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www.micronova.de 2016 ...not the car! Das beste EXAM aller Zeiten: EXAM 4 Change the engine... Automobilzulieferer Marquardt setzt bei Batterie-Management-Systemen auf MicroNova Schneller am Start Die neue HiL-Plattform eignet sich optimal für innovative Testing-Anwendungen und -Prozesse NovaCarts 4.0 Kompendium der MicroNova AG

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Page 1: NovaCarts 4 · PDF file002 // 2016 // Kompendium Editorial Sehr geehrte Leserinnen und Leser, bisher waren aller gute Dinge drei, nun sind es vier – zumindest bei Hardware-in

www.micronova.de

2016

...not the car! Das beste EXAM aller Zeiten: EXAM 4

Change the engine...

Automobilzulieferer Marquardt setzt bei Batterie-Management-Systemen auf MicroNova

Schneller am Start

Die neue HiL-Plattform eignet sich optimal für innovative Testing-Anwendungen und -Prozesse

NovaCarts 4.0

Kompendium der MicroNova AG

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002 // 2016 // Kompendium

Editorial

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

bisher waren aller gute Dinge drei, nun sind es vier – zumindest bei Hardware-in-the-Loop-Simulatoren. Denn mit der Einführung der neuen HiL-Generation NovaCarts 4.0 haben MicroNova und carts tatsäch-lich die Tür in eine neue Dimension des HiL-Testing aufgestoßen. Ob autonomes Fahren, induktives Laden oder ultraschnelle, hochgenaue Batteriesimulationen, mit NovaCarts 4.0 lassen sich innovative Anwen-dungsszenarien abdecken. Die Bandbreite reicht dabei von der intelligenten Standalone-I/O-Karte über den Einzelplatz-HiL bis hin zum Verbundtest.

Mehr Rechen-Power, erweiterte Vernetzungsmöglichkeiten u. a. mit der neuen XIL-API und weiterhin extrem hohe Modularität sind nur einige der Schlagworte, auf die Sie im Laufe der kommenden Seiten stoßen werden. Bei allen Neuerungen bleibt jedoch unbedingt zu erwähnen: MicroNova und carts haben höchsten Wert auf den Schutz bereits getätigter Investitionen gelegt, NovaCarts 4.0 ist vollständig kompatibel zu Bestandssystemen und lässt sich auch deshalb ideal in bestehende Testumgebungen einbetten.

Stichwort bestehende Umgebungen: Mit der Erfahrung unzähliger Personenjahre im Rücken steht MicroNova auch jenseits der HiL-Systeme selbst weiterhin für eine umfassende Betreuung rund um Testing. Dazu zählt die vielfach bewährte Testautomatisierung EXAM, die sich etwa im Volkswagen Konzern als Standardlösung für diesen Bereich etabliert hat. Viele Zulieferer und sogar branchenfremde Unternehmen setzen ebenfalls erfolgreich auf EXAM, was uns natürlich sehr freut.

Wenn NovaCarts für das Fahrzeug und EXAM für den Fahrer steht, ließen sich die MicroNova- und carts-Experten als die „Fahrlehrer“ in dieses vereinfachende Bild einordnen: Unsere Teams beraten und unterstützen an vielen Orten Kunden auf partnerschaftlicher Basis, und das ebenfalls seit vielen Jahren. Sie werden auch weiterhin einen wertvollen Beitrag für alle Anwender leisten, um das Maximum aus den Testing-Lösungen von MicroNova und den Umgebungen insgesamt herauszuholen.

Nun stehe ich abschließend vor einem kleinen Dilemma: HiL, Testautomatisierung, Experten vor Ort – sind aller guten Dinge doch weiterhin drei? Beim Blick auf NovaCarts bin ich auf jeden Fall felsenfest überzeugt: Vier gewinnt!

Ich wünsche Ihnen eine informative und unterhaltsame Lektüre!

Martin SulzbacherLeiter HiL-Simulation

„Vier gewinnt“

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Kompendium // 2016 // 003

Inhaltsverzeichnis

002 // Editorial

003 // Inhaltsverzeichnis

004 // Gemeinsam fit für die Zukunft

Die neue HiL-Plattform NovaCarts 4.0

008 // Hohe Anforderungen und „schnelle Signale“HiL-Simulation für den Bereich Powertrain

009 // Einer für alle (Motoren)Koppelbare HiL-Systeme für Motoren mit bis zu sechszehn Zylindern

012 // Dicke Luft adeLambdasondensimulation erleichtert den Test von Motorsteuergeräten

014 // Prozessoren für BrummisThermodynamische Simulation von Verbrennungsmotoren in Echtzeit

018 // Anpassungsfähig in allen LebenslagenDer kleine modulare Prüfsimulator NovaCarts lite

020 // Zusammenspiel von Kraft und PräzisionContinental validiert Kugelgewindetriebe für elektronische Feststellbremsen mit einem Funktionsprüfstand von MicroNova

024 // Gebündelte Testkompetenz MicroNova und carts arbeiten im Elektro- und Hybridbereich zusammen

028 // Bestechend einfachE-Motor-HiL mit kompletter Leistungselektronik

030 // Starkes SignalE-Motor-Karte für Simulationen auf Signalebene

032 // Rundum-Testing für AkkuzellenNovaCarts Battery simuliert Lithium-Batteriezellen

038 // Jede Menge SpannungBatteriesimulation der nächsten Generation

040 // Einmal vollmachen, bitte!HV-Ladeprüfstand zum Test von Ladetechnologien für Elektrofahrzeuge

044 // Schneller am StartMarquardt setzt bei Batterie-Management-Systemen für Lithium-Ionen-Starterbatterien auf MicroNova-HiL-Simulatoren

048 // EXAM in Kürze + Einsatz im VW KonzernEine kurze Vorstellung der Testautomatisierungslösung

050 // Change the engine, not the car!Das beste EXAM aller Zeiten: EXAM 4

056 // Automatisiertes Testen bei WABCOWie das Unternehmen durch den Einsatz von EXAM profitiert

060 // Impressum

Testing Solutions

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In der neuen Produktplattform „NovaCarts 4.0“ führen

Gemeinsam fit für die Zukunft

MicroNova und carts die Produktlinien NovaSim und NovaCarts

zusammen. Das Ergebnis: Erweiterte Vernetzungsmöglichkeiten,

größere Modularität und Echtzeit-Fähigkeiten.

TEXT: Mathias Weber BILD: © adimas / Fotolia.com

Neben hoher Performance und Stan-dardisierung sind bei der Hardware-in-the-Loop(HiL)-Simulation heutzu-tage auch größtmögliche Modularität und Skalierbarkeit gefragt. Erst die Summe dieser Fähigkeiten ermöglicht einen abteilungsübergreifenden und damit effizienten sowie technologisch umfassenden Einsatz. Um diesen Ver-änderungen Rechnung zu tragen und die HiL-Simulatoren fit für die Heraus-forderungen von morgen zu machen, haben MicroNova und carts eine neue, gemeinsame HiL-Plattform entwickelt: NovaCarts 4.0.

Die aktuelle Version führt die bei-den, bislang getrennten Produktlinien NovaSim und NovaCarts zusammen, die zukünftig beide unter dem Na-men NovaCarts vertrieben werden. Diese Konsolidierung hat mehrere Vorteile für die Anwender: Sie profi-tieren von der gebündelten Expertise beider Unternehmen sowie von Sy-nergieeffekten der Zusammenarbeit; zudem kommen so die kombinierten Stärken von NovaCarts und Nova-Sim voll zum Tragen. Bei allen Neue-rungen haben carts und MicroNova

darauf geachtet, dass sich bestehende NovaSim- und NovaCarts-Systeme problemlos auf NovaCarts 4.0 portie-ren lassen – für maximalen Bestands- und damit auch Investitionsschutz.

Zu den Highlights von NovaCarts 4.0 zählen vielfältige Optimierungen der Basis-Plattform. Als Beispiel sei der neue Ethernet-basierte I/O-Bus ge-nannt, der die I/O-Performance und Skalierbarkeit der HiL-Systeme deut-lich erhöht. Die integrierte XIL-API, die die Vernetzung mit Fremdsystemen

004 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

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signifikant erleichtert, zählt ebenfalls zu den Vorzügen. Auch bei den an-wendungsspezifischen Features gab es werthaltige Neuerungen, etwa die komplett überarbeitete Batterie-Simu-lation, die in einem separaten Artikel in dieser Ausgabe der InNOVAtion vor-gestellt wird (siehe „Rundum-Testing für Akkuzellen“, S. 032 ff). Zahlreiche kleinere Verbesserungen und neue Features ergänzen die aktuelle Nova-Carts-Generation (s. u.).

In der neuen Version haben carts und MicroNova den bisher verwen-deten proprietären, seriellen I/O-Bus durch ein deutlich leistungsfähigeres Ethernet-basiertes Protokoll ersetzt. Das verwendete Gigabit-Ethernet bie-tet eine signifikant höhere Geschwin-digkeit und Bandbreite als andere Bus-Systeme. Dadurch gibt es prak-tisch keine relevante Obergrenze bei der Anzahl der verbundenen I/Os. So sind beliebige Aufbaugrößen bis hin zur Simulation von Gesamtfahrzeu-gen möglich. Da sich I/O-Änderungen durch das „Plug & Play“-Prinzip ein-fach und schnell realisieren lassen, können Testingenieure die neuen NovaCarts-Systeme zudem innerhalb kürzester Zeit für andere Projekte um-rüsten und in Betrieb nehmen – vom kleinen zum vollausgebauten System oder umgekehrt. Das Ergebnis: mini-

male Stillstandzeiten und opti-male Auslastung.

Für MicroNova und carts war der Umstieg auf Ethernet als I/O-Backbone der nächste logische Schritt, der sich aus der Nutzung der leistungsstarken und innovationsgetriebenen PC-Platt-form ergeben hatte. Denn dadurch profitieren NovaCarts-Anwender ab sofort nicht nur automatisch von den kontinuierlichen Verbesserungen im Bereich der Betriebssysteme, Multi-Core-Prozessoren und Arbeitsspei-cher, sondern auch von den Weiterent- wicklungen der Ethernet-Technologie. Dank der Standardkomponenten und -technologien lassen sich NovaCarts-Systeme sehr schnell aufrüsten und so auch an kommende Anforderungen anpassen. Dieser Ansatz garantiert eine hohe Zukunftsfähigkeit der HiL-Simulatoren.

Ein weiterer Vorteil des neuen I/O-Bus: Durch das neue Kommunikations-Backbone sind die NovaCarts-Systeme problemlos in der Lage, anspruchs-volle und hohe Übertragungsraten erfordernde Anwendungen zu reali-sieren. Selbst Simulationskarten mit einer hohen I/O-Dichte lassen sich so einfacher in den I/O-Cluster einbinden als bisher. Zudem können Testingeni-eure auch komplexe, hochauflösende Simulationsmodelle durch die leis-tungsfähige Modellplattform schnell in Betrieb nehmen, wie sie beispiels-weise im Bereich des autonomen Fah-rens erforderlich sind.

Gleichzeitig bleibt NovaCarts dem Ansatz treu, die Steuergerätesignale möglichst nahe am Prüfling (engl: De-vice Under Test (DUT)) zu erzeugen.

Dadurch lassen sich fast beliebi-ge Leitungslängen ohne

Einbußen bei der Signalqualität

realisieren. Das ist gerade bei abtei-lungsübergreifenden Testprozessen von Vorteil, da die HiL-Systeme in unterschiedlichen Räumen unterge-bracht werden können. So lässt sich beispielsweise ein Motor-Prüfstand beziehungsweise ein Motor-I/O-Clus-ter bei den Testingenieuren ansiedeln, die am meisten damit arbeiten; stehen Verbundtests an, kann das Gerät ein-fach mit weiteren HiL-Simulatoren ver-netzt werden.

Auch bei der verwendeten Tool-Chain haben MicroNova und carts da-rauf geachtet, dass sich die NovaCarts-Systeme einfach auf- und umrüsten lassen: Unabhängig von der Größe ba-sieren alle Simulatoren auf einer tech-nologischen Plattform und verwenden die identische Software. So können Automobilhersteller und -zulieferer schnell und einfach auf steigende Test-anforderungen reagieren.

Die integrierte XIL-Schnittstelle ver-bessert ebenfalls die Leistungsfähig-keit der neuen HiL-Generation. Mit ihr lassen sich die Systeme deutlich schneller und unkomplizierter mit Fremdsystemen vernetzen als bisher. Dank der Funktionalitäten des neuen Standards „XIL API 2.0.2“ – den carts und MicroNova mit als erste HiL- Anbieter in ihre Systeme integriert ha-ben – können Automobilhersteller und -zulieferer die Prüfstände optimal in heterogene Prüffelder einbinden.

Die Offenheit anderen Systemen gegenüber funktioniert dabei in bei-de Richtungen: Einerseits passen sich die NovaCarts-Systeme optimal in bestehende Systemlandschaften ein, andererseits lassen sich Subsyste-me anderer Hersteller in NovaCarts-Landschaften integrieren. Das stellt eine spürbare Arbeitserleichterung gegenüber älteren HiL-Systemen dar: Für diese mussten die Hersteller meist

Erhöhte I/O-Performance

und Skalierbarkeit

Räumlich verteiltes Testen

XIL-API erleichtert Vernetzung

Kompendium // 2016 // 005

Testing Solutions

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006 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

proprietäre Schnittstellen entwickeln, um heterogene Prüffelder realisieren zu können. Das war aufwändig und mit hohen Entwicklungs- und Pflegekos-ten verbunden. Da Automobilherstel-ler und -zulieferer inzwischen immer mehr auf technologisch herausragen-de Lösungen von verschiedenen Her-stellern (Best-in-Class-Systeme) set-zen, steigen auch die Anforderungen an die Interoperabilität der Systeme.

Um den Anwendern von NovaCarts einen hochstandardisierten Verbund-betrieb zu ermöglichen, beteiligen sich MicroNova und carts aktiv in den Standardisierungsgremien der Auto-mobilindustrie. Durch die Integration geeigneter Schnittstellen wie der XIL-API können Hersteller und Zuliefe-rer bereits existierende Tools – etwa Testautomatisierungs-Lösungen oder Versuchsoberflächen – einfach an das NovaCarts-System anbinden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um fremde Steuerungs-Software handelt oder nicht.

Neben der XIL-API verfügen die neu-en NovaCarts-Systeme über weitere, offene und standardisierte Schnittstel-len. Diese ermöglichen beispielsweise die Synchronisation in Echtzeit mit anderen entsprechenden Systemen (Realtime Targets). Auch der Datenaus-tausch mit simulierten Steuergeräten zählt zum Leistungsspektrum.

Dadurch eignen sich die NovaCarts-Systeme optimal für dynamische Test-prozesse. Während zu Beginn einer Testphase vermehrt simulierte Steu-ergeräte zum Einsatz kommen, wer-den diese – je nach Fortschritt – nach und nach durch reale Prüflinge ersetzt, bis letztlich die finalen Integrations-

tests auf Systemebene anstehen. Die NovaCarts-Simulatoren lassen sich dank ihres modularen Aufbaus unab-hängig vom jeweiligen Teststadium einfach und effizient an die jeweiligen Anforderungen anpassen.

Obwohl die neue HiL-Generation von MicroNova und carts bereits durch Features wie den Ethernet-Bus oder die XIL-API zusätzliche Anwen-dungsbereiche erschließt, haben beide Unternehmen bei der Entwicklung ein besonderes Augenmerk auf innovative Anwendungsbereiche gelegt – darun-ter beispielsweise die Themen „induk-tives Laden“ oder „autonomes Fahren“. Entstanden ist dabei unter anderem eine Testlösung für induktive Ladesys-teme. Weitere anwendungsspezifische Lösungen sind eine hochdynamische Hochvolt-Leistungsemulation sowie Simulationsmodelle für Radar- und Lidar-Systeme.

Auch bei den klassischen Testing-Anwendungen hat sich einiges getan: Für den Test etablierter Antriebssyste-me stehen beispielsweise neue Sen-sor- und Aktuator-Simulationen zur Verfügung. Darüber hinaus ermöglicht NovaCarts 4.0 eine elektrisch sehr komplexe Simulation für Piezo-Injek-toren, die sowohl einzeln betrieben als auch vollumfänglich in Motor-Prüf-stände integriert werden kann.

Unabhängig davon, für welchen Anwendungsbereich NovaCarts einge-setzt werden soll: Ergänzt wird die ak-tuelle Version, wie erwähnt, durch zahl-reiche kleinere Verbesserungen und Features. Dazu zählen beispielsweise

Lidar

Die Abkürzung Lidar (Light detection and ranging) bezeich-net eine Methode zur optischen Abstands- und Geschwindig-keitsmessung, die eng mit dem aus Geschwindigkeitskontrollen bekannten Radar verwandt ist. Lidar-Systeme senden Laserim-pulse aus und können aus der Streuung des zurückgeworfenen Lichts berechnen, wo und in wel-cher Entfernung sich Hindernisse befinden. Dadurch eignen sich Lidar-Systeme optimal für innova-tive Fahrerassistenzsysteme, Ein-parkhilfen sowie Anwendungen im Bereich autonomes Fahren.

