noli me tangere! - wfo bruneck

12
Noli me tangere! Μή μου ἅπτου! No me brancè íte Rühr mich nicht an! Non mi toccare! Don`t touch me! Neue Facebook Philosophie, Foto im Netz, Schutz der Privatsphäre „Mädchen mit gesenktem Blick“ (1) Schüler und Schülerinnen der Klassen 2C, 2D, 4B und 4D (Schuljahr 2015-16) der Wirtschaftsfachoberschule (WFO) Bruneck (Südtirol-Italien) schreiben an Mark Zuckerberg und unterbreiten ihm einen Vorschlag. Es geht hierbei um die Beantwortung folgender Fragen: Wie kann Facebook verhindern, dass, bei der Veröffentlichung von Fotos im Internet, die Privatsphäre verletzt wird und wie kann diesbezüglich das Einverständnis der Betroffenen eingeholt werden?

Upload: others

Post on 22-Nov-2021

12 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Noli me tangere!

Μή μου ἅπτου!

No me brancè íte

Rühr mich nicht an! Non mi toccare!

Don`t touch me!

Neue Facebook Philosophie, Foto im Netz, Schutz der Privatsphäre

„Mädchen mit gesenktem Blick“ (1)

Schüler und Schülerinnen der Klassen 2C, 2D, 4B und 4D (Schuljahr 2015-16) der

Wirtschaftsfachoberschule (WFO) Bruneck (Südtirol-Italien) schreiben an Mark Zuckerberg

und unterbreiten ihm einen Vorschlag.

Es geht hierbei um die Beantwortung folgender Fragen: Wie kann Facebook verhindern, dass,

bei der Veröffentlichung von Fotos im Internet, die Privatsphäre verletzt wird und wie kann

diesbezüglich das Einverständnis der Betroffenen eingeholt werden?

Page 2: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Hier das Schreiben:

Betreff: Neue Facebook Philosophie

Sehr geehrter Herr Zuckerberg,

Sie schreiben im Brief an Ihre Tochter sinngemäß, dass Sie für sie die Welt verbessern möchten

und dass Sie bereit sind, in dieses Vorhaben viel Geld zu investieren.

Wir, Schüler und Schülerinnen der Klassen 2 C, 2 D, 4 B und 4 D der WFO Bruneck, hätten dazu

auch eine gute Idee.

Wir sind überzeugt, dass Ihr Vorhaben sicher eine gute Sache ist. Allerdings sind wir auch der

Meinung, dass die allgemeine Verbesserung der Welt nur dann gelingen kann, wenn jeder

zunächst in seinem eigenen Umfeld anfängt. Daher möchten wir Ihnen eine kleine Geschichte

erzählen. Es ist dies eine Geschichte, die sich jederzeit überall ereignen könnte.

Ihr Titel ist: „Noli me tangere“. Das kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie:

„Rühr mich nicht an!“

Wir werden die Geschichte rechtlich, technisch und wirtschaftlich analysieren. Hierbei

werden wir Ihnen auch die Idee einer neuen Facebook-Philosophie, sowie einer neuen

Software unterbreiten. Wir sind davon überzeugt, dass mit Hilfe dieser neuen Philosophie und

mit Hilfe dieser neuen Software der Schutz der Menschenrechte bzw. der Sicherheit im Netz

in größerem Umfang gewährleistet werden kann.

Und nun zu unserer Geschichte und deren Analyse:

Der minderjährige 15-jährige Georg (italienischer Staatsbürger aus Südtirol und Nutzer von

Facebook – Name frei erfunden) macht auf einer privaten Party, zu der er ausdrücklich nicht

eingeladen war, ein Foto von der minderjährigen 16-jährigen Johanna (ebenfalls italienische

Staatsbürgerin, ebenfalls Südtirolerin und ebenfalls Nutzerin von Facebook – auch ihr Name

ist frei erfunden). Er droht damit, das Foto ins Internet zu stellen. Für Johanna, die sehr auf

ihre Privatsphäre und ihr Ansehen bedacht ist, wäre dies ein Horror. Abgesehen davon, dass

sie felsenfest davon überzeugt ist, dass allein sie das Recht hat, über ihr Bild zu verfügen, malt

sie sich alles Mögliche aus: z.B. dass sie in den Ferien um ein Praktikum in einer Bank ansucht,

dass der Bankdirektor das Bild von ihr (auf dem sie, da das Foto gänzlich bearbeitet wurde,

vollkommen entstellt, ordinär geschminkt und halbnackt dargestellt ist) zufällig im Internet

gesehen hat. Da nützt es auch nicht, dass sie beteuert, dass das Bild gegen ihren Willen

Page 3: Noli me tangere! - WFO Bruneck

veröffentlicht und bearbeitet worden ist. Der Bankdirektor will nicht riskieren Ruf und

Seriosität der Bank zu gefährden und ermöglicht ihr deshalb nicht das Praktikum.

