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Programmheft zum Konzert am 11. Oktober 2015

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kOnZe rt 56

}pitCh

43_tuNing the

COsMOs

MUSIKFABRIK IM WDR

Ensemble musikFabrik

Helen Bledsoe FLÖTE, BASSFLÖTE, PENTATONIC CANON, HARMONIC CANON,

CLOUD CHAMBER BOWLS

Peter Veale OBOE, ENGLISCHHORN, KOTO, CASTOR UND POLLUX

Carl Rosman KLARINETTE, BASSKLARINETTE, BASSFLÖTE, SOPRANFLÖTE,

HARMONIC CANON

Zarko Perisic FAGOTT

Christine Chapman HORN, KITHARA

Marco Blaauw TROMPETE, KITHARA

Bruce Collings POSAUNE, BLUE RAINBOW, CRYCHORD, BASS MARIMBA

Melvyn Poore TUBA, EUPHONIUM, MARIMBA EROICA, ADAPTED GUITAR

Benjamin Kobler KLAVIER, SAMPLERKEYBOARD, ADAPTED GUITAR, CHROMELODEON,

MARIMBA EROICA, GOURD TREE

Ulrich Löffler KEYBOARD, CHROMELODEON, SURROGATE KITHARA, BLUE RAINBOW,

MARIMBA EROICA

Dirk Rothbrust SPOILS OF WAR, ZYMO-XYL, BASS MARIMBA

Thomas Meixner BASS MARIMBA, DIAMOND MARIMBA, MARIMBA EROICA,

SPOILS OF WAR, BOO

Rie Watanabe SPOILS OF WAR, DIAMOND MARIMBA

Sabine Akiko-Ahrendt VIOLINE

Hannah Weirich VIOLINE, ADAPTED VIOLA, CASTOR UND POLLUX

Axel Porath VIOLA, CRYCHORD, BASS MARIMBA, KITHARA, SPOILS OF WAR

Dirk Wietheger VIOLONCELLO, GOURD TREE, KITHARA

Florentin Ginot KONTRABASS, HARMONIC CANON, DIAMOND MARIMBA

Clement Power DIRIGENT

Paul Jeukendrup KLANGREGIE

Thomas Wegner TON

Thomas Meixner BAU DER HARRY-PARTCH-INSTRUMENTE

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PROGRAMM

KLAUS LANG — FRENHOFER’S FOOT (2015) — für Ensemble mit Harry-Partch-Instrumenten — Deutsche Erstaufführung Kompositionsauftrag der Klangspuren Schwaz

SIMON STEEN-aNDERSEN — KORPUS (2015) — für acht Spieler an drei Harry-Partch-Instrumenten — Deutsche Erstaufführung Kompositionsauftrag der Salzburg Biennale

 P A U S E 

CASPAR JOHANNES waLTER — ENHARMONIC FLUX (2014/15) für Ensemble mit Harry-Partch-Instrumenten — Kompositionsauftrag von Ensemble Musikfabrik und Kunststiftung NRW

CAROLa BAUCKHOLT - VOICES FOR HARRY PARTCH (2014/15) für Ensemble mit Harry-Partch-Instrumenten — Kompositionsauftrag der KunstFestSpiele Herrenhausen

Der Bau der Harry-Partch-Instrumente und deren Einstudierung wurden gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Kunststiftung NRW.

SOnnTaG11.\OktOber 201519\30 Uhr Einführung

20\00 UhrWDR Funkhaus

am WAllrafplatZ

Eine Produktion des Ensemble Musikfabrik in Zusammenarbeit mit WDR 3, KölnMusik und Kunststiftung NRW.

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Vor einem Monat so –

hammer uns mehrere Büscher über Fischerei jeholt –

mer möschte alle jetz e Pröfung mache,

minge Vatter, ming Mutter un von minge Patentan dä Mann, un isch natürlisch.

Jo, un wenn mer den jeschafft han

dann jehen mer rejelmäsisch, jehen mer mal Sonntachs fünf Karpfen aus dem Fühlinger See raus fischen.

