamtes für
Energie (BFE). Das hydrologische Jahr ist deshalb relevant, weil viele Stromfirmen ihr Geschäftsjahr ebenfalls per Ende September abschliessen.
Im Kalenderjahr 2013 hingegen dürfte der Stromverbrauch knapp unter jenem im Rekord-Jahr 2010 bleiben. Grund: Die Wintermonate Oktober
bis Dezember waren 2013 deutlich wärmer als damals. Die Daten über das letzte Quartal und mithin über das ganze Kalenderjahr 2013
veröffentlicht das BFE erst im nächsten Frühling.
Zum höchsten Verbrauch kommt die zweithöchste Produktion: Im hydrologischen Jahr 2012/13 erzeugten die inländischen Kraftwerke netto,
also nach Abzug des Stromverbrauchs der Speicherpumpen, 65,3 Milliarden kWh Elektrizität. Einzig in der von Hochwasser geprägten
Vergleichsperiode 2000/01 war die Stromproduktion im Inland höher. Unter dem Strich resultierte im Jahr 2012/13 somit ein Exportüberschuss von 2,4 Milliarden kWh.
Vermeintlicher Wandel beim Aussenhandel
Was in der neusten Statistik besonders auffällt, ist der vermeintliche Einbruch des Aussenhandels. Demnach hätten Schweizer Stromfirmen im
hydrologischen Jahr 2012/13 nur noch 43 Prozent soviel Strom importiert und exportiert wie in der Vergleichsperiode des Vorjahrs. Dieser
Wandel steht im Kontrast zur Zunahme der Handelstätigkeit, die der Stromkonzern Axpo im parallel laufenden Geschäftsjahr 2012/13 auswies.
Des Rätsels Lösung: Der massive Rückgang ist auf einen Wechsel der statistischen Methode zurückzuführen. Denn seit Januar 2013 erfasst das
Bundesamt für Energie den Aussenhandel mit Strom nicht mehr brutto wie früher, sondern netto. Die neuen Zahlen liegen nun näher beim
tatsächlichen grenzüberschreitenden Stromfluss; dieser physikalische Stromfluss ist nur etwa halb so gross wie die kommerziell gehandelten Import- und Exportmengen, welche die Statistik bis Ende 2012 auswies.
Sonnenflaute, Novemberrekord, Elefantenmist
22.12.2013 · Was macht eigentlich die Apokalypse? Unser Glossenticker mit ernsten Nachrichten zum Klimawandel und ihren (weniger
ernsten) Pointen. Ein Update zur Sonne, der Extremwärme in Russland , der wachsenden Wassernot und Klimasprünge.
Von Joachim Müller-Jung
Wieder ein Freispruch für die Sonne. Wie man es auch dreht und wendet in den Klimamodellen, die schwankende Sonnenintensität bleibt ein
minimaler Faktor. Einen neuen Versuch, das Sonnenrätsel zu lösen, haben jetzt Gabriele Hegerl und ihre Kollegen von der University of
Edinburgh unternommen. Sie haben die Daten für die vergangenen tausend Jahre, die man aus der Analyse von Klimaarchiven wie Baumringen
gewonnen hat, mit unterschiedlichen Strahlungsantrieben zu rekonstruieren versucht. Neben den Vulkanausbrüchen, die für teilweise jahrelange
Verdunkelung und damit Abkühlung der Atmosphäre verantwortlich waren, hat man in dem Modellexperiment auch durchgespielt, wie der
globale Temperaturverlauf mit einer hypothetisch starken - beziehungsweise schwachen - Klimawirkung der Sonne übereinstimmt. Ergebnis:
Nur zwei Strahlungsantriebe zeigen eine gute Korrelation: Die Vulkanausbrüche vor der Zeit von 1900, danach die starke Zunahme der
Treibhausgaskonzentrationen. Selbst im Maunder-Minimum, der Periode im 17. und 18. Jahrhundert mit ungewöhnlich schwacher
Sonnenaktivität, die für die „Kleine Eiszeit“ verantwortlich gemacht wird, dürfte der Einfluss auf die Globaltemperatur kaum größer als 0,15
Grad gewesen sein. „Wir können die solare Strahlungswirkung als starken Antrieb der Klimaerwärmung im zwanzigsten Jahrhundert
ausschließen“, schreiben die Forscher in „Nature Geoscience“ (doi: 10.1038/ngeo2040). Damit rückt eine Wiederaufnahme der Jahrtausende
alten Untersuchungen zur meteorologischen Wirkung der Sonne auf die Ausprägung der Jahreszeiten näher. Möglicherweise hat sich, während
Astronomen und Klimaforscher unentwegt auf die Sonnenflecken starren, der Erdeinstrahlungswinkel in historischen Dimensionen
verändert. Dafür spricht zumindest die in Flora und Fauna nachgewiesene Verschiebung des Jahreszeitenbeginns. Die größten Chancen, dieser
astronomisch-klimatologischen Sensation auf die Spur zu kommen, haben die Chinesen. Ihr „Jadeshäschen“ auf dem Mond richtet seit etwa einer Woche unentwegt seine Roboteräuglein auf die Erde.
