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Algebraische Zahlentheorie
Prof. J. SanderUniversitat Hannover
SS 2002
LATEX2ε-Umsetzung von Miriam Westerfrolke und Marco Pries
INHALTSVERZEICHNIS 1
Inhaltsverzeichnis
1 Algebraische Zahlen 2Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Algebraische Zahlen und Zahlkorper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Satz 1.15 (vom primitiven Element) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Norm, Spur und Diskriminante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Ganzalgebraische Zahlen und Ganzheitsbasen . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Satz 1.44 (Kriterium von Stickelberger) . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Satz 1.45 (von Kronecker) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Faktorisierung und Teilbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2 Arithmetik in Zahlkorpern 50Quadratische Zahlkorper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50Kreisteilungskorper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Einheiten in Ganzzahlringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68Geometrie der Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Satz 2.19 (Minkowskis Gitterpunktsatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Satz 2.20 (Minkowskis Linearformensatz) . . . . . . . . . . . . . . . . 78Satz 2.26 (von Hermite) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Dirichlets Einheitensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Satz 2.29 (Dirichlets Einheitensatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
3 Idealtheorie 94Eigenschaften von Idealen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Satz 3.15 (Chinesischer Restsatz fur Ideale) . . . . . . . . . . . . . . . 104Hauptidealringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109Normen von Idealen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113Idealformen und Klassengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Index 127
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 2
1 Algebraische Zahlen
1.1. Grundlagen
Die algebraische Zahlentheorie verallgemeinert das Konzept der gewohnlichen ganz-
rationalen Zahlen
Z = {. . . ,−2,−1, 0, 1, 2, . . .}
auf andere Zahlenbereiche. Eine wesentliche Triebfeder fur die Entwicklung der
Theorie im 19. Jahrhundert war das Fermat’sche Problem, die Unlosbarkeit der
Gleichung
xn + yn = zn
fur n ∈ N≥3 in ganzen Zahlen x, y, z ∈ Z \ {0} zu zeigen.
Die Elemente von Z lassen sich charakterisieren als die Nullstellen linearer Polynome
f(x) = x− a ∈ Z[x]. Wir verallgemeinern dies zu
Definition 1.1
Sei α ∈ C Nullstelle des Polynoms
f(x) = xd + ad−1xd−1 + · · ·+ a1x + a0 ∈ Z[x]
fur ein d ∈ N. Ist α nicht Nullstelle eines solchen Polynoms von geringerem Grad,
so heißt α ganzalgebraisch vom Grad d.
Beispiel:
Die Zahlen a + b√−1 = a + bi mit a, b ∈ Z, b 6= 0, sind ganzalgebraisch vom Grad
2, denn sie sind Nullstellen von f(x) = x2 − 2ax + a2 + b2, aber wegen b 6= 0
nicht Nullstellen eines linearen Polynoms. Zu Ehren von Gauß, der diese Zahlen
untersuchte, heißt
Z[i] := {a + bi : a, b ∈ Z}
Menge der ganzen Gauß’schen Zahlen.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 3
Wir beobachten, daß die Primzahl 5 ∈ Z in Z[i] nicht mehr prim ist, denn wir haben
die Faktorisierung
5 = (2 + i)(2− i).
Da allgemeiner jede Primzahl p ≡ 1 mod 4 sich als Summe von zwei Quadraten
darstellen lasst, d.h. p = a2 + b2 fur gewisse a, b ∈ Z, folgt die Zerlegung
p = (a + bi)(a− bi).
Das Verstandnis der Faktorisierung ganzalgebraischer Zahlen ist das Kernanliegen
der algebraischen Zahlentheorie.
Definition 1.2
Sei R ein kommutativer Ring mit Einselement 1 = 1R.
(i) α ∈ R heißt Einheit in R, falls es ein β ∈ R gibt derart, dass αβ = 1R.
(ii) Ein γ ∈ R, γ 6= 0, heißt irreduzibel, sofern γ keine Einheit ist und nur
Faktorisierungen der Gestalt γ = σ · u mit σ ∈ R und einer Einheit u ∈ R
zulaßt. Derartige Zerlegungen heißen trivial.
(iii) Falls α = u · β mit α, β ∈ R und einer Einheit u ∈ R gilt, so heißen α und β
assoziiert (zueinander).
(iv) Eine ganzalgebraische Zahl α ∈ R heißt eindeutig zerlegbar in R, wenn zwei
Zerlegungen von α in irreduzible Elemente sich nur in der Reihenfolge der
Faktoren oder um Einheitsfaktoren unterscheiden. D.h. Faktorisierung ist ein-
deutig bis auf Reihenfolge und Assoziierte.
Beispiele:
Es lasst sich leicht nachrechnen, dass die Zerlegung 5 = (2+i)(2−i) in Z [i] eindeutig
ist. Demgegenuber haben wir in Z[√
10]
6 = 2 · 3 = (4 +√
10)(4−√
10),
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 4
wobei alle Faktoren irreduzibel sind und 2, 3 nicht assoziiert zu 4 +√
10, 4 −√
10
sind. Also ist 6 in Z[√
10] nicht eindeutig zerlegbar.
Vorsicht: In Z[√
3] ist
6 = 2 · 3 = (3 +√
3)(3−√
3).
Trotzdem ist 6 eindeutig zerlegbar, denn die vier Faktoren sind nicht irreduzibel:
2 = (−1+√
3)(1+√
3), 3 =√
3·√
3, 3+√
3 =√
3(1+√
3), 3−√
3 =√
3(−1+√
3).
Die Nichteindeutigkeit der Zerlegung ganzalgebraischer Zahlen in gewissen Ganz-
zahlbereichen erfordert Untersuchungen, die in Z nicht notig sind.
Definition 1.3
Sei α ∈ R, α 6= 0, eine ganzalgebraische Zahl.
(i) Wir sagen: α teilt β ∈ R, geschrieben α | β, falls es ein γ ∈ R gibt mit β = αγ.
(ii) Ist α keine Einheit in R, so nennen wir α prim, falls fur alle β, γ ∈ R gilt:
α | βγ =⇒ α | β oder α | γ.
Die Unterscheidung zwischen irreduziblen und primen Elementen bei ganzalgebrai-
schen Zahlen, die in Z bedeutungslos ist, spielt dort eine wesentliche Rolle, wo keine
eindeutige Faktorisierung vorliegt. Ware jedes irreduzible Element prim, so wurde
ein simples Induktionsargument uber die Anzahl der irreduziblen (primen) Faktoren
zeigen, dass die Faktorisierung eindeutig ist (so wird die Eindeutigkeit der Primfak-
torzerlegung in Z bewiesen).
Beispiel:
Es lasst sich zeigen, dass die irreduziblen Zahlen 2, 3, 4±√
10 ∈ Z[√
10] nicht prim
sind. Wir sagen: Z[√
10] besitzt keine eindeutige Faktorisierung.
Eine besonders intensiv studierte Klasse von ganzalgebraischen Zahlen bilden die
sogenannten Einheitswurzeln.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 5
Definition 1.4
Sei n ∈ N. Eine Nullstelle ζn ∈ C des Polynoms xn−1 heißt primitive n-te Einheits-
wurzel, sofern ζdn − 1 6= 0 fur alle d < n.
Die Fermat-Gleichung xn + yn = zn lasst sich mit Hilfe primitiver n-ter Einheits-
wurzeln faktorisieren. Ist ζn eine primitive n-te Einheitswurzel, so gilt
zn = xn + yn = (x + y)(x + ζn y)(x + ζ2n y) · . . . · (x + ζn−1
n y).
Hat die Gleichung eine Losung x, y, z ∈ Z, so haben wir also xn + yn in Z[ζn] fakto-
risiert.
Der kleinste Korper, in dem Z liegt, ist Q. Entsprechend gibt es zu jedem Ganzzahl-
bereich in C einen eindeutigen kleinsten Korper, der ein Teilkorper von C ist und
den Ganzzahlbereich enthalt.
Definition 1.5
Sei α ∈ C Nullstelle des Polynoms
f(x) = adxd + ad−1xd−1 + · · ·+ a1x + a0 ∈ Z[x]
fur ein d ∈ N. Ist α nicht Nullstelle eines solchen Polynoms von geringerem Grad,
so heißt α algebraisch vom Grad d.
Ist α eine algebraische Zahl vom Grad d, so nennen wir den Erweiterungskorper
Q(α) von Q einen algebraischen Zahlkorper vom Grad d uber Q erzeugt von α.
Bemerkungen:
(i) Betrachten wir Q(α) als Vektorraum uber Q, so ist der Grad d die Dimension
von Q(α) uber Q. Eine Basis ist 1, α, α2, . . . , αd−1.
(ii) Der kleinste algebraische Zahlkorper ist Q selbst, wobei selbstverstandlich d =
1 ist. Eine einfache Korpererweiterung Q(α) ist der kleinste Korper, der Q und
α enthalt.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 6
(iii) Cantor bewies, dass die Menge aller algebraischen Zahlen (beliebigen Gra-
des) abzahlbar ist. Da R und somit C uberabzahlbare Mengen sind, existieren
uberabzahlbar viele nichtalgebraische Zahlen, genannt transzendente Zahlen.
Beispiele sind e und π.
Im Jahre 1847 stellte Lame eine Grundidee von Liouville vor, um die Fermat-
Vermutung zu beweisen: Sind in der Zerlegung
zn = (x + y)(x + ζn y)(x + ζ2n y) · . . . · (x + ζn−1
n y)
die Faktoren auf der rechten Seite paarweise teilerfremd, so gilt fur 0 ≤ j ≤ n− 1
x + ζjn y = zn
j
mit gewissen zj. Liouville bemerkte, dass dieser Schluss die eindeutige Faktorisierung
in Z[ζn] voraussetzt. Es stellte sich jedoch heraus, dass dies im Allgemeinen nicht
gilt. Kummer uberwand die Schwierigkeit durch Einfuhrung sogenannter ”idealer
Zahlen“, fur die sich die Eindeutigkeit der Faktorisierung zeigen lasst.
Definition 1.6
Sei R ein kommutativer Ring. Eine Menge I ⊆ R, I 6= ∅, heißt Ideal in R, falls gilt:
(i) α, β ∈ I =⇒ α− β ∈ I;
(ii) α ∈ I, r ∈ R =⇒ αr ∈ I.
Beispiel:
Die Mengen
(2) := {2a + 2b√
10 : a, b ∈ Z} , (3) := {3a + 3b√
10 : a, b ∈ Z}
sind Ideale in Z[√
10]. Da sie jeweils von einem einzigen Element erzeugt werden
(d.h. (2) = 2 · R), sprechen wir von Hauptidealen. Das Produkt der beiden Ideale,
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 7
d.h. die Menge aller endlichen Summen von Produkten der Elemente der beiden
Ideale, ergibt sich zu
(6) = {6a + 6b√
10 : a, b ∈ Z} = (2) · (3).
Zwecks eindeutiger Faktorisierung von Idealen mussen wir das Konzept der Primzahl
in Z auf Ideale ubertragen.
Definition 1.7
Seien I 6= {0} und J Ideale in einem kommutativen Ring R mit Identitat 1R.
Wir sagen: I teilt J , geschrieben I | J , falls es ein Ideal H in R gibt mit J = H · I.
Ein Ideal P in einem Ring R ganzalgebraischer Zahlen heißt Primideal, falls fur alle
Ideale I, J ⊆ R gilt
P | I · J =⇒ P | I oder P | J .
Beispiel:
In Fortsetzung des obigen Beispiels haben wir (2) | (6) und (3) | (6) in Z[√
10]. Wir
verwenden folgende Kurzschreibweise fur Ideale:
[2,√
10] := 2Z+√
10Z , [3,±1 +√
10] := 3Z+ (±1 +√
10)Z .
Dabei stellen sich alle drei Ideale als Primideale in Z[√
10] heraus. Wir haben
(2) = [2,√
10]2 und (3) = [3, 1 +√
10] · [3,−1 +√
10]
und somit – wie sich zeigen lasst – eine eindeutige Primidealzerlegung von (6) in
Z[√
10].
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 8
1.2. Algebraische Zahlen und Zahlkorper
Definition 1.8
Sei E ein Erweiterungskorper eines Grundkorpers F . Ein α ∈ E heißt algebraisch
uber F , falls fur ein Polynom f(x) ∈ F [x]\{0} gilt f(α) = 0. Ist α nicht algebraisch
uber F , so heißt α transzendent uber F. Sind alle Elemente von E algebraisch
uber F , so nennen wir E algebraische Erweiterung von F, andernfalls transzendente
Erweiterung von F.
Satz 1.9
Sei F ein algebraischer Zahlkorper (d.h. eine algebraische Erweiterung von Q). Zu
algebraischen α ∈ C uber F existiert eindeutig das sogenannte Minimalpolynom
mα,F (x) ∈ F [x] \ {0} von α uber F , d.h. mα,F (x) hat fuhrenden Koeffizienten 1
und minimalen Grad derart, dass mα,F (α) = 0. Ist umgekehrt α Nullstelle eines
irreduziblen Polynoms f(x) ∈ F [x] \ {0} mit fuhrendem Koeffizienten 1, so ist
f(x) = mα,F (x). Außerdem gilt fur jedes Polynom f(x) ∈ F [x] mit f(α) = 0, dass
mα,F (x) | f(x).
Beweis:
Es existiert ein f(x) ∈ F [x] \ {0} mit f(α) = 0. Durch Abspalten von Faktoren
und Division durch den hochsten Koeffizienten erhalten wir ”ein“ Minimalpolynom
g(x) ∈ F [x] \ {0} von α uber F . Sei h(x) ∈ F [x] irgendein Polynom mit h(α) =
0. Bekanntlich ist F [x] ein euklidischer Ring (fur jeden Korper F ), d.h. es gibt
q(x), r(x) ∈ F [x] derart, dass
h(x) = q(x) · g(x) + r(x),
wobei 0 ≤ deg r < deg g oder r(x) = 0. Wegen h(α) = g(α) = 0 folgt r(α) = 0
im Widerspruch zum minimalen Grad von g, es sei denn r(x) = 0. Also haben
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 9
wir g(x) | h(x). Ware f(x) ein anderes Minimalpolynom von α uber F , so folgte
g(x) | f(x) und f(x) | g(x), d.h. f(x) = c · g(x) fur ein c ∈ F . Wegen fuhrender
Koeffizienten 1 in f und g bleibt nur c = 1, also f(x) = g(x) =: mα,F (x).
2
Korollar 1.10
Ein irreduzibles Polynom uber einem algebraischen Zahlkorper F hat nur einfache
Nullstellen in C.
Beweis:
Sei f(x) ∈ F [x] irreduzibel mit einer doppelten Nullstelle α, d.h.
f(x) = (x− α)2 · g(x)
fur ein Polynom g(x) uber C. Wegen f(α) = 0 folgt aus Satz 1.9, dass mα,F (x) | f(x).
Da f irreduzibel ist, bleibt nur f(x) = b ·mα,F (x) fur ein b ∈ F . Wir haben
f ′(x) = 2(x− α)g(x) + (x− α)2g′(x)
also f ′(α) = 0, wobei selbstverstandlich f ′(x) ∈ F [x]. Erneute Anwendung von Satz
1.9 liefert mα,F (x) | f ′(x). Es ergibt sich der Widerspruch
deg mα,F (x) ≤ deg f ′(x) = deg f(x)− 1 = deg mα,f (x)− 1.
2
Beispiel:
Sei F = Q(i) und sei α = ζ8 = (1+ i)/√
2 eine primitive 8. Einheitswurzel. Offenbar
gilt ζ28 = i, also ist mζ8,F (x) = x2 − i ∈ F [x]. Dagegen ist
mζ8,Q(x) = x4 + 1 .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 10
Korollar 1.11
Sei α algebraisch uber einen Zahlkorper F mit Minimalpolynom mα,F (x). Dann
besitzt die einfache algebraische Erweiterung F (α) (d.h. der kleinste Korper, der F
und α umfasst) die Eigenschaft, dass jedes β ∈ F (α) eine eindeutige Darstellung
der Gestalt
β =d−1∑
j=0
ajαj ∈ F [α]
hat, wobei d = deg mα,F .
Beweis:
Jedes β ∈ F (α) besitzt eine Darstellung β = f(α)/g(α) mit Polynomen f(x), g(x) ∈
F [x] und g(α) 6= 0. Nach Satz 1.9 folgt mα,F (x) - g(x), also sind g(x) und mα,F (x)
teilerfremd. Dabei gibt es im euklidischen Ring F [x] Polynome s(x) und t(x) derart,
dass
s(x)g(x) + t(x)mα,F (x) = 1.
Wegen mα,F (α) = 0 ist s(α) = 1/g(α), also β = f(α)/g(α) = f(α) ·s(α). Wir setzen
h(x) := f(x) · s(x) ∈ F [x]. Dazu existieren Polynome q(x), r(x) ∈ F [x] mit
h(x) = q(x) ·mα,F (x) + r(x),
wobei 0 ≤ deg r < deg mα,F oder r(x) = 0. Wegen mα,F (α) = 0 folgt β = h(α) =
r(α), d.h. β besitzt eine Darstellung in gewunschter Form.
Zum Beweis der Eindeutigkeit von r(x) sei v(x) ∈ F [x] mit deg v(x) ≤ d − 1 und
v(α) = β. Damit ist r(α)− v(α) = 0, d.h. r(x)− v(x) ∈ F [x] mit deg(r− v) ≤ d− 1
besitzt die Nullstelle α. Dies widerspricht deg mα,F (x) = d außer fur r(x)−v(x) = 0,
also r(x) = v(x).
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 11
Korollar 1.12
Sei F ⊆ E ⊆ C mit einem Erweiterungskorper E eines algebraischen Zahlkorpers F .
Fur α ∈ E ist F (α) eine endliche Erweiterung von F (d.h. F (α) hat als Vektorraum
uber F endliche Dimension d, geschrieben [F (α) : F ] = d) genau dann, wenn α
algebraisch uber F ist. In diesem Fall gilt
[F (α) : F ] = deg mα,F .
Beweis:
”=⇒“
Sei [F (α) : F ] = d ∈ N. Dann sind 1, α, α2, . . . , αd linear abhangig uber F (in jedem
Vektorraum der Dimension d sind d + 1 Elemente linear abhangig), d.h. α erfullt
eine Polynomgleichung vom Grad d.
”⇐=“
Ist α algebraisch uber F , so lasst sich nach Korollar 1.11 jedes Element von F (α)
als Linearkombination von 1, α, α2, . . . , αd−1 mit d = deg mα,F eindeutig darstellen.
Es folgt [F (α) : F ] = d < ∞.
2
Satz 1.13
Sei E ein Erweiterungskorper eines Korpers F und K die Menge aller algebraischen
Elemente von E uber F . Dann ist K eine algebraische Korpererweiterung von F . Ist
dabei K = F (X) fur eine endliche Menge X ⊆ K, so ist K eine endliche Erweiterung
von F .
Beweis:
Um zu zeigen, dass K ein Korper ist, genugt der Nachweis der Abgeschlossenheit
bezuglich Addition, Multiplikation und Inversenbildung. Dafur wiederum ist hinrei-
chend, fur α, β ∈ K zu folgern, dass α+β ∈ K und α/β ∈ K (β 6= 0) (dies impliziert
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 12
auch α− β ∈ K und α · β ∈ K). Seien
mα,F (x) =dα∏
i=1
(x− αi) bzw. mβ,F (x) =dβ∏
j=1
(x− βj)
mit dα = deg mα,F und dβ = deg mβ,F die Minimalpolynome von α bzw. β. Wir
bilden die Polynome
fα+β(x) :=dα∏
i=1
dβ∏
j=1
(x− (αi + βj))
und
fαβ(x) :=dα∏
i=1
dβ∏
j=1
(x− αiβj) .
Nach dem Satz uber elementarsymmetrische Funktionen sind fα+β(x) und fαβ(x) ∈
F [x]. Damit sind α + β und αβ algebraisch uber F , d.h. sie liegen in K. Das Po-
lynom xdβmβ,F (1/x) ∈ F [x] hat die Nullstelle 1/β, also liegt 1/β in K. Das obige
Argument impliziert somit, dass auch α/β = α · 1/β ∈ K.
2
Korollar 1.14
Die Menge Q aller algebraischen Zahlen in C ist ein Teilkorper von C (Q ist der
algebraische Abschluß von Q).
Satz 1.15 (vom primitiven Element)
Ist F endliche Erweiterung von Q und E endliche Erweiterung von F , so ist E =
F (α) fur ein α ∈ Q. Insbesondere sind alle endlichen Erweiterungen von Q von der
Form Q(α) fur ein geeignetes α ∈ Q.
Beweis:
Sei [E : F ] = d ∈ N. Fur jedes γ ∈ E sind 1, γ, γ2, . . . , γd linear abhangig uber F ,
d.h.d
∑
j=0qjγj = 0 fur gewisse qj ∈ F , nicht alle 0. Damit ist E eine algebraische Erwei-
terung von F , d.h. E = F (α1, α2, . . . , αm) fur gewisse algebraische α1, . . . , αm ∈ E.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 13
Zum Beweis der Existenz eines primitiven Elements α genugt es aufgrund eines
Induktionsarguments zu zeigen:
E = F (α1, α2), α1, α2 algebraisch =⇒ E = F (α) fur ein algebraisches α.
Seien mj(x) := mαj ,F (x) fur j = 1, 2. Faktorisierung uber C liefert
mj(x) =dj∏
i=1
(x− αj,i)
fur dj := deg mj und geeignete αj,i ∈ C, wobei o.B.d.A. gelte αj,1 = αj (j = 1, 2).
Nach Korollar 1.10 sind die Zahlen α1,i (1 ≤ i ≤ d1) wie auch die Zahlen α2,k (1 ≤
k ≤ d2) jeweils paarweise verschieden. Daher hat fur 1 ≤ i ≤ d1 und 1 < k ≤ d2
jede der Gleichungen
α1,i + x · α2,k = α1,1 + x · α2,1
hochstens eine Losung x ∈ F (namlich x = (α1,i − α1,1)/(α2,1 − α2,k)). Also konnen
wir ein c ∈ F \ {0} finden derart, dass
(∗) α1,i + c · α2,k 6= α1,1 + c · α2,1 (1 ≤ i ≤ d1 , 1 < k ≤ d2) .
Wir setzen α := α1,1 + c · α2,1. Es bleibt zu zeigen, dass E = F (α).
Wegen E = F (α1,1, α2,1) gilt sicherlich F (α) ⊆ F (α1,1, α2,1). Wir mussen nur noch
nachweisen, dass α1,1, α2,1 ∈ F (α). Wegen α1,1 = α− c · α2,1 genugt α2,1 ∈ F (α).
Dafur setzen wir f(x) := m1(α− cx) ∈ F (α)[x]. Es gilt
f(α2,1 = m1(α− c · α2,1) = m1(α1,1) = 0 = m2(α2,1) .
Es zeigt sich, dass α2,1 die einzige gemeinsame Nullstelle von f(x) und m2(x) ist,
denn:
Sei f(σ) = m2(σ) = 0. Dann ist σ = α2,k fur ein k und α − c · σ = α1,i fur ein i.
Daher ist
α1,i = α− c · σ = α− c · α2,k = α1,1 + c · α2,1 − c · α2,k .
Wegen (∗) bleibt nur k = 1, d.h. σ = α2,1. Es sei m3(x) := mα2,1,F (α)(x). Nach Satz
1.9 haben wir m3(x) | f(x) und m3(x) | m2(x). Da f(x) und m2(x) nur eine gemein-
same Nullstelle, namlich α2,1, haben, folgt deg m3 = 1. Damit ist α2,1 algebraisch
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 14
vom Grad 1 uber F (α), d.h. α2,1 ∈ F (α).
2
Bemerkung:
Wir haben zu Beginn des Beweises gezeigt, dass jede endliche Erweiterung algebra-
isch ist. Die Umkehrung ist im Allgemeinen falsch: Q ist algebraisch uber Q, aber
keine endliche Erweiterung von Q.
Definition 1.16
Sei F ein Zahlkorper. Eine Abbildung Θ : F → C heißt Einbettung von F in C, falls
Θ ein injektiver Ring-Homomorphismus ist.
Ist F die Erweiterung eines Zahlkorpers L, geschrieben F/L, und ist Θ Einbettung
von F in C, die L punktweise festlasst (d.h. Θ(l) = l fur alle l ∈ L), so heißt Θ L-
Isomorphismus von F. Ist Θ ein L-Isomorphismus und F = L(α) fur ein algebraisches
α, so heißt Θ(α) Konjugierte von α uber L. Im Falle einer quadratischen Erweiterung
F = Q(√
D) nennen wir die Konjugierte a−b√
D von a+b√
D ∈ F die algebraische
Konjugierte von a + b√
D.
Bemerkung:
Jede Einbettung eines Zahlkorpers K in C ist automatisch ein Q-Isomorphismus
von K.(
Θ(a) = Θ(1 + 1 + · · ·+ 1) = a ·Θ(1) = a fur a ∈ Z
b ·Θ (a/b) = Θ(b) ·Θ (a/b) = Θ(a) = a =⇒ Θ (a/b) = a/b)
.
Satz 1.17
Sei F = Q(α) algebraischer Zahlkorper mit [F : Q] = d. Dann gibt es genau d
Einbettungen Θj (1 ≤ j ≤ d) von F in C. Die Konjugierten αj := Θj(α) von α uber
Q mit α1 := α sind genau die Nullstellen von mα,Q(x).
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 15
Beweis:
Sei Θ eine Einbettung von F in C mit β := Θ(α). Fur gewisse qj ∈ Q gilt
0 = mα,Q(α) =d
∑
j=0
qj αj ,
also
0 = Θ(0) = Θ
(
d∑
j=0
qj αj
)
=d
∑
j=0
qj Θ(α)j =d
∑
j=0
qj βj = mα,Q(β) .
Somit ist β = αj fur eine der Nullstellen α1, . . . , αd von mα,Q(x). Da die Einbettung
Θ nur von Θ(α) abhangt, gibt es deshalb hochstens d verschiedene Einbettungen
von F in C.
Es bleibt zu zeigen, dass tatsachlich d verschiedene Einbettungen Θ1, . . . , Θd von F
nach C existieren. Nach Korollar 1.11 besitzt jedes Element γ ∈ F eine Darstellung
γ =d
∑
j=0
rj αj ∈ Q[α] .
Wir definieren damit fur jedes j die Einbettung Θj : F → C durch Θj(f(α)) :=
f(αj) fur beliebiges f(x) ∈ Q[x]. Wegen der Eindeutigkeit der Darstellung der γ ∈
F in obiger Gestalt (Korollar 1.11) sind die Θj injektiv. Es bleibt lediglich die
Wohldefiniertheit zu zeigen. Dazu sei f(α) = g(α) fur f(x), g(x) ∈ Q[x]. Es folgt
mit Satz 1.9, dass
f(x)− g(x) = h(x) ·mα,Q(x)
fur ein h(x) ∈ Q[x]. Also haben wir
f(αj)− g(αj) = h(αj) ·mα,Q(αj) = 0
und somit
Θj(f(α)) = f(αj) = g(αj) = Θj(g(α)) .
Damit sind die Θj wohldefiniert und Θj(α) = αj.
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 16
Definition 1.18
Seien Θj (1 ≤ j ≤ d := [F : Q]) die Einbettungen von F in C. Ein Θj mit Θj(F ) ⊆
R heißt reelle Einbettung, und wir setzen r1 := ]{1 ≤ j ≤ d : Θj(F ) ⊆ R} ≥ 0. Fur
r1 = d heißt F total-reeller Zahlkorper.
