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heise online · c't · iX · Technology Review · Telepolis · mobil · Security · Netze · he op homepage magazin literatur rätsel netzkunst Nanotransgen Wolf Auerswald 20.11.2006 Erzähler Die "Invincible" die neueste Entwicklung von Labor U-Booten der BioTec Klasse, fuhr mit seiner 270 Mann starken Besatzung und einer 30köpfigen Crew von Wissenschaftlern die Elbe aufwärts. Die Ausmaße des Bootes von 302 Metern Länge und über 30 Metern in der Breite erinnerte eher an einen Ozeanriesen, als an ein Forschungsschiff der Royal Navy. Der sechzigjährige Kapitän Commodore John Milström, ein schlanker Mann mit leicht ergrautem, aber vollem Haar und einem gepflegten 5 Tage Bart stand zusammen mit Dr. Rosalin Carter, Professorin für Biochemie und Genetik auf dem oberen Aussendeck im U-Bootturm. Die vollschlanke Mittfünfzigerin mit ihrem Kurzhaarschnitt, war ein energischer, zupackender Charakter und als kompetente Leiterin dieser Mission die beste Wahl. Sie trugen ihre blauen Bio- Schutzanzüge, so wie es Vorschrift war, in der Todeszone. Der Helm gestattete eine großzügige Seitensicht und war ansonsten mit dem Anzug fest verbunden. Das Atemgerät auf dem Rücken sorgte für ausreichend Sauerstoff und eine im Helm eingebaute Kommunikationseinheit, ermöglichte eine fast normale Unterhaltung. Atmo: Schiffsmotoren. Wasser plätschern. Anzüge rascheln. ROSALIN (Gedämpft) Dieser sonnige Tag wirkt richtig idyllisch, John, findest du nicht? JOHN (Gedämpft) Wenn man vom fahlen Grau der Uferböschungen absieht. Kein Baum, kein Strauch, nichts das auf pflanzliches Leben hindeutet. Früher muss das hier sehr schön gewesen sein. whar if Seite 1 von 35 what if - visionen der informationsgesellschaft 25.03.2007 file://C:\Dokumente%20und%20Einstellungen\mm\Desktop\Bücher\Kurzgeschichten\...

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Nanotransgen

Wolf Auerswald 20.11.2006

Erzähler Die "Invincible" die neueste Entwicklung von Labor U-Booten der BioTec Klasse, fuhr mit seiner 270 Mann starken Besatzung und einer 30köpfigen Crew von Wissenschaftlern die Elbe aufwärts. Die Ausmaße des Bootes von 302 Metern Länge und über 30 Metern in der Breite erinnerte eher an einen Ozeanriesen, als an ein Forschungsschiff der Royal Navy. Der sechzigjährige Kapitän Commodore John Milström, ein schlanker Mann mit leicht ergrautem, aber vollem Haar und einem gepflegten 5 Tage Bart stand zusammen mit Dr. Rosalin Carter, Professorin für Biochemie und Genetik auf dem oberen Aussendeck im U-Bootturm. Die vollschlanke Mittfünfzigerin mit ihrem Kurzhaarschnitt, war ein energischer, zupackender Charakter und als kompetente Leiterin dieser Mission die beste Wahl. Sie trugen ihre blauen Bio-Schutzanzüge, so wie es Vorschrift war, in der Todeszone. Der Helm gestattete eine großzügige Seitensicht und war ansonsten mit dem Anzug fest verbunden. Das Atemgerät auf dem Rücken sorgte für ausreichend Sauerstoff und eine im Helm eingebaute Kommunikationseinheit, ermöglichte eine fast normale Unterhaltung.

Atmo: Schiffsmotoren. Wasser plätschern. Anzüge rascheln.

ROSALIN (Gedämpft) Dieser sonnige Tag wirkt richtig idyllisch, John, findest du nicht?

JOHN (Gedämpft) Wenn man vom fahlen Grau der Uferböschungen absieht. Kein Baum, kein Strauch, nichts das auf pflanzliches Leben hindeutet. Früher muss das hier sehr schön gewesen sein.

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ROSALIN Wann werden wir im Hamburger Hafen eintreffen?

JOHN Wir haben Zeit, seit über 260 Jahren ist kein Mensch mehr hier gewesen.

ROSALIN Sich oberirdisch aufzuhalten, galt lange Zeit als zu gefährlich. Damals entwickelten die Überlebenden die unterseeischen Habitate, in denen wir heute leben.

JOHN Ich weiß, den Fortbestand der Menschheit zu sichern galt nach der Katastrophe als wichtigste Aufgabe. Von hier aus hat also alles angefangen?

ROSALIN Soweit wir wissen. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben. Die Menschen werden eines Tages an die Oberfläche zurückkehren.

JOHN Die UN-Weltregierung hofft sehr, dass wir dieses Mal erfolgreich sind. Gerade passieren wir das Willkomm Höft. Dort an Backbord, diese Trichter die dort herumliegen, vor dem weißen Haus. Das sind Überreste einer Begrüßungsanlage.

ROSALIN Einer was?

JOHN Die Hamburger hatten früher einen schönen Brauch. Jedes größere Schiff wurde durch diese Anlage mit der Nationalhymne seines Heimatlandes willkommen geheißen. So wurde den Seefahrern Respekt gezollt.

ROSALIN Romantiker!

NAVIGATOR (Über Funk) Käpt'n Milström? Wir passieren soeben die alte Flugzeugwerft.

JOHN Danke, Navigator. Gehen sie runter auf ein Viertel und achten sie auf das Sonar.

NAVIGATOR Aye, Aye Käpt'n.

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Page 3: Nanotransgen

PETER (Gedämpft) An diese Schutzanzüge werde ich mich nie gewöhnen. Hier Draußen steckt ihr also.

ROSALIN Peter!

JOHN Hallo, Peter wollen Sie uns hier oben besuchen?

PETER Wie hoch sind wir hier?

JOHN Ca. 45 Meter ab Wasserlinie.

PETER Habt ihr schon welche gesehen, von den Biestern?

ROSALIN Tagsüber tauchen sie selten auf. Die Sonne und das Licht vertragen sie nicht. Wohl eine Folge ihrer Mutation.

PETER Erinnerst du dich? Rotterdam! Wir waren noch nicht mal ganz im Hafen, da hatten sie schon zwei von uns erwischt. Bei lebendigem Leibe aufgefressen, das war kein schöner Anblick.

JOHN Die alten Schutzanzüge damals wurden mit der Zeit brüchig. Heute kann das nicht mehr passieren.

ROSALIN Die Wespen fraßen im Laufe der Jahre alle Pflanzen, die Kadaver der toten Tiere und die Leichen der Menschen, die hier überall mal herum gelegen haben müssen.

PETER Ich habe jedenfalls keine Lust zu warten, bis ich zu ihrem Frühstück eingeladen werde. Ich habe mir einen Flammenwerfer besorgt. Flüssiges Napalm.

ROSALIN Professor O'Bannon besteht gemessen an seiner Körpergröße von 1,64 Meter wohl zum überwiegenden Teil aus Mundwerk.

Atmo: Ein Pfiff.

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Page 4: Nanotransgen

JOHN Wir erreichen das Hafenbecken. Brücke! Seitenhangar zwei besetzen. Anlegemanöver vorbereiten.

Atmo: Schritte nähern sich.

DELLMARE (Gedämpft) Lieutenant Dellmare meldet sich wie befohlen.

JOHN Danke Lieutenant. Erklären sie unseren beiden Landratten doch, was sie gleich tun werden.

DELLMARE Ja, Commodore. Sehen sie dort an Steuerbord, das große Schott?

PETER Sie meinen das rote Dingsda?

DELLMARE Ja, genau. Das wird gleich zur Seite gekippt und ein Auslegerkrahn lässt ein Schnellboot zu Wasser. Zwölf Mann mit einem Statiker und einem Ingenieur fahren, während sich die Invincible im Hafenbecken dreht, voraus zum alten Kreuzfahrtterminal und untersuchen dort die Kaianlagen. Werden die Anlagen von den Experten freigegeben, können wir anlegen. Danach wird die Laderampe ausgefahren, über die wir die Laboreinheiten und was sonst noch benötigt wird, an Land transportieren können.

ROSALIN Sehr beeindruckend John.

DELLMARE Es wird Zeit. Bitte entschuldigen sie mich. Käpt'n?