Dies vorausgestellt stellt sich nun die Frage, ob Johanna Georg tatsächlich gänzlich

ausgeliefert ist, oder ob jemand dafür zuständig ist, sie zu schützen bzw. es stellt sich die

Frage, ob das Recht von Georg auf unbegrenzte Freiheit in der Entfaltung seiner Person,

höher steht als das Recht auf Privatsphäre von Johanna. Georg könnte sagen, dass das freie

Veröffentlichen von Fotos ohne irgendein Einverständnis mittlerweile so eine Art

„internationales Gewohnheitsrecht“ ist. Das objektive Element dieses Gewohnheitsrechtes

würde sein, dass die Mehrheit der Jugendlichen heute Fotos ins Internet stellt, ohne auch nur

ansatzweise Einverständnisse einzuholen, was für sie viel zu kompliziert wäre. Das subjektive

Element des Gewohnheitsrechtes bestünde in der Überzeugung dieser Jugendlichen, dass

ihnen das Recht zusteht, Fotos zu machen, und dass diese ihr Eigentum sind, über das sie, auf

der Grundlage des Urheberrechtes, frei verfügen können.

Es sei an dieser Stelle die Frage erlaubt, wohin das führen würde…

Bevor wir den Fall nun rechtlich, technisch und wirtschaftlich durchleuchten, präsentieren wir

Ihnen vorerst eine Lösung, die wir rechtlich gesehen für korrekt halten:

Strenggenommen müssten – da Georg und Johanna minderjährig sind - die Eltern von Georg

die Eltern von Johanna kontaktieren und das Einverständnis zur Veröffentlichung des Fotos

von den Eltern von Johanna und von Johanna selbst einholen. Das soziale Netzwerk müsste

(über ein Gesichtserkennungsverfahren, auf das wir später eingehen werden) kontrollieren,

ob diese Einverständnisse auch wirklich vorliegen. Schon jetzt nehmen wir vorweg, dass diese

Lösung die 14-18 Jährigen (und nicht nur) wohl dazu bringen würde, Netzwerk zu wechseln,

da die Jugendlichen gerade in diesem Alter nicht von ihren Eltern überwacht werden und

selbst die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen wollen. Daher schlagen wir vor, dass

die Eltern nur bei Jugendlichen unter 16 Jahren verbindlich involviert werden müssen, bei 16-

18-Jährigen nicht mehr. Diese erhalten die Anfrage um das Einverständnis zur

Veröffentlichung (siehe später) ausschließlich selbst. Warum gerade die 16-Jahre –

Altersgrenze, werden wir später genauer erläutern. Vorweg nur: wir werden uns hierbei am

Autorenrecht orientieren, denn bereits eine 16 – Jährige kann diesbezüglich über ein

Kunstwerk, das sie betrifft, auch ohne die Einwilligung der Eltern verfügen.

Wir wissen, dass diese Lösung insgesamt im ersten Moment völlig unrealistisch erscheinen

mag, aber für uns ist es eine Vision, die Vision eines sozialen Netzwerkes, welches sich auch

im digitalen Zeitalter in jeder Hinsicht korrekt verhält, indem es die bestehenden Rechte seiner

Nutzer in vollkommener Weise und im Sinne einer internationalen Rechtsstaatlichkeit

respektiert. Auch würden so die Eltern – zumindest die der unter 16-Jährigen - involviert und

müssten Verantwortung übernehmen.

Page 4: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Dies vorweggenommen durchleuchten wir den Fall nun als erstes in

rechtlicher Hinsicht (2):

Wir gehen hierbei in erster Linie vom italienischen Recht aus, da es eine klare

internationalrechtliche Lösung praktisch nicht gibt.