Ein Θj mit Θj(F ) * R heißt (eigentlich) komplexe Einbettung, und es gibt 2r2
solche Einbettungen, da zu jeder komplexen Einbettung Θj die konjugierte komplexe
Einbettung Θj existiert. Fur 2r2 = d heißt F total-komplexer Zahlkorper.
In jedem Fall gilt d = r1 + 2r2, und wir nennen {r1, r2} die Signatur von F.
Beispiel:
Es ist [Q( 3√
2) : Q] = 3 mit den Einbettungen
Θ1 : 3√
2 7−→ 3√
2, Θ2 : 3√
2 7−→ ζ33√
2, Θ3 : 3√
2 7−→ ζ23
3√
2 ,
wobei ζ3 eine der beiden primitiven 3. Einheitswurzeln bezeichne. Damit ist Θ1 eine
reelle Einbettung, und Θ2, Θ3 sind zueinander konjugierte komlexe Einbettungen;
also haben wir r1 = r2 = 1.
Satz 1.19
Sei E ⊆ C eine endliche Erweiterung eines Zahlkorpers F . Jede Einbettung von F
in C lasst sich zu genau [E : F ] Einbettungen von E in C fortsetzen. Insbesondere
gibt es [E : F ] F -Isomorphismen von E.
Beweis:
Nach Satz 1.15 existiert ein α ∈ E mit E = F (α), wobei α vom Grad d := [E : F ]
uber F ist.
Sei Θ eine Einbettung von F in C, und sei ˜Θ eine Einbettung von E in C mit
˜Θ∣
∣
F = Θ. Dann ist ˜Θ eindeutig bestimmt durch den Wert ˜Θ(α) =: β.
Sei mα,F (x) :=d
∑
j=0qj xj. Dann ist auch
mΘα,F (x) :=
d∑
j=0
Θ(qj)xj
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 17
irreduzibel uber Θ(F ). Seien α1, . . . , αd ∈ C die paarweise verschiedenen Nullstellen
von mΘα,F (x). Wir haben dann
0 = ˜Θ(0) = ˜Θ
(
d∑
j=0
qj · αj
)
=d
∑
j=0
˜Θ(qj) · ˜Θ(α)j =d
∑
j=0
Θ(qj) · βj ,
d.h. β = αj fur ein j ∈ {1, . . . , d}. Damit sind die d Korper-Isomorphismen
Θj : F (α) −→ F (αj) mit Θj∣
∣
F = Θ und Θj(α) = αj (1 ≤ j ≤ d) gerade die
gesuchten Fortsetzungen von Θ.
2
Die letzte Aussage des Satzes besagt nur, dass die Identitat auf F als spezielle Ein-
bettung von F in C ebenfalls d Fortsetzungen besitzt.
Wir wissen bereits, dass fur algebraisches α vom Grad n und die Einbettungen
Θj (1 ≤ j ≤ n) von Q(α) in C gilt
n∏
j=1
(x−Θj(α)) = mα,Q(x) .
Wir untersuchen dies nun fur beliebiges β ∈ Q(α) anstelle von α.
Satz 1.20
Sei [Q(α) : Q] = n mit den Einbettungen Θ1, . . . , Θn in C. Fur beliebiges β ∈ Q(α)
vom Grad d uber Q gilt d | n und
f(x) :=n
∏
j=1
(x−Θj(β)) = (mβ,Q(x))n/d ;
d.h. in der Faktorisierung des Polynoms f(x) ∈ Q[x] sind die Θj(β) die Nullstellen
von mβ,Q(x) jeweils mit Vielfachheit n/d. Außerdem ist Q(α) = Q(β) genau dann,
wenn d = n.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 18
Beweis:
Klar ist: Q(β) ist Teilkorper von Q(α), also Untervektorraum von Q(α). Es gilt
n = [Q(α) : Q] = [Q(α) : Q(β)] · [Q(β) : Q] = [Q(α) : Q(β)] · d ,
und es folgt d | n und Q(α) = Q(β) nur fur n = d.
Die Einschrankung Θj
∣
∣
Q(β) ist offenbar eine Einbettung von Q(β). Wir ordnen die
Θj so an, dass Θ1 | Q(β), . . . , Θα | Q(β) die d verschiedenen Einbettungen von Q(β)
in C sind (vgl. Satze 1.17 und 1.19). Also gilt
mβ,Q(x) =d
∏
j=1
(x−Θj(β)) .
Wegen f(β) = f(Θ1(β)) = 0 (o.B.d.A. Θ1 = id) folgt nach Satz 1.9, dass mβ,Q(x) |
f(x). Damit haben wir
f(x) = (mβ,Q(x))k · g(x)
fur ein k ∈ N und ein g(x) ∈ Q(α)[x] mit fuhrendem Koeffizienten 1, wobei mβ,Q(x)
und g(x) teilerfremd sind. Ware deg g ≥ 1 (d.h. g(x) 6= 1), so hatten wir g(γ) = 0
fur eine algebraische Zahl γ. Damit f(γ) = 0, d.h. γ = Θj(β) fur ein j ∈ {1, . . . , d}.
Dies implizierte mβ,Q(x) | g(x) im Widerspruch zur Definition von f(x). Also haben
wir f(x) = (mβ,Q(x))k ∈ Q[x] und somit
n = deg f = deg(mβ,Q)k = kd ,
d.h. k = n/d.
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 19
Beispiel:
Sei F = Q(ζ8) mit der primitiven 8. Einheitswurzel ζ8 = 1√2(i + 1). Fur β = i = ζ2
8
haben wir mi,Q(x) = x2 + 1. Die [Q(ζ8) : Q] = 4 Einbettungen von F in C sind
gegeben durch Θj : ζ8 7−→ ζ2j−18 (1 ≤ j ≤ 4). Damit erhalten wir
f(x) : =4
∏
j=1
(x−Θj(i)) =4
∏
j=1
(x−Θj(ζ28 ))
=4
∏
j=1
(x− ζ2(2j−1)8 ) = (x− ζ2
8 )(x− ζ68 )(x− ζ10
8 )(x− ζ148 )
= (x− i)(x + i)(x− i)(x + i) = (x2 + 1)2 = (mi,Q(x))2 .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 20
1.3. Norm, Spur und Diskriminante
Definition 1.21
Sei F Zahlkorper mit [F : Q] = d, und seien Θ1, . . . , Θd die Einbettungen von F in
C. Fur α ∈ F heißt
TF (α) :=d
∑
j=1
Θj(α)
Spur von α in F und
NF (α) :=d
∏
j=1
Θj(α)
Norm von α in F.
Da die Einbettungen Θj Ring-Homomorphismen sind, ist offensichtlich TF additiv
(d.h. TF (α + β) = TF (α) + TF (β) fur α, β ∈ F ) bzw. NF multiplikativ
(d.h. NF (αβ) = NF (α) ·NF (β) fur α, β ∈ F ).
Satz 1.22
Sei [F : Q] = n und α ∈ F mit [Q(α) : Q] = d. Sind α = α1, α2, . . . , αd die
Konjugierten von α uber Q (d.h. die Nullstellen von mα,Q(x)), so gilt:
(i) TF (α) =nd
d∑
j=1
αj =ndTQ(α)(α) ;
(ii) NF (α) =
(
d∏
j=1
αj
)n/d
= (NQ(α)(α))n/d ;
(iii) mα,Q(x) = xd − TQ(α)(α) · xd−1 + · · · ±NQ(α)(α) .
Beweis:
Seien die Einbettungen Θ1, . . . , Θd von Q(α) in C gegeben durch Θj(α) = αj
(und Θj(q) = q fur q ∈ Q). Nach Definition gilt
TQ(α)(α) =d
∑
j=1
αj und NQ(α)(α) =d
∏
j=1
αj .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 21
Nach Satz 1.19 besitzt jedes Θi (1 ≤ i ≤ d) genau n/d Fortsetzungen zu Einbettun-
gen Θ(j)i (1 ≤ j ≤ n/d) von F in C. Damit folgt
TF (α) =d
∑
i=1
n/d∑
j=1
Θ(j)i (α) =
d∑
i=1
n/d∑
j=1
αi =nd
d∑
i=1
αi =ndTQ(α)(α)
und
NF (α) =d
∏
i=1
n/d∏
j=1
Θ(j)i (α) =
d∏
i=1
n/d∏
j=1
αi
=
(
d∏
i=1
αi
)n/d
= (NQ(α))n/d .
Koeffizientenvergleich bei den Potenzen xd−1 bzw. x0 in
mα,Q(x) =d
∏
j=1
(x− αj)
liefert (iii).
2
Korollar 1.23
Liegt α in einem Zahlkorper F , so sind TF (α) und NF (α) rationale Zahlen.
Beweis:
Nach Satz 1.22 (iii) sind TF (α) und NF (α) Koeffizienten des Minimalpolynoms
mα,Q(x) ∈ Q[x], also Elemente von Q.
2
Beispiele:
(i) Sei
f(x) = ax2 + bx + c ∈ Q[x]
mit a 6= 0. Ublicherweise heißt ∆ := b2 − 4ac die Diskriminante von f(x) und
auch Diskriminante des quadratischen Korpers F = Q(√
∆). Nach p-q-Formel
sind die Nullstellen α, α′ von f(x) gegeben durch
α =−b +
√∆
2a, α′ =
−b−√
∆2a
.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 22
Es lasst sich leicht zeigen, dass Q(α) = Q(√
∆). Also haben wir
TF (α) = TQ(α)(α) = α + α′ = − ba
und
NF (α) = NQ(α)(α) = α · α′ = b2 −∆4a2 =
ca
.
Damit folgt nach Satz 1.22 (iii)
mα,Q(x) = x2 − TF (α) · x + NF (α) = x2 +bax +
ca
(ii) Sei F = Q(ζp) mit einer primitiven p-ten Einheitswurzel, wobei p ∈ P>2. Mit
Hilfe des Eisenstein-Kriteriums lasst sich leicht nachweisen, dass
mζp,Q(x) = xp−1 + xp−2 + · · ·+ x + 1
ist (xp − 1 = (x − 1) · (xp−1 + · · · + x + 1) mit irreduziblen Faktoren). Da
ζp, ζ2p , . . . , ζ
p−1p allesamt primitive p-te Einheitswurzeln sind, haben wir
(∗) xp − 1x− 1
= xp−1 + xp−2 + · · ·+ x + 1 =p−1∏
j=1
(x− ζjp) .
Wir differenzieren und setzen x = ζ ip. Wegen ζp
p = 1 erhalten wir
(∗∗)p · ζp−i
p
ζ ip − 1
=p−1∏
j=1j 6=i
(ζ ip − ζj
p) .
Aus (∗) mit x = 0 bzw. x = 1 kommt
p−1∏
j=1
ζjp = (−1)p−1 bzw.
p−1∏
j=1
(1− ζjp) = p .
Durch Produktbildungp−1∏
i=1
(. . .) in (∗∗) bekommen wir nach paarweiser Bunde-
lung
pp−2 =p−1∏
i=1
p−1∏
j=1j 6=i
(ζ ip − ζj
p)
= (−1)(p−1)(p−2)
2
∏
1≤i<j≤p−1
(ζ i − ζj)2 .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 23
Wegen 2 - p folgt
∏
1≤i<j≤p−1
(ζ ip − ζj
p)2 = (−1)
p−12 pp−2 .
Definition 1.24
Sei f(x) ∈ F [x] fur einen Korper F ⊆ C, wobei d := deg f ≥ 2 und
f(x) = a ·d
∏
j=1
(x− αj)
fur a ∈ F und gewisse αj ∈ C. Dann heißt
discr (f) := a2d−2∏
1≤i<j≤d
(αi − αj)2
Diskriminante von f.
Satz 1.25
Sei F = Q(α) mit [F : Q] = d, und seien α = α1, α2, . . . , αd die Konjugierten von α
uber Q. Dann gilt
discr (mα,Q(x)) = (−1)d(d−1)/2d
∏
j=1
m′α,Q(αj) = (−1)d(d−1)/2NF (m′
α,Q(α)) ,
wobei m′α,Q(x) die Ableitung von mα,Q(x) bezeichnet.
Beweis:
Nach Definition ist
discr (mα,Q) =∏
1≤i<j≤d
(αi − αj)2 .
Wegen
m′α,Q(x) =
d∑
j=1
d∏
i=1i6=j
(x− αi)
haben wir
m′α,Q(αj) =
d∏
i=1i 6=j
(αj − αi) .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 24
Also folgt
NF (m′α,Q(α)) =
d∏
j=1
m′α,Q(αj) =
d∏
j=1
d∏
i=1i 6=j
(αj − αi)
= (−1)d(d−1)
2
∏
1≤i<j≤d
(αj − αi)2 = (−1)d(d−1)
2 discr (mα,Q) .
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 25
1.4. Ganzalgebraische Zahlen und Ganzheitsbasen
Wir bezeichnen mit A ⊆ Q die Menge der ganzalgebraischen Zahlen in C.
Satz 1.26
Sei α ∈ Q. Dann ist α ∈ A ⇐⇒ mα,Q(x) ∈ Z[x]. Außerdem gilt fur α ∈ A, dass
TQ(α)(α) ∈ Z und NQ(α)(α) ∈ Z.
Beweis:
Sei zunachst α ∈ A. Nach Definition 1.1 existiert ein Polynom f(x) ∈ Z[x] mit
fuhrendem Koeffizienten 1 und f(α) = 0. Wir konnen o.B.d.A. annehmen, dass f
minimalen Grad besitzt. Nach Satz 1.9 gilt mα,Q(x) | f(x) uber Q, d.h.
f(x) = mα,Q(x) · h(x) fur mα,Q , h(x) ∈ Q[x] .
Nach Gauß’ Lemma existieren M(x), H(x) ∈ Z[x] mit deg M = deg mα,Q und
deg H = deg h derart, dass f(x) = M(x) ·H(x). Wegen der fuhrenden Koeffizienten
1 in f(x) und mα,Q(x) folgt M(x) = mα,Q(x), also mα,Q(x) ∈ Z[x]. Ist umgekehrt
mα,Q(x) ∈ Z[x], so ist α ∈ A nach Definition.
Nach Satz 1.22 (iii) sind TQ(α) und NQ(α) Koeffizienten von mα,Q(x). Da mα,Q(x) ∈
Z[x] fur α ∈ A, folgt das Gewunschte.
2
Bemerkung:
Wir haben im vorstehenden Beweis auch gezeigt:
Ist α ∈ A Nullstelle eines Polynoms f(x) ∈ Z[x] mit minimalem Grad und fuhren-
dem Koeffizienten 1, so ist f(x) irreduzibel uber Q.
Wir haben in Korollar 1.11 gesehen, dass 1, α, α2, . . . , αd−1 eine Q-Basis des Vektor-
raums Q(α) fur algebraisches α vom Grad d ist. Entsprechend ist α ∈ A gdw. der
Z-Modul Z[α] endlich erzeugt ist.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 26
Satz 1.27
Fur α ∈ C sind die folgenden Aussagen aquivalent:
(i) α ∈ A ;
(ii) Z[α] ist als Z-Modul endlich erzeugt ;
(iii) α ∈ R fur einen Ring R ⊆ C, der als Z-Modul endlich erzeugt ist ;
(iv) αM ⊆ M fur einen endlich erzeugten Z-Modul M ⊆ C .
Beweis:
(i) =⇒ (ii): Nach Korollar 1.11 ist Q(α) = Q[α] erzeugt von 1, α, α2, . . . , αd−1,
sofern α algebraisch vom Grad d ist. Also wird insbesondere Z[α] uber Z von
1, α, α2, . . . , αd−1 erzeugt.
(ii) =⇒ (iii): Wahle R := Z[α].
(iii) =⇒ (iv): Wahle M := R.
(iv) =⇒ (i): Sei M = Zm1 + · · ·+ Zmd. Dann gibt es fur j = 1, . . . , d Koeffizienten
aj,i ∈ Z mit
αmj =d
∑
i=1
aj,imi .
Also hat das homogene lineare Gleichungssystem
(a1,1 − α)x1 + a1,2x2 + · · ·+ a1,dxd = 0
a2,1x1 + (a2,2 − α)x2 + · · ·+ a2,dxd = 0...
...
ad,1x1 + ad,2x2 + · · ·+ (ad,d − α)xd = 0
eine nichttriviale Losung (namlich xj = mj fur 1 ≤ j ≤ d). Also gilt fur die (d× d)-
Matrix
A :=
a1,1 − α a1,2 . . . a1,d
a2,1 a2,2 − α . . . a2,d...
......
ad,1 ad,2 . . . ad,d − α
,
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 27
dass det A = 0. Entwickeln wir detA, so entsteht ein Poylnom aus Z[α] mit hochs-
tem Term ±αd, und somit ist α ganzalgebraisch.
2
Korollar 1.28
A ist ein Unterring von Q.
Beweis:
Es genugt, die Abgeschlossenheit von A bezuglich Addition und Multiplikation zu
zeigen. Seien also α, β ∈ A. Nach Satz 1.27 (ii) sind Z[α] und Z[β] beide endlich
erzeugte Z-Moduln; genauer: Sind
Z[α] = Za1 + · · ·+ Zak , Z[β] = Zb1 + · · ·+ Zbl ,
so ist
Z[α, β] =k
∑
i=1
l∑
j=1
Zαiβj .
Wegen α + β, α · β ∈ Z[α, β] sind nach Satz 1.27 (iii) α + β und α · β algebraisch.
Es lasst sich muhelos zeigen, dass fur einen algebraischen Zahlkorper F der Durch-
schnitt F ∩ A ein (Unter-)Ring in F ist.
2
Definition 1.29
Sei F ⊆ C ein algebraischer Zahlkorper. Dann heißt OF := F ∩ A Ring der
ganz(algebraisch)en Zahlen in F.
Nach Satz 1.26 besteht OF aus allen algebraischen Zahlen α ∈ Q ∩ F derart, dass
mα,Q(x) ∈ Z[x]. Im Spezialfall F = Q haben wir
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 28
Korollar 1.30
Der Ring der ganzen Zahlen in Q ist OQ := A ∩Q = Z.
Beweis:
Fur α ∈ A ∩Q ist mα,Q(x) = x− α, wobei nach Satz 1.26 gilt mα,Q(x) ∈ Z[x]. Also
folgt α ∈ Z. Offensichtlich ist Z ⊆ A ∩Q.
2
Wir sprechen von Q als dem (speziellen) rationalen Zahlkorper und von Z als dem
Ring der ganzrationalen Zahlen – im Gegensatz zu ganzen Zahlen in beliebigen
Zahlkorpern.
Als Verfeinerung des Satzes vom primitiven Element gilt
Satz 1.31
Zu einem algebraischen Zahlkorper F existiert ein α ∈ A mit F = Q(α).
Beweis:
Nach Satz 1.15 gibt es ein β ∈ Q mit F = Q(β). Sei
mβ,Q(x) = xd +d−1∑
j=0
qjxj ∈ Q[x] .
Sei b der Hauptnenner der Zahlen qj, also b · qj ∈ Z fur 0 ≤ j < d. Dann ist
bd ·mβ,Q(x) = (bx)d +d−1∑
j=0
bd−jqj(bx)j ∈ Z[x]
und
f(x) := xd +d−1∑
j=0
bd−jqj · xj ∈ Z[x]
besitzt die Nullstellen bβ. Also ist α := bβ ∈ A, und offenbar gilt Q(α) = Q(β) = F .
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 29
Nach dem Satz vom primitiven Element (bzw. nach Satz 1.31) besitzt jeder Zahlkorper
die Darstellung F = Q(α) fur ein α ∈ Q (bzw. α ∈ A) vom Grad d ∈ N. Nach Ko-
rollar 1.11 ist dann 1, α, α2, . . . , αd−1 eine Q-Basis des Vektorraums F uber Q. Da
OF ein Z-Modul ist, liegt die Frage nach einer Z-Basis auf der Hand.
Definition 1.32
Eine Z-Basis des Ganzzahlrings OF (uber Z) in einem Zahlkorper F heißt Ganz-
heitsbasis von F.
Es ist leicht zu zeigen, dass jede Ganzheitsbasis eines Zahlkorpers F auch eine Q-
Basis von F ist. Das folgende Beispiel belegt, dass die Umkehrung im Allgemeinen
falsch ist: Nicht jede Q-Basis von F , die aus ganzalgebraischen Zahlen besteht, ist
notwendig eine Ganzheitsbasis von F .
Beispiel:
Sei F = Q(√
13) = {a + b√
13 : a, b ∈ Q}. Die Zahl α := 12(1 +
√13) hat das
Minimalpolynom
mα,Q(x) = x2 − x− 3 ∈ Z[x] ,
also ist α ∈ OF = F ∩ A. Selbstverstandlich ist 1,√
13 eine Q-Basis von F , wo-
bei 1 und√
13 ganzalgebraisch sind (x2 − 13 ∈ Z[x]). Trotzdem ist 1,√
13 kei-
ne Ganzheitsbasis von F , denn α /∈ Z + Z√
13. Es lasst sich nachrechnen, dass
OF = Z[12(1 +√
13)].
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 30
Definition 1.33
Sei F = Q(α) algebraischer Zahlkorper mit [F : Q] = d. Ist B = {α1, α2, . . . , αd}
eine Q-Basis von F und sind Θ1, . . . , Θd die Einbettungen von F in C, so heißt
discr (B) := det(Θj(αi))21≤i≤d1≤j≤d
Diskriminante der Basis B. Fur eine spezielle Basis B der Form
B = {1, α, α2, . . . , αd−1}
heißt det(Θj(αj−1)) 1≤i≤d1≤j≤d
Vandermonde-Determinante. Mittels Induktion lasst sich
leicht zeigen
Lemma 1.34
Die Vandermondsche-Determinante hat den Wert
det(Θj(αj−1)) 1≤i≤d1≤j≤d
=∏
1≤i<j≤d
(αi − αj) ,
wobei αi := Θi(α) die i-te Konjugierte von α ist.
Satz 1.35
Seien B1 := {α1, α2, . . . , αd} und B2 := {β1, β2, . . . , βd} zwei Q-Basen eines algebrai-
schen Zahlkorpers F . Dann gilt
discr (B2) = D2 · discr (B1) ,
wobei D = det(qi,k) 1≤i≤d1≤k≤d
fur die Darstellungen
βk =d
∑
i=1
qi,kαi (k = 1, . . . , d; qi,k ∈ Q) .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 31
Beweis:
Seien Θ1, . . . , Θd die Einbettungen von F in C. Damit gilt
Θj(βk) =d
∑
i=1
qi,kΘj(αi) (j = 1, . . . , d; k = 1, . . . , d) .
Θ1(β1) · · · Θd(β1)...
...
Θ1(βd) · · · Θd(βd)
=
q1,1 · · · q1,d...
...
qd,1 · · · qd,d
·
Θ1(α1) · · · Θd(α1)...
...
Θ1(αd) · · · Θd(αd)
,
also durch quadrieren der Determinanten
discr (B2) = D2 · discr (B1) .
2
Beispiel:
Sei F = Q(√
13), und seien α = 12(1 +
√13), β =
√13. Dann sind B1 = {1, α}
und B2 = {1, β} Q-Basen von F (aber B2 ist keine Ganzheitsbasis von F ). Die
Einbettungen vo F in C sind
Θ1 :√
13 7−→√
13 und Θ2 :√
13 7−→ −√
13 .
Wir haben
discr (B2) = det
Θ1(1) Θ2(1)
Θ1(√
13) Θ2(√
13)
2
= det
1 1√
13 −√
13
2
= 52
und
discr (B1) = det
Θ1(1) Θ2(1)
Θ1(12(1 +
√13)) Θ2(1
2(1 +√
13))
2
= det
1 112(1 +
√13) 1
2(1−√
13)
2
= 13.
Also discr (B2) = 22 · discr (B1). Wegen
β1 = 1 = 1 · 1 + 0 · α , β2 =√
13 = −1 · 1 + 2 · 12(1 +
√13)
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 32
haben wir
D = 2 = det
1 −1
0 2
.
Satz 1.36
Ist B = {α1, . . . , αd} eine Q-Basis eines algebraischen Zahlkorpers F , so gilt
∆ := discr (B) = det(TF (αiαj)) 1≤i≤d1≤j≤d
∈ Q
und ∆ 6= 0. Ist F total-reell, so ist ∆ > 0.
Beweis:
Die Rechenregeln fur Determinanten ergeben
∆ = det (Θj(αi))2 = det (Θj(αi)) · det
(
(Θj(αi))t)
= det(Θj(αi)) · det(Θi(αj)) = det((Θj(αi)) · (Θi(α)))
= det
(
d∑
k=1
Θk(αiαj)
)
= det (TF (αiαj)) .
Nach Korollar 1.23 sind alle TF (αiαj) mit 1 ≤ i, j ≤ d rational, also ∆ ∈ Q.
Nach dem Satz vom primitiven Element existiert ein α ∈ F mit F = Q(α). Damit
ist {1, α, α2, . . . , αd−1} =: B′ Q-Basis von F . Nach Lemma 1.34 folgt
discr (B′) =∏
1≤i<j≤d
(Θi(α)−Θj(α))2
fur die Einbettungen Θ1, . . . , Θd von F in C. Dies impliziert
(i) discr (B′) 6= 0 ;
(ii) discr (B′) > 0 fur F total-reell.
Da fur D = det(qi,k) in Satz 1.35 gilt D 6= 0 (Basistransformationen sind invertier-
bar), folgt wegen D ∈ Q, dass D2 > 0. Wenden wir nun Satz 1.35 mit B1 := B′
und B2 := B an, so haben wir sofort ∆ 6= 0 wegen (i) und ∆ > 0 fur total-reelles F
wegen (ii).
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 33
Korollar 1.37
Ist B eine Q-Basis von F mit B ⊆ OF , so ist discr (B) ∈ Z.
Beweis:
Die Behauptung folgt aus Satz 1.36 sofort mit Hilfe von Satz 1.26.
2
Korollar 1.38
Sei B = {α1, α2, . . . , αd} eine Q-Basis von F . Ist B2 = {β1, β2, . . . , βd} ⊆ F mit
βk =d
∑
i=1
qi,kαi (k = 1, . . . , d; qi,k ∈ Q) ,
so gilt: B2 ist Q-Basis von F ⇐⇒ det(qi,k) 6= 0.
Beweis:
”=⇒“
Sei B2 Q-Basis von F . Nach Satz 1.35 ist
discr (B2) = D2 · discr (B1)
mit D = det(qi,k). Nach Satz 1.36 ist discr (B2) 6= 0, also auch D 6= 0.
”⇐=“
Sei det(qi,k) 6= 0. Wir haben zu zeigen, dass β1, β2, . . . , βd linear unabhangig uber Q
sind. Die Annahme γ1β1 + · · ·+ γdβd = 0 fur gewisse γi ∈ Q impliziert
0 =d
∑
k=1
γkβk =d
∑
k=1
γk
d∑
i=1
qi,kαi =d
∑
i=1
αi
d∑
k=1
γk · qi,k .
Wegen der linearen Unabhangigkeit der αi folgt
d∑
k=1
γk · qi,k = 0 (1 ≤ i ≤ d) .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 34
Wegen det(qi,k) 6= 0 hat dieses homogene lineare GLeichungssystem nur die triviale
Losung γ1 = . . . = γd = 0.
2
Satz 1.39
Jeder algebraische Zahlkorper F mit [F : Q] = d besitzt eine Ganzheitsbasis und OF
ist eine freie abelsche Gruppe vom Rang d (d.h. OF = Zβ1⊕· · ·⊕Zβd fur geeignete
βj ∈ OF ).
