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Nachhaltigkeit und Zementindustrie Dokumentation von Beiträgen und Handlungsoptionen Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zementindustrie in Verbindung mit Bundesverband der Deutschen Zementindustrie Verein Deutscher Zementwerke

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Page 1: Nachhaltigkeit und Zementindustrie - sustain- · PDF fileNorbert Berdolt, Dyckerhoff Zement GmbH (Betriebsrat) Dr.-Ing. Hans Otto Gardeik, Sozialpoliti-sche Arbeitsgemeinschaft der

Nachhaltigkeit und

Zementindustrie

Dokumentation von Beiträgenund Handlungsoptionen

Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-UmweltIndustriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft derDeutschen Zementindustriein Verbindung mit

Bundesverband der Deutschen ZementindustrieVerein Deutscher Zementwerke

Page 2: Nachhaltigkeit und Zementindustrie - sustain- · PDF fileNorbert Berdolt, Dyckerhoff Zement GmbH (Betriebsrat) Dr.-Ing. Hans Otto Gardeik, Sozialpoliti-sche Arbeitsgemeinschaft der

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Diese Dokumentation ist ein Beitrag derSozialpartner zur Initiative für Nachhaltig-keit in der deutschen Zementindustrie.

Auftraggeber

Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaftder Deutschen Zementindustrie e. V.

in Verbindung mit dem

Bundesverband derDeutschen Zementindustrie e. V.

und dem

Verein Deutscher Zementwerke e. V.

IndustriegewerkschaftBauen-Agrar-Umwelt

in Verbindung mit dem

GFW der IG BAU

IndustriegewerkschaftBergbau, Chemie, Energie

in Verbindung mit der

Stiftung Arbeit und Umwelt

Impressum

Steuerungskreis für die

Erstellung der Dokumentation

Holger Bartels, IndustriegewerkschaftBauen-Agrar-Umwelt

Michael Basten, Bundesverband der Deutschen Zementindustrie

Norbert Berdolt, Dyckerhoff ZementGmbH (Betriebsrat)

Dr.-Ing. Hans Otto Gardeik, Sozialpoliti-sche Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zementindustrie

Roland Gimpel, IndustriegewerkschaftBergbau, Chemie, Energie

Werner Hass, IndustriegewerkschaftBergbau, Chemie, Energie

Karl-Heinz Horstkotte, Dyckerhoff ZementGmbH (Betriebsrat)

Jochen Klein, Arbeitgeberverband Zementund Baustoffe

Dr.-Ing. Gustav Krogbeumker, Phoenix Zementwerke GmbH & Co. KG

Manfred Reuer, Karsdorfer Zement GmbH(Betriebsrat)

Dr. Martin Schneider, Verein Deutscher Zementwerke

Heiner Sülau, Alsen AG (Betriebsrat)Dr. Michael Weißenborn, Sozialpolitische

Arbeitsgemeinschaft der DeutschenZementindustrie

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Nachhaltigkeit und Zementindustrie – Dokumentation von Beiträgen undHandlungsoptionen. Herausgegeben von der Sozialpolitischen Arbeits-gemeinschaft der Deutschen Zementindustrie, der Industriegewerk-schaft Bauen-Agrar-Umwelt sowie der Industriegewerkschaft Bergbau,Chemie, Energie. Bearbeitet von Ralf Löckener und Birgit Timmer –Düsseldorf: Verlag Bau + Technik, 2002

ISBN 3-7640-0437-1

Bearbeitung

sustain consultBeratungsgesellschaft für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung mbH

Martin-Schmeißer-Weg 1944227 DortmundTel.: +49-(0)2 31-98 12 85-0 Fax: +49-(0)2 31-98 12 85-29

Ralf Löckener (Projektleitung)Tel.: 02 31-98 12 85-11

Birgit TimmerTel.: 02 31-98 12 85-12

Fachliche Beratung

Kapitel 1: Holger BartelsMichael BastenRoland Gimpel

Kapitel 2: Michael Basten

Kapitel 3: Michael BastenDr. Bruno HauerDr.-Ing. Peter LieblangDr. Martin Schneider Dr.-Ing. Lutz Wittmann

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Inhaltsverzeichnis

0 Anliegen der Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1 Nachhaltigkeit als Entwicklungsleitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Hintergrund und externe Anforderungen ■ Positionen der Sozialpartner in der Zementindustrie

2 Branchencharakteristika und Handlungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . 10

Struktur und Entwicklung der Branche ■ Produkte, Produktionsverfahren und Innovation ■ Beschäf-tigung, Qualifikation und Ausbildung ■ Cluster und Wertschöpfungskette

3 Beiträge zur Nachhaltigkeit in der

Wertschöpfungskette des Zements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.1 Rohstoffgewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Rohstoffbedarf und Versorgungssicherheit ■Substitutionspotenziale ■ Flächenbedarf und Raum-nutzung auf Zeit ■ Landes- und Regionalplanung ■Genehmigungsrecht und umweltverträgliche Roh-stoffgewinnung ■ Folgenutzung und Naturschutz

3.2 Zementproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Rechtlicher Rahmen und Umweltmanagement ■Luftreinhaltung und Emissionsminderung ■ Energie-intensität und Energieeffizienz ■ Maßnahmen zum Klimaschutz ■ Verbesserung des Lärmschutzes ■Steigerung der Arbeitssicherheit

3.3 Zementverarbeitung und Betonrecycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Betonherstellung und Baustoffinnovation ■Ressourcenschonung durch Betonrecycling ■Arbeitsschutz durch chromatarme Zemente

3.4 Anwendung zementgebundener Baustoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Kostengünstiges Bauen und Systembauweise ■Ressourcen schonendes Bauen ■ Energieeinsparung ■Gesundes Wohnen ■ Anwendungen für den Umwelt-schutz ■ Infrastruktur für nachhaltige Mobilität

4 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

Literatur und Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Anhang: Branchenvereinbarung

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Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Abbildungen

Abb. 1: Integration der drei Nachhaltigkeitsdimensionen durch Betrachtung entlang der Wertschöpfungskette . . . . . . . . . . . . . 6

Abb. 2: Management-Regeln für Nachhaltigkeit – Zusammenfassung und Modifikation auf der Basis des

Abschlussberichtes der Enquete-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Abb. 3: Entwicklung des Zementverbrauchs in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Abb. 4: Entwicklung in den zehn Staaten mit dem höchsten Zementverbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Abb. 5: Produktionsschritte der Zementherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Abb. 6: Wertschöpfungskette Zement und Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Abb. 7: Lagerstätten und Standorte von Zementwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Abb. 8: Anteil der Folgenutzungstypen an der Gesamtfläche der Folgenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Abb. 9: Nutzungstypen vor dem Abbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Abb. 10: Entwicklung der Staubemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Abb. 11: Messergebnisse für Dioxin- und Furanemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Abb. 12: Entwicklung des spezifischen Brennstoffenergieverbrauchs in der Klinkerproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Abb. 13: Entwicklung des spezifischen elektrischen Energieverbrauchs in der Zementproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Abb. 14: CO2-Effekte unterschiedlicher Entsorgungsverfahren für DSD-Kunststoffe im Vergleich zur Deponierung . . . . . . . . . . 30

Abb. 15: Entwicklung der CO2-Emissionen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Abb. 16: Entwicklung der Unfallhäufigkeit in der deutschen Zementindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Abb. 17: Balkenquerschnitte bei verschiedenen Bauweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Abb. 18: Stoffströme beim Recycling von Beton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Abb. 19: Anfall und Verwertung von Baureststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Abb. 20: Schätzung von Betonabbruchmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Abb. 21: Konstruktion mit Systembauelementen aus Beton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Abb. 22: Primärenergieverbrauch für Erstellung und Nutzung eines Mehrfamilien-Niedrigenergiehauses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Abb. 23: Beton-Außenwandkonstruktionen für die passive und aktive Solarenergienutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Abb. 24: Projekte der Initiative für Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Tabellen

Tab. 1: Entwicklung der Zementindustrie in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Tab. 2: Zementarten und ihre Bestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Tab. 3: Substitutionseffekte und -potenziale im Jahr 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Tab. 4: Flächenbedarf für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe im Jahr 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Tab. 5: Marktanteile von Zementarten am Inlandsversand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Tab. 6: Brennstoffeinsatz in der deutschen Zementindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Tab. 7: CO2-Minderung in der deutschen Zementindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

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Nachhaltigkeitund Zementindustrie

Dokumentation von Beiträgen und Handlungsoptionen

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0 Anliegen der Dokumentation

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Nachhaltige Entwicklung wird zunehmendzu einem zentralen gesellschaftspoliti-schen Leitbild, das für wirtschaftliche bzw.industrielle Tätigkeiten immer stärker anRelevanz gewinnt. Dies gilt auch für dieHerstellung und den Verbrauch von Ze-ment bzw. zementgebundenen Baustof-fen. Vor diesem Hintergrund gibt es in derZementindustrie verschiedene Projekte,die direkt oder mittelbar im Zusammen-hang mit Anstrengungen um eine nachhal-tige Entwicklung stehen. Als Beispiele sei-en hier aufgezählt:

■ der Ausgleich zwischen Rohstoffge-winnung, Standortsicherung und Na-turschutz,

■ die Senkung der CO2-Emissionen imRahmen der Umsetzung der Selbstver-pflichtung der Branche,

■ Aktivitäten zur Entwicklung und Förde-rung von kostengünstigen und umwelt-schonenden Bauweisen,

■ Qualifizierung und Information von Be-schäftigten in den Zementwerken.

Allgemein fehlt bisher ein sach- und pra-xisgerechtes Verständnis von Nachhaltig-keit. Dies gilt auch für das Verhältnis vonnachhaltiger Entwicklung und Zementindust-rie. Mit der vorliegenden Dokumentationwollen die Auftraggeber – die Sozialpoliti-sche Arbeitsgemeinschaft der DeutschenZementindustrie (SPADZ) in Verbindungmit dem Bundesverband der DeutschenZementindustrie (BDZ) und dem VereinDeutscher Zementwerke (VDZ), die Indust-riegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IGBAU) und die Industriegewerkschaft Berg-bau, Chemie, Energie (IG BCE) – die Basisfür einen verstärkten Dialog um die nach-haltige Entwicklung schaffen. Im Folgen-den werden dazu:

■ Grundsatzpositionen der Auftraggeberzur nachhaltigen Entwicklung darge-stellt,

■ eine Standortbestimmung im Hinblickauf bereits bestehende Beiträge zurNachhaltigkeit vorgenommen,

■ Handlungsfelder für zukünftige Aufga-ben zur nachhaltigen Entwicklung inder Zementindustrie identifiziert.

Dabei wurde eine problemorientierte Her-angehensweise gewählt: Im Zentrum ste-hen branchenspezifische Sachverhalte, de-ren Darstellung für einen Dialog um kon-krete Anstrengungen zur Nachhaltigkeitunverzichtbar ist. Die Erstellung der Doku-mentation markiert dabei nicht nur denStart eines Nachhaltigkeitsdialoges zwi-schen den Sozialpartnern, sondern auchzwischen den Sozialpartnern und externenAkteuren (Stakeholdern). Die Sozialpartnerhaben bei der Erstellung der Dokumentati-on unterschiedliche Erfahrungen einge-bracht, die eine wichtige Ausgangsbasisfür Maßnahmen zur nachhaltigen Entwick-lung in der Zementindustrie sind.

Die Sozialpartner verstehen Nachhaltigkeitals Prozess, der die gesamte Wertschöp-fungskette zementgebundener Baustoffeumfasst und der durch Investitionen undInnovationen schrittweise vorangebrachtwird. Dabei kommt es vor allem darauf an,ökologische, ökonomische und soziale Be-dürfnisse besser als bisher zu integrieren –konkrete Beiträge und Maßnahmen wer-den daher diesen drei Dimensionen nichtisoliert zugeordnet, sondern entlang derbranchenspezifischen Wertschöpfungsket-te im Zusammenhang dargestellt und do-kumentiert. Diese Wertschöpfungskettebesteht aus der Rohstoffgewinnung, derHerstellung von Zement, seiner Verarbei-tung zu zementgebundenen Baustoffen(insbesondere Beton), deren Verwendungin der Bauwirtschaft sowie dem Recycling

zementgebundener Baustoffe (vgl. Abb. 1).Die komplexen Herausforderungen einernachhaltigen Entwicklung bedingen, dassdie vorliegende Dokumentation nicht er-schöpfend sein kann. Es handelt sich viel-mehr um eine erste grundlegende Be-standsaufnahme, der weitere Projekte fol-gen werden. Ein gemeinsamer Such- undLernprozess sowie die Einleitung weitererSchritte zur nachhaltigen Entwicklung ha-ben dabei für die Sozialpartner einen be-sonderen Stellenwert.

Der Aufbau der Dokumentation folgt die-sem Anliegen:

■ In Kapitel 1 werden die Relevanz desLeitbildes Nachhaltigkeit für die Ent-wicklung der Zementindustrie sowiedie diesbezüglichen Positionen der So-zialpartner dargestellt.

■ In Kapitel 2 werden wirtschaftliche undsoziale Branchencharakteristika erläu-tert, die zugleich die aktuellen Hand-lungsspielräume der Zementindustriemarkieren.

■ In Kapitel 3 werden bisherige Beiträgezur Nachhaltigkeit entlang der Wert-schöpfungskette der Herstellung undVerwendung von Zement aufgezeigt.

■ Abschließend wird eine Standortbe-stimmung vorgenommen, die in einerAufstellung von Handlungsfeldern fürweitere Projekte und in einer Branchen-erklärung zur Gründung einer Nachhal-tigkeitsinitiative mündet (Kapitel 4).

SozialeNachhaltigkeit

– Nachhaltigkeitsprozess –

ÖkonomischeNachhaltigkeit

ÖkologischeNachhaltigkeit

Rohstoff-gewinnung

Zement-produktion

Beton-herstellung

Bau-wirtschaft

Beton-recycling

• Stakeholder• Interessen• Bestehende Beiträge

• Dialoge• Schnittstellen• Entwicklungspotenziale

– Wertschöpfungskette –

Abb. 1: Integration der drei Nachhaltigkeitsdimensionen durch Betrachtung entlang der Wertschöp-fungskette

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1 Nachhaltigkeit als Entwicklungsleitbild

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Hintergrund und

externe Anforderungen

Die gesellschafts- und umweltpolitischeDiskussion folgt in wachsendem Maßedem Leitbild der „nachhaltigen Entwick-lung“ (sustainable development). Der Be-griff Nachhaltigkeit wird seit langem in derForstwirtschaft verwendet: Einen Waldnachhaltig zu nutzen bedeutet, nur so vielHolz zu schlagen wie nachwächst. 1987wurde Nachhaltigkeit durch die Brundt-land-Kommission der Vereinten Nationenals zentrales gesellschaftspolitisches Leit-bild definiert. Danach ist eine Entwicklungdann nachhaltig, wenn sie den Bedürfnis-sen der heutigen Generation entspricht,ohne die Möglichkeiten künftiger Genera-tionen zu gefährden, ihre eigenen Bedürf-nisse zu befriedigen. Daran anknüpfendverabschiedete die Konferenz der Verein-ten Nationen für Umwelt und Entwicklungin Rio de Janeiro im Jahr 1992 mit derAgenda 21 ein umfangreiches Arbeitspro-gramm. Ein wichtiges Beispiel für die Um-setzung ist der internationale Klimaschutz,für den vor wenigen Monaten konkreteVereinbarungen zur Senkung der CO2-Emissionen getroffen wurden.

Mit dem Konzept der Nachhaltigkeit ist einumfassendes Entwicklungsverständnisverbunden: Erstens geht es um eine glei-chermaßen nachhaltige Entwicklung vonUmwelt, Wirtschaft und Gesellschaft –ausgehend von der Erkenntnis, dass einezukunftsfähige Entwicklung die Wechsel-wirkungen zwischen ökologischen, sozia-len und ökonomischen Bedürfnissen be-rücksichtigen muss. Zweitens spielt diezeitliche Dimension eine wichtige Rolle,weil die Konsequenzen aus dem Handelnder heutigen Generation für das Lebenkommender Generationen nach dem Vor-sorgeprinzip bei heutigen Entscheidungenberücksichtigt werden müssen. Drittensunterstreicht die Agenda 21 die Bedeutungder verschiedenen politisch-administrati-ven Ebenen und der unterschiedlichen Ak-teure bei der Umsetzung einer nachhalti-gen Entwicklung. Dementsprechend gibtes heute Aktivitäten auf internationaler, na-tionaler, regionaler und kommunaler Ebe-ne, an denen sich neben staatlichen Ein-

richtungen auch Wirtschaft, Umweltver-bände und andere Nicht-Regierungs-Orga-nisationen beteiligen. Eine Bestandsauf-nahme über die bisherigen Erfolge soll derWeltgipfel für Nachhaltige Entwicklung leis-ten, der im August/September 2002 in Jo-hannesburg in Nachfolge der Konferenzvon Rio de Janeiro stattfinden wird.

In Deutschland wurde die Diskussion überKonzepte und Strategien zur nachhaltigenEntwicklung in den 1990er Jahren vor al-lem von zwei Enquete-Kommissionen desBundestages mit dem Titel „Schutz desMenschen und der Umwelt“ angestoßen.Die erste Enquete-Kommission widmetesich vor allem einer ganzheitlichen Be-trachtung von Stoff- und Materialströmen.Sie ging dabei davon aus, dass eine ganz-heitliche Betrachtung industrieller Produk-te „von der Wiege bis zur Bahre“ (also vonder Rohstoffgewinnung über die Grund-stoffherstellung, Weiterverarbeitung undVerwendung bis hin zur Entsorgung undzum Recycling) für eine umweltgerechteVorsorge unverzichtbar ist. Damit ist dieAbsicht verbunden, die negativen Wirkun-gen industrieller Produktion (z. B. in Formvon Emissionen) nicht nur durch so ge-nannte end-of-pipe-Technologien zu be-grenzen, sondern durch eine Veränderungder Produktionsweisen möglichst von Be-ginn an zu minimieren.

Die zweite Enquete-Kommission befasstesich vor allem mit den ökonomischen undsozialen Rahmenbedingungen für einenachhaltige Entwicklung. Sie entwickeltedamit den primär auf Stoffströme ausge-richteten Ansatz im Sinne der Agenda 21weiter und definierte Nachhaltigkeit als re-gulative Idee, die ökologische, ökonomi-sche und soziale Ziele integriert. Dement-sprechend ergänzte die zweite Enquetedie Regeln, die ihre Vorgängerin für einökologisches Stoffstrommanagement auf-gestellt hatte, um Managementregeln fürdie soziale und ökonomische Dimensioneiner nachhaltigen Entwicklung (siehe un-ten). Die Kommission betonte außerdemdie Bedeutung von Lernprozessen zurschrittweisen Verwirklichung einer nach-haltigen Entwicklung.

Anhand einzelner Beispielfelder bemühtesich die zweite Enquete zudem um eineKonkretisierung von Nachhaltigkeitsstrate-gien. Hierzu gehörte das Thema Bodenver-sauerung, wobei u. a. die Zementindustrieim Hinblick auf eine weitere Senkung derStickstoffemissionen angesprochen wur-de. Anhand des Beispielfeldes „Bauen undWohnen“ strebte die zweite Enquete einemöglichst konkrete Integration ökologi-scher, ökonomischer und sozialer Aspektean. Entwickelt wurde hier ein Katalog vonZielen, die die Richtung für strukturelle Ver-änderungen in diesem Beispielfeld weisensollen. Hierzu gehörten das Ressourcensparende Bauen, die Vermeidung von „Downcycling“ und die Verbesserung derKooperation am Bau, die auch eine hoheRelevanz für die Herstellung und Weiter-verarbeitung von Baustoffen haben. DieBedeutung mineralischer Baustoffe wurdedadurch unterstrichen, dass die Enquetedie Ausweisung von Vorrats- und Vorrang-flächen für die Rohstoffgewinnung aus-drücklich in den Zielkatalog für eine nach-haltige Entwicklung aufgenommen hat.

Die Ergebnisse der Enquete-Kommissionmachen deutlich, wie komplex die Heraus-forderungen bei der Entwicklung einerNachhaltigkeitsstrategie mit konkreten Zie-len und Maßnahmen sind. Zwischen denZielen, die die Enquete aufgestellt hat, be-stehen zum Teil komplementäre oder sy-nergetische Beziehungen, zum Teil jedochauch Konflikte – beispielhaft sei hier aufdas Spannungsverhältnis zwischen der Er-höhung der Wohneigentumsquote und derReduzierung des Flächenverbrauchs hin-gewiesen. Die Kommission hat mit ihrenErgebnissen im Kern einen Beleg für denAnsatz von Nachhaltigkeit als regulativeIdee geliefert: Demnach kommt es daraufan, bei der Integration ökologischer, öko-nomischer und sozialer Bedürfnisse imRahmen eines Dialog- und Innovationspro-zesses schrittweise praxisrelevante Lö-sungen zu entwickeln.

Mittlerweile wurde das Thema von vielengesellschaftlichen und politischen Kräftenin Deutschland weiterverfolgt. Die Bun-desregierung hat einen Staatssekretärs-ausschuss eingerichtet und einen Rat für

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Nachhaltige Entwicklung einberufen, de-ren Aufgabe die Entwicklung einer natio-nalen Nachhaltigkeitsstrategie ist. BeideGremien befassen sich zunächst schwer-punktmäßig mit den Themen Klimaschutzund Energiepolitik, umweltverträglicheMobilität sowie Landwirtschaft, Ernährungund Gesundheit. Diese Schwerpunktthe-men sollen in mehreren Pilotprojekten kon-kretisiert werden. Auch in ihrer praktischenPolitik beruft sich die Bundesregierung zu-nehmend auf das Leitbild der Nachhaltig-keit – Beispiele hierfür sind die Förderungerneuerbarer Energien oder der „LeitfadenNachhaltiges Bauen bei Bundesbauten“,den das Bundesministerium für Verkehr,Bau- und Wohnungswesen im Januar2001 vorgelegt hat. Besonderes Gewichtwird dabei aus ökologischen und wirt-schaftlichen Gründen der Reduzierung desEnergieverbrauchs in der Nutzungsphasevon Gebäuden beigemessen.

Neben Initiativen, Handlungsstrategienund konkreten Maßnahmen, die zur Nach-haltigkeit beitragen können, wurden in denvergangenen Jahren auch Analyse-Instru-mente entwickelt, mit denen Ressourcen-produktivität, Ökoeffizienz und Umwelt-wirkungen industrieller Produkte und Pro-duktionsverfahren bewertet werden sol-len. Dabei soll in Zukunft auf umfassendeIndikatoren-Systeme abgestellt werden,die sich gleichermaßen auf ökologische,ökonomische und soziale Aspekte bezie-hen. Aufgrund der komplexen Sachverhal-te besteht hier allerdings noch großerHandlungsbedarf. Der Schwerpunkt beider Entwicklung von Analyse-Methodenhat in den vergangenen Jahren vor allemauf dem Instrument der Ökobilanzierunggelegen, mit dem die Umweltwirkungenvon Produkten oder Produktionsverfahrennach Möglichkeit über den gesamtenStoffstrom ermittelt werden sollen.

Die deutsche Zementindustrie hat sich ak-tiv an der Entwicklung und Erprobung vonMethoden zur Ökobilanzierung beteiligt.Ökobilanzen werden in der Zementindust-rie mittlerweile bei verschiedenen Fra-gestellungen genutzt. Dies gilt z. B. für dieBewertung des Einsatzes von Sekundär-stoffen in der Zementherstellung oder für

die Errichtung und Nutzung kostengünsti-ger Niedrigenergiehäuser aus Betonfertig-teilen. Ein wichtiges Beispiel ist auch dasProjekt zur ganzheitlichen Bilanzierung vonBaustoffen und Gebäuden, das an der Uni-versität Stuttgart unter Mitwirkung ver-schiedener Baustoffhersteller bearbeitetwurde. In Kooperation mit dem Bundes-verband Baustoffe – Steine und Erden wur-den dabei konkrete Leitfäden zur Erstel-lung von Ökobilanzen geschaffen.

Positionen der Sozialpartner

in der Zementindustrie

Die Agenda 21 schreibt der Wirtschaft mitihren Unternehmen, Mitarbeitern und In-teressenvertretungen eine zentrale Be-deutung für die nachhaltige Entwicklungzu. Die Sozialpolitische Arbeitsgemein-schaft der Deutschen Zementindustrie(SPADZ), der Bundesverband der Deut-schen Zementindustrie (BDZ) und der Ver-ein Deutscher Zementwerke (VDZ) sowiedie Industriegewerkschaften Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und Bergbau, Chemie,Energie (IG BCE) haben deshalb im Hin-blick auf eine nachhaltige Entwicklung ei-nen gemeinsamen Suchprozess initiiert.Das erste Ergebnis dieses Prozesses istdie hier vorliegende Dokumentation.

Die genannten Einrichtungen haben sichbereits in der Vergangenheit mit Themenbefasst, die für eine nachhaltige Entwick-lung der Branche eine hohe Relevanz ha-ben:

■ Die Unternehmen der Zementindustrieund ihre Verbände arbeiten unter ande-rem an Fragen des Klimaschutzes undder Energieeffizienz, des Arbeits- undGesundheitsschutzes sowie an derEntwicklung ökologischer und kosten-günstiger Bauweisen. So setzen dieUnternehmen gemeinschaftlich einCO2-Minderungsziel um, das im Rah-men einer freiwilligen Selbstverpflich-tung der Branche festgelegt wurde. Einweiteres wichtiges Beispiel für die Ar-beit in den Gemeinschaftsgremien istdie Rohstoffkommission, die unter an-derem Problemlösungen für den Aus-gleich zwischen Rohstoffgewinnung

und Naturschutz entwickelt. Einige Un-ternehmen beteiligen sich auch an wei-teren Initiativen wie z. B. dem WorldBusiness Council for Sustainable Deve-lopment (WBCSD).

■ Auf der Seite der Beschäftigten beteili-gen sich IG BAU und IG BCE seit eini-gen Jahren intensiv an der Diskussionum nachhaltige Entwicklungsstrategi-en. Die IG BAU bemüht sich vor allemum eine Förderung des Dialogs zwi-schen der Wirtschaft und Nicht-Regie-rungs-Organisationen – aus solchen Arbeitszusammenhängen sind inzwi-schen verschiedene Projekte entstan-den. Die IG BCE hat sich in den Arbei-ten der Enquete-Kommission des Bun-destages stark engagiert; erste Erfah-rungen mit branchenspezifischen Kon-kretisierungen des Leitbildes Nachhal-tigkeit liegen zudem aus der Chemi-schen und aus der Kunststoff verarbei-tenden Industrie vor.

Im Zusammenhang mit der Erarbeitungder vorliegenden Dokumentation habendie Sozialpartner ein gemeinsames Ver-ständnis für Nachhaltigkeit in der Zement-industrie als Plattform für die weitere Zu-sammenarbeit entwickelt. Ausgangspunkthierfür war die Definition der Brundtland-Kommission, nach der nachhaltige Ent-wicklung den Bedürfnissen der heutigenGeneration entsprechen soll, ohne dieMöglichkeiten künftiger Generationen zugefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu be-friedigen. Auch für die Sozialpartner er-wächst daraus eine ökologische, eine so-ziale und eine ökonomische Verant-wortung. Die drei Zieldimensionen sollen v. a. durch eine Bestimmung von Synergienund durch eine Auflösung von (faktischenoder vermeintlichen) Widersprüchen inte-griert werden. Leitplanken sind durchausvorhanden: So nutzt eine Steigerung derRessourcenproduktivität gleichermaßenökologischen, sozialen und ökonomischenZielen.

Ebenso wie die zweite Enquete-Kommissi-on des Bundestages und die Bundesregie-rung verstehen die Sozialpartner nachhalti-ge Entwicklung zudem als kontinuierlichen

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Such- und Lernprozess: Zur Umsetzungempfehlen sie einen Nachhaltigkeitswett-bewerb im Sinne eines Ringens um die bes-te Lösung. Daraus folgt auch, dass die un-terschiedlichen Entwicklungsoptionen, diemit bestimmten industriellen Produktenund Produktionsverfahren verbunden sind,nicht vorschnell verschüttet werden dürfen.

Die Unternehmen und ihre Beschäftigtengehen von ihren eigenen Handlungsmög-lichkeiten aus, um praktische Beiträge zuleisten und konkrete Problemlösungen vor-zuschlagen. Ein wichtiger Ansatzpunkt fürdie Sozialpartner sind dabei die Manage-mentregeln, die von den Enquete-Kom-missionen aufgestellt wurden. Allerdingssehen die Sozialpartner hier einen Bedarfzur Anpassung an die spezifischen Verhält-nisse in der Zementindustrie – gerade einesolche branchenspezifische Konkretisie-rung wird als unabdingbar für eine stärkerePraxisrelevanz des Leitbildes Nachhaltig-keit angesehen. Bis zum jetzigen Zeitpunktwurden vier Modifikationen vorgeschlagen(vgl. Abb. 2, Änderungen in blauer Schrifthervorgehoben):

■ erstens bzgl. der Schonung nicht-er-neuerbarer Ressourcen, die durch Stei-

gerung der Ressourcen-Produktivität,Nutzung von Substitutionspotenzialenund Recycling erfolgt,

■ zweitens bzgl. der Flächennutzung fürdie Rohstoffgewinnung, die zeitlich be-grenzt und mit anschließender Folge-nutzung durchgeführt wird,

■ drittens bzgl. der Rahmenbedingungendes Wettbewerbs, die so gestaltetwerden sollen, dass Investitionen alsVoraussetzung für Innovationen ange-regt werden,

■ viertens bzgl. der sozialen Dimension,für die grundsätzlich die Frage beant-wortet werden muss, in welcher Hin-sicht Unternehmen und Beschäftigteals Akteure zu betrachten sind.

Diese Modifikationen sind notwendig, umnachhaltige Entwicklung mit Blick auf diespezifischen Verhältnisse und auf denHandlungsspielraum der Zementindustrieumzusetzen. Die Sozialpartner betonen vorallem den Stellenwert von Investitionen alsBasis für Innovationen, Anpassungsfähig-keit und Beschäftigungssicherung. Investi-tionen als Erfolgsfaktor für eine nachhalti-

ge Entwicklung setzen gerade in der kapi-talintensiven Zementindustrie eine ent-sprechende Ertragskraft der Unternehmensowie eine ausreichend langfristige Roh-stoffversorgung voraus.

Zementgebundene Baustoffe bilden nachAnsicht der Sozialpartner eine unverzicht-bare Grundlage für den Aufbau und Erhalteiner modernen Infrastruktur zur Befriedi-gung der Bedürfnisse Wohnen, Arbeitenund Mobilität. Die Rahmenbedingungenund Implikationen, die mit der Herstellungdes Grundstoffes Zement sowie seiner An-wendung verbunden sind, wollen die Sozi-alpartner im Sinne der nachhaltigen Ent-wicklung gestalten. Dialoge hierzu sindeinerseits erforderlich zwischen den Sozi-alpartnern selbst und andererseits zwi-schen den Sozialpartnern und weiteren Ak-teuren bzw. Stakeholdern, insbesondereUmweltverbänden, Wissenschaft, Politikund Verwaltung. Auf regionaler Ebene gibtes bereits erste Initiativen, die einem sol-chen Ansatz folgen – beispielhaft sei hierauf die Projekte des ArbeitgeberverbandesZement und Baustoffe, der IG BAU und derIG BCE zur Qualifizierung der Beschäftig-ten und zur Rohstoffsicherung in der west-fälischen Zementindustrie hingewiesen.

Abb. 2: Management-Regeln für Nachhaltigkeit – Zusammenfassung und Modifikation auf der Basis des Abschlussberichtes der Enquete-Kommission

(Quelle: Enquete-Kommission 1998 / eigene Darstellung)

Ökologische Dimension

■ Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen sollderen Regenerationsrate nicht übersteigen.

■ Die Schonung nicht-erneuerbarer Ressour-cen soll durch die Steigerung der Ressour-cen-Produktivität, verstärktes Recycling unddie Nutzung von Substitutionspotenzialen er-reicht werden.

■ Bei der Sicherung und Gewinnung natürli-cher Ressourcen soll die Abstimmung mitanderen Belangen bei der Vor-, Zwischen-und Folgenutzung der betreffenden Flächenoptimiert werden.

■ Stoffeinträge in die Umwelt sollen sich ander Belastbarkeit der Umweltmedien orien-tieren.

■ Das Zeitmaß anthropogener Einträge bzw.Eingriffen in die Umwelt muss an das Reakti-onsvermögen natürlicher Prozesse ange-passt sein.

■ Gefahren und unvertretbare Risiken für diemenschliche Gesundheit sind zu vermeiden.

Ökonomische Dimension

■ Das ökonomische System soll individuelleund gesellschaftliche Bedürfnisse effizientbefriedigen, die persönliche Initiative fördernund das Eigeninteresse in den Dienst desGemeinwohls stellen.

■ Preise müssen dauerhaft die wesentlicheLenkungsfunktion auf Märkten wahrneh-men.

■ Die Rahmenbedingungen des Wettbewerbssind so zu gestalten, dass funktionsfähigeMärkte entstehen, Investitionen und Innova-tionen angeregt werden, langfristige Orien-tierung sich lohnt und der gesellschaftlicheWandel gefördert wird.

■ Die ökonomische Leistungsfähigkeit einerGesellschaft und ihr Produktiv-, Sozial- undHumankapital müssen im Zeitablauf zumin-dest erhalten bleiben.

Soziale Dimension

■ Menschenwürde und Entfaltungschancensollen für heutige und zukünftige Generatio-nen gesichert werden.

■ Jedes Mitglied der Gesellschaft erhält Leis-tungen von der solidarischen Gesellschaft:

- entsprechend geleisteter Beiträge zuSicherungssystemen,

- entsprechend der Bedürftigkeit.

■ Jedes Mitglied der Gesellschaft muss ent-sprechend seiner Leistungsfähigkeit einenBeitrag für die Gesellschaft leisten.