Seehofer sabotiert die Energiewende
Nach Fukushima konnte dem CSU-Chef die Energiewende nicht schnell genug gehen. Doch jetzt tut Bayern alles, um das Vorhaben zu torpedieren. von Marlies Uken 8. Januar 2014
Der Windpark in Langenzenn könnte ein Erfolg werden – wenn da nicht die CSU wäre. Fünf Windräder, jedes von ihnen knapp 200 Meter hoch:
Schon bald könnten sie in der fränkischen Kommune umweltfreundlichen Ökostrom produzieren. Auch die Anwohner waren dafür. Anstatt zu
protestieren, zeichneten sie Anteile, schließlich verspricht der Bürgerwindpark lukrative Renditen. 700.000 Euro haben sie und der Entwickler bereits investiert. Die Fundamente sind gegossen, die Anfahrtswege gebaut.
Das Problem: Genau eine Unterschrift fehlt, um den Windpark endgültig zu genehmigen. Seit Monaten verweigert die zuständige regionale
Genehmigungsbehörde ihr Okay – und das wegen einer Ansage von oben: Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU) hat die Planungsbehörden angewiesen, de facto vorerst keine weiteren Windparks in Bayern zu genehmigen.
Harry Scheuenstuhl macht das wütend. "Wenn´s mi ehrlich froagen: Des is a Sauerei", sagt er. Bis Herbst 2013 war Scheuenstuhl Bürgermeister
im benachbarten Wilhermsdorf, bevor er für die SPD in den bayrischen Landtag einzog. Auch er unterstützt den Bau des Windparks. In den
vergangenen Jahren habe es massiven Druck aus der Staatskanzlei auf die Kommunen gegeben, die Windkraft auszubauen. Jetzt aber heiße es plötzlich "Stopp". "Wegen des jüngsten Söder-Erlasses sind nun auch andere Windpark-Investoren verunsichert", sagt Scheuenstuhl.
Seehofer will Abstandsregelungen verschärfen
Gerade einmal 27 Windräder gingen in Bayern im ersten Halbjahr 2013 neu ans Netz – im Bundesländervergleich landet das Bundesland damit
auf einem der hintersten Plätze. Im Sommer vergangenen Jahres erfand Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zudem die "10H"-Regelung:
Der Abstand zu Häusern muss demnach mindestens zehn Mal so groß sein wie das Windrad hoch ist. Bei neuen Anlagen wie in Langenzenn
würde das einem Mindestabstand von zwei Kilometern entsprechen – eine Verdoppelung zur bisherigen Regelung. Noch ist die Regel in nicht in
Kraft. Kommt sie, fürchtet Joachim Keuerleber vom Landesverband Windenergie, dass "es keine neuen Windräder mehr in Bayern geben" werde.
Was in Bayern zurzeit passiert, enttäuscht die Anhänger der Energiewende. Denn das Bundesland hat eigentlich ambitionierte Ziele für den
Ökostromausbau – zumindest auf dem Papier. Nach dem Atomunglück von Fukushima konnte es Ministerpräsident Horst Seehofer gar nicht
schnell genug gehen. Das bayrische Energiekonzept aus dem Jahr 2011 – es ist noch immer aktuell – sieht etwa vor, dass Bayern in nur zehn
Jahren seinen Ökostromanteil auf 50 Prozent steigert. Das entspricht im Vergleich zum Jahr 2010 einer Verdoppelung des Anteils.