Beweis:
Nach Satz 1.31 existiert ein α ∈ OF = F ∩ A mit F = Q(α). Insbesondere ist
{1, α, α2, . . . , αd−1} ⊆ OF eine Q-Basis von F . Es ist zu zeigen, dass in der nicht-
leeren Menge aller solcher Q-Basen von F mindestens eine ist, die gleichzeitig eine
Z-Basis von OF bildet. Nach Korollar 1.37 und Satz 1.36 wissen wir, dass deren
Diskriminante in Z \ {0} liegt.
Sei also B1 = {β1, β2, . . . , βd} ⊆ OF eine Q-Basis von F , wobei |discr (B1)| minimal
sei unter allen derartigen Basen.
Annahme: B1 ist keine Z-Basis von OF .
Dann existiert ein γ ∈ OF derart, dass
γ =d
∑
j=1
qjβj (qj ∈ Q)
mit mindestens einem qj /∈ Z. O.B.d.A. sei q1 /∈ Z, d.h. q1 = [q1]+r fur ein 0 < r < 1.
Sei
δ := γ − [q1]β1 =d
∑
j=1
qjβj − [q1]β1 = rβ1 +d
∑
j=2
qjβj ∈ OF .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 35
Die Matrix
A =
r q2 q3 · · · qd
0 1 0 · · · 0... 0 1
......
... . . . ...
0 0 · · · · · · 1
hat die Determinante detA = r 6= 0. Nach Korollar 1.38 ist auch
B2 = {δ, β2, β3, . . . , βd} ⊆ OF
eine Q-Basis von F . Nach Satz 1.35 haben wir discr (B2) = r2 · discr (B1), also
|discr (B2)| < |discr (B1)| .
Dieser Widerspruch zur Minimalitat von |discr (B2)| beweist, dass B1 Z-Basis von
OF ist, d.h. als Z-Modul haben wir
OF = Zβ1 ⊕ · · · ⊕ Zβd .
2
Korollar 1.40
Ist B ⊆ OF eine Basis von F uber Q und ist discr (B) quadratfrei, so ist B eine
Ganzheitsbasis von F .
Beweis:
Sei B = {β1, β2, . . . , βd} ⊆ OF . Nach Satz 1.39 besitzt F eine Ganzheitsbasis
B1 = {α1, α2, . . . , αd}. Nach Satz 1.35 gilt
discr (B) = D2 · discr (B1) ,
wobei D = det(qi,k) mit qi,k ∈ Z definiert durch
(∗) βk =d
∑
i=1
qi,kαi (k = 1, . . . , d) .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 36
Nach Korollar 1.37 sind discr (B) ∈ Z und discr (B1) ∈ Z. Da discr (B) quadrat-
frei nach Voraussetzung ist, folgt mit D ∈ Z, dass D = ±1. Matrizen (qi,k) mit
Determinante ±1 heißen unimodular und besitzen bekanntlich eine Inverse uber Z
((qi,k) ∈ GLn(Z)). Also folgt aus (∗) fur geeignete q′i,k ∈ Z
αk =d
∑
i=1
q′i,kβi (k = 1, . . . , d) .
Damit ist auch B Ganzheitsbasis von F .
2
Bemerkung:
Die Umkehrung des Korollars gilt im Allgemeinen nicht:
B = {1,√
2} ist Ganzheitsbasis von Q(√
2), aber discr (B) = det
1 1√
2 −√
2
2
= (−2√
2)2 = 8 ist nicht quadratfrei.
Korollar 1.41
Fur zwei Ganzheitsbasen B1 und B2 eines algebraischen Zahlkorpers F gilt
discr (B1) = discr (B2) .
Beweis:
Nach Satz 1.35 haben wir
(∗) discr (B2) = D2 · discr (B1)
fur das dort ausgegebene D, in unserer Situation D ∈ Z. Da nach Korollar 1.37
auch die beiden Diskriminanten ganzrational sind, folgt discr (B1) | discr (B2). Durch
Vertauschen der Rollen ergibt sich auf die gleiche Weise discr (B2) | discr (B1). Also
discr (B1) = ±discr (B2) ,
wobei das Minuszeichen wegen (∗) nicht moglich ist.
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 37
Das vorstehende Korollar besagt im Wesentlichen, dass die Diskriminante einer
Ganzheitsbasis eines Zahlkorpers F eine Invariante von F ist.
Definition 1.42
Sei B irgendeine Ganzheitsbasis eines algebraischen Zahlkorpers F . Dann heißt
∆F := discr (B) Diskriminante von F (und hangt nach Korollar 1.41 nicht von der
gewahlten Ganzheitsbasis B ab).
Satz 1.43
Sei D ∈ Z \ {0, 1} quadratfrei, und sei F := Q(√
D); dabei heißt D Radikand von
F . Dann gilt
∆F =
D fur D ≡ 1 mod 4,
4D fur D ≡ 2, 3 mod 4,
und
OF =
Z[
12(1 +
√D)
]
fur ∆F ≡ D ≡ 1 mod 4,
Z[√
D] fur ∆F ≡ 0 mod 4 (⇐⇒ D ≡ 2, 3 mod 4).
Beweis:
Wegen [F : Q] = 2 hat OF eine Ganzheitsbasis der Gestalt {1, α} fur ein
α =a + b
√D
c∈ F
mit ggT(a, b, c) = 1 und a, b, c ∈ Z, c > 0. Ist B = {1, α, α2, . . . , αd−1} eine Basis,
so haben wir nach Definition und Lemma 1.34 (mit αj := Θj(α))
discr (B) = det(Θj(αi−1))2 =∏
1≤i<j≤d
(αi − αj)2
= discr (mα,Q) .
In unserem Fall folgt mit Satz 1.25
∆F = discr (mα,Q) = −m′α,Q(α) ·m′
α,Q(α) ,
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 38
wobei α :=a− b
√D
c. Wegen m′
α,Q(x) = 2x− TF (α) erhalten wir
∆F = −(2α− TF (α))(2α− TF (α))
= −4αα + 2(α + α)TF (α)− TF (α)2
= 4(
−a2 + b2Dc2
)
+ 2(
2ac
)2
−(
2ac
)2
=4b2Dc2 ∈ Z ,
wobei ∆F ∈ Z nach Korollar 1.37 gilt. Nach Satz 1.26 wisssen wir außerdem, dass
TF (α) =2ac
∈ Z und NF (α) =a2 − b2D
c2 ∈ Z .
Behauptung: c ∈ {1, 2}.
Hatte c einen Primteiler p ≥ 3, so folgte wegen TF (α) ∈ Z, dass p | a. Wegen D
quadratfrei und NF (α) ∈ Z hatten wir auch p | b, also p | (a, b, c) im Widerspruch zur
Voraussetzung (a, b, c) = 1. Also bleibt nur c = 2j fur ein j ∈ N0. Fur j ≥ 2 bekamen
wir mit der vorstehenden Argumentation 2 | (a, b, c). Also gilt die Behauptung.
1. Fall: D 6≡ 1 mod 4 (d.h. D ≡ 2, 3 mod 4).
Fur c = 2 hatten wir ∆F = b2D. Wegen (a, b, c) = 1 implizierte NF (α) ∈ Z dann
2 - ab (D quadratfrei!). Somit
1 ≡ a2 ≡ b2D ≡ D mod 4 Widerspruch! (D 6≡ 1 mod 4) .
Es bleibt nur c = 1. Wie im ersten Teil des Beweises folgt mit Satz 1.25
4b2D = ∆F = discr (m√D,Q) = −(2
√D) · (−2
√D) = 4D .
Es ergibt sich b = ±1, o.B.d.A. b = 1. Damit haben wir
OF = Z[a +√
D] = Z[√
D] .
2. Fall: D ≡ 1 mod 4.
Die Situation c = 1 kann nicht auftreten, denn β := 12(1 +
√D) ∈ F hat das
Minimalpolynom
mβ,Q(x) = x2 − x +1−D
4∈ Z[x] ,
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 39
also β ∈ OF = Z[α] = Z[a + b√
D]. Widerspruch!
Es bleibt c = 2 und wegen
a + b√
D2
=a− b
2+ b
(
12(1 +
√D)
)
(mit (a− b)/2 ∈ Z wegen 2 - ab (s.o.)) erhalten wir
OF = Z[α] = Z[
12(1 +
√D)
]
.
Schließlich kommt analog zum 1. Fall
∆F = discr (mβ,Q) = −(√
D)(−√
D) = D .
2
Bemerkungen:
(i) Aufgrund von Satz 1.43 haben wir
F := Q(√
D) = Q(√
∆F ) .
(ii) Bei quadratischen Zahlkorpern F haben wir stets OF = Z[α] fur ein geeigne-
tes α. Fur Zahlkorper hoheren Grades ist dies im Allgemeinen falsch. Man
kann z.B. zeigen, dass fur F = Q(√−7,
√−14) gilt: OF 6= Z[β] fur alle
β ∈ OF . Wahrend also nach dem Satz vom primitiven Element stets eine
Q-Basis {1, α, α2, . . . , αd−1} zu einem Zahlkorper F vom Grad d existiert, gibt
es im Allgemeinen keine derartigen Ganzheitsbasen.
Aus Satz 1.43 folgt, dass fur quadratische Zahlkorper F stets ∆F ≡ 0, 1 mod 4 ist.
Dies gilt allgemein.
Satz 1.44 (Kriterium von Stickelberger)
Fur jeden algebraischen Zahlkorper F haben wir
∆F ≡ 0, 1 mod 4 .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 40
Beweis: (I. Schur)
Sei B = {α1, α2, . . . , αn} eine Ganzheitsbasis von F mit [F : Q] = n.Wir bezeichnen
mit α(j)k (j = 1, . . . , n) die Konjugierten von α(1)
k := αk (k = 1, . . . , n). Nach
Definition haben wir√
∆F = det(
α(j)k
)
k=1,...,nj=1,...,n
. Aus der Linearen Algebra ist bekannt
det(
α(j)k
)
=∑
σ∈Sn
sgn(σ) · α(σ(1))1 · α(σ(2))
2 · . . . · α(σ(n))n
=∑
σ∈An
α(σ(1))1 · . . . · α(σ(n))
n −∑
σ 6∈An
α(σ(1))1 · . . . · α(σ(n))
n
=: G − U ,
wobei Sn die symmetrische Gruppe der Ordnung n! (Sn = Menge aller Permutatio-
nen von {1, 2, . . . , n}) und An die alternierende Gruppe der Ordnung 12n! (An = Men-
ge aller geraden Permutationen von {1, 2, . . . , n}) bezeichnen. Offenbar sind G,U ∈
A. Außerdem sind G + U und G · U symmetrische Ausdrucke in den α1, α2, . . . , αn
(das Vertauschen von αi ←→ αj fuhrt nur zu einer Anderung der Reihenfolge der
Summanden von G bzw. U oder zu einem Tausch der Rollen von G und U). Nach
dem Satz uber elementarsymmetrische Funktionen sind somit G + U und G · U aus
dem Grundkorper von F , d.h. G + U , G · U ∈ Q. Nach Korollar 1.30 folgt G + U ,
G · U ∈ Z. Es ergibt sich
∆F = (G − U)2 = (G + U)2 − 4G · U
≡ (G + U)2 ≡ 0, 1 mod 4 .
2
Nach Satz 1.36 ist ∆f > 0 fur total-reelles F . Allgemeiner gilt
Satz 1.45 (von Kronecker)
Ist F ein algebraischer Zahlkorper mit Signatur {r1, r2}, so ist das Vorzeichen von
∆F gleich (−1)r2 .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 41
Beweis:
Sei [F : Q] = n und B = {α1, . . . , αn} eine Ganzheitsbasis von F . Mit den Bezeich-
nungen aus dem vorangehenden Beweis ist ∆F = det(
α(j)k
)2, wobei
det(
α(j)k
)
= a + bi ∈ C
mit gewissen a, b ∈ R und i =√−1. Vertauschen wir in det
(
α(j)k
)
die r2 Paare von
Zeilen mit komplexen Einbettungen und den jeweiligen konjugierten Einbettungen,
so wird in der Entwicklung der Determinante offenbar jeder Imaginarteil durch sein
Negatives ersetzt. Es entsteht also der Wert a − bi. Andererseits liefert das Ver-
tauschen von r2 Paaren von Zeilen in det(
α(j)k
)
den Wert (−1)r2 · det(
α(j)k
)
. Es
folgt
a− bi = (−1)r2 det(
α(j)k
)
= (−1)r2(a + bi) .
Fur 2 | r2 ergibt sich b = 0, also ∆F = a2 > 0. Fur 2 - r2 kommt a = 0, also
∆F = (bi)2 = −b2 < 0.
2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 42
1.5. Faktorisierung und Teilbarkeit
Es lasst sich leicht zeigen, dass in einem kommutativen Ring R mit Einselement die
Einheiten (d.h. die multiplikativ invertierbaren Elemente) eine multiplikative
(Unter-)Gruppe UR bilden. Wir bezeichnen mit 〈g〉 die von einem Element g einer
Gruppe erzeugte zyklische (Unter-)Gruppe.
Satz 1.46
Ist ∆F < 0 fur den komplexen quadratischen Zahlkorper F = Q(√
∆F ), so gilt fur
die Einheitengruppe
UF := UOF =
〈ζ6〉 :=⟨
12(1− i
√3)
⟩
fur ∆F = −3 ,
〈ζ4〉 := 〈i〉 fur ∆F = −4 ,
〈ζ2〉 := 〈−1〉 sonst .
Beweis:
Sei u = a + b√
D ∈ UF , wobei 2a, 2b ∈ Z und D ist der Radikand von F
(d.h. D ∈ {∆F , ∆F /4}) gemaß Satz 1.43. Wegen
1 = NF (1) = NF (u · u−1) = NF (u) ·NF (u−1)
und NF (u), NF (u−1) ∈ Z nach Satz 1.26 folgt NF (u) = ±1. Mit NF (u) = a2 −
b2D > 0 ergibt sich NF (u) = 1.
1. Fall: D ≡ 2, 3 mod 4 und D < −1.
Nach Satz 1.43 ist ∆F = 4D und a2 − b2D = 1 fur gewisse a, b ∈ Z. Wegen D < −1
folgt b = 0 und a = ±1, also UF = 〈−1〉.
2. Fall: D ≡ 1 mod 4 und D < −4.
Nach Satz 1.43 ist a2 − b2D = 1 fur gewisse a, b ∈ 12Z, d.h. a′2 − b′2D = 4 fur
a′, b′ ∈ Z. Wegen D < −4 folgt b′ = 0, also a′ = ±2, d.h. a = ±1 und wieder
UF = 〈−1〉.
Es bleiben die Falle D = −1,−2,−3. Fur D = −1 haben wir a2 + b2 = 1, also
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 43
a = ±1, b = 0 oder a = 0, b = ±1. Das bedeutet u = ±1 oder u = ±i, und somit
UF = 〈i〉 fur ∆F = −4. Im Falle D = −2 gilt a2 + 2b2 = 1, also a = ±1, b = 0 und
daher UF = 〈−1〉. Schließlich fur D = 3 haben wir a2 + 3b2 = 4 mit a, b ∈ Z, d.h.
a = ±b = ±1 oder a = ±2, b = 0. Wir erhalten die Einheiten
u = ±1 , u =12(1±
√−3) , u =
12(−1±
√−3) ,
d.h. die Potenzen der 6. Einheitswurzel ζ6 := 12(1− i
√3).
2
Nach Definition 1.2 heißt ein Element aus OF eindeutig zerlegbar, wenn es bis auf
Reihenfolge der Faktoren und Assoziierte eindeutig in irreduzible Elemente fakto-
risiert. Wir haben schon Beispiele fur irreduzible Elemente gesehen, die nicht prim
sind. Der folgende Satz zeigt, dass eindeutige Faktorisierung genau dann vorliegt,
wenn die irreduziblen Elemente prim sind.
Satz 1.47
Sei F ein Zahlkorper. Dann gilt:
(i) Jedes α ∈ OF , α 6= 0, lasst sich in ein Produkt irreduzibler Faktoren zerlegen.
(ii) Jedes α ∈ OF , α 6= 0, besitzt eine bis auf Reihenfolge der Faktoren und
Assoziierte eindeutige solche Zerlegung genau dann, wennn jedes irreduzible
Element von OF prim ist.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 44
Beweis:
(i) Ist α nicht selbst irreduzibel, so gilt α = β · γ fur gewisse β, γ ∈ OF \ UF .
Iteration dieses Zerlegungsprozesses liefert die gewunschte Faktorisierung. Der
Prozess ist endlich, denn: Ist N(δ) = ±1 fur ein δ ∈ OF , so gilt
1 = ±N(δ) = δ · ((±1) · δ2 · δ3 · δ4 · . . . · δd)
mit den Konjugierten δ2, . . . , δd ∈ OF von δ, also δ ∈ UF . Fur eine Zerlegung
α = α! · α2 · . . . · αm in irreduzible Elemente haben wir also
|N(αj)| ≥ 2 (j = 1, . . . , m) und somit
m ≤ 2m ≤m∏
j=1
|N(αj)| = |N(α)| .
(ii) ”=⇒“
Seien alle Zerlegungen eindeutig. Fur α ∈ OF irreduzibel ist zu zeigen: α ist
prim. Sei also α | βγ, d.h. es gibt σ ∈ OF mit βγ = ασ. Nach Voraussetzung
haben β, γσ eindeutige Zerlegungen
β = u ·r
∏
j=1
βj , γ = v ·s
∏
j=1
γj , σ = w ·t
∏
j=1
σj
mit u, v, w ∈ UF und βj, γj, σj alle irreduzibel. Also
α · w ·t
∏
j=1
σj = ασ = βγ = uvr
∏
j=1
βj ·s
∏
j=1
γj .
Da α irreduzibel ist, folgt aus der eindeutigen Faktorisierung, dass
α ∈ {βj : 1 ≤ j ≤ r} ∩ {γj : 1 ≤ j ≤ s}. Also α | β oder α | γ, d.h. α ist
prim.
”⇐=“
Sei jedes irreduzible Element von OF prim. Sei fur irreduzible αj, βj und u, v ∈
UF mit 1 ≤ s ≤ r
(∗) uα1 · . . . · αr = vβ1 · . . . · βs .
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 45
Zu zeigen: r = s und jedes αj ist assoziiert zu einem βk. Wir machen Induktion
uber r. Fur r = 1 ist s = 1, und alles ist klar. Wir nehmen nun eindeutige
Faktorisierung bis zur Lange r − 1 ≥ 1 an. Da βs nach Voraussetzung prim
(also keine Einheit) ist, impliziert βs | uα1 · . . . · αr, dass βs | αj fur geeignetes
j, o.B.d.A. βs | αr. Damit sind βs und αr assoziiert. Da OF Integritatsring
ist (OF besitzt keine Nullteiler, denn C besitzt keine Nullteiler), konnen wir
βs = wαr, w ∈ UF , in (∗) kurzen und erhalten
u′α1 · . . . · αr−1 = vβ1 · . . . · βs−1
Induktion liefert die Behauptung.
2
Definition 1.48
Sei D ein Integritatsbereich, in dem jedes Element 6= 0 eindeutig in irreduzible Ele-
mente zerfallt. Dann heißt D ein ZPE-Ring (Zerlegung in Primelemente eindeutig).
Bemerkung:
Nach Satz 1.47 ist der Name ZPE-Ring anstelle von ZIE-Ring (Zerlegung in irredu-
zible Elemente eindeutig) gerechtfertigt.
Definition 1.49
Sei D ein ZPE-Ring. Fur α, β, γ, δ ∈ D, heißt γ großter gemeinsamer Teiler von α
und β, γ = ggT(α, β), falls
(i) γ | α und γ | β;
(ii) falls σ | α und σ | β fur ein σ ∈ D, so gilt σ | γ;
und δ kleinstes gemeinsames Vielfaches von α und β, δ = kgV(α, β), falls
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 46
(iii) α | δ und β | δ;
(iv) falls α | Θ und β | Θ fur ein Θ ∈ D, so gilt δ | Θ.
(Beachte, dass ggT(α, β und kgV(α, β) eindeutig bis auf Assoziierte sind).
Ist ggT(α, β) = 1 (d.h. ggT(α, β) ist Einheit), so heißen α und β teilerfremd.
Definition 1.50
Ein Integritatsbereich D heißt euklidischer Ring, falls es eine euklidische Funktion
f : D −→ N0 gibt, d.h. f erfullt die Bedingungen
(i) Fur αβ ∈ D \ {0} ist f(α) ≤ f(αβ).
(ii) Fur α, β ∈ D, β 6= 0, existieren γ, ρ ∈ D mit
α = γβ + ρ und f(ρ) < f(β) oder ρ = 0 .
Beispiel:
In F := Q(√−2) ist OF = Z[
√−2] nach Satz 1.43. Wir wollen zeigen, dass Z[
√−2]
euklidischer Ring ist. Klar ist, dass Z[√−2] Integritatsbereich ist, denn Z[
√−2] ⊆ C
besitzt keine Nullteiler.
Behauptung: NF : Z[√−2] −→ N0 ist euklidische Funktion.
Zunachst ist NF (α) ∈ N0 fur alle α = a+b√−2 ∈ Z[
√−2], denn NF (α) = a2+2b2 ∈
N fur α 6= 0 und NF (0) = 0. Damit ist auch Eigenschaft (i) klar, denn
NF (αβ) = NF (α) ·NF (β) ≥ NF (α)
fur αβ 6= 0.
Zum Beweis von (ii) seien α = a + b√−2 , β = c + d
√−2 ∈ Z[
√−2]. Dann haben
wir
αβ
=(a + b
√−2)(c− d
√−2)
c2 + 2d2 =ac + 2bdc2 + 2d2 +
bc− adc2 + 2d2
√−2 =: u + v
√−2
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 47
mit u, v ∈ Q. Wir wahlen γ := x + y√−2 ∈ Z[
√−2] mit |u− x| ≤ 1/2 und
|v − y| ≤ 1/2.
Damit folgt fur ρ := α− γβ ∈ Z[√−2], dass ρ = 0 oder
NF ρ) = NF
(
β(
αβ− γ
))
= NF (β) ·NF
(
αβ− γ
)
= NF (β) ·NF ((u− x) + (v − y)√−2)
= NF (β) · ((u− x)2 + 2 · (v − y)2)
≤ NF (β) ·(
14
+ 2 · 14
)
< NF (β) .
Satz 1.51
Jeder euklidische Ring ist ein ZPE-Ring.
Beweis:
Sei D euklidischer Ring und sei α ∈ D \ {0}. Wir zeigen zunachst, dass α in irredu-
zible Elemente faktorisiert. Dazu bezeichne f die euklidische Funktion auf D. Wir
haben f(α) = f(1) gdw. α ∈ UD, denn:
Fur alle α 6= 0 gilt f(1) ≤ f(1 · α) = f(α). Ist f(α) = f(1), so gilt fur jedes
β ∈ D \ {0}, dass β = γα + ρ mit ρ = 0 oder f(ρ) < f(α) = f(1) ≤ f(ρ) Wi-
derspruch, d.h. ρ = 0 und somit α | β fur jedes β 6= 0, insbesondere α | 1D, d.h.
α ∈ UD. Sei umgekehrt α ∈ UD, so folgt
f(1) ≤ f(α) ≤ f(α · α−1) = f(1) ,
also f(α) = f(1).
Nach den vorangehenden Uberlegungen konnen wir Induktion uber f(α) machen.
Ist f(α) = f(1), so ist α ∈ UD und es ist nichts zu zeigen. Sei nun α 6∈ UD und
Faktorisierung gewahrleistet fur alle β ∈ D \ {0} mit f(β) < f(α). Ist α selbst
irreduzibel, so sind wir fertig. Sei also α = βγ mit β, γ ∈ D \ UD. Dann haben wir
f(β) ≤ f(βγ) = f(α) und f(γ) ≤ f(γβ) = f(α) .
Dabei gilt f(β) 6= f(α) (und analog f(γ) 6= f(α)), denn:
Ware f(β) = f(α), so hatten wir β = η · α + ρ mit ρ = 0 oder f(ρ) < f(α). Wegen
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 48
β | α folgte im zweiten Fall, dass β | ρ, also f(β) ≤ f(ρ) < f(α). Es bleibt nur
ρ = 0, d.h. α | β. Damit waren α und β assoziiert, d.h. γ ∈ UD. Widerspruch!
Wir haben also f(β) < f(α) und f(γ) < f(α) und somit nach Induktionsannahme
Faktorisierungen von β und γ in irreduzible Elemente. Daher ist auch α = β · γ
faktorisiert.
Es bleibt noch die Eindeutigkeit der Zerlegung zu zeigen. Wir beweisen zuerst, dass
jedes irreduzible Element prim ist. Sei dazu α irreduzibel mit α | βγ. Gilt α - β,
so ist ggT(α, β) = 1. Mit Hilfe des euklidischen Algorithmus (d.h. wiederholter
Anwendung von (ii) aus Definition 1.50) ergibt sich die Existenz von σ, τ ∈ D
derart, dass
σα + τβ = 1 .
Also σαγ + τβγ = γ und wegen α | βγ somit α | γ, d.h. α ist prim. Mit demselben
Argument wie im zweiten Teil des Beweises von Satz 1.47(ii) folgt die Eindeutigkeit
der Zerlegung, wobei wie oben Induktion uber f(α) benutzt wird.
2
Als Anwendungsbeispiel fur Faktorisierung in Zahlkorpern betrachten wir eine so-
genannte Bachet-Gleichung
y2 = x3 + k
mit festem k ∈ Z.
Satz 1.52
Die diophantische Gleichung (d.h. Losungen uber Z)
y2 = x3 − 2
hat nur die beiden Losungen x = 3, y = ±5.
1 ALGEBRAISCHE ZAHLEN 49
Beweis:
Zunachst ist x ungerade, denn fur gerades x hatten wir y2 ≡ −2 mod 4 Widerspruch.
Aufgrund des Beispiels im Anschluss an Definition 1.50 wissen wir, dass OF =
Z[√−2] mit F = Q(
√−2) ein euklidischer Ring und somit nach Satz 1.51 ein ZPE-
Ring ist. Die gegebene Bachet-Gleichung liefert in Z[√−2] die Faktorisierung
(y +√−2) · (y −
√−2) = x3 .
Behauptung: ggT(y +√−2, y −
√−2) = 1.
Sei dazu fur a, b ∈ Z
α := (a + b√−2) | ggT(y +
√−2, y −
√−2) .
Es folgt
NF (α) | NF ((y +√−2)− (y −
√−2)) = NF (2
√−2) = 8
und
NF (α) | NF (x3) = x6 .
Wegen 2 - x folgt NF (α) = ±1 , d.h. α ∈ UF , also gilt die Zwischenbehauptung.
Aufgrund der eindeutigen Faktorisierung in Z(√−2] erhalten wir damit
y +√−2 = u · γ3 = ±(c + d
√−2)3
fur eine Einheit u ∈ UF und eine γ := c + d√−2 ∈ OF , wobei gemaß Satz 1.46 gilt
u = ±1. Nach Ausmultiplizieren der rechten Seite ergibt Koeffizientenvergleich
y = ±c(c2 − 6d2) und 1 = ±d(3c2 − 2d2) .
Die zweite Gleichung liefert d = ±1, also 1 = ±(3c2 − 2) und somit c = ±1. Einset-
zen in die erste Gleichung ergibt y = ±(1− 6) = ±5, also x = 3.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 50
2 Arithmetik in Zahlkorpern
2.1. Quadratische Zahlkorper
Folgendes wissen wir bereits uber quadratische Zahlkorper F :
– Explizite Formel fur die Diskriminante ∆F (Satz 1.43).