■ Soziale Sicherungssysteme können nur imselben Maß wie das wirtschaftliche Leis-tungspotenzial wachsen.

■ Das in der Gesellschaft vorhandene Leis-tungspotenzial soll für künftige Generationenzumindest erhalten werden.

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2 Branchencharakteristika und Handlungsrahmen

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Struktur und Entwicklung der Branche

Nach Angaben des Statistischen Bundes-amtes wurde im Jahr 2000 in Deutschlandin 59 Betrieben mit mehr als 19 Beschäf-tigten Zement hergestellt. Die Zahl der Mit-arbeiter lag bei 11.144 und ist damit seit1995 um 1.433 bzw. 11,4 % zurückgegan-gen (Tab. 1). Dieser Beschäftigungsrück-gang ist nicht nur auf Produktivitätssteige-rungen, sondern auch auf die Entwicklungder Baukonjunktur zurückzuführen, in de-ren Folge die Produktion um rund 3 % undder Umsatz der deutschen Zementindust-rie sogar um rund 9 % sank. Die Kapa-zitätsauslastung der Drehöfen, der zentra-len Aggregate integrierter Zementwerke,betrug nach Angaben des Forschungsinsti-tuts der Zementindustrie lediglich 65 %.Trotz des ungünstigen Umfeldes, das sichin 2001 noch einmal drastisch verschlech-tert hat, beliefen sich die Bruttoanlagein-vestitionen der deutschen Zementindust-rie zwischen 1995 und 2000 auf 3,4 Mrd.DM (1,7 Mrd. €) und lagen im Mittel bei560 Mio. DM (286 Mio. €) pro Jahr.

Die Bauwirtschaft mit ihren konjunkturel-len Ausschlägen ist der fast ausschließli-che Anwendungsbereich für Zement. Ze-mente, die in anderen Branchen (z. B. alsTiefbohrzement bei der Erdölförderung)eingesetzt werden, spielen mengenmäßignur eine geringe Rolle. In den kommendenJahren wird – einschließlich positiver Ef-fekte im Substitutionswettbewerb derBaustoffe – wieder mit einer Stabilisierungdes Zementverbrauchs in Deutschland ge-rechnet. Grundsätzlich gilt, dass in reifenMärkten der Zementverbrauch weniger

von bauwirksamen Nachholbedarfen ge-prägt ist als von Ersatzinvestitionen sowieder Modernisierung von Wohnraum und In-frastrukturen.

Die Zementindustrie wird im allgemeinemdurch folgende, eng zusammenhängendeMerkmale charakterisiert:

■ Kapitalintensität: Für den Neubau ei-nes kompletten Zementwerks mit ei-ner Jahresproduktion von 1,5 Mio. tKlinker sind Investitionen in Höhe vonbis zu 300 Mio. € anzusetzen. Dies ent-spricht etwa dem Drei- bis Vierfachendes Jahresumsatzes oder – bezogenauf die direkt Beschäftigten – im Durch-schnitt etwa 1,5 Mio. € pro Arbeits-platz. Bei Neuinvestitionen entfällt heu-te über 20 % des Investitionsvolumensauf Umweltschutzmaßnahmen. Ent-sprechende Großprojekte amortisieren

sich nur über einen Zeitraum von etwa25 Jahren. Durch Instandhaltung betra-gen die betrieblichen Nutzungszeitengroßer Aggregate im Allgemeinen so-gar mehr als 30 Jahre. Hinzu kommt,dass Investitionen der Zementindustriein hohem Maße irreversibel sind, weilmit den Anlagen in der Regel keine an-deren Produkte hergestellt werdenkönnen (Einzweckcharakter) und ihr Li-quidationswert gering ist. Die Zement-industrie bedarf daher bei der Rohstoff-versorgung einer ausreichenden Inves-titionssicherheit.

■ Standortgebundenheit: Die Zement-herstellung ist an geeignete und verfüg-bare Rohstoffvorkommen gebunden.Aufgrund der Transportkostenintensitätliegen Zementwerke, in denen das roh-stoffintensive Zwischenprodukt Klinkerhergestellt wird, in der Regel in unmit-telbarer Nähe geeigneter Lagerstätten.Dies ist nicht nur wirtschaftlich son-dern auch ökologisch sinnvoll, weil so Umweltbelastungen durch Input-Transporte vermieden werden. Hinzukommt, dass sich die meisten Normze-mente aufgrund ihres geringen spezifi-schen Wertes auf dem Landweg im All-gemeinen nur über eine relativ kurzeEntfernung von etwa 200 km wirt-schaftlich absetzen lassen. Die Nähe zuden Absatzmärkten ist daher ein weite-rer Standortfaktor, der die regionale Ver-teilung der Werke stark beeinflusst hat.

EinheitAnzahlAnzahl

Anzahl Anzahl

Mio. DMMio. DMProzent

Mio. t

Mio. DM

1995

3566

12.577191

5.6963285,8

37,2

832,9

UnternehmenBetriebe*

Beschäftigte*Beschäftigte je Betrieb*

Umsatz*… davon durch Ausfuhr*Exportquote*

Produktion**

Anlageinvestitionen*** Betriebe mit mehr als 19 Beschäftigten / ** Unternehmen

(Zahlenangaben: Statistisches Bundesamt / eigene Berechnungen)

1996

3565

12.326190

5.3963486,4

35,6

520,1

1997

3565

12.377190

5.5203937,1

35,7

514,1

1998

3362

11.875192

5.3763636,8

36,1

606,7

1999

3461

11.375183

5.4983786,9

37,9

451,1

2000

3159

11.144189

5.1854127,9

36,1

431,6

Tab. 1: Entwicklung der Zementindustrie in Deutschland

45

40

35

30

25

20

15

10

5

01970 1980 1990 2000

Mio

. Ton

nen

Zementverbrauch als Summe von Inlandsversand der deutschen Werke und Importen.Bis 1991 nur Westdeutschland, ab 1992 Gesamtdeutschland; Zahlen bis 1997 und ab1998 wegen verändertem Berichtskreis beim Inlandsversand nur bedingt vergleichbar

Jahr

Abb. 3: Entwicklung des Zementverbrauchs in Deutschland (Zahlenangaben: BDZ)

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■ Rohstoff- und Energieintensität: Ze-ment lässt sich nicht ohne primäreRohstoffe herstellen, die Stoffum-wandlung zur Veredlung der Rohstoffebedarf zudem des Einsatzes vonBrennstoffen und Strom. So lag trotzdes hohen energetischen Anlagenwir-kungsgrades von über 70 % der Anteilder Energiekosten an der Bruttowert-schöpfung der deutschen Zementindust-rie nach Angaben des StatistischenBundesamtes in 1999 bei 26 %, einemder höchsten Werte aller Industriebran-chen. Die Unternehmen haben daherein hohes Eigeninteresse daran, wert-volle Rohstoffvorkommen als Basis derZementproduktion zu schonen und dieEnergieeffizienz ihrer Anlagen zu stei-gern. Neben verfahrenstechnischenVerbesserungen schöpfen sie dabei zunehmend Substitutionspotenzialedurch sekundäre Brenn- und Einsatz-stoffe aus.

Im Unterschied zu den meisten anderenLändern der Erde einschließlich der Mit-gliedstaaten der Europäischen Union weistdie deutsche Zementindustrie einen struk-turellen Mix von konzerngebundenen Un-ternehmen und industriellem Mittelstandauf. Während in Deutschland bei Berück-sichtigung der Kapitalverflechtungen 20Unternehmen über eine eigene Produkti-onsbasis zur Herstellung von Zementklin-ker verfügen, trifft dies in Belgien lediglichauf drei sowie in Frankreich und Großbri-tannien nur auf jeweils vier Unternehmenzu. Zwar ist auch in Deutschland die Be-deutung der konzerngebundenen Herstel-ler gewachsen. Die bislang größten Ver-schiebungen im Verhältnis von konzern-gebundenen und mittelständischen Unter-nehmen liegen allerdings schon etwa 30Jahre zurück. Derzeit decken die sechsgrößten Anbieter einschließlich ihrer Betei-ligungen sowie der Tochtergesellschafteneines französischen, eines schweizeri-schen und eines britischen Konzerns rund80 % des deutschen Zementmarktes ab.

Aufgrund der Frachtkostenintensität spieltder Außenhandel mit Zement traditionellnur eine untergeordnete Rolle. Auch dieImporte aus den osteuropäischen Nach-

barstaaten, die Mitte der 1990er Jahre inDeutschland Marktanteile von bundesweitüber 15 % (Ostdeutschland: bis zu 40 %)erreichten, waren in den letzten Jahrenwieder stark rückläufig. Neben der kon-junkturellen Entwicklung und der Transfor-mation der osteuropäischen Volkswirt-schaften ist dies sicher auch auf denUmstand zurückzuführen, dass deutschebzw. westeuropäische Hersteller massiv inden betreffenden Ländern investiert ha-ben. Gleichwohl besteht – anders als in derVergangenheit – weiterhin ein latenter Im-portdruck. International wettbewerbsfähi-ge Rahmenbedingungen werden daherauch für die Entwicklung der „standortge-bundenen“ Zementindustrie in Deutsch-land immer wichtiger.

Dazu trägt auch die dynamische Globalisie-rung der Branche bei. Zwar steht hier nichteine Verlagerung der Produktion an, wiesie in anderen Industriebranchen vollzogenwurde. Triebfeder ist vielmehr die Aus-schöpfung von Wachstumspotenzialenund die Abfederung (bau-)konjunkturellerRisiken durch eine möglichst breite räumli-che Diversifizierung. Als abgeleiteter Ef-

fekt ist aber selbst in der frachtkostenin-tensiven Zementindustrie mit einer zuneh-menden Optimierung der Produktionsba-sis und der Kapazitätsauslastung iminternationalen Verbund zu rechnen. Ange-sichts der relativ günstigen Entwicklungder Seefrachtraten kommt dabei vor allemgroßen Werksstandorten mit Anschluss anden Seeverkehr eine wichtige strategischeFunktion zu. Allerdings gibt es in Deutsch-land kein integriertes Zementwerk mit di-rektem Anschluss zum Seeverkehr.

In weltweiter Perspektive wachsen Pro-duktion und Verbrauch von Zement vor al-lem in Asien, das seinen Weltmarktanteilvon rund einem Drittel in 1980 auf etwazwei Drittel (davon die Hälfte in China) aus-geweitet hat (Abb. 4). Die sieben größtenUnternehmensgruppen kontrollieren heu-te etwa 40 % der weltweiten Produktions-kapazitäten außerhalb Chinas; fünf dieserAnbieter stammen aus Westeuropa, zweidavon aus Deutschland. Das internationaleEngagement ist mit Investitionen undKnow-how-Transfer verbunden, die auchder Verbesserung des Umweltschutzesdienen.

Abb. 4: Entwicklung in den zehn Staaten mit dem höchsten Zementverbrauch (Zahlenangaben: Cembureau)

Mio

. Ton

nen

1.200

1.000

800

600

400

200

1992 1994 1996 1998 2000

China

USA

Indien

Japan

SüdkoreaSpanienItalienBrasilienDeutschlandTürkei

Jahr

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Produkte, Produktionsverfahren

und Innovation

Zement ist ein hydraulisches Bindemittel,d. h. ein fein gemahlener, nicht-metallischer,anorganischer Stoff, der nach Zugabe vonWasser erhärtet und sowohl an der Luft alsauch unter Wasser fest bleibt. Die Mi-schung von Zement, Wasser und Gesteins-körnungen bzw. Zuschlagstoffen (Kies/Sand)ergibt Beton, der seinerseits dauerhaft festund raumbeständig bleibt. Zement wird zu-dem als Bindemittel für die Herstellung vonanderen Baustoffen wie z. B. Putz- undMauermörtel verwendet. Bei Zement han-delt es sich ganz überwiegend um ein ho-mogenes Massengut. Die Zemente, die inDeutschland verwendet werden, entspre-chen mit einem Marktanteil von rund 90 %den Zementnormen DIN 1164 und DIN EN197. Danach wird Zement aus sechs ver-schiedenen Hauptbestandteilen hergestellt:Neben Portlandzementklinker, der aus dennatürlichen Rohstoffen Kalkstein und Tonbzw. Kalkmergel gebrannt wird, handelt essich dabei um Hüttensand, Puzzolane, Flug-asche, gebrannten Ölschiefer und unge-brannten Kalkstein. Aus diesen Stoffen wer-den in Deutschland zurzeit drei genormteHauptzementarten hergestellt, die sich ih-rerseits in 23 Zementarten unterteilen. Port-landzementklinker ist der wichtigste Haupt-bestandteil, ohne den sich kein Zementherstellen lässt. Tab. 2 fasst die wichtigstenUnterschiede in der Zusammensetzung vonNormzementen zusammen.

Neben den bekannten Normzementen(„Common Cements“) gewinnt die Ent-wicklung von genormten und nicht ge-normten Spezialzementen mit besonde-ren, kundenspezifischen Anwendungs-eigenschaften an Bedeutung. Hierzu ge-hören hochleistungsfähige Schnellzemen-te, umweltfreundliche Spritzzemente undmikrofeine Injektionszemente. Mit Schnell-zementen kann die Festigkeitsentwicklungvon Beton so beschleunigt werden, dasssich die Sperrzeiten bei der Reparatur starkfrequentierter Verkehrsflächen (Autobah-nen, Flughäfen) drastisch verkürzen. Um-weltverträgliche Spritzzemente ersetzenim Tunnelbau alkalihydroxithaltige, stark ät-zende Erstarrungsbeschleuniger. Neben

dem verbesserten Gesundheitsschutz aufder Baustelle wird durch diese Zementedas Risiko einer Auslaugung von Alkali-frachten ins Grundwasser minimiert. Mik-rofeine Zemente weisen eine besondershohe Mahlfeinheit bzw. Reaktivität auf undverbessern in Kombination mit Injektions-hilfen und anderen Werkstoffen die Mög-lichkeiten, Risse in Bauwerken oder Fel-sen zu verpressen, Böden und Lockerge-stein zu verfestigen sowie die Dichtigkeitund Festigkeit von Beton zu erhöhen. ImRahmen der Forschungs- und Entwick-lungsaktivitäten werden die Eigenschaften

Zementart

CEM I

CEM II

CEM III(Quelle: VDZ 2000)

Benennung

PortlandzementPortlandhüttenzementPortlandpuzzolanzementPortlandflugaschezement

Portlandölschieferzement

PortlandkalksteinzementPortlandflugasche-hüttenzement

Hochofenzement

Tab. 2: Zementarten und ihre Bestandteile

Anteil Portland-zementklinker

95-100 %65-94 %65-94 %80-94 %

65-94 %

80-94 %65-79 %

20-64 %

Sonstige Hauptbestandteile

–Hüttensand: 6-35 %Natürl. Puzzolan: 6-35 %Kieselsäurereiche Flugasche: 6-20 %Gebrannter Ölschiefer: 6-35 % Kalkstein: 6-20 %Kieselsäurereiche Flug-asche: 10-20 %, Hütten-sand: 10-20 % Hüttensand: 36-80 %

von Zementen heute auch mit Hilfe com-putergestützter Modelle simuliert.

Die Zementherstellung umfasst folgendeProduktionsschritte (Abb. 5): Am Anfangsteht die Gewinnung, Förderung und Auf-bereitung der Rohstoffe, die im Hinblick aufihre chemische Zusammensetzung homo-genisiert und zu Rohmehl feingemahlenwerden. Das Rohmehl wird im weiterenProduktionsverlauf „entsäuert“, indem dasCalciumkarbonat (CaCO3) der Kalkkompo-nente in Calciumoxid (CaO) und Kohlendio-xid (CO2) zerlegt und bei Temperaturen von

Klinker Zement

Rohmehl

Gewinnen und Brechen

Homogenisierenund Lagern

Trocknenund Mahlen

Brennen

Lagern undHomogenisieren

Mahlen Verladen

Rohstoffe

Drehofen

Rohmühle

andereHauptbestandteile

SteinbruchBrecher

MischbettElektro-filter

Zyklonvorwärmer

Klinkersilo

Klinker Sulfatträger

Zementmühle

Lagern

FeststoffGas

Abb. 5: Produktionsschritte der Zementherstellung (Quelle: BDZ/VDZ)

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den stromintensiven Mahlaggregaten einverstärkter Stellenwert zu. Dem wurdedurch die Entwicklung neuer Mahlverfah-ren Rechnung getragen.

Insgesamt haben Prozessinnovationennicht nur zur Verbesserung von Teilaggre-gaten, sondern auch zur Kopplung und

rund 1.450 °C bis zur Sinterung zum Zwi-schenprodukt „Klinker“ gebrannt wird. Diehier ablaufenden chemischen Reaktionenverleihen dem Zement später seine hy-draulischen Eigenschaften. Das Brennengeschieht in Drehöfen von mehreren Me-tern Durchmesser und 40 bis 90 MeternLänge. Nach rascher Kühlung wird der Ze-mentklinker zusammen mit einem Erstar-rungsregler (Gips/Anhydrit) und gegebe-nenfalls weiteren Hauptbestandteilenaußer Klinker (z. B. Hüttensand) zu Zementvermahlen und/oder gemischt. Schließlicherfolgt die Bereitstellung für den Versandals Sackware oder in loser Form per LKW(Silozug), Bahn oder Schiff.

Die kapitalintensive Zementherstellung warund ist durch verfahrenstechnische Innova-tionen geprägt. Hauptfaktoren des Innova-tionsgeschehens sind die Senkung der fi-xen und variablen Kosten (einschließlichdes Personalaufwands) sowie die Anforde-rungen des Umweltschutzes, wobei sichdie Ziele durchaus ergänzen können. Diesgilt insbesondere für die Verminderung desspezifischen Brennstoffbedarfs. Hier hatdie Umstellung vom Nass- auf das Trocken-verfahren und die Optimierung der Abwär-menutzung zu einer erheblichen Verbesse-rung der Energieeffizienz geführt. Vor allemdie Öfen mit Zyklonvorwärmern, bei denendas Rohmehl über die Wirbelschichtkam-mern eines so genannten Wärmetauscher-turms im Gegenstrom zum Ofenabgas er-wärmt wird, wurden weiter entwickelt.

Nach langjähriger Steigerung konnte auchder spezifische Strombedarf stabilisiert undzuletzt reduziert werden. Neben der Auto-matisierung der Produktionsprozesse undder Einsparung von Brennstoffenergie istder Bedeutungszuwachs der „Modernisie-rungsenergie“ Elektrizität auch auf denUmweltschutz zurückzuführen, der u. a. dieVerwendung von Elektrofiltern erforderlichmacht. Eine wichtige Rolle spielen zudemhöhere Qualitätsstandards: Auf entwickel-ten Märkten werden zunehmend Zementenachgefragt, die sich durch höchste Gleich-mäßigkeit bei der Festigkeitsentwicklungauszeichnen und daher einen erhöhtenMahlaufwand erfordern. Vor diesem Hin-tergrund kommt der Effizienzsteigerung bei

Hauptbestandteile von Zement

Zemente werden aus mehreren Hauptbestandteilen hergestellt. Dies sind Stoffe mit ei-nem Anteil von mindestens 5 % an der Gesamtzementmenge. Darüber hinaus könnenin geringem Umfang Nebenbestandteile hinzugefügt werden, um die richtige chemi-sche Mischung herzustellen. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Hauptbestand-teile.

Portlandzementklinker ist ein hydraulischer Stoff, der aus einer genau festgelegtenRohstoffmischung hergestellt wird, die vor allem Calciumoxid (CaO), Siliciumoxid bzw.Kieselsäure (SiO2), Aluminiumoxid bzw. Tonerde (Al2O3) und Eisenoxid (Fe2O3) sowiegeringe Mengen anderer Stoffe enthält. Kalkstein und Ton oder deren natürlich vor-kommendes Gemisch, der Kalkmergel, liefern diese chemischen Bestandteile undsind damit die wichtigsten Rohstoffe für die Klinkerherstellung.

Hüttensand (granulierte Hochofenschlacke) ist ein Koppelprodukt der Roheisen-herstellung, das durch schnelles Abkühlen (Granulieren) der Schlacke entsteht, die imHochofen beim Schmelzen von Eisenerz gebildet wird. Es handelt sich um einen latenthydraulischen Stoff, dessen Erhärtung mit Hilfe von Portlandzementklinker und Calci-umsulfaten (Gips, Anhydrit) alkalisch bzw. sulfatisch angeregt werden kann.

Puzzolane sind Stoffe, die nach dem Anmachen mit Wasser nicht selbstständig er-härten, sondern in Gegenwart von Wasser bei üblichen Umgebungstemperaturen mitgelöstem Calciumhydroxid unter Entstehung von festigkeitsbildenden Calciumsilikat-und Calciumaluminat-Verbindungen reagieren. Natürliche Puzzolane sind im Allgemei-nen Stoffe vulkanischen Ursprungs (z. B. Trass) oder Sedimentgesteine mit geeigneterchemisch-mineralogischer Zusammensetzung.

Flugasche kann ihrer Natur nach silikatisch oder kalkhaltig sein. Erstere verfügt überpuzzolanische Eigenschaften, letztere kann zusätzlich hydraulische Eigenschaften ha-ben. Flugasche fällt durch elektrostatische oder mechanische Abscheidung von staub-förmigen Partikeln aus Rauchgasen aus der Verfeuerung feingemahlener Kohle an. InDeutschland wird ausschließlich silikatische Flugasche als Zementbestandteil verwen-det.

Gebrannter Schiefer – insbesondere gebrannter Ölschiefer – wird in speziellen Öfenbei Temperaturen von etwa 800 °C hergestellt. Er weist feingemahlen ebenso ausge-prägte hydraulische Eigenschaften wie Portlandzementklinker und daneben auch puz-zolanische Eigenschaften auf.

Kalkstein ist ein inerter Stoff, der keine hydraulischen oder puzzolanischen Eigen-schaften hat. Kalkstein besteht als Hauptbestandteil von Zement zu mindestens 75 %aus Calciumkarbonat (CaCO3) und darf nur geringe tonige Anteile enthalten.

Vernetzung der Verfahrensschritte in denZementwerken geführt. Der gesamteStofftransport ist mechanisiert und fastvollständig automatisiert, alle Teilaggrega-te müssen heute gleichzeitig eine hoheVerfügbarkeit aufweisen. Die Anlagenwerden daher über integrierte, computer-gestützte Prozessleitsysteme gesteuert,

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in die zahlreiche Mess- und Regelgrößeneinschließlich umweltrelevanter Daten ein-gehen. Dies zeigt, dass sich die Zementin-dustrie zu einem bedeutenden High-Tech-Anwender entwickelt hat.

Beschäftigung, Qualifikation

und Ausbildung

Im Zuge des technischen und wirtschaftli-chen Wandels hat sich die Arbeitswelt inder Zementindustrie einschneidend verän-dert. Einerseits waren – in Verbindung mitkonjunkturellen und strukturellen Verände-rungen sowie der Auslagerung von Funk-tionen (Outsourcing) – die Produktivitäts-steigerungen mit einem Verlust von Ar-beitsplätzen verbunden. Andererseits sinddurch die Rationalisierung der Zementpro-duktion schwere, heute kaum mehr ver-mittelbare Tätigkeiten durch moderne Ar-beitsplätze mit hohen Anforderungen andie berufliche Qualifikation und Weiterbil-dung abgelöst worden. Letzteres trifftnicht nur auf Fach- und Führungskräfte zu,sondern auf alle Beschäftigen.

Die Zementindustrie hat in der Vergangen-heit viele un- und angelernte Arbeiter be-schäftigt. Heute ist die Beschäftigungs-struktur in den Zementwerken durch denhohen Automatisierungsgrad bestimmt:Rund 40 % der Belegschaften sind in derSteuerung und Kontrolle des zentralen Pro-duktionsprozesses beschäftigt, entwederals Vorarbeiter, Meister und Produktions-steuerer auf den zentralen Leitständen oderals Anlagenkontrolleure bzw. Maschinen-wärter. In den Laborbereichen, in denenProben zur Qualitätssicherung analysiertwerden, sind rund 10 % der Mitarbeitertätig, die im Allgemeinen eine Ausbildungals Baustoffprüfer oder Chemielaborant ha-ben. Die übrigen Beschäftigten arbeitenvor allem in der Instandhaltung und habenmeist eine dreieinhalbjährige Ausbildungzum Anlagenelektroniker oder Industrie-mechaniker absolviert.

Vor dem Hintergrund der betrieblichen An-forderungen gewinnt die Qualifizierung derBeschäftigten in der Zementindustrie wei-ter an Bedeutung. Die Zementindustrie hat

daher auch an der Gestaltung neuer, bran-chenorientierter Berufsbilder aktiv mitge-wirkt. Bei den gewerblichen Berufen sindhier insbesondere die Ausbildung zum Ver-fahrensmechaniker für die Steine- und Er-den-Industrie (Fachrichtung Baustoffe) undzum Mechatroniker zu nennen. Aufgrundder „Hybrid-Ausbildung“ sollen die Absol-venten unter den modernen Produktions-bedingungen flexibel eingesetzt werden.

Die steigenden Qualifikationsanforderun-gen führen zu guten Perspektiven in derberuflichen Erstausbildung. Im bundeswei-ten Durchschnitt lag die Ausbildungsquoteder deutschen Zementindustrie 2001 bei 8 % und damit drei Prozentpunkte überdem Wert der gesamten deutschen Wirt-schaft (4,9 %). Die Unternehmen bildennicht nur in den gewerblichen, sondernauch in den kaufmännischen Berufen aus,insbesondere zum Industriekaufmann oderzur Industriekauffrau. Zudem wird – mitSchwerpunkt in den Hauptverwaltungen –eine Ausbildung in den neuen, informati-

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onstechnisch geprägten Berufen angebo-ten (Fachinformatiker, IT-Systemkaufleute).

Auch auf Gemeinschaftsebene tragen ver-schiedene Aktivitäten dazu bei, dass derbranchenspezifische Weiterbildungsbedarfgedeckt wird. Hierzu gehören die Industrie-meister-Lehrgänge der Fachrichtung „Kalk/Zement“, die vom Verein DeutscherZementwerke angeboten werden. Die Wei-terbildung zum Produktionssteuerer „Ze-ment“ richtet sich an das Leitstands-personal in den Werken, zudem werdenSeminare mit Schwerpunkten in der che-mischen Analytik, im Immissionsschutzund im produktionsintegrierten Umwelt-schutz durchgeführt. Im Rahmen einerneueren Initiative, die ihre Ursprünge in derwestfälischen Zementindustrie hat, wer-den Lehrmaterialien für innerbetrieblicheSchulungen entwickelt, die sich an alleWerksmitarbeiter richten und berufsüber-greifend über die verschiedenen Aspekteder Zementproduktion einschließlich desUmweltschutzes informieren.

Qualifizierungsinitiative der westfälischen Zementindustrie

Der Arbeitgeberverband Zement und Baustoffe sowie die IndustriegewerkschaftenBauen-Agrar-Umwelt und Bergbau, Chemie, Energie und der Deutsche Gewerk-schaftsbund haben 1996 ein Bündnis für Standort- und Beschäftigungssicherung in derwestfälischen Zementindustrie abgeschlossen. Westfalen ist eine Hochburg der deut-schen Zementindustrie: In 18 Werken wird etwa 30 % des gesamten deutschen Ze-mentes produziert, insgesamt sind hier rund 2.500 Beschäftigte tätig. Die Qualifizie-rungsinitiative wurde von Arbeitgeberverband und Gewerkschaften als eine derMaßnahmen des Bündnisses angestoßen und mit Unterstützung der LandesregierungNordrhein-Westfalen umgesetzt.

Das Ziel bestand darin, die Beschäftigten über die Inhalte hinaus, die für ihren indivi-duellen Arbeitsplatz erforderlich sind, auch hinsichtlich anderer Funktionen einschließ-lich der Weiterentwicklungen im Umweltschutz zu qualifizieren. Hierzu wurden inner-betriebliche Weiterbildungsstrukturen aufgebaut, geeignete Lehrmaterialien erarbeitetsowie betriebliche Ausbilder geschult und im Zuge der von ihnen durchgeführten Qua-lifizierungsmaßnahmen durch ein Coaching inhaltlich und didaktisch begleitet. Insge-samt wurden elf Lehrbriefe erstellt, die von den Ausbildern zur Vorbereitung der Schu-lungen genutzt werden.

Bemerkenswert ist die Vielfalt der betrieblichen Schulungskonzepte, die entwickeltwurden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen von Konzernen mit mehreren Be-triebsstandorten und mittelständischen Unternehmen gerecht zu werden. Die breiteUmsetzung und Mitarbeit ist vor allem auf das gemeinsame Engagement der Sozial-partner zurückzuführen: Auf diese Weise wurden sowohl Werksleitungen, leitende An-gestellte und Ausbilder als auch die Belegschaften von der Qualifizierungsinitiativeüberzeugt.

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Cluster und Wertschöpfungskette

Im Rahmen der Wertschöpfungskette istdie Zementindustrie mit vielen anderenBranchen wechselwirksam verflochten.Sie steht im Mittelpunkt eines industriellenNetzwerkes (Clusters), das auf die Produk-tion mineralischer Baustoffe ausgerichtetist und neben den Abnehmern auch dieAnbieter von Vorleistungen umfasst. Ins-gesamt bietet das Cluster aus Zementin-dustrie sowie vor- und nachgelagertenBranchen schätzungsweise rund 100.000Arbeitsplätze in Deutschland.

Die Zementindustrie ist ein wichtiger Ab-nehmer von Vorleistungen in Form vonEnergie (Brennstoffe, Strom), Ausrüs-tungsgütern (Maschinen, Anlagen) undproduktionsnahen Dienstleistungen (Trans-porte, Wartungsarbeiten, Engineering etc.).Die Bedeutung der Vorleistungen für dieBeschäftigung in den betreffenden Bran-chen hat das Deutsche Institut für Wirt-schaftsforschung anlässlich eines Gutach-tens im Auftrag des Umweltministeriumsvon Nordrhein-Westfalen ermittelt: Danachentfallen auf jeden Arbeitsplatz im Ze-mentwerk Lengerich 3,2 zumindest antei-lig abhängige Stellen bei zuliefernden Un-ternehmen (HEIMER UND HERBSTREIT/DIW1997). Eine kürzlich durchgeführte, detail-lierte empirische Analyse zeigt, dass je-dem direkten Arbeitsplatz am StandortLengerich 1,1 indirekte Vollzeitarbeitsstel-len im Bereich der Vorleistungen entspre-chen (LÖCKENER/SUNDMACHER 2001). DieseWerte können aufgrund werks- und unter-nehmensspezifischer Organisationsstruk-turen zwar nicht einfach auf die gesamteZementindustrie übertragen werden. Den-noch machen die genannten Berechnun-gen deutlich, dass die Beschäftigungsef-fekte der Zementindustrie weit über die inder Branche selbst tätigen Personen hin-ausgehen.

Die Herstellung von Investitionsgütern, diezur Baustoff- und insbesondere zur Ze-mentproduktion (Ofen-, Filter-, Mahl- undFördertechnik, zudem Labor-, Elektro-,Mess- und Regeltechnik) benötigt werden,ist eine Domäne des deutschen Maschi-nen- und Anlagenbaus. Allein für Westfa-

Modernisierung der ostdeutschen Zementindustrie

Die DDR gehörte zu den Staaten mit der höchsten Zementproduktion je Einwohner inEuropa. 1989 wurden in der DDR 11,7 Mio. t Zement produziert, die Kapazität lag beica. 17 Mio. t pro Jahr, die Zahl der Beschäftigten bei über 11.000. Insgesamt wurdenan zehn Standorten 34 Öfen betrieben, hinzu kamen zwei kleinere Anlagen, die mitdem so genannten Gips-Schwefelsäure-Verfahren betrieben wurden. Die Produktions-technik war in den meisten Werken vollkommen veraltet, die Umgebung vor allemdurch den Staubausstoß stark belastet.

Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wurde die ostdeutsche Zement-industrie innerhalb weniger Jahre grundlegend modernisiert. Betrachtet man aus-schließlich die Anlagen zur Zementherstellung ohne nachgelagerte Verarbeitungs-schritte (z. B. Betonherstellung), so wurden in den 1990er Jahren insgesamt rund 1,5Mrd. € investiert. Neben vier großen bzw. international tätigen Unternehmen (Stan-dorte Bernburg, Deuna, Karsdorf und Rüdersdorf) engagierten sich unter anderem auchdrei mittelständische Unternehmen, die gemeinsam das Mahlwerk Berlin sanierten.Anstelle von ehemals zehn Werken werden heute neun betrieben, davon vier als inte-grierte Werke mit Klinkerproduktion.

Ziele der Modernisierung waren die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, die Verbes-serung der Arbeitsbedingungen und die Verminderung der Umweltbelastungen. Je nachspezifischer Ausgangslage wurden Produktionslinien neu errichtet oder bereits beste-hende, relativ effiziente Anlagen umfassend saniert. In allen Fällen wurden innovativeTechnologien eingesetzt. Beispiele sind die Errichtung einer zirkulierenden Wirbelschichtzur Verwertung von sekundären Roh- und Brennstoffen in Rüdersdorf oder der Neubaueines Mischturms zur Produktion kundenspezifischer Bindemittel in Karsdorf. Heute ge-hören die ostdeutschen Zementwerke zu den modernsten Anlagen weltweit.

Im Zuge der Investitionsmaßnahmen wurden die Umweltbelastungen drastisch ver-ringert. Augenfälliges Beispiel ist die Verminderung der Staubemissionen, die um rund99 % gesenkt werden konnten. Der spezifische Brennstoffverbrauch zur Klinkerher-stellung konnte insgesamt um über 30 % reduziert werden. Erhebliche Verbesserun-gen wurden auch beim Stromverbrauch, bei den Lärmemissionen sowie bei der Re-kultivierung und Renaturierung erzielt.