Dies vorausgestellt:

Sollte das Foto von Johanna von Georg veröffentlicht werden bzw. das soziale Netzwerk dies

ermöglichen, so würden die Privatsphäre von Johanna und somit die Art. 12 der Allgemeinen

Erklärung der Menschenrechte, Art. 17 des UN Paktes für Menschenrechte und Art. 8/1 der

Europäischen Konvention für Menschenrechte verletzt werden. Laut diesen Artikeln hat jeder

Mensch das unverletzliche Recht auf Privatsphäre. Das Recht auf Privatsphäre beinhaltet auch

das Recht, über sein Bild zu verfügen. Nachdem Johanna italienische Staatsbürgerin ist und

ihren Wohnsitz in Italien hat und nachdem ihr durch die Veröffentlichung in Italien ein

schwerer moralischer Schaden zugefügt würde, würde in unserem Fall, auch wenn Facebook

seinen Sitz außerhalb von Italien hätte, das italienische Recht angewandt. Die AGB

(Allgemeine Geschäftsbedingungen) von Facebook sind für unseren Fall vollkommen

unzureichend. Sie sehen im Punkt 1) lediglich vor, dass Facebook die Privatsphäre seiner

Nutzer sehr wichtig ist und fordern im Punkt 5) (Schutz der Rechte anderer Personen) auf,

keine Inhalte zu posten, welche die Rechte einer anderen Person verletzen, da diese

andernfalls gelöscht würden.

Es stellt sich hier die Frage: Was nützt es Johanna, wenn ihr Foto, nachdem es schon im

Internet war, gelöscht wird? Der Schaden (die Verletzung ihrer Privatsphäre) ist ja schon

entstanden! Und weiters: Wie stellt Facebook fest, dass Rechte anderer Personen verletzt

wurden?

Wie oben ausgeführt, werden wir uns im vorliegenden Fall am italienischen Recht orientieren.

Begründung: Johanna ist italienische Staatsbürgerin und der Schaden, den wir verhindern

wollen, würde in Italien entstehen.

Im italienischen Recht ist das alleinige Recht über sein Bild zu verfügen v.a. im Art. 2 der

Verfassung verankert („Die Republik anerkennt und gewährleistet die unverletzlichen Rechte

des Menschen, sei es als Einzelperson, sei es innerhalb der gesellschaftlichen Gebilde, in

denen sich seine Persönlichkeit entfaltet …“). Auch Georg könnte sich im Sinne einer

Entfaltung seiner Persönlichkeit auf diesen Artikel berufen, allerdings sind wir der festen

Überzeugung, dass das Recht von Johanna mit Sicherheit Vorrang hat, da für Georg alles nur

ein Spaß ist, für Johanna hingegen eine sehr ernste Angelegenheit. Laut Art. 96 italienisches

Gesetz vom 22.4.1941 n.633 (Autorenrecht) darf ein Bild einer Person nicht ohne ihre

Zustimmung veröffentlicht werden. Laut Art. 10 ZGB (italienisches Zivilgesetzbuch) kann die

Gerichtsbehörde die Unterlassung des Missbrauchs eines Bildes anordnen, wobei

Page 5: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Schadenersatzansprüche unberührt bleiben. Laut Art. 615 bis StGB (italienisches

Strafgesetzbuch) wird derjenige, der sich durch optische Aufnahmegeräte unzulässigerweise

Bilder einer Person verschafft und diese dann durch ein an die Öffentlichkeit gerichtetes

Nachrichtenmittel offenbart oder verbreitet, mit Gefängnisstrafe von 6 Monaten bis zu 4

Jahren bestraft. Und schließlich besagt der Art. 40/2 StGB in diesem Zusammenhang, dass

einen Schaden nicht zu verhindern, obwohl eine Rechtspflicht zu Verhinderung besteht, der

Verursachung gleichkommt. D.h. nicht nur Georg würde für die Verletzung der Privatsphäre

zur Rechenschaft gezogen, sondern auch das soziale Netzwerk, das dies ermöglicht hat, wird

diesbezüglich als schuldig angesehen. Ein Schwachpunkt in diesem Zusammenhang ist die

Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Rechtspflicht von Seiten des Sozialen

Netzwerkes. Es gibt – soweit wir wissen – leider keine klare Rechtsnorm (man könnte sie

jedoch schaffen), die Facebook in diesem Zusammenhang rechtlich verpflichtet, diesbezüglich

aktiv zu werden. Es sei denn man sagt, dass sich die Rechtspflicht aus der Gesamtheit der oben

angeführten Bestimmungen ableitet. Nun verfügt jedoch der Art. 17 Dlgs.

