nachtrag

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692 H. B~nziger: Die Frage der Schizophrenie Berufe und in seiner jetzigen Stellung als Gartner und Hausbursche. Sogar die Besorgung komplizierter Heizungsanlagen versteht er, wenn man sie ibm einmal gezeigt hat. Sobald aber abstrakte ~berlegungen von ihm verlangt werden, fehlt ihm die F~higkeit, seine Einfi~lle kritisch zu sichten. So kommt es, dab neben Einsichten, die ein gesundes Urteil menschlicher Verh~ltnisse und seiner selbst verraten, und neben religi- 6sen Bildern, die eines hochstehenden Mystikers wtirdig w~ren, die un- sinnigsten Ideenverbindungen bestehen, die sich auch nicht durch die Erfahrung korrigieren lassen. Wir denken z. B. an die Theorie vom Wachstum eines dritten Hodens. Hier erinnert seine Lehre unmittelbar an die yon Primitiven konstruierten Zusammenh~nge, die zwar richtige Einzelbeobachtungen verwerten, aber in Ermangelung einer naturwissen- schaftlich geschulten Denkweise sieh mit freien Erfindungen behelfen. Rorschach hat wiederum darauf hingewiesen, dab bei einer solchen Er- scheinung mit der Annahme eines ,,religiSsen Atavismus" nichts gesagt ist, dab vielmehr auch solche Gedankensysteme NeuschSpfungen sind, die aber dank der geringen Unterschiede der angeborenen Disposition der Erlebens- und Denkvorg~nge bei Menschen der versehiedenen Zeitalter und der verschiedensten Rassen, mit friiheren oder lokal vSllig unab- h~ngig von einander entstandenen Religionsformen und Denksystemen weitgehend iibereinstimmen kSnnen. Zusammenfassung. Ein religi5ser Sektierer, den seine ]Jberzeugung mit dem biirgerlichen Gesetzbuch in Konflikt und schliel31ich in die Irrenanstalt gebracht hat, wird auf die Frage hin untersucht, ob die w/~hrend der Internierung zu- tage getretene Psychose sich psychogen aus seiner Vorgeschichte er- kl/~ren 1/~l~t oder als Schub einer Schizophrenie aufgefai3t werden mul3. Die Untersuchung fiihrt zum Ergebnis, dal~ der Beweis ffir eine prozefL hafte Psychose nicht erbracht werden kann. Die Ausartung der vorher bestehenden seelischen Eigenart erkl/irt sich aus der Reaktion eines debilen Psychopathen auf einen unertr/iglich gewordenen inneren Zustand (Neurose) und auf schwierige/~ul3ere Umst/~nde. Das Ergebnis ist eine wcsentliche, seit der Internierung 3 Jahre anhaltende Besserung des friiheren Zustandes. I. Nachtrag. Protokoll des 1%rschachschen Formdeutungsversuches yore 28. IV. 1926. GF- Anat. 0 Wie ein Brustkorb mit dem Mittelbein u. DF- Anat. 0 wie wenn man zugleich die Lungen sieht auf der Seite. GF ~- T V Schmetterling ohne Kopf.

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Page 1: Nachtrag

692 H. B~nziger: Die Frage der Schizophrenie

Berufe und in seiner jetzigen Stellung als Gartner und Hausbursche. Sogar die Besorgung komplizierter Heizungsanlagen versteht er, wenn man sie ibm einmal gezeigt hat. Sobald aber abstrakte ~berlegungen von ihm verlangt werden, fehlt ihm die F~higkeit, seine Einfi~lle kritisch zu sichten. So kommt es, dab neben Einsichten, die ein gesundes Urteil menschlicher Verh~ltnisse und seiner selbst verraten, und neben religi- 6sen Bildern, die eines hochstehenden Mystikers wtirdig w~ren, die un- sinnigsten Ideenverbindungen bestehen, die sich auch nicht durch die Erfahrung korrigieren lassen. Wir denken z. B. an die Theorie vom Wachstum eines dritten Hodens. Hier erinnert seine Lehre unmittelbar an die yon Primitiven konstruierten Zusammenh~nge, die zwar richtige Einzelbeobachtungen verwerten, aber in Ermangelung einer naturwissen- schaftlich geschulten Denkweise sieh mit freien Erfindungen behelfen. Rorschach hat wiederum darauf hingewiesen, dab bei einer solchen Er- scheinung mit der Annahme eines ,,religiSsen Atavismus" nichts gesagt ist, dab vielmehr auch solche Gedankensysteme NeuschSpfungen sind, die aber dank der geringen Unterschiede der angeborenen Disposition der Erlebens- und Denkvorg~nge bei Menschen der versehiedenen Zeitalter und der verschiedensten Rassen, mit friiheren oder lokal vSllig unab- h~ngig von einander entstandenen Religionsformen und Denksystemen weitgehend iibereinstimmen kSnnen.