Allerdings hatte der Modernisierungsprozess erhebliche Auswirkungen auf dieBeschäftigung. Die Zahl der direkten Beschäftigten in den Werken liegt heute bei10-15 % des Wertes von 1989. Dies ist nicht nur auf Rationalisierungseffekte, sondernauch auf die Anpassung der Kapazitäten (derzeit etwa 11 Mio. t Zement) an die Nach-frage sowie auf das Outsourcing sowohl vor- bzw. nachgelagerter als auch völlig bran-chenfremder Tätigkeiten zurückzuführen. In der Folge entstanden – z. T. mit aktiver Un-terstützung der Zementhersteller – im Umfeld der Standorte zahlreiche neueArbeitsplätze, die teilweise heute noch mit der Zementproduktion verbunden sind.

len, der Region mit der weltweit höchstenAnbieterdichte, wurde die Anzahl der ent-sprechend spezialisierten Arbeitsplätze aufetwa 6.000 geschätzt (LÖCKENER 1996). Ne-ben einem der weltweit führendenSystemanbieter mit Sitz in Beckum (derzweite deutsche Anbieter hat seinen Sitz inKöln) sind zahlreiche mittelständische Zu-lieferer mit einem außerordentlich hohenExportanteil in dieser Region ansässig. Ob-

wohl die deutschen Zementwerke heutenicht mehr die Hauptabnehmer dieser Un-ternehmen sind, stellt deren kontinuierli-che Nachfrage immer noch einen erhebli-chen wirtschaftlichen Faktor dar. Hinzukommt, dass die deutschen Zementwerketraditionell eine besondere Rolle bei derEntwicklung, Erprobung und Einführungneuer Verfahrenstechniken spielen, diedann weltweit vermarktet werden. Dies gilt

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auch durch mittlere Betriebe geprägt – v. a.bei letzteren spielt die Produktion von Sys-tembauelementen eine zunehmende Rol-le. Insgesamt wurden im Jahr 2000 voncirca 50.000 Beschäftigten Waren im Wertvon 10 Mrd. DM (5,1 Mrd. €) produziert.

Fasst man die gesamte Wertschöpfungs-kette zusammen, in der Zement herge-stellt, weiterverarbeitet und verwendetwird, so folgt auf die Rohstoffgewinnungund Zementproduktion die Herstellung ze-mentgebundener Baustoffe (insbesondereBeton), die Anwendung dieser Baustoffeim Zuge des Bauprozesses sowie die Nut-zungsphase des betreffenden Bauwerkes(Abb. 6). Abgeschlossen wird die Wert-schöpfungskette durch die Verwertung derReststoffe nach Abriss eines Bauwerks.Aus Betonbruch lässt sich zwar kein Ze-ment recyceln, Betonbruch kann aber nacherneuter Aufbereitung die natürlichen Res-sourcen Kies und Sand teilweise ersetzen.An dieser Wertschöpfungskette ist die Ze-mentindustrie nur an den beiden erstenStufen – der Rohstoffgewinnung und derZementproduktion – direkt beteiligt. Seitgeraumer Zeit haben die Zementherstelleraber ihre eigene Wertschöpfung abgerun-det, indem sie im Rahmen einer vertikalenIntegration Transportbeton- und Fertigteil-werke betreiben oder sich an solchen be-teiligen. Zudem ist die Zementindustrie

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insbesondere für die enge technologischeZusammenarbeit beim Umweltschutz undbei der Steigerung der Energieeffizienz.

Die wichtigsten unmittelbaren Abnehmerder deutschen Zementindustrie sind dieTransportbetonwerke, die im Jahr 2000rund 52 % des Inlandsabsatzes nachfrag-ten, sowie die Hersteller von Betonerzeug-nissen und Betonfertigteilen mit 26 %.Diese Abnehmer werden mit Silozementbeliefert. Der Anteil des Sackzements, derunter anderem über den Baustoffhandelvertrieben wird, lag nur noch bei 9 %. Wei-tere 13 % wurden als sonstiger Silozementausgeliefert und vor allem für die industri-elle Herstellung von Mörteln, Putzen undEstrichen sowie für bauchemische undSonderprodukte benötigt.

Die Transportbetonindustrie ist ausgespro-chen kleinbetrieblich und dezentral struk-turiert, weil sich Frischbeton nur über ge-ringe Entfernungen transportieren lässt.Nach Verbandsangaben – ein Teil der Un-ternehmen fällt unter die „Abschneide-grenze“ des Statistischen Bundesamtes –beschäftigte die Transportbetonindustrieim Jahr 2000 insgesamt 13.700 Personen,der Umsatz belief sich auf 7,2 Mrd. DM(3,7 Mrd. €). Die industrielle Herstellungvon Betonerzeugnissen und Betonfertig-teilen ist nicht nur durch kleine, sondern

Abb. 6: Wertschöpfungskette Zement und Beteiligte

Bauunternehmen

Architekten

Bauherren

Bauträger

Behörden

Zementhersteller

Anlagenhersteller

Energieversorger

Behörden

Nachbarschaften

Betonhersteller

Zementverarbeitung,Betonproduktion

Betonanwendung,Bauwirtschaft

Zementproduktion

Rohstoffgewinnung

Zementhersteller

Behörden

Nachbarschaften

WeitereBaustoffe

Gesteinskör-nungen (z. B. Kies)

Brennstoffe,Zumahlstoffe

Betonrecycling

Rahmenbedingungen:• Politik• Verbände• Interessengruppen

Unternehmen:• Gesellschafter, Aktionäre• Management• Mitarbeiter

über den BDZ (Bauberatung, Marketing)und den VDZ (Betontechnologie) im Be-reich der Betonherstellung und Betonan-wendung engagiert.

Neben den Unternehmen der Zementindust-rie mit Gesellschaftern, Aktionären undManagement sowie Belegschaften und Be-triebsräten sind auf jeder Stufe der Wert-schöpfungskette mehrere andere Akteureüber direkte materielle Inputs oder übersonstige Einflüsse in den Gesamtprozesseingebunden. Bei der Rohstoffgewinnungsind dies neben den teils organisierten,teils nicht organisierten Nachbarschaftenvor allem die Behörden mit Zuständigkeitfür die Raumplanung und die Genehmigungvon Abgrabungen. Auf der Stufe der Ze-mentproduktion spielen neben den Nach-barschaften und den Genehmigungsbehör-den die Maschinen- und Anlagenbauer alsAusrüster sowie die Energiewirtschaft alsZulieferer eine bedeutende Rolle. Bei derAnwendung entscheiden – vermittelt überdie Betonhersteller und weitere Branchen(Baustoffhandel und Mörtelindustrie) – Bau-wirtschaft, Architekten und Bauingenieure,Bauherren und Bauträger sowie diversestaatliche Einrichtungen über Art und Um-fang des Einsatzes zementgebundenerBaustoffe. Über die Ausgestaltung der Rah-menbedingungen nehmen zudem auf allenStufen der Wertschöpfungskette die politi-schen Institutionen auf EU-, Bundes- undLänderebene einschließlich der relevantenInteressengruppen (insbesondere Umwelt-und Wirtschaftsverbände sowie Gewerk-schaften) eine wichtige Funktion ein.

Die meisten Zementhersteller sind im Bun-desverband der Deutschen Zementindust-rie und in mehreren regionalen Arbeit-geberverbänden zusammengeschlossen.Fast alle Unternehmen sind außerdem Mit-glied im Verein Deutscher Zementwerke,der das Forschungsinstitut der Zementin-dustrie trägt. Die Beschäftigten werdendurch die beiden IndustriegewerkschaftenBauen-Agrar-Umwelt (Schwerpunkte inWest-, Süd- und Ostdeutschland) und Berg-bau, Chemie, Energie (Schwerpunkte inNord- und Westdeutschland) organisiertund vertreten.

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3 Beiträge zur Nachhaltigkeit in derWertschöpfungskette des Zements

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3.1 Rohstoffgewinnung

Rohstoffbedarf und

Versorgungssicherheit

Die Gewinnung der für die Zementproduk-tion wichtigsten Rohstoffe (Kalkstein undTon bzw. deren natürlich vorkommendesGemisch, der Kalkmergel) ist die erste Stu-fe des Herstellungsprozesses und damitintegraler Bestandteil der Wertschöp-fungskette. Für die Klinkerproduktion wur-den in den vergangenen Jahren in Deut-schland zwischen 40 und 45 Mio. t Roh-material abgebaut (vgl. BDZ/VDZ 2002c).Der Umgang mit mineralischen Rohstof-fen – hierzu gehören neben den für dieZementherstellung notwendigen Materiali-en u. a. auch Kies und Sand für die Beton-bzw. Mörtelproduktion – ist für die Ent-wicklung einer Nachhaltigkeitsstrategievon großer Bedeutung: Rohstoffgewin-nung stellt einerseits die materielle Basisder heutigen Bauwirtschaft dar, anderer-seits ist sie mit Eingriffen in das Land-schaftsgefüge verbunden. Letzteres führtzunehmend zu Konflikten mit anderen Be-langen und Flächenansprüchen. Vor die-sem Hintergrund hat sich auch die En-quete-Kommission des Deutschen Bun-destages mit der Gewinnung mineralischerRohstoffe befasst und folgert dabei u. a.:

„Die im Auftrag der Kommission durchge-führte Stoffstrom-Studie wie auch die Unter-suchungen im Auftrag des Bundesfor-schungsministeriums zeigen, dass der Ma-terialbedarf für den Hochbau noch über vieleJahrzehnte weitgehend über die Gewinnungvon Mineralstoffen gedeckt werden muss,da Sekundärmaterialien aus Recyclingpro-zessen im Hochbau nur einen geringen Pro-zentsatz des Bedarfes decken können.“

(ENQUETE-KOMMISSION 1998)

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dassKalksteine nicht nur eine Grundlage zur Er-zeugung von Baustoffen für den Hoch- undTiefbau sind, sondern auch für andereBranchen einen unverzichtbaren Rohstoffdarstellen. Dies gilt u. a. für die Stahlindust-rie (bei der Roheisenerzeugung), die Che-mische Industrie (u. a. für die Herstellungvon Düngemitteln), die Glasindustrie, die

Wasserwirtschaft (Reinigung von Wasser)und den Umweltschutz (u. a. Rauchgasent-schwefelung). Entsprechende Reststoffebzw. Koppelprodukte kommen im Sinne ei-ner Kreislaufwirtschaft als sekundäre Ma-terialien bei der Zementherstellung zumEinsatz (siehe unten).

Eine nachhaltige volks- bzw. bauwirt-schaftliche Versorgung hängt maßgeblichvon den betrieblichen bzw. betriebswirt-schaftlichen Anforderungen der Unterneh-men ab, die mineralische Rohstoffe ge-winnen und zu Baustoffen weiterverar-beiten. So bedarf die Herstellung von 1 tZementklinker etwa 1,6 t Rohmaterial (der

Tertiär

Kreide

Jura

Muschelkalk

Devon

Massenkalk

Rohrdorf

Kiefersfelden

MergelstettenHarburg

Solnhofen

Schelklingen

Allmendingen

Geisingen

Dottern-hausen

Burg-lengenfeld

Hartmannshof

LauffenWössingen

LeimenMannheim

Göllheim

AmöneburgWeisenau

ÜxheimKruft

Neuwied

Wetzlar

Großenlüder-Müs

Karlstadt

Lengfurt

Dorndorf

Karsdorf

Bernburg

Deuna

Eisenhütten-stadt

KönigsWusterhausen

BerlinRüders-dorf

Hardegsen

HöverHannover

Bremen

Ennigerloh

Lengerich

LübeckLägerdorf

Rostock

Paderborn

Geseke

Beckum

Erwitte

AhlenNeubeckumDortmund

Duisburg

Neuss

Sötenich

Zementwerk mitKlinkererzeugungZementwerk ohneKlinkererzeugung

SH

MV

NI

ST

BB

SNHENW

SLRP

BW BY

TH

HH

BE

100 km

HB

Abb. 7: Lagerstätten und Standorte von Zementwerken (Quelle: BDZ/VDZ 2002c)

Massenverlust erklärt sich vor allem durchdas Austreiben des im Kalkstein gebunde-nen Kohlendioxids bei der Zementklinker-herstellung). Hinzu kommt, dass der Trans-port der Rohstoffe aufgrund ihres Ge-wichts sehr kostenintensiv ist. Obwohl es– etwa bei der Zufuhr von hochwertigemKalkstein als Korrekturmaterial – gewisseAusnahmen gibt, liegen Zementwerke mitKlinkerherstellung deshalb in der Regel inunmittelbarer Nähe der ihrerseits standort-gebundenen Lagerstätten. Dies hat nichtnur ökonomische sondern auch ökologi-sche Vorteile, weil Umweltbelastungendurch Transporte vermieden bzw. begrenztwerden können. Aus betriebswirtschaftli-

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cher Sicht ist eine langfristige Rohstoffsi-cherung unverzichtbar, weil die Zement-herstellung besonders kapitalintensiv istund sich umfangreiche Investitionen nurüber entsprechende Zeiträume amortisie-ren (siehe Ausführungen in Kapitel 2).

Substitutionspotenziale

Häufig wird die Frage aufgeworfen, ob dieRohstoffgewinnung zur Produktion ze-mentgebundener Baustoffe durch den ver-stärkten Einsatz nachwachsender Baustof-fe oder ein verstärktes Recycling von Bau-abfällen vermindert werden kann.

Zunächst muss bezweifelt werden, dassdie Marktanteile nachwachsender Bau-stoffe so zunehmen, dass der Rohstoffbe-darf für die Zement- und Betonproduktionsinkt. In vielen Baubereichen – wie z. B.dem Tiefbau – kann Beton schon aus tech-nischen Gründen nicht ersetzt werden.Selbst wenn der Baustoff Holz Marktantei-le im Eigenheimbau gewinnen könnte,würde dies den Zementverbrauch kaumverringern. So hat das DIW errechnet, dasssich die Zementproduktion in Deutschlandauch bei starker Zunahme der Holzbau-weise und gleichzeitigem Verzicht auf eineUnterkellerung nur um rund 1 % verringernwürde (Heimer und Herbstreit/DIW 1997).Auf die Potenziale zementgebundenerBaustoffe (Systembauweise etc.) wird ananderer Stelle eingegangen (siehe Kapitel3.4).

Das Recycling von Beton und anderenBaustoffen hingegen stellt einen wichtigenBeitrag in der Wertschöpfungskette desZements dar, führt jedoch nicht zu einerVerminderung des Zementbedarfs: Betonmit recyclierten Gesteinskörnungen schontzwar Kies- und Sandressourcen, bedarfaber seinerseits des Bindemittels Zement.Je nach Ausgangsfraktion (Betonbruch,Betonbrechsande, Ziegelsplitt etc.) und an-gestrebter Betonqualität kann der Zement-bedarf für Beton mit recyclierten Gesteins-körnungen sogar ansteigen, weil nur sobestimmte Eigenschaften des Betons – ins-besondere die notwendigen Festigkeiten– erreichbar sind (siehe Kapitel 3.3). Ze-ment, der als Bindemittel zur Betonher-stellung eingesetzt wurde, lässt sich nichtmehr recyclieren. Versuche, nicht hydrati-sierte Reste des Zementsteins zu separie-ren, stellen mit Blick auf Output, spezifi-schen Energiebedarf und Bindemittelqua-lität zumindest aus heutiger Sicht keinetechnisch durchführbare, ökologisch undökonomisch zielführende Option dar.

Allerdings trägt die Zementindustrie ihrer-seits mit der Verwendung sekundärer Ein-satzstoffe zur Ressourcenschonung undKreislaufwirtschaft bei. Insgesamt wurdeim Jahr 2000 bereits rund ein Fünftel dernatürlichen Rohstoffe für die Klinkerpro-duktion durch sekundäre Einsatzstoffe undindustrielle Neben- bzw. Koppelprodukteersetzt. So werden hier Kalkschlämme ausder Trinkwasseraufbereitung, Gießereialt-sande oder Flugaschen aus der Entstau-

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ProduktionsstufeKlinkerherstellung

Zementmahlung

Art der EinsatzstoffeRohstoffeNatürliche RohstoffeSekundäre Rohstoffe / AscheBrennstoffePrimäre BrennstoffeSekundäre BrennstoffeHauptbestandteileZementklinkerSumme anderer HauptbestandteileSulfatträgerGips / AnhydritREA- / Industriegipse

Tab. 3: Substitutionseffekte und -potenziale im Jahr 2000 (Prozentangaben gerundet)

Anteile

95 %5 %

77 %23 %

79 %17 %

75 %25 %

Tendenz

(Quelle: BDZ/VDZ 2002c)

bung von Kohlekraftwerken verwertet. Sieenthalten als Hauptbestandteile Siliciumdi-oxid, Aluminiumoxid, Eisenoxid und/oderCalciumoxid und werden mit den natürli-chen Rohstoffen so kombiniert, dass dieAnforderungen an die Klinkerqualität erfülltwerden. Aufgrund des begrenzten Ange-bots geeigneter Stoffe lag der Anteil vonSekundärrohstoffen am Input der Klinker-produktion im Jahr 2000 branchenweit nurbei 3,6 % (einschließlich Aschen: rund5 %). Die Substitutionspotenziale hängendabei auch von den geologischen Voraus-setzungen der jeweiligen Produktionsstand-orte ab. Sie sind bei Zementwerken mitsehr kalkreichen Lagerstätten generellhöher einzuschätzen als bei Werken, dieKalkmergel verarbeiten.

Bei der Zementmahlung werden hingegendeutlich höhere Substitutionseffekte er-zielt. Die größte Bedeutung hat dabei Hüt-tensand (granulierte Hochofenschlacke),ein Koppelprodukt der Roheisenerzeu-gung. Hüttensand ist ein latent hydrauli-scher Stoff, der mit Hilfe von Zementklin-ker und Gips alkalisch bzw. sulfatischangeregt werden kann, so dass er in tech-nisch nutzbarer Zeit erhärtet. Er wird dahermit Zementklinker und Gips zu Hütten-oder Hochofenzement vermischt bzw. ver-mahlen. Dadurch lassen sich nicht nurnatürliche Rohstoffe schonen, sondernauch die CO2-Emissionen senken, die mitder Klinkerherstellung verbunden sind (sie-he hierzu Kapitel 3.2). Im Jahr 2000 hat diedeutsche Zementindustrie etwa 4,3 Mio. tHüttensand bei der Zementmahlung ein-gesetzt, d. h. rund 6,9 Mio. t natürliche Roh-stoffe für die Klinkerproduktion eingespart.Abgesehen von logistischen Anforderun-gen und Aktivitäten zur Steigerung derMarktakzeptanz, die den Zementherstel-lern erhebliche Anstrengungen und Inves-titionen abverlangen, ist die Verfügbarkeitvon Hüttensand begrenzt. So wurden imJahr 2000 bereits rund 80 % des inDeutschland erzeugten Hüttensands fürdie Herstellung entsprechender „Kompo-sit“-Zemente genutzt.

Ein weiterer Beitrag zur Schonung natürli-cher Rohstoffressourcen bzw. zur Kreis-laufwirtschaft ist die Substitution der Sul-

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Tonnage Schüttdichte Volumen- Ø Abbau- Flächen-äquivalent mächtigkeit äquivalent

[t] [t/m3] [m3] [m] [km2]

Bausand, Baukies 374.500.000 1,8 208.055.556 15 13,870Quarzsande 13.500.000 1,8 7.500.000 15 0,500Gebrochene Natursteine 203.000.000 2,6 78.076.923 25 3,123Kalk- und Dolomitsteine 72.100.000 2,6 27.730.769 25 1,109Kalkstein für Zement 42.400.000 2,6 16.307.692 25 0,652Tone 30.200.000 2,2 13.727.273 10 1,372Rohkaolin 4.100.000 2,2 1.863.636 10 0,186Gips- und Anhydritstein 4.800.000 2,0 2.400.000 10 0,240Braunkohle, Rheinland 99.200.000 1,3 76.307.692 35 2,180Braunkohle, Lausitz 59.400.000 1,3 45.692.307 11 4,154Braunkohle, Mitteldeutschland 14.400.000 1,3 11.076.923 11 1,007Braunkohle, Helmstedt 3.900.000 1,3 3.000.000 11 0,273Torf ./. ./. 10.000.000 2,5 4,000Summe 32,667

Tab. 4: Flächenbedarf für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe im Jahr 1997 (Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2000)

fatträger Gips und/oder Anhydrit, die mit ei-nem Anteil von etwa 5 M.-% zur Steue-rung des späteren Erstarrungsverhaltensbei der Zementmahlung zugesetzt wer-den. Hier stammten im Jahr 2000 rund 25 % aus der Rauchgasentschwefelungvon Kohlekraftwerken (REA-Gips) oder ausanderen industriellen Prozessen (z. B. derPorzellanherstellung).

Flächenbedarf und

Raumnutzung auf Zeit

Angesichts der auch in Zukunft notwendi-gen Rohstoffgewinnung stellt sich die Fra-ge nach Umfang und Art des Flächenbe-darfs der deutschen Zementindustrie.Hierbei ist zunächst zu unterscheiden zwi-schen:

■ der langfristigen Flächenbevorratung,für die Zementhersteller Flächen ge-eigneter Lagerstätten erwerben,

■ Abbauflächen in der amtlichen Statis-tik, die auf Beantragungen mehrjähriggeltender Abbaugenehmigungen beru-hen,

■ dem konkreten jährlichen Flächenbe-darf zum faktischen Abbau von Roh-stoffen.

Die für die Gewinnung sämtlicher ober-flächennaher Rohstoffe (einschließlichBraunkohle und Torf) genehmigten Flächenumfassten nach Angaben des Statisti-schen Bundesamtes 1997 in Deutschland1.760 km2, was rund 0,5 % der Landes-fläche entspricht. Diese Angabe beinhaltetauch zum Abbau vorbereitete Flächen,zum Teil bereits abgebaute Flächen und Si-cherheitsstreifen, die u. a. aufgrund derMindestabstände zu Siedlungen und Ver-kehrswegen erforderlich sind. Die Bundes-anstalt für Geowissenschaften und Roh-stoffe hat unlängst eine Schätzung überden faktischen Flächenbedarf der Gewin-nung oberflächenaher Rohstoffe für dasJahr 1997 vorgenommen (BGR 2000). Da-nach ergibt sich aufgrund des Abbaus von42,4 Mio. t Kalk- bzw. Kalkmergelstein fürdie Herstellung von Zementklinker bei An-nahme einer Schüttdichte von 2,6 t/m3 undeiner durchschnittlichen, eher zu niedrigangesetzten Abbaumächtigkeit von 25 mein Flächenäquivalent von 0,652 km2. Diesentspricht weniger als 0,0002 % der ge-samten deutschen Landesfläche. Selbstwenn man den Kies- und Sandabbau fürdie Beton- und Mörtelproduktion hinzunimmt, ergeben sich im Vergleich zu ande-ren Nutzungstypen niedrige Werte. Insge-samt hat der Abbau oberflächennaher Roh-stoffe (inklusive Braunkohle und Torf) 1997

weniger als 0,01 % der gesamten Landes-fläche beansprucht (vgl. Tab. 4).

Trotz des geringen bundesweiten Flächen-bedarfs, den die Rohstoffgewinnung zurZementherstellung erfordert, nehmen dieKonflikte mit anderen Nutzungsformen zu.Dabei wird nicht selten die Forderung nacheiner Verlagerung von Rohstoffgewinnungund Zementherstellung erhoben. Abgese-hen von den damit verbundenen ökologi-schen und ökonomischen, struktur- undbeschäftigungspolitischen Friktionen stehtaber fest, dass eine Verlagerung an Stand-orte mit geeigneten Lagerstätten ohneKonflikte mit anderen Belangen in Deutsch-land kaum noch möglich ist. Dies bestätigtdas bereits zitierte Gutachten, das im Auf-trag des NRW-Umweltministeriums vorge-legt wurde. Die Verfasser kommen zu demErgebnis, dass bei fast allen Lagerstätten,die als Standorte für Zementwerke geeig-net wären, ein erhebliches Konfliktpoten-zial zwischen Rohstoffgewinnung und Na-turschutz besteht (vgl. HEIMER UND

HERBSTREIT/ DIW 1997).

Flächenverknappung, Überplanung undNutzungskonflikte machen eine Erweite-rung oder einen Neuaufschluss von Ab-bauflächen zunehmend schwieriger. In Zu-kunft drohen daher Engpässe in der Roh-

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stoffversorgung. Dies erkennt auch diezweite Enquete-Kommission des Bundes-tages ausdrücklich an:

„Entsprechende Grundstoffe wie Sand, Kies,Kalk stehen in einigen Regionen Deutsch-lands nur noch mittelfristig in ausreichendenMengen zur Verfügung, da viele Lagerstättendurch andere Ausweisungen blockiert sind.Die Sicherung durch Festlegung in Landes-und Regionalplänen ist zwar derzeit ausrei-chend. Es stellt sich aber die Frage, inwie-weit in Zukunft eine Ausweisung von Vor-rats- und Vorrangflächen für die Gewinnungvon Mineralstoffen über die heute übliche Si-cherung durch Gebietsentwicklungspläneoder Landesentwicklungspläne hinaus erfor-derlich wird.“

(ENQUETE-KOMMISSION 1998)

In diesem Zusammenhang muss berück-sichtigt werden, dass die Gewinnung ober-flächennaher Rohstoffe eine Raumnutzungauf Zeit darstellt: Die entsprechenden Flä-chen werden nicht dauerhaft blockiert,sondern stehen nach der dynamischen, imAllgemeinen etappenweise durchgeführ-ten Abbautätigkeit wieder für andere Nut-zungszwecke zur Verfügung. Dies unter-scheidet die Flächeninanspruchnahme derZementindustrie und anderer abgrabenderBranchen grundlegend von anderen Nut-zungsformen. Die Abbauflächen der Ze-mentindustrie stehen einer nachhaltigenEntwicklung nicht im Wege, sondern las-sen sich in verschiedene Entwicklungs-und Raumnutzungskonzepte einpassen(vgl. die Ausführungen zur Folgenutzungweiter unten).

Landes- und Regionalplanung

Abbauvorhaben müssen mit den Grundsät-zen und Zielen der Raumordnung und Lan-desplanung übereinstimmen. Für eine vor-sorgende Sicherung der Rohstoffe ist eineAusweisung geeigneter Lagerstätten bzw.Rohstoffgebiete in der Landes- und Regio-nalplanung von großer Bedeutung, zumaldie raumordnerischen Ziele erheblichenEinfluss auf die Beurteilung der Genehmi-gungsfähigkeit von Abbauvorhaben durchdie Behörden haben. Im Unterschied zuFachplanungen für andere Belange (z. B.

für den Naturschutz) gibt es in Deutsch-land keine spezifische bzw. explizite Pla-nung zur Sicherung der u. a. für die Ze-mentproduktion notwendigen minerali-schen Rohstoffe. Immerhin stellt die Roh-stoffsicherung einen Grundsatz des Bun-desraumordnungsgesetzes dar, der in derLandes- und Regionalplanung berücksich-tigt werden muss. Im Gesetz heißt es:

„Für die vorsorgende Sicherung sowie diegeordnete Aufsuchung und Gewinnung vonstandortgebundenen Rohstoffen sind dieräumlichen Voraussetzungen zu schaffen.“

(§ 2 Abs. 2 Satz 9 ROG)

Mit Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsge-bieten unterscheidet das Raumordnungs-gesetz dabei drei Gebietskategorien, mitderen konsequenter textlicher und karto-graphischer Umsetzung eine nachhaltigeRohstoffsicherung in der Landes- und Re-gionalplanung besser als bisher erfüllt undNutzungskonflikte vermieden werdenkönnten. Die Landes- und Regionalplanungist in den einzelnen Bundesländern sehrunterschiedlich geregelt und organisiert.Zwar finden sich in den Landesentwick-lungsprogrammen grundsätzliche Aussa-gen zur Rohstoffsicherung, eine konkreteZielfestlegung und Darstellung von Roh-stoffgebieten für die Zementindustrie er-folgt aber in der Regel erst durch die Re-gionalplanung.

Für die Absicherung geeigneter Lagerstät-ten ist die Regionalplanung in der Praxisbisher nur eingeschränkt geeignet. Vor al-lem greift der Planungshorizont im Allge-meinen zu kurz. Eine längerfristige Planungist in mehrfacher Hinsicht wünschenswert:für eine volkswirtschaftlich nachhaltigeBaustoffversorgung, für die Investitionssi-cherheit zumal der kapitalintensiven Ze-mentindustrie und für eine faire Abstim-mung der verschiedenen Nutzungsan-sprüche. Hierbei ist zu berücksichtigen,dass durch eine längerfristige Planung zwarlatente Nutzungskonflikte deutlicher wer-den, die erhöhte Sicherheit jedoch für alleNutzungsansprüche letztlich vorteilhaft ist.

Die Beförderung einer nachhaltigen Ent-wicklung ist in den vergangenen Jahren

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auch zum Leitbild für die Landes- und Re-gionalplanung geworden (vgl. § 1 Abs. 2Satz 1 ROG). Neben inhaltlichen Aspektenspielen dabei Moderation und Mediationzwischen verschiedenen Interessen sowiedie kooperative Erarbeitung von Planungs-empfehlungen eine zunehmende Bedeu-tung. Entsprechend breit angelegte Ver-handlungsprozesse sind sicherlich in vielenFällen eine Belastung für die Unterneh-men, implizieren mit Blick auf den ohnehinsteigenden Abstimmungsbedarf und dieDefizite des jetzigen Planungssystemsaber auch Chancen für eine weitsichtigeRohstoffsicherung.

Vor diesem Hintergrund sind an einzelnenStandorten der Zementindustrie in Zusam-menarbeit mit den Vertretern anderer In-teressengruppen ergänzende Instrumenteauf freiwilliger Basis entwickelt worden.Ein Beispiel ist die Gesamtrekultivierungs-planung in der Stadt Beckum: Hier wurdeerstmals 1979 ein Plan erstellt, mit demdie Rohstoffgewinnung von (zum Zeit-punkt der Erstellung) sieben Zementwer-ken mit den Entwicklungsbedürfnissen derKommune abgestimmt wurde. Der Ge-samtrekultivierungsplan wurde im Jahr2001 zwischen der Kommune und den der-zeit vier abgrabenden Unternehmen über-arbeitet und aktualisiert.

Genehmigungsrecht und umweltver-

trägliche Rohstoffgewinnung

Auch die genehmigungsrechtlichen Rah-menbedingungen der Rohstoffgewinnungsind äußerst komplex und variieren erheb-lich. Die wichtigsten Grundlagen für dieAbbaustätten der Zementindustrie sinddas Immissionsschutzrecht, das Natur-schutzrecht, das Wasserhaushaltsrechtund das Baurecht sowie – in Ostdeutsch-land – das Bergrecht. Neben den diversenbundes- und landesrechtlichen Bestim-mungen kommt europäischen Vorgabeneine zunehmende Bedeutung zu. Dies giltzum Beispiel für die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, die von den Mitgliedstaaten derEU durch Meldung bzw. Ausweisung na-turschutzfachlich geeigneter Gebiete um-gesetzt werden muss.

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Abb. 8: Anteil der Folgenutzungstypen an der Gesamtfläche der Folgenutzung(Quelle: BDZ/VDZ 2001)

Natur

Forstwirtschaft

Landwirtschaft

Deponie

Gewerbe

Sonstiges

Freizeit/Erholung

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %

Für das Genehmigungsverfahren müssenabgrabende Unternehmen in der Regel ei-ne Umweltverträglichkeitsstudie nach demUVP-Gesetz vorlegen. Dabei werden alleAuswirkungen eines Vorhabens auf Men-schen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser,Luft, Klima und Landschaft sowie auf Kul-tur- und sonstige Sachgüter (einschließlichihrer Wechselwirkungen) berücksichtigt.Zusätzlich kann die zuständige Genehmi-gungsbehörde spezielle Ausarbeitungeneinfordern, zum Beispiel schalltechnischeAnalysen über mögliche Lärmbelästigun-gen, hydrogeologische Gutachten über po-tenzielle Auswirkungen der Abbautätigkeitauf das Grundwasser oder naturschutz-fachliche Untersuchungen über bestimmteTier- und Pflanzenarten.

Auf dieser Basis wird der Antrag für dieAufnahme oder Erweiterung der Ab-bautätigkeit geprüft und festgelegt, wel-che Maßnahmen die Unternehmen durch-führen müssen und welche Beschrän-kungen ihnen auferlegt werden. Abbau-technik und Abbauführung werden – auchmit Blick auf Umweltschutz und Nachbar-schaften – in einem Abbauplan festgelegt.Umfangreiche Anforderungen resultierennicht zuletzt aus der naturschutzrechtli-chen Eingriffsregelung. Danach muss je-der Eingriff in Natur und Landschaft auf derGrundlage vorgegebener, von den Bundes-ländern unterschiedlich definierter Sche-mata bewertet und mindestens in glei-chem Umfang durch Ausgleichs- bzw.Ersatzmaßnahmen kompensiert werden.Auch für die Rekultivierungs- bzw. Renatu-rierungsmaßnahmen nach Abschluss derAbbautätigkeit gibt es daher entsprechen-de Festlegungen (Rekultivierungspläne,landschaftspflegerische Begleitpläne etc.).

Insgesamt gehören Maßnahmen des Na-tur- und Umweltschutzes heute zu denumfangreichsten Pflichten der Betreibervon Abbaustätten. Während das Ziel einerumweltverträglichen Rohstoffgewinnungaußer Zweifel steht, sind die zunehmendeRechtszersplitterung sowie die damit ver-bundene Intransparenz weder ökonomischnoch ökologisch zielführend, zumal sieschon im Bundesgebiet erhebliche Wett-bewerbsverzerrungen implizieren können.