(Ermächtigungverordnung) 70/2003 (italienisches Recht) auf der Grundlage des Art. 15 EU-

Richtlinie 31/2000, dass der Netzbetreiber keine allgemeine Kontrollpflicht bzgl. der bei ihm

gespeicherten Daten hat. Bezogen auf unseren Fall könnte man diese Bestimmungen jedoch

- obwohl EU-Recht - als verfassungswidrig bezeichnen, da sie gegen den Art. 2 der italienischen

Verfassung in Kombination mit dem Art. 40/2 StGB – wie oben ausgeführt - verstoßen.

Zusatz: Die Tätigkeit eines sozialen Netzwerkes könnte in Italien laut Art. 2050 ZGB als

gefährlich eingestuft werden. Rechtlich gesehen hätte dies in unserem Fall zur Folge, dass

nicht Johanna beweisen muss, dass das Netzwerk für den von ihr erlittenen Schaden eine

Mitschuld trägt. Vielmehr wird die Beweislast umgekehrt, sodass das Netzwerk, um sich von

der Schuldzuweisung zu befreien, beweisen muss, alle zur Vermeidung des Schadens

geeigneten Maßnahmen getroffen zu haben.

All das in rechtlicher Hinsicht vorausgestellt, kann man sagen, dass das italienische Recht

Johanna zwar schützt, dass jedoch Facebook, aufgrund der unklaren internationalen

Rechtslage, zu nichts gezwungen werden kann.

Page 6: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Somit wären wir beim technischen Teil angelangt.

Technischer Teil

In technischer Hinsicht sind wir überzeugt, dass es für Facebook, mit einer entsprechenden

Datenbank, ohne weiteres möglich ist, nach dem Hochladen des Fotos durch Georg, vor

dessen Veröffentlichung, zu kontrollieren, ob die notwendigen Einverständnisse vorliegen.

Dabei stellen wir uns Folgendes vor: Nutzer von Facebook, die ihre Fotos schützen wollen,

hinterlegen bei ihrer Registrierung ein Foto von sich, das bei Bedarf (besonders bei

Jugendlichen ändert sich eine Zeitlang kontinuierlich das Aussehen) in regelmäßigen

Abständen aktualisiert wird. Will ein Facebook-Nutzer das Foto eines anderen Nutzers

veröffentlichen, so wird der Abgebildete auf dem Foto mit Hilfe eines

Gesichtserkennungsverfahrens (3) identifiziert. Daraufhin erhält der Abgebildete eine

Mitteilung, über die nachgefragt wird, ob er/sie mit der Veröffentlichung einverstanden ist.

Wenn er/sie einverstanden ist, muss er/sie die Mitteilung mit dem Einverständnis, innerhalb

einer vorgegebenen Zeit zurückschicken. Das Einverständnis muss mit einer digitalen

Unterschrift, deren Voraussetzungen im Vorfeld geschaffen werden müssen, versehen sein.

Das Schweigen gilt als Ablehnung und das Foto darf dann nicht veröffentlicht und muss

umgehend und vollständig gelöscht werden.

Die Mitteilung an die Eltern (im Falle von unter 16-Jährigen) kann nur erfolgen, wenn die Eltern

auch registriert sind, andernfalls kann ihr Einverständnis nicht eingeholt werden und ihre

Kinder können dann nichts veröffentlichen. Dies könnte allerdings in vielen Fällen dazu führen,

dass die Kinder zu unsicheren und unberechenbaren Netzwerken wechseln, bei denen sie frei

Fotos veröffentlichen dürfen. Hier gilt es Überzeugungsarbeit zu leisten.

Der Weg von den Kindern zu den Eltern führt über eine Verknüpfung. Da es sich bei der

Verfügung über sein Bild um eine höchst persönliche Angelegenheit handelt, genügt auch bei

den unter 16-jährigen hierbei nicht das Einverständnis der Eltern, sondern es braucht auch das

Einverständnis der/des Minderjährigen.