Optimal geeignet für innova-

Weitere Verbesserungen

Offene Schnittstellen für die

tive Anwendungsbereiche

Echtzeit-Synchronisation

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Kompendium // 2016 // 007

Testing Solutions

der zusätzliche Feld-Bus CAN-FD, die Datenaustauschformate Fibex und ARXML sowie der im Nutzfahrzeug-bereich eingesetzte CAN-Protokoll-standard J1939, mit dem Spezialan-wendungen zur Übermittlung von Steuerungsinformationen optimal ad-ressiert werden können.

Mit NovaCarts 4.0 haben Micro- Nova und carts eine innovative und zukunftsfähige HiL-Plattform geschaf-fen. Sie zeichnet sich durch größtmög-liche Skalierbarkeit und Modularität

aus, lässt sich noch effizienter und ein-facher an dynamische Bedingungen anpassen und schafft perfekte Voraus-setzungen für abteilungs- oder pro-jektübergreifende Testprozesse. Dank der Erweiterungen und Neuerungen erfüllt die Plattform auch die hohen Anforderungen technologisch an-spruchsvoller und innovativer Anwen-dungsbereiche mühelos. Gleichzeitig profitieren Anwender aus klassischen Fahrzeugdomänen von der deutlich verbesserten Performance. Mit Nova- Carts sind Automobilhersteller und -zulieferern optimal für zukünftige Herausforderungen gerüstet.

Ergänzende Angebote für NovaCarts-Simula-toren

Zusätzlich zu den schlüsselfer-tigen NovaCarts-Systemen bietet MicroNova die passende Bedien- und Automatisierungs-Software sowie individuelle Vor-Ort-Servi-ces und deckt damit den gesamten Testing-Prozess ab. Bei Bedarf un-terstützen die erfahrenen Experten von MicroNova bei der Anpassung komplexer Simulationsmodelle und Rest-Bus-Simulationen oder setzen individuelle Software- und Hardware-Wünsche um (Custom Engineering).

Auch für den Einsatz der Testing-Lösungen bietet MicroNova pro-fessionelle Vor-Ort-Unterstützung und berät bei der Optimierung von Testprozessen, der Durchführung automatischer Tests oder stellt den laufenden Betrieb der Prüf- infrastruktur sicher.

Fazit

Die gesamte Fahrzeugelektronik in einem System: Dank ihres modularen Aufbaus und ihrer hohen Skalierbarkeit lassen sich

mit den NovaCarts-HiL-Simulatoren beliebige Aufbaugrößen bis hin zur Simulation von Gesamtfahrzeugen realisieren. Bei Bedarf kön-nen Testingenieure die neuen Systeme innerhalb kürzester Zeit für andere Projekte umrüsten, da sich I/O-Änderungen durch das neue „Plug & Plug“-Prinzip einfach und schnell realisieren lassen.

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Testing Solutions

Motor, Antrieb oder gesamter An-triebsstrang: Die Ansprüche an Hard-ware-in-the-Loop(HiL)-Systeme in der Fahrzeugdomäne Powertrain sind hoch. Die HiL-Simulatoren verarbeiten eine hohe Anzahl an Ein- und Ausga-ben (hohe I/O-Dichte) in kürzester Zeit und simulieren gleichzeitig spezielle Sensoren und Aktoren des Motors.

Um Automobilhersteller und -zuliefe-rer bestmöglich beim Test von Motor- und Antriebssteuergeräten unterstüt-zen zu können, bietet die MicroNova AG einen umfangreichen Baukasten aus Hardware- und Software-Modulen an. Die flexiblen HiL-Simulatoren von MicroNova lassen sich sowohl für Ot-tomotoren als auch für Dieselmotoren einsetzen. Für die Simulation der da-bei notwendigen Motorsignale stehen spezielle Motor- und Klopf-Karten zur Auswahl. Mit jeder Karte lassen sich beliebige Motortypen mit bis zu zwölf Zylindern simulieren. Dabei können alle motortypischen Signale generiert und erfasst werden, unter anderem: » Digitale und analoge

Kurbelwellensignale » Nockenwellensignale » Einspritz- und Zündsignale » Klopfsignale

Über einen 19-Zoll-Einschub lässt sich die Steuergeräte-Peripherie mit den HiL-Simulatoren von MicroNova ver-binden; dies ermöglicht den Anschluss von Echtteilen, wie beispielsweise Drosselkappen, sowie elektronische Last-Simulationen. So können selbst komplexe Sensor-Nachbildungen re-alisiert werden – beispielsweise für Einspritzventile, Piezo- und Magnet- Injektoren oder Lambdasonden.

MicroNova hat sich darauf speziali-siert, komplexe Sensor- und Aktuator-Nachbildungen zu realisieren. Speziell für die Lambdasonden-Simulation bietet MicroNova die Möglichkeit, das elektrochemische Verhalten von Lambdasonden wie der CJ135 voll-ständig nachzubilden. Dabei werden alle relevanten physikalischen Eigen-schaften und aktuellen Auswerte-Chips berücksichtigt. Dadurch lässt sich beispielsweise das Starten eines Motors bei Frost simulieren und be-liebig oft wiederholen – ohne einen realen Motorprüfstand immer wieder aufwändig auf die gewünschte Tem-peratur kühlen zu müssen.

Ein besonderes Highlight ist die Aktu-ator-Nachbildung: Die MicroNova AG ermöglicht nicht nur die Simulation

verschiedener Ein-spritzmodelle, sondern konnte als erster Anbieter auch eine Nachbildung von Piezo-/Magnet-In-jektoren realisieren.

Ein weiterer Vorteil der HiL-Systeme ist die kompakte Bauform. die effizi-entes Testen ermöglicht. Die kleinsten Simulatoren lassen sich sogar auf dem Schreibtisch betreiben.

Darüber hinaus unterstützen die HiL-Systeme alle gängigen Fahrzeug-Bus-Systeme wie Controller Area Network (CAN), Local Interconnect Network (LIN), FlexRay oder Ethernet for Con-troller and Automation Technology (EtherCAT). Zusätzlich stehen spezielle Sensorprotokolle wie Serial Periphe-ral Interface (SPI), Single Edge Nibble Transmission (SENT) oder Berkerly Software Distribution (BSD) zur Verfü-gung. Bei Bedarf können weitere Bus-Systeme realisiert werden.

Hohe Anforderungen und „schnelle Signale“HiL-Simulation für den Bereich Powertrain

TEXT: Redaktion BILD: © antonmatveev / Fotolia.com

Simulation aller motor-

Komplexe Sensor- oder

Fahrzeug-Busse und

Kompakte Bauform

Anschluss von Echtteilen

typischen Signale

Aktuator-Nachbildungen

Sensorprotokolle

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Kompendium // 2016 // 009

Testing Solutions

Obwohl die Luxus-modell- und Nutzfahr-

zeugsparten den Her-stellern auf den ersten

Blick durch hohe Preise auch hohe Ein-nahmen sichern, ist das Entwicklungs-budget meist begrenzt. Daher ist die Anschaffung von separaten Hardware-in-the-Loop(HiL)-Systemen mit zwölf oder sechzehn Zylindern oft nicht wirt-schaftlich, da sie die meiste Zeit nicht in Betrieb wären. HiL-Simulatoren mit bis zu acht Zylindern sind hingegen oft rund um die Uhr im Testbetrieb, weil damit beispielsweise vom Dreizylin-der mit Range-Extender bis hin zum Achtzylinder-Motor alle Motorsteuer-geräte getestet werden können. Um kostengünstige und effiziente Tests von Zwölf- und Sechzehnzylinder- Motoren zu ermöglichen, bietet die carts GmbH einen universellen Mo-tor-HiL-Simulator an, der im Verbund (durch Kopplung von zwei Systemen) für Motorsteuergeräte mit bis zu sechzehn Zylindern betrieben werden kann.

Das Motor-HiL-System lässt sich in nur wenigen Minuten zu zwei unab-hängigen Motor-HiLs mit bis zu acht Zylindern umkonfigurieren – damit stehen zwei separate Systeme zur Ver-fügung. Durch den modularen Aufbau der HiL-Simulatoren beträgt der Mehr-aufwand für die Zusammenschaltung nur einen geringen Prozentsatz der Gesamtkosten.

Da bei Fahrzeugen mit Zwölf- und Sechzehnzylinder-Motoren häufig zwei Motorsteuergeräte zum Einsatz kom-men (Master/Slave-Betrieb), wurde bei der Konzeptionierung des HiL- Simulators darauf geachtet, dass je ein Steuergerät über einen Kabelbaum an den jeweiligen Teil-HiL angeschlossen werden kann. Dadurch erweitert sich die Bandbreite der zu testenden Steu-ergeräte enorm. Durch den Zusam-menschluss von zwei standardisierten Motor-HiL-Simulatoren ist sowohl ein Stand-Alone-Betrieb für bis zu acht Zy-linder als auch der Einsatz im Verbund mit mehr als acht Zylindern möglich. Die Kopplung von zwei Systemen kann durch einfaches Umstecken der Bus-Leitungen sowie der Bordnetznachbil-dung erfolgen. Für den gekoppelten Betrieb wird die gesamte Rechen-Performance von einem erweiterten Master-Echtzeitrechner zur Verfügung gestellt. Hierbei werden beide Racks vom Master-Echtzeitrechner ange-steuert und verwaltet. Für den Stand-Alone-Betrieb ist für jedes System ein eigener Echtzeitrechner vorhanden.

Das Innenleben des Echtzeitrechners (CPC) kann sich sehen lassen: Es stehen acht Kerne zur Verfügung, mit denen sich selbst komplexeste Modelle rech-nen lassen. Um auch sehr zeitkritische Anwendungen wie Zylinderinnendruck oder Zylinderabschaltung realisieren zu können, muss das Simulationsmo-dell rechtzeitig auf die Steuerbefehle des Steuergeräts reagieren.

Hier sind Modellzeiten von wenigen zehn Mikrosekunden (μs) erforderlich. NovaCarts erlaubt es, einzelne CPU-Kerne exklusiv für zeitkritische Model-le zu reservieren. Durch die Isolierung einzelner CPU-Kerne im CPC ist es gelungen, deterministische Reaktions-zeiten herunter bis zu wenigen Mikro-sekunden zu erreichen, abhängig von der Anzahl der zu bedienenden I/Os.

Die Fakten im Überblick: » Hochleistungsfähige Intel-basierte

Rechenplattform » MultiCore-Support (Acht CPU-

Kerne im vorliegenden Aufbau; höhere und geringere Anzahl von Kernen möglich)

» 100-prozentige Anschlusskompati-bilität an seriellem Bus

» Anschluss serielle I/O über PCI-Bus » Realtime-Linux als Betriebssystem

Einer für alle (Motoren)Die koppelbaren Motor-HiL-Systeme von NovaCarts

simulieren Motoren mit bis zu sechszehn Zylindern.

TEXT: Redaktion BILDER: © LaCozza, lukeruk / Fotolia.com

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010 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Erstmals wurde im Motor-HiL für sechzehn Zylinder auch der Fahrzeug-Bus-Knoten (FBK) für den FlexRay-Bus eingesetzt. Dieser baut auf den Standardprodukten der Firma Vector auf. Die Ankopplung an den Echt-zeitrechner erfolgt über ein schnelles echtzeitfähiges Netzwerkprotokoll. Neben einer einfachen Möglichkeit von Rest-Bus-Simulationen stehen Standardwerkzeuge zum Aufzeichnen von Bus-Nachrichten wie CANoe zur Verfügung.

Für Anwender ergibt sich so eine einfache und hochperformante Mög-lichkeit zur Erzeugung von Rest-Bus- Simulationen. Zum anderen ist durch die hohe Verbreitung der Vector-Produkte bereits sehr viel Know-how vorhanden. Dadurch reduziert sich der Schulungsaufwand beträchtlich. Pro System stehen sowohl vier CAN- und vier LIN-Busse als auch zwei FlexRay-Kanäle zur Verfügung. Als Beschrei-bungsformat für die unterstützten Fahrzeug-Busse werden LDF für LIN, DBC für CAN und FIBEX für FlexRay unterstützt.

Um die strengen EU-Abgasvorschrif-ten zu erfüllen, werden in zukünftigen Verbrennungsmotoren mehrere Ein-spritzverfahren pro Zylinder verwen-det. Die neuen Motorsteuergeräte steuern je nach Lastzustand zwei unter-

schiedliche Einspritzventile an – Saug-rohr oder Direkteinspritzung. Für den Betrieb eines Sechzehnzylinder-Motor- steuergeräts mit sogenannter Twin Injection müssen daher jetzt zweiund-dreißig Einspritzsignale und sechzehn Zündsignale winkelsynchron erfasst werden.

Dank des modularen Aufbaus der NovaCarts-Simulatoren – nicht nur im Zusammenschalten zu großen HiL-Systemen, sondern auch bei den Last-nachbildungen – lassen sich diverse Ventiltypen durch den Anschluss ex-terner Lastboxen implementieren.

Für folgende Ventiltypen stehen un-ter anderem Lastboxen zur Verfügung: » Common-Rail-Piezo-Injektoren » Common-Rail-Magnet-Injektoren » Gas-Injektoren

Ein- bis Achtzylinder 2x Ein- bis Achtzylinder oder1x Acht- bis Sechzehnzylinder

Netzteil

Subsystem 1

Koppelfeld

Subsystem 2

Subsystem Einspritzventile

Subsystem Systemversorgung

CPC-Adapterbox

CPC

Neue Fahrzeug-Bus-Knoten

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Kompendium // 2016 // 011

Testing Solutions

Die Auswahl, welche Last genutzt wird, erfolgt über Kodierungen im Kabelbaum. Diese Vorgehensweise gewährleistet einen anwenderfreund-lichen und einfachen Wechsel der un-terschiedlichen Einspritzventiltypen.

Um den Sechzehnzylinder-Motor-HiL betreiben zu können, wurde auf das von carts standardisierte Anschluss-konzept zurückgegriffen. Die ver-schiedenen Motorsteuergerätetypen werden mit einem an das Steuergerät angepassten Kabelbaum an den HiL-Simulator angeschlossen. Alle I/Os und Busse werden über den Trenn- adapter geführt. Dieser bietet dem Nutzer eine hoch variable Schnittstelle an. Dort können externe Messgeräte, beispielsweise ein Echtteil anstelle ei-ner Simulation oder zusätzliche Lasten angeschlossen werden.

Zusätzlich bietet das Subsystem für höhere Ströme acht Schnittstellen, die den Anschluss diverser Echtteile er-möglichen (AGR, Drosselklappe usw.). Über diese können deren Stellgrößen erfasst und – zum Beispiel mit einem Spannungs-Offset versehen – an das Steuergerät zurückgemeldet werden.

Das NovaCarts-Motor-HiL-System wird bereits erfolgreich bei einem großen deutschen Automobilherstel-ler eingesetzt. Durch die im Vergleich zum bisherigen System durchgeführ-ten Erweiterungen um zusätzliche Las-ten und Signale ist ein Motorsimulator entstanden, der für nahezu jedes Mo-torsteuergerät einsetzbar ist.

Damit lassen sich auf absehbare Zeit und somit zukunftssicher alle Motor-steuergeräte, auch die mit neuester und umfangreichster Technologie, mit

NovaCarts-HiL-Prüfständen betrei-ben. Durch das Zusammenschalten von zwei Achtzylinder-HiLs zu einem Sechzehnzylinder-HiL beziehungswei-se dem Trennen eines Sechzehnzylin-der-HiLs in zwei Achtzylinder-HiLs wird ein hoher Nutzungsgrad des Systems und damit eine optimale Nutzung der Investition erreicht.

Standardisiertes

FazitAnschlusskonzept

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012 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Die stetig steigenden Anforderun-gen an niedrigere Abgasemissionen und geringeren Treibstoffverbrauch erfordern die kontinuierliche Weiter-entwicklung von Motoren samt zuge-höriger Elektronik. Eine zentrale Rolle spielt dabei die sogenannte Lambda-sonde (λ-Sonde): Sie ist ein Sensor, der den Restsauerstoffgehalt im Verbren-nungsabgas misst, um abhängig vom ermittelten Wert das Verhältnis von Verbrennungsluft zu Kraftstoff einstel-len zu können.

Für Benzinmotoren wird in der Regel versucht, eine vollständige Verbren-nung des Kraftstoffs zu erreichen. Dies erfolgt mit entsprechenden Rege-lungsalgorithmen. Für Dieselmotoren wird die Abgasrückführungsrate über den λ-Wert ermittelt, mit dem Ziel Stickoxide und Ruß zu minimieren. Die Lambdasonde ist der Hauptsensor für die Lambdaregelung zur katalytischen Abgasreinigung. Dies ist umgangs-

sprachlich als sogenannter „geregelter Katalysator“ bekannt. Die Ermittlung des Restsauerstoffgehalts erfolgt über einen Regelkreis mit der zugehörigen Auswerteelektronik.