– Explizite Darstellung des Ganzzahlrings OF = Z[α] mit explizitem α (Satz
1.43).
– Explizite Darstellung der Einheitengruppe UF fur den Fall ∆F < 0 (Satz 1.46).
– F = Q(√−2) hat den euklidischen Ganzzahlring OF = Z[
√−2] (Beispiel nach
Definition 1.50).
Satz 2.1
Ist F komplexer quadratischer Zahlkorper mit Diskriminante ∆F < −12, so ist OF
kein euklidischer Ring.
Beweis:
Wir nehmen an, dass OF ein euklidischer Ring mit euklidischer Funktion f sei. Sei
α ∈ OF \ UF , α 6= 0, derart gewahlt, dass f minimal ist. Da OF euklidischer Ring
ist, existieren zu jedem β ∈ OF Elemente γ, ρ ∈ OF mit β = γα + ρ, wobei ρ = 0
oder f(ρ) < f(α). Wegen der Minimalitat von f(α) bleiben nur ρ = 0 oder ρ ∈ UF
(d.h. ρ = ±1 nach Satz 1.46 wegen ∆F < −12). Insgesamt haben wir bei Division
eines beliebigen β ∈ OF durch α nur drei mogliche Reste, also
|OF / 〈α〉| ≤ 3 .
Fur algebraische Zahlkorper F und α ∈ OF , α 6= 0, gilt allgemein
|OF / 〈α〉| = |NF (α)|
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 51
(man zeigt: OF und 〈α〉 haben als freie Gruppen uber Z denselben Rang, also
|OF / 〈α〉| endlich). Wir erhalten NF (α) ≤ 3.
1. Fall: ∆F ≡ 0 mod 4.
Nach Satz 1.43 haben wir α = a+b√
D mit a, b ∈ Z, wobei D = ∆F /4 der Radikand
von F ist. Es folgt
3 ≥ NF (α) = a2 − b2D
mit −D > 3 wegen ∆F < −12. Dies liefert fur α 6= 0,±1 einen Widerspruch.
2. Fall: ∆F ≡ 1 mod 4.
Wieder nach Satz 1.43 haben wir α = (a + b√
D)/2 mit a, b ∈ Z, a ≡ mod 2. Fur
a ≡ b ≡ 0 mod 2 und α 6= 0,±1 kommt
3 ≥ NF (α) =14(a2 − b2D) . Widerspruch! (D = ∆F < −12)
Als bleibt nur a ≡ b ≡ 1 mod 2, und wir erhalten
3 ≥ NF (α) =14(a2 − b2D) =
14(a2 − b2∆F )
>14(a2 + 12b2) ≥ 1
4(1 + 12 · 1) > 3
Widerspruch!
2
Bemerkungen:
(i) Wir haben als Beispiel gezeigt, dass OF fur F = Q(√−2) euklidischer Ring ist.
In ahnlicher Weise stellen sich F = Q(√−1), Q(
√−3), Q(
√−7), Q(
√−11)
als Zahlkorper mit euklidischem OF heraus. Dies sind genau die funf euklidi-
schen Ringe OF mit ∆F < 0.
(ii) Es lasst sich leicht zeigen, dass die funf euklidischen komplexen quadratischen
Zahlkorper Q(√
D) mit D = −1,−2,−3,−7,−11 norm-euklidisch sind, d.h.
die euklidische Funktion ist jeweils die Norm (bzw. allgemeiner der Betrag der
Norm).
Wir wollen nun reelle quadratische Zahlkorper untersuchen.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 52
Satz 2.2
Fur D = 2, 3, 5, 6, 7, 13, 17, 21, 29 ist F = Q(√
D) norm-euklidisch (d.h. OF ist
norm-euklidisch).
Beweis:
Wir setzen
ε :=
2 fur D ≡ 1 mod 4,
1 fur D ≡ 2, 3 mod 4.
Offenbar lasst sich jedes σ ∈ F schreiben als
σ = r1 +(r2
ε
)√D r1, r2 ∈ Q .
Bedingung (ii) in Definition 1.50 fur norm-euklidische Ringe ist aquivalent zu: Fur
alle σ ∈ Q(√
D) existiert ein β ∈ OF mit
|NF (σ − β)| < 1 .
Gemaß Satz 1.43 haben wir also ein
β =1ε(x + y
√D) ∈ OF (x, y ∈ Z)
zu finden derart, dass
(∗) |NF (σ − β)| =∣
∣
∣
∣
(
r1 −xε
)2− 1
ε2 (r2 − y)2D∣
∣
∣
∣
< 1 .
Wir nehmen an, dass (∗) bei gegebenem r1, r2 ∈ Q fur alle x, y ∈ Z verletzt ist.
O.B.d.A. konnen wir in (∗) voraussetzen, dass 0 ≤ ri ≤ 1/2 fur i = 1, 2 (ansonsten
ersetzen wir x, y durch geeignete x′, y′). Damit liefert (∗) mindestens eine der beiden
folgenden Ungleichungen fur alle x, y ∈ Z:
(∗∗)(
r1 −xε
)2≥ 1 +
1ε2 (r2 − y)2D
oder
(∗ ∗ ∗) 1ε2 (r2 − y)2D ≥ 1 +
(
r1 −xε
)2.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 53
Fur r1 = r2 = 0 waren beide Ungleichungen verletzt mit x = y = 0. Also wissen
wir r1 > 0 oder r2 > 0. Fur x = y = 0 oder x = 1, y = 0 ist (∗∗) wegen r1 ≤ 1/2
verletzt:(
r1 −xε
)2< 1 +
1ε2 · r
22 ·D .
Also muß fur diese beiden Situationen jeweils (∗ ∗ ∗) erfullt sein, d.h.
(∗ ∗ ∗∗) 1ε2 · r
22 ·D ≥ 1 + r2
1 und1ε2 · r
22 ·D ≥ 1 +
(
r1 −1ε
)2
.
Wir unterschieden nun zwei Falle:
1. Fall: (∗∗) gilt fur x = −ε, = 0, also mit (∗ ∗ ∗∗)
(r1 + 1)2 ≥ 1 +1ε2 · r
22 ·D ≥ 2 +
(
r1 −1ε
)2
≥ 2 + (r1 − 1)2 .
Daraus folgt r1 ≥ 1/2, d.h. r1 = 1/2. Einsetzen liefert
94
=(
12
+ 1)2
≥ 1 +1ε2 · r
22 ·D ≥ 2 +
(
12− 1
)2
=94
und somit r22 · D/ε2 = 5/4. Sei nun r2 = a/b mit (a, b) = 1. Fur ε = 1 haben wir
4a2D = 5b2, also a2 | 5, d.h. a = 1. Da D quadratfrei nach Voraussetzung ist, bleibt
nur b = 2, d.h. r2 = 1/2 und D = 5 (s. Liste im Satz). Fur ε = 2 folgt a2D = 5b2
und damit a = b = 1 Widerspruch! (r2 ≤ 1/2).
2. Fall: (∗ ∗ ∗) gilt fur x = −ε, y = 0, also
1ε2 · r
22 ·D ≥ 1 + (r1 − 1)2 ≥ 2 .
Wegen r22 ≤ 1/4 folgt D ≥ 8 · ε2, d.h. fur D < 8 · ε2 ist F norm-euklidisch. Fur
D ≡ 1 mod 4 heißt dies D < 32, also D = 5, 13, 17, 21, 29. Fur D ≡ 2, 3 mod 4
haben wir D < 8, also D = 2, 3, 6, 7.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 54
Bemerkungen:
(i) Zu den in Satz 2.2 angegebenen norm-euklidischen reell-quadratischen Zahlkorpern
kommen noch die Q(√
D) mit D = 11, 19, 33, 37, 41, 57, 73 hinzu. 1938 bewies
Heilbronn, dass es nur endlich viele derartige Zahlkorper gibt, und 1950 zeigten
Chatland & Davenport sowie unabhangig davon Inheri, dass die oben angege-
bene Liste vollstandig ist (Methode: Geometrie der Zahlen).
(ii) Wahrend die funf euklidischen komplex-quadratischen Zahlkorper automatisch
norm-euklidisch sind, zeigte Clark 1994, dass dies im reellen Fall anders ist: In
Q(√
69) gibt es eine euklidische Funktion, die nicht die Norm ist.
Mit unseren Mitteln konnen wir zeigen
Satz 2.3
Es gibt nur endlich viele norm-euklidische reell-quadratische Zahlkorper F = Q(√
D)
mit D > 0 und ∆F ≡ 0 mod 4 (d.h. D 6≡ 1 mod 4).
Beweis:
Sei F = Q(√
D) norm-euklidisch mit D > 0 und ∆F ≡ 0 mod 4. Zu jedem
σ = t ·√
D/D ∈ F, t ∈ Z, existiert ein x, y√
D ∈ Z[√
D] (vgl. Satz 1.43) derart,
dass∣
∣
∣NF (σ − (x + y√
D))∣
∣
∣ =
∣
∣
∣
∣
∣
x2 −(
y − tD
)2
·D
∣
∣
∣
∣
∣
< 1 ,
also∣
∣Dx2 − (Dy − t)2∣
∣ < D .
Mit z := Dy − t ∈ Z haben wir
(∗) z2 −Dx2 ≡ t2 mod D und∣
∣z2 −Dx2∣
∣ < D .
1. Fall: D ≡ 3 mod 4.
Wir setzen t := 2 · [1/2(√
6D− 1)] + 1. Eine kleine Rechnung zeigt, dass fur D ≥ 88
gilt (jedenfalls fur D hinreichend groß)
5D < t2 < 6D .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 55
Mit (∗) folgt
z2 −Dx2 = t2 − a ·D ,
wobei a = 5 oder a = 6. Also
(∗∗) D(a− x2) = t2 − z2 .
Fur a = 5 haben wir wegen 2 - t
3(1− x2) ≡ 1− z2 mod 4 ,
also 2 - x und 2 - z. Wir setzen t = 2k + 1, z = 2l + 1 und x = 2m + 1 und erhalten
aus (∗∗)
D · (4− 4m− 4m2) = (4k2 + 4k + 1)− (4l2 + 4l + 1) ,
also
D · (1−m(m + 1)) = k(k + 1)− l(l + 1) .
Dies ist unlosbar, denn links steht eine ungerade Zahl und rechts eine gerade Zahl;
d.h. (∗∗) ist fur a = 5 nicht losbar.
Fur a = 6 liefert (∗∗) wegen 2 - t
3(2− x2) ≡ 1− z2 mod 4 ,
auch dies unlosbar. Also ist fur D ≡ 3 mod 4 und D ≥ 88 der Korper Q(√
D) nicht
norm-euklidisch.
2. Fall: D ≡ 2 mod 4.
Wir setzen t := 2[(√
3− 1)/2] + 1, womit fur D ≥ 40 gilt
2D < t2 < 3D ,
also mit (∗) fur a ∈ {2, 3}
D(a− x2) = t2 − z2 .
Die gleichen Argumente wie im 1. Fall liefern auch hier die Unlosbarkeit, womit Satz
2.3 vollstandig bewiesen ist.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 56
2
Bemerkung:
Nach Satz 1.51 umfasst die Menge der quadratischen ”ZPE-Zahlkorper“ die Men-
ge der euklidischen quadratischen Zahlkorper. 1966 bewiesen Baker und Stark un-
abhangig voneinander, dass die komplexen quadratischen Zahlkorper Q(√
D) mit
ZPE-Eigenschaft genau fur D = −1,−2,−3,−7,−11,−19,−43,−67,−163 gegeben
sind. Es kann bislang nur vermutet werden, dass es unendlich viele reelle quadrati-
sche ZPE-Zahlkorper gibt.
Aus der Theorie der Kettenbruche ist bekannt:
– Jede reelle Zahl α besitzt eine (nahezu) eindeutige Darstellung als endlicher
oder unendlicher Kettenbruch, d.h. es gibt Zahlen a0 ∈ Z und aj ∈ N (j ≥ 1)
mit
α = 〈a0; a1, a2, . . .〉 = a0 +1
a1 +1
a2 +1
a3 + · · ·
– Jede quadratische Irrationalzahl α besitzt einen eindeutigen unendlichen pe-
riodischen Kettenbruch
α = 〈a0; a1, . . . , am−1, am, . . . , am+k〉 .
– Die Losungen der Pell’schen Gleichung x2−y2D ≡ ±1 werden bestimmt durch
die Naherungsbruche des Kettenbruchs von√
D.
Mit derlei Hilfsmitteln bestimmen wir nun die Einheitengruppe der reell-quadratischen
Zahlkorper.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 57
Satz 2.4
Sei F = Q(√
D) mit D > 1 quadratfrei. Dann existiert eine minimale Einheit
ε1 = ε1(F ) > 1 in UF derart, dass
UF = {± εn1 : n ∈ Z} .
Ist l die Periodenlange des Kettenbruchs von√
D und bezeichnet Aj/Bj den j-ten
Naherungsbruch von√
D, so gilt
Al−1 + Bl−1
√D =
ε1 fur D 6≡ 5 mod 8,
ε1 oder ε31 fur D ≡ 5 mod 8.
Außerdem ist NF (ε1) = (−1)l.
Beweis:
Nach Satz 1.43 konnen wir jedes Element von OF in der Form (x + y√
D)/2 mit
x ≡ y mod 2 schreiben, wobei fur D 6≡ 1 mod 4 sogar x ≡ y ≡ 0 mod 2 gilt. Ist
speziell u ∈ UF , so haben wir fur x, y mit diesen Eigenschaften
u =12(x + y
√D)
und
(∗) x2 −Dy2 = ±4
wegen NF (u) = ±1. Wir wahlen
ε1 = ε1(F ) =12(x1 + y1
√D) ∈ UF
als die kleinste Losung von (∗) mit y1 > 0. Dann ist x1 6= 0, und mit x1 > 0
(o.B.d.A.) wird ε1 eindeutig. Bekanntlich sind die positiven Losungen der Pell’schen
Gleichung
(∗∗) x2 − y2D = ±1
genau gegeben durch x = Akl−1, y = Bkl−1 (k = 1, 2, . . .); hinzu kommen die
entsprechenden Losungen durch Anderung von Vorzeichen und die triviale Losung
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 58
x = 1, y = 0. Die kleinste positive Losung ist demnach x = A − l − 1, y = Bl−1.
Fur D 6≡ 1 mod 4 haben wir in (∗) x ≡ y ≡ 0 mod 2, d.h. (∗) ⇐⇒ (∗∗). Fur
D ≡ 1 mod 8 in (∗) ergibt sich
x2 − y2 ≡ x2 −Dy2 = ±4 ≡ 4 mod 8 ,
was nur fur x ≡ y ≡ 0 mod 2 moglich ist. Also folgt auch in diesem Fall (∗∗) aus
(∗), und wir haben in den bisherigen Situationen
ε1 = Al−1 + Bl−1
√D .
Es bleibt der Fall D ≡ 5 mod 8 und ε1 6= Al−1+Bl−1√
D. Dann gilt x ≡ y ≡ 1 mod 2
in (∗), und
ε21 =
14
(
x + y√
D)2
=14
(
(x2 + y2D) + 2xy√
D)
6∈ Z[√
D] ,
aber
ε31 =
18
(
x + y√
D)3
=18
(
x(
x2 + 3y2D)
+ y(
3x2 + y2D)√
D)
∈ Z[√
D]
wegen x2+3y2D ≡ 1+3 ·1 ·5 ≡ 0 mod 8 und auch 3x2+y2D ≡ 3 ·1+1 ·5 ≡ 0 mod 8.
Selbstverstandlich ist
NF (ε31) = NF (ε1)3 = NF (ε1) ,
also ist ε31 die kleinste positive Losung von (∗∗), d.h.
ε31 = Al−1 + Bl−1
√D .
Die Tatsache, dass
A2kl−1 −B2
kl−1D = (−1)kl
und dies alle Losungen von x2 − y2D = ±1 sind, impliziert nun, dass UF genau die
angegebene Menge ist. Außerdem folgt auch, dass
NF (ε1) = NF (ε31) = (−1)1·l .
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 59
Beispiele:
(i) Sei D = 226 ≡ 2 mod 4, also ∆F = 904 fur F = Q(√
226). Wir haben√
226 =⟨
15; 30⟩
, denn fur α :=⟨
30⟩
= 30 + 1/α gilt
α2 − 30α− 1 = 0 =⇒ α1,2 = 15±√
226 α>0=⇒ α = 15 +√
226 ,
also
√226 = 15 + (
√226− 15) = 15 +
1√226 + 15
= 15 +1α
=⟨
15; 30⟩
.
Somit ist in Satz 2.4 l = 1 und wegen A0/B0 = 15/1
ε1 = A0 + B0
√226 = 15 +
√226
die minimale positive Einheit in UF .
(ii) Sei D = 293 = ∆F ≡ 5 mod 8 mit F = Q(√
293). Wir finden√
293 =⟨
17; 8, 1, 1, 8, 34⟩
, also l = 5. Man berechnet
A4
B4= 〈17; 8, 1, 1, 8〉 =
2482145
= ε1 oder ε31 .
Es zeigt sich
ε1 :=12(A0 + B0
√293) =
12(17 +
√293)
erfullt ε31 = A4/B4, also ist ε1 die minimale positive Einheit in UF .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 60
2.2. Kreisteilungskorper
Ist ζn eine primitive n-te Einheitswurzel, so heißt Q(ζn) n-ter Kreisteilungskorper
(aus offensichtlichen Grunden; vgl. Defnition 1.4). Wir wollen im Folgenden den
Ring der ganzen Zahlen in Q(ζn) bestimmen.
Definition 2.5
Fur n ∈ N heißt
Φn(x) :=∑
1≤j≤n(j,n)=1
(x− ζjn)
n-tes Kreisteilungspolynom. Der Grad von Φn(x) ist offenbar gleich Eulers ϕ(n).
Satz 2.6
Fur n ∈ N gilt mit einer primitven n-ten Einheitswurzel ζn
Φn(x) = mζn,Q(x) .
Insbesondere ist Φn(x) ∈ Z[x] irreduzibel in Z[x].
Beweis:
Wir zeigen zunachst, dass Φn(x) ∈ Z[x]. Fur j = 1, . . . , n ist ζjn eine n/d-te primitive
Einheitswurzel, sofern d = ggT(j, n). Damit folgt
xn − 1 =n
∏
j=1
(x− ζjn) =
∏
d|n
n∏
j=1(j,n)=d
(x− ζjn)
=∏
d|n
n/d∏
k=1(k,n/d)=1
(x− (ζdn)k)
[
j = d · k, k =jd;
(
jd,nd
)
= 1]
=∏
d|n
Φn/d(x) =∏
d|n
Φd(x) .
Wir haben Φ1(x) = x−1 ∈ Z[x]. Unter Verwendung von Induktion sei Φk(x) ∈ Z[x]
fur alle k < n. Nach obiger Identitat ist
Φn(x) =xn − 1
∏
d|nd<n
Φd(x),
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 61
wobei in Zahler und Nenner Polynome aus Z[x] mit fuhrenden Koeffizienten 1 stehen.
Nach dem Gauß-Lemma muß dann auch Φn(x) ∈ Z[x] gelten.
Behauptung: Ist ζ eine primitive n-te Einheitswurzel, so gilt Mζx,Q(ζp) = 0 fur jedes
p ∈ P, p - n. Wir kurzen ab m1(x) := mζn,Q(x) und m2(x) := mζp,Q(x).
Da ζ n-te Einheitswurzel ist, gilt m1(x) | (xn − 1). Da auch ζp n-te Einheitswurzel
ist, folgt m2(x) | (xn − 1). Mit m1(ζp) = 0 ware unsere Behauptung bewiesen. Sei
also m1(ζp) 6= 0. Wegen der Irreduzibilitat von m1(x) und m2(x) hatten wir dann
m1(x) ·m2(x) | (xn − 1), d.h.
(∗) xn − 1 = m1(x) ·m2(x) · g(x)
fur ein g(x) ∈ Z[x]. Das Polynom m2(xp) hat die Nullstelle ζ, also m1(x) | m2(xp),
d.h. es gibt h(x) ∈ Z[x] mit
m2(xp) = m1(x) · h(x) .
Wir betrachten die Polynomidentitaten uber Z nun modulo p. Man zeigt leicht mit
dem Binomischen Lehrsatz, dass fur beliebige Polynome f(x) gilt f(xp) ≡ f(x)p mod
p. Also haben wir
m2(x)p ≡ m1(x) · h(x) mod p .
Ist nun k(x) ein beliebiger irreduzibler Faktor von m1(x) mod p, so ist k(x) auch
ein solcher Teiler von m2(x)p und damit von m2(x) mod p. Mit (∗) folgt, dass xn −
1 mod p durch k(x)2 teilbar ist, d.h. k(x) | (xn − 1) mod p und k(x) | (xn − 1)′ =
nxn−1 mod p. Wegen p - n hat n · xn−1 nur irreduzible Faktoren x, die jedoch nicht
xn − 1 teilen. Dieser Widerspruch beweist unsere Zwischenbehauptung.
Wir zeigen nun, dass jede primitive n-te Eineitswurzel eine Nullstelle von mζn,Q(x)
ist. Jede solche Einheitswurzel ist von der Form ζjn fur ein (j, n) = 1, d.h. j =
p1 · p2 · . . . · pr fur gewisse pi ∈ P, pi - n. Trivialerweise gilt mζn,Q(ζn) = 0. Durch
iterative Anwendung der Zwischenbehauptung erhalten wir
mζn,Q(ζp1n ) = mζn,Q(ζp1·p2
n ) = · · · = mζn,Q(ζp1·...·prn ) = 0 .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 62
Damit folgt Φn(x) | mζn,Q(x). Da schon gezeigt wurde, dass Φn(x) ∈ Z[x], und of-
fenbar Φn(x) fuhrenden Koeffizienten 1 besitzt, bleibt wegen der Irreduzibilitat von
mζn,Q(x) nur Φn(x) = mζn,Q(x).
2
Korollar 2.7
Fur n ∈ N und eine primitive n-te Einheitswurzel ζn gilt [Q(ζn) : Q] = ϕ(n).
Beweis:
Nach Korollar 1.12 und Satz 2.6 gilt
[Q(ζn) : Q] = deg mζn,Q = deg Φn = ϕ(n) .
2
Satz 2.8
Fur F = Q(ζn) mit einer primitven n-ten Einheitswurzel ζn gilt ∆F | nϕ(n).
Beweis:
Klar ist
(∗) xn − 1 =n
∏
j=1
(x− ζjn) = Φn(x) · g(x)
fur ein g(x) ∈ Z[x]. Differenzieren liefert
n · xn−1 = Φ′n(x) · g(x) + Φn(x) · g′(x)
also fur x := ζn
n · ζn−1n = Φ′
n(ζn) · g(ζn) .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 63
Aus (∗) folgt, dass die Konstante in Φn(x), d.h. bis aufs Vorzeichen das Produkt der
Konjugierten von ζn (nach Satz 2.6), gleich ±1 ist; mit anderen Worten: NF (ζn) =
±1. Also erhalten wir
±nϕ(n) = NF (ζn)n−1 ·NF (n) = NF (n · ζn−1n )
= NF (Φ′n(ζn)) ·NF (g(ζn)) .
Nach Satz 1.25 gilt
NF (Φ′n(ζn)) = ±discr(mζn,Q) = ±discr(B)
(als Vandermonde-Determinante, vgl. Lemma 1.34) fur
B = {1, ζn, ζ2n, . . . , ζ
ϕ(n)−1n } ⊆ OF . Sei B1 eine Ganzheitsbasis von F , also discr(B1) =
∆F . Nach Satz 1.35 gilt discr(B) = D2·discr(B1) mit einem D ∈ Z. Wegen discr(B) ∈
Z haben wir also zusammen
∆F = discr(B1) | discr(B) = ±NF (Φ′n(ζn)) ,
und es folgt die Behauptung.
2
Satz 2.9
Fur F = Q(ζn) mit einer primitiven n-ten Einheitswurzel ζn gilt OF = Z[ζn].
Beweis:
Fur n = 1, 2 haben wir ζn = 1 bzw. ζn = −1, und die Behauptung ist trivial. Sei
also o.B.d.A. n ≥ 3.
Wir zeigen den Satz zunachst fur Primzahlpotenzen n = pa.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 64
Wir setzen ζ := ζpa . Nach Korollar 2.7 ist B1 = {1, ζ, ζ2, . . . , ζϕ(pa)−1} eine Q-Basis
von F .
Behauptung: |discr(B1)| = ps fur ein s ∈ N.
Mit Hilfe des Beweises von Satz 2.6 haben wir
xpa − 1 =∏
d|pa
Φd(x) = Φpa(x) ·∏
d|pa−1
Φd(x) = Φpa(x) · (xpa−1 − 1) .
Wir differenzieren und setzen x = ζ, also
pa · ζpa−1 = Φ′pa(ζ) · (ζpa−1 − 1) ,
und somit wegen ζpa = 1
(∗) Φ′pa(ζ) · (ζpa−1 − 1) · ζ = pa .
Es ist ξ := ζpa−1 eine primitive p-te Einheitswurzel, also
NQ(ξ)(1− ξ) =p−1∏
j=1
(1− ξj) = Φp(1) = p
wegen Φp(x) = (xp−1)/(x−1) = xp−1 +xp−2 + · · ·+x+1. Mit Satz 1.22 (ii) kommt
wegen NQ(ζ)(−1) = ±1
NQ(ζ)(ξ − 1) = ±(NQ(ξ)(ξ − 1))pa−1= ±ppa−1
.
Da auch NQ(ζ)(ζ−1) = ±1, erhalten wir aus (∗)
NQ(ζ)(Φ′pa(ζ)) · (±ppa−1
) = NQ(ζ)(pa) = (pa)ϕ(pa) = pa(pa−pa−1) .
Wie im Beweis zu Satz 1.43 erhalten wir discr(B1) = discr(mζ,Q), also mit Satz 1.25
und Satz 2.6
discr(B1) = ±NQ(ζ)(m′ζ,Q(ζ)) = ±NQ(ζ)(Φ′
pa(ζ))
= ±ppa−1(ap− a− 1) .
Dies beweist die Zwischenbehauptung, da n ≥ 3.
Wir setzen η := 1 − ζ. Dann ist B2 := {1, η, η2, . . . , ηϕ(pa)−1} auch eine Q-Basis
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 65
von F , wobei nach Satz 1.35 discr(B2) = discr(B1) = ±ps fur ein s ∈ N (die
Transformationsmatrix ist obere Dreiecksmatrix mit Diagonalelement ±1). Wegen
ζ = 1− (1− ζ) ist Z[ζ] = Z[1− ζ], d.h. es genugt OF = Z[η] zu zeigen.
Behauptung: Jedes β ∈ OF besitzt eine Darstellung
(∗∗) β =ϕ(pa)∑
j=1
zj
discr(B2)· ηj−1
mit zj ∈ Z.
Ist B3 := {α1, α2, . . . , αϕ(pa)} eine Ganzheitsbasis von F , so existieren fur j =
1, . . . , ϕ(pa) Zahlen aj,k ∈ Z (1 ≤ k ≤ ϕ(pa)) mit
ηj−1 =ϕ(pa)∑
k=1
aj,k · αj .