Das alles bedeutet somit, dass die Fotos von Facebook- Nutzern, die bei ihrer Registrierung

kein Foto hinterlegt haben, ohne die entsprechen Einverständnisse nicht veröffentlicht

werden können.

Page 7: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Und somit sind wir bei der wirtschaftlichen Analyse angelangt:

Wirtschaftliche Analyse

(4)

Facebook würde, was den Schutz der Privatsphäre anbelangt, eine Vorreiterrolle gegenüber

allen anderen sozialen Netzwerken einnehmen.

Ausschlaggebend dafür ist, dass die Umsetzung unserer Idee das Grundbedürfnis nach

Sicherheit befriedigen würde, was auch ein Anreiz für neue Nutzer wäre.

Es würde, für den Schutz der internationalen Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte

durch künstliche Intelligenz, beispielgebend sein. Das Ansehen von Facebook würde –

ausgehend von einem einfachen Rechtsfall zwischen Jugendlichen, bei dem es „nur“ um ein

Foto geht – zunehmen. Jugendliche und Erwachsene, die Sicherheit im Netz suchen, würden

sich bei Facebook registrieren lassen. Die Anzahl der Nutzer und der Umsatz von Facebook

würden steigen. Die Investition würde sich lohnen. Viele Eltern von unter 16-Jährigen würden

sich registrieren lassen, da sie so einen Überblick über die Tätigkeiten ihrer Kinder im Netz

hätten und Verantwortung übernehmen müssten. Sie könnten so verhindern, dass ihre Kinder

unbedacht ihre Privatsphäre preisgeben. Facebook würde mehr Zulauf bekommen und

erfolgreicher sein als die Konkurrenz. Auch könnten diesbezüglich Kosten für eventuelle

Prozesse wegen Verletzung der Privatsphäre eingespart werden.

Aufgrund seines neuen Ansehens sind wir überzeugt, dass Facebook – nachdem es als einziges

soziales Netzwerk die staatlichen und zwischenstaatlichen Rechtsnormen konsequent

respektieren würde – sogar letztlich eine moralisch/ethische Vorreiterrolle spielen würde.

Abgesehen davon kann die hier dargelegte Idee auch in anderen Bereichen angewandt

werden.

Page 8: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Folgendes noch:

Wie würde die Regelung für unseren Fall lauten, wenn man sich darauf einigen

würde, italienisches Recht anzuwenden?

(5)

Ergänzung zur Analyse in rechtlicher Hinsicht :

Auf der Ebene des italienischen öffentlichen Rechts, würden Georg (durch eine Handlung) und

Facebook (durch eine Unterlassung) die Straftat („Unerlaubte Eingriffe in den privaten

Lebensbereich“) laut Art. 615 bis Absatz 1 und 2 StGB begehen. Da der Schaden in Italien

entstehen würde, wäre laut Art. 6 StGB das italienische Gesetz anzuwenden und es wäre der

italienische Richter zuständig. Laut dem italienischen Recht wäre Georg, da älter als 14,

deliktsfähig und könnte nach dem Jugendstrafrecht bestraft werden. Für Facebook wäre

strafrechtlich verantwortlich die Person, die die Straftat hätte verhindern können, d.h. ein

Manager von Facebook, auch wenn ansonsten die strafrechtliche Verantwortung eine

persönliche ist (Art. 27/1 ital. Verfassung)

Auf der Ebene des Privatrechtes (Schadenersatz) gilt der Art. 62/1 G. 31.5.95 Nr.218, wonach

bei Schadenersatzpflicht das Gesetz jenes Staates angewandt wird, in dem der Schaden

entstanden ist. Für den Beklagten Georg ist lt. Art. 3/1 G. 31.5.1995 Nr. 218 der italienische

Richter zuständig. Was Facebook anbelangt, so ist zwar der Richter jenes Staates zuständig,

wo das beklagte Unternehmen (Facebook) seinen Sitz hat (Art. 3/1 G. 31.5.95 Nr. 218), der

Richter muss jedoch laut italienischem Recht (Art. 62/1 G. 31.5.95 Nr.218) Recht sprechen.