Atmo: Schritte entfernen sich. Hydraulische Maschinen. Metalltüren. Entfernte Schritte. Wasser sprudelt. Im Hintergrund Lieutenant Dellmare: "Den Ausleger ausschwenken. Wasserung des Bootes." "Alle Mann an Bord." Metallene Geräusche. Rufe: "Achtung. Ablegen."

ROSALIN Deine Mannschaft macht einen guten Eindruck.

JOHN Das ist die beste Crew der Navy.

PETER

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Page 5: Nanotransgen

Das glaube ich gerne.

JOHN Commander Fuller, Manöver beginnen. Das Schnellboot hat abgelegt.

COMMANDER FULLER (Über Funk) Aye, Aye Käpt'n. Seitenruder und Flügelmotoren, ein Drittel Schub voraus.

Atmo: Sprudelndes Wasser. Aufheulende Motoren.

JOHN Mein erster Offizier wird das Boot nun um hundertachtzig Grad drehen. Das ist schwierig, weil das Hafenbecken sehr eng ist.

ROSALIN Am Kai dort, schon ein irreal wirkendes Bild. Blaue Marschmellomännchen watscheln sehr bedächtig umher.

JOHN Genau das sollen sie auch, diese Arbeit ist anstrengend und gefährlich. Wenn die Matrosen ihre Schutzanzüge verletzen, muss ich euch nicht erklären was passieren würde. Wir alle haben die Regeln zwar schon als Kinder in der Schule gelernt, aber trotzdem hat jeder schon Kameraden sterben sehen.

Atmo: Wasser plätschern. Unterschiedliche Motoren. Rumpeln.

PETER Wo ist eigentlich unser Frischling?

ROSALIN Du sollst sie doch nicht immer so nennen, nur weil sie aus dem landwirtschaftlichen Habitat Cornwall in der keltischen See stammt. Sie ist immerhin schon 34. Gut, es ist ihre erste Fahrt. Alles ist noch neu. Aber Virginia hat jahrelang hart gearbeitet um diesem Team anzugehören.

JOHN Ein richtiges unterseeisches Landei? Ah, gleich legen wir an.

Atmo: Großer Ruck. Metall knirscht. Motoren werden gedrosselt. Wasser plätschert. Schiffsmotoren aus. Ein entfernter Motor springt an.

PETER Sie ist unerfahren und achtet zu wenig auf Andere.

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ROSALIN Auch wir haben mal angefangen. Sie lernt das schon noch alles.

COMMANDER FULLER (Entfernt) Rampe ausfahren und Erkundungstrupp Gelände sichern.

Atmo: Laufende Stiefelschritte der Soldaten in der Ferne. Schritte nähern sich.

VIRGINIA (Gedämpft) Professor Carter? Ich habe die wissenschaftlichen Instrumente für das Labor zusammenstellt.

ROSALIN Danke, Schätzchen.

PETER Dr. Houseman!

VIRGINIA Professor Carter hat Anweisung gegeben, Vorbereitungen für einen ersten Ausflug zu treffen.

PETER Nun ein Picknick wird das nicht gerade.

JOHN Ich kann euch nichts versprechen, Rosalin. Ich weiß noch nicht, ob die Kaianlagen die schweren Fahrzeuge tragen werden.

Atmo: Ankommende Schritte.

JOHN Lieutenant Dellmare?

DELLMARE Sir. Die Kaianlage ist frei gegeben.

JOHN Dann lassen sie den ersten Labor-Konvoi an Land bringen.

DELLMARE Sehr wohl, Commodore. Sobald die Rampe verankert ist, werden die Fahrzeuge entladen.

JOHN Dr. Houseman möchte einige Geräte ins mobile Labor bringen.

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Page 7: Nanotransgen

DELLMARE Wenn Sie mich begleiten würden, Doktor. Ich bringe sie hinunter.

VIRGINIA Vielen Dank, Lieutenant.

Atmo: Schritte entfernen sich.

Erzähler Eine Wolke schob sich vor die Sonne und sofort dunkelte der Schatten, die Kaianlagen ab. Ein leises Summen wurde hörbar und die Soldaten mit ihren Flammenwerfern beobachteten die Umgebung jetzt sehr genau. Währenddessen belud Virginia Houseman mit einem Assistenten das mobile Labor. Die Fahrerkabine wurde mit zwei Soldaten besetzt und ein Chief Petty Officer dirigierte das sechsachsige gepanzerte Fahrzeug vorsichtig über die Rampe auf den Kai. Ein schwerer Räumpanzer und zwei kleine Kampf- und Spürpanzer vervollständigten die Einheit. Virginia bemerkte, dass sie eine atmosphärische Messsonde vergessen hatte, holte sie aus dem Wissenschaftslager und eilte dem Laborwagen über die Rampe hinterher.

Atmo: Rangierende schwere Fahrzeuge, Schritte. Summen wird lauter.

Erzähler Sie sah, die noch immer im Schatten liegende Kaianlage und die Sonnenstrahlen die ringsherum die Umgebung in ein leuchtendes Gelb tauchten. Unbemerkt streifte sie den Anzug eines Soldaten mit dem scharfkantigen Stativ der Sonde und schlitzte ihm ein zwanzig Zentimeter großes Loch in den Anzug. Erschrocken sah der Soldat an sich herab. Er wusste, er musste jetzt sofort zum Boot laufen und eine Dekontaminationsschleuse aufsuchen.

Atmo: Vordergrund schweres Laufen. Schwerer Atem.

SOLDAT 1(Gedämpft) Hilfe. Mein Anzug ist verletzt. Sie sind hinter mir her. Aus dem Weg. Das Giftgas, schnell.

Erzähler Riesige Schwärme von Insekten bewegten sich von mehreren Seiten, sternförmig direkt auf den Soldaten zu.

Atmo: Summen wird sehr laut. Schritte. Schweres Atmen.

SOLDAT 1 (Schreit laut, verzweifelt) Ah...ahh...nein, weg von mir...weg...Hilfe...

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Erzähler Virginia Houseman drehte sich um. Gerade drang drei Meter von ihr entfernt ein Insektenschwarm durch den Riss in den Anzug des Soldaten. Sein Gesicht war schon nicht mehr zu sehen vor lauter Gewimmel und noch immer drangen Wespen in den Anzug, der sich nun aufzublähen begann. Die Schreie erstickten und er brach zusammen. Virginia Houseman stand da, starr vor Angst. Soldaten mit Flammenwerfern kamen gelaufen. Am Boden lag ein wimmelnder Klumpen aus Wespen.

SOLDAT 2 (Gedämpft, energisch) Gehen sie zur Seite, Madam. Wir nehmen einige Tiere für die Untersuchung und zünden dann.

VIRGINIA Sie müssen ihn retten...Das können sie doch nicht...nein. Er lebt doch noch...

SOLDAT 2 Er ist längst tot. Vorsicht die Flammenwerfer.

Atmo: Das Rauschen eines Flammenstoßes. Dann noch ein Stoß und noch ein Dritter. Flammen.

VIRGINIA Aber das dürfen sie nicht...das ist nicht richtig. Er hat doch noch gelebt...er...

SOLDAT 2 Wir bringen sie auf die Krankenstation, Madam.

VIRGINIA Das war nicht Recht. Er hat doch um Hilfe gebeten...

Erzähler Die dunkle Wolke verschwand und die Kaianlage tauchte wieder in ein freundliches Gelb. Sofort nahm das Summen ab und verschwand schließlich ganz. Commodore Milström hatte vom Oberdeck alles mit angesehen und war außer sich.

JOHN Was zum Teufel...? Verdammte Schweinerei. Commander Fuller!

COMMANDER FULLER (Über Funk) Sir?

JOHN Was um Himmels Willen...?

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Page 9: Nanotransgen

COMMANDER FULLER Ich weiß es nicht. Aber ich werde sofort eine Untersuchung veranlassen, Commodore.

JOHN Tun Sie das, sofort. Ende! So etwas darf einfach nicht passieren.

ROSALIN Es tut mir leid, John.

JOHN Sie sind ausgebildet. Wir simulieren regelmäßig Unfälle, damit die Mannschaft vorbereitet ist.

ROSALIN Virginia die Ärmste, ich werde nach ihr sehen.

PETER Es geht uns allen an die Nieren. So sollte niemand sterben müssen. Ich frage mich, ob wir hier überhaupt etwas finden werden?