Dies gilt um so mehr, als verfahrenstechni-sche Entwicklungen und freiwillige Maß-nahmen der Unternehmen ihrerseits zu ei-ner möglichst umweltschonenden Abbau-führung und Gewinnung beitragen. Nebennaturschutzorientierten Aktivitäten (sieheunten) lässt sich dabei auf folgende Bei-spiele verweisen:

■ Konventionell erfolgt die Gewinnungfester Gesteine mittels Bohren undSprengen. Die dabei entstehenden Bo-denerschütterungen und Lärmemissio-nen sind durch moderne Verfahren(Verwendung von Zündzeitverzögerern)und/oder organisatorische Maßnah-men (Verringerung der Abbauwand-bzw. Strossenhöhen etc.) erheblich re-duziert worden. Hier ist auch in Zukunftmit Weiterentwicklungen zu rechnen.Wo geologisch möglich, werden zu-dem auch andere Verfahren wie insbe-sondere das Reißen (Ripping) durchleistungsstarke Großgeräte (Hydraulik-bagger oder Raupen) genutzt.

■ Im engeren Tagebaubetrieb überwie-gen Ladung und Transport mittels Hyd-raulikbagger bzw. Radlader und Schwe-ren Lastkraftwagen (SLKW), währendder Weitertransport ab den Vorbrech-aggregaten durch Förderbänder erfolgt.

Statt Förderbändern werden mitunterauch andere Transportmittel wie z. B.Seilbahnen eingesetzt. Aufgrund dergeologisch, aber auch umweltpolitischbedingten Unterschiede in der Abbau-führung (Hangabbau, Abbau nach derTeufe) werden die Betriebsmittel un-terschiedlich kombiniert. Grundsätzlichgilt, dass der spezifische Energieein-satz und die Lärmemissionen desEquipments erheblich gesenkt werdenkonnten. So verlaufen z. B. die Förder-bänder teilweise gekapselt oder unter-irdisch, auch wurde der Kraftstoffver-brauch der Großgeräte in den vergan-genen Jahren schon aus Kostengrün-den erheblich reduziert.

■ Als Basis der kapitalintensiven Ze-mentproduktion sind die Rohstoffe einkostbarer Produktionsfaktor. Durch pa-rallelen Abbau unterschiedlicher Ge-steinsqualitäten (selektiver Abbau) undeine aufwendige Homogenisierungwerden die Lagerstätten so effektivwie möglich genutzt und der Anfall vonnicht nutzbarem Material minimiert.Falls sinnvoll, wird die Produktpaletteeines Werks um Erzeugnisse mit an-deren Materialanforderungen (z. B.Branntkalk oder Schotter) ergänzt. ZurOptimierung der Tagebauplanung und

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der Prozesse werden computerge-stützte Programme genutzt, die be-triebliche und umweltspezifische As-pekte berücksichtigen (Qualitätssteue-rung, effizienter Geräteeinsatz, Mini-mierung der hydrologischen Effekteetc.). Mit Hilfe dreidimensionaler Simu-lationsmodelle lässt sich der geplanteAbbauvortrieb einschließlich Rekultivie-rung bzw. Renaturierung zur Verdeutli-chung der landschaftsästhetischen Ef-fekte detailgetreu visualisieren.

Folgenutzung und Naturschutz

Abbauflächen müssen nach ihrer Stillle-gung von den Unternehmen hergerichtetwerden – in welcher Weise dies geschieht,wird bereits im Rahmen der Abbaugeneh-migung festgelegt. Grundsätzlich kommenhier verschiedene Möglichkeiten in Be-tracht, am häufigsten sind die Rekultivie-rung und die Renaturierung. Während un-ter Rekultivierung die Wiederherrichtungder Flächen insbesondere für die Land-oder Forstwirtschaft verstanden wird, be-zeichnet Renaturierung die Vorbereitungund Flankierung einer natürlichen oder na-turnahen Entwicklung (Sukzession) vonFlora und Fauna.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutungentsprechender Fragestellungen hat diedeutsche Zementindustrie im Rahmen ei-nes naturschutzfachlichen Gesamtprojek-tes eine Umfrage durchgeführt und voneinschlägig qualifizierten Wissenschaftlernauswerten lassen (BDZ/VDZ 2001). DieAuswertung gibt u. a. erstmals umfassendAuskunft über die Vor- und Folgenutzungder Abbauflächen. Bei der Umfrage konnteeine Rücklaufquote von 100 % erzielt wer-den, so dass sich die Datenbasis auf alleWerksstandorte mit Klinkerproduktion undeigenen Abbaustätten bezieht.

Danach zeigt sich, dass die FolgenutzungNaturschutz auf einen Flächenanteil von53,7 % kommt (Abb. 8). Forstliche undlandwirtschaftliche Rekultivierung folgenbei fast identischen Anteilen mit zusam-men 29,7 %. Letztere müssen durchge-führt werden, wenn ein Grundeigentümerdie zwischenzeitlich zur Rohstoffgewin-

nung genutzten Flächen für die Fort-führung eines land- oder forstwirtschaftli-chen Betriebs benötigt. Der Anteil von De-ponieflächen (Reifen-, Hausmüll- undErddeponien) beträgt bei abnehmenderTendenz bundesweit 13,3 %, während an-dere Nutzungstypen – wie z. B. Freizeitund Erholung (0,7 %) – bei den stillgeleg-ten Flächen der Zementindustrie quantita-tiv nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Während bei der Folgenutzung der Natur-schutz dominiert, tritt bei der Vornutzungder Ackerbau, d. h. eine im Allgemeinen in-tensive Form der Landwirtschaft, mit ei-nem Anteil von 54,9 % in den Vordergrund.Auf die forstwirtschaftliche Vornutzungentfallen 26,3 %, Grünland- und Weidenut-zung kommen als weitere landwirtschaftli-che Nutzungsformen zusammen auf einenAnteil von 17,5 %. Eine Detailauswertungzeigt, dass die ackerbauliche Vornutzungbei gleichzeitig sinkendem Anteil der Wald-und Weidenutzung kontinuierlich zuge-nommen hat und seit den 1950er Jahrenbei über 70 % liegt (vgl. Abb. 9).

Die Auswertung der Umfrage zeigt zudem,dass nur 32 % der stillgelegten und 27 %der betriebenen Abbaustätten keinerleiBerührungspunkte mit bereits bestehen-den oder planerisch vorgesehenen Natur-,Landschafts- und Wasserschutzflächen ha-

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Abb. 9: Nutzungstypen vor dem Abbau, differenziert nach 50-Jahreszeiträumen(Quelle: BDZIVDZ 2001)

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Pro

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Ges

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läch

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Ackerbau Wald Grünland Weide Grünland o.Weide Sonstiges

1850-1900

1901-1950

1951-2001

ben. Mitunter liegen sogar Naturschutzge-biete innerhalb betriebener Abbaustätten.Dies zeigt einerseits, dass in Deutschlandein dichtes Schutzgebietsnetz aufgebautwurde, und andererseits, dass ein Interes-senausgleich möglich ist.

Heute ist fachlich unbestritten, dass still-gelegte Abbaustätten als Rückzugsgebieteund Sekundärbiotope eine positive Rollefür den Natur- und Artenschutz spielen.Neuere Untersuchungen zeigen, dass diesteilweise auch für Abbaustätten gilt, diesich im Betrieb befinden. Das Vorkommenseltener und gefährdeter Amphibienarten,Vögel und Insekten ist u. a. auf die großeStrukturvielfalt der Abbaustätten zurückzu-führen. Gerade betriebene Abbaustättenzeichnen sich zudem durch eine Vielzahlverschiedener Pflanzenarten aus. MancheTiere und Pflanzen sind in ihrer Lebens-weise sogar auf die dynamischen Verände-rungen und „Extremstandorte“ (flachgrün-dige Sohlen, Steilwände etc.) in betrie-benen Abbaustätten angewiesen. Die Be-deutung ehemaliger und betriebener Ab-baustätten für den Natur- und Artenschutzwird derzeit im Rahmen einer umfassen-den Literaturstudie aufgearbeitet (BDZ/VDZ 2002a).

Wenngleich Untersuchungen belegen,dass eine umfassende landschaftspflegeri-

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Die Interessengemeinschaft Teutoburger Wald (IG Teuto)

Die IG Teuto ist ein seit 1998 bestehender Verein, der sich aus Vertretern der Dycker-hoff Zement GmbH und der Schencking Kalk- und Kalksandsteinwerke GmbH & Co. KGsowie der Arbeitsgemeinschaft Naturschutz Tecklenburger Land e.V. (ANTL) zusam-mensetzt. Der Kreis der Vereinsmitglieder umfasst zudem die Gemeinden Lengerichund Lienen, den Deutschen Gewerkschaftsbund sowie weitere regionale Einrichtun-gen. Ziel und Zweck der IG Teuto ist die Förderung von Maßnahmen des Natur-, Land-schafts- und Bodendenkmalschutzes und ihre praktische Umsetzung. Aktuelle Projek-te sind die Schafbeweidung zur Pflege artenreicher Kalkmagerrasen und dieNiederwaldbewirtschaftung zur Entwicklung orchideenreicher Wälder.

Die IG Teuto entstand auf der Basis eines Gutachtens, mit dem Wege zur Lösung desKonflikts zwischen Kalksteingewinnung und Naturschutz am Teutoburger Wald erar-beitet werden sollten und das im Auftrag des Umweltministeriums von Nordrhein-Westfalen erstellt wurde. Die heutigen Mitglieder der IG Teuto waren in die Erstellungdes Gutachtens eingebunden und wollen mit ihrer Initiative erreichen, dass Konfliktezwischen Kalksteingewinnung und Naturschutz in Zukunft vermieden werden. Leitbildder Zusammenarbeit ist die nachhaltig zukunftsverträgliche Entwicklung der Region,die den Schutz der Natur ebenso umfasst wie die Sicherung der wirtschaftlichen Per-spektiven und der Arbeitsplätze in der Zement- und Kalkindustrie.

sche Gestaltung zur Renaturierung nicht er-forderlich ist, müssen natürliche Entwick-lungsprozesse durch diverse Maßnahmenflankiert und gesteuert werden. Dies ist –bei Vorrang der betrieblichen Belange – be-reits während der Abbautätigkeit möglich.Von besonderer Bedeutung ist die Förde-rung von Wanderbiotopen auf Flächen, dietemporär nicht genutzt werden. Hierdurchkönnen Abbaustätten auch als „Trittstein“zur Biotopvernetzung im jeweiligen Natur-raum beitragen.

Zur Optimierung des Naturschutzpotenzi-als von Abbaustätten werden die Renatu-rierungsverfahren weiterentwickelt. So lässt sich durch die so genannte Mähgut-ausbringung die Entwicklung ökologischwertvoller Magerrasenstandorte flankieren.An entsprechenden Forschungsvorhabensind auch Unternehmen der Zementindust-rie beteiligt. Auf Gemeinschaftsebene wur-den kürzlich einschlägige Erfahrungen inForm von Management-Empfehlungen ver-öffentlicht (BDZ/VDZ 2002b). Die deutscheZementindustrie stellt sich bereits seitmehreren Jahren auf die zunehmende Be-deutung des Naturschutzes ein und ver-stärkt über den bereits etablierten Dialoghinaus die Kooperation mit den relevantenInteressengruppen. Beispiele vor Ort zei-gen, dass eine Zusammenarbeit zwischenUnternehmen und Naturschutzgruppen einkonstruktiver Weg zur Minimierung vonNutzungskonflikten sein kann. Vor diesemHintergrund sollte von allen Beteiligtenauch über einen Ausbau flexibler Instru-mente wie z. B. Vertragsnaturschutz oderÖkokonto nachgedacht werden.

3.2 Zementproduktion

Rechtlicher Rahmen und

Umweltmanagement

Zementwerke unterliegen dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Danach ist fürden Bau und den Betrieb eines Zement-werks eine Genehmigung erforderlich.Hierin prüft die zuständige Genehmigungs-behörde, ob das Werk alle Umweltauflagenerfüllt und die Grenzwerte für staub- undgasförmige Emissionen oder Lärm einge-

halten werden. Falls erforderlich, wird indem Genehmigungsverfahren eine Um-weltverträglichkeitsuntersuchung durchge-führt, in der alle zu erwartenden Umwelt-

auswirkungen dargestellt und bewertetwerden. In der Genehmigung wird auchfestgelegt, wie der laufende Anlagen-betrieb kontrolliert und überwacht wird.

Emissionsvorschriften für die Zementindustrie

Die zulässigen Schadstoffmengen im Abgas eines Zementwerks werden durch die ers-te allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG),die Technische Anleitung Luft (TA Luft), festgelegt. Sie bestimmt die Emissionsgrenz-werte, deren Überschreitung nach dem Stand der Technik vermeidbar ist. Die TA Luftwurde bei einer Änderung 1986 mit einer Klausel versehen, nach der die Grenzwertedynamisch dem technischen Fortschritt angepasst werden. Nach der jüngsten Novel-lierung sieht die TA Luft in Zukunft u. a. die folgenden Emissionsgrenzwerte für Ze-mentwerke vor:

■ staubförmige Emissionen: 20 mg/m3 Abgas

■ Stickstoffoxide (NOX): 0,50 g/m3 Abgas

■ Schwefeloxide (SO2): 0,35 g/m3 Abgas.

Beim Einsatz von Sekundärbrennstoffen unterliegen Zementwerke zudem der 17.Bundesimmissionsschutz-Verordnung (17. BlmSchV), die derzeit an die anspruchsvol-len Vorgaben der neuen EU-Richtlinie über die Verbrennung von Abfällen angepasstwird. Für die Zementindustrie ist von besonderer Bedeutung, dass künftig feste Emis-sionsgrenzwerte bei der Mitverbrennung von Abfällen gelten. Die bisher im nationalenRecht verankerte Mischungsrechnung aus Vorgaben der 17. BImSchV und der TA Luftentfällt.

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Europäische Verordnungen und Richtliniengewinnen für den Betrieb von Zementwer-ken eine immer stärkere Bedeutung.

Um den hohen Anforderungen an Qualität,Umweltschutz und Arbeitssicherheit ge-recht zu werden, sind Abläufe und Aufbau-organisation in den Zementwerken schonseit langem auf der Grundlage von Mana-gementsystemen strukturiert. Durch dieseManagementsysteme gelingt es den Un-ternehmen nicht nur, den umfangreichenumweltrechtlichen Vorgaben zu genügen.Vielmehr werden über kontinuierliche Ver-besserungsprozesse (KVP) laufend Fort-schritte in den genannten Handlungsfel-dern erzielt. So umfassen moderne Mana-gementsysteme auch die systematischeSuche nach Einsparmöglichkeiten bei denRohstoff- und Energieverbräuchen.

Bei der Zementherstellung treten luftge-tragene Emissionen sowie Lärm und Er-schütterungen auf. Gas- und staubförmigeEmissionen entstehen vor allem bei derKlinkerherstellung durch den Einsatz vonBrennstoffen und die Stoffumwandlungvon Rohmehl zu Zementklinker; Staub-emissionen gehen zudem von Transpor-ten, Lagerung sowie Mahl- und Trock-nungsprozessen aus. Für die Emissionen

an Staub, Spurenelementen, Stickoxiden(NOX) und Schwefeldioxid (SO2) sind diegültigen Grenzwerte der Technische Anlei-tung Luft (TA Luft) und – im Falle des Ein-satzes von Sekundärbrennstoffen – der 17.Bundesimmissionsschutz-Verordnung (17.BImSchV) einzuhalten. Die Grenzwertewerden dynamisch an den Stand der Tech-nik angepasst und damit fortschreitend ver-schärft. Messungen zeigen, dass dieGrenzwerte von der Zementindustrie viel-fach deutlich unterschritten werden.

Beim Einsatz von Sekundärstoffen mussdie Zementindustrie zudem die Vorgabendes Kreislaufwirtschafts- und Abfallgeset-zes erfüllen. In diesem Gesetz sind insbe-sondere alle Anforderungen an die umwelt-verträgliche Verwertung solcher Stoffefestgelegt. Für die Konkretisierung hat dieZementindustrie mit der Länderarbeitsge-meinschaft Abfall (LAGA) beispielhaft einKonsenspapier über „Maßstäbe und Kriteri-en für die energetische Verwertung von Ab-fällen in Zementwerken“ erarbeitet. Es wirdinzwischen in vielen Bundesländern als Hil-fe bei Entscheidungen über den Einsatz vonSekundärbrennstoffen herangezogen. Au-ßerdem hat die BundesgütegemeinschaftSekundärbrennstoffe Güte- und Prüfbe-stimmungen erarbeitet, mit denen ein kon-

Abb. 10: Entwicklung der Staubemissionen (Quelle: VDZ 2002b)

3,5

3,0

2,5

2,0

1,5

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0,01950

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1960 1970 1980 1990 2000

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40

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Zem

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Staubemission

Zementproduktion

sequentes Qualitätsmanagement auf Sei-ten der Anbieter etabliert werden soll. DieGüte- und Prüfbestimmungen wurden imJahr 2001 vom RAL-Institut zertifiziert.

Luftreinhaltung und

Emissionsminderung

Die Luftreinhaltung ist eines der wichtigs-ten umweltschutztechnischen Maßnah-menfelder in der Zementindustrie. In derVergangenheit sind auf diesem Gebiet star-ke Fortschritte erzielt worden, so dass dieZementwerke in Deutschland im weltwei-ten Vergleich zu den Anlagen mit den ge-ringsten Emissionen gehören. Die Schwer-punkte liegen auf der Verminderung derEmissionen an Staub, Spurenelementenund Stickstoffoxiden:

■ Staub hat vor 40 bis 50 Jahren die Um-gebung von Zementwerken geprägt:Noch 1950 gingen im Durchschnitt rund3,5 % der Produktion als Staub verlo-ren. Staub entsteht v. a. durch die Ver-arbeitung der Rohmaterialien sowiebeim Brennen und Mahlen des Ze-mentklinkers und wird heute durchElektro- und Gewebefilter aus den Ab-luftströmen der einzelnen Anlagenteilegefiltert. Die Staubemissionen sind inden vergangenen Jahrzehnten sehrstark vermindert worden (vgl. Abb. 10)und betragen heute deutlich wenigerals 0,1 % der Produktion.

■ Spurenelemente können Bestandteilvon Stäuben sein, weil sie in geringenKonzentrationen in den Roh- und Brenn-stoffen enthalten sind. Die Gehalte ent-sprechen der natürlichen Verteilung die-ser Elemente in der jeweiligen Lager-stätte. Spurenelemente wie z. B. Ar-sen, Vanadium, Nickel, Blei oder Cad-mium werden praktisch vollständig inden Klinker eingebunden. Thallium- undQuecksilber-Verbindungen hingegen wer-den gezielt abgeschieden und ausge-schleust. Werden beim Klinkerbrenn-prozess Sekundärstoffe eingesetzt, sowird der Spurenelementgehalt in die-sen Stoffen in jedem Einzelfall durchGenehmigungsauflagen beschränkt undüberwacht.

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■ Stickstoffoxide (NO/NOX) entstehenim Drehofen durch die hohen Flam-mentemperaturen von rund 2.000 °C.Zur Reduzierung von Stickstoffoxidenwerden in der Zementindustrie ver-schiedene Verfahren angewendet. Zuden primären, prozessintegrierten Maß-nahmen der NOX-Minderung gehörendie Vergleichmäßigung des Ofenbetrie-bes, die NOX-arme Feuerungstechniksowie eine gestufte Verbrennungs-führung durch Aufteilung der Brenn-stoff- und Verbrennungsluftströme.Sollten primäre Maßnahmen nicht aus-reichen, ist der Einsatz sekundärer Min-derungsmaßnahmen erforderlich. Hier-zu gehört das SNCR-Verfahren, beidem durch Zugabe eines Reduktions-mittels (zumeist Ammoniak-Wasser)das NOX zu unbedenklichem Stickstoff(N2) sowie Wasser umgesetzt wird.Das SNCR-Verfahren entspricht demStand der Technik, in der Erprobung be-findet sich die selektive katalytischeReduktion (SCR-Verfahren).

■ Schwefeldioxid (SO2) entsteht durchden Eintrag von Schwefelverbindungenmit den Brennstoffen und dem Roh-mehl in den Drehofen. Zwar wird derbrennstoffbedingte Eintrag praktischvollständig in den Zementklinker einge-bunden, ein hoher Anteil von leicht-flüchtigen Sulfiden im jeweiligen Roh-material (z. B. in Form von Pyrit oderMarkasit) kann jedoch zu höheren SO2-Emissionen führen. Falls verfahrens-technische bzw. betriebliche Maßnah-men nicht ausreichen, können dieSO2-Emissionen mit dem Trockenaddi-tiv-Verfahren (d. h. meist durch Zugabevon Kalkhydrat) gemindert werden.

Viele Emissionen werden heute mit konti-nuierlich arbeitenden Messsystemen über-wacht, die Abgaswerte häufig online an diezuständigen Umweltbehörden übermittelt.Gleichwohl wird der Zementproduktion imHinblick auf mögliche Schadstoffbelastun-gen häufig Skepsis entgegengebracht. Im-missionsmessungen in der Umgebung vonZementwerken zeigen jedoch, dass dieLuftqualität in ländlichen Räumen mit Ze-mentproduktion heute genauso gut ist wie

in rein ländlichen Gebieten ohne industriel-le Tätigkeit.

Im Zusammenhang mit dem Einsatz vonSekundärbrennstoffen wird zudem überEmissionen von Dioxinen und Furanen dis-kutiert. Entgegen mancher Befürchtungenbelegen die vorliegenden Messergebnis-se, dass diese Emissionen sehr geringsind, und zwar unabhängig von der Wahldes eingesetzten Brennstoffs. Abb. 11zeigt die Ergebnisse aus 160 Messungendurch das Forschungsinstitut der Zement-industrie. Alle Emissionskonzentrationenlagen mit einer Ausnahme unter dem Wertder 17. BlmSchV von 0,1 ng ITEQ/m3

(ITEQ: Internationales Toxizitätsäquivalent).Die Dioxin- und Furanemissionen sind des-halb sehr gering, weil die organischen Ver-bindungen in den Brennstoffen bei sehrhohen Temperaturen vollständig zerstörtwerden. Darüber hinaus bilden sich im Ab-gas der Drehofenanlagen – anders als beiMüllverbrennungsanlagen – so gut wie kei-ne Dioxine und Furane. Drehofenanlagender Zementindustrie müssen daher nichtwie Müllverbrennungsanlagen mit einemspeziellen Dioxinfilter ausgestattet wer-den.

Energieintensität und Energieeffizienz

Die Herstellung von Zement ist ausgespro-chen energieintensiv. Energie kommt ei-nerseits in Form von Brennstoffen zur Be-feuerung der Drehöfen für die Herstellungdes Zementklinkers zum Einsatz. Anderer-seits wird elektrische Energie zum Betriebverschiedener Aggregate – insbesondereder Rohmaterial- und Zementmahlanlagen– eingesetzt. Heute macht der spezifischeelektrische Energieverbrauch bei Zement-werken etwas mehr als 10 % des Gesamt-energieverbrauchs aus, wobei sich dieEnergiekosten etwa je zur Hälfte aufBrennstoffe und Strom aufteilen.

Insgesamt hat die deutsche Zementindust-rie im Jahr 2000 Brennstoffenergie in einem Umfang von 99,3 Mio. GJ verwen-det, der spezifische Brennstoffenergiever-brauch lag bezogen auf 1 kg Zement bei2.835 kJ (VDZ 2001, S. 20). Abb. 12 zeigtdie Entwicklung des spezifischen Brenn-stoffenergieverbrauchs bezogen auf dieHerstellung des gebrannten Zwischenpro-duktes Klinker. Hier ist die Energieeffizienzinsbesondere in den 1950er und 1960erJahren stark gestiegen; mittlerweile liegt

Abb. 11: Messergebnisse für Dioxin- und Furanemissionen (Quelle: VDZ 1996, S. 35)

0,14

0,12

0,10

0,08

0,06

0,04

0,02

0,000 20 40 60 80 100 120 140 160

Messung Nr.

Em

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2 ]

Regelbrennstoffe mit Ersatzbrennstoffen mit Ersatzrohstoffen

0,29

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der spezifische Brennstoffenergiever-brauch zur Klinkerproduktion nahe am ver-fahrenstechnischen Optimum, der ener-getische Wirkungsgrad bei über 70 %.

Abb. 12 gibt den spezifischen Brennstoff-energieverbrauch zur Klinkerherstellung ab1987 als Mittelwert der west- und ost-deutschen Zementwerke wieder. Deutlich

ist der Effekt der deutschen Vereinigung zuerkennen: Danach ist der Rückgang desspezifischen Energieverbrauchs zwischen1987 und 1993 v. a. auf den Neubau unddie Modernisierung der ostdeutschen Wer-ke zurückzuführen. Zudem wurden mehre-re Ofenlinien in den alten Bundesländerndurch drei Neuanlagen ersetzt und beste-hende Anlagen optimiert. Aus Abb. 12 wird

auch ersichtlich, dass der spezifischeBrennstoffenergieverbrauch nach der Mo-dernisierung der ostdeutschen Zementin-dustrie nur noch geringfügig gesunken ist.

Der hohe Bedarf an elektrischer Energie istauf die Rohmaterialaufbereitung (ca. 35 %),das Brennen und Kühlen des Klinkers (ca.22 %) und die Zementmahlung (ca. 38 %)zurückzuführen. Während der spezifischeBrennstoffeinsatz in den vergangenenJahrzehnten nahezu kontinuierlich redu-ziert wurde, ist der spezifische Strom-verbrauch noch bis Mitte der 1980er Jahreangestiegen. 1987 wurden in Deutschland111,2 kWh für die Herstellung von 1 t Ze-ment benötigt; dies entsprach einem ab-soluten Stromverbrauch von 3,8 Mio.MWh. Inzwischen sinkt in der Tendenz je-doch auch der spezifische Stromver-brauch: Im Jahr 2000 wurden 101,5 kWh/tZement benötigt; dies entsprach einemabsoluten Verbrauch von 3,55 Mio. MWh/a.

Abb.13 zeigt die Entwicklung des spezifi-schen elektrischen Energieverbrauchs beider Herstellung von 1 t Zement. Der zwi-schenzeitliche Anstieg hat seine Ursachenvor allem in der höheren Produktqualität,die durch eine feinere Mahlung des Ze-mentes erreicht wird, in gestiegenen An-forderungen an die Luftreinhaltung, diedurch den Einsatz von Filteranlagen zurSäuberung der Ofenabgase erfüllt werden,sowie in der zunehmenden Automatisie-rung der Produktionsprozesse. Die Maß-nahmen zur Senkung des spezifischenStromverbrauchs zielen in erster Linie aufdie Entwicklung und den Einsatz effizien-terer Mahlsysteme (siehe unten).

Maßnahmen zum Klimaschutz

Mit dem nationalen Klimaschutzprogrammder Bundesregierung sollen die CO2-Emis-sionen zwischen 1990 und 2005 um 25 %und die Emissionen der so genannten Kyo-to-Gase (CO2, CH4, N2O, H-FKW, FKW,SF6) im Rahmen der Umsetzung des Kyoto-Protokolls zwischen 1990 und 2008/2012um insgesamt 21 % gesenkt werden.Nachdem sich die deutsche Zementindust-rie bereits 1995 freiwillig verpflichtet hatte,den spezifischen Brennstoffenergiever-

Abb. 12: Entwicklung des spezifischen Brennstoffenergieverbrauchs in der Klinkerproduktion, ab 1987inklusive ostdeutscher Werke (Quelle: VDZ 2002a)

200520001995199019851980197519701965196019551950

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9.000

7.000

8.000

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4.000

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Theoretischer Brennstoffenergiebedarf

Trocknung

Abb. 13: Entwicklung des spezifischen elektrischen Energieverbrauchs in der Zementproduktion, ab1987 inklusive ostdeutscher Werke (Quelle: VDZ 2002a)

120

110

100

90

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1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005

Jahr

Sp

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brauch erheblich zu verringern, hat sie alsBeitrag zur Klimaschutzvereinbarung zwi-schen Bundesregierung und Wirtschaftvom November 2000 zugesagt, ihre spezi-fischen energiebedingten CO2-Emissionenzwischen 1990 und 2008/2012 um insge-samt 28 % zu vermindern. Hierin sind jetztauch die Emissionen enthalten, die aus derBereitstellung elektrischer Energie für dieZementherstellung bei der Stromerzeu-gung entstehen. Diese Zusage entsprichteiner Minderung der gesamten CO2-Emis-sionen um 16 %, wenn die prozessbeding-ten CO2-Emissionen aus der Entsäuerungdes Kalksteins mit berücksichtigt werden.

Die Umsetzung der Selbstverpflichtungwird in einem jährlichen Monitoring-Berichtdokumentiert, der vom Verein DeutscherZementwerke auf der Basis von Unterneh-mensbefragungen erstellt und vom Rhei-nisch-Westfälischen Institut für Wirt-schaftsforschung (RWI) überprüft wird.Der VDZ hat mit seiner Umfrage bisherstets einen besonders hohen Deckungs-grad erreicht: Im Jahr 2000 wurden 99,3 %des Brennstoffverbrauchs der deutschenZementindustrie erfasst. Der Bericht weisteinen prozess- und energiebedingten CO2-Ausstoß von insgesamt 24,3 Mio. t aus(ohne die Emissionen aus Sekundärbrenn-stoffen, die CO2-neutral gerechnet wer-den, siehe unten). Dies entspricht einerFreisetzung von 0,69 t Kohlendioxid je t Ze-ment. 62 % der CO2-Emissionen sind pro-zessbedingt und entstehen, wenn das Cal-ciumcarbonat (CaCO3) des Kalksteins indie Bestandteile Calciumoxid (CaO) undKohlendioxid (CO2) zerlegt wird. Manspricht hierbei auch von Entsäuerung bzw.Calcinierung. Zudem werden durch denBrennstoffenergieeinsatz 28 % und durchden Stromverbrauch 10 % der CO2-Emis-sionen verursacht. Andere klimarelevanteGase (z. B. Methan) sind bei der Zement-herstellung ohne Bedeutung. Der Anteilder CO2-Emissionen aus der Zement-herstellung (prozess- und energiebedingt)entspricht 2,6 % der gesamten CO2-Emis-sionen in Deutschland.

Die Fortschritte bei der Minderung derCO2-Emissionen in der Zementindustrieberuhen auf folgenden Maßnahmen:

1. weitere Steigerung der Energieeffizi-enz bei der Verwendung von thermi-scher und elektrischer Energie,

2. Substitution des gebrannten Zwi-schenproduktes Zementklinker durchandere Stoffe,

3. Substitution fossiler Brennstoffe durchenergetische Verwertung von Sekun-därbrennstoffen.

Effizienzsteigerungen beim thermischenEnergieverbrauch basieren auf verschiede-nen verfahrenstechnischen Innovationen:

■ Die Entwicklung der Ofentechnik hatzur Umstellung auf Öfen geführt, dieim Trockenverfahren arbeiten und mitZyklonvorwärmern ausgestattet sind.Mittlerweile werden in Deutschlandrund 90 % des Zementklinkers in sol-chen Anlagen hergestellt.

■ Mit Zyklonvorwärmern wird die Abluftdes Drehofens zur Aufwärmung undTeilcalcinierung des Rohmehls genutzt.Die Effizienz konventioneller vierstufi-ger Vorwärmer kann durch den Zubauvon einer oder zwei weiteren Stufenerhöht werden. Allerdings muss dasAbgas des Zyklonvorwärmers nochausreichend heiß sein, um das Rohma-terial zu trocknen – die Ausbaumöglich-keiten sind deshalb je nach werksspe-zifischem Feuchtegehalt des Rohmate-rials begrenzt.

■ Durch moderne Vorcalciniertechnikkönnen neue Drehofenanlagen heutevon den Ausmaßen her kürzer ausge-legt werden als dies früher üblich war.Hierdurch verringern sich die Abstrahl-verluste des Ofens. Außerdem ermög-licht ein Vorcalcinator eine Vergleich-mäßigung des Ofenbetriebs.

■ Die Optimierung der Klinkerkühlerdient zur besseren Ausnutzung der Ab-wärme des heißen Klinkers, mit der dieim Drehofen und im Calcinator genutz-te Verbrennungsluft vorgewärmt wird.Gegenwärtig können mit modernsterTechnik Kühlerwirkungsgrade von biszu 75 % erreicht werden.

Weitere Möglichkeiten zur Effizienzsteige-rung liegen z. B. in einer Verminderung vonFalschluftzufuhr in den Ofen, in der Weiter-entwicklung der Brennertechnik und in derInstallation neuester Ofenführungssyste-me. Aufgrund der bereits umgesetztenMaßnahmen sind die verbleibenden ver-fahrenstechnischen Minderungspotenzialeaber eher gering. Offen ist, inwieweit eineweitere CO2-Minderungen in den kom-menden Jahren durch den Neubau vonOfenanlagen erreicht werden kann: InDeutschland werden derzeit noch eine Rei-he von Drehöfen betrieben, die aus denspäten 1960er und frühen 1970er Jahrenstammen und aufgrund ihrer vergleichs-weise geringen Größe einen höheren spe-zifischen Energieverbrauch als größere An-lagen haben.

Als weitere Maßnahme kommt eine Nut-zung der Abwärme in Betracht, soweit sienicht zur energetischen Optimierung derZementproduktion verwendet wird. So istdie Erzeugung von Fernwärme möglich,die an Wohngebiete weitergegeben wer-den könnte. Eine Kopplung der Wärmepro-duktion an die Zementherstellung ist aller-dings problematisch, weil im Winter –wenn die Fernwärme in besonderem Ma-ße benötigt wird – der Zementabsatz ge-ring ist und die meisten Drehöfen für meh-rere Wochen stillgesetzt werden, umerforderliche Wartungs- und Reparaturar-beiten durchzuführen. Eine begrenzteMöglichkeit zur Abwärmenutzung stelltauch die Eigenerzeugung von Strom dar.Ein neues Verfahren zur Stromerzeugungaus der Abluft des Klinkerkühlers wird seit1999 im Werk Lengfurt der HeidelbergCe-ment AG eingesetzt: Es handelt sich dabeium das so genannte ORC-Verfahren, dashier weltweit erstmals in einem Zement-werk angewendet wird.