Page 9: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Der Schaden von Johanna würde umfassen:

a. Den moralischen Schaden (Schmerzensgeld)

b. Den biologischen Schaden (Gesundheit)

c. Den materiellen Schaden (Ausgaben für Psychotherapie)

d. Anwaltskosten

e. Beweis weiterer Schäden vorbehalten

Was die Eltern von Georg anbelangt, so haften sie natürlich nicht persönlich (siehe Art. 27/1

Verf.), jedoch können sie zwecks Schadenersatz belangt werden, es sei denn sie sind

imstande zu beweisen, dass sie die Handlung nicht verhindern konnten (siehe Art. 2048/3

ZGB). Und das ist der entscheidende Punkt. Die Eltern von Georg könnten – abgesehen von

einer entsprechenden Erziehung – im Fall von Georg wohl tatsächlich nicht verhindern, dass

er ein Foto macht und dieses, gegen den Willen der betroffenen Person, veröffentlicht. Wer

dies allerdings verhindern könnte ist das soziale Netzwerk, das die entsprechenden

technischen Voraussetzungen schaffen muss, da es andernfalls aufgrund des Art. 40/2 StGB

bestraft werden kann. Wie bereits ausgeführt besagt dieser Artikel, dass einen Schaden nicht

zu verhindern, obwohl eine Rechtspflicht zur Verhinderung besteht, der Verursachung

gleichkommt. Wir haben oben gesehen, wie es um die Rechtspflicht bestellt ist, haben

erkannt, dass das Bestehen oder Nichtbestehen der Rechtspflicht der Schwachpunkt unserer

Argumentation ist und haben in diesem Zusammenhang betont, dass wir wohl nicht umhin

kommen auf eine freiwillige Mitarbeit von Facebook zu hoffen.

Überlegungen zur Festlegung der Altersgrenze von 16 Jahren

Eingangs haben wir begründet, warum es angebracht wäre, das Einverständnis der Eltern zur

Veröffentlichung eines Fotos nur bis zu einem Alter von 16 Jahren vorzusehen. Das italienische

Recht sieht für die Freigabe eines Bildes keine besondere Altersregel vor, folglich müsste man

davon ausgehen, dass nur Volljährige ohne Einverständnis ihrer Eltern frei über ihr Bild

verfügen können. Nun gibt es aber eine Bestimmung im Autorenrecht, die besagt, dass bereits

16 – Jährige über z.B. ein sie betreffendes Kunstwerk – frei – das heißt auch ohne Einwilligung

der Eltern – verfügen können. Dies festgestellt sind wir der Meinung, dass zwischen dem Recht

über ein sie betreffendes Kunstwerk und dem Recht über sein Bild zu verfügen ein

Zusammenhang besteht. Auch der menschliche Körper ist ein Kunstwerk. Über dieses

Kunstwerk dürfen andere niemals frei verfügen. Demzufolge können wir die Bestimmung des

Autorenrechts analog auf unseren Fall anwenden. Analog bedeutet, dass, wenn es für einen

Fall keine Regelung gibt, die Regelung eines ähnlichen Falls angewendet werden kann.

Page 10: Noli me tangere! - WFO Bruneck

Das heißt für unseren Fall:

Bei 16-Jährigen genügt – zwecks Veröffentlichung eines sie betreffenden Fotos – das Einholen

des Einverständnisses des 16-Jährigen selbst.

Im Fall von unter 16-Jährigen muss Facebook nicht nur das Einverständnis vom unter 16-

Jährigen selbst, sondern auch das der Eltern einholen.

Und nun noch kurz zusammengefasst

(6)

Johanna würde, sollte das Foto veröffentlicht werden, einen schweren Schaden erleiden.

Dafür verantwortlich wäre Georg als Täter. Facebook, das die Tat nicht verhindert, obwohl es

die Voraussetzungen dafür hätte, wäre Mittäter. Laut italienischem Recht würde im Falle eines

Prozesses das italienische Recht angewandt, da der Schaden, der im Übrigen mit Geld nicht

wirklich wieder gut gemacht werden könnte, an einer italienischen Staatsbürgerin in Italien

entstanden ist. Für Georg (als Angeklagtem) wäre der italienische Richter zuständig, für

Facebook (Beklagte) der Richter des Staates, in dem Facebook seinen Sitz hat. In beiden Fällen

müsste allerdings das italienische Recht angewandt werden (siehe vorne). Im Falle von

Facebook hätte demnach zwar der Richter des Staates, in dem Facebook seinen Sitz hat, die

Rechtsprechung, allerdings müsste dieser das italienische Recht anwenden (siehe vorne). Aber

– aufgrund der unklaren Rechtslage – wird wohl doch die Freiwilligkeit von Seiten von

Facebook erforderlich sein, was aber – wie bereits betont – zu einer Steigerung des Ansehens

führen würde, was wirtschaftlich gesehen interessant sein dürfte.