Seit der Einführung des Katalysa-tors sind eine oder mehrere Lambda- sonden in allen neu produzierten Fahrzeugen verbaut. Für den Test von Motorsteuergeräten ist es notwendig, das elektrochemische Verhalten der Lambdasonde elektronisch vollständig nachzubilden.

Damit eine Lambdasonde richtig ar-beiten kann, muss sie in einem hohen Temperaturbereich von ca. 700 Grad Celsius betrieben werden; eine gere-gelte Heizung stellt dies sicher. Um Sensoren zu sparen, besteht zusätzlich zur Messung eines Lambdawerts auch die Möglichkeit einer Temperaturmes-sung.

Damit die Schadstoffe in Abgasen gering bleiben, muss ebenfalls sicher-gestellt werden, dass in Fahrzeugen verbaute Lambdasonden zuverlässig funktionieren. Deshalb führen in Steu-ergeräten vorhandene Auswertechips beim Start des Fahrzeugs und im lau-fenden Betrieb umfangreiche Diagno-sen wie beispielsweise Test auf Kabel-bruch oder Kurzschluss durch.

Seit Beginn der Serienfertigung des geregelten Katalysators im Jahr 1976 hat sich die Auswerteelektronik für die Messung bei Lambdasonden ste-tig weiterentwickelt. Es werden immer mehr physikalische Eigenschaften der Sonden von den Steuergeräten geprüft. Dies hat zur Folge, dass bei Testsystemen wie zum Beispiel Hard-ware-in-the–Loop(HiL)-Simulatoren die Anforderungen an elektronische Nachbildungen für Lambdasonden kontinuierlich steigen.

Dicke Luft adeDie Lambdasondensimulation von MicroNova und carts

erleichtert den Test von Motorsteuergeräten.

TEXT: Franz Dengler BILD: © antonmatveev / Fotolia.com

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Kompendium // 2016 // 013

Testing Solutions

Mit der Lambdasondensimulation von MicroNova und carts ist es mög-lich, alle relevanten physikalischen Pa-rameter für die Auswerteelektronik in Steuergeräten zu simulieren:

» Simulation der Temperatur der Lambdasonde

» Vorgabe des Pumpstroms und damit des Lambdawerts

» Bedienung aller Diagnosen der ak-tuellen Auswertechips, wie Prüfung auf Kurzschluss oder unterbroche-ne Anschlussleitungen

Für die Anwender von NovaSim- und NovaCarts-HiL-Systemen ergeben sich damit folgende Vorteile:

» Betrieb von Steuergeräten ohne Einträge in Fehlerspeicher, das heißt ein Steuergerät kann nicht zwischen Simulation oder realer Sonde unterscheiden

» Durchführung aller abgasrelevan-ten Tests von Motorsteuergeräten ohne Verwendung von Motorprüf-ständen mit realer Verbrennung von Kraftstoffen

» Test von Funktionalitäten, die mit realen Prüfständen nur unter großem Aufwand durchzufüh-ren sind; dazu gehört etwa das Starten eines Motors bei Frost. In einem HiL-Simulator muss nur über eine Bedienoberfläche oder eine Testautomation ein Tempe-raturverlauf vorgegeben werden, und der Test kann beliebig oft mit einem HiL-Simulator im Labor wie-derholt werden. Bei einem realen Motorprüfstand muss zuerst eine Klimakammer auf Frosttemperatur abgekühlt werden. Erst danach können Hersteller oder Zulieferer einen Testlauf durchführen. Soll dieser Test wiederholt werden, so müsste zuerst gewartet werden, bis der Motor wieder auf Frost- temperatur abgekühlt ist.

Mit der Lambdasondensimulation für NovaCarts und NovaSim steht für den Test von Motorsteuergeräten eine elektronische Simulation zur Verfü-gung, die alle aktuellen Auswertechips und die physikalische Eigenschaften der Lambdasonden nachbilden kann. Hersteller oder Zulieferer können da-mit alle abgasrelevanten Funktionali-täten von Motorsteuergeräten auto-matisch testen – ohne dass ein Tropfen Benzin oder Diesel verbrannt werden muss.

Fazit

0,2-0,8 V

Elektroden(gasdurchlässig)

Nernstzelle

Heizung (optional)Heizung (optional)

Abgasstrom

LuftAufbau einer Lambdasonde1

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014 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Prozessoren für BrummisThermodynamische Simulation von

Verbrennungsmotoren in Echtzeit

TEXT: Redaktion BILDER: © MAN Nutzfahrzeuge

Bei der Simulation von Verbren-nungsmotoren spielen Modellgenau-igkeit und Echtzeitfähigkeit eine zentrale Rolle. Dabei unterliegt die Echtzeitsimulation den zeitlich en-gen Vorgaben der Zylindertaktung. Um diese Anforderungen zu erfüllen, verteilen MicroNova-HiL-Systeme die Simulationsarbeit auf mehrere Prozes-soren.

Die MAN Nutzfahrzeuge AG ent-schied sich für die Simulation von Dieselmotoren mit bis zu zwölf Zylin-dern für die HiL-Plattform von Micro-Nova. In diesem Anwendungsfall wur-de ein Multiprozessorsystem mit vier Prozessoren in Verbindung mit einem thermodynamischen Simulationsmo-dell verwendet.

Die skalierbare Echtzeitplattform der MicroNova AG deckt den Bereich von der einfachen Simulation bis hin zu verteilten Mehrprozessorsystemen mit verteilter I/O ab. Auf diese Weise lassen sich folgende Eigenschaften erzielen: » I/O-Pin-Anzahl bis hin zu

mehreren tausend I/Os » Rechenleistung vom Power-PC

bis hin zu gekoppelten, verteilten Echtzeitsystemen mit jeweils bis zu 16 Prozessoren

» Von der Simulation bis zum Betrieb von verteilten, hochleistungsfähi-gen HiL-Modellen einsetzbar

» Simulation ohne Lasten sowie zur hochgenauen Simulation von realen Lasten wie Hochdruck- Magnet-Injektoren möglich

Die HiL-Plattform

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Kompendium // 2016 // 015

Testing Solutions

Einen Überblick über die Skalie-rungsmöglichkeiten der HiL-Plattform gibt Abbildung 1.

Die Angebotspalette der MAN Nutzfahrzeuge AG erstreckt sich von Sechszylinder-LKW-Motoren bis hin zu Zwölfzylinder-Schiffsmotoren. Um für diese Motoren die passenden Steuergeräte zu entwickeln, ist eine realistische Simulation des Motor-verhaltens erforderlich. Hier stießen kennfeldbasierte Mittelwertmodelle an ihre Grenzen, da sie nicht alle benö-tigten Effekte ohne übermäßig hohen Parametrieraufwand abbilden konnten. Die Verwendung eines echtzeitfähigen thermodynamischen Motormodells ermöglichte die erforderlichen hohen Genauigkeiten. Die HiL-Multiprozes-sorplattform stellt eine leistungsfä-hige Ablaufumgebung für diese An-forderungen zur Verfügung. Links ist ein typischer zu simulierender Motor dargestellt. Für höhere Zylinderzahlen kommen zwei baugleiche Steuergerä-te (ECU) zum Einsatz. Das eingesetzte HiL-System ist in der Lage, die große Anzahl von I/Os (mehrere 100) in Echt-zeit zu behandeln.

Die TESIS DYNAware GmbH, mit der die MicroNova AG kooperiert, ist ein Anbieter von echtzeitfähigen Simulati-onsmodellen, die auf der MicroNova-HiL-Plattform ablaufen können.

Bei enDYNA Themos handelt es sich um ein Software-Paket zur Simulation von Verbrennungsmotoren. Der ther-modynamische Modellansatz ermög-licht die detaillierte Abbildung phy-sikalischer Abhängigkeiten im Motor. enDYNA Themos stellt eine hochwer-tige Basis für die Entwicklung und den Test von Diesel- und Ottomotor-Steu-ergeräten dar. Aufgrund der Perfor-mance dieser Modelle sind sie für den Echtzeitbetrieb auf der MicroNova- Plattform hervorragend geeignet. Die hohe Genauigkeit des Motormodells

erlaubt es ECU-Entwicklern, genaue und zuverlässige Aussagen über das Verhalten von Motoren und den zu-gehörigen Steuergeräten zu machen. Damit ist sogar eine weitgehende Vor-kalibrierung der ECUs am HiL möglich. Die Simulationsmodelle werden unter anderem eingesetzt für: » Hardware-in-the-Loop-Tests von

Steuergeräten mit Überwachung des Zylinderdruckverlaufs

» Konzept- und Reglerentwurf unter anderem für zweistufige Turboauf-ladung, vollvariable Ventilsteue-rung und Abgasrückführung

» Test und Entwicklung von Funk- tionen zur Abgasnachbehandlung und Onboard-Diagnose.

enDYNA Themos berechnet den zeit-lich aufgelösten Druckverlauf im Zylin-der, basierend auf einem nulldimen-sionalen Verbrennungsmodell, dem Wandwärmeverlust über die Zylinder und der Kolben-Kinematik.

Durch den physikalischen Modellan-satz konnten gekoppelte Effekte wie die Auswirkung der Ladungsverdün-nung durch Abgasrückführung auf Drehmomententwicklung und Abgas

naturgemäß abgebildet werden. Der hohe Detailgrad der Modelle bei gleichzeitiger Echtzeitanforderung er-forderte eine leistungsstarke Hardware und eine HiL-Software, die eine Paral-lelisierung des Berechnungsvorgangs ermöglichten. Diese Herausforderun-gen löste MicroNova mit Hilfe einer Quadcore-CPU und eines leistungs-starken Simulink-Blocksets.

In einem Zwölfzylinder-Diesel-HiL sind von oben nach unten die folgen-den Komponenten untergebracht: » Fehleraufschaltung für 160 Pins.

Die Injektoren besitzen eine sepa-rate Fehleraufschaltung

» Breakout-Boxen für 360 I/O-Pins » Simulierte Lasten für 16 Hoch-

druck-Magnet-Injektoren mit Strommessung. Für die Injektoren sind LEDs zur Anzeige der Ansteu-erung der Injektoren vorhanden

» ECU-Anschaltung mit weiteren simulierten Lasten

» QuadCore-CPU mit 2,4 GHz Takt-frequenz

» PXI-Rack mit I/O-Karten und Signalkonditionierung

HiL-Hardware

MAN Nutzfahrzeuge AG

enDYNA Themos

FPGA ... ...CPU SignalCond.I / O

Netzteil

Failure Injection Unit

AnschalteinheitLasten Stecker FIU klein

Breakout-Box

Basic

Compact

Fullsize

Die HiL-Plattform von MicroNova1

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016 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Für den Aufbau des HiL-Simulators wurde auf den bewährten MicroNova- HiL-Baukasten zurückgegriffen, mit Komponenten wie der Simulation von Lambdasonden. Die Dimensionie-rung der Simulation der verwendeten Hochdruck-Magnet-Injektoren wurde an die physikalischen Gegebenheiten im LKW-Bereich angepasst.

Die einfache Anbindung der motor-spezifischen Inputs und Outputs ist die Basis für den erfolgreichen Einsatz von Modellen zur Simulation von Ver-brennungsmotoren. Die Basis hierfür sind eine Reihe von einfach zu konfi-gurierenden Simulink-Blocksets. Diese umfassen: » Analoge Ein- und Ausgabe » Digitale Ein- und Ausgabe » PWM Ein- und Ausgabe » Tabellen-gesteuerte Erzeugung

von Kurbel- und Nockenwellen- signalen

» Einspritz- und Zünderfassung (auch Mehrfacheinspritz- und Zünderfassung)

» Simulink-Blocksets für CAN » Simulink-Blocksets für LIN

Diese Blocksets werden in zahlrei-chen MicroNova-HiL-Simulatoren ein- gesetzt. Auch sogenannte Multirate-Modelle, das heißt Modelle, die Teile mit unterschiedlichen Zykluszeiten

beinhalten, werden unterstützt und nutzen die hohe Rechenleistung von Mehrprozessor-Plattformen. In der beschriebenen Anwendung rechnen Teile des Modells parallel auf mehre-ren Prozessoren, so dass die zeitlichen Anforderungen der Simulation erfüllt wurden. Simulink-Blöcke ermöglichen es, einzelne Berechnungen graphisch verschiedenen Prozessoren zuzuwei-sen. Die auf den einzelnen Prozesso-ren ablaufenden Modellteile müssen

vom Anwender lediglich in entspre-chenden Subsystemen untergebracht werden. Die Software sorgt für eine effiziente Zuweisung von Berechnun-gen an Einzelprozessoren und für die Synchronisation der einzelnen paralle-len Berechnungen. Die Nutzung meh-rerer Prozessoren wird damit für den Anwender zum Kinderspiel.

Abbildung 2 zeigt einen Modell-schritt mit einer Zykluszeit von einer Millisekunde. Die Hauptschleife ist in Hellrosa dargestellt, die Verbren-nungsvorgänge in den einzelnen Zy-lindern in Rot. Die Berechnung für je-weils vier Zylinder ist in einem Thread zusammengefasst. Die Rechenzeiten für die einzelnen Zylinder sind un-terschiedlich lang, weil ein Verbren-nungsvorgang zum Beispiel mehr Re-chenzeit erfordert als das Ausstoßen der Abgase. Bei den blau dargestellten Threads handelt es sich um die soge-nannten Idle-Threads. Diese stellen die Reserve der Rechenzeit am HiL-Simu-lator dar. Zudem ist noch ausreichend Spielraum für zukünftige Erweiterun-gen vorhanden.HiL-Software

Vier Prozessoren bei der Arbeit2

Die Bedienoberfläche3

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Kompendium // 2016 // 017

Testing Solutions

Der HiL-Simulator kann auf zwei Ar-ten bedient werden: » Zum einen steht eine komfortable,

in LabVIEW realisierte Oberfläche zur Verfügung.

» Zum anderen ist ein vollautoma-tischer Betrieb des Simulators über eine auf Python basierende Testautomation möglich.

Die Bedienoberfläche für den HiL-Simulator ist in Abbildung 3 darge-stellt. Für eine einfache Bedienung des HiL-Simulators sind alle Ein- und Aus-gänge sowie wichtige Modellvariablen und -parameter an der Bedienoberflä-che vorhanden. Der MAN Nutzfahr-zeuge AG wurde das HiL-System mit einem komplett parametrierten Mo-dell geliefert.

Durch den Einsatz von bewährten Komponenten aus dem Produkt-Baukasten realisierte MicroNova in kurzer Zeit ein für den Kunden maß-geschneidertes HiL-System basierend

auf Standards. Dadurch konnte der re-ale Motor wirklichkeitsnah nachgebil-det werden, so dass keine Einträge in den Fehlerspeichern der Steuergeräte mehr auftraten. Für das Steuergerät war es nicht erkennbar, dass kein realer Motor bedient wird.

Das Erreichen einer derartigen Simu-lationsqualität war möglich, weil: » MAN Motordaten in sehr hoher

Qualität zur Verfügung stellte. » das enDYNA Motormodell eine

Simulation in der benötigten Detailtreue ermöglicht. Nur ein thermodynamischer Modellansatz bildet das Motorverhalten in der geforderten Genauigkeit ab.

» MicroNova die erforderliche leistungsfähige Hardware- und Software-Umgebung bietet.

Für den Kunden ergibt sich ein großer Kostenvorteil, weil jetzt Tests auf dem HiL-Simulator durchgeführt werden können, die früher an teuren Motorprüfständen mit höherem Zeit-aufwand und unter weniger reprodu-zierbaren Bedingungen durchgeführt

werden mussten. Die Tests können sogar schon gestartet werden, wenn noch kein echter Motor zur Verfügung steht.

Die MicroNova-HiL-Plattform eignet sich auch für andere komplexe Anwen-dungsgebiete wie Fahrdynamikmodel-le in Verbindung mit Fahrerassistenz-systemen. Durch die Unterstützung einer fast beliebigen Anzahl von Pro-zessoren in Multiprozessorsystemen lassen sich so zahlreiche neue HiL-Anwendungen realisieren.

Fazit

Exkurs: Thermodynamisches Motormodell

Der Kern eines thermodynamischen Motormodells ist die Motorpro-zesssimulation. Hier werden der Verbrennungsvorgang und die dabei auftretenden Energieströme mit einem physikalisch-basierten Ansatz zeitaufgelöst berechnet. Der entscheidende Vorteil im Vergleich zu bis-her üblichen Mittelwertmodellen, in denen das stationäre Motorver-halten meist in Kennfeldern hinterlegt ist, ist die Abbildung komplexer Zusammenhänge gemäß physikalischer Wirkprinzipien und die gleich-zeitig erreichte höhere Genauigkeit.