Und, mer hannens ejne Fisch, ne Kape, hammer uns umul jeschmackt und –

dä wo aba nix, wore, wore dusend Jräte drin.1

1  Sprachaufnahme aus der Mediathek des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte

CAROLA BAUCKHOLT — VOICES FOR HARRY PARTCH (2015)

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And… e… I recall this, great body of blue haired ladies sitting below.

And fortyfive years later I mind you, I went to another concert in the same city and behold the sea of blue. Now, there’s nothing wrong with blue haired ladies of course!

But, if we aren’t concerned about our youth we’re headed straight to a dead end!

Watch that bar, you can’t play around of that up and down, up and down,

I mean you can’t kill it constantly.

It got to be in a constant angle.

That’s better.

There you go!

Good!2

2  Sprachaufnahmen Harry Partchs aus der Radiosendung „From the Archives. American Mavericks“ von David Garland, WQXR New York.

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Für jemanden, der sich so ausführlich und ausdauernd mit Stimmungssystemen beschäftigt, der darüber sogar schon eine wissenschaftliche Abhandlung ge-schrieben hat („Auf Wohlklangswellen durch der Töne Meer – Temperaturen und Stimmungen zwischen dem 11. und 19. Jahrhundert“), für Klaus Lang sollte Harry Partch eigentlich ein Sympathieträger sein. Und tatsächlich teilt Lang als Komponist die Begeisterung Partchs für eine Musik, die den engen Rahmen der temperierten Stimmung sprengt. Wie Partch allerdings seine Begeisterung materialisiert hat, in Theorie und Praxis, das ist für den 1972 geborenen Öster-reicher weniger visionär denn geschichtlich, ein abgeschlossenes Kapitel. Und so arrangiert Klaus Lang seine persönliche Begegnung mit Harry Partch auch in einem Museum. In drei Vitrinen ist der Kollege ausgestellt mit seinen Instrumenten. Die werden dort, am Anfang, in der Mitte und am Ende des Stücks, so arrangiert, dass wir, die von Lang geführten Besucher, ihren je eigentümlichen Charakter deutlich erkennen können. Eine Weile hören wir ihnen zu, machen die Bekanntschaft von Koto, Spoils of War, Kithara und Pollux, und schreiten dann weiter zur nächsten Vitrine. Kein Schelm ist, wer dabei an Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ und die verbindende „Promenade“ denkt – wobei Langs Promenaden keine isolierten Zwischenmusiken sind, son-dern weite Zonen des Übergangs. In ihnen verarbeitet Lang seine Eindrücke auf der Grundlage von Spektralanalysen. Partchs Klänge werden so im Detail ab-sorbiert von Langs eigener musikalischer Sprache, mit ihrer rein an Obertönen ausgerichteten Stimmung, mit Trillern und Glissandoketten und den von ihm bevorzugten klassischen europäischen Instrumenten. Die Form also könnte kaum einfacher sein, ihre Gliederung ist klar, und wie so oft bei Lang ist sie annähernd spiegelsymmetrisch. Was nun den Titel betrifft, so ist der, anders als sonst, keine poetische Metapher, sondern ein durchaus konkreter Wink, wenn man ihn denn einmal dechiffriert hat. In Balzacs Erzählung „Das unbekannte Meisterwerk“ sucht der alte Maler Frenhofer in selbstgewählter Isolation von Kollegen und vom Publikum das „Absolute in der Kunst“ und will es verwirk-lichen in einem perfekten Porträt. Als er dieses Porträt nach vielen Jahren Arbeit endlich zwei Besuchern in einer triumphalen Geste enthüllt, können die darauf

KLAUS LANG — FRENHOFER’S FOOT (2015)

FÜR ENSEMBLE MIT HARRY-PARTCH-INSTRUMENTEN

DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG

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neben einem Wirrwarr aus Farben und Linien allein die Umrisse eines Fußes entdecken. Frenhofer wird daraufhin wahrsinnig und stirbt. Wenn Lang uns nun zu Harry Partch führt, in seinem kleinen Spaziergang durchs Museum, dann ist darin wohl auch die Botschaft versteckt, es als Künstler anders zu machen als Partch und Frenhofer: sich nicht abzusondern, sondern den Rest der Welt im Blick zu halten.