Nach der Cramer’schen Regel existieren dann Zahlen a′j,k ∈ Z derart, dass
αj =ϕ(pa)∑
k=1
a′j,kdet(aj,k)
· ηk−1 (1 ≤ j ≤ ϕ(pa)) ,
wobei wegen Satz 1.35 in ganzen Zahlen gilt
discr(B2) = (det(aj,k))2 · discr(B3) ,
also det(aj,k) | discr(B2). Da β als Linearkombination der αj geschrieben werden
kann, folgt die Zwischenbehauptung.
Wir nehmen nun an, es gabe ein β ∈ OF mit β 6∈ Z[η]. Wegen (∗∗) und discr(B2) =
±ps konnen wir durch Multiplikation von (∗∗) mit einer geeigneten Potenz von p
o.B.d.A. annehmen, dass
β =ϕ(pa)∑
j=d
zj
pηj−1
fur ein d in 1 ≤ d ≤ ϕ(pa), wobei p - zd. Mit einem Argument wie weiter oben im
Beweis folgt
NF (1− ζ) = p .
Wegen (1− ζj)/(1− ζ) = 1 + ζ + · · ·+ ζj−1 ∈ Z[ζ] erhalten wir
pηϕ(pa) =
NF (1− ζ)(1− ζ)ϕ(pa) =
pa∏
j=1(j,pa)=1
1− ζj
1− ζ∈ Z[ζ] ;
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 66
also insbesonderepηd =
pηϕ(pa) · η
ϕ(pa)−d ∈ Z[ζ] .
Dies impliziert, dass
pβ
ηd =1ηd
ϕ(pa)∑
j=d
zj · ηj−1 =zd
η+
ϕ(pa)∑
j=d+1
zj · ηj−d−1
in OF liegt, d.h. zd/η ∈ OF . Es folgt
NF (η) = NF (1− ζ) = p | NF (zd) = zϕ(pa)d Widerspruch! (p - zd) .
Dieser Widerspruch widerlegt unsere Annahme β ∈ Z[η], d.h. der Satz gilt fur alle
n = pa.
Sei nun n ∈ N beliebig mit Primfaktorisierung
n = pa11 · . . . · par
r .
Fur Fj := Q(ζpajj
) haben wir ggT(∆Fk , ∆Fl) = 1 fur k 6= l wegen Satz 2.8 und
pk 6= pl. Fur zwei Zahlkorper F und G bezeichnet FG den kleinsten Korper in C,
der F und G umfaßt (d.h. FG besteht aus allen endlichen Summen∑
αiβj mit
αi ∈ F und βj ∈ G). Falls ggT(∆F , ∆G) = 1, so folgt nach einem Ergebnis von
Hilbert, dass OFG = OFOG. Bei uns ergibt sich
OF1F2 = OF1 · OF2 = Z[ζpa11
] · Z[ζpa22
]
= Z[ζpa11
, ζpa22
] = Z[ζpa11 ·pa2
2]
und damit induktiv
OF = OF1 · . . . · OFr = Z[ζpa11 ·...·pa2
2] = Z[ζn] .
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 67
Korollar 2.10
Fur F = Q(ζpa) gilt ∆F = (−1)ϕ(pa)/2 · ppa−1(a · (p− 1)− 1).
Beweis:
Im Beweis von Satz 2.9 haben wir nach Satz 2.9 ∆F = discr(B1). Eine etwas ge-
nauere Analyse des Vorzeichens in der ersten Zwischenbehauptung dort liefert die
gewunschte Aussage.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 68
2.3. Einheiten in Ganzzahlringen
Wir listen einige Ergebnisse uber Einheiten auf, die uns im Wesentlichen schon
bekannt sind.
Satz 2.11
Fur α ∈ A sind die folgenden Aussagen aquivalent:
(i) α ist eine Einheit.
(ii) α | 1 in A.
(iii) Fur jeden Zahlkorper F mit α ∈ F gilt |NF (α)| = 1.
(iv) Fur F = Q(α) gilt |mα,Q(0)| = 1.
Beweis:
Die Aquivalenz (i) ⇐⇒ (ii) folgt direkt aus der Definition der Einheit. Die Gleich-
wertigkeit von (i) und (ii) wurde schon im Beweis von Satz 1.46 gezeigt:
1 = NF (1) = NF (α) · NF (α−1) mit NF (α), NF (α−1) ∈ Z, also |NF (α)| = 1; umge-
kehrt ist ±1 = NF (α) = α ·∏
jα(j) fur die Konjugierten α = α(1), α(2), . . . , α(d) vo α,
also ist α invertierbar. Zur Aquivalenz von (i) und (iv):
Nach Satz 1.22 (iii) gilt wegen (i) ⇐⇒ (iii)
|mα,Q(0)| = 1 ⇐⇒ |NF (α)| = 1 ⇐⇒ α ist Einheit .
2
In den Satzen 1.46 bzw. 2.4 enthielt die Einheitengruppe jeweils die Komponente
bestehend aus Einheitswurzeln. Wir bezeichnen mit RF die Menge der Einheitswur-
zeln in einem gegebenen Zahlkorper F (offenbar ist RF ⊆ UF ).
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 69
Satz 2.12
Sei F ein Zahlkorper. Dann gilt
(i) RF ist eine endliche zyklische Gruppe (bzgl. Multiplikation).
(ii) |RF | ist gerade und|RF |
2| ∆F .
Beweis:
(i) Offenbar ist RF eine kommutative Gruppe mit Einselement 1 und Inversem
ζn−1n zu gegebenem ζn ∈ RF . Ist [F : Q] = d, so existieren nur endlich viele n ∈ N
mit ϕ(n) ≤ d und zu jedem solchen n genau ϕ(n) primitive n-te Einheitswurzeln.
Nach Korollar 2.7 ist somit RF endlich. Ist |RF | = n, so gilt nach dem Satz von
Lagrange ζn = 1 fur alle ζ∈RF , d.h. in RF liegen nur n-te Einheitswurzeln. Da es
aber nur n n-te Einheitswurzeln gibt, folgt mit |RF | = n, dass RF genau aus den
n-ten Einheitswurzeln besteht. Jede primitive n-te Einheitswurzel erzeugt also RF .
(ii) Wegen {1,−1} ⊆ Q ⊆ F , also {1,−1} ⊆ RF , haben wir fur jedes α ∈ RF ,
dass auch −α ∈ RF . Damit ist |RF | gerade.
Sei nun |RF | = n mit der Primfaktorisierung
n = pa11 · . . . ·ar
r .
Nach (i) besteht RF genau aus den n-ten Einheitswurzeln, also insbesondere ζpajj∈
RF fur alle 1 ≤ j ≤ r. Demnach ist Fj := Q(ζpajj
) ⊆ F fur alle j, und nach Korollar
2.10 gilt
(∗) ∆Fj = ±pp
aj−1j
j (aj(pj − 1)− 1) .
Behauptung: ∆Fj | ∆F fur 1 ≤ j ≤ r.
Seien dazu ganz allgemein Q ⊆ K ⊆ L Zahlkorper. Dann gilt [L : Q] = [L : K] · [K :
Q], also
d1 := [K : Q] | d2 := [L : Q] .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 70
Wir wissen nach Satz 1.39, dass fur geeignete Ganzheitsbasen {α1, . . . , αd1} bzw.
{β1, . . . , βd2}
OK =d1
⊕
j=1
Zαj , OL =d2
⊕
j=1
Zβj
als freie abelsche Gruppen. Wegen OK ⊆ OL ist OK freier Untermodul von OK ,
also konnen wir {α1, . . . , αd1} zu einer Ganzheitsbasis {α1, . . . , αd2} von L erganzen.
Analog zu Satz 1.35 folgt
∆L = discr(α1, . . . , αd2) = D2 · discr(α1, . . . , αd1)
= D2 ·∆K ,
also ∆K | ∆L, und die Zwischenbehauptung ist bewiesen. Mit (∗) ergibt sich
r∏
j=1
pp
aj−1j
j (aj(pj − 1)− 1) | ∆F .
Fur pj > 2 ist
paj−1j (aj(pj − 1)− 1) ≥ aj ,
und fur pj = 2 gilt
paj−1j (aj(pj − 1)− 1) = 2aj−1(aj − 1) ≥ aj − 1 ,
also|RF |
2=
12
r∏
j=1
pajj
∣
∣
∣
∣
∣
r∏
j=1
pp
aj−1j
j (aj(pj − 1)− 1)
∣
∣
∣
∣
∣
∆F .
2
Satz 2.13
Sei F ein Zahlkorper mit [F : Q] = d, seien Θ1, . . . , Θd die Einbettungen von F . Zu
jedem r ∈ R>0 existieren nur endlich viele α ∈ OF derart, dass |Θj(α)| ≤ r fur alle
j = 1, . . . , d.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 71
Beweis:
Wir setzen:
M := max{(
dj
)
· rj : j = 1, . . . , d}
und
F :=
{
xd +d
∑
j=0
zjxj ∈ Z[x] : |zj|M (0 ≤ j < d)
}
.
Offenbar ist F eine endliche Menge von Polynomen, und damit ist auch
S := {α ∈ F : f(α) = 0 fur ein f(x) ∈ F}
endlich. Sei nun α ∈ F mit |Θj(α)| ≤ r fur alle j = 1, . . . , d. Bezeichnen s1, s2, . . . , sd
die elementarsymmetrischen Funktionen von x1, . . . , xd, so folgt
|sj(Θ1(α), . . . , Θd(α))| ≤ sj(r, r, . . . , r)
=(
dj
)
· rj ≤ M
fur j = 1, . . . , d. Wegen α ∈ OF wissen wir außerdem, dass alle sj(Θ1(α), . . . , Θd(α)) ∈
Z sind. Also gilt
d∏
j=1
(x−Θj(α)) = xd +d
∑
j=1
(−1)jsj(Θ1(α), . . . , Θd(α))xd−j ∈ F ,
und somit α ∈ S.
2
Korollar 2.14
Es gibt ein α ∈ RF gdw. |Θj(α)| = 1 fur j = 1, 2, . . . , d = [F : Q].
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 72
Beweis:
”=⇒“
Ist α ∈ RF , so folgt fur alle j = 1, . . . , d
(Θj(α))n = Θj(αn) = ΘJ(1) = 1
mit einem geeigneten n ∈ N. Also ist |Θj(α)|n = 1, d.h. |Θj(α)| = 1.
”⇐=“
Sei |Θj(α)| = 1 fur j = 1, . . . , d. Nach Satz 2.13 gibt es nur endlich viele α ∈ OF
mit dieser Eigenschaft. Fur alle k ∈ N ist αk ∈ OF und
∣
∣Θj(αk)∣
∣ =∣
∣(Θj(α))k∣
∣ = |Θj(α)|k = 1
fur j = 1, . . . , d. Also gibt es 1 ≤ k < l mit αk = αl, d.h. αl−l = 1. Das bedeutet
α ∈ RF .
2
Satz 2.15
Sei p 6= 2 Primzahl und ζp eine primitve p-te Einheitswurzel. Dann ist
RF = 〈−1〉 × 〈ζp〉
als multiplikative Gruppe.
Beweis:
Nach Satz 2.9 ist OF = Z[ζp]. Selbsverstandlich gilt 〈−1〉 × 〈ζp〉 ⊆ RF . Ware
〈−1〉 × 〈ζp〉 6= RF , so gabe es ein ζn ∈ RF mit n - 2p. Nach Satz 2.12 und Korollar
2.10 haben wir
|RF | | 2∆F = ±2 · pp−2 ,
d.h. die Ordnung der GruppeRF ist 2·pt fur ein t ∈ N. Nach dem Satz von Lagrange
hat dann auch jedes Element von RF eine Ordnung ps oder 2ps fur ein s ≤ t.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 73
Nach obiger Annahme existiert also ein ζp2 ∈ RF . Aber
[Q(ζp2) : Q] = ϕ(p2) = p2 − p > [Q(ζp) : Q] . Widerspruch!
Damit folgt 〈−1〉 × 〈ζp〉 = RF .
2
Bemerkung:
Man kann zeigen, dass fur F = Q(ζp), p > 2, jede Einheit u ∈ UF eine Darstellung
u = w · ζkp mit w ∈ UF ∩R und k ∈ N besitzt. Selbstverstandlich sind ±1 ∈ UF ∩R,
aber es gibt noch weitere Elemente in UF ∩ R:
Sei u := (1 − ζjp)/(1 − ζp) fur ein j ∈ {1, . . . , p − 1}. Im Beweis zu Satz 2.9 hatten
wir gesehen, dass
NF (1− ζjp) = NF (1− ζp) = p ,
also NF (u) = 1, d.h. u ∈ UF nach Satz 2.11. Die komplex Konjugierte von u ist
u =1− ζ−j
p
1− ζ−1p
=ζ−jp (ζj
p − 1)ζ−1p (ζp − 1)
= ζ1−jp · u .
Also ist auch u ∈ UF . Damit ist
u · u =1− ζj
p
1− ζp·1− ζ−j
p
1− ζ−1p
= ζ1−jp · u2 ∈ UF ∩ R ,
und fur 2 - j ist auch
v =√
uu = ζ1−j2
p · u ∈ UF ∩ R .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 74
2.4. Geometrie der Zahlen
Die Grundlagen der im Folgenden dargestellten Theorie mit dem Namen ”Geometrie
der Zahlen“ wurden von Minkowski im 19. Jahrhundert gelegt.
Definition 2.16
Seien ~v1, . . . , ~vm ∈ Rn mit m, n ∈ N, m ≤ n, linear unabhangige Vektoren uber R.
Dann heißt
Γ =
{
~v ∈ Rn : ~v =m
∑
j=1
zj~vj, zj ∈ Z}
= Z [~v1, . . . , ~vm]
ein Gitter der Dimension m in Rn. Fur m = n heißt Γ volles Gitter, d.h. ein volles
Gitter ist eine freie abelsche Gruppe vom Rang n mit einer Z-Basis, die gleichzeitig
eine R-Basis des Rn bildet.
Desweiteren nennen wir fur m = n
P =
{
n∑
j=1
rj~vj : 0 ≤ rj < 1 (j = 1, . . . , n)
}
den Fundamentalbereich (Fundamentalparallelepiped) von Γ. Das Volumen V (P) =
|det(~vj)| des Fundamentalbereichs heißt auch Diskriminante von Γ, bezeichnet mit
D(Γ).
Beispiel:
Sei F = Q(√
3). Nach Satz 1.43 haben wir
OF = Z[
1 +√−3
2
]
= Z+ Z · 1 +√−3
2∼= Z ·
(
10
)
+ Z ·(
1/2√3/2
)
= Γ
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 75
6
- x
y
(10
)
(
1/2√
3/2
)
◦◦◦
◦ ◦
◦ ◦
◦}
P
Fundamentalbereich P mit
V (P)=det�
1 1/2
0√
3/2
�
=√
3/2=D(Γ)
Eine Menge S ⊆ Rn heißt diskret, wenn in jeder beschrankten Teilmenge von Rn
hochstens endlich viele Punkte von S liegen.
Satz 2.17
Sei L ⊆ Rn, L 6= ∅. Dann ist L ein Gitter, gdw. L eine diskrete, additive Untergrup-
pe von Rn ist.
Bemerkung:
Haufig wird die in Satz 2.17 genannte Eigenschaft von Gittern als definierende Ei-
genschaft verwendet.
Ublicherweise heißt eine Menge S ⊆ Rn konvex, wenn fur alle s, t ∈ S auch die
Punkte
λs + (1− λ)t (0 ≤ λ ≤ 1)
in S liegen, d.h. mit s und t liegt auch die Verbindungsstrecke in S. Nach einem
Satz von Blaschke besitzen konvexe Mengen in Rn ein Volumen, namlich
V (S) =∫
. . .∫
S
dx1 . . . dxn .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 76
Eine Menge S ⊆ Rn heißt symmetrisch, falls fur jedes s ∈ S auch −s ∈ S gilt.
Beispiele fur konvexe Mengen im R2 sind Ellipsen und Quadrate; Beispiele fur be-
schrankte, symmetrische, konvexe Mengen im Rn sind n-dimensionale Wurfel
{~s = (s1, . . . , sn) ∈ Rn : |sj| ≤ 1 (j = 1, . . . , n)}
und die n-dimensionale Einheitskugel
{~s ∈ Rn : |~s| ≤ 1} .
Lemma 2.18
Sei S ⊆ Rn beschrankt, und sei Γ ⊆ Rn ein volles Gitter. Sind die verschobenen
Mengen
S~z := S + ~z := {~s + ~z : ~s ∈ S} (~z ∈ Γ)
paarweise disjunkt, d.h. S~z1 ∩S~z2 = ∅ fur ~z1, ~z2 ∈ Γ, ~z1 6= ~z2, so gilt fur das Volumen
des Fundamentalbereichs P
V (P) ≥ V (S) .
Beweis:
Wegen P~z1∩P~z2 = ∅ fur ~z1, ~z2 ∈ Γ, ~z1 6= ~z2, und⋃
~z∈ΓP~z = Rn haben wir die disjunkte
Zerlegung
S =⋃
~z∈Γ
• (S ∩ P−~z) ,
also
V (S) =∑
~z∈Γ
V (S ∩ P−~z) .
Mit (S ∩ P−~z) + ~z = S~z ∩ P folgt V (S ∩ P−~z) = V (S~z ∩ P) und damit
V (S) =∑
~z∈Γ
V (S~z ∩ P) .
Da die S~z paarweise disjunkt sind, so gilt dies erst recht fur die (S~z ∩ P). Mit S~z∩P ⊆
P ergibt sich
V (S) =∑
~z∈Γ
V (S~z ∩ P) ≤ V (P) ,
also insgesamt die Behauptung.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 77
Satz 2.19 (Minkowskis Gitterpunktsatz)
Sei Γ ∈ Rn ein volles Gitter mit Fundamentalbereich P . Ist S ⊆ Rn symmetrisch
und konvex derart, dass
V (S) > 2n · V (P) ,
so gibt es einen Punkt ~x ∈ S ∩ Γ mit ~x 6= ~0.
(Fur unbeschranktes S setzen wir V (S) := ∞).
Beweis:
Sei o.B.d.A. S beschrankt; andernfalls wahlen wir eine beschrankte Teilmenge von
S mit hinreichend großem Volumen (z.B. S ∩ {~s ∈ Rn : |~s| ≤ r} , r ∈ R groß). Sei
T := 1/2 · S := {1/2 · ~s : ~s ∈ S}. Dann gilt
V (T ) =12n V (S) > V (P) .
Waren alle T~z = 1/2 · S + ~z paarweise disjunkt, so ware nach Lemma 2.18 V (P) ≥
V (T ). Widerspruch! Also gibt es ~s 6= ~t ∈ Γ mit
T−~s ∩ T~t =(
12S − ~s
)
∩(
12S − ~t
)
6= ∅ .
Seien ~x, ~y ∈ S so, dass 1/2 · ~x− ~s = 1/2 · ~y − ~t, d.h. ~t− ~s = 1/2 · ~y − 1/2 · ~x. Da S
symmetrisch und konvex ist, haben wir −~x ∈ S und 1/2 · ~y + 1/2 · (−~x) ∈ S, also
~t− ~s ∈ S. Außerdem ist ~t− ~s ∈ Γ, zusammen also ~t− ~s ∈ S ∩ Γ \ {~0}.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 78
Korollar 2.20 (Minkowskis Linearformensatz)
Fur j = 1, . . . , n seien die Linearformen
Lj(x1, . . . , xn) =n
∑
i=1
ai,jxi
mit ai,j ∈ C gegeben, wobei zu Lj ein Lj′ existiert, mit Lj′(~x) = Lj(~x) :=n∑
i=1ai,jxi
(diese Bedingung ist leer, sofern die ai,j ∈ R sind). Sei Γ ⊆ Rn ein volles Gitter mit
Diskriminante D(Γ). Sind c1, . . . , cn ∈ R>0 mit cj = cj′ und
n∏
j=1
cj ≥ |det(ai,j)| ·D(Γ) ,
so existiert ein ~x ∈ Γ, ~x 6= ~0 derart, dass
|L1(~x)| ≤ c1 und |Lj(~x)| < cj (j = 2, . . . , n) .
Beweis: (nur fur den reellen Fall ai,j ∈ R)
Zu festem ε mit 0 < ε < 1 sei Sε ⊆ Rn definiert durch
Sε := {~x ∈ Rn : |L1(~x)| < c1 + ε, |Lj(~x)| < cj (j = 2, . . . , n)} .
Offenbar ist Sε eine von Hyperebenen begrenzte beschrankte, konvexe und symme-
trische Menge. Es folgt
V (Sε) >1
|det(ai,j)|
c1∫
−c1
dx1 · · ·cn
∫
−cn
dxn =2n · c1 · . . . · cn
|det(ai,j)|≥ 2n ·D(Γ)
fur jedes ε > 0. Also gibt es nach Satz 2.19 zu jedem ε > 0 ein ~xε ∈ Γ \ {~0} mit
|L1(~xε)| < c1 + ε und |Lj(~xε)| < cj (j = 2, . . . , n) .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 79
Da ~xε ∈ Γ∩ Sε, also ~xε aus einer endlichen Menge stammt, gibt es ein ~x ∈ Γ \ {~0},
so dass
|L1(~x)| < c1 + ε und |Lj(~x)| < cj (j = 2, . . . , n)
fur alle ε > 0, und dieses ~x erfullt die Behauptung des Korollars.
2
Satz 2.21
Fur einen Zahlkorper F 6= Q gilt |∆F | ≥ 2.
Beweis:
Sei {α1, . . . , αn} eine Ganzheitsbasis von F mit den Konjugierten α(1)i , . . . , α(n)
i von
αi = α(1)i fur i = 1, . . . , n. Seien
Lj(x1, . . . , xn) :=n
∑
i=1
α(j)i xj (j = 1, . . . , n) ,
und sei Γ := Zn, also D(Γ) = 1. Wir wahlen
c1 = c2 = · · · = cn = |∆F |1/2n = n
√
| det(α(j)i |. Damit sind alle Bedingungen aus
Korollar 2.20 erfullt, insbesondere
n∏
j=1
cj =∣
∣
∣det(α(j)i )
∣
∣
∣ ·D(Γ) .
Somit existieren x1, . . . , xn ∈ Z, nicht alle 0 derart, dass
|NF (x1α1 + · · ·+ xnαn)| =n
∏
j=1
|Lj(x1, . . . , xn)| <n
∏
j=1
cj =√
|∆F | .
Mit x1α1 + · · · + xnαn ∈ OF folgt |NF (x1α1 + · · ·+ xnαn)| ≥ 1 und damit die Be-
hauptung.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 80
Definition 2.22
Sei {r1, r2} die Signatur eines Zahlkorpers F , seien Θj(F ) ⊆ R fur j = 1, . . . , r1 und
Θj(F ) * R fur j = r1 +1, . . . , r1 +r2 und Θj = Θj−r2 fur j = r1 +r2 +1, . . . , r1 +2r2.
Wir definieren die Abbildung
ΘF :=
F −→ Rr1 × Cr2 ∼= Rr1 × R2r2
α 7−→ (Θ1(α), . . . , Θr1(α), Θr1+1(α), . . . , Θr1+r2(α))
∼= (Θ1(α), . . . , Θr1(α), Re Θr1+1(α), Im Θr1+1(α), . . .) .
Bemerkungen:
(i) Sowohl F wie auch Rr1 × Cr2 sind Q-Algebren (d.h. kommutative Ringe mit
Einselement und gleichzeitig Q-Moduln, wobei r(αβ) = (rα)β = α(rβ) fur
r ∈ Q und α, β aus der Algebra), und ΘF ist ein injektiver Q-Algebra-
Homomorphismus (d.h. Ring-Homomorphismus undQ-Modul-Monomorphismus).
Dabei ist die Multiplikation auf Rr1 × Cr2 komponentenweise erklart.
(ii) Ist {α1, . . . , αn} eine Ganzheitsbasis von F , so sind die Vektoren
ΘF (α1), . . . ΘF (αn) ∈ Rn linear unabhangig uber R, denn sonst ware
det(ΘF (αi)) = 0 und somit ∆F = 0 (siehe unten). Also ist
ΘF (OF ) = ΘF (Zα1 ⊕ · · · ⊕ Zαn)
ein volles Gitter in Rn. Fur den zugehorigen Fundamentalbereich POF haben
wir wegen Re z = (z + z)/2 und Im z = (z − z)/(2√−1) (z ∈ C)
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 81
V (POF ) =∣
∣
∣
∣
det(
(Θ1(αi), . . . , Θr1(αi), Re Θr1+1(αi), Im Θr1+1(αi), . . . , Re Θr1+r2(αi), Im Θr1+r2(αi)))
∣
∣
∣
∣
=∣
∣
∣
∣
det((
. . . ,z + z
2,
z − z2√−1
, . . .))∣
∣
∣
∣
mit z := Θr1+1(αi)
=∣
∣
∣
∣
(√−1
)−r2 · det((
. . . ,z + z
2,z − z
2, . . .
))∣
∣
∣
∣
=∣
∣
∣
∣
det((
. . . , z,z − z
2, . . .
))∣
∣
∣
∣
=∣
∣
∣
∣
det((
. . . , z,−zz
, . . .))∣
∣
∣
∣
=∣
∣
∣
∣
(
−12
)r2
· det ((. . . , z, z, . . .))∣
∣
∣
∣
=∣
∣
∣
∣
(
−12
)r2
· det((
Θ1(αi), . . . , Θr1(αi), Θr1+1(αi), Θr1+1(αi), . . .))
∣
∣
∣
∣
=(
12
)r2
·√
|∆F | .
(iii) Sei M ⊆ F ein freier Z-Modul vom Rang n = [F : Q]. Ist der Index
[OF : M ] = m ∈ N, so ist das volle Gitter Θ(M) ⊆ Rn ein Teilgitter von
Θ(OF ), und fur den Fundamentalbereich PM gilt V (PM) = m · V (OF ).
Satz 2.23
Sei {r1, r2} die Signatur eines Zahlkorpers F mit [F : Q] = n = r1 + 2r2. Sei
M ⊆ OF ein Z-Modul von endlichem Index in OF , d.h. m := [OF : M ] ∈ N (also
ist insbesondere der Rang von M gleich dem Rang des Z-Moduls OF ). Dann gibt es
ein α ∈ M \ {0} mit
|NF (α)| ≤(
4π
)r2
· n!nn ·m ·
√
|∆f | .
Beweis:
Fur B ∈ R>0 setzen wir
SB(r1, r2) :=
{
(α1, . . . , αr1 , β1, . . . , βr2) ∈ Rr1 × Cr2 :r1
∑
j=1
|αj|+ 2 ·r2
∑
j=1
|βj| ≤ B
}
,
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 82
wobei wir SB(r1, r2) auch als Teilmenge des Rr1+2r2 auffassen konnen. Offenbar ist
SB(r1, r2) beschrankt und symmetrisch. Außerdem ist SB(r1, r2) konvex, denn:
Seien (α1, . . . , αr1 , β1, . . . , βr2), (γ1, . . . , γr1 , δ1, . . . , δr2) ∈ SB(r1, r2). Dann gilt fur
µ ≥ 0, λ ≥ 0, µ + λ = 1r1
∑
j=1
|µαj + λγj|+ 2 ·r2
∑
j=1
|µβj + λδj| ≤r1
∑
j=1
µ|αj|+r1
∑
j=1
λ|γj|+ 2 ·r2
∑
j=1
µ|βj|+ 2 ·r2
∑
j=1
λ|δj|
≤ µ
(
r1∑
j=1
|αj|+ 2 ·r2
∑
j=1
|βj|
)
+ λ
(
r1∑
j=1
|γj|+ 2 ·r2
∑
j=1
|δj|
)
≤ µB + λB = (µ + λ) ·B = B ,
d.h. µ(α1, . . . , αr1 , β1, . . . , βr2) + λ(γ1, . . . , γr1 , δ1, . . . , δr2) ∈ SB(r1, r2).