Somit lassen sich zum Beispiel die direkten Auswirkungen von redu-ziertem Luftdurchsatz auf Abgastemperatur und Ladedruck sehr genau darstellen. Durch die zeitaufgelöste Berechnung des Verbrennungs-vorgangs zeigt sich auch der Einfluss von Einspritzwinkel und Mehr-facheinspritzungen auf den Verlauf des Zylinderinnendrucks über den gesamten Arbeitsbereich des Motors. In Abbildung 4 sind simulierte Zylinderdruckverläufe bei verschiedenen Lastpunkten und Einspritz-mustern dargestellt. Ein thermodynamisches Motormodell ist da-her für Tests und Entwicklung zunehmend komplexer Regler wie das Abgastemperatur-Management, die zweistufige Turboaufladung, der vollvariable Ventiltrieb, AGR sowie für die Überprüfung der Onboard-Diagnosefunktionalität von großer Bedeutung.

Verlauf des Zylinderinnendrucks4

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018 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Bei Komponenten- und Verbund-tests im Automotive-Bereich zählt der schnelle Zugriff auf Vergleichs-daten. Hierfür bieten sich insbeson-dere Testfahrzeuge, Breadboards und Referenzfahrzeuge an. Vor allem für den letztgenannten Anwendungsfall hat die carts GmbH das Hardware-in-the-Loop(HiL)-System „NovaCarts lite“ entwickelt.

Referenzfahrzeuge – das heißt Seri-enfahrzeuge mit realen Steuergeräten ohne Motor und Getriebe – reduzie-ren Test- und Versuchszeiten während der Vorserientests immens. Testfahr-ten lassen sich ohne teure Versuchs- bzw. Prototypenfahrzeuge durchfüh-ren. Ingenieure können so schnell

Aussagen über die Funktion elektroni-scher Bauteile treffen. Zudem ermög-lichen Referenzfahrzeuge Tests neuer Software- und Hardware-Stände etwa für Sensoren, Aktuatoren sowie Fahr-zeugkabelbäume, und das während der Fahrzeugproduktion und noch be-vor diese Komponenten im Fahrzeug Anwendung finden.

Während die bewährten NovaCarts-HiL-Systeme für die Entwicklung von Steuergeräten konzipiert wurden, adressiert die carts GmbH – das Schwesterunternehmen der Micro- Nova AG – mit NovaCarts lite ein wei-teres Segment: Das HiL-System wurde speziell für die Anforderungen von Automobilherstellern und -zulieferern

für den Betrieb von Referenzfahr-zeugen entwickelt. Dank

seines kompakten modu-laren Aufbaus kann es in nahezu jedem Bereich der Motor-, Getriebe-

und Antriebssimulation eingesetzt werden. Das

Kernstück des HiL-Systems bildet ein Echtzeitrechner, der PC-Technologie nutzt. Die bereitgestellte Leis-

tungsfähigkeit entspricht damit dem aktuellen

Stand industrieller Rechner.

NovaCarts lite ist in verschiedene Module gegliedert, um die unter-schiedlichen Ansprüche an die Simu-lation zu erfüllen – sowohl für die Ge-triebe- oder Motorsimulation als auch für andere Aufgabengebiete, die hohe I/O- und Rechen-Performance benöti-gen. Neben dem Basissystem für den Antriebsteil stehen ein Motor- und ein Getriebepaket zur Verfügung. Optional können weitere Funktionalitäten hin-zugefügt werden (siehe nächste Seite). Die Pakete lassen sich ab dem Basis-system beliebig erweitern und bieten somit einen hohen Investitionsschutz.

Im NovaCarts-lite-System kommt die bereits aus den Motor-HiL-Syste-men der carts GmbH bekannte CPC-Technologie zum Einsatz. Mit den bis zu acht Kernen des Echtzeitrechners können Testingenieure komplexeste mathematische Modelle berechnen. Das ist notwendig, um Anwendungs-fälle vom einfachen Fahrzeugmodell bis hin zu zeitkritischen Anwendungen wie hochaufgelösten Simulationen abzudecken, etwa Zylinderinnendruck- oder Zylinderabschaltungssimulation. Für solche speziellen Szenarien ist es möglich, einzelne CPU-Kerne zu isolie-ren. So lassen sich Reaktionszeiten von wenigen Mikrosekunden zuverlässig realisieren.

Modularer Aufbau und

bewährte Technik

Anpassungsfähig in allen LebenslagenDer kleine modulare Prüfsimulator NovaCarts lite

eignet sich für den großen Einsatz.

TEXT: Thomas Wiederhold BILD: © Eric Isselée / Fotolia.com

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Kompendium // 2016 // 019

Testing Solutions

Neben der CPC-Technologie kommt ein Fahrzeug-Bus-Knoten der Firma Vector zum Einsatz. Da dieser für jeden Einsatzzweck modular bestückt wer-den kann, bietet er Anwendern eine Auswahl an allen gängigen Bus-Sys-temen. Das Spektrum reicht hier von CAN-/LIN-Kanälen bis zum FlexRay-Bus-System.

Automobilhersteller und -zulieferer können den Prüfsimulator NovaCarts lite sowohl in neue als auch vorhan-dene Testinfrastrukturen einbinden. Standardisierte Schnittstellen vom HiL-System zur Referenzkarosse er-möglichen eine schnelle Kopplung an die Bestandssysteme. Selbst ein Wech-sel zwischen verschiedenen Fahrzeug-plattformen ist durch die von der carts GmbH speziell auf die einzelnen Mo-tor- oder Getriebesysteme zugeschnit-tenen Module schnell und einfach möglich.

Das NovaCarts-lite-System kann je nach Anwendungsfall individuell be-stückt und schnell sowie unkompli-ziert mit dem Prüfobjekt verbunden werden. Umrüst- und Stillstandzeiten reduzieren sich durch die standardi-sierten Schnittstellen und die leicht konfigurierbare Software von carts deutlich. Damit können Testingenieure sehr schnell zwischen verschiedenen Prüfobjekten wechseln und Nova-Carts lite somit für viele Testszenarien nutzen.

Die Adaption zum Fahrzeug erfolgt über die bereits genannten Module; da sich diese für diverse Motoren- und Getriebetypen aufbauen lassen, sind sie für unterschiedliche Fahrzeugty-pen einsetzbar. Auf den Modulen ist ein Großteil der Echtteile verbaut, da-runter Ventile, Lambdasonden oder Drosselklappen. Da diese über Steck-kontakte angeschlossen sind, können Bediener sie problemlos zu Testzwecken austauschen.

Die Kopplung zwischen dem Nova- Carts-lite-Basissystem und dem Mo-tor-Modul wird durch einheitliche 96-polige Leitungen mit Nullkraftste-ckern realisiert, die auf dem Modul angeschlossen werden. Diese Art der Anbindung ermöglicht einen schnel-len und einfachen Wechsel zwischen verschiedenen Fahrzeugplattformen. Die Verknüpfung zum jeweiligen Mo-tor- oder Getriebetyp erfolgt benut-zerfreundlich via Patch-Feld.

NovaCarts lite kann Simulations-modelle in Echtzeit berechnen, wobei der Einsatz gängiger Programmier-sprachen wie C/C++ oder Matlab/Simulink möglich ist. Mit der carts-Versuchsbedienung existiert eine frei konfigurierbare Benutzeroberfläche. Durch das nutzerfreundlich gestaltete Tooling können Bediener Versuchs-abläufe nicht nur einfach steuern, sondern auch Betriebsparameter und Messgrößen grafisch aufbereiten und darstellen.

Zudem bietet die carts-Versuchs- bedienung diverse Schnittstellen, die den Einsatz von Testautomatisie- rungen ermöglichen; als Beispiel sei hier „EXAM“ (EXtended Automation Method) genannt, die vom Volkswa-gen Konzern eingesetzte Standardlö-sung. Grafische Sequenzdiagramme ermöglichen es den Anwendern dabei, Testabläufe auch ohne Programmier-kenntnisse zu erstellen.

Im Vergleich zu voll ausgebauten Motor-HiL-Systemen mit ihrer extrem großen Bandbreite an Einsatzmöglich-keiten überzeugt das preiswerte Nova- Carts-lite-System mit seiner hohen Leistungsfähigkeit speziell im Bereich der Referenzfahrzeuge – von der ein-fachen I/O-Simulation bis zur hoch-aufgelösten Signalsimulation.

Standardisierte Schnittstellen

Software-SchnittstellenFazit

Fahrzeugadaption

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020 // 2016 // Kompendium

Testing SolutionsTesting Solutions

Continental setzt zur Validierung von Kugelgewindetrieben

Perfektes Zusammenspiel von Kraft und Präzision

für elektrische Feststellbremsen auf einen Funktionsprüfstand

von MicroNova.

TEXT: Martin Sulzbacher BILD: © sanjeri / iStock.com

1

ersetzt haben. Diese Bedienelemente sind deutlich kleiner als der klassische Handbremshebel und machen so kost-baren Platz in der Mittelkonsole frei für Multimedia- und Entertainment- Systeme. Doch nicht nur beim Platz-bedarf bieten elektromechanische Feststellbremsen Vorteile: Sie sind verschleißfest, zeichnen sich durch konstante Bremswirkung aus und kön-

nen nicht blockieren. Da hier aber auch die Rede von sicherheitskritischen Komponenten ist, liegt beim Hersteller eine entsprechend hohe Verantwor-tung.

Bei der Entwicklung stellen derartige Bremssysteme Automobilproduzenten und -zulieferer daher auch vor Heraus-forderungen. So haben beispielsweise

Elektromechanische Feststellbremse – was sich etwas hölzern liest, erfordert auf Seite der Technik ein modernes, zuverlässiges System, dessen Funktion über umfangreiche Tests abgesichert werden muss. Das gilt auch für elektro-mechanische Feststellbremsen mit ei-nem Taster oder Hebel auf der Mittel-konsole, die in den letzten Jahren die klassische Handbremse zunehmend

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Kompendium // 2016 // 021

Testing SolutionsTesting Solutions

die in der Bremse verwendeten Kugel-gewindetriebe (KGT) einen entschei-denden Einfluss auf die Bremsleistung. Denn: Sie übertragen die Bewegung, die den Bremskolben gegen die Bremsscheibe drückt. Entsteht jedoch in den Lagern und an den Umlaufku-geln des KGT eine zu hohe Reibung, vermindern die entsprechenden Ver-luste die Bremsleistung.

Um die besagten Reibungsverluste der Kugelgewindetriebe sowie die ein-wirkenden Kräfte und Drehmomente zuverlässig und präzise messen – und anschließend optimieren – zu können, suchte der Automobilzulieferer Conti-nental nach einem Funktionsprüfstand zur Validierung der sicherheitstechni-schen Komponenten.

Die Herausforderungen dabei: Der Prüfstand musste in der Lage sein, die hohen, zum Bremsen benötigten Kräfte von bis zu 25 Kilonewton (kN) präzise auf den Prüfling aufzuprägen; die Auslegung erfolgte daher auf ein Vielfaches. Zusätzlich war ein Dreh-moment von bis zu 40 Newtonmeter (Nm) erforderlich. Die hohen benötig-ten Kräfte durften allerdings nicht zu einer Fremdeinwirkung auf den KGT führen, beispielsweise in Form einer messbaren Reibung. Doch damit nicht genug: Der Prüfstand sollte gleichzei-tig auch in der Lage sein, selbst kleins-te Einflüsse – beispielsweise durch La-gerreibung verursachte Momente – zu berücksichtigen.

Da kein auf dem Markt erhältliches Standardprodukt diese hohen An-forderungen des weltweit führenden Automobilzulieferers erfüllen konnte, beauftragte Continental die Micro- Nova AG als Gesamtauftragnehmer mit der Entwicklung der anspruchs-vollen Speziallösung. Diese Aufgabe umfasste die Projektierung, den elek-trischen Aufbau und die Programmie-rung der Steuerungs-Software.

Um dieses Ziel zu erreichen, setzte MicroNova ausschließlich auf extrem hochwertige Komponenten – von der Sensorik bis zum Rechensystem. Be-reits zu diesem frühen Zeitpunkt flos-sen auch die Kriterien gute Wartbarkeit und Erweiterbarkeit in die Arbeit ein. Dabei erwies sich die Kombination aus großen Kräften und höchster Präzi- sion bei der Konstruktion des Systems als eine der größten aber lösbaren Herausforderungen – vergleichbar mit dem Versuch, die Kraft eines Dampf-hammers mit der Präzision eines Uhr-werks zu kombinieren.

Um die Reibungskräfte im Prüfling unverfälscht und präzise messen zu können, entschieden sich die Pro-jektpartner für einen ausgeklügelten, „schwimmenden“ Aufbau der unteren Druckeinheit mit der Prüflingsaufnah-me. Dadurch ist die zusätzliche, durch den Prüfstand verursachte Reibung vernachlässigbar.

Die hohen Beschleunigungskräfte, die in einer Bremse auf den KGT wir-ken, galt es bei der Konstruktion des Prüfstands ebenfalls zu berücksich-tigen. Um die notwendigen, hohen Beschleunigungskräfte zu erzielen, wurde das neue System mit einer mehrere hundert Kilogramm schwe-ren Hubvorrichtung ausgestattet. Da-mit die enormen Kräfte nicht auf den gesamten Prüfstand und den Hallen-boden einwirken, musste das System entsprechend gedämpft werden.

Um die Schwingungen weitgehend zu eliminieren, verwendete das Team eine massive Platte; auf ihr montierten die Mitarbeiter die gesamte Prüfvor-richtung. Der Prüfstand selbst erhielt zudem weitere Luftlager. Diese ver-meiden nicht nur eine Übertragung der Stöße auf den Hallenboden, son-dern eliminieren durch die vollkom-mene Entkopplung auch eventuelle äußere Störeinflüsse.

Erst durch die Kombina-tion von Kraft und Präzi-

sion lassen sich – beim Boxen wie beim Testing – optimale Ergebnisse erzielen.

1

Hohe und vielfältige

Unverfälschte, präzise

Effektive Dämpfung der

Anforderungen

Messung

Beschleunigungskräfte

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022 // 2016 // Kompendium

Testing SolutionsTesting Solutions

Da Continental mit dem Prüfstand alle auf den Prüfling einwirkenden Größen erfasst, war zudem eine Klimabox er-forderlich. Als Zielgröße definierte das Projektteam hierbei einen Temperatur-bereich von -40 bis +120 Grad Celsius. Denn Kugelgewindetriebe sind hohen Temperaturschwankungen ausgesetzt, die den Wirkungsgrad beeinträchtigen und daher nicht vernachlässigt werden dürfen. Aufgrund des relativ breiten Temperaturbereiches war ein ausge-feiltes Temperier-System erforderlich. Die erforderlichen Kühl- bzw. Wärme-kanäle für das flüssige Medium sind direkt in den Prüfstand und die Prüf-lingsaufnahmen eingearbeitet.

Isolierungen und Barrieren schüt-zen die empfindlichen Sensoren vor unerwünschtem Temperatureinfluss. Wärmebedingte Längenausdehnun-gen im Prüfstand müssen unter allen Umständen vermieden werden, da bereits kleinste Änderungen der radi-alen Luftlager zu Veränderungen der Gesamtgeometrie führen; eine rei-bungsfreie Lagerung wäre nicht mehr gewährleistet.

Was ist ein Kugelgewindetrieb, und wo wird er eingesetzt?

Kugelgewindetriebe (KGT) finden Verwendung, um eine Dreh- in eine Vor-wärtsbewegung umzuwandeln. Ein Beispiel: In einer Feststellbremse lässt sich die Rotation eines Elektromotors mit einem KGT so umlenken, dass mit dieser Kraft der Bremskolben gegen die Bremsscheibe gedrückt wird. Die beiden we-sentlichen Bestandteile eines KGT sind eine Spindel mit Laufrillen und eine Ge-windemutter. Zwischen diesen beiden Bauteilen bewegen sich in den Laufrillen Kugeln, die axial wandern, sobald die Spindel angetrieben wird. Dadurch bewegt sich die Mutter in eine bestimmte Richtung. In der Automobilindustrie kommen Kugelgewindetriebe aktuell u. a. in elektromechanischen Lenkungen, Wanksta-bilisatoren und Bremsen zum Einsatz. Weitere Einsatzgebiete sind Werkzeug-, Spritzguss-, Druckgasmaschinen, Pressen, Triebwerke, Roboter, medizinische Geräte etc.

Arktisch kalt bis brütend heiß

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Kompendium // 2016 // 023

Testing Solutions

Nachdem der Aufbau des Prüfstands feststand, galt es noch eine geeigne-te Regelung zu finden. Die Heraus-forderung dabei: Die gesamte Über-tragungskette vom Prüfling über die Mechanik bis hin zu den Antrieben mit Umrichtern weist ein stark „nicht line-ares“ Übertragungsverhalten auf. Die Regelung musste das System so gut wie möglich stabilisieren. Zudem soll-ten die Einschwingzeit der Signale sehr kurz gehalten und eventuelle Stör- einflüsse wirkungsvoll gedämpft wer-den. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, wählte MicroNova einen geeigneten Regler mit Störgrößenauf-schaltung und Vorsteuerung. Auf die-se Weise konnten selbst schwierigste Regelungsaufgaben bewältigt werden.