Der Anteil der Windenergie im Land sollte sich sogar von 0,6 Prozent auf zehn Prozent in 2021 mehr als verzehnfachen. Mehr Solarparks, neue
Wasserkraftanlagen seien nötig. Man wolle "die Kernenergie so schnell wie möglich" hinter sich lassen, heißt es in dem Konzept. Selbst Söder,
damals noch Umweltminister, machte Druck und verabschiedete einen Erlass, der die Genehmigungen für Windräder von zehn auf drei Monaten verkürzen sollte. Der Freistaat werde zum Vorzeigeland, schwärmte damals die Staatskanzlei.
Von so viel Engagement ist nichts mehr spüren. "Die Investitionsbereitschaft der Bürger ist zwar da", sagt Hans-Josef Fell, der 15 Jahre für die
Grünen als Energieexperte im Bundestag saß. "Aber die CSU macht eine komplette Kehrwende". Während der Koalitionsverhandlungen im
Bund drängte Bayern etwa erfolgreich darauf, Windräder an guten Standorten künftig schlechter zu vergüten und strengere Abstandsregeln zu erlassen. Schon im Sommer vergangenen Jahres hatten Bayern und das CDU-regierte Sachsen eine entsprechende Initiative forciert.
Auch auf Landesebene wird das Thema Energiewende kaum noch unterstützt – im Gegenteil: Es wird für Profilierungsvorschläge
instrumentalisiert, wie der jüngste Vorstoß von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) zeigt. Sie ist zwar als Wirtschafts- und
Energieministerin prinzipiell zuständig. Doch sie muss sich die Verantwortung mit ihrem langjährigen Rivalen Söder teilen, der als Finanz- und Heimatminister das Planungsrecht innehat – und in dieser Rolle gerade den Windkraftausbau sabotiert.
Bayern bangt um die Atomkraft
Auch mit dem Atomausstieg hadert die Staatskanzlei in München inzwischen. Mit Sorge blickt Bayern auf das Jahr 2015, wenn das nächste
Atomkraftwerk Grafenrheinfeld vom Netz geht. Eine Strategie, wie die wegfallenden Kapazitäten ersetzt werden könnten, gibt es nicht. Erst seit
drei Wochen ist ein Vorschlag vom Tisch, der eine Kapazitätserweiterung des AKW Grundremmingen vorsah. "Die Bayern wollen nur langsam den Abschied von der Atomkraft wahrhaben", sagt Jürgen Quentin von der Deutschen Umwelthilfe.
Nur beim Solarstrom ist Bayern weiterhin König, in keinem Bundesland packen sich die Einwohner mehr von den azurblauen Zellen aufs Garagendach. Seit Jahren geht allerdings die Zahl der jährlich neu installierten Anlagen deutlich zurück, seit 2010 hat sie sich fast halbiert.
Doch warum bremst Bayern so massiv die Energiewende? Eine Zahl des Bayernwerks könnte das erklären. Kurz vor Weihnachten erklärte der
wichtigste regionale Stromnetzbetreiber des Bundeslands, dass er in seinem Verteilnetz bereits mehr als 50 Prozent Ökostromanteil verzeichne.
Damit habe man zumindest als lokaler Stromnetzbetreiber die bayerischen Ziele der Energiewende bereits übertroffen. Am Bayernwerk-Netz
hängen inzwischen 240.000 Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von rund 5.300 Megawatt – das entspricht theoretisch rund fünf
Atomkraftwerken. "Will man jetzt in ganz Bayern den Ökostrom noch weiter ausbauen, dann geht es ans Eingemachte", sagt Ökostromfachmann Fell. Dann müssten fossile Kraftwerke und Atomkraftwerke vom Netz gehen.
Es würde also ernst. Und so ernst will die CSU die Energiewende dann offenbar doch nicht nehmen.