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SIMON STEEN-aNDERSEN — KORPUS (2015)

FÜR ACHT SPIELER AN DREI HARRY-PARTCH-INSTRUMENTEN

DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG

Nun stehen sie also alle da, die Instrumente des Harry Partch – doch was damit anfangen? Es ist wie Weihnachten: Jemand hat die Tür aufgesperrt zum großen Spielzeugladen, natürlich stürmen erst mal alle rein, doch dann passiert eben dies: Die einen laufen mit glänzenden Augen von Regal zu Regal und können es kaum glauben, wollen am liebsten alles gleich mit nach Hause nehmen, ein anderer schaut skeptisch drein und betrachtet die Auswahl lieber aus sicherer Distanz (nennen wir ihn Klaus?), noch ein anderer (Simon?) läuft zielstrebig in eine Ecke, zieht ein paar Sachen aus den hohen Stapeln heraus, ignoriert den Rest, setzt sich auf den Boden und beginnt, die Fundstücke neugierig zu unter-suchen. Ob er weiß, dass diese merkwürdigen Geräte „Marimba Eroica“ heißen, „Blow boy“ und „Chromelodeon“? Er liest nicht die Gebrauchsanweisung, auch nicht die beigelegten Spielregeln und macht sich lieber selbst einen Reim auf das, was er gefunden hat. Dreiundvierzigstufige Oktaveinteilung? Ober- und Unter-tonreihen? Langweilig. Mal ganz vorsichtig auf eine Taste drücken und gucken, was passiert. Spannend! Den Blasbalg nur halb füllen, die Pfeifen zukleben, die großen Holzplatten mit Styropor, Alufolie und Backpapier bearbeiten? Auch keine schlechte Idee. Simon Steen-Andersens Interesse an Theorie ist begrenzt. Ihn interessiert die konkrete Situation: wie sieht es aus, wie fühlt es sich an, wie bewegt es sich, wie klingt es – und vor allem: Wie verhält sich all das zueinander, was unsere Sinne an Input liefern? Und weil er einerseits selbst interessiert ist an den Antworten auf solche Fragen, andererseits auch uns, sein Publikum, dafür interessieren möchte, legt er viel Wert auf Transparenz, auf Offen-Sichtlichkeit. So lässt Steen-Andersen sein achtköpfiges Expeditions-team nicht gleichzeitig verschiedene Baustellen ausheben, sondern eine nach der anderen. „Korpus“ ist in weiten Teilen analog zur mittelalterlichen Hoketus- Technik organisiert: eine lange musikalische Linie springt von Stimme zu Stimme. Was passiert, passiert nacheinander, nichts verdeckt etwas anderes. Wenn gegen Ende sich dann doch Ereignisse leicht überlappen, hat das für einen Moment fast die Dramatik einer Schlussfuge. Doch dann weist Steen-Andersen seine Mannschaft schnell wieder auf ihre Plätze. Das Spiel mit Harry Partch endet in seliger Ruhe. Weihnachten war kurz, aber schön.

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CASPAR JOHANNES waLTER — ENHARMONIC FLUX (2014/15)