Der mehrere Meter hohe Prüfstand ermöglicht es dem Automobilzuliefe-rer seit 2015, die Wirkungsgrade von Kugelgewindetrieben (KGTs) in elek- tronischen Feststell- und Betriebs-bremsen unter realen Bedingungen präzise zu ermitteln. Temperatur, Querkräfte auf die Lager sowie Dreh-momente lassen sich dabei für eine große Bandbreite an Prüflingen exakt nachbilden und deren Auswirkungen genau messen. Diese Erkenntnisse liefern Continental die notwendigen Informationen, um die Zuverlässigkeit von Kugelgewindetrieben zu steigern und die Herstellungskosten zu senken.

Der Prüfstand für Continental bietet alle benötigten Möglichkeiten, um die Funktionsfähigkeit von Kugelgewinde-trieben zu validieren. Die Anwendun-gen reichen von Belastungstests bis zur Zerstörungsgrenze über Wirkungs-gradbestimmungen bis hin zu indivi-duellen Funktionstests. Die integrierte Temperier-Vorrichtung erweitert die Testtiefe zusätzlich. Automobilzuliefe-rer, -hersteller sowie deren Endkunden erhalten damit eine erwiesen zuverläs-sige und sichere Technologie.

Testing Solutions

Stabilisierung des Systems Das Ergebnis

2

Für den Test wird der Prüfling in die Aufnahmevorrichtung (Bildmitte) eingebracht. Ein ausgeklü-gelter, „schwimmender“ Aufbau der unteren Druckeinheit sorgt dafür, dass die Reibungskräfte im

Prüfling unverfälscht und präzise gemessen werden können.

2

Fazit

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024 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Der Anteil von Fahrzeugen mit Elekt-romotoren hat sich stark erhöht, sei es ergänzend zur Hauptantriebskompo-nente oder als vollständiger Ersatz des Verbrennungsmotors. Diese Hybrid- beziehungsweise Elektrofahrzeuge stellen die Testabteilungen bei Fahr-zeugherstellern und Zulieferern vor neue Herausforderungen, beispiels-weise durch die gekoppelte Simulation von Elektro- und Verbrennungsmotor.

Mit Hardware-in-the-Loop(HiL)-Si-mulatoren von carts und MicroNova können Unternehmen Einzelsteuerge-räte und Gesamtverbünde gefahrlos in hoher Qualität testen, bevor diese Steuergeräte in realen Fahrzeugen verbaut werden. Um die Ergebnisse und den damit verbundenen Testnut-zen zu maximieren, arbeiten carts und MicroNova seit 2009 eng zusammen. So wurden die Kompetenzen gebün-delt und die Produktentwicklung auf eine gemeinsame Basis gestellt.

Sowohl carts als auch MicroNova haben langjährige Erfahrung in der Realisierung von HiL-Simulatoren für einzelne Steuergeräte. Im Rahmen der Entwicklung von Einzelsteuergeräten wurden von beiden Unternehmen HiL-Simulatoren für Hybridsteuergeräte erstellt, darunter Steuergeräte von Verbrennungsmotoren, E-Maschinen und Batterien. Diese Erfahrung bildet die Basis für den Aufbau komplexer Si-mulatoren für Steuergeräteverbünde, sowohl beim Antrieb als auch für das Gesamtfahrzeug.

Worin unterscheiden sich die An-forderungen an die HiL-Simulation im Hybridbereich von den bisherigen Anforderungen? Auf technischer Ebe-ne sticht vor allem die um bis zu drei

Größenordnungen reduzierte Schritt-weite für die Simulation von Umge-bungsmodellen heraus. So müssen beispielsweise für Elektromotoren oder Wechselrichter Taktraten von wenigen zehn Mikrosekunden (μs) zwingend eingehalten werden – da-durch ist die Grenze des technisch Möglichen bei Verwendung von Stan-dardprozessoren mit Standard-I/Os erreicht. Höhere zeitliche Auflösungen erfordern zwingend die Verwendung von FPGA-basierten Lösungen.

Während bei klassischen Verbren-nungsmotoren die Simulation für ein Einzelsteuergerät eine große Testab-deckung ermöglichte, ist dies bei Hy-bridfahrzeugen nicht mehr zwingend der Fall. In bestimmten Konfiguratio-nen befinden sich Verbrennungsmotor und E-Maschine auf einer Welle. Die Wechselwirkung ist so stark, dass bei-de Steuergeräte in einer gemeinsamen Konfiguration mit übergreifenden Si-mulationsmodellen betrieben werden müssen.

Anforderungen im

Entwicklung der

Hybridbereich

Hybridsimulation

Gebündelte TestkompetenzMicroNova und carts arbeiten bei der Entwicklung

von Elektro- und Hybridmotoren zusammen.

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Kompendium // 2016 // 025

Testing Solutions

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurden die MicroNova-HiL-Systeme für die Simulation von mehreren E-Maschinen, Verbren-nungsmotoren und Wechselrichtern konzipiert. Dabei verfolgte MicroNova einen kompakten Ansatz: eine Simula-tion von Verbrennungsmotor, Wech-selrichtern und zwei Elektromotoren ließ sich so in einem Gehäuse mit nur zwölf Höheneinheiten unterbringen. Dadurch fand der Simulator sogar auf dem Schreibtisch des Testingenieurs Platz – beispielsweise für die Entwick-lung von Steuergeräte-Software.

Das Angebotsspektrum von Micro-Nova basierte auch im Hybridbereich auf einem MultiCore-System mit PXI-Bus. Hier reicht das Einsatzspektrum vom Test einzelner Steuergeräte bis hin zur Prüfung abgegrenzter Steuer- geräte-Verbünde. Die MicroNova-Plattform ermöglicht dabei:

» FPGA-basierte Simulation von Elektromotoren: Damit lässt sich innerhalb eines HiL-Systems die Anzahl der zu simulierenden Elek-tromotoren einfach skalieren. Die hoch performante Simulation der E-Maschinen läuft in den hinzuge-fügten FPGA-Karten und belastet die Rechenknoten nicht.

» Reservierung von Prozessoren auf einem MultiCore-System für schnelle Simulationen: In aktuellen Anwendungen ist beispielsweise ein Prozessor für schnelle Schleifen mit bis zu 50 Mikrosekunden (μs) zur Simulation von Wechselrich-tern reserviert. Diese hohen Simu-lationsgeschwindigkeiten werden zuverlässig eingehalten.

» Simulation von Steuergeräte-verbünden mit Hybridumfang: Durch die hohe Rechenleistung der verwendeten Mehrkernpro-

zessoren können alle notwendigen Simulationen eines Hybridsystems auf einem Simulationsrechner ablaufen. Dies ermöglicht eine sehr einfache Implementierung der Simulationsmodelle, da durch die hohe Rechenleistung keine auf-wändige Verteilung von Modellen notwendig ist.

Auch die Systeme von carts decken dank ihres modularen Konzepts und Funktionsumfangs ein breites Spek- trum an Testanforderungen ab, so dass sie bei Komponentenlieferanten sowie in Abteilungen für Systemintegration Anwendung finden.

Während die ersten carts-Hybridsys-teme noch dazu dienten, erste Schritte mit kleineren Fehleraufschaltungen

nach OBD1-Standard zu realisieren, haben spätere Hybrid-Systeme da-gegen deutlich an Funktionsumfang zugelegt. So konnten Anwender pro-blemlos mehrere Steuergeräte-Typen an einem Hybrid-HiL ohne große Um-rüstzeiten betreiben. Die Zellspannun-gen und Ströme realisieren die Sys-teme mit einer hohen Auflösung von 16 Bits. Die Crash-Signal-Generierung lässt sich variabel online über die carts-Bediensoftware einstellen, um so die Abschaltbedingungen nach einem simulierten Fahrzeugcrash an definier-ten Grenzen testen zu können.

Im Hybridbereich bietet carts HiL-Simulationen für Steuergeräte für Ver-brennungsmotoren, E-Maschinen und Batterien. Je nach Anwendung stehen folgende Leistungsmerkmale zur Ver-fügung:

Das Angebotsspektrum von

Das Angebotsspektrum

MicroNova im Hybridbereich

von carts im Hybridbereich

Blockschaltbild eines Niedervolt-Arbeitsplatzes1

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026 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

1. Hochauflösende E-Maschinenmo-delle bilden Pulswechselrichter nach. Die Kombination aus hoher Rechen-leistung der verwendeten Hardware und dem optimierten Simulationsmo-dell von carts ermöglicht es, die Simu-lation der E-Maschine mit Taktraten von wenigen Mikrosekunden in Soft-ware zu rechnen.

2. Einfache Parameteränderungen erlauben eine Anpassung an verschie-dene E-Maschinen.

3. Die Kopplung eines E-Maschinen-Modells mit einem Batteriemodell er-möglicht die Nachbildung eines Zwi-schenkreises.

4. Die carts-Systeme unterstützen unterschiedliche Encoder-Typen der Firmen BOSCH, Tamagawa, Vogt und Continental. Die Simulatoren bilden die unterschiedlichen Ausgangssig-nale der Lagegeber nach und können damit Steuergeräte verschiedener Hersteller bedienen. Auch hier sind die kurzen Umrüstzeiten der modula-ren carts-Systeme ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

5. Die modularen carts-Kompo-nenten für Hybrid und weitere Fahr-zeugkomponenten (Antriebsstrang, Komfort- Elektronik) erlauben es, das Testsystem für vielfältige Anforderun-gen zusammenzustellen. Diese rei-chen von einem einfachen Niedervolt- Arbeitsplatz für Software-Entwickler bis hin zu Gesamtfahrzeugsimula- tionen mit Hybridanteil, bei dem voll-ständige Batteriestapel mit 600 Volt Gesamtspannung simuliert werden können.

6. Ein Niedervolt-Arbeitsplatz für Software-Entwickler besteht aus Mo-dulen in Component-Test-Rack(CTR)-Technologie. Dank der kompakten Bauform ist der Einsatz auf einem Schreibtisch ebenso möglich wie die Integration in ein CTR. Aufgrund der Nachbildung der Cell-Controller-Funktionalität lassen sich Nieder-volt-Arbeitsplätze für verschiedene Bauformen von Hybridsteuergeräten realisieren, ohne den Entwickler der Gefahr der Arbeit im Hochvolt-Bereich auszusetzen. Auf diese Weise können die programmierten Funktionalitäten bereits in einem sehr frühen Entwick-lungsstadium getestet werden.

Der Gesamt-HiL von carts umfasst verschiedene Fahrzeugbereiche wie Antriebsstrang, Motor, Komfortbereich und Infotainment und bietet die Mög-lichkeit, alle in einem Fahrzeug vor-handenen Steuergeräte im Verbund zu betreiben. In diesen Verbund lässt sich zum Beispiel auch der Hybridantrieb integrieren.

carts und MicroNova haben ihre Ent-wicklungen auch im Hybridbereich ge-bündelt, um die Einführungszeit (Time to Market) entsprechend zu verkürzen.

Ob Anschaltung von Steuergeräten, Ersatzlasten für Steuergeräte oder Simulation von Sensoren: In den I/O-Subsystemen von carts ist umfang-reiches domänenspezifisches Wissen vorhanden. Um dieses Know-how auch MicroNova-Kunden zur Verfü-gung stellen zu können, haben carts und MicroNova eine Anbindung über die seriellen Hochgeschwindigkeits-Busse realisiert. Die Lösung erlaubt es, alle I/O-Subsysteme von carts einfach in die MicroNova-Architektur zu inte-grieren.

Modularer Aufbau der HiL-Systeme von carts

und MicroNova

2

Simulation von E-Maschinen

Gesamt-HiL mit

Gemeinsame Strategie

Hybridanteilen

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Kompendium // 2016 // 027

Testing Solutions

Auch künftig werden alle technologi-schen Neuentwicklungen bei carts und MicroNova auf einer gemeinsamen Basis erfolgen. Durch die Bündelung der Entwicklungskompetenzen lassen sich neue Anforderungen deutlich schneller realisieren.

Für Kunden beider Unternehmen besteht Investitionsschutz. MicroNova und carts decken im Elektro- und Hy-bridbereich den vollständigen Funk- tionsumfang zur Simulation komplet-ter Fahrzeuge ab. Sowohl Hersteller als auch Zulieferer verfügen damit über die richtigen Werkzeuge, um an den kommenden Fahrzeuggeneratio-nen zu arbeiten.

Fazit und Ausblick

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028 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Der Einsatz von Elektromotoren in Hybrid- und Elektrofahrzeugen erfor-dert komplexe Steuerungs- und Re-gelsysteme. Gleichzeitig steigen auch die Anforderungen an die Testsysteme kontinuierlich. Um auf diese Situation reagieren zu können, bietet die Micro-Nova AG bereits seit 2009 Lösungen an, die Emulationen von Elektromotor-Steuergeräten enthalten.

Mit dem Hardware-in-the-Loop(HiL)-System mit integrierter E-Motor-Emu-lation können Anwender Steuergerä-te im Bereich Elektroantrieb mit der kompletten Leistungselektronik effi-zient und kostengünstig testen, ohne auf die Gefahren rotierender Motoren achten zu müssen. Während der Zu-stand des E-Motors bei vielen HiL- Systemen nur durch Signalinformatio-nen simuliert wird, unterstützt der P-HiL reale Leistungen. Bereits bestehende HiL-Systeme können einfach zum P-HiL nachgerüstet werden.

Prinzipiell stehen bei der Wahl ei-nes Testsystems für Elektroantriebe drei Möglichkeiten zur Nachbildung des Elektromotors zur Verfügung, de-ren Vor- und Nachteile im Folgenden kurz beschrieben werden. MicroNova verfolgt mit dem P-HiL-Simulator die letztgenannte Variante.

Bei der Simulation ohne Leistungs-elektronik wird nicht nur der Motor selbst, sondern auch der Leistungsteil des Prüflings beziehungsweise des Steuergerätes mittels eines Modells nachgebildet. Dazu wird der Prüfling manipuliert und eine neue Schnitt-stelle zum Testsystem geschaffen. Der Nachteil bei dieser Variante ist, dass ein wesentlicher Teil des Prüflings durch Manipulation umgangen wird, so dass die Auswirkungen von realen elektrischen Gegebenheiten nicht ge-testet werden können. Die Grenze zwi-schen Prüfling und Prüfmittel wird hier aufgeweicht.

Die realistischste Möglichkeit zum Aufbau einer Testumgebung ist es, ei-nen echten Motor an das Steuergerät anzuschließen. Zusätzlich ist für Tests im generatorischen Betrieb eine ge-bremste Last oder ein zweiter E-Motor zur Erzeugung des Drehmoments not-wendig. Allerdings geht dieser Testauf-bau zu Lasten der Flexibilität, so dass sich Fehlerzustände wie Überhitzung, Phasenbrüche oder defekte Sensoren nur sehr schwer nachbilden lassen. Auch eine Veränderung der Motorpa-rameter während der Laufzeit ist kaum möglich. Ein weiterer Nachteil für den Laboreinsatz: Die rotierenden Teile sol-cher Testumgebungen erzeugen einen erheblichen Lärmpegel und stellen zu-dem ein Gefahrenpotential dar.

Realer E-Motor mit

Simulation des E-Motors

Dynamometer-Prüfstand

ohne Leistungselektronik

Bestechend einfachMit dem E-Motor-HiL mit kompletter Leistungselektronik

lassen sich Steuergeräte für Elektroantriebe ohne aufwändige

mechanische Aufbauten testen.

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Kompendium // 2016 // 029

Testing Solutions

Die Emulation von E-Motoren ver-bindet die Vorteile von Simulation und realem Motor und ermöglicht es, die Tests vom Prüffeld ins Labor zu ver-lagern. Dadurch haben Anwender die Möglichkeit, das Originalsteuergerät ohne Modifikationen im Laborum-feld ohne große, teure mechanische Aufbauten zu prüfen sowie alle Be-triebs- und Fehlerzustände unter re-alen Strombelastungen zu erproben. Im Gegensatz zur E-Motor-Simulation ohne Leistungselektronik wird bei der Emulation das elektrische Anschluss-verhalten der Motorphasen und Sen-soren hochdynamisch nachgebildet. Während bei einer Simulation die Strö-me lediglich als berechnete Größen in einem Modell vorliegen, ist die elektri-sche Schnittstelle der Emulation völlig identisch zum Originalmotor.

Die Kennwerte des emulierten Elek-tromotors können während der Lauf-zeit jederzeit verändert werden. Ein vollständiger Vierquadrantenbetrieb ist ebenso möglich wie ein generato-rischer oder motorischer Betrieb. Für E-Motor-Emulationen mit hoher Leis-tung ist zudem eine Netzrückspeisung vorhanden.