Die Maßnahmen zur Minderung des elek-trischen Energieverbrauchs zielen vor al-lem auf effizientere Systeme bei der Mah-lung von Rohstoffen und Zementen. Al-lerdings stehen Stromverbrauch und Ze-mentqualität in einem engen Zusammen-hang. Energieeffiziente Gutbett-Walzen-mühlen führen zu einer steileren Korn-größenverteilung im Zement, so dass sich

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dessen Gebrauchseigenschaften verän-dern. Moderne Gutbett-Walzenmühlenwerden deshalb in vielen Werken in Kom-bination mit konventionellen Kugelmühlenverwendet (Kombi-Mahlung). Hierdurchlassen sich Energieeinsparungen von 7 bis15 % gegenüber einer kompletten Mah-lung in einer Kugelmühle erzielen.

Das zweite Handlungsfeld zur CO2-Minde-rung ist die Substitution des gebrannten

Zwischenprodukts Zementklinker durchandere Stoffe. Hierbei geht es darum, dieProduktion von Portlandzement, der alsHauptbestandteil mindestens 95 % Ze-mentklinker enthält, zunehmend auf„Komposit“-Zemente umzustellen, die au-ßer Zementklinker weitere Hauptbestand-teile enthalten. Von Bedeutung ist hier inerster Linie Hüttensand. Daneben wirdv. a. ungebrannter Kalkstein verwendet.Durch eine Ausweitung des Marktanteilsdieser Zemente lassen sich die CO2-Emis-sionen erheblich verringern – nach dem ge-genwärtigen Stand der Technik handelt essich hierbei um das Handlungsfeld mitdem größten CO2-Minderungspotenzial.Der Minderungseffekt beruht darauf, dassinsgesamt weniger CO2 im Zuge derRohmaterial-Entsäuerung entsteht und derthermische Energiebedarf für das Brennenvon Zementklinker reduziert wird.

Der Marktanteil von Zementen mit mehre-ren Hauptbestandteilen ist in den vergan-genen Jahren kontinuierlich gestiegen (vgl.Tab. 5) und lag 2000 bereits bei insgesamt38,2 % des Inlandsversands. Dabei konnteinsbesondere der Marktanteil von Port-landhüttenzement erheblich gesteigertwerden. Im Jahr 2000 fielen in der deut-schen Stahlindustrie 7,6 Mio. t Hochofen-schlacke an; davon wurden rund 5,2 Mio. t

zu Hüttensand granuliert, der zu rund 80 %zur Zementherstellung verwendet wurde.Die Hüttensandproduktion wird in dennächsten Jahren voraussichtlich auf über

6,0 Mio. t steigen – in den vergangenenJahren wurden zwei zusätzliche Granulati-onsanlagen in Eisenhüttenstadt und in Salz-gitter in Betrieb genommen. Die zusätzli-

Modellprojekt ORC-Anlage im Zementwerk Lengfurt

Das Zementwerk Lengfurt der HeidelbergCement AG hat einen durchschnittlichenStrombedarf von 80.000 MWh pro Jahr. Zur Eigenstromerzeugung wurde eine Anlagezur Nutzung der Niedertemperaturwärme aus der Klinkerkühlerabluft installiert. EineAnalyse der potenziell nutzbaren Abwärmequellen (Vorwärmerabgas, Bypassgas undKühlerluft) sowie der anwendbaren Verfahren ergab, dass für den Standort Lengfurt diethermische Nutzung der Kühlerabluft nach dem ORC-Verfahren (Organic Rankine Cycle)am besten geeignet ist. Diese Technologie zur Verstromung von Niedertemperatur-wärme unter 250 °C wird vorwiegend zur Nutzung geothermischer Heißwasserquellenangewendet. Beim ORC-Verfahren wird die Turbine anstelle von Wasserdampf mit ei-nem organischen Treibmedium (in diesem Fall Pentan) betrieben. Aufgrund des höhe-ren Wirkungsgrades, der höheren Flexibilität bei Temperaturschwankungen derKühlerabluft und der niedrigeren Investitionskosten wurde diesem Verfahren gegen-über einer Stromerzeugung mit Wasserdampf der Vorzug gegeben.

Mit dem Pilotprojekt kommt das ORC-Verfahren weltweit erstmalig in einem Zement-werk zur Anwendung. Aufgrund des innovativen und umweltfreundlichen Charakterswurde die Errichtung dieser Anlage mit Zuschüssen des Bundesministeriums für Um-welt und des Freistaates Bayern gefördert. Die Verfahrenstechnik besteht im Wesent-lichen aus einem Abhitzekessel, der ORC-Anlage selbst und einem Kondensator. DieKühlerabluft wird nach Durchströmung des Heißgaselektrofilters dem Abhitzekesselzugeführt. Zur Energieauskopplung werden die Heizflächen des Kessels mit Wärme-trägeröl beaufschlagt. Die Kühlerabluft wird hierdurch auf ca. 125 °C abgekühlt, dasWärmeüberträgeröl auf 230 °C erwärmt und die ausgekoppelte Energie der ORC-An-lage zugeführt.

Die Anlage wurde im Mai 1999 in Betrieb genommen. Nach Abzug aller internenStromverbraucher (Pentan- und Wärmeträgerölpumpen sowie Ventilatoren des Luft-kondensators) erzeugt die Anlage 1,13 MW Strom (netto). Damit können etwa 12 %des Eigenbedarfs gedeckt werden. Außerdem wird mehr Flexibilität beim Strombezugwährend der Hochtarifzeiten erreicht. Die stromerzeugungsbedingten CO2-Emissionenwerden um ca. 7.600 t pro Jahr gesenkt.

Quellen: VDZ 1999b, S. 11 ff./ Umweltbundesamt 1999, S. 131

Zementsorte 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000absolut Marktanteil absolut Marktanteil

Portlandzement 23.414 76,6 % 26.143 23.635 21.623 21.623 21.925 22.131 19.778 61,8 %Portlandhüttenzement 979 3,2 % 946 761 1.023 1.023 3.436 4.417 4.810 15,0 %Hochofenzement 3.956 12,9 % 4.346 4.166 3.916 3.916 4.524 4.651 4.536 14,2 %Portlandkalksteinzement 1.055 3,4 % 1.218 1.614 1.602 1.602 1.504 1.852 2.170 6,8 %Sonstige Zementsorten 1.178 3,9 % 1.124 880 639 639 621 725 691 2,2 %Inlandsversand gesamt 30.582 100,0 % 33.777 31.056 28.803 28.803 32.010 33.776 31.985 100,0 %

Tab. 5: Marktanteile von Zementarten am Inlandsversand, absolute Angaben in 1.000 t (Quelle: BDZ)

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che Hüttensandmenge könnte in entspre-chenden Zementen jährlich rund 1,5 Mio. tZementklinker ersetzen, womit neben ei-ner Schonung primärer Rohstoffe (sieheKapitel 3.1) eine weitere Verminderung derenergiebedingten CO2-Emissionen um0,33 Mio. t/a und der rohstoffbedingtenCO2-Emissionen um 1,1 Mio. t/a verbun-den wäre.

Die Verwendung des Hüttensands für dieZementherstellung hängt nicht zuletzt vonder Akzeptanz entsprechender Zementebei den Kunden ab. Maßgeblich hierfür sindeinerseits deren objektive Eigenschaftenund andererseits verstärkte Vermarktungs-bemühungen seitens der Zementhersteller.Ein wichtiger Ansatzpunkt sind dabei diespezifischen Eigenschaften der unter-

darf um 18 % gesenkt. Zur Herstellung vonKompositzementen werden erhebliche In-vestitionen getätigt, wie beispielhaft die Er-richtung einer Granulationsanlage durch dieAlsen AG in Salzgitter zeigt.

Das dritte wichtige Handlungsfeld zur CO2-Minderung in der Zementindustrie ist dieWahl der Brennstoffe, mit denen der ther-mische Energiebedarf gedeckt wird. Tab. 6gibt einen Überblick über die Entwicklungder verschiedenen Brennstoffe – darausgeht hervor, dass der Anteil der Stein- undBraunkohle von rund 87 % in 1987 auf rund62 % in 2000 zurückgegangen ist. Stark an-gestiegen (mehr als verzehnfacht) ist derAnteil von Petrolkoks, einer kohleähnlichenFraktion des Mineralöls, und von Sekundär-brennstoffen (mehr als versechsfacht).

Eine weitere Verminderung von CO2-Emis-sionen ließe sich durch den Einsatz vonBrennstoffen mit möglichst geringem Koh-lenstoffgehalt erreichen – dies gilt insbe-sondere für Erdgas, das jedoch aus Kos-tengründen keine Alternative zum Einsatzvon Stein- und Braunkohlenstaub ist. Einedeutliche CO2-Minderung macht die Ze-mentindustrie hingegen durch die energeti-sche Verwertung von Sekundärbrennstof-fen geltend. Eingesetzt werden vor allemAltreifen, Altöle, Fraktionen aus Gewerbe-und Siedlungsabfällen sowie Altholz,Bleicherden und Lösungsmittel. Die Er-höhung des Anteils von Sekundärbrenn-stoffen gilt in der Branche als eine der wich-tigsten Maßnahmen zur Umsetzung derSelbstverpflichtung zum Klimaschutz. Beider Ermittlung der CO2-Emissionen werden

schiedlichen Zementarten: So ist die lang-samere Festigkeitsentwicklung von Port-landhüttenzementen auf das Hydratations-verhalten des Hüttensands zurückzu-führen. Dies führt einerseits zu einerlangsameren Aushärtung der Bauteile –und damit zu längeren Ausschalfristen. An-dererseits entsteht bei der Verwendungdieser Zemente weniger Hydratationswär-me. Dies ist vor allem bei der Herstellunggroßer, massiger Bauteile vorteilhaft. DieMöglichkeiten zur gezielten Vermarktungvon Kompositzementen werden beispiel-haft durch eine Initiative belegt, die 1998von der Dyckerhoff Zement GmbH im Ver-kaufsgebiet ihrer Werksgruppe Süd durch-geführt wurde. Dort wurde der Anteil vonPortlandhüttenzement gegenüber demVorjahr um 30 % erhöht und der Klinkerbe-

Errichtung einer Anlage zur Produktion von Hüttensand in Salzgitter

Im Jahr 1996 haben die heutige Salzgitter AG (früher Preussag Stahl AG) und die AlsenAG eine Grundsatzvereinbarung unterzeichnet, auf deren Grundlage die Firma Alsen ei-ne Granulationsanlage an dem 1993 in Betrieb genommenen Hochofen B errichtet hat.Bei der Produktion von Roheisen fallen dort täglich ca. 1.400 t (ca. 400.000 t/a) Hoch-ofenschlacke an.

In der Granulationsanlage wird die bis zu 1.500 °C heiße flüssige Hochofenschlacke mitkaltem Wasser auf 90 °C abgeschreckt. Dabei entsteht der glasig erstarrte, granulier-te Hüttensand, der zusammen mit Portlandzementklinker zu Hochofen- oder Portland-hüttenzement verarbeitet wird. Die Granulationanlage der Alsen AG in Salzgitter ent-spricht dem neusten Stand der Technik. So wird das zur Abkühlung der Hoch-ofenschlacke erforderliche Wasser in einem geschlossenen Kreislauf geführt und derVerbrauch von Frischwasser minimiert.

Quelle: VDZ 1998, S. 22 ff.

1987 1990 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000absolut v.H. absolut v.H.

Steinkohle 48,2 40,2 % 47,5 49,9 43,1 38,2 37,9 32,0 29,4 31,4 31,6 %Braunkohle 56,0 46,7 % 45,8 32,5 33,4 31,4 32,1 33,2 32,1 30,1 30,3 %Petrolkoks 0,8 0,7 % 0,8 1,9 10,0 9,5 9,9 10,2 9,7 8,4 8,5 %Heizöl S 4,5 3,8 % 4,2 5,8 3,3 2,2 2,4 4,5 5,9 1,9 1,9 %Heizöl EL 0,2 0,2 % 0,2 0,2 0,3 0,2 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 %Erdgas und andere Gase 2,4 2,0 % 0,8 0,3 1,1 1,6 1,3 0,6 0,6 0,7 0,7 %Sonstige fossile Brennstoffe 2,9 2,4 % 2,1 1,9 0,6 0,5 0,6 1,1 0,9 1,0 1,0 %Fossile Brennstoffe insgesamt 115,0 95,9 % 101,4 92,5 91,8 83,6 84,5 81,9 78,9 73,8 74,3 %Sekundärbrennstoffe 4,9 4,1 % 8,1 10,4 11,0 15,7 13,1 18,8 23,4 25,5 25,7 %Thermischer Energieverbrauch 119,9 100,0 % 109,5 102,9 102,8 99,3 97,6 100,7 102,3 99,3 100,0 %

Tab. 6: Brennstoffeinsatz in der deutschen Zementindustrie, Angaben in 10 6 GJ/a (Quelle: VDZ 2002a)

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le angesetzt – in der Gesamtbilanz eineVerminderung um 1,13 kg CO2 je kg ver-wertetem Kunststoff. Der Minderungsef-fekt ist damit dreimal höher als beim Ein-satz von DSD-Kunststoffen im Hochofen.Der Einsatz in einer Müllverbrennungsanla-ge (MVA) hat sogar einen zusätzlichen

CO2-Ausstoß von 0,87 kg CO2 je kg DSD-Kunststoff zur Folge.

In der Summe der verschiedenen, hier be-schriebenen Handlungsfelder und Maß-nahmen wurden die spezifischen energie-bedingten CO2-Emissionen von 0,352 t/t

1987 1990 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 1987- 1990-2000 2000

Brennstoffenergieverbrauch absolut [106 GJ/a] 119,9 109,5 102,9 102,8 97,6 99,3 100,7 102,3 99,3 -17,2 % -9,3 %

Brennstoffenergieverbrauch spezifisch [kJ/kg Zement] 3.510 3.200 3.000 3.000 2.995 2.975 2.905 2.800 2.835 -19,2 % -11,4 %

Elektrischer Energieverbrauch absolut [106 MWh/a] 3,80 3,67 3,72 3,64 3,50 3,47 3,63 3,73 3,55 -6,6 % -3,3 %

Elektrischer Energieverbrauch spezifisch [kWh/t Zement] 111,2 107,4 107,8 106,5 107,4 103,9 104,7 102,0 101,5 -8,7 % -5,5 %

Brennstoffbedingte CO2-Emissionen absolut [106 t CO2/a]* 10,8 9,6 8,7 8,7 8,0 7,7 7,6 7,26 6,83 -36,8 % -28,9 %

Brennstoffbedingte CO2-Emissionen spezifisch [t CO2/t Zement]* 0,317 0,280 0,252 0,254 0,245 0,231 0,218 0,199 0,195 -38,5% -30,4 %

Strombedingte CO2-Emissionen absolut [106 t CO2/a] 2,55 2,46 2,49 2,44 2,34 2,32 2,43 2,50 2,38 -6,7 % -3,3 %

Strombedingte CO2-Emissionen spezifisch [t CO2/t Zement] 0,075 0,072 0,072 0,071 0,072 0,070 0,070 0,068 0,068 -9,3 % -5,6 %

Gesamte energiebedingte CO2-Emissionen absolut [106 t CO2/a] 13,03 12,06 11,16 10,93 10,16 10,03 9,99 9,70 9,21 -29,3 % -23,6 %

Gesamte energiebedingte CO2-Emissionen spezifisch [t CO2/t Zement] 0,392 0,352 0,324 0,325 0,317 0,301 0,288 0,267 0,263 -32,9 % -25,3 %

Abb. 14: CO2-Effekte unterschiedlicher Entsorgungsverfahren für DSD-Kunststoffe im Vergleich zur

Deponierung (Quelle: Heyde/Kremer 1997, S. 45)

Monoverbrennung

BASF-Konversion

Hochofen

Hydrierung KAB

MVA

Zementofen

10,50- 0,5- 1- 1,5Verkleinerung des

Umweltlastenpotenzialskg CO2/kg verwerteter

KunststoffVergrößerung des

Umweltlastenpotenzials

- 0,35

- 0,29

- 0,18

- 0,21

0,87

- 1,13

die aus der energetischen Verwertung vonAbfällen entstehenden Emissionen nichteingerechnet, weil dadurch fossile Brenn-stoffe substituiert werden und geeigneteAbfälle mit entsprechender Entlastung derdeutschen CO2-Bilanz nicht extra an ande-rer Stelle verbrannt oder deponiert werdenmüssen.

Die Zementindustrie stützt sich bei dieserVerrechnungsweise unter anderem auf ei-ne Ökobilanz des Fraunhofer-Instituts fürLebensmitteltechnologie und Verpackung.Dabei wurde beispielhaft die Verwertungvon Kunststoffabfällen in Zementwerkenmit anderen Entsorgungs- bzw. Verwer-tungspfaden verglichen (Heyde/Kremer1997). Danach führt die energetische Ver-wertung in der Zementindustrie bei denCO2-Emissionen zu den vergleichsweisegünstigsten Effekten. Abb. 14 zeigt dasUmweltlastenpotenzial verschiedener Ver-wertungspfade für DSD-Kunststoffe imVerhältnis zur Deponierung, bemessen inkg CO2 je kg DSD-Kunststoff. Danach er-gibt sich für den Einsatz im Zementwerk –hier wurde eine Substitution von Steinkoh-

Tab. 7: CO2-Minderung in der deutschen Zementindustrie, *ohne Sekundärbrennstoffe (Quelle: VDZ CO2-Monitoringberichte 1997-2000)

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Zement in 1990 auf 0,263 t/t Zement imJahr 2000, d. h. um ein Viertel, gesenkt (vgl.Tab. 7). Dies bedeutet, dass die Zielset-zung der Selbstverpflichtung bereits zuüber 90 % erreicht wurde. Die absolutenenergiebedingten CO2-Emissionen, dieauch in starkem Maße von der (schwan-kenden) Produktion abhängen, sind von12,1 Mio. t in 1990 auf 9,2 Mio. t im Jahr2000 zurückgegangen, was einer Minde-rung um 23,6 % entspricht. Der Großteildieser Fortschritte ist auf den Einsatz vonHüttensand und Sekundärbrennstoffen zu-rückzuführen – daraus folgt zugleich, dassdie Zielvorgabe aus der Selbstverpflichtungnur dann nachhaltig erreicht werden kann,wenn die Verfügbarkeit dieser Stoffeeinschließlich der entsprechenden wirt-schaftlichen, politischen und rechtlichenRahmenbedingungen gewährleistet ist.

Mit der Senkung ihrer energiebedingtenCO2-Emissionen übertrifft die Zementindust-rie die bisher insgesamt erreichten Fort-schritte bei der CO2-Minderung in Deutsch-land, die zwischen 1990 und 2000 bei rund15 % lag. Betrachtet man die verschiede-nen Sektoren, wurden die größten Beiträ-ge in Gewerbe, Handel und Dienstleis-tungen (-33,8 %) sowie bei den energie-bedingten Emissionen der Industrie (-30,5%) erreicht; der Rückgang bei den Indu-strieprozessen betrug 4,3 %. Demgegenü-

ber sind die Emissionen aus dem Ver-kehrsbereich angestiegen und stellen da-mit die größte Herausforderung für den Kli-maschutz in Deutschland dar (Abb. 15).Große Minderungspotenziale werden trotzder in den letzten Jahren erzielten Verbes-serungen außerdem bei den Privathaushal-ten gesehen.

Verbesserung des Lärmschutzes

Neben den Staubemissionen haben in derVergangenheit auch die Lärmemissionendie unmittelbare Umgebung von Zement-werken belastet. Maßgeblich für die Belas-tung des Umfeldes sind die abgestrahlteSchallleistung sowie der Abstand derWerksanlagen zur benachbarten Wohnbe-bauung. Die wesentlichen Geräuschquel-len im Bereich eines Zementwerks sindMühlen, Kamine und Ausblasöffnungen,Filterventilatoren, Ofenantriebe, Gebläseund Transportbänder sowie der werksin-terne Fahrzeugverkehr. Insbesondere überKaminmündungen können – ohne entspre-chende Minderungsmaßnahmen – rele-vante Schallleistungen aufgrund der Quell-höhe ungehindert, d. h. ohne Abschirmungdurch umliegende Gebäude, abgestrahltwerden.

Zur Ermittlung der relevanten Lärmquellensind Werkslärmkarten geeignet, aus denen

Abb. 15: Entwicklung der CO2-Emissionen in Deutschland, 1990=100(Quellen: DIW 2001/VDZ 2002a/eigene Berechnungen)

120

110

100

90

80

70

60

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Verkehr

Industrieprozesse

HaushalteGesamtemissionEnergieerzeugungZementindustrieEnergieverbrauch

Gewerbe, Handel,Dienstleistungen

IndustrieEnergieverbrauch

Jahr

die effektivsten Lärmschutzmaßnahmenabgeleitet werden können. Aufgrund desganztägigen Betriebs von Zementwerkenwerden die Lärmschutzmaßnahmen heuteso ausgelegt, dass die strengeren Immis-sionsrichtwerte für die Nachtzeit auchtagsüber eingehalten werden. Lärminten-sive Anlagenteile (z. B. Mühlen) werden inschalldämmenden Gebäuden unterge-bracht oder mit Schallschutzkapseln bzw. -wänden versehen. Die Außenwände vonschalldämmenden Gebäuden bestehen i. d. R. aus Betonbauelementen, die ein ho-hes Flächengewicht haben, so dass dieSchallübertragung über die Außenhautmöglichst gering gehalten wird. StörendeGeräusche von Ventilatoren werden durchden Einbau von Schalldämpfern in den An-saug- und Ausblasöffnungen bekämpft.Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl vonLärmschutzmaßnahmen, mit denen dieEmissionen kleinerer Quellen vermindertwerden können.

Steigerung der Arbeitssicherheit

Der Schutz der Mitarbeiter vor Unfällen istein wichtiges Handlungsfeld in den Ze-mentwerken. Neben den gesetzlichen Be-stimmungen gehört die Verbesserung derArbeitssicherheit zu den satzungsgemä-ßen Aufgaben des VDZ. Entscheidend fürdie Verbesserung der Arbeitssicherheit istdie Motivation der Mitarbeiter, die Sicher-heitsvorschriften im Betrieb anzuwenden.Hierfür sind auch die Führungskräfte imBetrieb verantwortlich. Daher organisiertder VDZ gemeinsam mit der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft (StBG) Schulungenfür Meister und Vorarbeiter. Ziel der Semi-nare ist die Verbesserung der Kenntnisseüber sicheres Arbeiten (v. a. in Bereichenmit höherem Unfallrisiko), die Erörterungtypischer Unfälle und die Vermittlung prak-tischer Maßnahmen zur Verbesserung derArbeitsicherheit.

Der VDZ gibt Sicherheits-Merkblätter mitden Beschreibungen typischer Betriebsun-fälle sowie Sicherheits-Prüflisten für dieverschiedenen Betriebsbereiche heraus.Außerdem wird seit über 25 Jahren einjährlicher Wettbewerb zur Arbeitssicher-heit durchgeführt, bei dem die Mitglieds-

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ultrahochfestem Beton hinsichtlich Quer-schnittsabmessungen und Gewicht an dasNiveau von Stahlträgern heran. Durch Ver-wendung hochfester Betone wird in Ge-bäuden zusätzliche Nutzfläche gewonnen.Dadurch können die nutzflächenbezo-genen Bauwerkskosten sinken, währendgleichzeitig die Ressourcenproduktivität er-höht und Umweltbelastungen verringertwerden.

Aktuelle Entwicklungen gehen über die Er-höhung der Festigkeit hinaus und gebenmodernen Betonen den Charakter von„High-Tech“-Werkstoffen, die für spezielleAnwendungsfälle zugeschnitten werden.Ein Beispiel hierfür ist SelbstverdichtenderBeton, der vor rund zehn Jahren in Japanentwickelt wurde und die Optimierung vonBauprozessen ermöglicht. Er hat einehöhere Fließfähigkeit und Homogenität.Die Verdichtung erfolgt ausschließlichdurch die Schwerkraft, so dass der Einsatzvon Rüttlern überflüssig wird. Auf dieseWeise werden eine größere Dauerhaftig-keit der Bauwerke, wirtschaftliche Vorteile(höhere Einbauleistung, Reduzierung vonEinbau- und Nacharbeiten), eine besseregestalterische Qualität (Betonoberflächen)sowie eine Entlastung der Umwelt (Redu-zierung von Lärm beim Bau) erreicht.Selbstverdichtende Betone weichen in ih-rer Konsistenz und in der Regel auch inihrem Mehlkorngehalt von den Anforde-rungen der derzeit gültigen Betonnorm ab.Deshalb ist ihr Einsatz gegenwärtig nochan eine bauaufsichtliche Einzelfallzustim-mung oder an bauaufsichtliche Zulassun-gen durch das Deutsche Institut für Bau-technik gebunden. Eine entsprechendeAnwendungsrichtlinie ist vom DeutschenAusschuss für Stahlbeton erarbeitet wor-den und dürfte eingeführt werden, wennumfassendere Erfahrungen aus der Zulas-sungspraxis vorliegen.

Positive Auswirkungen auf Bauprozessewerden heute auch mit schnell erhärten-den Reparaturmörteln oder Betonen er-reicht, die durch Verwendung spezieller Ze-mente früher abbinden und so eine Ver-kürzung von Bauzeiten ermöglichen. Wich-tig ist dies beispielsweise im Straßenbau,wo durch die Verwendung schnell erhär-

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werke mit der niedrigsten Unfallhäufigkeitausgezeichnet werden. Die Unfallhäufig-keit in den deutschen Zementwerken hatin den letzten 30 Jahren um über 70 % ab-genommen. Danach sank die Zahl der mel-depflichtigen Betriebsunfälle je 1 Mio. ge-leisteter Arbeitsstunden (mittlere Unfall-häufigkeitsrate) von 43,9 in 1969 auf 12,8in 2001 (Abb. 16). Sie liegt damit um etwazwei Drittel unter der Unfallhäufigkeit allerMitgliedsunternehmen der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft und rund ein Drittelunter der Unfallhäufigkeit der gesamtengewerblichen Wirtschaft. Im Jahr 1997verzeichneten erstmals fünf Werke mitKlinkerproduktion überhaupt keine melde-pflichtigen Unfälle (VDZ 1999a, S. 166 ff.).

3.3 Zementverarbeitung

und Betonrecycling

Betonherstellung und

Baustoffinnovation

Zement wird mit Gesteinskörnungen bzw.Zuschlägen (insbesondere Kies und Sand)sowie mit Wasser zu verschiedenen Bau-stoffen verarbeitet. Die weitaus größteBedeutung hat dabei Beton, der in Formvon Transportbeton, Betonfertigteilen oder

Betonsteinen hergestellt und verarbeitetwird. Beton muss in Deutschland der DIN1045 sowie spätestens ab 2005 auch derDIN EN 206 entsprechen und wird in ver-schiedene Rohdichteklassen (Leicht-, Nor-mal- und Schwerbeton) sowie Festigkeits-klassen eingeteilt. Weitere Baustoffe, diemit Zement gebunden werden, sind Putze,Mörtel und Faserzementplatten.

Die technische Weiterentwicklung von Be-ton war in der Vergangenheit vor allem aufdie Erhöhung der Druckfestigkeit ausge-richtet – sie galt lange Zeit als das bestim-mende Qualitätsmerkmal, von dem auchverschiedene andere Gütemerkmale ab-hängig sind. Dabei wurden erhebliche Fort-schritte erzielt: Die unter Baustellenbedin-gungen sicher erreichbare Druckfestigkeitvon Betonen stieg von ca. 40 N/mm3 in den1960er Jahren auf mittlerweile 200 N/mm3

bei (ultra-)hochfesten Betonen. In der Fol-ge kann die Tragstruktur eines modernenBauwerks aus Beton heute mit deutlich ge-ringeren Querschnittsabmessungen aus-geführt werden. Dies gilt sowohl für Stüt-zen als auch für Träger, die auf Biegungbeansprucht werden: Abb. 17 zeigt denVergleich von Querschnitten mit gleicherTragfähigkeit in verschiedenen Ausfüh-rungsweisen. Dabei reicht der Träger aus

Abb. 16: Entwicklung der Unfallhäufigkeit in der deutschen Zementindustrie (Zahlenangaben: VDZ)

40

30

35

25

20

15

10

5

1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000

Unf

älle

je 1

Mio

. Arb

eits

stun

den

Jahr

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tender Systeme bei Reparaturen die Fahr-bahn bereits nach wenigen Stunden wie-der genutzt werden kann (VGL. SCHMIDT

1998). Im Fertigteilbau können bei Einsatzvon Zementen mit hoher Frühfestigkeit dieAusschalzeiten verkürzt und die Fertigteileschneller eingesetzt werden. Außerdemeignen sich schnell erhärtende Betoneauch für den Einsatz bei Umgebungstem-peraturen von unter 0 °C, so dass sie denBetonbau bei ungünstigen Witterungsbe-dingungen ermöglichen.

Eine zunehmende Bedeutung erhält dieVerarbeitung von Zement zu modernenVerbundwerkstoffen wie z. B. Faserbeto-nen. In den DFG-Sonderforschungsberei-chen 532 in Aachen und 528 in Dresdenwird dieses Thema gegenwärtig intensivuntersucht. Traditionell wird Beton mitStahl kombiniert, um seine Zugfestigkeitzu erhöhen. Während die Bewehrung beimStahlbeton die Aufgabe hat, die Zugkräfteim Grenzzustand der Tragfähigkeit aufzu-nehmen, bieten textile Verstärkungen inerster Linie die Möglichkeit zur Verbesse-rung der Gebrauchstauglichkeit. Hierzuwird Beton durch eine textile Bewehrungergänzt, die in der Vorproduktion maßge-recht an die jeweilige Aufgabe angepasst

werden kann. Dabei kommen v. a. industri-ell hergestellte Chemiefasern zum Einsatz.Weil solche Stoffe gegenüber den imStahlbeton üblichen Korrosionsmechanis-men widerstandsfähig sind, bedarf die Be-wehrung keiner Überdeckung, wodurch fi-ligraner und leichter gebaut werden kann.

Aber auch die traditionelle Kombinationvon Beton und Stahl bietet noch Innovati-onsmöglichkeiten, beispielsweise bei derHerstellung von Bauteilen für Systembau-weisen. Dies zeigt z. B. ein innovativesBausystem mit tragenden Wandtafeln aus kaltgewalzten Stahlprofilrahmen undLeichtbeton. Aufgrund des an allen vierKanten umlaufenden speziellen Stahlpro-fils lassen sich die für das jeweilige Hausmaßgefertigten Tafeln auf der Baustelledurch ein Stecksystem mit unterstützen-dem Mörteleinsatz besonders schnell undpassgenau montieren. Die Verarbeitungs-qualität bei der Vorfertigung der Wandta-feln im Betonfertigteilwerk macht auf derRauminnenseite sogar einen Putz über-flüssig, was zu einer weiteren Optimierungdes Bauprozesses führt.

Ein weiteres Handlungsfeld für betontech-nische Innovationen ist der Schutz von Be-

Abb. 17: Balkenquerschnitte bei verschiedenen Bauweisen (Quelle: Roubin 1999/eigene Darstellung)

UltrahochfesterBeton

Stahl Spannbeton Stahlbeton

Gewicht: 140 kg/m2 112 kg/m2 467 kg/m2 530 kg/m2

40 mm

370

mm

tonbauteilen gegen Korrosion und schädi-gende Angriffe, wie sie z. B. durch Chemi-kalien in Abwasserableitungen auftretenkönnen. Solchen Angriffen auf Ober-flächen kann durch ein möglichst dichtesBetongefüge begegnet werden. Hierzuwerden die Gesteinskörnungen und dasBindemittel Zement im Hinblick auf ihreKorngrößen so aufeinander abgestimmt,dass eine möglichst dichte Matrix ent-steht. Gegebenenfalls werden weitere, ge-eignete Feinstoffe als Füller eingesetzt.Insgesamt kann hierdurch eine hohe Che-mikalienbeständigkeit des Betons erreichtwerden. Wichtige Anwendungen entspre-chender Hochleistungsbetone stellen Ka-nalsysteme und – in der jüngsten Vergan-genheit – der Bau des Kühlturms desKraftwerks Niederaußem bei Köln dar.

Ressourcenschonung

durch Betonrecycling

Beton lässt sich – sortenreine Fraktionie-rung vorausgesetzt – vollständig recyclie-ren. Dabei ist zweierlei zu unterscheiden(vgl. Abb. 18): Erstens das Produktions-recycling insbesondere von Frischbetonund zweitens das Recycling von Beton undanderen Baustoffen nach Abriss oderRückbau von Bauwerken. Für das Produk-tions- bzw. Frischbetonrecycling hat derDeutsche Ausschuss für Stahlbeton eineRichtlinie entwickelt, nach der die Produk-tionsreste bei der Betonherstellung so aus-gewaschen werden, dass Restwasser undRestzuschlag direkt wiedergewonnen underneut eingesetzt werden können. DieRichtlinie schreibt dazu Verfahren vor, dieeine normgerechte Produktqualität ge-währleisten. Beim Frischbetonrecycling istein geschlossener anlageninterner Kreis-lauf heute Stand der Technik. Betonbruch,der beim Abriss oder Rückbau anfällt, wirdin Form von Betonsplitt oder Betonbrech-sand als recyclierte Gesteinskörnungen beider Beton-Herstellung oder für andereZwecke (insbesondere im Straßenbau) ver-wendet. Als „Betonzuschlag“ können wei-tere sortierte und klassifizierte Baurest-stoffe – beispielsweise Ziegelsplitt –verwertet werden, so dass Zement einesinnvolle Wiederverwendung auch dieserMaterialien ermöglicht.

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Das Recycling von Betonbruch und ande-ren Baurestmassen ist eine wichtige Maß-nahme, um Gesamtabfallmenge und De-ponierung zu verringern. Zugleich werdendamit bei der Baustoffproduktion natürli-che Rohstoffe eingespart. Um diese Zieleumzusetzen, haben Bauwirtschaft undBaustoffindustrie 1996 die Arbeitsgemein-schaft Kreislaufwirtschaftsträger Bau ge-gründet, in der die deutsche Zementindust-rie über den Bundesverband Baustoffe –Steine und Erden mitwirkt.