FÜR ENSEMBLE MIT HARRY-PARTCH-INSTRUMENTEN

Harry Partch ist Caspar Johannes Walter schon als Schüler begegnet – in Kursen seines späteren Lehrers Johannes Fritsch und in Form der „Genesis of a Music“, Partchs theoretischer Abrechnung mit der gleichschwebenden zwölftönigen Stimmung des Abendlandes und dem Gegenentwurf eines kaum weniger logi- schen, aber ungleich komplexeren, detailreicheren und vor allem: eines nicht- temperierten, reinen Tonsystems. Nach anfänglichen Versuchen, einige der ein-facheren Instrumente von Partch nachzubauen, kam Walter mehr und mehr zu der Überzeugung, dass sich Partchs Ideen, anders als Partch es selbst glaubte, durchaus auch auf die klassischen Instrumente übertragen lassen. Partch, so Walter, kannte einfach nicht die Möglichkeiten moderner Spieltechniken und machte nicht einmal Gebrauch von natürlichen Flageoletts, obwohl sich mit ihnen viele Töne seiner 43-stufigen Skala genau realisieren lassen. Ein anderes Problem beschäftigt Walter bis heute, nämlich die Frage, wie sich Partchs Notation vereinfachen lässt. Dessen Entscheidung für eine Griffschrift, also für eine Notation, die den Spielern zeigt, wie und wo man einen Ton erzeugt, aber kaum etwas darüber aussagt, wie er schlussendlich klingt, führt dazu, dass man sich anhand der Partituren von den Werken kein genaues Bild machen und bei einer Aufführung den Gesamtklang nur sehr schwer kontrollieren kann. In ENHARMONIC FLUX nutzt Walter seine bisherigen Erfahrungen, etwa indem er den entstehenden Gesamtklang des Ensembles am unteren Ende jeder Seite in einem eigenen System in seiner harmonischen Konsequenz zusammenfasst.

Dort kann man auch nachvollziehen, was Walter im Titel ankündigt: Da Partchs System nicht mehr auf einem einzigen, alle Aktionen zentrierenden Grundton basiert, kann sich die Harmonik darin wesentlich freier bewegen, und sie kann, im Hin und Her zwischen Ober- und Untertonkomplexen (in Partchs Idiomatik: „Otonality“ und „Utonality“) ein Äquivalent nutzen zur sogenannten enharmonischen Verwechselung der temperierten Stimmung. Während dort die harmonische Umwidmung eines bestimmten Akkords etwa von C-Dur nach His-Dur nur theoretische, aber keine klanglichen Konsequenzen hat, ergeben sich im Partch-System beim entsprechenden Vorgang feine Schwankungen und Eintrübungen. C und His spielt man auf einem Klavier mit der gleichen Taste, auf einem Instrument von Partch eben nicht. Diese Detailarbeit im Innenraum der Harmonik bestimmt Walters Werk, das von daher sehr nahe bei Partch ist,

in einem anderen zentralen Punkt aber nicht: Die Körperlichkeit und Energetik, die für den US-Amerikaner ein so wesentliches Antriebsmoment war, lässt Walter außen vor. ENHARMONIC FLUX zielt nicht in die Weite, sondern in die Tiefe. Dabei gerät der Fluss der Enharmonik nicht selten bis an den Stillstand.

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Auf die alte Frage, was zuerst komme, das Wort oder die Musik, hat das zwan-zigste Jahrhundert eine neue und originelle Antwort gefunden: Wort und Musik kommen gleichzeitig. Wenn der Mensch spricht, dann vermittelt er das, was er sagen will, immer auch mit musikalischen Mitteln, er färbt, rhythmisiert und akzentuiert seine Botschaft, und sein Gegenüber versteht sie genau so: als eine Botschaft, deren Klang Teil ihres Inhalts ist. Leoš Janáček hat auf die alte Frage als Erster diese neue Antwort bündig formuliert. Viele Kollegen sind ihm danach gefolgt, wobei sie aus dieser Antwort durchaus unterschiedliche Schlüsse gezogen haben, Steve Reich zum Beispiel, und in jüngster Zeit vor allem Peter Ablinger. Für eine Komponistin, die der Welt so genau zuhört wie Carola Bauckholt, ist das Phänomen der musikalischen Rede natürlich eh ein offenes Geheimnis gewesen. Gleichwohl hat sie es in ihrer Arbeit bisher nie thema tisiert, sondern sich auf Klangmaterial jenseits von Rhetorik konzen-triert: auf die Geräusche der Dinge, die uns alltäglich umgeben. Obwohl auch in ihren bisherigen Werken verschiedentlich die menschliche Stimme Verwendung findet, so doch immer nur in einer Ableitung vom Geräuschklang. Ebenso ist die Verwendung klassischer Instrumente für Bauckholt stets an den Wunsch gebunden, den alltäglichen Klang der Dinge zu verwandeln und in größere Kon-texte zu überführen. VOICES FOR HaRRY paRTCH ist nun Bauckholts erster Versuch, den Klang der menschlichen Stimme zum Ausgangspunkt einer Komposition zu machen. Tatsächlich sind es der Klang, die Melodik und Rhythmik der Sprache, die hier am Anfang und im Zentrum stehen, nicht die Worte selbst. Wenn im ersten und dritten Teil ein Junge im tiefsten rheinischen Dialekt vom Angeln im Familienkreis erzählt und im Mittelteil Harry Partch von alten Damen mit blau gefärbten Haaren, die für ihn die Überalterung unseres klassischen Konzertlebens symbolisieren, dann sind dies bewusst un spekta ku-läre, beiläufige Äußerungen. Bauckholt geht es nicht um Fische und auch nicht um Frisuren, sondern um eine Kontaktaufnahme zwischen Sprachmelodie und Instrumenten. Dass es dazu überhaupt kommen konnte, so Bauckholt, sei Partch geschuldet: erst die Auseinandersetzung mit dessen 43-stufiger Tonskala und dem charakteristischen Spektrum der selbstentworfenen Instrumente habe ihr erlaubt, den Detailreichtum der Sprachklänge zu erfassen und kompositorisch weiterzudenken. Und so ging dem Werk VOICES FOR HARRY PARTCH