Behauptung: V (SB(r1, r2)) = 2r1 · (π/2)r2 ·Bn/n! .
Wir benutzen Doppelinduktion uber r1 und r2. Der Induktionsanfang besteht aus
den Fallen r1 = 1, r2 = 0 und r1 = 0, r2 = 1: Es ist SB(1, 0) das Intervall [−B,B] ⊆
R, also n = 1, und mit V (SB(1, 0)) = 2B gilt die Behauptung. Des Weiteren ist
SB(0, 1) die Kreisscheibe mit Radius B/2 um ~0 in R2 ∼= C, also n = 2 und
V (SB(0, 1)) = π · B2
4
wie behauptet. Als Induktionshypothese durfen wir nun annehmen, dass
(∗) V (SB(m, k)) = 2m ·(π
2
)k· Bn
n!(m ≤ r1, k ≤ r2) .
Wir untersuchen zuerst SB(r1 + 1, r2), definiert durch die Ungleichung
|α|+r1
∑
j=1
|αj|+ 2 ·r2
∑
j=1
|Bj| ≤ B ,
wobei α ∈ R mit |α| ≤ B und n = r1 + 2r2 + 1. Mit (∗) folgt
V (SB(r1 + 1, r2)) =
B∫
−B
V(
SB−|α| (r1, r2))
dα
=2r1
(r1 + 2r2)!·(π
2
)r2
·B
∫
−B
(B − |α|)r1+2r2dα
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 83
=2r1
(r1 + 2r2)!·(π
2
)r2
·B
∫
0
(B − α)r1+2r2dα
=2r1
(r1 + 2r2)!·(π
2
)r2
· Br1+2r2+1
r1 + 2r2 + 1= 2r1+1 ·
(π2
)r2
· Bn
n!.
Es bleibt SB(r1, r2 + 1) mit der Ungleichungr1
∑
j=1
|αj|+ 2 ·r2
∑
j=1
|βj|+ 2|β| ≤ B ,
wobei β = x + yi ∈ C mit |β|2 = x2 + y2 ≤ (B/2)2 und n = r1 + 2(r2 + 1). Mit (∗)
kommt
V (SB (r1, r2 + 1)) =∫ ∫
x2+y2≤B2/4
V(
SB−2
√x2+y2(r1, r2)
)
dx dy
=2r1
(r1 + 2r2)!·(π
2
)r2
·∫ ∫
x2+y2≤B2/4
(
B − 2√
x2 + y2)r1+2r2
dx dy
=2r1
(n− 2)!·(π
2
)r2
·B/2∫
0
2π∫
0
(B − 2ω)n−2ω dn dω (Polarkoordinaten)
= 2r1 ·(π
2
)r2
· 2π(n− 2)!
·B/2∫
0
(B − 2ω)n−2ω dω
= 2r1 ·(π
2
)r2
· 2π(n− 2)!
· Bn
4(n− 1) · n(partielle Integration)
= 2r1 ·(π
2
)r2+1· Bn
n!.
Damit ist die Zwischenbehauptung gezeigt.
Sei 0 < ε < 1. Wir setzen
Bε :=((
4π
)r2
· n! ·m ·√
|∆F |+ ε)1/n
.
Nach Zwischenbehauptung und Bemerkung (ii) und (iii) nach Definition 2.22 erhal-
ten wir
V (SBε(r1, r2)) = 2r1 · π2
r2
· 1n!·((
4π
)r2
· n! ·m ·√
|∆F |+ ε)
= 2r1+r2 ·√
|∆F |+1n!· 2r1−r2 · πr2 · ε
> m ·(
2−r2 ·√
|∆F |)
· 2n = m · V (OF ) · 2n = V (PM) · 2n .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 84
Wir konnen nun Minkowskis Gitterpunktsatz 2.19 fur das volle Gitter Θ(M) ⊆ Rn
und die symmetrische, konvexe Menge SBε(r1, r2) ⊆ Rn anwenden und erhalten ein
αε ∈ M \ {0} mit Θ(αε) ∈ SBε(r1, r2). Wegen n√
x1 · . . . · xn ≤ 1/n · (x1 + · · · + xn)
fur xi ∈ R≥0 folgt
|NF (αε)| =r1∏
j=1
|Θj(αε)| ·r1+r2∏
j=r1+1
|Θj(αε)|2
≤
(
1n·
r1∏
j=1
|Θj(αε)|+2n·
r1+r2∏
j=r1+1
|Θj(αε)|
)n
≤(
bε
n
)n
,
wobei die letzte Ungleichung genau die Bedingung Θ(αε) ∈ SBε(r1, r2) widerspiegelt.
Nach Definition von Bε erhalten wir
(∗∗) |NF (αε)| ≤(
4π
)r2
· n!nn ·m ·
√
|∆F |+ ε .
Wegen 0 < ε < 1 gibt es fur αε nur endlich viele Moglichkeiten in M \ {0}. Also
existiert ein α ∈ M \ {0} derart, dass (∗∗) fur alle ε > 0 gilt. Somit folgt der Satz.
2
Als Anwendung geben wir zunachst eine untere Abschatzung fur Diskriminanten.
Satz 2.24
Ist F ein Zahlkorper mit Signatur {r1, r2} und n = [F : Q] = r1 + 2r2, so gilt
|∆F | ≥(π
4
)2r2
·(
nn
n!
)2
.
Beweis:
Sei M := OF . Nach Satz 2.23 mit m = [OF : M ] = 1 folgt
|∆F | ≥(π
4
)2r2
·(
nn
n!
)2
·NF (α)2
fur ein α ∈ OF \ {0}. Mit NF (α) ≥ 1 ergibt sich das Gewunschte.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 85
Korollar 2.25
Fur einen Zahlkorper F mit [F : Q] = n gilt
|∆F | >(
1112
)2
·(
πe2
4
)n
· 12πn
.
Beweis:
Nach der Formel von Stirling fur n! ist fur ein c, 0 < c < 1,
nn
n!=
1√2πn
· en−c/12n .
Wegen ec/12n < e1/12 <∞∑
j=01/12j = 12/11 und Satz 2.24 erhalten wir
|∆F | >(π
4
)2r2
·(
nn
n!
)2
>(π
4
)2r2
·(
11en
12
)2
· 12πn
≥(
1112
)2
·(
πe2
4
)n
· 12πn
.
2
Satz 2.26 (von Hermite)
Sei d ∈ N gegeben. Dann existieren hochstens endlich viele Zahlkorper F mit
|∆F | = d.
Beweis:
Zu gegebenem d ∈ N ist |∆F | > d fur alle Zahlkorper F mit [F : Q] ≥ n0 fur ein
hinreichend großes n0 gemaß Korollar 2.25. Also ist nur zu zeigen, dass zu festem
d ∈ N und n ∈ N hochstens endlich viele ZahlkorperF mit |∆F | ≤ D und [F : Q] = n
existieren.
Nach Satz 2.21 haben wir fur d = 1 nur den Zahlkorper F = Q, d.h. r1 = 1, r2 = 0.
Sei also d ≥ 2. Fur r1 = 0 und r2 = 1 ist n = r1 + 2r2 = 2, also ist F = Q(√
D)
fur ein quadratfreies D < 0. Nach Satz 1.43 ist ∆F = 4D oder ∆f = D, es gibt
jedenfalls hochstens einen quadratischen Zahlkorper mit ∆f = d.
Wir durfen im Folgenden r := r1 + r2 ≥ 2 voraussetzen und werden zeigen, dass ein
δ ∈ F mit F = Q(δ) existiert, wobei δ aus einer endlichen Menge stammt, die nur
von d abhangt.
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 86
1. Fall: r1 6= 0.
Wir definieren
S1 = {(α1, . . . , αr1 , βr1+1, γr1+1, . . . , βr, γr) ∈ Rn :
|α1| <√
d + 1, |αi| < 1 (2 ≤ i ≤ r1), β2j + γ2
j < 1 (r1 + 1 ≤ j ≤ r)}
.
Selbstverstandlich ist S1 ⊆ Rn beschrankt und symmetrisch. Wir zeigen, dass S1
auch konvex ist. Dazu seien λ, µ ≥ 0 mit λ + µ = 1. Wir nehmen an, dass
(α1, . . . , αr1 , βr1+1, γr1+1, . . . , βr, γr), (δ1, . . . , δr1 , ρr1+1, σr1+1, . . . , ρr, σr) ∈ S1. Dann
gilt fur j = 2, . . . , r1
|λαj + µδj| ≤ λ|αj|+ µ|δj| < λ + µ = 1 ,
und
|λα1 + µδ1| ≤ λ|α1|+ µ|δ1| < λ√
d + 1 + µ√
d + 1 =√
d + 1 .
Fur j = r1 + 1, . . . , r haben wir
λ(
β2j + γ2
j
)
+ µ(
ρ2j + σ2
j
)
< λ + µ = 1 .
Insgesamt hat sich S1 als konvex herausgestellt.
2. Fall: r1 = 0.
Wir definieren
S2 ={
(β1, γ1, . . . , βr, γr) ∈ Rn : |β1| < 1, |γ1| <√
d + 1, β2j + γ2
j < 1 (2 ≤ j ≤ r)}
.
Wie im ersten Fall lasst sich zeigen, dass S2 ⊆ Rn beschrankt, symmetrisch und
konvex ist. Durch Integration uber Produkte von Intervallen und Kreisen erhalten
wir (analog zum Beweis von Satz 2.23)
V (S1) = 2r1 · πr2 ·√
d + 1 und V (S2) = 2 · πr2−1 ·√
d + 1 ,
und mit Bemerkung (ii) nach Definition 2.22 erhalten wir
V (S1) > 2r1+r2 ·√
|∆F | = 2r1+2r2 · V (POF ) = 2n · V (POF )
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 87
bzw. (wegen r2 ≥ 1 fur r1 = 0)
V (S2) > 2r2 ·√
|∆F | = 22r2 · V (POF ) = 2n · V (POF ) .
Nach Minkowskis Gitterpunktsatz 2.19 gibt es δ1, δ2 ∈ OF \{0}mit Θ(δj) ∈ Θ(OF )∩
Sj fur j = 1, 2. Wegen Θ(δj) ∈ Sj konnen wir folgendes feststellen:
Fur die Konjugierten δj = δ(1)j , δ(2)
j , . . . , δ(n)j (unter Umstanden mit Wiederholung)
von δj ist
(i) |δ(1)1 | <
√d + 1 und |δ(l)
1 | < 1 fur l = 2, . . . , n;
(ii) |δ(1)2 | = |δ(1)
2 | = |δ(2)2 | <
√
12 +√
d + 12
=√
d + 2 und |δ(l)2 | < 1
fur l = 3, . . . , n .
Es folgt mit δj ∈ OF \ {0}, dass
1 ≤ |NF (δj)| = |δ(1)j , δ(2)
j , . . . , δ(n)j | ,
also |δ(1)j | > 1. Damit tritt δ(1)
j unter den anderen Konjugierten δ(2)j , . . . , δ(n)
j , nicht
mehr auf, d.h. es gibt darunter keine Wiederholungen. Also sind die Konjugierten
δ(1)j , . . . , δ(n)
j paarweise verschieden, und das bedeutet [Q(δj) : Q] = n, mit anderen
Worten F = Q(δj).
Es bleibt nur noch zu zeigen, dass δj aus einer endlichen Menge stammt, die nur von
d abhangt. Nach den obigen Uberlegungen haben wir fur gewisse zj ∈ Z mit zn = 1
mδj ,Q(x) =n
∑
j=0
zjxj =n
∏
l=1
(x− δ(l)j ) ,
wobei die δ(l)j und damit die zj durch eine Konstante, die nur von d abhangt, be-
schrankt sind. Damit ist δj Nullstelle eines von endlich vielen Polynomen.
2
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 88
2.5. Dirichlets Einheitensatz
Wir wollen die Einheitengruppe UF ⊆ OF fur beliebige Zahlkorper F beschreiben.
Da UF eine multiplikative Gruppe, ein Gitter Γ jedoch eine additive Gruppe ist,
”logarithmieren“ wir die Funktion ΘF aus Definition 2.22.
Definition 2.27
Sei F ein Zahlkorper mit Signatur {r1, r2} und [F : Q] = n = r1 +2r2. Es bezeichne
(R∗)r1× (C∗)r2 die multiplikative Gruppe in Rr1×Cr2 bestehend aus allen Vektoren,
deren Koordinaten alle ungleich 0 sind. Wir definieren die Abbildung
Ψ :
(R∗)r1 × (C∗)r2 −→ Rr1+r2
(α1, . . . , αr1 , αr1+1, . . . , αr1+r2) 7−→ (l1(α1), . . . , lr1+r2(αr1+r2)) ,
wobei
lj(α) :=
log(|α|) fur j = 1, . . . , r1 ,
log(|α|2) fur j = r1 + 1, . . . , r1 + r2 .
Die Abbildung LF : F −→ Rr1+r2 definiert durch LF = Ψ ◦ΘF mit
LF (α) =(
log |Θ1(α)|, . . . , log |Θr1(α)|, log |Θr1+1(α)|2, . . . , log |Θr1+r2(α)|2)
heißt logarithmische Darstellung von F , und Rr1+r2 heißt der logarithmische Raum
von F .
Bemerkung:
Die logarithmische Darstellung LF ist ein Homomorphismus von der multiplikativen
Gruppe F ∗ := F \ {0} in die additive Gruppe des logarithmischen Raumes Rr1+r2 .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 89
Satz 2.28
Sei F ein Zahlkorper mit Signatur {r1, r2}. Dann gilt
(i) ker(LF ) = RF ;
(ii) LF (UF ) ⊆ Rr1+r2 ist ein Gitter der Dimension r1 + r2 − 1 .
Beweis:
(i) Es ist
ker(LF ) ={
α ∈ F ∗ : LF (α) = ~0}
= {α ∈ F ∗ : |Θ(α)| = 1 fur alle Einbettungen Θ}
= {α ∈ F ∗ : α ∈ RF} = RF
nach Korollar 2.14.
(ii) Wir setzen r := r1 + r2 und haben fur α ∈ UF
±1 = NF (α) =n
∏
j=1
Θj(α) =r1∏
j=1
Θj(α) ·r
∏
j=r1+1
Θj(α) ·Θj(α)
=r1∏
j=1
Θj(α) ·r
∏
j=r1+1
|Θj(α)|2 .
Logarithmieren liefertr
∑
j=1
lj(Θj(α)) = log
∣
∣
∣
∣
∣
r1∏
j=1
Θj(α) ·r1+r2∏
j=r1+1
Θj(α)2
∣
∣
∣
∣
∣
= 0 ,
d.h.
LF (UF ) ⊆
{
(x1, . . . , xr) ∈ Rr :r1
∑
j=1
xj + 2 ·r1+r2∑
j=r1+1
xj = 0
}
.
Demnach liegt LF (UF ) in einer Hyperebene des Rr, hat also Dimension ≤ r− 1. UF
ist eine multiplikative Untergruppe von OF , also ist LF (UF ) eine additive (Unter-
)Gruppe (LF ist Homomorphismus). Um zu zeigen, dass LF (UF ) ein Gitter ist,
mussen wir nach Satz 2.17 nur noch nachweisen, dass LF (UF ) in Rr diskret liegt.
Im Kreis um ~0 mit Radius N > 1 haben wir
|{α ∈ UF : |LF (α)| ≤ N}| ≤ |{α ∈ UF : log |Θj(α)| ≤ N (j = 1, . . . , r)}|
≤∣
∣{α ∈ OF : |Θj(α)| ≤ eN (j = 1, . . . , r)}∣
∣ < ∞
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 90
nach Satz 2.13.
Zur Vollstandigkeit des Beweises von Aussage (ii) des Satzes fehlt nur noch, dass
dimLF (UF ) ≥ r1 + r2 − 1 .
Dies gelingt mit Hilfe des Minkowskischen Gitterpunktsatzes durch Konstruktion
von Einheiten u1, . . . , ur1+r2 ∈ UF derart, dass die LF (uj) linear unabhangig uber R
sind. Wir geben hierfur ein Konstruktionsverfahren an.
Fur ~ν = (ν1, . . . , νr1+r2 ∈ Rr1 × Cr2 sei
λ~ν :
Rr1 × Cr2 −→ Rr1 × Cr2
~x 7−→ ~ν~x (komponentenweise Multiplikation)
eine lineare Abbildung mit
det(λ~ν) =r1∏
j=1
νj ·r1+r2∏
j=r1+1
|νj|2 .
Ist | det(λ~ν)| = 1, so haben die beiden Gitter ΘF (OF ) und λ~ν(ΘF (OF )) dieselbe
Diskriminante
V (λ~ν(ΘF (OF )) = V (ΘF (OF )) = 2−r2 ·√
|∆F | .
Setzen wir fur geeignete cj ∈ R>0
S ={
(x1, . . . , xr1+r2) ∈ Rr1 × Cr2 : |xj| < cj (1 ≤ j ≤ r1), |xj|2 < cj (r1 + 1 ≤ j ≤ r1 + r2)}
mit
V (S) = 2r1 · πr2 ·r1+r2∏
j=1
cj > 2n · 2−r2 ·√
|∆F | = V (λ~ν(Θ(OF )) · 2n ,
so existiert nach Minkowski ein α ∈ OF \ {0} mit λ~ν(ΘF (α)) ∈ S, d.h.
(∗) |Θj(α) ·νj| < cj (1 ≤ j ≤ r1) und |Θj(α) ·νj|2 < cj (r1 +1 ≤ j ≤ r1 +r2) .
Insbesondere haben wir wegen | det(λ~ν)| = 1
|NF (α)| =r1∏
j=1
|Θj(α)| ·r1+r2∏
j=r1+1
|Θj(α)|2
=r1∏
j=1
|Θj(α) · νj| ·r1+r2∏
j=r1+1
|Θj(α) · νj|2 <r1+r2∏
j=1
cj .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 91
Da fur β ∈ OF stets NF (β) ∈ Z ist, nimmt |NF (β)| <r1+r2∏
j=1cj nur endlich viele
Werte an, d.h. es gibt {β1, . . . , βk} ⊆ OF so, dass alle diese Normwerte angenommen
werden. Also gilt fur ein t, 1 ≤ t ≤ k, dass |NF (α)| = |NF (βt)|, d.h. α = u1βt fur
eine Einheit u1 ∈ UF . Mit bj := min1≤t≤k
|Θj(βt)| und (∗) erhalten wir
|Θj(u1)| · |νj| <cj
bj(1 ≤ j ≤ r1), |Θj(u1)| · |νj| <
√cj
bj(r1 + 1 ≤ j ≤ r1 + r2) .
Wir setzen nun uber die Bedingung | det(λ~ν)| = 1 hinaus voraus, dass
|ν1| = B−(r1+2r2−1) und |νj| = B (2 ≤ j ≤ r1 + r2) ,
wobei B eine hinreichend große Konstante sei. Wir erhalten
|Θ1(u1)| <Br1+r2−1 · c1
b1, |Θj(u1)| <
cj
bjB(2 ≤ j ≤ r1), |Θj(u1)| <
√cj
bjB(r1+1 ≤ j ≤ r1+r2) .
Wir setzen noch voraus, dass B so groß gewahlt wurde, dass |Θj(u1)| < 1 fur j ≥ 2.
Damit gilt mit der Bezeichnung lj(α) aus Definition 2.27, dass lj(Θj(u1)) < 0 fur
alle j = 2, . . . , r1 + r2. Wegen |NF (u1)| = 1 folgt
l1(Θ1(u1)) = −r1+r2∑
j=2
lj(Θj(u1)) > 0 .
Durch Verwendung der vorstehenden Methode mit anderen ~ν (|~νi| := B−(r1+2r2−1))
erhalten wir u2, . . . , ur1+r2−1 ∈ UF derart, dass
(∗∗) lj(Θj(ui)) < 0 (i 6= j) undr1+r2−1
∑
j=1
lj(Θj(ui)) > 0 (i = 1, . . . , r1+r2−1)
wegenr1+r2∑
j=1
lj(Θj(ui)) = 0 und lr1+r2(Θr1+r2(ui)) < 0. Es bezeichne
P : Rr1+r2 −→ Rr1+r2−1 die Projektion (w1, . . . , wr1+r2) 7−→ (w1, . . . , wr1+r2−1).
Behauptung: Die Vektoren P (LF (u1)), . . . , P (LF (ur1+r2−1)) ∈ R sind linear un-
abhangig uber R. Es genugt zu zeigen, dass die (n×n)-Matrix (mit n := r1 +r2−1)
uber R
(mi,j) := (P (LF (ui)))n×n
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 92
eine Determinante det(mi,j) 6= 0 besitzt. Nach (∗∗) haben wir
mi,j < 0 (i 6= j) undn
∑
j=1
mi,j > 0 (i = 1, . . . , n) .
Wir nehmen an, dass det(mi,j) = 0. Dann gibt es ein rj ∈ R (1 ≤ j ≤ n, nicht alle
0) derart, dassn
∑
j=1
mi,jrj = 0 (i = 1, . . . , n) .
Sei 1 ≤ n0 ≤ n derjenige Index mit |rn0| ≥ |rj| fur alle 1 ≤ j ≤ n. O.B.d.A. ist
rn0 > 0 (sonst ersetzen wir alle rj durch −rj ). Wir erhalten aus (∗∗)
0 = rn0mn0 +∑
j 6=n0
mn0,j · rj > rn0mn0 +∑
j 6=n0
mn0,j · rn0 > 0 .
Dieser Widerspruch beweist die Zwischenbehauptung, und somit sind r1 + r2 − 1
linear unabhangige Vektoren in LF (UF ) gefunden.
2
Satz 2.29 (Dirichlets Einheitensatz)
Sei F ein Zahlkorper mit Signatur, und sei m := |RF |. Dann gilt
UF∼=
r1+r2−1 Stuck︷ ︸︸ ︷
Z× Z× · · · × Z ×〈ζm〉 ∼= 〈u1〉 × · · · × 〈ur1+r2−1〉 × 〈ζm〉
mit einer primitiven m-ten Einheitswurzel ζm und einem System u1, . . . , ur1+r2−1 ∈
UF . Jedes solche System heißt Fundamentalsystem von Einheiten bzw. System von
Fundamentaleinheiten.
Beweis:
Nach Satz 2.28 (ii) existieren u1, . . . , ur−1 ∈ UF mit r := r1 + r2 derart, dass
LF (u1), . . . ,LF (ur−1) eine Z-Basis von LF (UF ) ist, d.h. zu jedem u ∈ UF existieren
eindeutige zj ∈ Z mit
LF (u) =r−1∑
j=1
zj · LF (uj) .
2 ARITHMETIK IN ZAHLKORPERN 93
Es folgt fur den Gruppenhomomorphismus LF
LF
(
u ·r−1∏
j=1
u−zjj
)
= LF (u) +r−1∑
j=1
(−zj) · LF (uj) = 0 .
Ist ν ∈ UF beliebig mit LF (ν) = 0, so gilt nach Satz 2.28 (i), dass ν ∈ RF . Aus Satz
2.12 (i) ergibt sich , dass ν = ζsm fur eine primitive m-te Einheitswurzel ζn und ein
s ∈ Z. Fur ν := u ·r−1∏
j=1u−zj
j folgt
u ·r−1∏
j=1
u−zjj = ζs
m
und somit die Behauptung.
2
Beispiel:
Fur reell-quadratische Zahlkorper F , d.h. r1 = 2, r2 = 0, erhalten wir gemaß Satz
2.29 UF∼= 〈u1〉 × 〈−1〉, da RF = {±1} (vgl. Satz 2.4). Fur komplex-quadratische
Zahlkorper F , d.h. r1 = 0, r2 = 1, kommt mit Satz 2.29 UF = RF (vgl. Satz 1.46).
Bemerkung:
Sei F ein Zahlkorper mit Signatur {r1, r2} und seien u1, . . . , ur1+r2−1 und ν1, . . . , νr1+r2−1
zwei Systeme von Fundamentaleinheiten. Mit Hilfe von Dirichlets Einheitensatz lasst
sich leicht zeigen, dass
| det(LF (ui))| = | det(LF (νi))| .
Diese charakteristische Große von F , die nur vom Zahlkorper selbst abhangt, heißt
der Regulator von F , geschrieben rF . Im Allgemeinen ist die Berechnung des Re-
gulators eines Zahlkorpers schwierig, da ein System von Fundamentaleinheiten be-
kannt sein muss. Fur reell-quadratische Zahlkorper jedoch, d.h. r1 = 2, r2 = 0 und
UF = 〈u1〉 × 〈−1〉, ist die Fundamentaleinheit u1 die ”kleinste“ Losung einer be-
stimmten Pell’schen Gleichung (vgl. Satz 2.4). Fur F = Q(√
5) haben wir zum
Beispiel u1 = ε5 = (1 +√
5)/2, also rQ(√
5) = log(
(1 +√
5)/2)
.
3 IDEALTHEORIE 94
3 Idealtheorie
3.1. Eigenschaften von Idealen
Wir hatten bereits zu Beginn der Vorlesung Beispiele dafur gesehen, dass die Faktori-
sierung von Zahlen in OF (fur einen Zahlkorper F ) in Primelemente im Allgemeinen
nicht eindeutig ist. Wir wollen zeigen, dass jedoch eindeutige Zerlegung bezuglich
Idealen vorliegt. Ideale in einem kommutativen Ring R mit Eins wurden bereits in
Definition 1.6 erklart und heißen auch kurz R-Ideale.
Satz 3.1
Sei F ein Zahlkorper mit [F : Q] = d und sei I 6= (0) ein OF -Ideal. Dann ist I eine
freie abelsche Gruppe vom Rang d, d.h. es gibt Erzeugende α1, . . . , αd ∈ I derart,
dass
I = [α1, . . . , αd] := Zα1 ⊕ · · · ⊕ Zαd.
Beweis:
Nach Satz 1.39 ist OF eine freie abelsche vom Rang d. Nach Definition des Ideals
ist I eine Untergruppe von OF und somit selbst freie abelsche Gruppe, wobei der
Rang r ≤ d ist. Also besitzt I eine Z-Basis {α1, . . . , αr} ⊆ OF . Sei {β1, . . . , βd} eine
Z-Basis von OF . Sei α ∈ I \{0}. Dann sind αβ1, . . . , αβd ∈ I linear unabhangig und
bilden eine Q-Basis von F . Außerdem gibt es zi,j ∈ Z mit
αβj =r
∑
i=1
zi,jαi (j = 1, . . . , d).
Ware r < d, so hatte das lineare Gleichungssystem
d∑
j=1
zi,jrj = 0 (i = 1, . . . r)
eine nichttriviale Losung rj ∈ Q, j = 1, . . . d, nicht alle gleich 0.
3 IDEALTHEORIE 95
Es folgted
∑
j=1
rj(αβj) =d
∑
j=1
rj
r∑
i=1
zi,jαi =r
∑
i=1
αi
d∑
j=1
zi,jrj = 0
im Widerspruch zur linearen Unabhangigkeit der αβj.
2
Wir bezeichnen mit (α1, . . . , αd) das kleinste Ideal, welches α1, . . . , αd enthalt. Man
beachte, dass (α1, . . . , αd) per definitionem stets ein Ideal ist, hingegen [α1, . . . , αd]
nicht unbedingt.