Insgesamt liegt der jährliche Verbrauch anmineralischen Baustoffen in Deutschlandbei 700 bis 800 Mio. t. Für das Recyclingvon Baurestmassen sind vor allem dieFraktionen Bauschutt, Straßenaufbruchund Baustellenabfälle relevant, die jeweilsauch Betonbruch umfassen. 1998 betrugdas Aufkommen dieser Stoffe in Deutsch-land 77,1 Mio. t (Abb. 19). Hiervon wurden72 % verwertet, womit bereits die von derEU-Kommission für das Jahr 2010 ange-strebte Verwertungsquote (70 bis 85 %)erzielt wurde. Die höchste Verwertungs-quote (rund 86 %) wurde beim Straßen-aufbruch erreicht, der in der Regel direktvor Ort erneut als Baumaterial eingesetztwird (Arbeitsgemeinschaft Kreislaufwirt-schaftsträger Bau 2001).

Aus den verwerteten Materialien wurdenrund 55 Mio. t Recyclingbaustoffe herge-stellt. Dies bedeutet, dass sich trotz derhohen Verwertungsquote nur rund 8 %des gesamten Bedarfs an mineralischenBaustoffen unterschiedlicher Qualität mitRecyclingmaterial abdecken ließen. Hinzukommt, dass sich maximal drei Viertel derRecyclingbaustoffe als Ersatz für qualifi-zierte primäre Mineralstoffe eigneten, derRest hingegen nur für Erdbau und Verfül-lungen (SCHMIDT CONSULT 2000, S. 79).

Für die Zukunft ist aufgrund der Alters-struktur des Gebäude- und Infrastrukturbe-standes ein Anstieg der jährlichen Baurest-massen zu erwarten – das Recycling wirddeshalb an Bedeutung gewinnen. Die Ar-beitsgemeinschaft Kreislaufwirtschaftsträ-ger Bau schätzt, dass die Menge der jähr-lich anfallenden Baureststoffe von 77 Mio.

Abb. 18: Stoffströme beim Recycling von Beton

Rohstoff-gewinnung

Zement-herstellung

Beton-produktion

Anwendung/Nutzungs-

phase

Abbruch,Rückbau

Produktions-recycling

Aufbereitungvon Beton-

bruch

Aufbereitunganderer

Baureststoffe

Aufkommen (in Mio. t)

90

80

70

60

50

40

30

20

10

01996 1998 1996 1998 1996 1998 1996 1998

Bauschutt Straßenaufbruch Baustellenabfälle Gesamt

90

80

70

60

50

40

30

20

10

01996 1998 1996 1998 1996 1998 1996 1998

Bauschutt Straßenaufbruch Baustellenabfälle Gesamt

Verwertung (in Mio. t)

58,1 58,5

17,614,6 6,5 4,0

82,177,1

58,155,2

3,5 1,213,9 12,5

40,7 41,5

Quote: 70,1 70,9 79,0 85,6 53,9 30,0 70,8 71,6

Abb. 19: Anfall und Verwertung von Baureststoffen (Quelle: Kreislaufwirtschaftsträger Bau 2001)

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t in 1998 auf 100 bis 130 Mio. t in 2010 zu-nimmt. Zudem ist eine weitere Steigerungder Verwertungsquote denkbar. Da sich dieBaustoffnachfrage in den kommendenJahren weitgehend stabil entwickeln dürf-te, kann davon ausgegangen werden, dassder Marktanteil von Recyclingbaustoffensignifikant steigt. Eine wichtige Vorausset-zung sind geeignete Rahmenbedingungenim Abfallrecht, das die Ziele der Kreislauf-wirtschaft nicht konterkarieren sollte. Al-lerdings dürfte der Marktanteil der meistenRecyclingbaustoffe im Hochbau selbst un-ter günstigen Voraussetzungen mittelfris-tig kaum mehr als 10 bis 15 % betragen(SCHMIDT CONSULT 2000, S. 80).

In Zukunft ist vor allem mit einer starkenZunahme von Betonbruch zu rechnen(Abb. 20), weil Beton ab den 1920er Jahrenverstärkt als Baustoff eingesetzt wurdeund deshalb im Bauwerksbestand, der inden nächsten Jahren abgerissen bzw. rück-gebaut wird, stark steigende Anteile hat.So besteht ein typisches Wohnhaus heute

zu rund 45 Vol.-% aus Beton, der Anteildes Mauerwerks beträgt 30 %. Mörtel,Putz und Gips machen etwa 20 % aus. EinIngenieurbauwerk, wie z. B. eine Brücke,kann sogar zu rund 90 % aus Beton beste-hen.

Betonbruch wird heute zu unterschiedli-chen Recyclingprodukten aufbereitet, erkann z. B. als recyclierte Gesteinskörnungfür Beton oder für den Unterbau vonStraßen verwendet werden. Betonbruch,der im Straßenbau anfällt, wird bereits heu-te nahezu vollständig verwertet. Hier giltauch Beton mit recyclierten Gesteinskör-nungen als bewährt, während dieser imHochbau bisher nur zurückhaltend einge-setzt wird. Die Ursache hierfür liegt in Un-sicherheiten bezüglich der Materialqualität,die u. a. von Fremdstoffen ausgehen, diedem Ausgangsmaterial anhaften können.Zudem gab es in der Vergangenheit keinetechnischen Regeln für die Anwendung imHochbau – eine Lücke, die seit 1998 durchdie Richtlinie „Beton mit rezykliertem Zu-

schlag“ des Deutschen Ausschusses fürStahlbeton geschlossen wurde. Inzwi-schen liegt auch eine Norm für den Einsatzrecyclierter Gesteinskörnungen in Betonvor (DIN 4226, Teil 100).

Tatsächlich ergeben sich bei der Herstel-lung und Verarbeitung von Beton mit recyc-lierten Gesteinskörnungen einige Beson-derheiten, die mit dem Zementsteinanteilder wieder verwendeten Stoffe zusam-menhängen. Die Porosität der recycliertenGesteinskörnungen führt im Vergleich zuprimären Gesteinskörnungen zu einem er-höhten Wassersaugen, was bei der Her-stellung des Frischbetons durch Vornäs-sung berücksichtigt werden kann. Um ver-gleichbare Druckfestigkeiten im Festbetonzu erhalten, können bei Beton mit recyc-lierten Gesteinskörnungen erhöhte Ze-mentzugaben erforderlich sein. Da sichselbst in diesem Fall die Festbetoneigen-schaften gegenüber Beton mit primärenGesteinskörnungen verändern können, hatder Deutsche Ausschuss für Stahlbetonden Anteil an recycliertem Material in dero. g. Richtlinie begrenzt. Dass sich Betonemit recyclierten Gesteinskörnungen wieNormalbetone einsetzen lassen, wird durchpraktische Erfahrungen im Hochbau – z. B.beim Neubau der Deutschen Bundesstif-tung Umwelt in Osnabrück – bestätigt.

Nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfall-gesetz ist die Vermeidung von Abfällen dasoberste Ziel, an zweiter Stelle steht derenVerwertung. Abfälle, die nicht verwertbarsind, müssen beseitigt werden. Übertra-gen auf Bauwerke ist danach am Ende ei-ner Nutzungsphase zunächst deren Wei-terverwendung bzw. Modernisierung zuprüfen. Allerdings haben sich die Bedürf-nisse von Wirtschaft und Gesellschaft soverändert, dass Bauwerke, die in der Ver-gangenheit errichtet wurden, unter techni-schen, ökologischen und wirtschaftlichenGesichtspunkten häufig nicht mehr ver-wendbar sind. Auch eine Wiederverwen-dung einzelner Bauteile erfüllt in der Praxisnur selten die Anforderungen für den Ein-satz in Neubauten. Daher dürfte auch inZukunft der überwiegende Teil der Gebäu-de am Ende ihrer Nutzung abgerissen bzw.gezielt zurückgebaut werden.

Beton-Produktion

Abbruch-menge

1880 1920 1960 2000

280

240

200

160

120

80

40

0

Mio

. t

Jahr

Abb. 20: Schätzung von Betonabbruchmengen (Quelle: VDZ 1999a, S. 140)

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Forschungsarbeiten sollen dazu beitragen,die Anforderungen an eine Wiederverwen-dung von Baumaterialien technisch-wis-senschaftlich abzusichern. Der DeutscheAusschuss für Stahlbeton hat hierzu einForschungsprogramm „Baustoffkreislaufim Massivbau“ aufgelegt, das vom Bun-desminister für Bildung und Forschung undder Industrie unter Projektträgerschaft derDeutschen Gesellschaft für Luft- und Raum-fahrt finanziert wurde. Das Forschungsin-stitut der Zementindustrie war an diesemVorhaben, das 1999 abgeschlossen wur-de, mit drei Projekten beteiligt. Dabei standdie Verwertung von Betonbrechsand undBetonsplitt in Form von recyclierten Ge-steinskörnungen im Vordergrund.

Arbeitsschutz durch

chromatarme Zemente

Dem Gesundheitsschutz für Bauarbeiterwurde in den letzten Jahren bei der Her-stellung bzw. Vermarktung von Beton zu-nehmend Beachtung geschenkt. Durch dieVerarbeitung von Zement bzw. zementge-bundenen Baustoffen erkranken nach An-gaben der Bau-Berufsgenossenschaften inDeutschland jedes Jahr über 300 Bauar-beiter an allergischer Chromatdermatitis(„Maurerkrätze“). Auslöser dieser allergi-schen Hautkrankheit ist Chromat, das ingeringen Konzentrationen im Zement undin zementhaltigen Baustoffen enthalten ist.Bei der Verarbeitung zu Frischmörtel undFrischbeton löst sich ein Teil des Chromatsim Wasser. Bei manueller Verarbeitungund Hautkontakt besteht die Gefahr einersensibilisierenden Wirkung. In Abhängig-keit von Intensität und Dauer des Kontaktssowie der Konzentration des Chromatskann es später – meistens nach 10 bis 20Jahren – zum Ausbruch allergischer Krank-heitssymptome kommen.

Ohne weitergehende Maßnahmen sind inZement und zementhaltigen Produkten biszu maximal 20 ppm wasserlösliches Chro-mat enthalten. Das Chromat entsteht beimBrennen des Zementklinkers aus dem inder Natur verbreiteten SpurenelementChrom, das in geringen Konzentrationenauch in den Rohstoffen Kalk und Ton ent-halten ist. Nach heutigem Erkenntnisstand

ist davon auszugehen, dass bei Konzentra-tionen von weniger als 2 ppm wasserlösli-chen Chromats im Zement Erkrankungender Haut weitgehend vermieden werdenkönnen. Zemente und zementhaltige Pro-dukte gelten daher als chromatarm, wennsie weniger als 2 ppm wasserlöslichesChromat enthalten. Entsprechende Pro-dukte werden mit dem Aufdruck „Chro-matarm gemäß TRGS 613“ gekennzeich-net.

Im Dezember 1998 vereinbarten Vertreterder Zementindustrie, der Weiterverarbei-ter, des Baustoff-Fachhandels, der Bau-wirtschaft, der Bau-Berufsgenossenschaf-ten, der IG BAU sowie der Arbeitsschutz-behörden hierzu eine Branchenregelung.Sie umfasst effektive Maßnahmen zur Be-kämpfung der Maurerkrätze, die sich vor al-lem auf die Herstellung und den Einsatzchromatarmer Produkte für die überwie-gend manuelle Verarbeitung (Sackzement,Werktrocken- und Werkfrischmörtel, bau-chemische Produkte und Zweikammersi-lomörtel) sowie die Vermeidung von direk-tem Hautkontakt mit feuchten zement-haltigen Baustoffen beziehen. Zur Chromat-reduzierung von Sackzement wird über-wiegend granulatförmiges Eisen(II)sulfatverwendet. Das Eisen(II)sulfat wird demZement vor der maschinellen Verpackungvolumetrisch oder gravimetrisch zudosiertund durch den Einfüllvorgang ausreichendhomogenisiert. Die Wirksamkeit der ver-einbarten Maßnahmen wird durch Monito-ring regelmäßig überprüft. Auf dieser Basiswurde die Branchenregelung Anfang 2002weiterentwickelt.

3.4 Anwendung zement-

gebundener Baustoffe

Die Auswahl und Anwendung von Bau-stoffen bzw. Bauweisen ist wesentlich fürdie Umsetzung von Zielen und Handlungs-vorschlägen, wie sie unter anderem vonder Enquete-Kommission des Bundesta-ges für das Beispielfeld des nachhaltigenBauens und Wohnens entwickelt wurden.Zementgebundene Baustoffe tragen auf-grund ihrer spezifischen Materialeigen-schaften in vielerlei Hinsicht dazu bei, dass

Ansprüche an nachhaltige Bauweisen er-füllt werden können. Dies gilt z. B. im Hin-blick auf den Brandschutz: Beton bleibt un-ter Temperatureinwirkungen weitgehendfest, trägt nicht zur Brandlast bei, leitet denBrand nicht weiter, bildet keinen Rauchund setzt keine toxischen Gase frei. Im Fol-genden kann nicht auf alle Aspekte der An-wendung zementgebundener Baustoffeeingegangen werden – vielmehr erfolgt hiereine Darstellung bestimmter Schwerpunk-te, die für die aktuelle Diskussion von nach-haltiger Entwicklung im Feld Bauen undWohnen eine besondere Relevanz haben.

Wie die zweite Enquete-Kommission inihrem Abschlussbericht dargelegt hat, istnachhaltige Entwicklung ein Lernprozesszwischen allen gesellschaftlichen Akteu-ren. Für den Baubereich, der durch Unikat-fertigung, differenzierte Nutzungsan-sprüche an die Gebäude und die Vielzahlverschiedener Beteiligter im Bauprozessgeprägt ist, gilt dies in besonderem Maße.Der Förderung einer entsprechenden Zu-sammenarbeit dienen auch verschiedeneAktivitäten des Bundesverbandes derDeutschen Zementindustrie. Beispiele hier-für sind die Weiterbildungsveranstaltungenund Veröffentlichungen der BauberatungZement, das Forum „Zukunft Bauen“, dasals dialogorientierte Veranstaltungsreiheseit 1992 bundesweit durchgeführt wird,oder die Beteiligung an Initiativen der Bun-desregierung zum kostengünstigen Woh-nungsbau. Mit zwei Architekturpreisenwerden jährlich zukunftsweisende undästhetische Baukonzepte prämiert. Ästhe-tik wurde bereits von der Enquete-Kom-mission als wesentliches Element einernachhaltigen Bauweise hervorgehoben.Beide Architekturpreise heben zudem aufkostengünstige und Flächen sparende Bau-lösungen ab. Aktivitäten der Zementher-steller zum Thema Mobilität und Infrastruk-tur werden weiter unten beschrieben.

Kostengünstiges Bauen

und Systembauweise

In wirtschaftlicher Hinsicht ist die Minimie-rung der Lebenszykluskosten von Gebäu-den ein vorrangiges Ziel – hiervon hängt inentscheidendem Maße ab, ob soziale

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Nachhaltigkeitsziele wie die Erhöhung derWohneigentumsquote und die Schaffungvon bedarfsgerechtem und angemesse-nem Wohnraum für die verschiedenen Al-tersgruppen, Haushaltsgrößen und Ein-kommensschichten erreicht werden kön-nen. Ausschlaggebend sind erstens dieKosten der Gebäudeerrichtung und zwei-tens die Kosten der Gebäudenutzung, wo-bei letztere über den gesamten Lebens-zyklus in der Regel überwiegen.

Gerade die Gebäudeerrichtung – dies giltvor allem für den Wohnungs- und Eigen-heimbau – ist in Deutschland vergleichs-weise teuer. Bei der hier angestrebten Kos-tensenkung geht es weniger um dieBaustoffe, deren Kostenanteil bei der Er-richtung eines Gebäudes in der Regel nurwenige Prozent ausmacht und deshalb kei-nen Spielraum für eine spürbare Senkungder Baukosten bietet. Die Ursachen hoherBaukosten liegen vielmehr in den Grund-stückspreisen, den Ansprüchen an die Aus-stattung und ineffizienten Bauprozessen.Während Grundstückskosten und Ausstat-tung eines Gebäudes von den verwendetenBaustoffen vollständig bzw. weitgehend un-abhängig sind, gibt es zwischen der Organi-sation von Bauprozessen und der Wahl dereingesetzten Baumaterialien zumindest po-tenziell starke Wechselwirkungen. An die-ser Stelle ist deshalb auch die Baustoffindu-strie angesprochen, die durch Produktin-novationen eine rationellere Bauweise un-terstützen kann.

Schließt man eine Absenkung bisherigerQualitätsstandards aus, können für eineKostensenkung in der Bauerstellung vor al-lem zwei Ansätze verfolgt werden:

■ eine stärkere Koordination aller Baube-teiligten (Bauherren, Architekten, Trag-werks- und Fachplaner, ausführendeUnternehmen) vom Beginn des Pla-nungsprozesses an durch die Bildungvon Bauteams;

■ eine stärkere Anwendung von System-bauweisen durch vorgefertigte Bautei-le, um die Kostenvorteile der industriel-len Produktion zu nutzen, Bauzeiten zuverringern, Bauschäden zu vermeiden

und die Bauerstellung witterungsunab-hängiger zu machen.

Die Entwicklung von Systembauweisen,die in vielen Staaten (z. B. in den USA undJapan) weitaus verbreiteter sind als inDeutschland, hängt stark mit der Auswahlvon Baustoffen zusammen – besonderePotenziale hierfür besitzen Beton, Stahlund Holz (vgl. Abb. 21). Hierzu hat die Bau-haus-Universität Weimar im Auftrag desBundesverbandes der Deutschen Zement-industrie kürzlich eine Untersuchung vor-gelegt (vgl. WWW.SYSTEMBAUWEISE.DE bzw.LINDNER/SCHMITZ-RIOL 2001), die anhandausgewählter Beispiele einen Überblicküber rationelle, durch Fertigteile geprägteMassivbauweisen gibt. Zudem werdenweitere Optimierungspotenziale hinsicht-lich Bauteile-Herstellung, Transport, Mon-tage, Wartung und Instandhaltung identifi-ziert, mit denen niedrigere Bauwerks-kosten und kürzere Bauzeiten erreicht wer-den können.

Die betrachteten Bausysteme bieten Lö-sungen für den Neubau von Einfamilien-häusern, Reihenhäusern sowie mehrge-schossigen Wohnhäusern und sind zumTeil auch auf das Bauen im Bestand (Sa-nierung, Modernisierung) übertragbar. Da-bei zeigt sich nicht nur, dass mit den Sys-temen preiswert gebaut werden kann,sondern auch, dass die Gebäude trotz ho-hem Vorfertigungsgrad ästhetischen An-sprüchen gerecht werden, die industrielleVorfertigung von Modulen (z. B. Wand-,Decken- und Ausbauelemente) sich alsomit kreativer Gestaltung und individuellenAnsprüchen der Nutzer verknüpfen lässt.

Die von der Bauhaus-Universität Weimaruntersuchten Modellprojekte belegen zu-dem, dass sich Wohngebäude hinsichtlichihrer Nutzung flexibel und reversibel ge-stalten lassen, so dass sie an Nutzungsän-derungen angepasst werden können. Aufdiese Weise kann die Lebensdauer vonGebäuden verlängert werden. Entspre-chende Maßnahmen sind vor allem vonder Möglichkeit abhängig, Innenwände zuversetzen und damit Raumzuschnitte zuverändern. Demnach muss der Anteil tra-gender Wände möglichst klein gehalten

und eine Architektur mit großen Spann-weiten umgesetzt werden. Die Tragkraftvon Beton bietet hierzu entsprechendeMöglichkeiten. Solche Lösungen lassensich auch durch eine Skelettbauweise rea-lisieren, wobei Beton neben Stahl für dieAusführung verwendet wird.

Im Ergebnis zeigt die Untersuchung, dassdie Bauwerkskosten (Kostengruppen 300bis 400 nach DIN 276 inkl. MwSt.) bei derSystembauweise im Durchschnitt nur we-nig über 920 €/m2 Wohnfläche liegen. Dies

Abb. 21: Konstruktion mit Systembauelementen

aus Beton (Quelle: Lindner/Schmitz-

Riol, 2001, S. 29)

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Angaben über die Baukosten aus der amt-lichen Statistik zeigen, dass die in der Un-tersuchung exemplarisch dargestelltenMöglichkeiten kostengünstiger System-bauweisen sich bisher nur in geringemMaße durchgesetzt haben: Bis 1997 sinddie durchschnittlichen Baukosten je m2

Wohnfläche in Deutschland angestiegen,seit 1998 ist lediglich ein geringer Rück-gang zu verzeichnen. In der Marktentwick-lung für Betonprodukte lassen sich aller-dings bereits Verschiebungen zugunstenfertiger Betonbauteile erkennen. Für dieZukunft wird eine Fortsetzung diesesTrends erwartet.

Die stärkere Nutzung von Systembau-weisen hätte erhebliche Auswirkungen aufdie Beschäftigung in der Bauwirtschaft. Ei-nerseits wird die Bauerstellung durch Sys-

tembauweisen rationalisiert, so dass sichder Umfang menschlicher Arbeit reduziert.Andererseits könnte eine Senkung derBauwerkskosten zu einer Steigerung derNachfrage nach Bauleistungen und damitzu Beschäftigungsimpulsen führen. MitSystembauweisen sind in jedem Fall quali-tative Verbesserungen der Arbeit verbun-den: Erstens werden Tätigkeiten von derBaustelle in wetterunabhängige Produk-tionsstätten verlagert und zweitens stelltdie Montage von Systembauteilen verän-derte Anforderungen an die Qualifikationder Beschäftigten. Perspektivisch könntedaher mit Systembauweisen eine Requali-fizierung von Bauarbeit verbunden sein.

Ressourcen schonendes Bauen

Grundsätzlich ist jede Bautätigkeit und Ge-bäudenutzung – und damit auch jede An-wendung zementgebundener Baustoffe –mit einem Eingriff in die Umwelt verbun-den. Das Umweltbundesamt versteht un-ter dem Begriff „Ökologisches Bauen“ ei-ne Minimierung des Energie- und Res-sourcenverbrauchs sowie der Belastungdes Naturhaushaltes im gesamten Le-benszyklus von Gebäuden. Die sozialenund wirtschaftlichen Bedürfnisse beimBauen und Wohnen sollen danach mit ei-nem möglichst geringen Bauaufwand undFlächenverbrauch erreicht werden.

Flächen sparendes Bauen ist keine isolier-te Aufgabe bei der Gebäudeerrichtung,sondern muss im Zusammenhang mit not-wendigen Infrastrukturmaßnahmen (z. B.bei der Erschließung der Grundstücke) undder Siedlungsentwicklung gesehen wer-den. Aus diesem Grund schlägt die zweiteEnquete-Kommission des Bundestages ei-ne Stärkung städtischer Strukturen unddes Bestandsbaus vor. Die Zementindust-rie hat ihrerseits zum Thema Flächen spa-rende Bauweisen praktische Modellprojek-te gefördert, die auf die Schließung vonBaulücken, die Nachverdichtung (z. B.durch Aufstockung vorhandener Gebäude)und das Flächenrecycling abzielen. Auchdie Unterkellerung von Wohnhäusern kanndiesem Ziel dienen. Bei den Architektur-preisen, die der BDZ verleiht, ist Flächensparendes Bauen ein wichtiges Kriterium.

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ist deutlich günstiger als der statistischeMittelwert der Baukosten in Deutschland(rund 1.250 €/m2). Zudem wurde die Sen-kung der Betriebskosten berücksichtigt:Solarkollektoren, Regenwassernutzung,kontrollierte Lüftung sowie Erdwärmetau-scher sind auch im kostengünstigen Woh-nungsbau zu realisieren. Der Baustoff Be-ton – so ein weiteres Ergebnis der Unter-suchung – ist für die Realisierung leis-tungsfähiger Bausysteme unverzichtbar. InKombination mit anderen Baustoffen wieStahl, Holz und Glas verleiht Beton ent-sprechenden Konstruktionen die notwen-dige schall- und brandschutztechnischeLeistungsfähigkeit. Die Ergebnisse derStudie werden im Rahmen einer neu kon-zipierten Hochschulinitiative des BDZ fürdie Ausbildung von Architekten und Bauin-genieuren genutzt.

40.000

35.000

30.000

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

00 10 20 30 40 50

Strom

Heizung

Gebäudeerstellung

Nutzungsdauer [Jahren]

Prim

ären

ergi

eauf

wan

d [M

J/m

2 W

ohnf

läch

e]

Abb. 22: Primärenergieverbrauch für Erstellung und Nutzung eines Mehrfamilien-Niedrigenergiehauses

(Quelle: VDZ 1999a)

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Die Verwendung von Beton ermöglicht dieErstellung dauerhafter Bauwerke mit lan-gen Nutzungsphasen. In den deutschenBerechungs- und Bemessungsnormenwird eine technische Mindestlebensdauervon 50 Jahren angenommen, die in man-chen Fällen (z. B. bei großen Tunnel- oderBrückenbauwerken) auch erheblich längerausfallen kann. Grundsätzlich kann dietatsächliche Lebensdauer der Gebäude dieangesetzte technische Lebensdauer deut-lich übersteigen. Gegen Angriffe durchKorrosion, chemische Stoffe und mechani-schen Verschleiß werden Bauwerke in Ex-positionsklassen eingeteilt und entspre-chend bemessen. Langlebigkeit und Dauer-haftigkeit von Bauwerken müssen durchWartung und Instandhaltung abgesichertwerden, bei der Instandsetzung und Er-tüchtigung wird u. a. Spritzbeton auf derBasis von Spezialzementen eingesetzt.Schäden an Betonbauwerken können auchdurch eine unsachgemäße Verarbeitungzementgebundener Baustoffe bei der Ge-bäudeerstellung verursacht werden. Des-halb beteiligen sich die Zement- und Be-tonhersteller nicht nur an der Erarbeitungder technischen Regelwerke, sondern bie-ten im Rahmen von Weiterbildungsveran-staltungen detaillierte Informationen zurkorrekten Anwendung zementgebundenerBaustoffe für Architekten, Bauherren undBauunternehmen an.

Energieeinsparung

Umweltbelastungen sind besonders imWohnungsbau nicht in erster Linie mit derErstellung eines Bauwerks einschließlichder Baustoffproduktion verbunden, son-dern vor allem mit seiner Nutzung. Abb. 22verdeutlicht dies am Beispiel des Primär-energieaufwands: Bereits wenige Jahrenach der Erstellung eines Gebäudes über-steigt der Primärenergieaufwand aufgrunddes Stromverbrauchs und der Gebäude-heizung den Energieaufwand, der mit derErstellung des Gebäudes verbunden ist.Daher sollten sich Entwurf und Planung ei-nes Gebäudes stärker als bisher an derzukünftigen Nutzung orientieren – auch umUmweltwirkungen und Kosten in der Nut-zungsphase (Energieverbrauch, CO2-Emis-sionen etc.) zu minimieren.

Der Heizenergiebedarf ist in starkem Maßevon bauphysikalischen Eigenschaften unddamit auch von der Gestaltung des Bau-werks und den eingesetzten Baumaterialienabhängig. Eine große Rolle spielt dabei dieWärmeleitfähigkeit der Gebäudehülle. ImVergleich zu anderen konstruktiven Wand-baustoffen hat Normalbeton hier zunächstNachteile, denn als Folge seiner hohenDichte leitet er Wärme besonders gut.Durch den Einsatz moderner Wärmedäm-mungen lassen sich mit dem WandbaustoffBeton aber Dämmwerte erzielen, die hinterWandsystemen auf der Basis anderer kon-struktiver Baustoffe nicht zurückstehen.Leichtbetonbauteile weisen durch leichteGesteinskörnungen wie Bims oder Blähtonbzw. durch Porenbeton („Aufschäumen“ ei-nes Gemisches aus Sand und Bindemitteln)sogar besonders gute Dämmeigenschaftenauf. Leichbeton wird vor allem zur Herstel-lung von Wänden eingesetzt.

Im Übrigen bedingt die hohe Masse vonBeton nicht nur eine hohe Wärmeleitfähig-keit, sondern führt auch zu einer hohenWärmespeicherfähigkeit, die in Gebäudengenutzt werden kann, um den Bedarf anHeizenergie zu verringern. Dies ist durchdie passive Nutzung von Sonnenenergie

möglich: Hierzu eignen sich Beton-Kollek-torwände, die auf der Bauteilaußenseitemit einer transparenten, strahlungsdurch-lässigen Dämmschicht (so genannte trans-parente Wärmedämmung) ausgestattetsind. Durch Verlagerung der Strahlungsab-sorption in tiefere Bauschichten entstehengeringere Wärmeverluste und höhere Wär-megewinne für den Raum (vgl. Abb. 23).

Neben dem Energie sparenden Bauen imNiedrig- und Passivhausstandard kann mitBeton auch Energie gewinnend gebautwerden. Dazu lassen sich Beton-Massiv-absorber nutzen, die als Wärmequellen fürWärmepumpen eingesetzt werden. Mas-sivabsorber sind Außenbauteile aus Beton,die im Wärmeaustausch mit der Umge-bungsluft, dem Erdreich oder dem Grund-wasser stehen. Die Umgebungswärmewird von den Betonbauteilen aufgenom-men, an ein in den Absorber einbetoniertesRohrsystem für den Flüssigkeitskreislaufabgegeben und einer Wärmepumpe zuge-führt. Die Flüssigkeit in den Kunststoff-schlangen wird dann in der Wärmepumpeabgekühlt und in den Betonabsorber einge-leitet, wo sie wieder aufgewärmt wird. Be-tonabsorber können als Betonfertigteile ei-ne Doppelfunktion besitzen (z. B. als

Modellprojekt Bleichstraße in Bad Lippspringe

In Bad Lippspringe wurden 1996 durch den Spar- und Bauverein Paderborn e.G. zwölfWohneinheiten in kostengünstiger Bauweise errichtet; unterstützt wurde das Projektu. a. von der westfälischen Zementindustrie. Die Konstruktion beruht überwiegend aufBeton: Außenwände und Decken wurden aus Beton, Loggien, Treppen und Dach-schrägen aus Betonfertigteilen und Innenwände in Leichtbauweise mit Metallständer-werk ausgeführt. Zur Realisierung wurde ein Bauteam mit allen Beteiligten eingerich-tet. Schließlich konnten die Bauwerkskosten auf 910 €/m2 begrenzt werden.Gleichzeitig entsprechen die Häuser dem Niedrigenergiestandard: Der Heizwärmebe-darf liegt bei 52,1 kWh/m2 pro Jahr.

Der Primärenergieaufwand für die Errichtung des Gebäudes wurde über den gesamtenBauprozess (ausgenommen die Installation der Haustechnik) bilanziert. Es zeigt sich,dass der Energieverbrauch zur Erstellung eines Wohngebäudes vom Verbrauchwährend der Nutzungsphase (Strom und Wärme) trotz Niedrigenergiehaus-Standardbereits nach zehn Jahren übertroffen wird (vgl. Abb. 22). Für eine ökologische Opti-mierung ist also vor allem die Reduzierung des Energieverbrauchs während der Nut-zungsphase ausschlaggebend.

Quelle: Informationszentrum Beton

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teile und damit auch durch die Auswahlder Baustoffe beeinflusst werden.

Für ein angenehmes Raumklima ist dieVermeidung extremer Temperaturen wich-tig. Im Winter verhindern Wärmedäm-mung und Beheizung eine Abkühlung derInnenraumluft, längere Phasen mit hohenAußentemperaturen im Sommer führendagegen in vielen Gebäuden zu einer star-ken und vielfach als belastend empfunde-nen Erhöhung der Innenraumtemperatur.Prinzipiell lässt sich eine solche Aufhei-zung durch eine Beschattung des Gebäu-des, durch den Einsatz von Klimaanlagenoder durch die Verwendung massiver Bau-teile mit hoher spezifischer Wärmekapa-zität vermindern. Während Beschattungenund Klimaanlagen zusätzliche Ausstattun-gen und damit Kosten bedeuten, könnenohnehin benötigte Decken und Wände alsmassive Bauteile ausgeführt werden. Vonden üblicherweise verwendeten minerali-schen Baustoffen hat Beton die höchstevolumenbezogene Wärmekapazität undgleicht deshalb die Innenraumtemperatu-ren am besten aus.

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üblicheAußenwand

Kollektor-Wand

Absorber-Wand

Temperaturverteilung über dem Querschnitt von drei Wandkonstruktionen zur passiven und aktivenSonnenenergienutzung

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Abb. 23: Beton-Außenwandkonstruktionen für die passive und aktive Solarenergienutzung(Quelle: Schwarz 1987)

Thermische Behaglichkeit wird außerdembeeinflusst durch die Differenz zwischenLuft- und Oberflächentemperatur. DieOberflächentemperaturen der Wände sindbei gleichen Wärmedurchgangskoeffizien-ten unabhängig vom Baustoff. Allerdingskann die unterschiedliche Wärmeleitfähig-keit und Wärmekapazität von Baustoffenbei Berührungen dazu führen, dass Betonals vergleichsweise kalt empfunden wird.Dies lässt sich durch das Aufbringen vonTapeten und Putz vermeiden.

Starke Auswirkungen auf das Wohlbefin-den von Gebäudenutzern hat der Luftaus-tausch zwischen innen und außen, der denWärme- und Lufthaushalt in Wohnräumenbeeinflusst und zu einer Schadstoffentlas-tung der Raumluft führt. Ein Luftaustauschfindet unabhängig vom verwendeten Bau-stoff durch Bauelemente bzw. Wände hin-durch nicht statt, was auch aus energeti-schen und schallschutztechnischen Grün-den kontraproduktiv wäre. Auch Diffusi-onsvorgänge tragen nur unwesentlich zurSchadstoffentlastung der Raumluft bei.Die effizienteste Methode zur Schadstoff-entlastung der Raumluft ist die Lüftung.Dies belegen Untersuchungen des Fraun-hofer-Instituts für Bauphysik. Bezüglich derLuftfeuchte zeigen weitere Untersuchun-gen, dass – abgesehen von Wasserver-dunstungen in den ersten Monaten, die imWesentlichen schon während der Bauzeiterfolgen – keine nachteilige Beeinflussungdes Raumklimas durch Wasserdampf-abgaben zementgebundener Bauteile zuerwarten ist.