ROSALIN Dieser Ort unterscheidet sich sehr von den Anderen, die wir in den letzten Jahren besucht haben, Peter. Wir wollen in das ehemalige European Institute of Genetic und Food-Control, die EIGF.

PETER Ja, ich weiß. Da hat er gearbeitet. Stimmts?

ROSALIN Thomas Ledark war ein sehr ungewöhnlicher Mann und ein brillanter Wissenschaftler seiner Zeit.

DELLMARE (Über Funk) Commodore Milström?

JOHN Lieutenant?

DELLMARE Der Konvoi ist bereit. Wenn das Team heute noch raus will, sollten sie bald los. In ein paar Stunden ist es dunkel, dann wird es zu gefährlich.

JOHN Rosalin, du hast es gehört.

ROSALIN

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Page 10: Nanotransgen

Komm doch mit, John. Es könnte interessant werden.

PETER Rosalin hat Recht. Es brächte Sie auf andere Gedanken. Außerdem ist jetzt ein Platz frei im Laborwagen. Unsere Medizinerin braucht selbst medizinische Hilfe.

JOHN Einverstanden. Commander Fuller!

COMMANDER FULLER (Über Funk) Commodore!

JOHN Sie haben das Kommando Fuller. Ich werde das Team begleiten.

COMMANDER FULLER Aye, aye Sir. Hoffentlich finden sie, was sie suchen.

PETER Das hoffen wir alle Commander.

Erzähler Nachdem die drei von Bord gegangen und ins mobile Labor gestiegen waren, setzte sich der Konvoi in Bewegung. Mit feinsten ABC Spür- und Ultraschalldetektoren, sowie mit einem sehr genauen Bodenradar ausgerüstet, konnte sich nicht einmal eine Fliege der Kolonne nähern, ohne dass die Soldaten es bemerkten. Nach einer guten halben Stunde erreichten sie das EIGF Gebäude. Gegenüber des Bernhard-Nocht-Instituts. Einige Soldaten in Schutzanzügen und mit Flammenwerfern im Anschlag sicherten das Terrain. Die Schleuse des Labors öffnete sich und Rosalin Carter, John Milström und Peter O'Bannon stiegen in ihren Schutzanzügen und mit Alukoffern in der Hand aus dem Fahrzeug.

ROSALIN Wir müssen sehr vorsichtig sein. Innerhalb des Gebäudes könnten wir auf Insekten treffen, die sich dort vor der Sonne und dem Licht verbergen.

JOHN Rosalin, lass die beiden mit den Flammenwerfern voraus gehen.

PETER Ich hasse diese Biester. Dort, ist der Eingang.

Atmo: Quietschende Glastür. Schritte auf Glasscherben. Treppenhaus.

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JOHN Vorsichtig hier liegt überall zerbrochenes Glas. Dort hängt eine alte Hinweistafel.

ROSALIN Thomas Ledark! Da steht es. Wir müssen in den ersten Stock.

Atmo: Treppen steigen. Glasscherben.

ROSALIN Das muss sein Büro gewesen sein. Weiter hinten geht es in die alten Laboratorien. Die werden wir uns später noch ansehen.

Atmo: Holztür. Leicht knarrend. Schritte.

PETER Es sieht so aus, als hätte vor kurzem noch Jemand hier gearbeitet, wenn man vom vielen Staub absieht.

ROSALIN Haltet Ausschau nach Letterfolien aus Kunststoff. Die könnten die lange Zeit überstanden haben.

JOHN Vielleicht habe ich hier etwas. Seht mal, hier am Schreibtisch, mir war so, als hätte ich etwas blinken gesehen.

PETER Er hat Recht. Der Koffer...Ich brauch einen Pinsel... schnell. Jetzt vorsichtig den Staub entfernen... etwas Druckluft aus der Tube.

Atmo: Zischendes Geräusch.

PETER Seht euch das an, ein alter Laptop... der hat noch Strom.

ROSALIN Was, nach über zweihundert Jahren?

PETER Aber die rot blinkende LED gefällt mir gar nicht. Ich brauche ein Batteriepack. Das Gerät benötigt Energie, meinen Koffer bitte.

JOHN Hier Peter. Ich suche ihnen raus, was sie brauchen.

PETER Das blaue Ding da. Danke. Seht euch das an, ein Mitochoakku, hätte

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ich mir fast denken können. Diese Dinger sind die besten kleinen Minikraftwerke die jemals gebaut wurden. Das war eine geniale Idee für AKKU Systeme das Energieprinzip von Mitochondrien nachzubauen. Dieser Laptop gehörte zu den ersten Bio-Hybrid Computern. Mein Gott, wie damals biologische und elektronische Bauteile verknüpft wurden. Ein echtes Museumsstück.

Atmo: Kramgeräusche.

ROSALIN Was machst du jetzt, Peter?

PETER Ich bastle mir ein Interface. Damit will ich den Akku erst mal mit einer Ladung Energie von der Batterie versorgen, um ihn quasi anzuschieben. Jetzt wo der Staub entfernt ist, kann der Akku sofern er nicht defekt ist, sich selbst aufladen, einfach durch Licht... Sehr ihr... Es klappt...prächtig. Ah...eine grüne LED.

ROSALIN Peter, schalt das Ding endlich ein.

PETER Das müsste die richtige Taste sein.

Atmo: Piepsendes Geräusch. Eine Festplatte rotiert.

COMPUTER Bitte die Projektionslinse reinigen, ansonsten kann die holographische Darstellung fehlerhaft sein.

PETER Ah... gut so. Das dürfte genügen. Der Rechner hat eine Sprachsteuerung. Seht mal, ein dreidimensionales Bild wird in den Raum projiziert.

JOHN Ein Familienphoto?

ROSALIN Das ist er, Thomas Ledark mit Frau und Tochter. Computer, gibt es so etwas wie ein Tagebuch, oder wissenschaftliche Aufzeichnungen?

COMPUTER Es befinden sich 667 Videotagebuch-Eintragungen und 759 Seiten wissenschaftlicher Dokumentationen und Skizzen im Speicher.

ROSALIN

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Der Jackpot!

PETER Okay. Testen wir mal. Die erste Tagebuch Eintragung abspielen. Computer 2.September, 2053, 08:43 Uhr

Erzähler Ein jugendlich wirkender, schlanker Mann, Mitte Dreißig, mit dunkelblondem Haar und einer altmodischen dunklen Hornbrille stand vor einem Spiegel. Er trug ein hellbraun kariertes Sakko im englischen Country-Style und ein grün kariertes Hemd.

THOMAS LEDARK Ich habe mich entschlossen ein Videotagebuch zu führen. Heute ist mein erster Arbeitstag im Institut.

CONNY (Entfernt) Thomas?

THOMAS LEDARK Ich bin hier im Schlafzimmer, Schatz.

CONNY (Kommt näher) Ah, hier steckst du also. Was machst du?

THOMAS LEDARK Ich habe mir die Krawatte gebunden und richte gerade mein Videotagebuch ein. Wie geht es unserem Baby?

CONNY Es wächst. Fass meinen Bauch an, du kannst sie spüren.

THOMAS LEDARK Oh, sie bewegt sich.

CONNY Natürlich, im fünften Monat nicht ungewöhnlich. Thomas Ich liebe dich.

CONNY Wie schaltet man das Ding da ab?

THOMAS LEDARK Einfach auf Stopp drücken. Hey, was hast du vor?

CONNY Etwas bei dem ich nicht gern gefilmt werden möchte...(Klick)

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Page 14: Nanotransgen

PETER Ich schlage vor, wir machen im Boot weiter.

JOHN Peter hat Recht. Es wird Zeit. Bald beginnt die Dämmerung.

Erzähler Die Gruppe brach auf und erreichte ohne Zwischenfälle das Boot. Nachdem sie die Dekontaminationsschleuse durchlaufen und ihre Schutzanzüge abgelegt hatten, traf sich John Milström mit seinen Offizieren, um über Konsequenzen des heutigen Vorfalls zu beraten. Peter O'Bannon wollte sich unbedingt gleich an die Auswertung ihres Fundstückes machen, während Rosalin Carter den Weg zur Krankenstation einschlug.

ROSALIN Nun wie geht es Ihnen, Schätzchen?

VIRGINIA Ich habe ihn getötet. Ich bin schuld, durch meine...