Bis Frühjahr Konzept für Energiewende (6.1.2014)
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will bis zum Frühjahr ein Konzept für eine Reform der Energiewende vorlegen. Er sagte der "Bild"-
Zeitung: "Wir werden jetzt sehr zügig die Gespräche mit der Europäischen Kommission und danach auch mit den Ländern aufnehmen." Die
Energiewende sei so wichtig, "dass wir uns keine Verzögerungen leisten können". Der SPD-Chef betonte, es werde auch weiterhin Befreiungen für Unternehmen von den Ökostromkosten geben.
Die bayerische Landesregierung will die Energiewende offenbar zum Teil per Kredit finanzieren. Nach einem Bericht der "Süddeutschen
Zeitung" schlägt die neue Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) einen Milliarden-Fonds vor, der die Verbraucher vorläufig entlasten soll.
Die Wirtschaftsministerin plädiert in einem energiepolitischen Grundsatzpapier dafür, dass Stromkunden künftig nur noch einen Fixbeitrag zum
Ausbau der erneuerbaren Energien leisten sollen. Was an Kosten darüber hinausgeht, könnte demnach über einen Fonds am Kapitalmarkt aufgebracht werden, heißt es.
23.12.13 Zehn Fragen zur Energiewende auf Rädern
Alternative Mobilität
Künftig soll es vielleicht ganz ohne Öl gehen. Mit Elektromotoren setzen Autohersteller auf alternative Antriebe. Bei der Bevölkerung herrscht
bei der zukunftsweisenden Technik jedoch noch viel Informationsbedarf. Wir beantworten zehn Fragen rund um die Elektromobilität.
Viele Hoffnungen ruhen auf dem Elektro-Projekt von BMW, der Kleinwagen i3 kostet ab 34.950 Euro
Bis zum Jahr 2020 sollen eine Million Elektro-Autos auf deutschen Straßen unterwegs sein. 2013 wurden jedoch nur knapp 6.000 reine Elektro-
Pkw gekauft. Interessenten eines E-Autos treibt derzeit nicht nur die Frage nach der Sicherheit dieser Fahrzeuge um.
Wie weit kommt ein Elektroauto eigentlich? Neben dem hohen Anschaffungspreis ist die geringe Reichweite eines der größten Probleme von Elektroautos. Diese beträgt bei den meisten
Fahrzeugen 150 bis 200 Kilometer, was in der Regel für den täglichen Bedarf genügt. Für Dienstreisen oder eine Urlaubsfahrt eignen sich E-
Autos aber noch nicht. Bei schneller Fahrt auf Autobahnen genauso wie bei Minusgraden sinkt der Aktionsradius deutlich.
Darum setzen einige Hersteller auf Reichweitenverlängerer, sogenannte Range-Extender. Das sind kleine Verbrennungsmotoren, die in der
Regel keine Verbindung zu den Rädern haben, sondern lediglich als Generator arbeiten. Bei niedrigem Akkustand springt dieser automatisch an, lädt die Batterie und sorgt während der Fahrt für elektrischen Nachschub.
Kann ich mein E-Auto nur zuhause an der Steckdose oder an einer Ladestation tanken? Nein, auch Schnellladestationen sind eine Möglichkeit. An so einer Station lässt sich beispielsweise der BMW i3 in weniger als einer halben
Stunde auf 80 Prozent Ladestand bringen. An der Schnelladestation fließt Gleichstrom mit einer Spannung von maximal 500 Volt und einer
Leistung von bis zu 50 Kilowatt. Im Vergleich: Eine gängige Ladestation mit Wechselstrom hat eine Spannung von 230 Volt
(Haushaltsspannung) und maximal 3,6 Kilowatt Leistung, der Ladevorgang dauert bei leerer Batterie je nach Modell sechs bis zehn Stunden. In Deutschland sind Schnelladestationen jedoch noch recht selten.
Was bedeutet "induktives Laden"? Induktives Laden ist praktisch drahtlose Energieübertragung. Die Energie wird dabei kabellos über ein Magnetfeld im Straßenbelag auf einen
Empfänger im Fahrzeug übertragen. Mit diesem Strom wird dann die Batterie aufgeladen. Im Gegensatz zum kabelgebundenen Laden ist dieses
Verfahren platzsparend, verschleißfrei und sicher vor Vandalismus. Kosten für Kabel, Stecker und Gehäuse fallen nicht an. Bislang gibt es aber noch keine geeigneten Fahrzeuge dafür und auch die Technik steckt noch in den Kinderschuhen.