Bei der Vermeidung von Lärmbelastungenmuss unterschieden werden zwischenTritt- und Luftschall. Grundsätzlich bestehtdas Problem der Schallübertragung bei al-len Baustoffen. Je geringer die Dichte unddas spezifische Gewicht eines Baustoffsist, desto durchlässiger ist er für Schall. Be-tondecken sind aufgrund ihrer hohen Mas-se für einen wirksamen Trittschallschutzbesonders geeignet, wenn sie mit einemschwimmenden Estrich kombiniert wer-den. Demgegenüber müssen bei Deckenin leichter Ausführung (z. B. Holzbalken-decken) aufwendigere Konstruktionen ge-wählt werden, um einen gleichwertigen

Garagenwand und als Wärmequelle), dieKosten dämpfend wirkt. In Kombination miteiner Wärmepumpe wird der Ausstoß vonSchadstoffen und Treibhausgasen gegenü-ber konventionellen Heizungssystemendeutlich verringert. Die Speicherfähigkeitvon Beton lässt sich zudem zur langfristi-gen Speicherung von Sonnenergie nutzen,die damit über ihren direkten Anfall hinausnutzbar wird. Die Kombination von Lang-zeitwärmespeicher aus Beton und solar-thermischer Wärmegewinnung wurde beimehreren Siedlungsprojekten erprobt.

Gesundes Wohnen

Neben günstigen Kosten und geringen Um-weltbelastungen bei der Nutzung und Er-richtung von Gebäuden ist „gesundesWohnen“ ein wichtiges Nachhaltigkeits-ziel, das auch von der Enquete-Kommissiondes Bundestages hervorgehoben wird.Wesentliche Faktoren sind das Raumklima(Lufttemperatur, thermische Behaglichkeit,Luftfeuchtigkeit), der Lärm- und Brand-schutz sowie der Schutz vor Luftschadstof-fen und Strahlung, die unter anderem durchbauphysikalische Eigenschaften der Bau-

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Trittschallschutz zu erreichen. Massive Be-tonelemente schützen auch wirksam ge-gen Luftschall.

Mitunter wird verschiedenen Baustoffen –darunter auch Beton – eine gesundheitsge-fährdende radioaktive Belastung unter-stellt. Tatsächlich ist die von Beton ausge-hende radioaktive Strahlung geringer als diemancher natürlicher Gesteine wie z. B. Gra-nit. Zusätzlich leistet Beton einen wichti-gen Beitrag zur Abdichtung gegen radioak-tive Edelgase (z. B. Radon), die aus demErdreich in das Gebäudeinnere diffundierenkönnen. Dies zeigt eine Auswertung vonsystematischen Messungen in Gebäudensowie eine Auswertung von rund 80 wis-senschaftlichen Untersuchungen, die sichmit diesem Thema befassen.

Die Nutzer von Gebäuden müssen nicht nurvor Radioaktivität, sondern auch vor derAufnahme gesundheitsgefährdender Stof-fe geschützt werden. Dazu zählen Spuren-elemente – insbesondere Schwermetalle –und organische Verbindungen. Diese sindin geringen Konzentrationen in den Aus-gangsstoffen zur Zement- und Betonher-stellung enthalten. Entscheidend ist je-doch, dass diese Stoffe fest eingebundensind und deshalb nicht freigesetzt werdenkönnen. Organische Verbindungen könnenlediglich unmittelbar nach Einbau des Be-tons – also vor der eigentlichen Nutzungs-phase des Gebäudes – in geringen Mengenentweichen.

Anwendungen für den Umweltschutz

Zementgebundene Baustoffe werden viel-fach für Bauten und Objekte benötigt, diedem Umweltschutz dienen. Ein Beispielhierfür sind Anlagen für die Wasserwirt-schaft. Der Umgang mit Wasser – demwichtigsten Lebensmittel des Menschen –rückt in der Diskussion über nachhaltigeEntwicklungsstrategien mittlerweile immerstärker in den Vordergrund. Ein erstes Pro-blemfeld ist die Unterbrechung von natürli-chen Wasserkreisläufen: Regenwasserwird durch die zunehmende Versiegelungdes Bodens immer stärker daran gehindert,einen Weg ins Grundwasser zu finden, undfließt statt dessen ungebremst in die Ab-

wasserkanäle. Die Folge ist u. a. eine Ab-senkung des Grundwasserspiegels. Ausdiesem Grund gewinnen Maßnahmen zurEntsiegelung von bebauten Flächen, zurgezielten Versickerung, zur verzögerten Ab-leitung in ein Oberflächengewässer und zurNutzung von Brauchwasser an Bedeutung.Solche Maßnahmen für einen nachhaltigenUmgang mit Wasser sind ohne Betonpro-dukte kaum denkbar. Dies gilt für die ge-zielte Versickerung von Regenwasser (z. B.Dränbetonsteine aus haufwerksporigemMaterial), für die Trinkwassereinsparungdurch Speicherung von Brauchwasser (z.B. in Betonzisternen) oder für die Sicherungeiner flächendeckenden Versorgung mitTrinkwasser.

In Deutschland ist Trinkwasser zwar insge-samt ausreichend verfügbar, dennoch gibtes auch im Inland regionale Wasserman-gelgebiete. Mit Fernversorgungsleitungenwird ein Ausgleich zwischen Wasserman-gel- und -überschussgebieten hergestellt.

Das notwendige Wassermanagement um-fasst somit die Gewinnung, Aufbereitung,Sammlung, Lagerung und Verteilung desTrinkwassers. Durch die Lagerung vonTrinkwasser in speziellen Betonbehälternund den Wassertransport in Hochdruckroh-ren, die mit Beton ausgekleidet sind, wirdein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Was-serversorgung geleistet.

Das deutsche Abwassersystem ist sanie-rungsbedürftig: Hochrechnungen gehendavon aus, dass rund 20 % des öffentli-chen Kanalnetzes beschädigt sind, wo-durch jährlich 300 bis 500 Mio. m3 unge-klärtes Wasser versickern. Der Inves-titionsbedarf für die Erneuerung und denRückbau der Abwasserentsorgung wurdein einer Studie, die im Auftrag der Bundes-regierung durchgeführt wurde, alleine fürden Zeitraum zwischen 2000 und 2005 aufrund 76,7 Mrd. € veranschlagt (BUNDES-UMWELTMINISTERIUM 1998). Die Aufgabe be-steht also darin, Oberflächen- und Grund-

Wärmepumpenheizung mit Betonabsorber

In Oberhausen wurden 22 Niedrigenergiehäuser als Solarthermie-Wohnanlage erstellt.Zur Wärmegewinnung wurden Wärmepumpen installiert. Als Wärmequelle wurdennicht wie üblich Grundwasser oder Luft eingesetzt, sondern Wärme speichernde Be-tonteile. Mit entsprechenden Massivabsorber-Heizsystemen werden rund zwei Drittelder Heizwärme aus der Umgebungsluft oder aus der Sonneneinstrahlung gewonnen.

Im Rahmen eines von der Stiftung Energieforschung Baden-Württemberg und der Ba-denwerk AG geförderten Projektes wurde die Universität Karlsruhe mit einer Unter-suchung zur Wirtschaftlichkeit und Ökoeffizienz der Massivabsorber-Heizsysteme be-auftragt. Zwar liegen die Investitionskosten über denen einer fossil befeuertenHeizung, durch die günstigen Betriebs- und Verbrauchswerte liegen die Gesamtkostenjedoch auf dem Niveau einer konventionellen Heizung. Die öffentliche Förderung fürWärmepumpen schafft sogar einen Kostenvorteil.

Die Emissionen, die einer Wärmepumpe zugerechnet werden, hängen vom Kraft-werksmix ab, der bei der Stromerzeugung für den Betrieb des Systems zugrunde ge-legt wird. Sie können deutlich unter den Emissionen einer Ölzentralheizung liegen.Wärmepumpen mit Betonabsorbern weisen in Kombination mit der Stromerzeugungaus einem GuD-Kraftwerk die geringsten Schadstoffemissionen auf. Legt man die glei-che Primärenergie (Erdgas) zugrunde, so beträgt die Gesamtemission klimarelevanterGase einer Wärmepumpenheizung mit Betonabsorber nur 54 % der Emissionen einerGas-Brennwertzentralheizung.

Quelle: Jastrow 1997

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wasser durch Neubau- und Sanierungs-maßnahmen zu schützen – und dies auf-grund der ohnehin schon hohen Gebührenzu niedrigeren Kosten als bisher. Vorgefer-tigte Betonteile tragen zur Kostensenkungund zum praktischen Umweltschutz in derWasserver- und -entsorgung bei.

Auch die Klärung von Abwässern wäre oh-ne den Einsatz von Beton kaum denkbar.Dies gilt sowohl für Großkläranlagen, de-ren Becken aus Beton hergestellt werden,als auch für dezentrale Kleinkläranlagen,die heute eine Reinigung der Abwässervon Wohngebäuden und Betrieben ohneAnschluss an die Abwasserkanalisation er-möglichen. Untersuchungen haben erge-ben, dass Betonrohre und -bauteile für dieAnforderungen, wie sie im Abwasserbe-reich bestehen (Tragfähigkeit, Formstabi-lität, Lagestabilität, Dichtigkeit, Abriebwi-derstand, chemischer Widerstand, Begeh-barkeit), grundsätzlich die erforderlicheLeistungsfähigkeit aufweisen. Schadens-analysen bei Kanalsystemen zeigen, dasssich die häufigsten Mängel auf Fehler beiden Zuläufen, Lageungenauigkeiten underhöhte Belastungen mit Rissbildung be-ziehen. Durch spezielle Zemente und ge-zielte Betonzusammensetzungen (z. B.Hochleistungsbetone) können auch im Ver-bund mit anderen Werkstoffen Rohre her-gestellt werden, die bei besonderen Bean-spruchungen eine erhöhte Leistungsfähig-keit besitzen.

In der Deponietechnik und beim Flächen-recycling leisten zementgebundene Bau-stoffe einen wesentlichen Beitrag zur Im-mobilisierung von Schadstoffen. Abfallde-ponien müssen langfristig umweltsicher –d. h. dicht, druckfest, beständig und erosi-onssicher – sein, bei ihrer Errichtung ist derSchutz des Grundwassers eine der wich-tigsten Anforderungen. Schadstoffeinträgein Boden oder Wasser können durch Ab-dichtungen und Einkapselungen mit Betonbzw. durch Immobilisierung auf Zementba-sis verhindert werden. In der Deponietech-nik werden Betonprodukte in verschiede-nen Bereichen eingesetzt: als Wände,Böden und Abdeckungen, zur Ableitungender Sickerwässer, zur Sammlung und Klä-rung in Becken sowie als Verkehrsflächen,

die einer hohen Beanspruchung standhal-ten. Allerdings kann keiner der in der Tech-nischen Anleitung Abfall (TA Abfall) vorge-schriebenen Baustoffe eine vollkommeneSicherheit vor Leckagen bieten. Daher istdas Abdichtungssystem ständig zu kon-trollieren. Zur Langzeitüberwachung wurdeunter Mitwirkung der Zementindustrie einSystem zum Online-Monitoring entwickeltund erprobt.

Infrastruktur für nachhaltige Mobilität

Der Wasserschutz ist auch ein wichtigesHandlungsfeld im Verkehrswegebau. Da-bei geht es nicht nur um die Durchlässig-keit (siehe oben) von Verkehrsflächen. Viel-mehr ist in manchen Fällen (z. B. anTankstellen) eine flüssigkeitsdichte Versie-gelung notwendig, um das Grundwasservor Verunreinigungen zu schützen. SolcheVersiegelungen lassen sich mit flüssig-keitsdichtem Beton (FD-Beton) errichten,der mit Ortbeton oder mit Betonpflas-tersystemen ausgeführt wird, bei denenspezielles Fugenmaterial zum Einsatzkommt. Der Unterbau besteht z. B. aushydraulisch gebundenen Tragschichten(HGT). Rinnen, Absenksteine, Barrieren,Öl- und Benzinabscheider aus Beton ver-hindern eine Ausbreitung der Schadstoffeund ihren Eintritt in das Grundwasser oderin das Kanalsystem.

Ein weiteres wichtiges Handlungsfeldbeim Verkehrsbau ist der Lärmschutz. FürLärmschutzbauwerke bietet Beton ver-schiedene Problemlösungen. Hierzu ge-hören Stahlbetonkonstruktionen mit hauf-werksporiger, Schall absorbierender Be-ton-Vorsatzschale oder die hochabsorbie-rende Lärmschutzwand aus Beton. Nebeneiner Abschirmung von Lärm lassen sichdurch Beton auch Rollgeräusche vermei-den. Bei weniger stark frequentiertenFlächen wie Geh- und Radwegen könnenBetonverbundpflaster oder Betonplatteneingesetzt werden. Forschungsergebnissezeigen, dass moderne Betonpflastersyste-me bei Geschwindigkeiten von 20 bis 30km/h einen wirksamen Beitrag zur Lärm-bekämpfung leisten. Bei stärker frequen-tierten Verkehrsflächen könnte der Einsatzvon Dränbeton mit Schall schluckenden

Poren eine Minderung von Rollgeräuschenermöglichen. Hierzu sind aber noch weite-re Entwicklungsmaßnahmen und Langzeit-erprobungen erforderlich. Im Rahmen desProjektes „Leiser Verkehr“ sollen mit Un-terstützung des Bundesministeriums fürBildung und Forschung mehrere For-schungsvorhaben zum Einsatz Lärm min-dernder Baustoffsysteme im Flug-, Eisen-bahn- und Straßenverkehr durchgeführtwerden. Beim Themenfeld Straßenverkehrkooperieren u. a. Reifenhersteller, Auto-mobilindustrie sowie Asphalt- und Beton-hersteller.

Betonfahrbahnen zeichnen sich durch ho-he Tragfähigkeit, Verformungsstabilität undHelligkeit (Verbesserung der Sichtverhält-nisse, Minderung des Energieaufwandesfür Beleuchtung) aus. Sie haben sich daherauch im schienengebundenen Verkehr be-währt. Der Trend zu Hochgeschwindig-keitssystemen im Eisenbahnverkehr stellterhebliche Anforderungen an den Fahr-weg, die durch die so genannte Feste Fahr-bahn erfüllt werden. Nachdem Anfang der1970er Jahre eine erste Teststrecke ge-baut wurde, hat die Deutsche Bahn AG un-längst die Neubaustrecke Köln-Frank-furt/Main nahezu vollständig mit derFesten Fahrbahn ausgerüstet. Den im Ver-gleich zur konventionellen Bauweise der-zeit noch höheren Investitionskosten ste-hen bereits heute wirtschaftliche Vorteilein Form niedrigerer Instandhaltungskosten,geringerem Fahrzeugverschleiß und ver-besserter Betriebssicherheit gegenüber;der verringerte Einsatz von Herbiziden zurVegetationsbeseitigung dient der Umwelt.

Das Verkehrsaufkommen in Deutschlandwird in den nächsten Jahren stark anwach-sen. Das Bundesministerium für Verkehr,Bau- und Wohnungswesen erwartet von1997 bis 2015 eine Zunahme des Perso-nenverkehrs um knapp 20 % und des Gü-terverkehrs um über 60 % (Aberle 2001).Um dieses Wachstum aufzufangen, sindausreichende Kapazitäten der einzelnenVerkehrsträger sowie deren intelligenteKombination erforderlich, wobei einSchwerpunkt auf der Beseitigung von Eng-pässen im Straßennetz liegen muss. Zu-sätzlich müssen Raumplanung und Städte-

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bau der Zersiedelung entgegenwirken:Wohnen, Arbeiten und Freizeit sollten somiteinander vernetzt werden, dass unnöti-ge Verkehre vermieden werden.

Um die wichtigsten Engpässe zu beheben,stehen nach Schätzungen der Bauindustriealleine im Bereich der Bundesfernstraßenmittelfristig Investitionen in Höhe von 8 Mrd. € an, für Sanierung und Ausbau desSchienennetzes sind mindestens 20 Mrd.€ erforderlich, für den Ausbau der Flugha-feninfrastruktur mehr als 15 Mrd. €. DieseMaßnahmen sind nicht nur verkehrspoli-tisch geboten, sondern dienen auch derwirtschaftlichen Entwicklung und der Ver-meidung umweltpolitisch kontraprodukti-ver Effekte durch überlastete Verkehrssys-teme. Die schwierige Lage der öffent-lichen Haushalte stellt heute eines dergrößten Hemmnisse für die notwendigenInvestitionen in eine nachhaltige Verkehrs-infrastruktur dar. Bei der Modernisierungder Verkehrswege werden deshalb in Zu-kunft privatwirtschaftliche Lösungen undPublic Private Partnership eine wichtigeFunktion einnehmen.

Für die Zementindustrie ist die Moderni-sierung der Infrastruktur von direkter Be-deutung. Dies gilt erstens für die Nutzungder Verkehrswege beim Vertrieb des trans-portkostenintensiven Massengutes Ze-ment. Zweitens würde ein Ausbau der Ver-

kehrswege die Zementnachfrage beleben.Vor diesem Hintergrund hat die deutscheZementindustrie im Jahr 2000 mit demKongress „Zukunft in Bewegung“ ihreKompetenzen als Verkehrswege-Nutzerund Baustoff-Hersteller in die Diskussion

eingebracht, dabei aber zugleich anderenAkteuren eine Plattform zum Gedanken-austausch über Entwicklungstrends undHandlungsstrategien für eine nachhaltigeMobilität geboten.

Ausbau der Infrastruktur durch Betreibermodelle

Der Bau des ersten privat finanzierten Fernstraßenprojektes in Deutschland hat AnfangDezember 1999 in Rostock begonnen. Der französische Baukonzern Bouygues will biszum Frühjahr 2003 einen 800 m langen Tunnel unter der Warnow verlegen. Damit wirdein Straßenring um die Hansestadt geschlossen, der das Zentrum entlasten soll. Haupt-stücke des vierspurigen Projekts werden sechs jeweils 120 m lange Elemente auswasserdichtem Beton sein, von denen jedes 22.000 t wiegt. Der Tunnel soll eineDurchfahrtshöhe von 4,50 m haben. Die Betonelemente müssen so tief in den Grundder Warnow eingelassen werden, dass dem darüber verlaufenden Schiffsverkehr nocheine Wassersäule von 11 m zur Verfügung steht.

Auf Antrag der Hansestadt Rostock wurde die nördliche Warnowquerung ein Vorhabendes Bundesverkehrswegeplans 1992. Bei der Bewertung der Dringlichkeit auf natio-naler Ebene kam sie jedoch nicht unter den „vordringlichen Bedarf“, so dass eine Rea-lisierung aus Bundesmitteln innerhalb der nächsten 20 Jahre nicht in Aussicht war. DieInvestitionskosten in Höhe von 213 Mio. € werden deshalb nun zum größten Teil vonder Warnowquerung GmbH & Co. KG (WQG) getragen. Die WQG rechnet mit rund30.000 Autos am Tag. Dies entspräche rund der Hälfte des Verkehrsaufkommens, dassderzeit durch die Innenstadt fließen muss. Die Stadt erhofft sich neben rund 1.300 Ar-beitsplätzen während der Bauphase weitere rund 100 Dauerarbeitsplätze durch denBetrieb des Tunnels.

Quelle: Informationszentrum Beton 2001

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Nachhaltigkeit als Entwicklungsleitbild

Die gesellschafts- und umweltpolitischeDiskussion folgt in wachsendem Maßedem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung(sustainable development). Darunter wirdeine Entwicklung verstanden, die den Be-dürfnissen der heutigen Generation ent-spricht, ohne die Möglichkeiten künftigerGenerationen zu gefährden, ihre eigenenBedürfnisse zu befriedigen. Ursprünglichaus der Forstwirtschaft stammend, wirdNachhaltigkeit immer mehr zu einem zen-tralen gesellschaftspolitischen Ziel auf re-gionaler, nationaler und internationalerEbene. Nachdem sich der Bundestag inzwei Enquete-Kommissionen mit Optio-nen nachhaltiger Entwicklung befasst hat-te, wurde das Thema von der Politik inDeutschland weiterverfolgt. Die Bundesre-gierung hat unlängst eine Strategie fürnachhaltige Entwicklung verabschiedet,die als Beitrag auf dem Weltgipfel fürNachhaltige Entwicklung im September2002 in Johannesburg präsentiert werdensoll. Dort wird zehn Jahre nach dem erstenGipfel in Rio de Janeiro eine Zwischenbi-lanz der Maßnahmen gezogen, wie sie inder so genannten Agenda 21 vereinbartworden waren.

Die Agenda 21 schreibt der Wirtschaft einezentrale Bedeutung für die nachhaltige Ent-wicklung zu, sie hat damit auch erheblicheRelevanz für die Herstellung und den Ver-brauch von Zement bzw. zementgebunde-nen Baustoffen. Der Bundesverband derDeutschen Zementindustrie (BDZ), derVerein Deutscher Zementwerke (VDZ), dieSozialpolitische Arbeitsgemeinschaft derDeutschen Zementindustrie (SPADZ) so-wie die Industriegewerkschaften Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und Bergbau, Che-mie, Energie (IG BCE) haben in der Ver-gangenheit in ihren jeweils eigenen, ori-ginären Wirkungsbereichen verschiedeneMaßnahmen umgesetzt, die explizit oderimplizit im Zusammenhang mit dem The-ma Nachhaltigkeit standen. Im Jahr 2000haben die Sozialpartner in der Zementindust-rie Gespräche über eine Zusammenar-beit beim Thema nachhaltige Entwicklungaufgenommen. Als Grundlage wurde diehier vorliegende Dokumentation erarbeitet

– sie umfasst eine gemeinsame Grund-satzposition, eine Bestandsaufnahme derbisherigen Beiträge sowie zukünftige Hand-lungsoptionen.

Nach Auffassung der Sozialpartner kommtes vor allem darauf an, ökologische, öko-nomische und soziale Bedürfnisse besserals bisher abzustimmen – konkrete Maß-nahmen werden daher diesen drei Dimen-sionen nicht isoliert zugeordnet, sondernentlang der branchenspezifischen Wert-schöpfungskette (Rohstoffgewinnung, Ze-mentproduktion, Betonherstellung, An-wendung zementgebundener Baustoffe,Betonrecycling) im Zusammenhang darge-stellt und dokumentiert. Auf den einzelnenWertschöpfungsstufen sollen die drei Ziel-dimensionen durch eine Bestimmung vonSynergien und durch Hinweise zur Auflö-sung von faktischen oder vermeintlichenWidersprüchen integriert werden.

Die Sozialpartner verstehen nachhaltigeEntwicklung als kontinuierlichen Such- undLernprozess: Sie setzen auf einen Nach-haltigkeitswettbewerb im Sinne eines Rin-gens um die beste Lösung, ausgehend vonden eigenen Handlungsmöglichkeiten derUnternehmen und ihrer Beschäftigten.Wichtige Ansatzpunkte sind u. a. die Ma-nagementregeln, die von den Enquete-Kommissionen aufgestellt wurden. Aller-dings sehen die Sozialpartner dabei stel-lenweise Modifizierungsbedarf – dies be-trifft insbesondere die Förderung praktika-bler Schritte zur Steigerung der Ressour-cenproduktivität und die Stärkung vonInvestitionen als Basis der Produkt- undProzessinnovation. Daraus folgt zugleich,dass die unterschiedlichen Entwicklungs-optionen, die mit bestimmten industriellenProdukten und Produktionsverfahren ver-bunden sind, nicht vorschnell verschüttetwerden dürfen.

Branchencharakteristika und

Handlungsrahmen

In Deutschland wurde im Jahr 2000 in 59Betrieben Zement hergestellt, die Zahl derMitarbeiter betrug 11.144. Die Bauwirt-schaft ist der fast ausschließliche Anwen-dungsbereich für Zement. Trotz der in den

letzten Jahren schlechten Baukonjunkturund der zunehmenden Internationalisie-rung hat die Zementindustrie kontinuierlichin Deutschland investiert: Die Bruttoanlage-investitionen beliefen sich zwischen 1995und 2000 auf 3,4 Mrd. DM (1,7 Mrd. €) –ein auch in Bezug zum Jahresumsatz vondurchschnittlich 5,4 Mrd. DM (2,8 Mrd. €)sehr beachtlicher Wert. Die Investitionendienen nicht nur der Sicherung der Wett-bewerbsfähigkeit und Beschäftigung, son-dern führen auch zu einer Steigerung derUmweltverträglichkeit – so beträgt der An-teil von Umweltschutzmaßnahmen beiNeuinvestitionen in der Zementindustrierund 20 %. Ein Schwerpunkt der Investiti-onstätigkeit in den 1990er Jahren war dieModernisierung der ostdeutschen Zement-industrie.

Die Zementindustrie wird vor allem durchdrei Merkmale charakterisiert: Sie ist ers-tens sehr kapitalintensiv – Investitionspro-jekte amortisieren sich nur langfristig undkönnen nur dann realisiert werden, wenndie Rohstoffversorgung nachhaltig gesi-chert ist. Die Zementindustrie ist zweitensstandortgebunden – sie ist auf Rohstoffla-gerstätten in unmittelbarer Nähe der Wer-ke angewiesen und setzt ihre Produkteaufgrund der hohen Transportkosteninten-sität vor allem in regionalen Märkten ab;die verbrauchernahe Produktion ist nichtnur mit ökonomischen, sondern auch mitökologischen Vorteilen (Vermeidung vonTransporten) verbunden. Drittens ist dieZementindustrie rohstoff- und energie-intensiv – für die Unternehmen ist dieSchonung der Ressourcen und die Steige-rung der Energieeffizienz schon alleine ausbetriebswirtschaftlichen Gründen ein wich-tiges Handlungsfeld.

In Deutschland weist die Zementindustrieim Unterschied zu den meisten anderenStaaten einen strukturellen Mix vonGroßunternehmen und industriellem Mit-telstand auf. Das internationale Engage-ment der deutschen und europäischenMarktführer hat in den letzten Jahren starkzugenommen – aufgrund der Transportkos-tenintensität steht hierbei jedoch nicht ei-ne Verlagerung von Produktionskapazitä-ten im Vordergrund, sondern die Erschlie-

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4 Fazit und Ausblick

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ßung von Wachstumspotenzialen und dieAbfederung konjunktureller Schwankun-gen. Allerdings trägt die damit einherge-hende Optimierung der Kapazitäten dazubei, dass wettbewerbsfähige Rahmenbe-dingungen auch für die „standortgebunde-ne“ Zementproduktion immer wichtigerwerden. Das internationale Engagementist mit Investitionen und Know-how-Trans-fer verbunden, die der Modernisierung unddem Umweltschutz an ausländischenStandorten zugute kommen.

Zement ist überwiegend ein homogenesMassengut, das als hydraulisches Binde-mittel zur Herstellung von Beton und an-deren Baustoffen dient. Allerdings nimmtin entwickelten Märkten die Sortenvielfaltzu. Außerdem haben innovative Zementefür spezielle Anwendungen (z. B. Schnell-zemente für zeitkritische Reparaturen,Spritzzemente mit minimierter Alkali-Aus-laugung oder mikrofeine Zemente für Ab-dichtungen) an Bedeutung gewonnen. In-novationen im Herstellungsverfahren zielenvor allem auf Kostensenkung und Umwelt-schutz – im Mittelpunkt steht dabei dieSteigerung der Energieeffizienz.

Die Zementindustrie hat sich entgegen ih-res überkommenen Images zu einemHigh-Tech-Anwender entwickelt: Der Stoff-transport ist hochgradig automatisiert, dieProduktion wird über computergestützteProzessleitsysteme gesteuert, die Verfüg-barkeit der Anlagen durch effiziente In-standhaltungsstrategien gewährleistet unddie Qualität mit aufwendigen Laborverfah-ren gesichert. Durch die Rationalisierungist die Zahl der direkten Arbeitsplätze ana-log zur Entwicklung in anderen Industrienzwar zurückgegangen, zugleich aber wur-den die Tätigkeiten aufgewertet. Heutewerden in der Zementindustrie qualifizierteFachkräfte benötigt. Entsprechend wichtigist die Berufsausbildung – dies schlägt sichauch in der hohen Ausbildungsquote vonetwa 8 % nieder, die um drei Prozentpunk-te über dem Wert der gesamten deut-schen Wirtschaft liegt. Die deutsche Ze-mentindustrie beteiligt sich an der Weiter-entwicklung branchentypischer Berufsbil-der und bietet u. a. über ihre Gemein-schaftseinrichtungen gezielte Weiterbil-

dungsmaßnahmen an, in denen der Um-weltschutz einen hohen Stellenwert ein-nimmt.

Die deutsche Zementindustrie steht imZentrum eines industriellen Netzwerkes(Clusters), das auf die Produktion minerali-scher Baustoffe ausgerichtet ist. Auf derBezugsseite gehören hierzu die Anbietervon Energie, Maschinen bzw. Anlagen undproduktionsnahen Dienstleistungen, mitdenen speziell beim Umweltschutz und beider Steigerung der Energieeffizienz eineenge Zusammenarbeit besteht. Die wich-tigsten Abnehmer von Zement sind dieHersteller von Transportbeton und Beton-fertigteilen. Insgesamt bietet das Clusteraus Zementindustrie sowie vor- und nach-gelagerten Branchen schätzungsweiserund 100.000 Arbeitsplätze in Deutschland.

Fasst man die gesamte Wertschöpfungs-kette zusammen, in der Zement herge-stellt, weiterverarbeitet und verwendetwird, so folgt auf die Rohstoffgewinnungund Zementproduktion die Herstellung ze-mentgebundener Baustoffe (insbesondereBeton), die Anwendung dieser Baustoffeim Zuge des Bauprozesses sowie die Nut-zungsphase des betreffenden Bauwerks.Abgeschlossen wird die Wertschöpfungs-kette durch die Verwertung der Reststoffenach Abriss eines Bauwerks – Betonbruchkann die natürlichen Ressourcen Kies undSand ersetzen.

Neben den Unternehmen der Zementindust-rie mit Anteilseignern und Managementsowie Belegschaften und Betriebsrätensind auf jeder Stufe der Wertschöpfungs-kette mehrere andere Akteure über direktematerielle Inputs oder über sonstige Ein-flüsse in den Gesamtprozess eingebunden.Neben den Zuliefer- und Abnehmerbran-chen gehören hierzu die Nachbarschaftender Werke, verschiedene Behörden und inwachsendem Maße politische Institutio-nen auf EU-, Bundes- und Länderebeneeinschließlich der relevanten Interessen-gruppen (insbesondere Umwelt- und Wirt-schaftsverbände sowie Gewerkschaften).Die Sozialpartner sehen in der Kooperationmit externen Akteuren eine wichtige Vo-raussetzung für nachhaltige Entwicklung.

Beiträge zur Nachhaltigkeit in der

Wertschöpfungskette des Zements

Die Wertschöpfungskette zementgebun-dener Baustoffe beginnt mit der Rohstoff-

gewinnung: Zur Produktion von 1 t Ze-mentklinker, des gebrannten Zwischen-produkts, werden rund 1,6 t Kalkstein undTon oder deren natürlich vorkommendesGemisch („Kalkmergel“) benötigt. Für einenachhaltige Entwicklung ist dies vongroßer Bedeutung, denn einerseits bildenmineralische Rohstoffe die materielle Ba-sis für die Zementindustrie und die Bau-wirtschaft. Andererseits ist ihre Gewin-nung mit (zeitlich befristeten) Eingriffen inNatur und Landschaft verbunden.

Der Flächenbedarf für die Gewinnung vonRohstoffen zur Zementproduktion ist re-lativ gering und liegt bei jährlich unter0,0002 % der Landesfläche. Durch rechtli-che Vorgaben und verfahrenstechnischeVerbesserungen (Abbauführung, Spreng-und Fördertechnik) ist der Rohstoffabbauumweltverträglicher geworden. Gleich-wohl haben die Konflikte zwischen derRohstoffgewinnung und anderen Belan-gen zugenommen. Hierbei wird vielfachübersehen, dass Rohstoffgewinnung eineRaumnutzung auf Zeit ist, die in geeignetelokale bzw. regionale Entwicklungsstrate-gien eingepasst werden kann.

Letzteres trifft auch auf das Verhältnis zwi-schen Rohstoffgewinnung und Natur-schutz zu. So wurde im Jahr 2000 auf rund54 % der ehemaligen Abbauflächen dieFolgenutzung Naturschutz umgesetzt.Demgegenüber dominiert bei der Vornut-zung der Ackerbau, d. h. eine intensiveForm der Landwirtschaft. Auch währenddes Betriebs können die Abbaustätten einepositive Funktion für den Natur- und Arten-schutz einnehmen. Auf der Basis aktuellerfachlicher Erkenntnisse sind von der Ze-mentindustrie Management-Empfehlun-gen für die Renaturierung und den Natur-schutz in Abbaustätten entwickelt worden.Neben Maßnahmen auf betrieblicher Ebe-ne wäre eine Verbesserung der rechtlichenRahmenbedingungen und der Verwal-tungspraxis zielführend. So könnte eine Er-gänzung des konventionellen Planungs-

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und Ordnungsrechts durch flexible Instru-mente wie Vertragsnaturschutz und Öko-konto einen nachhaltigen Ausgleich vonRohstoffgewinnung und Naturschutz be-fördern.