ROSALIN Unsinn! Es war ein tragischer Unfall.

VIGINIA Ich werde mir das nie verzeihen können.

ROSALIN Als Ärztin wird Ihnen das noch öfter passieren, dass Menschen sterben. Gewöhnen Sie sich lieber daran.

VIRGINIA Es war grauenhaft.

ROSALIN Kommen Sie, wir werden etwas essen. Ich möchte, dass sie heute Abend mit zu Peter kommen, wir haben etwas gefunden.

EZÄHLER Nach dem Abendessen saßen Professor Rosalin Carter, Professor Peter O'Bannon, Dr. Virginia Houseman und der Commodore John Milström in O'Bannons geräumiger Kajüte zusammen.

PETER Geht's wieder? Wir haben alle schon Kollegen und Freunde auf diese Weise verloren.

VIRGINIA

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Page 15: Nanotransgen

So habe ich mir das nicht vorgestellt.

PETER Willkommen in der Realität.

JOHN Wir sollten die Daten vertraulich behandeln. Ich möchte keine weitere Unruhe unter der Mannschaft. Der Unfall heute reicht fürs Erste.

ROSALIN Nur wir vier werden die Auswertungen vornehmen.

COMPUTER 14.September 2053, 14:27 Uhr.

THOMAS LEDARK Mein Chef Professor Balthasar Van de Have hat mir meinen ersten Fall übertragen. Ein Bauer aus den Vierlanden hat unser Institut gebeten einige rätselhafte Todesfälle unter seinen Rindern zu untersuchen. Er ist der festen Überzeugung, dass der Futtermais, nicht in Ordnung gewesen ist... Conny hat sich langsam eingelebt. Sie hat ihre augenärztliche Praxis eröffnet. Ich freue mich sehr für sie.(Klick)

COMPUTER 16.September 2053, 10:32 Uhr

THOMAS LEDARK Ich habe mit Bauer Hansen telefoniert. Er mir erzählt, das er im letzten Jahr eine neue Maissorte von der Firma "Farmersbest" ausgesät hat. Das Besondere daran, so erklärte er mir, sei der hohe Stärkegehalt. Ein weiterer Vorteil: Diese Sorte enthalte weniger Wasser, was die Lagerfähigkeit der Körner erheblich steigert und so die Kosten senkt. Er verfütterte den Mais an seine Kühe. Nach einigen Monaten fingen sie an immer weniger Milch zu geben. Dann wurden die ersten Rinder krank.(Klick)

COMPUTER 2.Februar 2054, 22:35 Uhr.

THOMAS LEDARK (Leicht betrunken) Prost Thomas... Ich kann mein Glück kaum fassen. Conny hat heute unser Kind zur Welt gebracht. Einen Moment, den ich nie vergessen werde. Ich schwörs... Marlene, unsere Tochter ist toll und sooo süß... sie kam heute um 12:37 Uhr. Ich bin so stolz... Conny, ich liebe dich...(Klick)

COMPUTER

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Page 16: Nanotransgen

17.März 2054, 16:37 Uhr.

THOMAS LEDARK Ich habe heute einen Anruf von Bauer Hansen erhalten. Gestern sind zwölf Tiere elendig verreckt. Ich habe angeordnet, dass sie von einem Pathologen untersucht werden... Gestern haben wir Marlene in St. Michaelis taufen lassen. Viele Kollegen aus dem Institut waren da, auch Van de Have ist mit seiner Frau gekommen. Conny ist der größte Glücksfall meines Lebens.(Klick)

COMPUTER 17. Oktober 2054, 21:10 Uhr.

THOMAS LEDARK Ich habe das Ergebnis der Obduktion erhalten, war recht enttäuschend. Zumindest konnte der Pathologe die Todesursache feststellen. Alle Tiere starben an einem zu hohen Gehalt an Ammoniak in der Leber. Das verabreichte Futtermittel war aber in Ordnung. Das Massenspektrometer hat kein Ammoniak gefunden. Ich möchte eine genetische Untersuchung an Darm- und Magenzellen vornehmen und habe den Pathologen gebeten, mir Proben zu schicken.(Klick)

VIGINIA Klingt wie ein Defekt im Stoffwechsel Abbauprozess. So kann giftiges Ammoniak in der Leber angereichert werden.

JOHN Ist das eine Krankheit?

VIRGINIA Ja, früher schon. Eine genetische Prädisposition. Heutzutage haben wir die pränatale Diagnostik und können genetische Defekte bereits im fötalen Zustand behandeln.

COMPUTER 23. Oktober 2054, 11:42 Uhr.

THOMAS LEDARK Im Institut wurde eingebrochen. Die Gewebeproben sind verschwunden, noch bevor ich die Untersuchungen beginnen konnte. Van de Have meinte, wenn jemand ein solches Risiko auf sich nimmt, soll vielleicht Etwas vertuscht werden. Wir werden auf jeden Fall dran bleiben.(Klick)

COMPUTER 24.Mai 2055, 10:13 Uhr.

THOMAS LEDARK

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Page 17: Nanotransgen

Bauer Hansen berichtete, das ein Anwalt der International Novelfood Company ihm mit Klage gedroht hat, falls er weiterhin behaupten würde, die Todesfälle unter seinen Rindern stünden mit dem Futtermais in ursächlichem Zusammenhang. Ein Kalb ist gestorben. Er will mir das tote Tier vorbeibringen. Conny und ich hatten heute Morgen einen Streit wegen Marlene. Sie meinte, ich würde mich zu wenig um sie kümmern.(Klick)

COMPUTER 25.Mai 2055, 11:03 Uhr.

THOMAS LEDARK Bauer Hansen hat das tote Tier und einige Proben Mais vorbei gebracht... Marlene ist jetzt über ein Jahr alt und beginnt mit dem Laufen. Conny hat Recht. Die Arbeit im Institut ist sehr zeitintensiv.(Klick)

COMPUTER 17.Juni 2055, 19:38 Uhr.

THOMAS LEDARK Heute habe ich aus Magen und Darm des toten Tieres ein Gift-Eiweiß isolieren können, das nicht im Rahmen des Stoffwechsels abgebaut wurde. Eigentlich dürfte es gar nicht dort zu finden sein... Hatte einen fürchterlichen Streit mit Conny am Telefon. Ich weiß, seitdem ich diesen Fall bearbeite, sieht sie mich kaum noch. Ich muss mir mehr Zeit für unsere Tochter nehmen.(Klick)

COMPUTER 23.Juni 2055, 18:27 Uhr.

THOMAS LEDARK Ich konnte im Futtermittel ebenfalls das Eiweiß Toxin nachweisen. Alles deutet darauf hin, das diese Pflanze genetisch verändert wurde. Sie produziert ihr eigenes Pestizid, dass natürlicherweise nicht von Maispflanzen gebildet wird. Die Futtermittel und Saatgut Firma "Farmersbest" ist eine Tochter der Novelfood Company. Im Internet stieß ich auf einen Artikel aus Amerika. Dort hat sich vor einigen Wochen ein mysteriöses Tiersterben ereignet. Jonathan, ein ehemaliger Studienkollege aus Harvard war der Autor. Er ist jetzt Leiter der pflanzengenetischen Abteilung des EPA, der amerikanischen Umweltschutz-Behörde.(Klick)

PETER Können wir ans New Londoner Zentralarchiv herankommen?

JOHN

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Page 18: Nanotransgen

Wir könnten eine Datenleitung über Satellit aufbauen. Informationen dürfen nur von berechtigten Personen abgerufen werden. Aber als Stabsoffizier der Royal Navy gehöre ich natürlich dazu.

PETER Worauf warten wir dann noch?

ROSALIN Was willst Du wissen, Peter?

PETER Ich erinnere mich, dass es damals große Ernährungsprobleme gab. Die massive Zunahme der Weltbevölkerung, Bodenerosion und extreme Pestizidanwendungen. Ich würde gern erfahren, wie die Novelfood Company da reinpasst.

JOHN Geben sie mir bitte das Com-Interface. Eigentlich hätte man für die Datenverbindung sicher auch eine andere Stelle finden können als an der Wirbelsäule im Halsansatz.

VIRGINIA Die Züchtung einer, aus körpereigenen Knochenmasse hergestellten Steckverbindung aus einer Stammzelle, gestaltet sich als schwierig. Das Entscheidende dabei sind die neuronalen Leitungen, die sich mit den Nervenbahnen der Wirbelsäule fest verbinden.