Zusammenfassung. Ein religi5ser Sektierer, den seine ]Jberzeugung mit dem biirgerlichen

Gesetzbuch in Konflikt und schliel31ich in die Irrenanstalt gebracht hat, wird auf die Frage hin untersucht, ob die w/~hrend der Internierung zu- tage getretene Psychose sich psychogen aus seiner Vorgeschichte er- kl/~ren 1/~l~t oder als Schub einer Schizophrenie aufgefai3t werden mul3. Die Untersuchung fiihrt zum Ergebnis, dal~ der Beweis ffir eine prozefL hafte Psychose nicht erbracht werden kann. Die Ausartung der vorher bestehenden seelischen Eigenart erkl/irt sich aus der Reaktion eines debilen Psychopathen auf einen unertr/iglich gewordenen inneren Zustand (Neurose) und auf schwierige/~ul3ere Umst/~nde. Das Ergebnis ist eine wcsentliche, seit der Internierung 3 Jahre anhaltende Besserung des friiheren Zustandes.

I.

Nachtrag. Protokoll des 1%rschachschen Formdeutungsversuches

yore 28. IV. 1926.

G F - Anat. 0 Wie ein Brustkorb mit dem Mittelbein u. D F - Anat. 0 wie wenn man zugleich die Lungen sieht

auf der Seite. GF ~- T V Schmetterling ohne Kopf.

Page 2: Nachtrag

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

bei einem Mitglied der Sekte AnOn Unternahrers. 693

DZwF + Obj. DFbF Feuer D F + T

G B + M

DZwF(Fb) Wasser DFb (Abstr.

(Liebe)

G F + T

D o - DF + Td

GF +T

GF(Fb) + Obj.

GF(Fb) + GewSlk DF + Md

DF+T

DF -- Anat. DF --- Anat.

Lage

GZwF(Fb)-Grotte

DZwFFb

DF + T DF + Geol. (Fels) DFbF Geol. GF(Fb) Spiegelung

DF+T DF T T

GFbF DF ~: Geol. (Bergpartie) DF - - T

Ein Lampenschirm mit Feuer nach unten. 2 Tiere mit den Ohren (Sehwarz) - - eine Art Barenform und doch ist es kein Bar.

V 2 Gigerl, Kopf, Hals, Brust mit Poehettli, Arme, Hinterteil mit Beinen, als ob beide im

0 Wasser st~nden, in einem Bach - - vielleicht Gedanken der Liebe dabei, sie sehen auf das Rote und denken vielleicht an das gleiehe Madehen.

V E i n Fell yon einem - - ein Hyanenfell, nattir- lich ist es zn dunkel. ,,Wenn man es langer betraehtet, so kommt einem so vieles in den Sinn und doch hat es immer nur Andeu- tungen dazu." Von einem gewissen Tier: Rtissel, Fiihler, Zangen, Beine (Umg.MSt.).

V Fledermaus. 0 Eine Art Fackel, die am Brennen ist, mit

dem Raueh drum herum, mit dem Stab unten, den man in der Hand halt (Umg.).

Gew61k am ttimmel. V 2 Frauenk6pfe ~ la Fastnacht mit ihren

Federsehfippen oben.

V 2 Tierli mit ihren 4 Fiillen und Kfpfen, wie ein Murmeltier auf den Alpen, der Sehwanz fehlt, mit etwas zu langen Beinen.

0 Bauchgegend mit Wirbelsaule (Gelbrot) und beiden Lungenflfigeln, mit Fortsetzung zum Hals (Blau). (Dreht mehrmals.)

0 Felsgrotte, nicht ganz naturell, und doch Natur mit Kunst darin.

0 Wie ein Tropfb~chli (ML), das fiber Mies- steine herunterl~uft, die grfine Ware, die es dabei gibt. Tier (Griin, Sk.), dahinter Fels (Rot, Sk.), dann

0 Land, rotgelbe Kalierde (Orange, Sk.). 0 Das Ganze spiegelt sieh in dem griinblauen

B~chli. Tintenfisehe (Blau lat.). Augen yon einem Sehaf mit lang herab- h~ingender Wolle, Ohren und Nase, Beine sieht man nicht, kein hiesiges, sondern ein fremdes. Wie die Palette eines Malers.

0 Wie eine Bergpartie zum Steigen, eine Steigerpartie (Rot, Umg.). Frosch, der ins Wasser springt (Grau o.), aber kein Wasser zum Hineinspringen (!).

Page 3: Nachtrag

694 H. B~nziger: Die Frage der Schizophrenie usw.

Antworten: 28.

G 9 B 1 GZw 1 F 17 (8-, dr. 4 Anat.!) DZw 3 F(Fb) 5 D 15 FFb 1 Dd Ng. FbF 3 Do Ng. Fb 1 (Abstr.: Liebe)

T 8 Td 1 M 1 Md 1 Anat. 4 Obj. 2 Geol. (Fels) 2 Wasser 1 Gew61k 1 Felsgrotte 1 Tropfb~chli 1 Spiegelg. 1 Feuer 1 Palette 1 Rotgelbe Erde 1 Abstr.: Liebe 1

F + 53% (inkl. Anat.) F + 69% (ohne Anat.)

T 32% O 36% (eher weniger - - Anat. !) V 21,5%

Succ.: Im Ganzen geordnet. Erf.T.: G - - D - - (Zw) Erl.T.: 1 B:31/2Fb. (minimum).