Beispiel:[
2, 1 +√
10]
ist kein Ideal in OF mit F = Q(√
10)
, denn(
1 +√
10)
·(
1−√
10)
/∈[
2, 1 +√
10]
={
(2a + b) + b√
10 : a, b ∈ Z}
.
Jedes R-Ideal I, das eine endliche Menge von Erzeugenden besitzt, heißt endlich
erzeugt . Ist I = (α), so heißt I Hauptideal . Sind I = (α) und J = (β) Hauptideale,
so gilt I = J gdw. α | β und β | α gdw. (β) ⊆ (α) und (α) ⊆ (β). Unter dem
Produkt zweier endlich erzeugter R-Ideale
I = (α1, . . . , αr) und J = (β1, . . . , βs)
verstehen wir das R-Ideal
I · J := (α1β1, . . . , α1βs, α2β1, . . . , αiβj, . . . , αrβs)
erzeugt von allen Produkten αiβj (1 ≤ i ≤ r, 1 ≤ j ≤ s). Dabei hangt I · J nicht
von den speziellen Erzeugendensystemen der αi bzw. der βj ab.
Lemma 3.2
Seien I und J R-Ideale in einem kommutativen Ring R mit Eins. Aus I | J folgt
J ⊆ I.
3 IDEALTHEORIE 96
Beweis:
Gemaß Definition 1.7 bedeutet I | J , dass J = I ·H fur ein R-Ideal H. Aus IH ⊆ I
ergibt sich die Behauptung.
2
Von großer Bedeutung fur uns wird sein, dass im Falle R = OF fur einen Zahlkorper
F auch die Umkehrung von Lemma 3.2 gilt, namlich J ⊆ I =⇒ I | J . In geringer
Abanderung von Definition 1.7 haben wir
Definition 3.3
Sei F ein Zahlkorper. Ein OF -Primideal (kurz: Primideal) ist ein OF -Ideal P 6= OF
mit der Eigenschaft, dass aus P | IJ fur zwei OF -Ideale I, J folgt, dass P | I oder
P | J . Das spezielle Primideal (0) heißt das triviale Ideal .
Beispiel:
Fur F = Q ist OF = Z nach Korollar 1.30. Die Menge der Primideale ist dann
{(p) : p ∈ P} ∪ {(0)} ∼= P ∪ {0}.
Es erweist sich in diesem Zusammenhang als sinnvoll, 0 als Primzahl zu betrachten.
Definition 3.4
Sei R ein kommutativer Ring mit Eins. Ein R-Ideal I 6= R heißt maximal , falls
I ⊆ J fur ein R-Ideal J impliziert, dass J = R. Ein R-Ideal I 6= (0) heißt minimal ,
falls J ⊆ I fur ein R-Ideal J impliziert, dass J = (0).
Beispiele:
(i) In R = Z sind die Ideale von der Form n · Z, n ∈ N0. Die Primideale 6= (0)
sind genau die p · Z mit p ∈ P, und dies sind wiederum genau die maximalen
Ideale.
3 IDEALTHEORIE 97
(ii) Sei F ein Korper und R := F [x]. Ist r ∈ F , so ist {f(x) ∈ F [x] : f(r) = 0} ein
maximales Ideal in F [x].
Es ist nicht schwer zu beweisen, dass jedes maximale R-Ideal I 6= R ein Primideal
ist. Außerdem gilt, dass jedes Ideal I 6= R in einem maximalen Ideal enthalten ist.
Definition 3.5
Ein Integritatsring R heißt Dedekind-Ring , sofern die folgenden Bedingungen gelten:
(i) Jedes Ideal in R ist endlich erzeugt.
(ii) Jedes Primideal 6= 0 in R ist maximal.
(iii) R ist ganzabgeschlossen in seinem Quotientenkorper
F :={
αβ
: α, β ∈ R, β 6= 0}
,
d.h. ist f (α/β) = 0 fur ein α/β ∈ F und f(x) ∈ R[x] mit fuhrendem Koeffi-
zienten 1, so ist α/β ∈ R.
Bemerkung:
Bedingung (i) in Definition 3.5 charakterisiert sogenannte Noethersche Ringe und
ist aquivalent zu jeder der beiden folgenden Bedingungen:
(i’) Jede nichtleere Menge von R-Idealen besitzt ein (nicht notwendigerweise ein-
deutiges) maximales Element.
(i”) Sind I1 ⊆ I2 ⊆ · · · ⊆ Ij ⊆ · · · R-Ideale, so existiert ein j0 ∈ N mit Ij = Ij0 fur
alle j ≥ j0 (Teilerkettenbedingung).
Nachdem das Produkt von Idealen bereits erklart ist, definieren wir auch die Summe
zweier R-Ideale I und J als
I + J := {α + β : α ∈ I, β ∈ J} .
3 IDEALTHEORIE 98
Selbstverstandlich ist I + J auch ein R-Ideal, denn fur r ∈ R, α ∈ I, β ∈ J gilt
r(α + β) = rα + rβ ∈ I + J , da rα ∈ I und rβ ∈ J .
Wir nennen I und J teilerfremd , falls es kein R-Ideal H 6= R gibt mit H | I und
H | J . Es ist leicht zu sehen, dass dies aquivalent ist zu I + J = R.
Satz 3.6
Ist F ein Zahlkorper, so ist OF ein Dedekind-Ring.
Beweis:
Wir zeigen die drei definierenden Eigenschaften eines Dedekind-Rings fur R = OF :
(i) Klar nach Satz 1.39.
(ii) Aus der Algebra ist bekannt, dass ein R-Ideal I genau dann maximal ist, wenn
der Quotientenring R/I := {α + I : α ∈ R} ein Korper ist. Wir zeigen zunachst,
dass OF /P fur ein Primideal 6= (0) eine endliche Menge ist. Sei dazu α ∈ P \ {0}.
Schon im Beweis zu Satz 2.1 hatten wir benutzt, dass fur jedes α ∈ OF \ {0} gilt
|OF /(α)| = |NF (α)| ,
also insbesondere OF /(α) endlich. Selbstverstandlich ist der Ring OF /P (wie OF
selbst) ein Integritatsbereich. Jeder endliche Integritatsbereich wiederum ist ein
Korper, denn zu jedem Element g 6= 0 existiert n > m mit gm = gn, also
gm(gn−m − 1) = 0, also gn−m − 1 = 0, d.h. jedes g 6= 0 besitzt ein multiplikatives
Inverses.
(iii) Sei f(x) ∈ OF [x] mit fuhrendem Koeffizienten 1, und sei f(α/β) = 0, also
f(x) = xm +m−1∑
j=0
αjxj (αj ∈ OF ).
Sei f(x) das Polynom, welches durch Multiplikation aller Polynome, die aus f(x)
durch Ubergang zu konjugierten Koeffizienten hervorgehen, entsteht. Dann hat f(x)
ganzalgebraische Koeffizienten und ist symmetrisch in diesen. Nach dem Satz uber
3 IDEALTHEORIE 99
elementarsymmetrische Funktionen folgt f ∈ Z[x], offenbar mit fuhrenden Koeffizi-
enten 1 und Nullstelle α/β. Also ist α/β ∈ A und somit α/β ∈ F ∩ A = OF .
2
Lemma 3.7
Sei R ein Dedekind-Ring. Jedes R-Ideal I 6= (0) enthalt ein Produkt von Primidea-
len.
Beweis:
Sei S die Menge aller R-Ideale 6= 0, die kein Produkt von Primidealen enthalten.
Ware S 6= ∅, so gabe es in S wegen (i’) in der Bemerkung zu Definition 3.5 ein
maximales Element M . Dabei kann M kein Primideal sein (sonst folgte M /∈ S).
Also existieren r, s ∈ R mit rs ∈ M , aber r /∈ M , s /∈ M . Wegen M$M + (r) und
M$M +(s) enthalten M +(r) und M +(s) beide Produkte von Primidealen. Damit
gilt dies auch fur
(M + (r)) · (M + (s)) = M + (rs) = M .
Dieser Widerspruch beweist das Lemma.
2
Lemma 3.8
Sei R ein Dedekind-Ring mit Quotientenkorper F . Ist I 6= R ein R-Ideal, so existiert
ein γ ∈ F \R mit γI ⊆ R.
Beweis:
Fur I = (0) ist das Lemma trivial. Sei also α ∈ I \ {0} beliebig. Nach Lemma 3.7
enthalt das Hauptideal (α) ein Produkt P1 · . . . · Pr von Primidealen, wobei wir
annehmen, dass r minimal ist. Da I 6= R, ist I in einem maximalen Ideal und somit
3 IDEALTHEORIE 100
in einem Primideal P enthalten, also zusammen
P | I | P1 · . . . · Pr .
Es folgt P | Pj fur ein j, o.B.d.A. P | P1, d.h. P1 ⊆ P. Nach Bedingung (ii) aus
Definition 3.5 folgt P1 = P . Wegen der Minimalitat von r ist P2 · . . . · Pr \ (α) 6= ∅.
Sei β ∈ P2 · . . . · Pr \ (α) beliebig. Dann gilt
βα∈ 1
α· P2 · . . . · Pr \
(α)α
=1α· P2 · . . . · Pr \ (1) =
1α· P2 · . . . · Pr \ P .
Außerdem ist
β · P ⊆ P2 · . . . · Pr · P = P1 · P2 · . . . · Pr ⊆ (α) ,
also gilt fur jedes δ ∈ P , dass βδ ∈ (α) und damitβα· δ ∈ (α)
α= (1) = R. Mit
γ := β/α folgt die Behauptung.
2
Satz 3.9
Sei R ein Dedekind-Ring und sei I 6= (0) ein R-Ideal. Dann gibt es ein R-Ideal
J 6= (0) derart, dass I · J ein Hauptideal ist.
Beweis:
Fur α ∈ I \ {0} setzen wir J := {β ∈ R : βI ⊆ (α)}. Damit ist α ∈ J , also J 6= (0).
Offenbar ist J ein R-Ideal, und es gilt I · J ⊆ (α). Wir zeigen, dass I · J = (α) gilt.
Wir setzen L := 1/α · I · J ⊆ (α)/α = R. Mit I und J ist auch L ein Ideal, also ein
R-Ideal. Mit L = R ware der Satz bewiesen. Wir nehmen also an, dass L 6= R. Nach
Lemma 3.8 existiert ein γ ∈ F \ R (F ist Quotientenkorper von R) mit γL ⊆ R.
Wir werden nachweisen, dass γ Nullstelle eines Polynoms f(x) ∈ R[x] mit fuhrendem
Koeffizienten 1 ist, und dies stande im Widerspruch zu Bedingung (iii) von Definition
3.5, da γ /∈ R.
3 IDEALTHEORIE 101
Wegen α ∈ I ist I/α ein R-Ideal und somit L := 1/α·I ·J ⊇ J . Es folgt γJ ⊆ γL ⊆ R,
also
(γJ) · I = γ · (I · J) = γ · (αL) = (α) · (γL) ⊆ (α) ·R ⊆ (α) ,
und deshalb γJ ⊆ J nach Definition von J . Sei
J = R · β1 ⊕ · · · ⊕R · βr .
Wegen γJ ⊆ J gibt es zi,j ∈ R mit
γβi =r
∑
j=1
zi,jβj (1 ≤ i ≤ r) .
Damit hat das homogene lineare Gleichungssystem
(z1,1 − γ) · x1 + z1,2 · x2 + · · ·+ z1,r · xr = 0
z2,1 · x1 + (z2,2 − γ) · x2 + · · ·+ z2,r · xr = 0...
...... =
...
zr,1 · x1 + zr,2 · x2 + · · ·+ (zr,r − γ) · xr = 0
die nichttriviale Losung xj = βj (1 ≤ j ≤ r). Also verschwindet die Determinante
der Koeffizientenmatrix, und dies ist ein Polynom in γ uber R mit fuhrendem Ko-
effizienten 1.
2
Korollar 3.10
Sind I 6= (0), J und L Ideale in einem Dedekind-Ring R, so folgt aus I · J = I · L,
dass J = L.
Beweis:
Nach Satz 3.9 existiert ein Ideal H 6= (0) und ein α ∈ R \ {0} mit I ·H = (α), also
J · (α) = IJ ·H = IL ·H = L · (α) .
3 IDEALTHEORIE 102
Es folgt
J = J ·R = J · (α)α
= L · (α)α
= LR = L .
2
Korollar 3.11
Sind I und J Ideale in einem Dedekind-Ring, dann gilt
I | J ⇐⇒ J ⊆ I .
Beweis:
Nach Lemma 3.2 ist nur zu zeigen: J ⊆ I =⇒ I | J . Sei J ⊆ I und sei L ein Ideal
gemaß Satz 3.9 derart, dass LI = (α) fur ein α 6= 0. Es folgt, dass
H :=1α· LJ ⊆ 1
α· LI =
(α)α
= R ,
also H ein R-Ideal ist. Dabei haben wir
I ·H =1α· LI · J =
(α)α· J = R · J = J ,
also I | J .
2
Satz 3.12
In einem Dedekind-Ring R besitzt jedes R-Ideal I mit I 6= (0) und I 6= R eine
eindeutige Darstellung als Produkt von Primidealen, d.h. bis auf die Reihenfolge
der Faktoren gibt es einen eindeutigen Ausdruck
I = P a11 · P a2
2 · . . . · P ann
mit verschiedenen R-Primidealen Pj ⊇ I und aj ∈ N (1 ≤ j ≤ n).
3 IDEALTHEORIE 103
Beweis:
Existenz: Sei S die Menge aller R-Ideale I 6= (0), I 6= R, die keine gewunschte
Darstellung besitzen. Ist S 6= ∅, so enthalt S nach (i’) der Bemerkung zu Definition
3.5 ein maximales Element M . Da M 6= R, ist M in einem maximalen Ideal, also in
einem Primideal P enthalten. Nach Korollar 3.11 folgt P | M , d.h. M = I · P fur
ein R-Ideal I. Wir haben demnach I | M , d.h. M ⊆ I. Fur den Fall M = I ergabe
sich I · R = I = I · P , also aus Korollar 3.10 P = R. Widerspruch! Es bleibt nur
M$I. Da M maximal in S ist, ist I ein Produkt von Primidealen. Dann ist aber
auch M = I · P ein Produkt von Primidealen im Widerspruch zu M ∈ S.
Eindeutigkeit: Seien Pj (1 ≤ j ≤ r) und Qk (1 ≤ k ≤ s) Primideale mit
P1 · . . . · Pr = Q1 · . . . ·Qs .
Also gilt P1 | Qk fur ein k, o.B.d.A. P1 | Q1, d.h. nach Korollar 3.11, dass Q1 ⊆ P1.
Wegen (ii) in Definition 3.5 sind Q1 und P1 maximale Ideale, also Q1 = P1. Aus
Korollar 3.10 folgt
P2 · . . . · Pr = Q2 · . . . ·Qs .
Induktiv ergibt sich r = s und Pj = Qj (1 ≤ j ≤ r).
2
Mit Hilfe von Satz 3.6 liefert Satz 3.12 sofort
Korollar 3.13
Sei F ein Zahlkorper. Jedes OF -Ideal 6= (0) und 6= OF ist eindeutiges Produkt von
Primidealen.
Bemerkung:
Die Tatsache, dass in OF im Allgemeinen keine eindeutige Faktorisierung in Prim-
elemente vorliegt (vgl. Beispiele aus Abschnitt 1.1.), erwies sich in Satz 1.47 (ii)
gleichwertig damit, dass nicht alle irreduziblen Elemente prim sind. Nennen wir ein
3 IDEALTHEORIE 104
R-Ideal, welches außer sich selbst und R keine Teiler besitzt, irreduzibel, so lasst
sich zeigen, dass irreduzibel aquivalent zu prim und damit zu maximal ist, sofern R
ein Dedekind-Ring ist.
Definition 3.14
Seien I und J R-Ideale in einem Dedekind-Ring R. Wir definieren den großten
gemeinsamen Teiler
ggT (I, J) := I + J
und das kleinste gemeinsame Vielfache
kgV (I, J) := I ∩ J .
Offenbar ist ggT (I, J) das kleinste Ideal, das I und J umfasst. Nach Korollar 3.11
ist kgV (I, J) das großte Ideal, welches in I und in J enthalten ist. Ist I = (α) ein
Hauptideal, so verwenden wir auch die abkurzende Schreibweise
ggT (α, J) := ggT (I, J) bzw. kgV (α, J) := kgV (I, J) .
Der Chinesiche Restsatz in Z besagt, dass fur paarweise teilerfremde Moduln
m1, . . . , mr ∈ Z und beliebige Zahlen a1, . . . , ar ∈ Z ein eindeutiges a mod m1, . . . , mr
existiert mit a ≡ ai mod mi (1 ≤ i ≤ r), d.h. a− ai ∈ (mi).
Satz 3.15 (Chinesischer Restsatz fur Ideale)
Sei R ein Dedekind-Ring und seien I1, . . . Ir paarweise teilerfremde R-Ideale. Dann
ist die Abbildung
Ψ :
R/
r⋂
j=1Ij −→ R/I1 × · · · ×R/Ir
α +r⋂
i=1Ii 7−→ (α + I1, . . . , α + Ir)
ein additiver Gruppen-Isomorphismus, d.h. zu beliebigen α1, . . . , αr ∈ R existiert
ein (”modulor⋂
j=1Ij“ eindeutiges) α ∈ R mit α− αj ∈ Ij fur 1 ≤ j ≤ r.
3 IDEALTHEORIE 105
Beweis:
Der Nachweis der Isomorphismus-Eigenschaften von Ψ ist offensichtlich bis auf die
Surjektivitat von Ψ:
Sei zunachst r = 2. Wegen ggT (I1, I2) = R existieren x1 ∈ I1, x2 ∈ I2 mit x1 +x2 =
1. Sind α1, α2 ∈ R beliebig, so gilt fur α := x2α1 + x1α2, dass
α− α1 = (x2 − 1)α1 + x1α2 = (α2 − α1)x1 ∈ I1
und analog α− α2 ∈ I2, d.h. αj ∈ α + Ij (j = 1, 2). Fur r > 2 finden wir analog zu
jedem i, 1 ≤ i ≤ r, ein yi ∈ R derart, dass yi − 1 ∈ I1 und yi ∈⋂
j 6=iIj. Zu beliebigen
α1, . . . , αr ∈ R erhalten wir damit fur α := y1α1 + · · ·+ yrαr, dass
α− α1 = (y1 − 1)α1 + y2α2 + · · ·+ yrαr ∈ I1
und analog α− αj ∈ Ij fur j ≥ 2.
2
Lemma 3.16
Seien I 6= (0) und J 6= (0) R-Ideale in einem Dedekind-Ring R.
(i) Es existiert ein α ∈ I derart, dass ggT (α, IJ) = I.
(ii) Es gibt ein R-Ideal H teilerfremd zu J derart, dass H · I ein Hauptideal ist.
Beweis:
(i) Nach Satz 3.12 gibt es paarweise verschiedene Primideale Pj mit
I =r
∏
j=1
P ajj und J =
r∏
j=1
P bjj
fur gewisse aj, bj ∈ N0. Sei αj ∈ P ajj \ P aj+1
j (1 ≤ j ≤ r). Nach dem Chinesischen
Restsatz 3.15 existiert ein α ∈ R mit α− αj ∈ P aj+1j (1 ≤ j ≤ r), d.h.
α ∈ aj + P aj+1j ⊆ P aj
j \ P aj+1j (1 ≤ j ≤ r) ,
3 IDEALTHEORIE 106
denn sonst ware αj + P aj+1j ⊆ P aj+1
j , also αj ∈ P aj+1j . Widerspruch!
Insbesondere ist α ∈ P ajj fur alle j, also α ∈ I. Außerdem haben wir fur gewisse
Primideale Qj = Pi und cj ∈ N
(α) =∏
j = 1rP ajj ·
∏
j = 1sQcjj .
Es folgt
ggT (α, IJ) = ggT
(
r∏
j=1
P ajj ·
s∏
j=1
Qcjj ,
r∏
j=1
P aj+bjj
)
=r
∏
j=1
P ajj = I .
(ii) Sei α ∈ I gemaß (i), also α 6= 0. Nach dem Beweis zu Satz 3.9 existiert ein
R-Ideal H mit H · I = (α), also H · I Hauptideal. Dabei haben wir nach (i)
I · ggT (H, J) = ggT (HI, IJ) = ggT (α, IJ) = I ,
also nach Korollar 3.10 ggT (H, J) = R.
2
Satz 3.17
Sei I ein R-Ideal in einem Dedekind-Ring R. Zu jedem α ∈ I \ {0} existiert ein
β ∈ I mit I = (α, β), d.h. jedes Ideal in einem Dedekind-Ring ist Hauptideal oder
wird von zwei Elementen erzeugt.
Beweis:
Mit J := (α) liefert Lemma 3.16 (ii) ein R-Ideal H derart, dass H + (α) = R und
H · I = (β) fur ein β ∈ R. Es folgt
(α) + (β) = (α) + H · I ⊆ I ,
und die umgekehrte Inklusion bleibt zu zeigen. Wegen H +(α) = R existieren h ∈ H
und r ∈ R mit h + αr = 1.
3 IDEALTHEORIE 107
Also ist fur jedes δ ∈ I
δ = hδ + αrδ ∈ H · I + (α) = (β) + (α) ,
d.h. I ⊆ (α) + (β).
2
Satz 3.18
Sei R ein Dedekind-Ring mit verschiedenen Primidealen P1, . . . , Pr. Zu a1, . . . , ar ∈
N0 existiert ein α ∈ R und ein R-Ideal I mit ggT (I, Pj) = R fur 1 ≤ j ≤ r, derart,
dass
(α) = I ·r
∏
j=1
P ajj .
Beweis:
Folgt sofort aus Lemma 3.16 (ii).
2
Korollar 3.19
Sind I 6= (0), J 6= (0) R-Ideale in einem Dedekind-Ring R, so haben wir als additive
Gruppen R/I ∼= J/IJ .
Beweis:
Nach Lemma 3.16 (ii) existiert ein R-Ideal H, teilerfremd zu I, mit H · J = (α) fur
ein α ∈ R. Wir definieren den Gruppen-Homomorphismus
Ψ :
R −→ J/IJ
r 7−→ rα + IJ .
Dabei ist Ψ surjektiv, denn
(α) + I · J = H · J + I · J = (H + I) · J = R · J = J .
3 IDEALTHEORIE 108
Nach dem Isomorphiesatz fur Gruppen erhalten wir
R/ ker Ψ ∼= img Ψ = J/IJ .
Es bleibt zu zeigen, dass ker Ψ = I. Sei αβ ∈ I · J , d.h. β ∈ ker Ψ. Dann gilt
αβH ⊆ IJH ⊆ I(α) ,
also nach Korollar 3.10 β · H ⊆ I. Wegen H + I = R existieren h ∈ H und γ ∈ I
mit h + γ = 1, also
β = βh + βγ ∈ I + R · I = I .
Sei umgekehrt β ∈ I, also
Ψ(β) = αβ + I · J = I · J ,
denn α ∈ H · J ⊆ J . Somit haben wir I ⊆ ker Ψ und insgesamt ker Ψ = I.
2
3 IDEALTHEORIE 109
3.2. Hauptidealringe
Definition 3.20
Ein Integritatsbereich R, in dem alle R-Ideale Hauptideale sind, heißt Hauptideal-
ring.
Aus der Algebra verwenden wir
Satz 3.21
Jeder Hauptidealring ist ZPE-Ring (vgl. Definition 1.48).
Korollar 3.22
In einem Hauptidealring R ist ein R-Ideal P prim genau dann, wenn P 6= (0) maxi-
mal ist.
Beweis:
”=⇒“
Sei P ein Primideal. Wir haben P = (α) fur ein α ∈ R. Ist (α ⊆ I = (β), so folgt
β | α. Ist dabei (α) 6= (β), so folgt α - β. Dann muss β eine Einheit sein, d.h. I = R.
Also ist P = (α) maximal.
”⇐=“
Jedes maximale Ideal 6= (0) ist prim.
2
3 IDEALTHEORIE 110
Satz 3.23
Ist R ein Dedekind-Ring, so gilt:
R ist ein ZPE-Ring genau dann, wenn R ein Hauptidealring ist.
Beweis:
”=⇒“
Sei R ein ZPE-Ring. Wir nehmen an, dass ein R-Ideal existiert, welches kein Haupt-
ideal ist. Nach Satz 3.12 gibt es dann auch ein Primideal P , das kein Hauptideal ist.
Sei
S := {I : I ist R-Ideal und P · I ist Hauptideal} .
Nach Satz 3.9 ist S 6= ∅ und enthalt somit wegen (i’) zu Definition 3.5 ein maximales
Element M . Wir setzen P ·M = (α) fur ein geeignetes α ∈ R. Also ist α = βγ fur
ein β ∈ P und ein γ ∈ R. Da R ein ZPE-Ring ist, zerfallt β (eindeutig) in irreduzible
Elemente β1, . . . , βr, also
β = β1 · . . . · βr .
Es folgt (β1) · . . . · (βr) = (β) ⊆ P , d.h. P | (β1) · . . . · (βr). Da P ein Primideal ist,
haben wir P | (βj) fur ein j, also (βj) ⊆ P , also βj ∈ P . Damit ist α = βj · γ′ fur
ein irreduzibles βj ∈ P ; wir schreiben wieder α = βγ mit β ∈ P irreduzibel. Also ist
(β) ⊆ P , d.h. P | (β), also (β) = P · J fur ein R-Ideal J , wobei wegen
P ·M = (α) = (β)(γ) = P · J · (γ)
nach Korollar 3.10 folgt J | M , also M ⊆ J . Aus der Maximalitat von M in S
erhalten wir andererseits J ⊆ M , also J = M . Somit gilt (α) = P ·M = (β), d.h. α
und β sind assoziiert, und daher ist auch α irreduzibel. Nach Voraussetzung ist P
kein Hauptideal, also existiert ein δ ∈ P \ (α). Außerdem ist (α)$M (sonst ware
P = R), also gibt es ein σ ∈ M \ (α). Es folgt
δ · σ ∈ P ·M = (α) ,
3 IDEALTHEORIE 111
d.h. α | δσ, aber α - δ und α - σ. Es gibt also in R ein irreduzibles Element α, das
nicht prim ist. Dies widerspricht der ZPE-Eigenschaft von R (Satz 1.47 (ii) gilt in
beliebigen Integritatsbereichen mit demselben Beweis).
”⇐=“
Folgt direkt aus Satz 3.21.
2
Satz 3.24
Ein Integritatsbereich R ist ein Hauptidealring genau dann, wenn eine Funktion
f : R −→ N0 existiert mit folgenden Eigenschaften:
(i) Aus α | β folgt f(α) ≤ f(β), wobei f(α) = f(β) genau fur Assoziierte α, β
gilt.
(ii) Sind α, β ∈ R \ {0} mit α - β und β - α, so gibt es Elemente p, q, r ∈ R derart,
dass
r = pα + qβ
und f(r) < min{f(α), f(β)}.
Beweis:
”=⇒“
Ein Hauptidealring R ist nach Satz 3.21 ein ZPE-Ring. Wir definieren f(α) als die
Anzahl der irreduziblen Faktoren von α. Damit ist (i) sofort klar. Bedingung (ii)
ergibt sich mit r := ggT (α, β) (vgl. Beweis zu Satz 1.51).