JOHN Mein Gehirnimplantat hat eine Verbindung hergestellt. Der ID-Code muss noch eingegeben werden, den kann ich natürlich nicht verraten.

PETER Haben sie Angst wir würden auf Ihre Kosten einkaufen gehen?

JOHN Ahh, ich...was zum Teufel...ahh...

Atmo: Commodore fällt vom Stuhl auf den Boden. Macht Geräusche.

VIRGINA Commodore! Was ist mit Ihnen.

ROSALIN Er liegt am Boden. Seht, er bekommt Schaum vor dem Mund.

JOHN Die starren Augen. Das ist ein Overflow. Er hat einen neuronalen

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Overflow. Er verkrampft sich. Schnell bevor er stirbt!

VIRGINIA Ich löse die Verbindung. Ich brauche ein Stück Holz, er blutet schon aus dem Mund. Medizinische Abteilung?

NOTARZT (Über Funk) Ja bitte?

VIRGINIA Wir haben einen medizinischen Notfall. Ich brauche Benzodiazepin zur Lösung eines Muskelkrampfes. Der Commodore hat einen neuronalen Overflow.

PETER Hier geht das hier?

NOTARZT Bringe ich Ihnen sofort, Dr. Houseman. Soll ich...

VIRGINIA Machen Sie schon... Danke Peter, das geht. Er beißt sich sonst die Zunge ab. Commodore beißen Sie hier drauf!

ROSALIN John, wir sind bei Dir.

Atmo: Es klopft.

PETER Ich mach schon auf.

NOTARZT Ich bin selbst gekommen. Hier ist die Spritze Frau Kollegin. Ich habe noch das Notfallset mitgebracht für den Fall eines Herzstillstandes. Kommen Sie klar?

VIRGINIA Vielen Dank, Herr Kollege. Commodore gleich geht�s Ihnen besser. So... noch desinfizieren fertig. Die Spritze müsste jetzt wirken.

Atmo: Tür schließt sich.

JOHN (Etwas benommen) Danke, Dr. Houseman... das Interface... war wohl zu hoch für mich eingestellt.

ROSALIN

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Peter, du hättest den Commodore umbringen können.

PETER Es tut mir leid. Aber das Com-Interface ist auf die Datenrate meines Gehirn-Implantats eingestellt. Ich vergesse immer wieder, dass andere Menschen eine wesentlich niedrigere Verarbeitungsrate besitzen.

Atmo: Schritte. Schrankschloss dreht sich.

ROSALIN Was suchst du?

Atmo: Kramgeräusche.

PETER Diese Flasche habe ich von meinem Bruder. Ein 21 Jahre alter Single Malt! Ich glaube wir können jetzt alle Einen vertragen.

Atmo: Spind-Tür. Gläser klirren. Einschenken. Schritte Stühle rücken.

ROSALIN John, wie fühlst Du Dich?

JOHN Es geht wieder. Die Verbindung nach London steht aber. Wie Sie damit umgehen wissen Sie, Peter?

PETER Ja, klar. Tut mir wirklich leid, John. Hier Virginia für sie.

VIRGINIA Vielen Dank, Professor.

PETER Nennen Sie mich Peter. Sie haben etwas gut bei mir. Für dich, Rosalin.

ROSALIN Danke, Peter. Ich bin überrascht, so freundlich ist er sonst nicht. Er muss sie mögen, Schätzchen.

PETER Commodore! Hier, das wird Ihnen gut tun.

JOHN Danke, John. Wenn ich darf, würde ich gern einen Tost ausbringen. Auf die Zukunft und darauf, dass wir eine Haben. Dann wäre der

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Soldat heute nicht umsonst gestorben.

PETER Auf die Zukunft.

ROSALIN Und auf die Hoffnung.

VIRGINIA Auf die Hoffnung.

Atmo: Gläser klirren.

COMPUTER 25.Juni 2055, 05:54 Uhr.

THOMAS LEDARK Ich konnte mit Jonathan sprechen. Er bestätigte meine Ergebnisse und konnte weitere Informationen liefern. Es gibt Wechselwirkungen mit einer anderen Gensequenz, die den Wassergehalt der Pflanze reduzieren sollte. Diese Sequenz hat offensichtlich noch eine andere Eigenschaft: Sie potenziert den toxischen Grad des Eiweißes um ein Vielfaches... Conny wird ziemlich böse sein. Ich habe die ganze Nacht im Institut zugebracht.(Klick)

PETER International Novelfood Company. 2054 gab es drei konkurrierende Lebensmittelkonzerne weltweit, die den Markt für Lebensmittel weitgehend untereinander aufgeteilt hatten. Dieses Kartell besaß durch Biotechnologie, Patente auf alle gängigen Grundnahrungsmittel, die sich dadurch erheblich verteuerten. 16 Milliarden Menschen mussten weltweit ernährt werden.

ROSALIN Rüde Methoden der Landwirtschaft, vergifteten die Agrarflächen in vielen Ländern und verursachten erhebliche Schädigungen in den Böden.

PETER Entwicklungsländer mussten fast die Hälfte ihres Haushaltes für die Ernährung ihrer Bevölkerung ausgeben. Hungersnöte brachen aus und die Preise für Nahrungsmittel stiegen weiter.

ROSALIN Eine Spirale aus der es kein Entrinnen gab.

COMPUTER 2.August 2055, 10:34 Uhr.

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THOMAS LEDARK Es häufen sich Meldungen von Erkrankungen größerer Tierbestände überall auf der Welt. Viele Behörden blieben lange Zeit untätig, weil die Bauern den Zustand ihrer Tiere verheimlichten. Stattdessen versuchten sie, das Fleisch in den Handel zu bringen, um die Verluste in Grenzen zu halten. Aber auch die Milch ist mit dem Eiweiß belastet und verkauft worden. Der Alte hat eine Urlaubssperre verhängt. Conny wird das nicht gefallen. Wir wollten mit Marlene zu ihren Eltern fahren.(Klick)

COMPUTER 17.August 2055, 10:37 Uhr.

THOMAS LEDARK Das Bernhard-Nocht-Institut hat um meine Mithilfe gebeten. Verschiedene Kliniken haben den plötzlichen Anstieg seltsamer Todesfälle bei Kleinkindern und Säuglingen gemeldet. Bei den Obduktionen wurde giftiges Ammoniak in der Leber gefunden. Oh, mein Gott... Marlene. Ich muss Conny sofort Bescheid sagen. Marlene darf auf keinen Fall Kuhmilch bekommen...(Klick)

COMPUTER 03.September 2055, 14:22 Uhr.

THOMAS LEDARK Die Krankenhäuser melden eine Zunahme von schweren Stoffwechselerkrankungen bei Erwachsenen. Die Krankheit verlaufe immer gleich. Innerhalb von fünf Tagen, nach den ersten Symptomen, sterben die Menschen einen qualvollen Tod. Und immer ist eine zu hohe Dosis giftigen Ammoniaks in der Leber die Ursache.(Klick)

Atmo: Kurzes Schweigen. Klappernde Tastatur. VIRGINIA Eine heimtückische Vergiftung. Wenn man etwas merkte, war es bereits zu spät.

PETER Weltweit starben 800 Millionen Menschen an den Folgen.

VIRGINIA Die einzige Überlebenschance bestand in einer Transplantation der Leber. Die Technik Organe aus Stammzellen zu züchten war damals schon bekannt. Sie war nur sehr teuer. Außerdem spielte der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle. Eine neue Leber aus einer Stammzelle zu züchten dauert ca. vier Monate.

ROSALIN

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Die Krankheit aber führte innerhalb von fünf Tagen zum Tod.

VIRGINIA Mit einem portablen Leberdialysegerät hätte man den Zeitraum bis zur transplantationsfähigen Leber gut überbrücken können.

PETER Ja, aber diese Chance hatten nur Wenige, Wohlhabende.

COMPUTER 13.März 2056, 13:34 Uhr.

THOMAS LEDARK Heute war die Kriminalpolizei bei mir. Ich hätte Fahrerflucht begangen. Nun hat sich heraus gestellt, dass mein Auto gestohlen wurde. Ich hatte das nicht bemerkt, weil ich eine Nacht durchgearbeitet habe... Wie wird Conny das aufnehmen? Unser Verhältnis ist augenblicklich nicht das Beste. Wir hatten schon wieder einen Streit. Diese dauernden Belastungen setzen uns ganz schön zu.(Klick)

COMPUTER 16.März 2056, 14:56 Uhr.