Page 11: Noli me tangere! - WFO Bruneck

All dies vorausgestellt:

Herr Zuckerberg,

würden Sie – angesichts der internationalrechtlichen Unklarheiten und somit auf

freiwilliger Basis – unsere Idee eines Gesichtserkennungsverfahrens im Zusammenhang mit

dem Schutz der Privatsphäre bei ganz normalen Einzelfotos, technisch umsetzen? Sie

würden dadurch auf mehreren Ebenen einen entschleunigenden Impuls für eine

Entwicklung in Richtung einer internationalen Rechtssicherheit im Netz setzen?

Die Entwicklung würde Ihrer Tochter und anderen jungen Menschen langfristig mit Sicherheit

zugutekommen.

Es geht in unserem Fall letztendlich um Respekt.

Die neue Facebook Philosophie könnte lauten:

„Künstliche Intelligenz schützt Menschenrechte“

Mit freundlichen Grüßen

Schüler und Schülerinnen der Klassen 2 C, 2 D, 4 B und 4 D der Wirtschaftsfachoberschule

Bruneck (Südtirol-Italien).

Koordination: Brigitta Niederkofler, Rechtskundelehrerin an der WFO Bruneck und

Rechtsanwältin.

Rechtlicher Sponsor: Ivo Winkler, Lehrbeauftragter für öffentliches Recht an der Universität

Innsbruck und Rechtsanwalt.

Über eine Rückantwort würden wir uns freuen!

Kontakt: [email protected], - www.wfo-bruneck.info

Page 12: Noli me tangere! - WFO Bruneck

1) Schülerin der Wirtschaftsfachoberschule (WFO) Bruneck (Südtirol/Italien) Foto: Richard

Kammerer - Bezüglich des Fotos möchten wir noch anführen, dass wir hierbei vom Foto

„Melancholisches Mädchen“ (google: foto melancholisches Mädchen –

http://images.google.de..........de.dreamstime – lizenzfreies stockfoto - ) inspiriert worden

sind. Allerdings ist es uns, trotz längerer Recherchen (Lena, Elisa und Kathrin von der 4 B,) nicht

gelungen, das Mädchen rechtlich zu identifizieren. Gefunden wurde das Foto von Ulrike und

Judith von der 4B 2) Idee für den Paragrafen: Manuel Reichegger, Umsetzung ebenfalls Manuel Reichegger; Idee, den

Paragrafen in den Hintergrund zu stellen: Stefanie Thum –beide 2 C

3) Idee bzw. Impuls: Alex Niederkofler und David Jovanovic Vukasin von der 2 D

4) Gefunden bei Google (Eigenschaften: frei verwendbar) und bearbeitet von Huber Manuel 4 D

5) Die Zeichnung soll symbolisieren, dass unsere Initiative (der Stern, ausgehend von Südtirol)

der Welt (Weltkugel) den Impuls (Fußball) geben könnte, statt dem schwammigen

internationalen Recht (soft law) das italienische Recht (strong law) als Grundlage einer neuen

Weltordnung zu übernehmen. In diesem Sinne hat auch die Form des Stiefels eine symbolische

Bedeutung. Das italienische Recht würde sozusagen die ganze Welt durchwandern. Als Ball

wollten wir ursprünglich das Symbol der Vereinten Nationen wählen, da allerdings nicht alle

Staaten der Welt den Vereinten Nationen angehören, haben wir uns für eine neutrale

Weltkugel entschieden. Letzteres war die Idee von Gabriel Golser von der Klasse 2 C.

Insgesamt haben mitgewirkt u.a.: Gabriel Golser und Marian Künig von der 2 C

Durchführung der Zeichnung: Mutschlechner David 4 D.

6) Gefunden bei Google (Eigenschaften: frei verwendbar) und bearbeitet von Gasser Manuel 4 D

Urheber und Patentrechte vorbehalten

Bruneck, 3. Juli 2017