3 IDEALTHEORIE 112
”⇐=“
Sei f mit (i) und (ii) gegeben, und sei I 6= (0), I 6= R ein R-Ideal. Sei α ∈ I \ {0}
derart gewahlt, dass f(α) minimal ist. Wir zeigen, dass I = (α) gilt. Ware β ∈ I
mit α - β, so folgte wegen f(α) ≤ f(β) aus (i), dass β - α (sonst waren α und β
assoziiert, also α | β). Dann hatten wir mit (ii), dass fur ein r ∈ R
f(r) < min{f(α), f(β)} ≤ f(α) .
Widerspruch! Also gilt α | β fur alle β ∈ I, d.h. I = (α).
2
Korollar 3.25
Ist R ein euklidischer Ring, so ist R Hauptidealring und damit ZPE-Ring.
Beweis:
Eine euklidische Funktion (vgl. Definition 1.50) erfullt die Bedingungen (i) und (ii)
aus Satz 3.24, also ist R ein Hauptidealring und damit nach Satz 3.21 ein ZPE-Ring.
2
Korollar 3.26
Sei F ein Zahlkorper. Dann ist OF ein Hauptidealring gdw. fur alle α, β ∈ OF \ {0}
mit α - β und β - α existieren γ, δ ∈ OF derart, dass
0 <∣
∣
∣
∣
NF
(
αβ· γ − δ
)∣
∣
∣
∣
< 1 .
Beweis:
Wir wahlen f(α) = |NF (α)| in Satz 3.24. Dann ist (i) klar, und fur |NF (α)| ≥
|NF (β)| haben wir∣
∣
∣
∣
NF
(
αβ· γ − δ
)∣
∣
∣
∣
< 1 = min{
|NF (α)||NF (β)|
, 1}
,
3 IDEALTHEORIE 113
also
|NF (αγ − βδ)| < min{|NF (α)| , |NF (β)|} ,
und damit ist (ii) erfullt.
2
Bemerkung:
Korollar 3.26 kann verwendet werden, um explizit zu untersuchen, ob ein gegebenes
OF Hauptidealring ist oder nicht.
3.3. Normen von Idealen
Nach Satz 3.12 haben wir in einem Dedekind-Ring R fur jedes R-Ideal I 6= (0),
I 6= R, eine eindeutige Zerlegung in Primideale
I = P α11 · . . . · P αr
r = kgV (Pα11 , . . . , Pαr
r ) =r
⋂
j=1
Pαjj .
Aus dem Chinesischen Restsatz 3.15 ergibt sich damit
R/
I = R/
r⋂
j=1
pαjj∼=
r∏
j=1
R/
Pαjj .
In R = OF mit einem Zahlkorper F haben wir fur ein Primideal P gemaß Beweis
zu Satz 3.6, dass OF/
P endlich ist. Daruber hinaus zeigt man leicht, dass
∣
∣OF/
P a∣
∣ =∣
∣OF/
P∣
∣
a .
Also erhalten wir insgesamt fur ein OF -Ideal I
∣
∣OF/
I∣
∣ =r
∏
j=1
∣
∣OF/
Pj∣
∣
aj .
Definition 3.27
Sei F ein Zahlkorper, und sei I ein beliebiges OF -Ideal. Wir definieren die Norm
von I durch
N(I) =∣
∣OF/
I∣
∣ .
3 IDEALTHEORIE 114
Satz 3.28
Sei F ein Zahlkorper, seien I 6= (0) und J 6= (0) OF -Ideale, sei P 6= (0) ein OF -
Primideal. Dann gilt:
(i) N(I) ∈ P =⇒ I ist Primideal;
(ii) I | (N(I));
(iii) N(P ) = pm, wobei P ∩ Z = (p) mit einem p ∈ P und m ∈ N;
(iv) N(I · J) = N(I) ·N(J);
(v) α ∈ OF prim =⇒ (α) ist Primideal.
Beweis:
(i) Mit I =r
∏
j=1
P ajj gemaß Satz 3.12 folgt nach Definition der Norm
N(I) =r
∏
j=1
N (Pj)aj .
Wegen N(Pj) =∣
∣OF/
Pj∣
∣ > 1, da Pj 6= OF , ist N(I) ∈ P nur moglich fur r = 1 und
a1 = 1, d.h. I = P1.
(ii) Sei OF/
I = {α1 + I, . . . , αn + I} mit n :=∣
∣OF/
I∣
∣. Dann gilt auch
OF/
I = {α1 + 1 + I, . . . , αn + 1 + I} ,
denn aus αi + 1 + I = αj + 1 + I folgte sofort αi−αj = (αi + 1)− (αj + 1) ∈ I, d.h.
αi + I = αj + I. Widerspruch!
Das bedeutetn
∑
j=1
(αj + I) =n
∑
j=1
(αj + 1 + I) ,
also
N(I) =∣
∣OF/
I∣
∣ = n =n
∑
j=1
(αj + 1)−n
∑
j=1
αj ∈ I .
3 IDEALTHEORIE 115
Es ergibt sich (N(I)) ⊆ I, d.h. I | (N(I)).
(iii) Sei N(P ) =r∏
j=1pmj
j mit pj ∈ P, mj ∈ N. Es folgt mit (ii), dass P | N(P ) =
r∏
j=1(pj)mj , also P | (pj) fur ein j. Ware auch P | (pk) fur ein k 6= j, so hatten wir
wegen upj + vpk = 1 fur gewisse u, v ∈ Z und wegen upj ∈ P und vpk ∈ P , dass
1 = upj + vpk ∈ P , also P = OF . Widerspruch!
Also haben wir insgesamt , dass N(P ) = pm fur ein p ∈ P mit P | (p), also p ∈ P
und q /∈ P fur alle q ∈ P \ {p}.
(iv) Seien I =r∏
j=1P aj
j und J =r∏
j=1P bj
j mit aj, bj ∈ N0 gemaß Satz 3.12. Dann
haben wir
N(I · J) = N
(
r∏
j=1
P aj+bjj
)
=r
∏
j=1
N(Pj)aj+bj
=r
∏
j=1
N(Pj)aj ·r
∏
j=1
N(Pj)bj = N(I) ·N(J) .
(v) (α) ist ein Primideal in OF gdw. OF/
(α) ein Integritatsring ist, d.h. es genugt
zu zeigen, dass OF/
(α) keine Nullteiler besitzt. Sei also
(β + (α)) · (γ + (α)) = βγ + (α) = 0 ∈ OF/
(α) ,
d.h. βγ ∈ (α). Demnach gilt α | βγ, also α | β oder α | γ, da α prim ist. Es folgt
β ∈ (α) oder γ ∈ (α), d.h. β + (α) = 0 oder γ + (α) = 0.
2
Beispiel:
Sei F = Q(√
10), also OF = Z[√
10] nach Satz 1.43. Wir betrachten die OF -Ideale
P = (2,√
10) , Q = (3, 1 +√
10) , Q′ = (3, 1−√
10) .
Dann gilt
Q ·Q′ =(
9, 3(1−√
10), 3(1 +√
10))
⊆ (3)
und auch 3 = 9−3(1−√
10)−3(1+√
10) ∈ Q ·Q′, also (3) ⊆ Q ·Q′, d.h. Q ·Q′ = (3).
Analog erhalten wir
P 2 = (4, 2√
10, 10) ⊆ (2)
3 IDEALTHEORIE 116
und 2 = 10− 2 · 4 ∈ P 2, also (2) ⊆ P 2 und daher P 2 = (2). Zusammen erhalten wir
(6) = (2) · (3) = P 2 ·Q ·Q′ .
Wir wollen zeigen, dass dies die Primidealzerlegung von (6) ist (vgl. letztes Beispiel
in Abschnitt 1.1.). Wir haben OF = {a + b√
10 : a, b ∈ Z} und somit
OF \ P = {a + b√
10 : a, b ∈ Z} \ {2a + b√
10 : a, b ∈ Z}
= {a + b√
10 : a, b ∈ Z, 2 - a} .
Daher gilt fur ein beliebiges u + v√
10 ∈ OF \ P , dass
(P, u + v√
10) = Z[√
10] = OF ,
denn mit (u + 1) + v√
10 ∈ P haben wir
1 =(
(u + 1) + v√
10)
−(
u + v√
10)
∈(
P, u + v√
10)
.
Also ist P ein maximales Ideal und somit ein Primideal. Außerdem ist jedes Element
in Z[√
10] von der Form α ∈ P oder von der Form α + 1 mit α ∈ P , also
N(P ) =∣
∣OF/
P∣
∣ =∣
∣
∣Z[√
10]/
P∣
∣
∣ = 2 .
Analog lasst sich zeigen, dass jedes Element in Z[√
10] von der Form α := 3a + b +
b√
10 ∈ Q oder von der Form α + 1 oder α + 2 mit α ∈ Q ist, also
N(Q) =∣
∣
∣Z[√
10]/
Q∣
∣
∣ = 3 .
Entsprechend gilt N(Q′) = 3. Nach Satz 3.28 (i) folgt, dass Q und Q′ Primideale
sind. Damit haben wir die gewunschte Primidealzerlegung von (6) und daruber
hinaus
N((6)) = N(P )2 ·N(Q) ·N(Q′) = 22 · 32 = 36 ,
wobei wir feststellen, dass N((6)) = NF (6) (vgl. Beweis zu Satz 2.1).
3 IDEALTHEORIE 117
Satz 3.29
Sei F ein Zahlkorper und sei I 6= (0) ein OF -Ideal. Fur jede Z-Basis B von I gilt
N(I) =
√
discr (B)∆F
.
Beweis:
Nach Bemerkung (ii) und (iii) zu Definition 2.22 sind fur [F : Q] =: n = r1 +
2r2 die Gitter Θ(OF ) ⊆ Rn und Θ(I) ⊆ Θ(OF ) volle Gitter in Rn, wobei fur die
Fundamentalbereiche gilt
V(
PΘ(OF ))
=(
12
)r2
·√
|∆F | , V(
PΘ(I))
=(
12
)r2
·√
|discr B| ,
und
V(
PΘ(I))
=∣
∣OF/
I∣
∣ · V(
PΘ(OF ))
.
Also folgt
N(I) =∣
∣OF/
I∣
∣ =
(
12
)
·√
|discr (B)|(
12
)
·√
|∆F |=
√
∣
∣
∣
∣
discr (B)∆F
∣
∣
∣
∣
.
Nach Satz 1.35 haben discr (B) und ∆F dasselbe Vorzeichen, und damit folgt die
Behauptung.
2
Korollar 3.30
Ist (α) ein Hauptideal in OF , so gilt N((α)) = |NF (α)|.
Beweis:
Sei B = {β1, . . . , βn} mit n = [F : Q] eine Ganzheitsbasis von F , also discr B = ∆F .
Dann ist
αB = {αβ1, . . . , αβn}
3 IDEALTHEORIE 118
eine Z-Basis von (α). Dabei haben wir
discr (αB) = det (Θi(αβj))2 = det (Θi(α) ·Θi(βj))
2
=n
∏
i=1
Θi(α)2 · det (Θi(βj))2
= NF (α)2 · discr (B) = NF (α)2 ·∆F .
Mit Satz 3.29 folgt
N((α)) =
√
discr (αB)∆F
=√
NF (α)2 = |NF (α)| .
2
Satz 3.31
Sei F ein Zahlkorper mit [F : Q] = n = r1 + 2r2, wobei {r1, r2} die Signatur von F
bezeichne. In jedem OF -Ideal I gibt es ein α ∈ I \ {o} derart, dass
|NF (α)| ≤(
4π
)r2
· n!nn ·
√
|∆F | ·N(I) .
Beweis:
Dies ist nur eine Neuformulierung von Satz 2.23 mit M := I.
2
3 IDEALTHEORIE 119
3.4. Idealformen und die Klassengruppe
Aus Z entsteht durch Bildung von Bruchen der Korper Q der rationalen Zahlen. Die
bislang untersuchten Ideale lassen sich als ”ganze“ Ideale auffassen.
Definition 3.32
Sei R ein Integritatsbereich mit Quotientenkorper F . Ein R-Modul M 6= {0} in F
heißt gebrochenes R-Ideal , falls es ein α ∈ R \ {0} gibt so, dass αM ⊆ R. Ist M ein
gebrochenes Ideal mit M ⊆ R, so nennen wir M ein ganzes Ideal.
Bemerkungen:
(i) Ganze Ideale sind genau die R-Ideale im fruheren Sinne.
(ii) Ist M ein gebrochenes Ideal mit αM ⊆ R fur ein α ∈ R \ {0}, so ist αM ein
ganzes Ideal I, d.h. jedes gebrochene Ideal M besitzt eine Darstellung
M =1α· I
fur ein α ∈ R \ {0} und ein ganzes Ideal I.
Wir wollen zeigen, dass die Menge der gebrochenen Ideale eine Gruppe bildet. Wie
bei ganzen Idealen erklaren wir das Produkt M1 ·M2 zweier gebrochener R-Ideale
M1 und M2 als den kleinsten R-Modul M , der alle Produkte m1 ·m2 mit mi ∈ Mi
enthalt, d.h. M besteht aus allen endlichen Summen solcher Produkte.
Ist M ein gebrochenes R-Ideal in einem Integritatsring R mit Quotientenkorper F ,
so setzen wir
M−1 := {α ∈ F : αM ⊆ R} .
M−1 ist ein gebrochenes Ideal, denn:
M−1 ist offensichtlich ein R-Modul. Sei β ∈ R \ {0} mit βM ⊆ R (M ist ein
3 IDEALTHEORIE 120
gebrochenes Ideal), und sei γ ∈ M−1 beliebig, d.h. γm ∈ R fur alle m ∈ M . Mit
einem beliebigen m0 ∈ M \ {0} erhalten wir
(βm0) · γ = β · (γm0) ∈ R ·R = R ,
d.h. (βm0) ·M−1 ⊆ R.
Ein gebrochenes R-Ideal M heißt invertierbar , falls M ·M−1 = R (also wird R das
Einselement in unserer Gruppe von Idealen sein).
Lemma 3.33
Sei R ein Dedekindring. Jedes ganze R-Primideal P 6= (0) ist invertierbar.
Beweis:
Nach Satz 3.12 existieren zu einem beliebigen α ∈ P \{0} Primideale P1, . . . , Pr mit
(α) = P1 · . . . · Pr .
Wegen α ∈ P ist (α) ⊆ P , also P | (α) und somit P = Pj fur ein j. Sei o.B.d.A.
P = P1. Selbstverstandlich ist (α) - P2 · . . . · Pr, also P2 · . . . · Pr * (α). Wir wahlen
ein β ∈ P2 · . . . · Pr \ (α). Es folgt
βP ⊆ P · P2 · . . . · Pr = (α) ,
also β/α · P ⊆ R und daher β/α ∈ P−1. Wegen β /∈ (α) ist β/α /∈ R, und wegen P
ganz (also P ⊆ R) ist R ⊆ P−1. Also haben wir
βα· P ⊆
(
P−1 \R)
· P = P · P−1 \ P ,
und damit
P = P ·R$P · P−1 ⊆ R ,
wobei die letzte Inklusion direkt aus der Definition P−1 folgt. Damit gilt fur die
ganzen Ideale P und P · P−1
P $P · P−1 ⊆ R .
3 IDEALTHEORIE 121
Da P ein Primideal ist, folgt aus Eigenschaft (ii) fur Dedekind-Ringe (Definition
3.5), dass P maximal ist. Also bleibt nur P · P−1 = R, d.h. P ist invertierbar.
2
Satz 3.34
Sei R ein Dedekind-Ring. Die Menge F(R) der gebrochenen Ideale in R bildet eine
multiplikative Gruppe mit neutralem Element R und Inversem M−1 von M fur alle
M ∈ F(R). Die Menge P(R) der gebrochenen Hauptideale ist eine Untergruppe von
F(R).
Beweis:
Es sind alle Aussagen klar bis auf die Inversenbildung:
Sei zunachst M ∈ F(R) ganz. Dann existieren nach Satz 3.12 eindeutig Primideale
P1, . . . , Pr mit
M = P1 · . . . · Pr .
Nach Lemma 3.33 besitzt jedes Pj das Inverse P−1j . Also ist M ′ := P−1
1 · . . . · P−1r
ein Inverses von M , d.h. M ·M ′ = R. Es folgt sofort
M ′ ⊆ M−1 := {α ∈ F : αM ⊆ R} ,
wobei F den Quotientenkorper von R bezeichnet. Ist umgekehrt α ∈ M−1, d.h.
αM ⊆ R, so haben wir
α ∈ αR = αM ·M ′ ⊆ R ·M ′ = M ′ ,
also insgesamt M ′ = M−1.
Sei nun M ein gebrochenes Ideal. Dann gibt es ein α ∈ R \ {0} mit αM ⊆ R, d.h.
αM ist ein ganzes Ideal. Nach obigen Uberlegungen ist (αM)−1 das Inverse von αM ,
wobei
3 IDEALTHEORIE 122
(αM)−1 = {β ∈ F : β · (αM) ⊆ R}αβ=:γ=
{γα∈ F : γM ⊆ R
}
=1α· {γ ∈ F : γM ⊆ R}
= α−1 ·M−1 .
Es folgt
M ·M−1 = (αM) · (αM)−1 = R .
Definition 3.35
Sei R ein Dedekind-Ring. Die Faktorgruppe
CR := F(R)/
P(R)
heißt Klassengruppe von R. Fur R = OF schreiben wir CR = CF .
Zwei gebrochene Ideale heißen aquivalent , falls sie in dieselbe Nebenklasse von P(R)
in F(R) gehoren; mit anderen Worten:
Zwei gebrochene Ideale I, J sind aquivalent, geschrieben I ∼ J , sofern Ψ(I) = Ψ(J)
unter der kanonischen Abbildung
Ψ :
F(R) −→ F(R)/
P(R)
I 7−→ I · P(R) =: I .
Bemerkung:
Nach Definition von ∼ ist klar, dass I ∼ J ⇐⇒ I = (γ) · J fur ein γ ∈ F . Nach
Bemerkung (ii) zu Definition 3.32 ist jedes gebrochene Ideal I darstellbar als I = 1αJ
mit einem α ∈ F und einem ganzen Ideal J , also (α)·I = J , d.h. I ∼ J (⇐⇒ I = J).
Damit ist gezeigt, dass jede Idealklasse ganze Ideale enthalt.
3 IDEALTHEORIE 123
Satz 3.36
Sei R ein Dedekind-Ring. Dann ist R ein ZPE-Ring gdw. |C| = 1.
Beweis:
Nach Satz 3.23 ist R ein ZPE-Ring genau dann, wenn R ein Hauptidealring ist,
d.h. alle ganzen Ideale sind Hauptideale. Nach vorangegangener Bemerkung sind
demnach alle Ideale Hauptideale, d.h. F(R) = P(R), d.h. |CR| = 1.
2
Satz 3.37
Fur jeden Zahlkorper F besitzt CF nur endlich viele Elemente.
Beweis:
Behauptung: Zu jeder Konstanten C ∈ R>0 gibt es nur endlich viele ganze OF -Ideale
I mit N(I) ≤ C.
Dann sei zunachst P 6= (0) ein ganzes Primideal. Nach Satz 3.28 (iii) ist N(P ) = pm
fur ein p ∈ P ∩ Z und ein m ∈ N, wobei p ∈ P. Zu jedem festen p ∈ P gibt es
nur endlich viele ganze Primideale P mit N(P ) = pm fur irgendein m ∈ N, denn
(p) ⊆ P , d.h. P | (p), und (p) zerfallt eindeutig in endlich viele Primideale nach Satz
3.12. Da es nur endlich viele Primzahlpotenzen pm ≤ C gibt, haben wir die obige
behauptung fur Primideale bereits gezeigt.
ist nun I beliebig, so haben wir nach Satz 3.12
I = P a11 · . . . · P ar
r
fur gewisse ganze Primideale Pj und aj ∈ N (1 ≤ j ≤ r). Aus N(I) ≤ C folgt wegen
N(I) = N(P1)a1 · . . . ·N(Pr)ar (nach Satz 3.28 (iv)), dass
N(Pj)aj ≤ C (1 ≤ j ≤ r) ,
3 IDEALTHEORIE 124
denn N(Pj) ≥ 2 (da N(Pj) = |OF/
Pj| und OF 6= Pj). Daher und aufgrund der
bereits bewiesenen Behauptung fur Primideale folgt die Richtigkeit der eingangs ge-
machten Aussage.
Sei nun H ein beliebiges gebrochenes OF -Ideal. Nach der Bemerkung hinter Defini-
tion 3.35 gibt es ein ganzes OF -Ideal J ∈ H. Wir konnen ein β ∈ OF \ {0} wahlen
derart, dass I = β · J−1 ⊆ OF . Nach Satz 3.31 existiert dann ein α ∈ I \ {0} mit
|NF (α)| ≤(
4π
)r2
· n!nn ·
√
|∆F | ·N(I) .
Wegen α ∈ I ist α · I−1 ⊆ I · I−1 = OF , d.h. H0 := αI−1 ist ein ganzes OF -Ideal.
Außerdem folgt
N(H0) = N((α) · I−1) = N((α)) ·N(I−1) = |NF (α)| ·N(I)−1
≤(
4π
)r2
· n!nn ·
√
|∆F | =: C
nach Satz 3.28 (iv), Korollar 3.30 und wegen 1 = N(OF ) = N(I · I−1) = N(I) ·
N(I−1). Wir haben also wegen
H0 = αI−1 = α · β−1 · J ∼ J ∼ H
jedem gebrochenen Ideal H ein ganzes Ideal H0 mit H0 = H und N(H0) ≤ C
zugeordnet. Nach der zu Beginn des Beweises gezeigten Aussage gibt es nur endlich
viele ganze Ideale H0 mit N(H0) ≤ C und somit nur endlich viele Idealklassen H,
d.h. CF ist endlich.
2
Definition 3.38
Sei F ein Zahlkorper mit Signatur {r1, r2} und [F : Q] = n = r1 + 2r2. Dann heißt
|CF | die Klassenzahl von OF ; Standardbezeichnung: hF := |CF |. Außerdem heißt
MF :=(
4π
)r2
· n!nn ·
√
|∆F |
3 IDEALTHEORIE 125
die Minkowski-Schranke von F.
Bemerkung:
Der Ausdruck ”Minkowski-Schranke“ findet seine Berechtigung in der von Minkow-
ski bewiesenen Ungleichung
hF ≤ |{I ⊆ OF : N(I) ≤ MF}| .
Beispiel:
Sei F ein quadratischer Zahlkorper mit −8 ≤ ∆F ≤ 13. Dann gilt N(I) ≤ MF nur
fur N(I) = |OF/
I| = 1, d.h. I = OF (MF = 2π ·
√
|∆F | < 2 fur −8 ≤ ∆F ≤ 0 bzw.
MF = 12 ·
√
|∆F | < 2 fur 0 ≤ ∆F ≤ 13). Nach Satz 3.36 folgt, dass OF ein ZPE-Ring
ist fur ∆F ∈ {−3,−4,−7,−8, 5, 8, 12, 13}.
Bemerkung:
Satz 3.37 von der Endlichkeit der Klassenzahl hF zeigt, dass der Ubergang von den
Zahlen zu den Idealen nicht ins Uferlose fuhrt. Der gunstigste Fall ist naturlich
hF = 1, d.h. OF ist Hauptidealring, was wiederum gleichbedeutend ist damit, dass
der Satz von der eindeutigen Primfaktorzerlegung wie in Z gilt. Bei den quadrqti-
schen Zahlkorpern ist der Stand der Dinge wie folgt: Es gibt genau neun komplex-
quadratische ZahlkorperQ(√
D) mit Klassenzahl 1, namlich fur D = −1,−2,−3,−7,
−11,−19,−43,−67,−163 und vermutlich unendlich viele reell-quadratische Zahlkor-
per (vgl. Bemerkung nach Satz 2.3). Dabei ist bis heute nicht einmal bewiesen, dass
es unter allen Zahlkorpern unendlich viele mit Klassenzahl 1 gibt.
In vielen Untersuchungen hat sich ergeben, dass die Klassengruppe CF zu verschie-
denen Zahlkorpern F nach Große und Struktur anscheinend ganz regellos ausfallen.
Eine Ausnahme hiervon bilden die Kreisteilungskorper Q(ζpa) mit primitiven pa-ten
Einheitswurzeln ζpa . Die von Iwasawa entdeckte Gesetzmaßigkeit ist eng verknupft
mit der in Abschnitt 1.1. erwahnten Fermat-Vermutung:
Aus xp + yp = zp folgt
(x + y)(x + ζpy)(x + ζ2py) · . . . · (x + ζp−1
p y) = z · z · . . . · z ,
3 IDEALTHEORIE 126
d.h. wir haben zwei multiplikative Zerlegungen einer einzigen Zahl in Z[ζp]. Das
widersprache der eindeutigen Primfaktorzerlegung, vorausgesetzt, dass sie in Z[ζp]
gilt, d.h. dass hQ(ζp) = 1 gilt. Leider ist dies im Allgemeinen falsch. Kummer bewies
jedoch, dass sie genannte Schlussweise zu retten ist, sofern (anstelle von hQ(ζp) = 1)
wenigstens p - hQ(ζp) gilt Primzahlen mit dieser Eigenschaft nannte Kummer regular .
Von den ersten 25 Primzahlen p (d.h. p < 100) sind nur drei irregular (namlich
p = 37, 59, 67). Damit ist also zum Beispiel die Fermat-Vermutung fur alle anderen
Exponenten p < 100 bewiesen.
Index
L-Isomorphismus, 14
n-dimensionale Einheitskugel, 73
n-dimensionale Wurfel, 73
n-te Einheitswurzel, 5
aquivalent, 120
algebraisch, 5, 8
algebraische Erweiterung, 8
algebraische Konjugierte, 14
algebraischer Abschluss, 12
assoziiert, 3
Bachet-Gleichung, 46
Dedekind-Ring, 96
diskret, 73
Diskriminante, 22, 28, 35, 72
Einbettung, 14
eindeutig zerlegbar, 3
Einheit, 3
endlich erzeugt, 94
endliche Erweiterung, 13
euklidische Funktion, 44
euklidischer Ring, 44
Fundamentalbereich, 72
Fundamentaleinheiten, 90
Fundamentalparallelepiped, 72
Fundamentalsystem, 90
ganzalgebraisch, 2
ganzes Ideal, 117
Ganzheitsbasis, 27, 34
Gauß’sche Zahlen, 2
gebrochenes R-Ideal, 117
Gitter, 72
großter gemeinsamer Teiler, 43, 103
Hauptideal, 94
Hauptideale, 7
Hauptidealring, 108
Ideal, 6
invertierbar, 118
irreduzibel, 3
Klassengruppe, 120
Klassenzahl, 123
kleinstes gemeinsames Vielfaches, 43,
103
komplexe Einbettung, 15
konvex, 73
Kreisteilungskorper, 58
Kreisteilungspolynom, 58
logarithmische Darstellung, 86
logarithmischer Raum, 86
maximal, 95
minimal, 95
127
INDEX 128
Minimalpolynom, 8
Minkowski-Schranke, 123
Noethersche Ringe, 96
Norm, 19, 112
norm-euklidisch, 49, 50
prim, 4
Primideal, 7, 95
quadratische Zahlkorper, 37
Radikand, 35
reelle Einbettung, 15
regular, 124
Regulator, 91
Ring der ganz(algebraisch)en Zahlen,
26
Signatur, 15
teilerfremd, 43, 97
Teilerkettenbedingung, 96
teilt, 4, 7
total-komplexer Zahlkorper, 15
total-reeller Zahlkorper, 15
transzendent, 8
transzendente Erweiterung, 8
transzendente Zahlen, 6
triviales Ideal, 95
Vandermonde-Determinante, 28
ZIE-Ring, 43
ZPE-Ring, 43