THOMAS LEDARK Ich habe meinen Bericht vorgelegt. Durch das Eiweiß-Toxin wird ein Leberschaden verursacht, bei dem es zu Störungen im Stoffwechsel Abbauprozess kommt. Die Zahl der Neuerkrankungen ist drastisch zurückgegangen, allerdings ist sie noch immer viel zu hoch... Conny hat gerade angerufen und war völlig aufgelöst. Mein Name stünde in einer Boulevard Zeitung in Zusammenhang mit einer Fahrerflucht, dabei hat die Polizei mir versichert, dass ich nicht mehr als Verdächtiger in Frage käme.(Klick)

COMPUTER 23.März 2056, 9:21 Uhr.

THOMAS LEDARK Es sind neue Vorwürfe gegen mich erhoben worden. Die Presse schreibt, ich sei Alkoholiker und habe aus reiner Profilierungssucht meine Untersuchungen im Novelfood Skandal gefälscht. Meine Untersuchungsergebnisse werden angezweifelt. Der Aufsichtsrat des Institutes hat mich informiert, dass es eine förmliche Anhörung geben wird. Balthasar vermutet, dass Jemand sich viel Mühe gibt, mich unglaubwürdig erscheinen zu lassen...(Klick)

COMPUTER 4.April 2056, 16:20 Uhr.

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THOMAS LEDARK Wir haben beschlossen die Ursachen, für die zu hohe Zahl an Neuerkrankungen herauszufinden... Conny hat mir mitgeteilt sie halte es für besser, wenn wir eine Zeit lang getrennt leben, bis sich alles etwas beruhigt hat. Die Anhörung, die Belastungen durch immer neue Vorwürfe zerren an ihren Nerven.(Klick)

COMPUTER 16.September 2056, 15:10 Uhr.

THOMAS LEDARK Das Eiweiß Toxin ist extrem widerstandfähig und wird im Stoffwechselprozess nicht abgebaut. Durch den Dung der Rinder geriet es auf die Weiden und in die Böden. Wir konnten verschiedene Mikroorganismen isolieren, die dieses Eiweiß in sich trugen. Andere Tiere nehmen diese Organismen auf und der Kreislauf bis in die menschliche Nahrungskette vollzieht sich erneut.(Klick)

ROSALIN Wir haben für Morgen eine Expedition in die Gegend Vierlande eingeplant. Wir wollen Bodenproben nehmen und eine Reihe chemischer Analysen vornehmen.

JOHN Ihr müsst über den Fluss. Ich werde auf jeden Fall ein Statikerteam vorausschicken. Sie sollen die Brücken prüfen, ob sie dem Gewicht der Fahrzeuge standhalten.

Erzähler Die Gruppe löste sich auf und alle gingen müde zu Bett. Am nächsten Morgen fand die Einsatzbesprechung statt und das Statikerteam bekam letzte Instruktionen. Dann brach das Vorauskommando auf, während Rosalin und Peter im Labor die gefangenen Wespen studierten und sezierten. Es blieb nicht mehr viel Zeit, denn auch sie mussten los. Der Commodore bestand darauf, dass der Zeitplan eingehalten wurde.

Atmo: Schwere Fahrzeuge fahren. Mobile Labor Innen.

ROSALIN Die DNS der Nervenzellen wiesen einige Anomalien auf.

PETER Ich bin mir nicht sicher. Glaubst du, sie sind künstlich?

ROSALIN Keine Ahnung. Möglich.

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PETER Wenn es sich um Nanopartikel handeln würde, müsste man mit ihnen kommunizieren können.

VIRGINIA Ein Computer in der DNS? Verrückt.

PETER So kleine Bausteine gibt es schon lange. Sie werden von einem Quantencomputer gesteuert, der gerade mal etwas größer als ein Atom ist.

VIRGINIA Was hat so ein Ding in einem Insekt zu suchen?

ROSALIN Gute Frage, Schätzchen.

Erzähler Nach mehr als drei Stunden Fahrt erreichte der Konvoi das Tagesziel. In der Ferne hörte man ständig ein leichtes Summen und jeder wusste, eine Unachtsamkeit und sie waren da. Bodenproben, Luftanalysen, die Aufgaben waren umfangreich. Abends saßen sie dann alle vier wieder, bei Peter O'Bannon zusammen.

COMPUTER 11.Oktober 2056, 18:26.

THOMAS LEDARK Ich bin als Gutachter im Novelfood Prozess bestellt worden... Conny ist heute mit Marlene ausgezogen.(Klick)

COMPUTER 23. März 2057, 12:25 Uhr.

THOMAS LEDARK Der Aufsichtsrat hat das Geld für die Entwicklung eines Gegenmittels bereitgestellt ... Ich habe mit Conny verabredet, dass ich mir eine Wohnung suche und sie mit Marlene zurück in unser Haus zieht.(Klick)

COMPUTER 17.April 2058, 13:07 Uhr.

THOMAS LEDARK Heute rief mich Bauer Hansen an. Die Novelfood hat ihm eine großzügige Entschädigung gezahlt. Dafür rangen sie ihm die Zusage ab, öffentlich keinen Zusammenhang mehr zwischen den

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Todesfällen seiner Rinder und dem Mais herzustellen.(Klick)

COMPUTER 29.Mai 2058, 15:05 Uhr.

THOMAS LEDARK Der Prozess gegen die Novelfood hat begonnen. Es wurde der Antrag gestellt, mein Gutachten auszuschließen. Meine Daten seien nicht glaubhaft. Es wurden Zweifel an meiner Seriosität geäußert.(Klick)

COMPUTER 23.Oktober 2058, 16:35 Uhr

THOMAS LEDARK Der Schadensersatzprozess gegen die Novelfood ist eingestellt worden. Meine Ergebnisse haben nichts bewirkt.(Klick)

COMPUTER 11.November 2059, 14:35.

THOMAS LEDARK Wir haben EP-903 jetzt sooft getestet. Es besteht kein Zweifel mehr. Es funktioniert... Conny hat gesagt, dass sie die Scheidung will.(Klick)

COMPUTER 23. Februar 2060, 19:17 Uhr.

THOMAS LEDARK Ich bin für den europäischen Forschungspreis nominiert worden, für die Entwicklung von EP-903. Wir haben endlich ein Mittel das dieses Eiweiß-Toxin bindet. Die ganze Mühe hat sich schließlich doch gelohnt. Die EIGF ist von der europäischen Regierung beauftragt worden, einen Einsatzplan für einen Bio-Gau zu entwickeln. Es gebe zu viele genetische Altlasten in der Umwelt. Eine interessante Aufgabe... Bin gespannt was Conny zu meiner Nominierung sagt...(Klick)

JOHN Rosalin, was meint er mit genetischen Altlasten?

ROSALIN Früher zu Beginn des Einundzwanzigsten Jahrhunderts hat man Gentechnik mit reichlich steinzeitlich anmutenden Verfahren praktiziert. Ich geb Euch mal ein Beispiel, wie damals Genetiker und Biologen im Nebel des Lebens herumstocherten. Ein beliebtes Verfahren wurde Gen-Kanone genannt. Gene, die man neu in eine

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DNS einfügen wollte, wurden auf Metall-Partikel gepackt und in den Zellkern geschossen. Dabei konnte niemand kontrollieren, an welcher Stelle sich die Gensequenz nun in das Genom eingefügt hatte, oder gar wie viele Kopien davon in der DNS zu finden waren. Man ließ die Pflanze keimen und sah zu was passierte. Hatte man Glück, so konnten die Wissenschaftler vielleicht nach dem tausendsten Versuch die angestrebte Eigenschaft erhalten.

VIRGINIA Das klingt etwas nach Lotterie.

ROSALIN Viele, auf diese Art unfreiwillig erzeugten Eigenschaften wurden erst aktiv, als sich bestimmte Umstände änderten, so zum Beispiel Umweltfaktoren. Wechselwirkungen mit anderen Genen wurden damals gar nicht berücksichtigt. Erst allmählich erkannte man nämlich, dass Gene nicht isoliert wirken, sondern ihre Fähigkeiten durch den genetischen Hintergrund und durch die Umwelt mitbestimmt werden.