Verschiedene Prognosen zeigen, dass Ze-ment bzw. zementgebundene Baustoffezukünftig in einem ähnlich großen Umfangbenötigt werden wie heute; sie sind viel-fach schon aus rein technischen Gründennicht durch andere Stoffe ersetzbar. Des-halb sieht die zweite Enquete-Kommissiondes Deutschen Bundestages in der Siche-rung der Rohstoff-Lagerstätten ein wichti-ges Handlungsziel für die nachhaltige Ent-wicklung. Dies deckt sich mit den betriebs-wirtschaftlichen Anforderungen der kapital-intensiven Zementindustrie, die auf einelangfristige Investitions- und damit Versor-gungssicherheit angewiesen ist. Daher isteine konsequente Umsetzung raumordne-rischer Grundsätze in der Landes- und Re-gionalplanung sowie eine Weiterentwick-lung des Planungsinstrumentariums erfor-derlich.

An unterschiedlichen Punkten der Wert-schöpfungskette können Substitutionspo-tenziale zur Schonung natürlicher Ressour-cen genutzt werden. In der Zementpro-duktion wurde der Anteil von sekundärenRohstoffen und Koppelprodukten (z. B. ausder Stahlindustrie und Kraftwerkswirt-schaft) in den vergangenen Jahren erheb-lich gesteigert, so dass ihr Anteil am Roh-stoff-Input für die Herstellung des Zwi-schenprodukts Klinker mittlerweile rundein Fünftel beträgt. Substitutionspotenzialewerden außerdem durch den Einsatz vonrecyclierten Gesteinskörnungen (Zuschlä-gen) bei der Betonherstellung genutzt. DerBeitrag der Zementindustrie zur Kreislauf-wirtschaft soll in Zukunft weiter ausgebautwerden; dies setzt allerdings die Verfüg-barkeit geeigneter Stoffe voraus.

Die Wertschöpfungsstufe der Zementpro-

duktion umfasst die Aufbereitung der Roh-stoffe, die Stoffumwandlung beim Brennenvon Zementklinker und die Zementmah-lung. Ein Schwerpunkt der nachhaltigenEntwicklung in der Zementindustrie liegttraditionell in der Luftreinhaltung und Emis-

sionsminderung, die eng mit der Verfah-rensinnovation verbunden ist und bei der esbereits erhebliche Fortschritte gegebenhat. Dies betrifft insbesondere den Aus-stoß von Staub, Spurenelementen, Stick-stoffoxiden und Schwefeldioxid – hierfürwerden auf der Grundlage des Bundes-immissionsschutzgesetzes anspruchsvolleGrenzwerte festgesetzt, die jeweils an denStand der Technik angepasst werden. Ent-sprechend sind die Emissionen in der Ver-gangenheit deutlich zurückgegangen. ImZuge umfangreicher Modernisierungsin-vestitionen wurden auch die Emissionender ostdeutschen Werke stark reduziert,der Staubausstoß sogar um rund 99 %.

Die Zementproduktion ist ein ausgespro-chen energieintensiver Prozess. Die Stei-gerung der Energieeffizienz beim Brenn-stoff- und beim Stromverbrauch hat für dieZementindustrie schon alleine aus be-triebswirtschaftlichen Gründen eine zen-trale Bedeutung. Der spezifische Brenn-stoffverbrauch zur Klinkerherstellung wur-de seit den 1950er Jahren um rund 60 %vermindert und liegt heute nahe beim ver-fahrenstechnischen Optimum. Der Strom-verbrauch ist aufgrund erhöhter Anforde-rungen an den Umweltschutz (Elektrofilter)und die Produktqualität bis Mitte der1980er Jahre gestiegen. In den letzten Jah-ren konnte jedoch auch hier die Energieef-fizienz, vor allem durch Entwicklung undEinsatz innovativer Mahlverfahren, deutlichgesteigert werden.

Die deutsche Zementindustrie setzt sichfür eine Ausschöpfung der verbleibendenverfahrenstechnischen Verbesserungspo-tenziale ein, allerdings sind andere Maß-nahmen zur Verringerung des Energiever-brauchs in ökologischer und wirtschaft-licher Hinsicht wirkungsvoller. Dies spieltauch beim Klimaschutz, der in den vergan-genen Jahren als Handlungsfeld der nach-haltigen Entwicklung in den Vordergrundgerückt ist, eine wichtige Rolle. Die wich-tigsten Potenziale zur Senkung der CO2-Emissionen bieten zum einen „Komposit“-Zemente, in denen das gebrannte Zwi-schenprodukt Klinker teilweise durch an-dere Stoffe wie zum Beispiel Hüttensand,ein Koppelprodukt der Roheisenerzeu-

gung, ersetzt wird. Zum anderen führt derEinsatz sekundärer Brennstoffe dazu, dassfossile Energien eingespart werden undgeeignete Abfälle mit entsprechender Ent-lastung der deutschen CO2-Bilanz nicht ex-tra an anderer Stelle verbrannt oder depo-niert werden müssen. Der verstärkteEinsatz von Sekundärbrennstoffen verbes-sert zudem die Wirtschaftlichkeit undWettbewerbsfähigkeit der deutschen Ze-mentwerke, setzt aber entsprechenderechtliche Rahmenbedingungen und einenfunktionierenden Entsorgungsmarkt vo-raus.

Der CO2-Austoß der deutschen Zementin-dustrie betrug im Jahr 2000 rund 24 Mio. t,was 2,6 % der gesamten CO2-Emissionenin Deutschland entspricht. Knapp zwei Drit-tel der mit der Zementproduktion verbun-denen CO2-Emissionen entstehen bei derStoffumwandlung im Klinkerbrennprozess,der Rest durch den Energieverbrauch. Ineiner freiwilligen, im November 2001 er-weiterten Selbstverpflichtung hat sich diedeutsche Zementindustrie das Ziel ge-setzt, die energiebedingten spezifischenCO2-Emissionen zwischen 1990 und2008/12 um 28 % zu reduzieren. DieSelbstverpflichtung der Zementindustrieist ein wichtiger Beitrag zur Klimaschutz-vereinbarung zwischen Bundesregierungund Wirtschaft, die Fortschritte werdendurch ein unabhängiges Monitoring über-prüft. Seit 1990 sind die energiebedingtenCO2-Emissionen der deutschen Zementin-dustrie um fast 24 % zurückgegangen. Eskann davon ausgegangen werden, dassdie Selbstverpflichtung zum Klimaschutzerfolgreich umgesetzt wird. Daher solltedieses Instrument stabilisiert und gestärktwerden.

Weitere Potenziale zur Minderung derCO2-Emissionen könnten im Ausland er-schlossen werden: In vielen Staaten wer-den Produktionsanlagen betrieben, derenspezifischer Energieeinsatz deutlich überdem Bedarf der Werke in Deutschlandliegt. Deshalb ist eine international abge-stimmte CO2-Minderungsstrategie für dieZementindustrie besonders wichtig. Die sogenannten flexiblen Mechanismen desKyoto-Protokolls sollten weiterentwickelt

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werden, dürfen jedoch nicht zu Wettbe-werbsverzerrungen führen, die sich ne-gativ auf Produktion und Beschäftigung in Deutschland auswirken. Im Übrigenkommt es darauf an, die CO2-Emissionendurch Verkehr und Haushalte ebenso wir-kungsvoll zu senken wie in der Industrie.Hierzu können energieoptimierte Bau-weisen einen wichtigen Beitrag leisten.

Auch im Hinblick auf den Lärm- und Ar-beitsschutz wurden in der Vergangenheiterhebliche Fortschritte erzielt: So hat dieUnfallhäufigkeit in den deutschen Zement-werken in den letzten 30 Jahren um über70 % abgenommen. Heute liegt die mittle-re Unfallhäufigkeitsrate bei 12,8 Betriebs-unfällen je 1 Mio. geleisteter Arbeitsstun-den und damit um rund ein Drittel unter derUnfallhäufigkeit der gesamten gewerbli-chen Wirtschaft.

In der Betonproduktion wird Zement mitGesteinskörnungen bzw. Zuschlägen (v. a.Kies und Sand) sowie mit Wasser zu ver-schiedenen Baustoffen verarbeitet. Dieweitaus größte Bedeutung haben dabeiTransportbeton, Betonfertigteile und Be-tonsteine. Für eine nachhaltige Entwick-lung ist die Druckfestigkeit des WerkstoffsBeton ein wichtiges Merkmal: Mit hochfes-ten Betonen können Bauteile mit deutlichgeringeren Querschnittsabmessungen aus-geführt werden – dies erhöht die Ressour-cenproduktivität und bietet einen Zuge-winn an Nutzfläche. Die Druckfestigkeitvon Beton wird wesentlich durch die Qua-lität des Zements bestimmt und ist ein zen-trales Innovationsfeld der Branche. Die ma-ximale Druckfestigkeit konnte seit den1960er Jahren auf das Fünffache gestei-gert werden und liegt heute bei rund 200N/mm2. Aktuelle Entwicklungen gebenmodernen Betonen den Charakter von„High-Tech“-Werkstoffen, die für spezielleAnwendungsfälle zugeschnitten werden.So können z. B. durch SelbstverdichtendenBeton die Dauerhaftigkeit von Bauwerken,die Wirtschaftlichkeit und die Umweltver-träglichkeit der Bauprozesse (Lärmschutz)verbessert werden. Eine wichtige Funktionbei der Steigerung der Ökoeffizienz dürftein Zukunft auch neuartigen Verbundwerk-stoffen (z. B. Textilbeton) zukommen.

Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld istdas Beton-Recycling. Beton lässt sich –sortenreine Fraktionierung vorausgesetzt –vollständig recyclieren. Dabei muss unter-schieden werden zwischen dem Produkti-onsrecycling, bei dem die Reste aus derFrischbetonherstellung wieder der Beton-produktion zugeführt werden, sowie demRecycling von Baurestmassen einschließ-lich Betonbruch, der beim Abriss oderRückbau alter Bauwerke anfällt und alsrecyclierte Gesteinskörnung für neuen Be-ton oder als Material für den Straßenunter-bau verwendet werden kann. Neben Be-tonbruch können weitere Baureststoffe –zum Beispiel Ziegelsplitt – als „Betonzu-schlag“ verwendet werden, wodurch Ze-ment eine Verwertung auch dieser Mate-rialien ermöglicht.

Beim Produktionsrecycling ist ein ge-schlossener anlageninterner Kreislauf heu-te Stand der Technik. Auch das Recyclingvon Baurestmassen liegt in Deutschlandmittlerweile auf einem hohen Niveau: 1998betrug die Verwertungsquote rund 72 %,womit bereits die von der EU-Kommissionfür das Jahr 2010 angestrebte Verwer-tungsquote erzielt wurde. Trotz der hohenVerwertungsquote lassen sich mit Recyc-lingmaterial derzeit nur rund 8 % des ge-samten Bedarfs an mineralischen Rohstof-fen abdecken. In Zukunft ist ein Anstiegder Baurestmassen und insbesondere vonBetonbruch zu erwarten, zudem ist eineweitere Steigerung der Verwertungsquotedenkbar. Bei weitgehend stabiler Baustoff-nachfrage dürfte der Marktanteil vonRecyclingbaustoffen signifikant steigen,wird aber im Hochbau selbst unter günsti-gen Voraussetzungen mittelfristig kaummehr als 10 bis 15 % betragen. Nebendem sortenreinen Rückbau hängt die Zu-kunft des Baustoffrecyclings stark von denabfallrechtlichen Rahmenbedingungen ab,die die Ziele der Kreislaufwirtschaft nichtkonterkarieren sollten.

Die Zementindustrie unterstützt das Bau-stoff-Recycling und beteiligt sich über denBundesverband Baustoffe – Steine und Er-den an der Arbeitsgemeinschaft Kreislauf-wirtschaftsträger Bau. Betonbruch, der imStraßenbau anfällt, wird bereits heute na-

hezu vollständig verwertet. Hier gilt auchBeton mit recyclierten Gesteinskörnungenals bewährt. In Zukunft dürfte auch imHochbau der Anteil von Beton mit recyc-lierten Gesteinskörnungen deutlich stei-gen, nachdem die diesbezüglichen Mög-lichkeiten erforscht und seit 1998 verbind-liche technische Regeln vorliegen. Je nachAusgangsfraktion und angestrebter Beton-qualität kann der Zementbedarf für das Be-tonrecycling zunehmen, weil nur so be-stimmte Eigenschaften des Betons –insbesondere die Festigkeiten – erreichbarsind.

Aspekte des Arbeitsschutzes sind bei derBetonherstellung vor allem im Hinblick aufden Chromatgehalt des Zements wichtig.Chromat entsteht beim Brennen des Ze-mentklinkers aus dem Chrom in den Roh-stoffen und kann bei der manuellen Verar-beitung von Zement eine allergischeChromatdermatitis („Maurerkrätze“) aus-lösen. 1998 vereinbarten Vertreter der Ze-mentindustrie, der Weiterverarbeiter, desFachhandels, der Bauwirtschaft, der Be-rufsgenossenschaften, der IG BAU sowieder Arbeitsschutzbehörden eine Branchen-regelung zur Bekämpfung der Maurerkrät-ze. Diese Branchenregelung sieht die Her-stellung und den Einsatz chromatarmerProdukte für die manuelle Verarbeitung so-wie die Vermeidung von direktem Haut-kontakt mit feuchten zementhaltigen Bau-stoffen durch geeignete Schutzmaßnah-men vor. Die Wirksamkeit dieser Maßnah-men wird regelmäßig überprüft. Auf dieserBasis wurde die Branchenregelung Anfang2002 weiterentwickelt.

Die Anwendung zementgebundener

Baustoffe trägt in mehrfacher Hinsicht da-zu bei, dass Vorschläge, wie sie u. a. vonder Enquete-Kommission für das nachhal-tige Bauen und Wohnen entwickelt wur-den, realisiert werden können. Besondersfür den Baubereich, der durch weitgehen-de Unikatfertigung, differenzierte Nut-zungsansprüche und viele Akteure geprägtist, muss nachhaltige Entwicklung alsLernprozess organisiert werden. Der För-derung einer entsprechenden Zusammen-arbeit dienen verschiedene Aktivitäten derZementindustrie, z. B. Weiterbildungsver-

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anstaltungen, Fachpublikationen oder dasForum „Zukunft Bauen“. Mit zwei Archi-tekturpreisen werden jährlich zukunftswei-sende Baukonzepte unter Berücksichti-gung ästhetischer, sozialer, ökologischerund wirtschaftlicher Kriterien prämiert. DieZementindustrie arbeitet auch mit staatli-chen Einrichtungen zusammen, die einenerheblichen Einfluss auf Angebot undNachfrage in der Bauwirtschaft haben. EinBeispiel für diese Zusammenarbeit ist dieBeteiligung an den Initiativen der Bundes-regierung zum kostengünstigen Woh-nungsbau.

Ein wichtiges Ziel nachhaltigen Bauens istdie Minimierung der Lebenszykluskostenvon Gebäuden zur Erhöhung der Wohnei-gentumsquote und zur Schaffung bedarfs-gerechten Wohnraums. Ausschlaggebendsind hier erstens die Kosten der Gebäu-deerrichtung und zweitens die Kosten derGebäudenutzung. Bei der Gebäudeerstel-lung geht es darum, gestalterische undbautechnische Qualität sowie niedrige Kos-ten miteinander zu verbinden. Möglichkei-ten hierfür bietet vor allem die Verbesse-rung der Bauprozesse durch eine stärkereNutzung von Systembauweisen mit vorge-fertigten, maßgeschneiderten Modulen.Untersuchungen und Modellprojekte zei-gen, dass der Baustoff Beton hierbei einewichtige Funktion einnehmen kann. Diestärkere Nutzung von Systembauweisenhätte allerdings auch Auswirkungen auf dieBeschäftigung in der Bauwirtschaft: DurchRationalisierungseffekte würde der Um-fang menschlicher Arbeit reduziert, zu-gleich ist aber mit einer qualitativen Ver-besserung bzw. Requalifizierung vonBauarbeit zu rechnen.

Ressourcen schonendes Bauen ist einwichtiges Nachhaltigkeitsziel. Die Zement-industrie hat entsprechende Projekte zurSchließung von Baulücken, zur Nachver-dichtung und zum Flächenrecycling geför-dert. Entscheidende Bedeutung hat nichtzuletzt die Dauerhaftigkeit von Gebäuden -im Allgemeinen wird eine technische Min-destlebensdauer von 50 Jahren angenom-men. Die Verwendung von Beton ermög-licht die Erstellung dauerhafter Bauwerkemit Nutzungsphasen, die weit über diesen

Zeitraum hinausgehen. Korrosion und me-chanischer Verschleiß können die Dauer-haftigkeit von Beton zwar beeinträchtigen,zur Behebung derartiger Schäden sind je-doch geeignete Maßnahmen entwickeltworden. Die meisten Schäden sind auf Pla-nungsfehler und eine unsachgemäße Ver-arbeitung bei der Erstellung von Bauwer-ken zurückzuführen. Die Zementindustriebietet daher Weiterbildungsveranstaltun-gen und detailliertes Informationsmaterialzur korrekten Verarbeitung von Zementund Beton an.

Umweltbelastungen sind nicht in erster Li-nie mit der Erstellung eines Bauwerks undder Baustoffproduktion verbunden, son-dern mit seiner Nutzung. Dies gilt vor allemfür den Heizenergiebedarf, der in Zusam-menhang mit dem Klimaschutz eine zu-nehmend wichtige Rolle spielt. In Kombi-nation mit aktiven und passiven Maß-nahmen lassen sich die Vorgaben der neu-en Energieeinsparverordnung mit demkonstruktiven Baustoff Beton nicht nureinhalten, sondern übertreffen. Gleichzei-tig eignen sich Betonbauteile aufgrund ih-rer hohen Wärmespeicherkapazität hervor-ragend zur Nutzung von Sonnenenergie –dieser Umstand kann durch Kollektorwän-de oder durch Massivabsorber und Wär-mepumpen genutzt werden. Weitere Vor-teile des Betons liegen u. a. in seinenSchall- und Brandschutzeigenschaften so-wie in der guten Abschirmung gegen Ra-donzufuhr aus dem Erdreich.

Auch in anderen Handlungsfeldern lassensich viele Ziele einer nachhaltigen Entwick-lung nur durch den Einsatz zementgebun-dener Baustoffe realisieren. Hierzu gehörtdie Wasserwirtschaft: Betonbauteile wer-den für die Versickerung von Regenwas-ser, zur Speicherung von Brauchwasser,zur Flächen deckenden Versorgung mitTrinkwasser sowie zum Bau von Kläranla-gen benötigt. Die in vielen Kommunendringend erforderliche Sanierung der Ab-wasserkanalisation lässt sich mit Beton-bauteilen kostengünstig und umweltscho-nend umsetzen, in der Deponietechnik undbeim Flächenrecycling werden Zementund Beton für die Abdichtung und Immobi-lisierung von Schadstoffen genutzt.

Eine wichtige Funktion hat Beton auch beider nachhaltigen Gestaltung der Verkehrs-infrastruktur. Betonfahrbahnen zeichnensich durch Haltbarkeit, Tragfähigkeit undVerformungsstabilität aus. Verkehrsflächenmit Beton können wahlweise durchlässig(zur Versickerung) oder flüssigkeitsdicht(zum Schutz von Boden und Grundwasser)gestaltet werden. Mit Beton werden au-ßerdem Lärmschutzmaßnahmen umge-setzt. Derzeit wird die Entwicklung spezi-eller Dränbetone vorangetrieben, die dazubeitragen könnten, den Verkehrslärm auchauf stark frequentierten Verkehrswegenbereits in der Entstehung einzudämmen.Beim Bau von Schienenstrecken ersetzenFeste Fahrbahnen aus Beton zunehmenddas konventionelle Schotterbett, was sichpositiv auf die Wirtschaftlichkeit (geringe-rer Aufwand für Instandhaltung), die Be-triebssicherheit und die Umwelt (Verringe-rung des Herbizid-Einsatzes) auswirkt.

Das Verkehrsaufkommen in Deutschlandwird in den nächsten Jahren stark anwach-sen und erfordert ausreichende Kapazitä-ten der einzelnen Verkehrsträger. Für dieZementindustrie ist eine bedarfsgerechteModernisierung der Verkehrsinfrastrukturvon direkter Bedeutung – zum einen fürdie Nutzung der Verkehrswege beim Ver-trieb des transportintensiven MassengutesZement, zum anderen für eine Belebungder Zementnachfrage. Die Zementindust-rie hat daher auf dem Kongress „Zukunft inBewegung“ ihre Kompetenzen als Her-steller und Nutzer in die Diskussion einge-bracht, dabei aber auch anderen Akteureneine Plattform zum Dialog über nachhaltigeMobilität geboten. Die schwierige Lage deröffentlichen Haushalte stellt heute dasgrößte Hemmnis für Investitionen in einenachhaltige Verkehrsinfrastruktur dar. Da-her sollten privatwirtschaftliche Lösungenund Public Private Partnership in Zukunftstärker als bisher genutzt werden.

Initiative für nachhaltige Entwicklung

in der deutschen Zementindustrie

Die Dokumentation „Nachhaltigkeit undZementindustrie“ zeigt, dass bereits heutewichtige Beiträge zur nachhaltigen Ent-wicklung auf den verschiedenen Stufen

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der Wertschöpfungskette zementgebun-dener Baustoffe geleistet wurden. VieleProblemstellungen sind mit großem Erfolgbearbeitet worden, in anderen Handlungs-feldern haben bisherige Maßnahmen Kris-tallisationspunkte für weitere Anstrengun-gen geschaffen.

Die Sozialpartner haben daher anknüpfendan die Dokumentation die Durchführung ei-ner Initiative für nachhaltige Entwicklungin der deutschen Zementindustrie be-schlossen. Grundlage hierfür ist eine Bran-chenvereinbarung (siehe Anhang). Die Ini-tiative soll neben einer weiteren Ver-ankerung des Leitbildes in den Unterneh-men und Organisationen der deutschenZementindustrie der Verstärkung des Dia-logs mit wichtigen Akteuren („Stakehol-dern“) außerhalb der Branche dienen.Zudem sollen Projekte durchgeführt wer-den, die durch die Verzahnung ökologi-scher, ökonomischer und sozialer Aspektekonkrete Anstöße für den weiteren Pro-zess der nachhaltigen Entwicklung gebenkönnen.

Neben der Schaffung von Informations-und Ausbildungstools, die sich an die Mit-arbeiter in den Unternehmen richten, be-ziehen sich diese Projekte auf die Erpro-bung innovativer Ansätze beim Rohstoff-und Naturschutzmanagement, auf den Ein-satz sekundärer und ggfs. auch nachwach-

sender Stoffe sowie auf Potenziale zur Ge-staltung nachhaltiger Transport- und Lo-gistikketten. Die Projektthemen liegen da-mit einerseits im Verantwortungsbereichder Sozialpartner in der Zementindustrie,andererseits betreffen sie mit ihrem Be-zug zum Erhalt der Artenvielfalt, zum

Schutz des Klimas und zur Sicherung einernachhaltigen Mobilität Handlungsfelder,die auch für andere Akteure bzw. externeStakeholder einschließlich der Politik vonerheblicher Bedeutung sind und für dieBundesregierung eine wichtige Rolle spie-len.

Handlungsfelder

Artenvielfalt

Ressourcenschonung

Mobilität

Qualifikation

Projekte

Integriertes Rohstoff- und Naturschutzmanagement

Sekundäre und nachwachsende Einsatzstoffe

Nachhaltige Transport- und Logistikketten

Informations- und Ausbildungstools

Abb. 24: Projekte der Initiative für Nachhaltigkeit

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■ Schmidt Consult (2000): Technische, ökolo-gische und wirtschaftliche Einflüsse auf diederzeitigen und zukünftigen Mengen an re-zyklierten Baustoffen. In: Der Bedarf an mi-neralischen Baustoffen. Hrsg.: Bundesver-band Baustoffe – Steine und Erden e. V.,Frankfurt a. M.

■ Schmidt, M. (1998): Innovative Zemente –Schnellzemente, Spritzzement, Feinstze-ment und Zemente mit hohem Sulfat- oderSäurewiderstand. In: ZKG INTERNATIO-NAL 50 (1998) No. 8, S. 444 ff.

■ Schneider, M./Kuhlmann, K. (1997): Um-weltrelevanz des Einsatzes von Sekundär-stoffen bei der Zementherstellung. In: ZKGINTERNATIONAL 49 (1997) No. 1, S. 10 ff.

■ Schwarz, B. (1987): Wärme aus Beton.Düsseldorf

■ Umweltbundesamt (2000): Jahresbericht1999. Berlin

■ Verein Deutscher Zementwerke (1996): Be-ton. Düsseldorf (zitiert als: VDZ 1996)

■ Verein Deutscher Zementwerke/For-schungsinstitut der Zementindustrie (1998):Verminderung der CO2-Emissionen – Bei-trag der deutschen Zementindustrie – Mo-nitoring-Bericht 1997. Düsseldorf (zitiertals: VDZ 1998)

■ Verein Deutscher Zementwerke (1999):Tätigkeitsbericht 1996-99. Düsseldorf (zi-tiert als: VDZ 1999a)

■ Verein Deutscher Zementwerke/For-schungsinstitut der Zementindustrie (1999):Verminderung der CO2-Emissionen – Bei-trag der deutschen Zementindustrie – Mo-nitoring-Bericht 1998. Düsseldorf (zitiertals: VDZ 1999b)

■ Verein Deutscher Zementwerke (2000)(Hrsg.): Zement Taschenbuch 2000. Düs-seldorf (zitiert als: VDZ 2000)

■ Verein Deutscher Zementwerke/For-schungsinstitut der Zementindustrie (2002):Verminderung der CO2-Emissionen – Bei-trag der deutschen Zementindustrie – Mo-nitoring-Bericht 2000. Düsseldorf (zitiertals: VDZ 2002a)

■ Verein Deutscher Zementwerke/For-schungsinstitut der Zementindustrie (2002):Umweltdaten der deutschen Zementindust-rie 2000. Düsseldorf (zitiert als: VDZ 2002b)

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Page 53: Nachhaltigkeit und Zementindustrie - sustain- · PDF fileNorbert Berdolt, Dyckerhoff Zement GmbH (Betriebsrat) Dr.-Ing. Hans Otto Gardeik, Sozialpoliti-sche Arbeitsgemeinschaft der

– Branchenvereinbarung –

Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft derDeutschen Zementindustrie e. V.

in Verbindung mit dem

Bundesverband der Deutschen Zementindustrie e. V.

und dem

Verein Deutscher Zementwerke e. V.

Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Nachhaltigkeit als Leitbild –

Grundlage für eine zukunfts-

verträgliche Entwicklung

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die Industriegewerk-schaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE),die Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaftder Deutschen Zementindustrie (SPADZ)sowie der Bundesverband der DeutschenZementindustrie (BDZ) und der VereinDeutscher Zementwerke (VDZ) bekennensich zum Leitbild der nachhaltigen Entwick-lung.

Die Sicherung der Lebensgrundlagen fürdie heutige Generation und für die kom-menden Generationen ist das zentrale Zielder nachhaltigen Entwicklung. Dies erfor-dert die Berücksichtigung ökologischer,ökonomischer und sozialer Bedürfnisse.Nachhaltige Entwicklung ist aufgrund derdamit verbundenen, komplexen Anforde-rungen zudem als kontinuierlicher Such-und Lernprozess zu verstehen – und zwarauf regionaler, nationaler und internationa-ler Ebene.

Die genannten Einrichtungen sehen dieWirtschaft mit ihren Unternehmen und Mit-arbeitern als wesentlichen Träger der nach-haltigen Entwicklung. Um für die deutscheZementindustrie eine fundierte Informati-onsgrundlage zu schaffen, haben sie ge-

meinsam eine Dokumentation über dasVerhältnis von Nachhaltigkeit und Zement-industrie entlang der gesamten Wertschöp-fungskette zementgebundener Baustoffeerarbeitet.

Diese Dokumentation belegt die Fortschrit-te, die bereits in den vergangenen Jahrenerzielt wurden. Beispiele sind das Engage-ment für einen Ausgleich von Rohstoffge-winnung und Naturschutz, die freiwilligeSelbstverpflichtung zur Minderung derCO2-Emissionen oder die Qualifizierungs-offensive in der Zementindustrie. Im Rah-men der Dokumentation sind zudem He-rausforderungen identifiziert worden, diedie Ausgangsbasis für weitere, zukunftsori-entierte Aktivitäten markieren.

Nachhaltigkeit und Zementindustrie –

Ziele für die weitere Zusammenarbeit

der Sozialpartner

Die Sozialpartner wollen bei der Entwick-lung und Umsetzung von Maßnahmen, diedazu beitragen, ökologische, ökonomischeund soziale Anforderungen im Sinne einerzukunftsverträglichen Entwicklung in Ein-klang zu bringen, eng zusammenarbeiten.Sie haben sich darauf verständigt, gemein-sam einen Such- und Lernprozess anzu-stoßen, der auf Dialog beruht und durchkonkrete Projekte befruchtet wird.

Nachhaltige Entwicklung ist von der Mit-wirkung verschiedener Interessengruppenabhängig. Dies gilt zu allererst für die Ze-mentindustrie selbst: Nachhaltige Entwick-lung ist auf das aktive Engagement der Un-ternehmen, der Mitarbeiter und ihrer Orga-nisationen sowie auf die Förderung undPflege des Dialogs zwischen den Sozial-partnern angewiesen. Darüber hinaus su-chen die Sozialpartner den Dialog über dieGrenzen der Branche hinweg – angespro-chen sind unter anderem Politik, Verwal-tung, Umweltverbände und Wissenschaft.

Der Erfolg hängt von konkreten Maßnah-men ab: Die Sozialpartner wollen daher mitpraxisorientierten Aktivitäten zur Weiter-entwicklung einer nachhaltigen Ressour-

cennutzung, nachhaltiger Produktionspro-zesse und einer nachhaltigen Produktpolitikbeitragen.

Initiative für Nachhaltigkeit in der

Zementindustrie – ein gemeinsames

Engagement der Sozialpartner

Vor diesem Hintergrund begründen die So-zialpolitische Arbeitsgemeinschaft derDeutschen Zementindustrie, die Industrie-gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und die Industriegewerkschaft Bergbau, Che-mie, Energie eine gemeinsame Initiative fürNachhaltigkeit in der deutschen Zementin-dustrie. Diese Initiative umfasst:

■ Aktivitäten zur weiteren Verankerungdes Leitbildes der nachhaltigen Ent-wicklung in den Unternehmen und Or-ganisationen der deutschen Zementin-dustrie,

■ die Entwicklung und Durchführung vonProjekten, die als beispielhafte Lösun-gen oder konkrete Handlungsempfeh-lungen wichtige Anstöße für eine nach-haltige Entwicklung geben,

■ die Förderung und Pflege des Dialogszwischen den Sozialpartnern innerhalbder Branche sowie mit wichtigen An-sprechpartnern („Stakeholdern“) au-ßerhalb der Branche,

■ die Vermittlung von Informationen zurnachhaltigen Entwicklung an die Mitar-beiter und Interessenvertretungen inder deutschen Zementindustrie.

Zur Durchführung der Initiative wird einSteuerungskreis gebildet, der sich aus vierstimmberechtigten Vertretern der SPADZeinschließlich hauptamtlicher Mitarbeiterdes BDZ und des VDZ sowie jeweils zweistimmberechtigten Vertretern der IG BAUund der IG BCE (jeweils ein hauptamtlichesund ein ehrenamtliches Mitglied) zusam-mensetzt. Der Steuerungskreis entschei-det über die Aktivitäten der Initiative. Er istbeschlussfähig, wenn jeder Träger durchein Mitglied vertreten ist.

Anhang

Nachhaltigkeit und Zementindustrie

Page 54: Nachhaltigkeit und Zementindustrie - sustain- · PDF fileNorbert Berdolt, Dyckerhoff Zement GmbH (Betriebsrat) Dr.-Ing. Hans Otto Gardeik, Sozialpoliti-sche Arbeitsgemeinschaft der

Zur operativen Durchführung der Initiativemit den oben dargestellten Aufgaben wirdfür die ersten Jahre eine Agentur einge-richtet. Sie hat die Aufgabe, den Dialog zwi-schen den Sozialpartnern und mit den An-sprechpartnern außerhalb der Branche überdie nachhaltige Entwicklung zu organisie-ren und die Träger der Initiative bei der Ent-wicklung und Umsetzung konkreter Projek-te zu unterstützen. Die Arbeit der Agenturwird vom Steuerungskreis festgelegt; ihreTätigkeit ist – unabhängig von der Initiativeder Sozialpartner – auf drei Jahre angelegt.

Flankiert werden Steuerungsgruppe undAgentur durch einen Beirat, dem Vertreterder Unternehmen und der Betriebsräte, derVerbände der Zementindustrie und der bei-den Gewerkschaften sowie Persönlichkei-ten des öffentlichen Lebens angehören.Der Beirat ist ein Forum des Dialogs und lie-fert wesentliche Impulse für die Initiative.

Kosten, Inkrafttreten und Kündigung

Beschlüsse des Steuerungskreises, die Kos-ten für die Träger der Initiative verursa-

chen, bedürfen der ausdrücklichen Zustim-mung der Träger. Die Kosten für die Tätig-keit der Agentur werden für eine Laufzeitvon drei Jahren von den Trägern der Initiati-ve gemeinschaftlich getragen.

Diese Vereinbarung tritt am 01. Januar2002 in Kraft und kann von jedem der be-teiligten Träger mit einer Frist von sechsMonaten zum Ende eines Kalenderjahresgekündigt werden. Steuerungskreis undAgentur nehmen ihre Arbeit mit Beginn desJahres 2002 auf.

Köln/Frankfurt a. M./Hannover, den 14. Dezember 2001

Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zementindustrie e. V.

Dr.-Ing. Hans Otto Gardeik(Vorsitzender)

Dr. Michael Weißenborn(Geschäftsführer)

Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt

Klaus Wiesehügel(Bundesvorsitzender)

Hans-Joachim Wilms(stellv. Bundesvorsitzender)

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Hubertus Schmoldt(Vorsitzender)

Fritz Kollorz(Mitglied des Hauptvorstandes)

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