Durch eine realitätsnahe Abbildung und originale Schnittstellen zum Prüf-ling können Nutzer mit einem Emu-lator für Elektromotoren alle Anwen-dungsbereiche in ihrem Testprozess abdecken – von Funktions- über Inte-grationstests bis hin zu End-of-Line-Tests (EOL) in der Produktion.

Die Leistungsmerkmale der E-Motor-Emulation: » Emulation verschiedener Motorva-

rianten und -größen, beispielswei-se von Gleichstrom-, Asynchron- und Synchronmotoren mit einem Leistungsbereich von wenigen Watt bis hin zu mehreren Kilowatt

» Parametrierung des Motormodells zur Laufzeit, zum Beispiel für den Test von Serienstreuungen

» Nachbildung des elektrischen Anschlussverhaltens durch exakte Generierung der Gegenelektro-motorischen Kraft (Gegen-EMK/Gegeninduktionsspannung) und Modellierung des Wirkwiderstands sowie der Induktivität

» Unterschiedliche Spannungsebe-nen vom Niedervoltbereich bis zu mehreren hundert Volt werden unterstützt

» Betrieb über alle vier Quadranten mit originalen Leistungswerten

» Geringe Wärmeentwicklung durch Energiekreislauf über Zwischen-kreise oder Netzrückspeisung

Mit dem beschriebenen P-HiL-System bietet MicroNova eine um-fassende Lösung für den Test von E-Motor-Steuergeräten, die sich naht-los in bestehende HiL-Simulationen integrieren lässt. Mit diesem System können Anwender ihre Regelalgorith-men und Funktionen optimieren und die Testtiefe sowie -qualität merklich steigern. Dies gibt die notwendige Si-cherheit, dass Steuergeräte im realen Einsatz unter allen auftretenden Be-triebszuständen sicher und zuverlässig funktionieren.

Emulation des E-Motors Fazit

Phasenlage der Spannungen eines dreiphasigen Motors: Die Drehung des Rotors induziert in den Motorphasen Span-

nungen − die Gegen-EMK. Je nach Bauart des Motors entstehen so in Abhängigkeit von Rotor-Winkel und Drehzahl typisch geform-te Spannungskurven. Simulationen, die auf die Modellierung der Gegen-EMK verzichten, bilden das Verhalten der Elektromotoren nur unzureichend ab.

1

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030 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Für die Absicherung von Steuerge-räten für Elektromotoren bietet die MicroNova AG leistungsfähige Hard-ware-in-the-Loop(HiL)-Simulatoren an. Möglich ist sowohl eine Emulati-on des Elektromotors mit kompletter Leistungselektronik und realen Strö-men als auch die Simulation mit Hilfe der leistungsfähigen und kompakten E-Motor-Karte.

Welches der beiden Testsysteme sich im Einzelfall besser eignet, hängt von der Art der durchzuführenden Tests ab. Eine E-Motor-Emulation stellt die realen Ströme und Spannungen des E-Motors nach. Der Einsatz eines solchen Testsystems ist sinnvoll, wenn das Steuergerät inklusive Leistungs-elektronik im Fokus der Absicherung steht. MicroNova bietet die E-Motor-Emulation in Form eines Hardware-in-the-Loop-Systems an.

Genauso gibt es Anwendungsfälle, bei denen der Test der Software-Funk-tionen des Steuergeräte-Controller-Boards im Vordergrund steht. Dazu eignet sich eine Simulation des E-Mo-tors auf Signalebene, bei der die Leis-tungselektronik des Steuergeräts im HiL-System simuliert wird. Die Schnitt-stelle zwischen Prüfling und Testsys-tem besteht dabei aus Standard-Ana-log- beziehungsweise Digitalsignalen.

Zur Nachbildung des E-Motors in-klusive Leistungselektronik bietet Mi-croNova eine Simulationskarte an, die auf FPGA-Technologie basiert und mit allen MicroNova-HiL-Systemen ver-wendet werden kann. Dies ermöglicht:

1. Hochgenaue Erfassung der Motoransteuerung:

Die Vermessung der PWM-Gate-Treibersignale des Pulswechselrichters erfolgt mit einer hohen zeitlichen Auf-lösung von 25 Nanosekunden. Dabei wird die exakte Ansteuerung der High- und Lowside-Transistoren inklusive Totzeiten vermessen und damit eine genaue Modellierung der drei Phasen-spannungen erreicht.

2. Präzise Berechnung der Phasenströme:

Die Ansteuerung von Elektromoto-ren erfolgt typischerweise im Bereich zwischen 10 und 20 Kilohertz (kHz). Um eine hochdynamische Berechnung der drei Phasenströme zu erreichen, muss die Simulation mindestens um den Faktor fünf bis zehn schneller als die Ansteuerung gerechnet werden. Die E-Motor-Karte ist in der Lage, das Simulationsmodell mit einer Zyklus-zeit von 500 Nanosekunden zu be-rechnen. Dies ermöglicht eine exakte Berechnung des Stromverlaufs ohne den Einsatz zusätzlicher Synchronisie-

rungssignale wie sie oft bei Echtzeit-PC-basierten Simulationsmodellen mit höherer Zykluszeit notwendig sind. Die berechneten Stromsignale werden über schnelle Digital-/Analog-Konver-ter an das Steuergerät ausgegeben.

3. Simulation diverser Positionsgeber:

Durch die Simulation diverser Posi- tionssensoren kann die aktuell berech-nete Rotorposition an das Steuergerät weitergegeben werden. Aktuell unter-stützt die E-Motor-Karte Resolver, Sin/Cos-Lagegeber und Inkrementalgeber. Eine kundenspezifische Anpassung an weitere Positionssensoren ist möglich.

Um das E-Motor-Modell in ein beste-hendes Fahrzeugmodell einzubinden, stellt MicroNova ein Simulink-Blockset für den Austausch relevanter Größen wie Drehzahl und Drehmoment zwi-schen Fahrzeug- und E-Motor-Modell bereit. Die Parametrierung der für ei-nen Elektromotor typischen Größen wie Polpaarzahl, Widerstände und In-duktivitäten erfolgt ebenfalls komfor-tabel über das E-Motor-Blockset und kann zur Laufzeit verändert werden. Somit können auch besondere Testfäl-le, wie eine Veränderung der Motorpa-rameter durch Erwärmung, abgedeckt werden. Die Integration des E-Motor-

Parametrierung und Anbin-

dung des Fahrzeugmodells

Schneller als jeder Prozessor

Mit oder ohne Leistung?

Starkes Signal

und eignet sich dadurch ideal für Software-Funktionstests.

TEXT: Redaktion BILD: © juanjo tugores / Fotolia.com

Simulation des E-Motors auf Signalebene

Die E-Motor-Karte ermöglicht eine

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Kompendium // 2016 // 031

Testing Solutions

Modells in das Fahrzeugmodell ist in der Abbildung auf dieser Seite zu sehen.

BMW ActiveHybrid steht für sou-veräne Sportlichkeit bei reduziertem Verbrauch. Zum Test der Antriebs-steuergeräte setzt die BMW Group auf leistungsfähige HiL-Simulatoren von MicroNova, vor allem um Funktionen aus den Bereichen Energiebordnetz und Powermanagement abzusichern. Gerade die Testanforderungen an das Energiemanagement sind im Hybrid-bereich sehr hoch.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, hat MicroNova ein bereits bei der BWM Group eingesetztes HiL-System auf-gerüstet und um eine entsprechende

E-Motor-Karte ergänzt. Das erweiterte Testsystem unterstützt die Simulation von Verbrennungs- und Elektromo-toren im Verbund, so dass sich das komplexe Zusammenspiel der beiden Motoren sowohl für Mild- als auch für Vollhybridfahrzeuge überprüfen und optimieren lässt.

Die beschriebene Simulation mit Hilfe einer E-Motor-Karte bietet eine umfangreiche Lösung zur Absiche-rung von zugehörigen Steuergeräten. Neben dem Einsatz in reinen Kom-ponentenprüfplätzen ist auch eine Integration in bereits bestehende Motor-HiL-Simulatoren von Micro- Nova möglich. Das Ergebnis ist eine gesteigerte Testtiefe, auch im kom-plexen Zusammenspiel der verschie-denen Antriebe bei Hybridfahrzeugen.

Anwendungsbeispiel:

BMW ActiveHybrid

Fazit

Dreh-moment

Drehzahl,Parameter

FahrzeugmodellSimulink (1 ms)

Standard-I/O

Strom- &Momenten-

modellFPGA-I/O

E-Motor-Karte

Inverter-modellSensor-modell

Prüfling

Steuergeräte-Controller-Board

PWM

Standard-I/O

Ströme

Position

Parametrierung und Anbin-dung des Fahrzeugmodells1

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032 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Mit dem neuen HiL-System „NovaCarts Battery“ lassen sich

Rundum-Testing für Akkuzellen

Batteriezellen deutlich genauer simulieren als bisher. Das schafft

optimale Voraussetzungen für die Entwicklung neuer Batterie-

Management-Funktionen – beispielsweise zur Regelung von

Lade- und Alterungszustand der Zellen.

TEXT: Mathias Weber BILDER: © wellphoto, sibfilm, Syda Productions / Fotolia.com

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Kompendium // 2016 // 033

Testing Solutions

Statt „Tiger im Tank“ heißt es wo-möglich bald „Adler im Akku“: Die Elektromobilität soll zum Überflieger werden. Mit der zunehmenden Elektri-fizierung spielen zuverlässige und leis-tungsfähige Akkumulatoren demnach eine immer größere Rolle. Entspre-chend wichtig sind Batterie-Manage-ment-Systeme (BMS), die Lade- und Entladevorgänge der einzelnen Zellen steuern. Speziell für die Validierung derartiger Systeme haben MicroNova und carts das neue Hardware-in-the-Loop(HiL)-System „NovaCarts Battery“ entwickelt, das umfassende Funktio-nen für die Zellsimulation bietet. Die anwendungsspezifische Lösung ist ein Bestandteil der neuen NovaCarts- Generation 4.0 (siehe „Gemeinsam fit für die Zukunft“, S. 004 ff.) und profi-tiert daher auch von den Verbesserun-gen der NovaCarts-Basis-Plattform.

Eines der Highlights von NovaCarts Battery ist die neue Zellsimulations-karte, mit der sich die einzelnen Batte-riezellen vollständig digital simulieren lassen. Das bietet einen entscheiden-den Vorteil gegenüber Lösungen mit teilweise analogen Ersatzschaltungen: Die zur Simulation verwendeten Pa-rameter und digitalen Regler sind in der FPGA-Technologie auf der Karte realisiert und können so, je nach Be-darf, direkt in der Software verändert oder erweitert werden. Im Gegensatz zu analog aufgebauten Simulations-karten ist ein kostspieliger Austausch der Hardware dabei nicht erforderlich.

Kurze Ladezeiten und maximale Leistung:

Neue Batterie-Management-Funktionen helfen dabei, Fahrzeugbatterien möglichst effizient zu nutzen.

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034 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Auf diese Weise lassen sich unter anderem Stromsprünge und Span-nungseinbrüche hochgenau abbilden. Gleichzeitig können BMS-Entwickler beispielsweise für den Innenwider-stand der Zellen problemlos Werte einstellen, die außerhalb des bisher üblichen Bereichs liegen. Dadurch ist die Zellsimulationskarte in der Lage, auch neuartige Batterietechnologien zu simulieren – wie beispielsweise die momentan als vielversprechend gel-tende Lithium-Ionen(LiIo)-Feststoffzel-le (siehe Textkasten).

NovaCarts Battery bildet alle derzeit verfügbaren Lithium-Technologien ab und ist auch für zukünftige Anforde-rungen bestens gerüstet: Die HiL-Sys-teme lassen sich bei Bedarf einfach per Software-Update aufrüsten, so dass Automobil- und BMS-Hersteller auch zukünftige Batterietechnologien mit dem aktuellen System testen können.

Darüber hinaus eignen sich die neu-en Batterie-Simulatoren von Micro- Nova und carts optimal für die Ent-wicklung neuer BMS-Algorithmen für die Laderegelung (State-of-Charge (SoC)) und Zustandsregelung (State-of-Health (SoH)). Eine wichtige Rolle wird dabei in Zukunft nach derzeitigem Kenntnisstand die elektrochemische Impedanzspektroskopie spielen, die über kurz oder lang Bestandteil von Batterie-Management-Systemen wer-den könnte: Bei dieser Methode zur Bestimmung des Wechselstromwi-derstands wird der zu untersuchende Akku mit variierenden Ladeimpulsen mit bis zu zehn Kilohertz (kHz) ange-regt. Die Messergebnisse ermögli-chen Rückschlüsse auf das Innenleben der Batterie und geben beispielweise

Auskunft über den Lade- und Alte-rungszustand der einzelnen Zellen – wichtige Informationen, die eine noch effizientere Nutzung der Batterie er-möglichen würden.

Zum Test derartiger Funktionen ist allerdings eine schnelle Reaktion der HiL-Systeme notwendig. Mit der neu-en Modellplattform von NovaCarts Battery lassen sich Taktzeiten von we-nigen Mikrosekunden im Verbund so-wie eine ebenso schnelle I/O-Dynamik erzielen lassen. Dadurch können die aktuellen Batteriezustände mit einer bisher nicht erreichten Exaktheit be-rechnet und simuliert werden.

Die mit zehn Kilohertz sehr hohe Update-Rate von NovaCarts Battery kommt Automobilherstellern und -zulieferern auch bei der Entwicklung von Starterbatterien zu Gute, die eine deutlich größere Leistung in kürzerer Zeit erfordern als andere Batteriean-wendungen: Da sich das dynamische Verhalten der Zellen beim Startvorgang exakt nachbilden lässt, können mit NovaCarts Battery auch derartige Spe-zialanwendungen realisiert werden.

Die neue, dynamische Zellsimulation hat noch einen weiteren Vorteil: Mit NovaCarts Battery lassen sich neben BMS mit passivem Cell-Balancing jetzt auch Systeme mit aktivem Cell-Balan-cing validieren. Während aktuelle BMS die Ladung zwischen den einzelnen Zellen eines Batteriepacks meist passiv ausgleichen – also die überschüssige Energie als Wärme verbrennen – ver-teilen aktive Laderegelungen die La-dung um.

Heute Batterietechnologien

State-of-Health- und

Simulation von

von morgen simulieren

State-of-Charge-Regelungen

Starterbatterien

Aktives Cell-Balancing

Lithium-Ionen(LiIo)-Feststoffzellen

Anders als die meisten ande-ren Akkumulatoren verfügen LiIo-Feststoffzellen anstelle eines flüssigen über einen festen Elek-trolyten, durch den die Lithium-Ionen während des Entladens von der Anode zur Kathode wandern. Das hat verschiedene Vorteile: Ein fester, meist aus einer speziellen Keramik gefertigter Elektrolyt kann nicht auslaufen und nicht in Brand geraten. Zudem sind bei Feststoffzellen weder Kühlsystem noch spezieller Schutz erforder-lich, da sie unempfindlich gegen mechanische Belastungen sind.

Allerdings benötigen die Lithi-um-Ionen etwas länger, um durch eine feste chemische Verbindung zu wandern. Das erhöht den Wi-derstand für den Ionentransport und verringert die Leitfähigkeit. Ist der verwendete Elektrolyt nur wenige Mikrometer dick, lässt sich die geringere Leistungsdich-te wieder ausgleichen. Das wie-derum hat positive Auswirkun-gen auf das Gesamtgewicht und -volumen der Batterie.

Das Fraunhofer-Institut für Sys-tem- und Innovationsforschung (ISI) geht davon aus, dass LiIo-Feststoffzellen ab 2020 auf dem Markt erhältlich sind und zukünf-tig zu den wohl wichtigsten Bat-terietechnologien zählen werden.

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Kompendium // 2016 // 035

Testing Solutions

Dazu wird die Ladung aus Zellen mit normaler oder überdurchschnittlicher Kapazität zu solchen mit unterdurch-schnittlicher Kapazität übertragen, bis alle Zellen einen vergleichbaren La-dezustand aufweisen. Das minimiert fertigungs- oder alterungsbedingte Kapazitätsverluste der Batterie, be-schleunigt das Laden und ermöglicht es, die maximale Kapazität jeder ein-zelnen Zelle zu nutzen.

Die neuen NovaCarts-Battery-Syste-me sind für die langfristige Nutzung konzipiert. MicroNova und carts haben darum bei der Entwicklung darauf ge-achtet, dass neben den bislang meist leistungslosen Simulationen auch Tests mit vollständiger Leistungsend-stufe durchgeführt werden können. Letztere gewinnen aus verschiede-nen Gründen vermehrt an Bedeu-tung: Dazu gehören neben strengeren Sicherheitsnormen unter anderem die immer stärkere Integration der Regler und die zunehmend verschwimmen-den Grenzen zwischen Algorithmus und Leistung.