PETER Viele Menschen glaubten, dass Gene eine einfache Schablone seien, die nur sehr begrenzte Eigenschaften steuerten. Wie Teile eines Computerprogramms.

COMPUTER 19.Juni 2060, 14:25 Uhr.

THOMAS LEDARK Die Novelfood Company hat eine neue Entwicklung in der Biotechnologie eingeleitet. Sie haben ein künstliches Gen entwickelt, ein Nano-Gen, das in seinen Eigenschaften variabel ist und sich wechselnden Bedingungen anpassen kann... Heute hatten wir mit Kollegen des Bernhard-Nocht-Instituts ein ernstes Gespräch. Es gibt einen neuen Vogelgrippevirus, das viel gefährlicher ist, als alle seine Vorgänger. Das H5N7-Virus. Wie erste Forschungen belegen, besitzt es eine extrem hohe Mutationsbereitschaft... Heute ist unsere Scheidung rechtkräftig geworden. Ich fühle mich mies...(Klick)

PETER Ich hatte schon immer die Vermutung, dass sie damals an solchen Sachen gearbeitet haben.

ROSALIN Was meinst du?

PETER

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Nano-Gene! Nanopartikel, die verschiedenste Funktionen von natürlichen Genen nachbilden können. Wir haben doch diese ungewöhnlichen Strukturen in den Nervenzellen gefunden. Ein winzig kleiner Quantencomputer, der seine Energie, ähnlich wie die Zelle selbst, aus der Umwandlung von ATP zu ADP bezieht.

ROSALIN Adenosintriphosphat, John.

VIRGINIA Ohne ATP könnten wir nicht existieren. Das ist der Energieträger einer lebenden Zelle.

JOHN Vielen Dank für diese Erklärung, aber wozu wird ein Nano-Gen gebraucht?

PETER Man könnte je nach Bedarf die unterschiedlichsten Eigenschaften erzeugen. Komplexe Organismen, wie Pflanzen, Tiere, ja sogar Menschen könnten nachträglich mit geänderten Eigenschaften ausgestattet werden. Per Knopfdruck sozusagen.

JOHN Das ist ja wie Gott spielen.

PETER Das ist mehr, als sich Gott jemals ausgedacht hat.

COMPUTER 13.Dezember 2060, 20:32 Uhr.

THOMAS LEDARK Durch den Vogelzug im Herbst kamen viele infizierte Tiere nach Europa. Der Virus hat uns erreicht, wir sind aber gut vorbereitet... Conny hat erzählt wie gut sich Marlene in der Schule macht. Sie zeigt offenbar große Neigungen Dinge herauszufinden. Conny meinte, das seien wohl meine Eigenschaften, die sich da zeigen.(Klick)

COMPUTER 22.April 2061, 14:36.

THOMAS LEDARK Die Novelfood hat eine Reihe von Versuchsfeldern in Hamburg eingerichtet. Weizen und Rapspflanzen mit den Nano-Genen wachsen dort als nanotransgene Pflanzen heran. Ich wurde gebeten, ein Weizenfeld einmal genauer zu untersuchen... Um das Feld herum

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sind Sendeantennen aufgebaut worden. Der Bauer bestimmt mit einem portablen Analysegerät den Zustand seines Feldes. Findet er Pilzbefall oder Schadinsekten, identifiziert er die biologische Art mit einem Laptop. Das gleiche Programm steuert auch die Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung. Der Bauer gibt den Nano-Genen den Funkbefehl, ein passendes Toxin von der Pflanze produzieren zu lassen. Der besondere Vorteil ist, dass die Pflanze nur solange Toxine produziert, solange Schädlinge aktiv sind. Die Nano-Gene sind so programmiert, dass sie selbstständig die Pflanze veranlassen, die produzierten Toxine zu wechseln um Resistenzen vorzubeugen. Ich möchte noch eigene Untersuchungen anstellen, aber ich bin begeistert. Massive Pestizideinsätze und die Überlastungen der Böden durch weitere Chemie würden zukünftig vermieden.(Klick)

COMPUTER 21.September 2061, 15:21 Uhr.

THOMAS LEDARK Bei Bodenproben des abgeernteten Feldes habe ich in einigen Mikroorganismen die Nano-Gene gefunden. Alles hatte ich erwartet, aber das nicht. Wie kann das überhaupt sein... wie konnte es sich in ein völlig anderes Genom einbauen? Das sind höchst beunruhigende Neuigkeiten...(Klick)

COMPUTER 03.Oktober 2061, 12:31 Uhr.

THOMAS LEDARK Gerade komme ich aus dem Labor. Wir haben in verschiedenen Insekten Nano-Gene nachgewiesen... Der Vogelflug hat wieder angefangen. Die Vogelgrippe ist noch immer ein Thema... Das Verhältnis zu Conny wird besser. Wir hatten Befürchtungen, Marlene würde die Trennung nicht gut verkraften, aber sie entwickelt sich prächtig. Conny meinte, sie hätte schon einen Freund in der Schule... jetzt geht das auch schon los...(Klick)

COMPUTER 5.Januar 2062, 09:10 Uhr.

THOMAS LEDARK Wir bekommen schlimme Nachrichten aus Afrika und Asien. Eine tödlich verlaufende Grippeepidemie ist dort ausgebrochen. Nach ersten Untersuchungen könnte es sich um das H5N7 Virus handeln... Das Weihnachtsfest war sensationell. Conny und ich hatten beschlossen, das Fest beschaulich anzugehen. Wir mieteten ein Haus in Dänemark mit Schwimmbad, Sauna, so richtig zum Wohlfühlen. Ich habe den Weihnachtsmann gespielt... Hohoho, wer kommt denn

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da von Draußen rein... Wir hatten viel Spaß zusammen. Conny und ich... wir sind wieder zusammen... (Klick)

JOHN Wir haben früher gelernt, dass Weihnachten 2061 die ersten Fälle auftraten.

PETER Richtig. Zuerst in Tansania und dann im Norden von Thailand. In nicht mal 2 Jahren starben über 90% Prozent der Weltbevölkerung und fast alle Landtierarten.

ROSALIN Die verschiedenen Impfstoffe funktionierten nicht, obwohl die nachgewiesenen Antikörper eindeutige Merkmale aufwiesen. Sie hätten wirken müssen.

COMPUTER 13.Januar 2062, 15:35 Uhr.

THOMAS LEDARK Für das Institut wurde Urlaubssperre verhängt. Man spürt förmlich die Angst vor dem Virus. Wir sollen alle mit einem neu entwickelten Impfstoff der Amerikaner versorgt werden. Ich habe gerade Conny angerufen. Ich möchte das sie und Marlene sich ebenfalls impfen lassen. Sie können die Impfungen hier bei uns im Institut erhalten.

COMPUTER 17.Januar 2062, 12:35 Uhr.

THOMAS LEDARK Die Nachrichten werden immer unheimlicher. 13 Millionen Tote in nur zwei Wochen in Afrika. In Asien wurde die Grenze von 20 Millionen Toten überschritten. Es verbreitet sich rasant... Heute Morgen haben wir unsere Impfungen bekommen. Conny, Marlene und ich. Jetzt bin ich etwas beruhigter.(Klick)

COMPUTER 23.Januar 2062 23:23 Uhr.

THOMAS LEDARK Amerika und Europa haben viel zu spät die Grenzen geschlossen. In Amerika sind die ersten Fälle aufgetreten. In Italien und Spanien ebenfalls. Die neuesten Zahlen aus Asien und Afrika lassen nichts Gutes ahnen. China hat bereits 34 Millionen Tote. Der afrikanische Kontinent beklagt nach Schätzungen bereits mehr als 80 Millionen Tote. Langsam brechen dort die Infrastrukturen zusammen. Sie können nicht einmal mehr die Leichen wegschaffen. Wir

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untersuchen schon seit einiger Zeit Vögel und sind dabei auf Nano-Gene im Darm einer Amsel gestoßen.(Klick)

COMPUTER 27.Januar 2062, 23:53 Uhr.

THOMAS LEDARK Wir haben die Novelfood aufgefordert die Basisprogrammierung der Nano-Gene offen zu legen - was sie verweigerten. Auf Ersuchen der europäischen Regierung haben die amerikanischen Behörden die Forschungseinrichtungen der Novelfood durchsuchen lassen und ein Haufen Unterlagen beschlagnahmt.(Klick)

COMPUTER 14.Februar 2062, 15:04 Uhr.