Welche weiteren Antriebsarten gibt es noch neben Benzin-, Diesel- und Elektromotor? Eine weitere Variante ist der Hybridantrieb. Dabei ist Hybrid nicht gleich Hybrid. Grundsätzlich bedeutet das nur, dass zwei verschiedene
Antriebe miteinander kombiniert werden, meist ein Verbrennungs- mit einem Elektromotor. Beim Voll-Hybrid besteht die Möglichkeit, kleinere
Strecken auch rein elektrisch zurückzulegen. Der Mild-Hybrid hingegen hat ebenfalls zwei Antriebe, der Elektromotor kann das Auto allerdings
nicht alleine bewegen. Er nimmt dem Verbrenner lediglich Arbeit ab und senkt so seinen Verbrauch oder stellt in bestimmten Fahrsituationen
zusätzliche Leistung zur Verfügung. Eine Mischform aus Elektroauto und reinem Hybrid stellt der Plug-in-Hybrid dar. Seine Batterie kann zusätzlich extern über das Stromnetzt geladen werden.
Warum benötigt ein E-Auto sauberen Strom? Entscheidend für den tatsächlichen Beitrag zum Umweltschutz ist die Herkunft des Stroms. Stammt dieser überwiegend aus konventionellen
Kraftwerken, gerät das Elektro-Auto zur Mogelpackung, da seine Treibhaus-Bilanz nur geringfügig besser ausgefüllt ist als die eines konventionellen Autos. Nur wenn der Strom aus regenerativen Energien wie Wind-, Wasser- oder Sonnenkraft stammt, ist er wirklich sauber.
Können Elektroautos auch Spaß beim Fahren bereiten? Ja, denn das Elektroauto hat im Vergleich zum Pkw mit Verbrennungsmotor den Vorteil, dass sein Drehmoment nahezu sofort verfügbar ist.
Selbst kleinere Elektroautos können so sofort die maximale Leistung ihres Motors nutzen und an der Ampel einem Sportler davonziehen. Beispielsweise liegt das Drehmoment des Kleinstwagen Peugeot iOn bei 196 Newtonmetern.
Wie hoch ist die Batterielebensdauer bei E-Autos?
Langzeiterfahrungen mit den Hochvoltspeichern gibt es noch nicht. Trotzdem dehnt Nissan die Garantieleistung auf die Stromspeicher seines
Leaf: Für fünf Jahre garantieren die Japaner eine Gesamtkapazität von mindestens 75 Prozent des Ursprungswertes. Und BMW verspricht
Ersatz, sollte der Akku innerhalb von acht Jahren oder binnen 100.000 Kilometer den Geist aufgeben. Doch wie sich häufiges Nachladen auf
Kapazität, Reichweite und Fahrleistungen auswirkt, bleibt abzuwarten. Renault will Erfahrungen über das Ladeverhalten gewinnen und deshalb wird die Batterie des Kleinwagens Zoe auch nur verleast und per eingebauter SIM-Karte fernüberwacht.
Welche günstigeren Alternativen gibt es zum Elektroauto? Wem ein Elektroauto in der Anschaffung zu teuer ist, der kann sich nach Varianten mit Auto- oder Erdgas umsehen. Autogas oder
LPG(Liquefied Petroleum Gas) ist deutlich günstiger als Kraftstoff: Der Liter kostet derzeit rund 80 Cent. Auch herkömmliche Benzinmodelle
können nachträglich auf Gasbetrieb umgerüstet werden. Aber nicht nur mit Flüssiggas, sondern auch mit Erdgas lassen sich Fahrzeuge bewegen. Erdgas besteht nicht wie Autogas aus Propangas, sondern aus Methan und ist unter der Bezeichnung CNG bekannt (Compressed Natural Gas).
Was passiert bei der Rekuperation? Rekuperation ist der Fachbegriff für Rückgewinnung von Energie. Immer wenn ein Fahrzeug bremst, geht viel Energie verloren. Bei der
Rekuperation wird ein Teil dieser Energie in Strom umgewandelt und dann in einem Akku oder Kondensator gespeichert um zu einem späteren Zeitpunkt wieder genutzt zu werden. Bei Elektroautos trägt sie unmittelbar zu einer Erhöhung der Reichweite bei.