Mit den neuen HiL-Simulatoren der NovaCarts-4.0-Reihe lassen sich erst-mals alle Anwendungen um eine Emu-lation mit einer bislang unerreichten Dynamik von zehn Kilohertz erweitern – bis in den Hochvoltbereich für PKWs und LKWs. Oder anders ausgedrückt: Automobilhersteller und -zulieferer sind mit NovaCarts optimal für zu-künftige Anforderungen bei der Bat-teriesimulation gerüstet – unabhängig davon, ob die Tests leistungslos – also im Niederspannungsbereich im Labor ohne Gefahr für Leib und Leben – oder aber mit Leistungsendstufe durchge-führt werden sollen.

Tests mit Leistungsendstufe

State of Charge

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036 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Neben diesen Highlights haben MicroNova und carts auch viele „klas-sische“ Eigenschaften des Batterie-HiL-Simulators verbessert: Dazu gehören unter anderem ein erweiterter Span-nungsbereich, eine höhere Genauig-keit der Zell-I/O sowie eine erweiterte Spannungsfestigkeit von bis zu einem Kilovolt, mit der sich deutlich größere Aufbauten realisieren lassen. Neu ist auch die hochaufgelöste Shunt-Simu-lation (16-bit), die sich dank digitaler Ansteuerung durch eine sehr hohe Genauigkeit auszeichnet. Kurze und stabile Verbindungen zum Steuergerät sowie die direkt am Ausgang angesie-delte Fehlersimulation sorgen zudem für eine höhere Signalqualität.

Eine weitere signifikante Weiterent-wicklung ist die neue Widerstands-simulation für die Nachbildung von Temperatursensoren. Damit lassen sich sowohl Temperaturfühler mit negati-ven als auch mit positiven Temperatur-koeffizienten (NTC bzw. PTC) simulie-ren. Darüber hinaus sind für NovaCarts Battery spezielle Baugruppen zur Si-mulation von Zwischenkreiskapazitä-ten und Isolationsfehlern verfügbar.

NovaCarts Battery von MicroNova und carts erfüllt alle aktuellen und zukünftigen Anforderungen bei der Validierung von Batterie-Manage-ment-Systemen. Wie alle NovaCarts-Systeme zeichnet sich auch der neue HiL-Simulator durch den modularen und skalierbaren Aufbau aus. Dadurch lässt er sich vielseitig für die Entwick-lung neuer BMS-Funktionen einsetzen, etwa für Lade- und Alterungsregelun-gen oder aktives Cell-Balancing. Dank der Offenheit und Anpassungsfähig-keit der Lösung lassen sich Batterie-regelungssysteme für eine aktuelle Lithium-Technologie oder einen neuen Batterietyp testen.

Testlösungen für innovative Ladesysteme

Als Alternative zum klassischen Ladevorgang über Kabel und Stecker kommen zukünftig vermehrt kontaktlose Übertragungs-systeme zum Einsatz, die das Fahrzeug induktiv mit Energie versorgen. Dazu wird meist eine magnetische Spule im Boden eines Parkplatzes und eine zweite im Fahrzeugunterboden eingebaut. Parkt das Fahrzeug auf dem Stellplatz, entsteht in der oberen Spule magnetische Energie, die in elektrische Energie umgewandelt und anschließend dem Bordnetz zur Verfügung gestellt wird.

Bei dieser Technologie müssen jedoch gewisse Parameter – wie die Induktivität oder Kapazität der am Ladevorgang beteiligten Komponenten – stärker berücksichtigt werden als bei kabelgebundenen Systemen. Zudem sorgen der räumliche Abstand zwi-schen den Spulen und die geometrische Ausrichtung für zusätzliche Komplexität bei der Reglerauslegung. Neben diesen, rein physikalischen Herausforderungen gilt es auch, spezielle Sicherheitsaspekte zu beachten, um eine Gefährdung von Lebewesen auszuschließen.

Für eine zuverlässige Absicherung induktiver Ladesysteme haben MicroNova und carts eine spezielle Lösung entwickelt. Das neue „NovaCarts Inductive Charging Model“ simuliert beispielsweise alle Leistungskomponenten von Spule zu Spule realitäts-getreu im Labor, ohne eine Zerstörung von Steuergeräten oder eine Gefährdung des Testpersonals zu riskieren. Da alle variablen Systemparameter auch ohne Hardware automatisiert eingestellt werden können, eignet sich das System sowohl zur Überprüfung von Sicherheitsaspekten als auch der Reglerauslegung.

Weitere Verbesserungen

Fazit

Hohes Innovations- potential: Der Batterie-

bereich ist aktuell nicht nur aufgrund der zahlreichen technologischen Neuerungen und Weiterentwicklungen äußerst spannend, sondern spielt als Schlüsseltechnolo-gien auch eine entscheidende Rolle beim Marktdurchbruch der Elektromobilität.

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Kompendium // 2016 // 037

Testing Solutions

Testing-TrendsWie wirken sich Trends wie autonomes Fahren oder Elektro-

mobilität auf die Produkte und Leistungen von MicroNova aus?

Ein Interview mit Dr. Klaus Eder, COO von MicroNova

InNOVAtion: Vor kurzem hat die Bundesregierung einen Entwurf be-schlossen, der die rechtlichen Grund-lagen für das autonome Fahren erwei-tert. Wie wirkt sich diese Entscheidung auf die weitere Entwicklung der Nova-Carts-Systeme aus?

Dr. Klaus Eder: Der Trend vom assistier-ten zum autonomen Fahren beschäftigt

die ganze Automo-bilbranche. Die Absicherung der mas-siv komplexer werdenden Systeme ist eine Mammutaufgabe, die auch an unsere HiL-Simulatoren komplett neue Herausforderungen stellt.

Zuallererst wird die Sensorik im Fahr-zeug dadurch deutlich umfangreicher und komplexer. Die verschiedenen Komponenten – Radar, Lidar, Ultra-schall-Sensoren, 3D-Kameras und so weiter – müssen simuliert und getestet werden. Dazu kommt, dass die Integ-ration aller Systeme eine maßgebliche Rolle für das autonome Fahren spielt und immer komplexere Umgebungs- simulationen erforderlich macht.

Unsere HiL-Systeme spielen dabei eine maßgebliche Rolle. Zwei Stich-punkte möchte ich hier ins Spiel brin-gen: Offenheit und Modularität. In Zukunft erwarten unsere Kunden, dass sie das jeweilige Best-in-Class-System auswählen und mit unseren HiL- Simulatoren kombinieren können. Wir setzen dabei auf die bestehenden und sich weiter entwickelnden XiL-Stan-dards des ASAM e. V. sowie eine offene

Systemarchitektur, mit der wir externe Prüfstände und Modelle, Sensor- oder Umgebungssimulationen sowie exter-ne Testsysteme schnell und effizient integrieren können.

Auch die seit jeher herausragende Modularität der NovaCarts-Architek-tur, die eine nahezu beliebige Kombi-nation von Teilsystemen zulässt – ska-lierbar vom Komponenten- bis zum Gesamtfahrzeug-HiL-System – trägt massiv zum Erfolg unserer Produkte bei. Durch das modulare Baukasten-system lassen sich kundenspezifische Aufbauten schnell konfigurieren und in kürzester Zeit in Betrieb nehmen. Gerade für diesen Geschwindigkeits-vorteil bekommen wir von unseren Kunden immer wieder Bestnoten.

Mit der neuen NovaCarts-Version le-gen wir hier nochmal ein ganzes Stück zu. Durch die neue Vernetzungsarchi-tektur, die eine fast vollständige Au-tokonfiguration des HiL-Prüfstandes nach dem Aufbau beziehungsweise Umbau durchführt, sinkt der Aufwand für die Inbetriebnahme weiter. Da-durch tragen wir zur Optimierung der Prüfstandauslastung bei, da unser Sys-tem zeitweise für Komponenten-Tests und zeitweise für eine Integrationsauf-gabe verwendet werden kann.

Zu guter Letzt haben wir auch einige interessante End-To-End-Testlösungen für ausgewählte Sensoren wie zum Beispiel Ultraschall und Lidar entwi-ckelt. Mit diesen tragen wir signifikant zur Absicherung und Weiterentwick-lung des autonomen Fahrens bei.

InNOVAtion: Und die zunehmende Verbreitung von Elektro- bzw. Hybrid-fahrzeugen? Gibt es auch hier relevan-te Einflüsse auf die HiL-Entwicklung bei MicroNova?

Dr. Klaus Eder: Elektromobilität ist selbstverständlich ebenfalls ein wich-tiger Trend für uns. Primär steigen da-durch die Komplexität und Anzahl der Steuergeräte, die für den Elektro- oder Hybrid-Antrieb sowie die Batterie be-nötigt werden. Gerade im Bereich der Batterien finden große Innovationen statt, weshalb die Steuergeräte für Bat-terie-Management und Ladevorgang immer anspruchsvoller werden. In der Folge steigen für die Simulatoren die Anforderungen an die Genauigkeit der Zellsimulation.

Vor diesem Hintergrund entwickeln wir schon seit einiger Zeit extrem leis-tungsfähige Zellsimulationen. Nicht ganz ohne Stolz behaupte ich, dass wir eine der weltweit leistungsfähigsten, wenn nicht gar die leistungsfähigste Zellsimulation am Markt haben. Dar- über hinaus bieten unsere Systeme optimale Voraussetzungen, um gut auf die zukünftig weiter steigenden Anfor-derungen zu reagieren. Das sichert un-seren Marktvorsprung langfristig ab.

Außerdem arbeiten wir an weiteren Innovationen, zum Beispiel im Bereich „induktives Laden“. Mit diesen und weiteren Lösungen sind wir für die Zukunft der Elektrifizierung des Fahr-zeugantriebs sehr gut aufgestellt.

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038 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Lange Zeit war die Speicherung elek-trischer Energie in Kraftfahrzeugen eine vergleichsweise einfache Angele-genheit: Ein Bleiakku mit 12 Volt Span-nung versorgte die elektrischen Ver-braucher des Automobils. Wichtigste Komponenten waren der Anlasser und eine im Vergleich zu heute überschau-bare Anzahl weiterer Verbraucher wie Licht, Radio oder Heckscheibenhei-zung. Diese Zeiten sind vorbei. Mit der fortschreitenden Elektrifizierung und der zunehmenden Verbreitung der Lithium-Ionen-Technologie, die aufgrund ihres geringen Gewichts und ihrer geringen Selbstentladung ver-mehrt als Starterbatterien zum Einsatz kommen, ergibt sich die Notwendig-keit nach Batterie-Management-Sys-temen (BMS) – und nach zugehörigen leistungsfähigen Simulationslösungen.

Ob als Ergänzung oder Ersatz für den klassischen Verbrennungsmotor: Elek-tromotoren kommen heute nicht nur in den bekannten Hybrid- und reinen elektrischen Antrieben zum Einsatz, sondern ersetzen zunehmend auch die bisher verwendeten pneumatischen

oder hydraulischen Systeme. So wer-den beispielsweise diverse Pumpen, Gebläse oder Komfortfunktionen im-mer öfter durch kleine Elektromotoren ersetzt. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und decken Energiesparsys-teme ebenso ab wie elektrisch verstell-bare Sitze oder Fensterheber. Doch nicht nur mit der vermehrten Anzahl an Elektromotoren steigt der Energie-bedarf im Fahrzeug: Strombetriebene elektronische Geräte wie diverse Steu-er- und Regelsysteme – etwa für effizi-entere Motoren – runden den Reigen der energiehungrigen Verbraucher ab.

In einem solch heterogenen Umfeld muss die notwendige elektrische Ener-gie zuverlässig, sicher und mit hoher Dynamik und Dichte zur Verfügung stehen. Da sie diese Anforderungen optimal erfüllen, haben sich Lithium-Ionen-Zellen als beste Speichertech-nologie durchgesetzt. Sie werden bei-spielsweise in Hochvoltverschaltung für die Bereitstellung großer Ener-giemengen für Antriebe verwendet. Daneben kommen immer häufiger Niedervoltsysteme mit wenigen Zellen zum Einsatz – entweder als Bleiakku-Ersatz oder als Unterstützungsbatterie für das Bordnetz mit zwölf oder 48 Volt.

Bei der Entwicklung von Lithium- Ionen-Akkus spielt – neben der chemi-schen Auslegung und dem physikali-schen Aufbau der Batterie – Software inzwischen eine entscheidende Rolle. Gerade beim Blick auf die Zellebene wird deutlich, welch große Bedeutung beispielsweise das Batterie-Manage-ment-System hat: Fertigungstoleran-zen und chemisch-physikalisch-be-dingte Alterungsprozesse führen dazu, dass die Kapazitäten und Spannungen der einzelnen Zellen in einem Zell-stapel unterschiedlich sind. Da die schwächste Zelle im Paket dabei die Leistung der gesamten Batterie be-grenzt, können einzelne Zellen mit einem schlechten Innenwiderstand die komplette Batterie unbrauchbar machen.

Ein intelligentes Batterie-Manage-ment kann solche Effekte minimieren und damit nicht nur die Leistung des jeweiligen Ladezyklus, sondern auch die Lebensdauer der Batterie insge-samt massiv erhöhen. Dabei sorgt die gezielte Ansteuerung und Regelung der einzelnen Zellen für eine optimale Be- beziehungsweise Entladung.

Eine Vielzahl an Aufgaben

und Steuergeräten

Batterien im

Automobilbereich

Batteriesimulation der nächsten Generation

TEXT: Mathias Weber BILDER: © mevans / iStock.com; © almagami / Fotolia.com

Jede Menge Spannung

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Kompendium // 2016 // 039

Testing Solutions

Hat sich im Luftfahrtbereich der Be-griff des „More Electric Aircraft“ schon vor einigen Jahren etabliert, so voll-zieht sich eine ähnliche Entwicklung nun in der Automobilbranche – un-sere Fahrzeuge werden „elektrischer“. Neben der ganzen und teilweisen Elektrifizierung des Antriebsstrangs werden also auch in den nächsten Fahrzeuggenerationen immer mehr Verbraucher immer mehr Energie be-nötigen, zuverlässig und auf lange Nutzungsdauer ausgelegt. Um dies sicherzustellen, sind leistungsstarke Test- und Simulationslösungen not-wendig.

oder Explosionen – zur Folge haben könnten. Neben den reinen Funktio-nen müssen Hersteller beziehungswei-se Zulieferer daher entwicklungsbe-gleitend auch eine Vielzahl möglicher Fehlerfälle testen.

Die MicroNova-Hardware-in-the-Loop(HiL)-Systeme bieten alle Kompo-nenten und Voraussetzungen, die für eine sichere Verifizierung aller Steuer-geräte im Batterieumfeld erforderlich sind: » Parametrierbare und echtzeit-

fähig steuerbare Zell-Emulatoren übernehmen die Leistungssimu-lation von Lithium-Ionen-Zellen. Mit den für jeden Anwendungsfall notwendigen Parametern lassen sich so Zellen jeglicher Art simulie-ren – ohne dass die Cell Controller einen Unterschied zur echten Zelle erkennen können.

» Netzteile und Shunt-Simulationen für die Darstellung des Gesamt-stroms und der Gesamtspannung einer Batterie oder eines Batterie-packs

» Aufbau- und Integrationskonzep-te zur sicheren und unfallfreien Simulation von Hochvoltbatterien im Labor

» Leistungsfähige Multiprozessor- und FPGA-Rechnerplattform zur Simulation von Batteriemodellen. So können sowohl aufwändige und in der Realität langsam ablaufende chemische Prozesse als auch sehr schnelle elektrische Verläufe zuver-lässig und sicher simuliert werden.

» Batteriemodelle, die das gesamte Spektrum von einfachen elektri-schen Nachbildungen bis hin zur vollständigen elektrochemischen Simulationen abdecken.

» Eine Vielzahl weiterer notwendi-ger HiL-Komponenten wie Failure Injection Unit, Breakout-Box, Feld-Busse oder I/O-Hardware, die sich bereits vielfach im harten Alltags-einsatz in diversen HiL-Projekten bewährt haben.

Um die optimale Leistung und eine lange Lebensdauer des Akkumulators gewährleisten zu können, kommen je nach Hersteller ein oder mehrere Steu-ergeräte und Regler pro Batterie mit dedizierten Aufgaben zum Einsatz: » Die Cell Controller erkennen und

regeln die Ladezustände der ein-zelnen Zellen im Paket. Hier findet das Cell Balancing statt. Beim pas-siven Balancing werden einzelne Zellen gezielt entladen, um eine höhere Ladung des Gesamtpakets erzielen zu können. Beim aktiven Balancing findet eine aktive Um-verteilung der Ladungen statt.

» Das BMS steuert die einzelnen Cell Controller und übernimmt die notwendige Kommunikation mit dem Rest des Systems. Es implementiert und realisiert die Lade- und Entlade-Strategie für die Gesamtbatterie.