THOMAS LEDARK In den Medien wurde gezeigt, wie Tausende Leichen an den Stadträndern verbrannt werden. Auch Hamburg bekommt zunehmend Probleme. Ausgangssperren, der Flughafen und die Bahnhöfe geschlossen... Wasserstoff für die Autos gibt es kaum noch. Schulen, Kindergärten, Theater, Kinos alles zu. Ich mache mir große Sorgen um meine Familie...(Klick)

COMPUTER 23.Februar 2062, 12:22 Uhr.

THOMAS LEDARK Balthasar hat uns allen mitgeteilt, dass auch der Impfstoff, der Amerikaner nicht wirkt. Das Virus ändert praktisch von Generation zu Generation, seine Struktur... Wir haben verschiedene Testreihen laufen und die Reaktionen die wir erhielten, lassen nur einen Schluss zu: Die Nano-Gene zeigen intelligentes Verhalten.(Klick)

PETER Das wäre möglich. Durch die verschiedenen Wirte der Nano-Gene wurden diverse Überlebensstrategien dem Basisprogramm hinzugefügt. Die Basisprogrammierung ist aber entscheidend für die intelligente Entwicklung.

VIRGINIA Erinnert mich an Versuche im Computer Evolution nachzubilden?

ROSALIN Ein "evolutionärer Algorithmus"?

PETER Du müsstest die beiden entscheidenden Grundsätze für eine

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erfolgreiche Evolution ins Basisprogramm zu schreiben.

ROSALIN Überlebe, tue alles um zu überleben. Vermehre dich, tue alles um deine Informationen weiterzugeben.

COMPUTER 23.März 2062, 13:34.

THOMAS LEDARK Dieser Gestank ist unerträglich geworden. Der süßliche Geruch der Verwesung dringt aus allen Poren dieser Stadt, seitdem auch die Tiere vom Virus betroffen sind. Leichen und Kadaver werden mit LKWs abtransportiert und verbrannt. 470.000 Hamburger sind bereits tot. Die Situation wird immer verzweifelter. Ich fürchte, das ist da Ende... Conny hat angerufen, Marlene ist krank. Ich habe Conny gebeten, sie ins Bernhard-Nocht-Institut zu bringen. Habe gerade mit den Kollegen drüben gesprochen... (Klick)

COMPUTER 25.März 2062 23:34.

THOMAS LEDARK Ich habe in der DNS des Virus die Nano-Gene gefunden. Es besteht kein Zweifel mehr. In Hamburg ist das Virus damit in Berührung gekommen... Marlene liegt auf der Isolierstation und ich konnte sie nur in einem Schutzanzug besuchen. Ich mache mir große Sorgen um sie, ihr Zustand verschlechtert sich Zusehens.(Klick)

VIRGINIA Die Nano-Gene könnten bei infizierten Vögeln über die Darmwand in die Blutbahnen eingeschwemmt worden sein und so mit dem Virus H5N7 zusammentreffen. Dann haben sie sich in das Virus eingeschleust.

ROSALIN Das Virus hat seine Überlebensstrategien auch an die Nano-Gene weitergegeben?

PETER Worauf die Nano-Gene, nun mit neuen Eigenschaften ausgestattet, seinen Wirtskörper das Virus zu schützen begann, indem es seine Mutationsfähigkeit nutzte und das Virus laufend veränderte. Der Nano-Computer hatte ja diverse Strategien zur Auswahl und entwickelte auf dieser Grundlage sein Programm selbstständig weiter.

VIRGINIA

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Deshalb funktionierte auch kein Impfstoff.

ROSALIN Das Virus attackierte andere Säugetierarten und sogar Reptilien wurden nicht verschont. Aber jetzt scheint es vollständig verschwunden zu sein. Bei all unseren Proben konnten wir kein Virus nachweisen.

COMPUTER 26.März 2062 07:23.

THOMAS LEDARK Ich habe seit zwei Tagen nicht geschlafen. Conny ist unten im Gästezimmer untergebracht. Ich weiß nicht wie ich ihr erklären soll... sie hat noch immer Hoffnung das ich ein Mittel finde... Mein Gott... ich muss es aufhalten... ich muss einfach... es muss doch einen Weg geben...(Klick)

COMPUTER 29. März 2062 14:54.

THOMAS LEDARK Marlene ist vor einer halben Stunde gestorben. Conny, habe ich noch nie so gesehen... unsere Tochter... Sie hat mir vorgeworfen, ich hätte nicht hart genug an einem Gegenmittel gearbeitet. (Unterdrückt seine Tränen) ...ich hätte unsere Tochter auf dem Gewissen... (Bricht in Tränen aus), ich habe nicht hart genug gearbeitet...(Klick)

COMPUTER 05. April 2062, 13:23.

THOMAS LEDARK Die Infrastruktur in Hamburg ist zusammengebrochen. U-Bahn, Busse - nichts fährt mehr. Lebensmittel werden knapp... Gestern war die Einäscherung Marlenes. Conny hat seitdem nicht mehr mit mir gesprochen... Balthasar ist auch krank... Die bisherigen Ergebnisse, habe ich ins Netz gestellt, in der Hoffnung... Jemand muss doch einen Weg wissen...(Klick)

COMPUTER 12.April 2062, 22:34.

THOMAS LEDARK Ich werde das Sendesystem nachbauen, das ich im Weizenfeld gesehen habe. In der letzten Mail, die ich von Jonathan erhalten habe, war so etwas dabei wie ein Code und ein Programmschlüssel. Ich bin kein Computerexperte aber vielleicht... Hust, Hust. Ich habe mich wahrscheinlich angesteckt und wohl nicht mehr viel Zeit.

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(Klick)

COMPUTER 13.April 2062, 9:34.

THOMAS LEDARK Meine Schwiegermutter hat angerufen. Conny ist krank. Ihr geht es sehr schlecht - sie will mich sehen. Ich fahre hin... habe noch einige Sonderrationen Treibstoff... hust, hust...(Klick)

COMPUTER 14. April 2062, 11:42.

THOMAS LEDARK Hust, Hust, Conny wird sterben und sie weiß es. Sie wollte mich sehen... und hat sich entschuldigt... sie weiß, wie hart ich gearbeitet habe... Conny sagte mir, dass sie mich liebt und dass ich unbedingt weitermachen müsste... Conny, ich liebe Dich auch, bitte stirb nicht...(Klick)

COMPUTER 16.April 2062, 19:19.

THOMAS LEDARK ...die Codes und der Programmschlüssel... noch immer kein Ergebnis... Conny ist tot... ihr Vater hat angerufen. Ich bin zu schwach um zu ihrer Einäscherung... ich muss weitermachen solange ich noch kann... für Conny...(Klick)

COMPUTER 23.April 2062, 18:23.

THOMAS LEDARK Ich kann mit ihnen kommunizieren... und konnte die Nano-Gene abschalten... es funktioniert... aber zu spät... ich sterbe, vielleicht wird jemand diese Nachricht hören... sie... die Insekten... sie ziehen sich... sie werden...(Klick)

ROSALIN Wir haben bei unseren Untersuchungen entdeckt, dass die Nano-Gene bei Insekten nur in die DNS der Nervenzellen auftauchen.

PETER Wenn die Nano-Gene absichtlich in die Nervenzellen gewandert sind, wäre das eine mögliche Erklärung für die Verhaltensänderung der Tiere. Wir brauchen die Codes und den Programmschlüssel von der NFC.

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ROSALIN Das Nano-Gen hat die Kontrolle über den Wirtskörper übernommen. Natürlich. Die Wespen wurden ausgewählt, weil ihre Körper ideal waren.

JOHN Sie sind also nicht mutiert, sondern werden gesteuert?

ROSALIN Sie dürften sich wieder normal verhalten, wenn die Nano-Gene neutralisiert sind. Und das Virus?

VIRGINIA Konnte nicht überleben, weil keine Wirtskörper mehr verfügbar waren.

ROSALIN Deshalb haben sich die Nano-Gene auch in die Insekten zurückgezogen.

PETER Das war es, was Thomas uns zum Schluss noch sagen wollte.

JOHN Wollen ihr sagen wir könnten uns eines Tages wieder ohne Schutzkleidung draußen bewegen? Ein normales Leben führen?

ROSALIN Ja, John. Wir bekommen eine zweite Chance.

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