Ist ein Elektroauto gefährlicher als ein Fahrzeug mit herkömmlichem Antrieb? Nein, sagen Experten vom ADAC. Der Automobilclub hat in den vergangenen Jahren gleich mehrere Elektroautos einem Crashtest unterzogen.
Ergebnis: Bei der Sicherheit stehen sie Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselantrieb in nichts nach. Den strengen Crash-Test Euro NCAP
bestanden Elektro- und Hybridautos mit Bravour. Das in den USA in Flammen aufgegangene Tesla Model S hatte Bestwerte der US-
Verkehrssicherheitsbehörde bekommen. Die Elektro-Limousine hatte den Angaben des Unternehmens zufolge vor dem Brand ein Metallteil
überfahren, das ein großes Loch in den Unterboden riss. "Eine Möglichkeit ist, dass in der Folge des Unfalls ein Kurzschluss einen Schmorbrand
in einem Batteriepack ausgelöst hat", so die ADAC-Experten. "Kurzschlüsse können aber immer passieren, wenn eine energieführende Leitung
beschädigt wird". Eben auch in einem Wagen mit Verbrennungsmotor. "Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es in keinem Auto." Nach
derzeitigem Stand sei ein Elektroauto nicht gefährlicher als ein herkömmliches Fahrzeug.
Neujahrsansprache Merkel: „Energiewende besonders wichtig“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (59, CDU) hebt in ihrer Neujahrsansprache die Bedeutung der Energiewende und stabiler Finanzen
für Deutschlands Zukunft hervor.
„Besonders wichtig ist mir, dass wir unsere Finanzen der nächsten Generation geordnet übergeben; dass wir die Energiewende zum Erfolg
führen; dass wir gute Arbeit und ein gutes Miteinander in unserem Land haben – gerade auch weil unsere Gesellschaft älter und vielfältiger
wird“, sagte Merkel. Sie unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit in der Europäischen Union für Deutschland. Sie sei überzeugt, „dass die
Fortschritte unseres Landes stets davon abhängig sind, dass wir auch in Europa vorankommen und die Staatsschuldenkrise tatsächlich dauerhaft
überwinden”. Merkel bezeichnete die Familie als „Herzstück unserer Gesellschaft” und versprach mehr Unterstützung in diesem Bereich.
Erklärtes Ziel sei, dass alle Kinder und Jugendlichen die bestmögliche Bildung und die bestmögliche Chance auf ein gutes Leben erhalten
könnten. Zugleich schränkte sie aber ein: „Dabei wissen wir, dass die Fortschritte unseres Landes stets davon abhängig sind, dass wir auch in Europa vorankommen und die Staatsschuldenkrise tatsächlich dauerhaft überwinden.”
Shunfeng leiht sich 160 Millionen US-Dollar für Photovoltaik-Projekte in
China
Tochterunternehmen der Shunfeng Photovoltaic International Ltd. (Changzhou, China) haben mit der chinesischen Entwicklungsbank
(CDB, Peking) Kreditvereinbarungen im Umfang von 160 Millionen US-Dollar (117 Millionen Euro) getroffen. Mit dem Geld sollen
Photovoltaik-Projekte mit einer Gesamtleistung von 110 Megawatt (MW) in Nordwestchina finanziert werden.
Fünf der geplanten Solar-Kraftwerke haben eine Nennleistung von 20 MW, das sechste 30 MW. Alle Projekte werden in der autonomen
Region Xinjiang Uyghur entwickelt.
Die einzelnen Kredite haben ein Volumen von 25–35 Millionen USD (18–26 Millionen Euro). Die Zinsen richten sich nach den marktüblichen
Sätzen. Shunfeng ist bereits der dritte chinesische Photovoltaik-Projektentwickler innerhalb einer Woche, der eine Projektfinanzierung mit der
CDB gemeldet hat. Die geplanten Kraftwerke haben eine Gesamt-Nennleistung von 960 MW, das Finanzierungsvolumen beträgt 1,16
Milliarden USD (851 Millionen Euro). Laut Mercom Capital war die chinesische Entwicklungsbank 2013 der größte Solar-Finanzierer.
rk/10012014