CAROLa BAUCKHOLT - VOICES FOR HARRY PARTCH (2014/15)

FÜR ENSEMBLE MIT HARRY-PARTCH-INSTRUMENTEN

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eine äußerst mühsame Transferleistung voraus, für die sich selbst die Nutzung avancierter Computerprogramme als fruchtlos erwies. Minutiös hat Bauckholt die historischen Aufnahmen so genau wie möglich nach Gehör transkribiert und in Partchs Stimmungssystem und Instrumentarium eingepasst.

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Der Godfather der US-amerikanischen Just-Intonation-Bewegung, der Kompo-nist, Theoretiker und Instrumentenbauer HaRRY paRTCH (1901–1974), hat ein hoch komplexes Tonsystem entwickelt, das die Oktave in 43 Töne unterteilt – eine ungewöhnlich große Zahl an mikrotonalen Tonabständen, die die Reali sie-rung seiner Musik auf herkömmlichem Instrumentarium unmöglich machte. So entwickelte und baute Harry Partch im Laufe seines Lebens ein umfangreiches Instrumentarium – klingende Tonskulpturen von eigenwilliger Schönheit und großer Bühnenpräsenz. Für das Ensemble Musikfabrik wurde im Jahr 2012 dieses gesamte mikrotonale Instrumentarium von Thomas Meixner nachgebaut. Der Nachbau ist ein weltweit einmaliges Großprojekt, bei dem mehr als 50, zum Teil skulpturale Instrumente gebaut wurden: Saiten-, Schlag-, Glocken- und Tasteninstrumente sowie kleinere Handinstrumente. Bis 2012 existierte nur ein einziger kompletter Satz aller Originalinstrumente in den USA. Die fragilen und zum Teil in schlechtem Zustand befindlichen Instrumente lagern heute an der School of Music der University of Washington in Seattle und sind nur einem kleinen Kreis von Personen zugänglich. Erstmals in Europa schaffte das Ensemble Musikfabrik durch den Bau des Instrumentariums die Voraussetzung, das faszinierende, exotische Œuvre Harry Partchs einer breiten Öffentlichkeit in der Form zugängig zu machen, wie es vom Komponisten gedacht wurde: nämlich als Live-Ereignis. Mit dem Projekt PITCH 43_TUNING THE COSMOS erhalten Komponisten in Europa die Möglichkeit, das Partch- Instrumentarium zu studieren und dafür neue Werke zu schreiben. In jedem der beteiligten Auffüh-rungsländer wird ein Kompositionsauftrag an einen natio nalen Komponisten vergeben und uraufgeführt. Dazu wählen die Veranstalter weitere Werke aus der Liste der bereits vorangegangenen Uraufführungen aus anderen Ländern aus. Mit PITCH 43_TUNING THE COSMOS werden so neue Impulse im Umgang mit dem musikalischen Erbe Harry Partchs gegeben und es entsteht ein einmaliges europäisches Kompositionsgeflecht von neuen mikro tonalen Werken. Mit seinem erworbenen Know-how im Erlernen und Spielen der Instrumente steht das Ensemble Musikfabrik den Komponisten als Europas einziger „Partch- Klangkörper“ zur Verfügung und kann hier neue Impulse im Bereich der musi-kalischen, aber auch wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Tradition und Zukunft mikrotonaler Kompositionstechniken setzen.

pitCh 43_tuNing the COsMOs

ÜBER DAS PROJEKT

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Clement POwer Geboren 1980 in London, studierte Clement Power an der Cambridge

University und dem Royal College of Music in London. Im unmittel baren Anschluss an sein Studium wurde er zum „Assistant Conductor“ des Pariser Ensemble Intercontemporain ernannt. Seitdem hat er außerdem u. a. das NHK Symphony Orchestra dirigiert, das London Philharmonic Orchestra, die Birming - ham Con temporary Music Group und das Orchestre Philharmonique de Luxem-bourg. Zahlreiche Engagements verbinden Power u. a. mit dem Lucerne Festival, der Salzburg Biennale und insbesondere mit dem Klangforum Wien – so dirigierte er 2012 auch das Eröffnungskonzert des Festivals „Wien Modern“. Eines der über hundert Werke, die Clement Power zur Uraufführung brachte, ist die Oper „Hypermusic Prologue“ von Hèctor Parra, die nach ihrer Premiere im Pariser Centre Pompidou für das Label KAIROS als CD produziert wurde. Beim Impuls Festival 2015 war er leitender Dirigent.

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Ensemble Musikfabrik Seit seiner Gründung 1990 zählt das Ensemble Musikfabrik zu den

führenden Klangkörpern der zeitgenössischen Musik. Dem Anspruch des eige-nen Namens folgend, ist das Ensemble Musikfabrik in besonderem Maße der künstlerischen Innovation verpflichtet. Neue, unbekannte, in ihrer medialen Form ungewöhnliche und oft erst eigens in Auftrag gegebene Werke sind sein eigent liches Produktionsfeld. Die Ergebnisse dieser häufig in enger Kooperation mit den Komponisten geleisteten Arbeit präsentiert das in Köln beheimatete internatio nale Solistenensemble in jährlich etwa einhundert Konzerten im In- und Ausland, auf Festivals, in der eigenen Abonnementreihe „Musikfabrik im WDR“ und in regelmäßigen Audioproduktionen für den Rundfunk und den CD-Markt. Bei WERGO erscheint die eigene CD-Reihe „Edition Musikfabrik“, deren erste CD „Sprechgesänge“ 2011 den ECHO Klassik gewann. Alle wesent lichen Entscheidungen werden dabei von den Musikern in Eigenverant-wortung selbst getroffen. Die Auseinandersetzung mit modernen Kommuni-kations formen und experimentellen Ausdrucksmöglichkeiten im Musik- und Performance-Bereich ist ihnen ein zentrales Anliegen. Interdisziplinäre Projekte unter Einbeziehung von Live-Elektronik, Tanz, Theater, Film, Literatur und bildender Kunst erweitern die herkömmliche Form des dirigierten Ensemble-konzerts ebenso wie Kammermusik und die immer wieder gesuchte Konfron-tation mit formal offenen Werken und Improvisationen. Dank seines außer-gewöhnlichen inhaltlichen Profils und seiner überragenden künstlerischen Qualität ist das Ensemble Musikfabrik ein weltweit gefragter und verlässlicher Partner bedeutender Dirigenten und Komponisten. Das Ensemble Musikfabrik wird vom Land Nordrhein-Westfalen unterstützt.

Impulse bündeln >

Präsenz bewirken >

zum Wagnis ermutigen >

Wege ebnen >

www.kunststiftungnrw.deoben: Harry Partch, „Delusion of the Fury“ mit dem Ensemble

musikFabrik, Ruhrtriennale 2013, Foto: Klaus Rudolphmitte: Maura Morales, „Wunschkonzert“ 2012, Theater im

Ballsaal Bonn; Foto: Klaus Handnerunten: Nam June Paik, „Mercury“ 1991, Kunststiftung NRW

Das Unmögliche möglich machenKunststiftung NRW

Förderung als Herausforderung

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GYÖRGY KURTÁG — BREFS MESSAGES, OP. 47 (2011) — für kleines Ensemble

ENNO POPPE — NEUES WERK (2015/16) Kompositionsauftrag von Kunststiftung NRW und Ensemble Musikfabrik

ENNO POPPE — BROT (2007/13) — für fünf Instrumentalisten

ENNO POPPE — HAARE (2013/14) — für Violine solo Kompositionsauftrag des Ensemble Musikfabrik, gefördert durch das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen

ENNO POPPE — KNOCHEN (1999/2000) — für Ensemble

Ensemble Musikfabrik Enno Poppe, Dirigent

MUSIKFABRIK IM WDR 57SaMSTAG

27.\FEBRUAR 201620\00 Uhr

MARK ANDRE — NEUES WERK (2015/16) - für Ensemble — Uraufführung Kompositionsauftrag der Gerhart und Renate Baum-Stiftung

ADRIAN NAGEL — NEUES WERK (2015/16) — für Oboe, Klarinette, Horn, Tuba, Klavier, Schlagzeug, Violine und Cello — Uraufführung — Kompositionsauftrag der Gerhart und Renate Baum-Stiftung

BRIAN FERNEYHOUGH — NEUES WERK (2015/16) — für Ensemble Deutsche Erstaufführung — Kompositionsauftrag des Dina Koston and Roger Shapiro Fund in the Library of Congress, mit Unterstützung von Kunststiftung NRW und Ensemble Musikfabrik

ANTON WEBERN — KONZERT, OP. 24 (1934) - für 9 Instrumente

ANTON WEBERN — 5 STÜCKE FÜR ORCHESTER, OP. 10 (1911)

Ensemble Musikfabrik Emilio Pomàrico, Dirigent

MUSIKFABRIK IM WDR 58SaMSTAG 4.\juni 201620\00 Uhr

ImpressumEnsemble MusikfabrikIm Mediapark 750670 Köln

Fon +49 (0) 221 7194 7194 0Fax +49 (0) 221 7194 7194 7 [email protected]

projektmanagement Michael Bölterassistenz Vera Hefelestagemanagement Bernd Layendecker, Christoph Berger, Lukas Becker

texte Raoul Mörchenredaktion Hannah Naumannassistenz Sarah Bolz

konzeption & gestaltung Q, www.q-home.debildrechte Carola Bauckholt, Klaus Lang, Clement Power, Caspar Johannes Walter © Klaus Rudolph, Simon Steen-Andersen © Christian Vium, Ensemble Musikfabrik © Jonas Werner-Hohensee

Alle Konzerte der Reihe „Musikfabrik im WDR“ sind Produktionen des Ensemble Musikfabrik in Zusammenarbeit mit WDR 3, KölnMusik und der Kunststiftung NRW.

veranstaltungsort WDR Funkhaus am Wallrafplatz, Klaus-von-Bismarck-Saal, 50667 Köln

veranstaltungsbeginn jeweils 20 Uhr

vorverkauf Um Wartezeiten an der Abendkasse zu vermeiden, nutzen Sie die Möglichkeit, Ihre Karten bequem und sicher bei KölnTicket über das Internet zu bestellen: www.koelnticket.de Hotline: +492212801

eintrittspreise Einzelpreis: 15 € / ermäßigt 7,50 €Ihre Eintrittskarte ist vier Stunden vor Konzertbeginn und für Ihre Heimfahrt als Fahrausweis im VRS (2. Klasse) gültig.