» Ein Hochvoltmodul übernimmt die Messung des Gesamtstroms und der Gesamtspannung.

Ein Blick auf die umfassenden Auf-gaben dieses Reglersystems lässt es schon erahnen: Die nächste Genera-tion der Batteriesimulation ist in der Realität angekommen. Denn Test und Simulation sind unabdingbare Voraus-setzungen, um die Energieversorgung im Kraftfahrzeug optimal gestalten zu können – sowohl im Hinblick auf Zu-verlässigkeit und Leistungsfähigkeit als auch Langlebigkeit.

Die Vielzahl an immer komplexeren Regelalgorithmen für den Betrieb von Lithium-Ionen-Akkus macht den Ein-satz von durchdachten Testkonzepten notwendig. Dabei geht es nicht nur um die Verlängerung der Batterielebens-dauer. Vielmehr gilt es, Fehler in der Steuerung zu finden und zu beheben, die sicherheitskritische Reaktionen – im Extremfall beispielsweise Brände

HiL-Technologie zur

Batteriesimulation

Fazit

Lithium-Ionen-Akkus haben den hohen tech-

nologischen Reifegrad von herkömmlichen Blei-Säure-Batterien noch nicht erreicht. Trotzdem gelten sie aufgrund ihrer deutlich höheren Ener-gie- und Leistungsdichte der-zeit für mobile und stationäre Anwendungen als wegwei-send.

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040 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

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Bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen spielt

die Ladetechnologie eine entscheidende Rolle. Denn nur wenn die Kommunikation zwi-schen Fahrzeugbatterie und Ladesäule reibungslos funktio- niert, lässt sich das Fahrzeug später problemlos laden.

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Einmal vollmachen, bitte!Ladetechnologie für Elektroautos dank

NovaCarts HV-Ladeprüfstand

TEXT: Marc Schäfer, carts GmbH BILDER: © Stephan Zabel / iStock.com; © Sentavio / Fotolia.com

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Kompendium // 2016 // 041

Testing Solutions

Ob und wie schnell Elektrofahrzeu-ge den Sprung aus dem Nischen- in den Massenmarkt schaffen werden, hängt entscheidend von der Lade-infrastruktur und -technologie ab. Um beispielsweise die Ladezyklen weiter zu verkürzen oder neue Ladestationen und -boxen zu entwickeln, benötigen Hersteller von Automobilen und Lade- infrastruktur Testumgebungen, mit denen sie alle relevanten Kompo-nenten prüfen und validieren können – wie den Hochvolt-(HV)-Ladeprüf-stand von carts. Mit seiner Hardware-in-the-Loop-(HiL)-Technologie lassen sich neben den im Fahrzeug verwen-deten Steuergeräten auch Ladesäulen und -kabel testen.

Die Entwicklung der Ladetechnolo-gie für Elektrofahrzeuge stellt Auto- mobilhersteller und -zulieferer vor zahlreiche neue Herausforderungen, denn bislang konnten sie erst wenige Erfahrungen mit dem vergleichswei-se jungen Thema sammeln. Auch die gesetzlichen Vorgaben, Normen und Zertifizierungen sind noch nicht in den sprichwörtlichen Stein gemeißelt, sondern werden erst nach und nach verabschiedet.

Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass Probleme – etwa bei der Kommunikation zwischen Lade- säule und Elektrofahrzeug – teilweise erst vergleichsweise spät im Entwick-lungsprozess erkannt werden. Um solche Fehler so früh wie möglich er-kennen und beheben zu können, sind

umfassende Tests der Ladetechnologie inklusive Ladeinfrastruktur essenziell – nur so lassen sich die Entwicklungsauf-wände reduzieren und die Marktein-führung deutlich beschleunigen.

Der NovaCarts-Ladeprüfstand, den MicroNova-Partner carts in Zusam-menarbeit mit Scienlab electronic systems entwickelt hat, kann die Leistungsflüsse zwischen Energienetz, Infrastruktur, Ladegerät und Batterie realitätsnah nachbilden. Wie alle ande-ren NovaCarts-Systeme ist auch dieser Prüfstand modular aufgebaut, um ver-schiedene Testszenarien – insgesamt sind es 23 – abzudecken. Dies ermög-licht es beispielsweise, Ladesäulen von verschiedenen Herstellern mit einem echten oder simulierten Fahrzeug un-ter Laborbedingungen zu testen.

Gleichzeitig können Testingenieure alle an der Ladekommunikation be-teiligten Komponenten, sowie ihre Interaktion untereinander, bezie-hungsweise mit den übrigen Steuer-geräten überprüfen. Ob Ladesäule, -kabel, -geräte und -manager oder echte Fahrzeugbatterie: alle Kompo-nenten lassen sich individuell, parallel oder im Verbund testen. Durch diese holistische Herangehensweise können Hersteller folglich ganze Prozessketten bei einer hohen Testtiefe überprüfen und das reibungslose Zusammenspiel der einzelnen Bausteine frühzeitig gewährleisten.

Verschiedenste Testszenarien

Strom tanken in Deutschland:

Prinzipiell gibt es drei Möglich-keiten, um ein Elektroauto auf-zuladen: Das Laden über ein Ka-bel, der Austausch der Batterie oder induktives Laden. Derzeiti-ger Standard ist das Laden über Kabel, beispielsweise an einer Ladestation. In Deutschland gab es Mitte 2014 rund 4.800 öffent-lich zugängliche Ladestationen an 2.400 Standorten – so eine Erhebung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirt-schaft (BDEW). Bei rund 24.000 zugelassenen Elektroautos ent-spricht das einem Verhältnis von 5:1 – das heißt, pro Ladestation werden rund fünf Fahrzeuge ge-laden. Die meisten Ladepunkte stellen Wechselstrom zur Verfü-gung, der von einem Ladegerät im Auto in den von der Batterie benötigten Gleichstrom um-gewandelt wird. Derzeit kann allerdings noch nicht jeder Elek- troautobesitzer jede öffentliche Stromtankstelle benutzen, da unterschiedliche Steckersysteme verwendet werden. Erst ab 2017 wird in der EU der sogenannte „Typ-2-Stecker“ (auch nach sei-nem Hersteller „Mennekes-Ste-cker“ genannt) an öffentlichen Ladepunkten Pflicht. Modelle wie der Nissan Leaf, der BMW i3 oder das Tesla Model S sind bereits mit dem siebenpoligen Stecker ausgestattet. Andere Modelle setzen hingegen auf den amerikanischen Standard „Typ-1-Stecker“ oder den japani-schen CHAdeMO-Standard (kurz für CHArge de MOve).

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042 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Der Ladeprüfstand von carts besteht aus zwei einzelnen Hardware-in-the-Loop-Systemen (siehe Abb. S. 043): einem Onboard-HiL zum Test der Steuergeräte im Fahrzeug sowie einem Offboard-HiL für die Ladeinfrastruktur. Dieser Aufbau ermöglicht es, sowohl die im Fahrzeug verbauten Kompo-nenten (onboard) als auch externe Prüflinge (offboard) parallel zu testen. Je nach Anwendungsfall ahmen die Scienlab-Emulatoren dabei verschie-dene AC-/DC-Quellen oder -Senken nach – so lassen sich unterschied- liche Versorgungsnetze, Zwischenkrei-se oder Batterien emulieren. Eine Hoch-volt-Connection-Unit (HVCU) sorgt dafür, dass die für das jeweilige Test-szenario benötigte Leistung an die entsprechende Stelle geleitet wird.

Auch eine Kopplung der beiden HiL-Systeme ist möglich. Dank des modularen Aufbaus des NovaCarts-Prüfstands betragen die Umrüstzeiten dabei lediglich wenige Minuten.

Das Offboard-HiL-System ermög-licht den Test von Ladesäulen und Ladekabeln sowohl mit Wechselstrom als auch mit Gleichstrom. Dabei wird kontrolliert, ob die Prüflinge die ent-sprechenden Normen erfüllen und ob sie mit einem realen Fahrzeug funktio- nieren. Im Vordergrund steht die Lade-kommunikation, die eine I/O-Power- line Communication (PLC) von carts nachbildet. Mit dem I/O-Würfel lassen sich sowohl die Fahrzeug- als auch die Ladesäulenseite simulieren.

Die Umschaltung erfolgt bequem über die auf dem Bedien-PC instal-lierte carts-Software; sie steuert das gesamte HiL-System und ermöglicht neben dem manuellen auch einen automatisierten Betrieb. Letzteren realisiert carts mit Hilfe der Testauto-matisierung EXAM (kurz für: EXtended Automation Method). Um die Bedie-nung für den Anwender dabei so kom-fortabel wie möglich zu gestalten, hat carts automatisierte Szenarien entwi-ckelt, die den Prüfstand in den jeweils gewünschten Zustand versetzen. So können Tests rund um die Uhr durch-geführt werden – auf diese Weise zie-hen Anwender den größtmöglichen Nutzen aus ihren Investitionen.

Neben den Offboard-Tests ist das System in der Lage, noch einen weite-ren Bereich abzudecken: Im Onboard-Bereich liegt der Testschwerpunkt auf den im Fahrzeug verwendeten Steuergeräten. Mit dem HiL-System

lassen sich Fehler auf Steuergeräte-seite frühzeitig erkennen und dadurch schnell beheben – diese wären im Feld nur schwer und unter hohen Kosten zu reproduzieren. Wie der gesamte Prüfstand ist auch dieses HiL-System modular aufgebaut und jederzeit mit wenig Aufwand erweiterbar, um auch neuen Anforderungen gerecht zu wer-den. Ebenfalls gut für die Kostenbilanz: Steuergeräte, die nicht direkt in den Ladeprozess involviert sind, lassen sich problemlos über eine Rest-Bus-Simu-lation nachbilden.

Der NovaCarts HV-Ladeprüfstand ermöglicht im Bereich der Elektro-mobilität die Überprüfung aller an der Ladekommunikation beteiligten Komponenten. Durch das breite Ein-satzspektrum und die hohe Testtiefe eignet sich der Prüfstand als univer-selle Lösung, um Fehler von Lade-säulen oder Fahrzeugen während des Ladevorgangs schnell und effizient festzustellen. Das ermöglicht es, die Fehler bereits in einem frühen Stadium der Entwicklung zu beheben oder zu reproduzieren. Dank des modularen Aufbaus lässt sich der Prüfstand je-derzeit umrüsten und erweitern und damit optimal an die Anforderungen des jeweiligen Fahrzeugprojektes an-passen. Kurze Umrüstzeiten zwischen den verschiedenen Prüflingen sorgen für eine effiziente Nutzung des Prüf-standes mit kurzen Stillstandzeiten.

Off- und Onboard-HiL

Fazit

Gesamtaufbau des Prüfstands

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Kompendium // 2016 // 043

Testing Solutions

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Aufbau des NovaCarts-LadeprüfstandsDer Prüfstand besteht aus einem Offboard- sowie einem Onboard-HiL-System. Jedes der beiden Sys-

teme verfügt über einen eigenen Netzemulator sowie über eine Hochvolt-Connection-Unit. Das Onboard-HiL-System enthält darüber hinaus einen Batterie-Emulator, einen Hochvolt-Schrank für die zu testenden Steuergeräte, die über Hochvolt-Signale verfügen, sowie ein oder mehrere Hardware-in-the-Loop-Simula-toren für die restlichen Steuergeräte.

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044 // 2016 // Kompendium

Testing SolutionsTesting Solutions

Ob als Hochvolt-Akku für Antriebe oder Bordnetz-Batterie: Die Lithium-Ionen(LiIo)-Technologie hat sich längst in der Automobilindustrie etabliert und wird inzwischen sogar als Ersatz für die klassische Blei-Säure-Starter-batterie gehandelt. Die Gründe da-für sind vielfältig: Zum einen ist Blei ein starkes Gift, dessen Verwendung der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren stark eingeschränkt hat. Zum anderen besitzen LiIo-Akkumulatoren eine höhere Energiedichte, wiegen deutlich weniger und entladen sich bei Nichtgebrauch kaum.

Allerdings stellt die LiIo-Technologie gerade die Hersteller von Batterie-Management-Systemen (BMS) vor neue Herausforderungen: Im Gegen-satz zu Blei-Säure-Batterien benötigen LiIo-Akkus deutlich komplexere Lade-Algorithmen; denn die einzelnen Zel-len eines Verbundes sollen möglichst

intelligent angesteuert werden (siehe Kasten). Kommt der Akku zudem als Starterbatterie zum Einsatz, steigen die Anforderungen an das BMS zusätzlich: Für den Fahrzeugstart muss in diesem Fall eine deutlich größere Leistung in kurzer Zeit abgegeben werden. Das erfordert eine wesentlich höhere Dy-namik als andere Batterie-Anwendun-gen – eine Anforderung, die auch die Hardware-in-the-Loop(HiL)-Systeme erfüllen müssen, die bei der BMS-Ent-wicklung eingesetzt werden.

Um frühzeitig mit einem eigenen LiIo-Starterbatterie-System auf dem Markt präsent zu sein, suchte der Auto-mobilzulieferer Marquardt bereits An-fang 2013 nach einem HiL-Simulator, der die erforderliche Dynamik und Ge-nauigkeit für die Tests bieten konnte.

Gefordert: Hohe Dynamik

und Genauigkeit

Automobilzulieferer Marquardt setzt bei der Entwicklung

Schneller am Start

von Batterie-Management-Systemen für Lithium-Ionen-

Starterbatterien auf MicroNova-Lösungen.

TEXT: Klaus Neumann BILDER: © sstop / iStock.com; © Marquardt

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„Mit dem Batterie-Simu- lator von MicroNova sind wir in der Lage, den hohen Testanforderungen für un-sere BMS-Steuergräte ge-recht zu werden. Die hohe Dynamik und Präzision der Simulation, sowie die Möglichkeit, den Batterie-Simulator in unsere be-stehende Testumgebung integrieren zu können, garantieren uns und unseren Kunden beste Testqualität und Kosten- effizienz.“

- Günther Hohner,Software Validation,

Marquardt GmbH

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Kompendium // 2016 // 045

Testing Solutions

Warum sind Batterie-Management-Systeme erforderlich?

Wieder aufladbare Akkumu-latoren bestehen aus mehreren Einzelzellen, die entweder in Reihe oder parallel zusammen geschaltet werden. Aus dieser Zusammenschaltung ergibt sich die Notwendigkeit für Batterie-Management-Systeme (BMS): Sie sollen die fertigungsbedingten Unterschiede der Akkuzellen wie Kapazität und Leckströme erken-nen, überwachen und ausregeln. Die einfachste Form eines BMS ist ein Laderegler für wenige Zellen. Moderne Systeme verfü-gen jedoch oft über komplexe Steuerungen, die alle in Reihe geschalteten Akku-Zellen einzeln überwachen und Informationen über deren Zustand bereitstellen. Die Bestimmung und Ausbalan-cierung des Ladezustandes der einzelnen Zellen zählen dabei zu den größten Herausforderungen.

Ein guter Start ist nicht nur bei der Formel 1 entscheidend:

Für einen erfolgreichen Fahrzeug-start müssen Starterbatterien

innerhalb kürzester Zeit hohe Stromstärken

bereit stellen.

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Da herkömmliche Batterie-HiL-Simu-latoren dazu nicht in der Lage sind, wendete sich das Unternehmen an MicroNova und gab so den Anstoß für die Entwicklung eines innovativen, bis-lang auf dem Markt einzigartigen HiL-Simulators für LiIo-Starterbatterien.

Die Anforderungen, die Marquardt an das System stellte, waren hoch: Der HiL-Prüfstand sollte in der Lage sein, die Ladezustände der LiIo-Zellen nach einem präzisen Modell exakt zu simulieren. Auch das dynamische Ver-halten des Akkus sollte sich realitäts-nah abbilden lassen. Darüber hinaus wünschte sich Marquardt, dass der neue Starterbatterie-Simulator auch als Erweiterung für das im Unterneh-men bereits vorhandene MicroNova-HiL-System verwendet werden konnte. Das sollte sicherstellen, dass sich die existierende Basis-Hardware ebenso weiter nutzen ließ wie die existieren-den Testfälle.

Um die hohen Anforderungen von Marquardt zu erfüllen, entwickelte MicroNova ein neues, speziell für den Test von Batterie-Management-Sys-temen (BMS) für LiIo-Starterbatterien konzipiertes Produkt. Anstelle des üb-lichen, einfachen elektrischen Simula-tionsmodells auf Ersatzschaltbild-Basis kam bei dem HiL-System ein physika-lisch/elektrochemisches Zell- und Bat-teriesimulationsmodell des Fraunhofer IWES | Institutsteil Energiesystemtech-nik in Kassel zum Einsatz.

Das Highlight des Modells: Es arbei-tet mit einer Rechenschrittweite von 100 Mikrosekunden – also zehnmal schneller als die Standard-Zellsimu-lation – und berechnet die aktuellen Batteriezustände mit einer bisher nicht erreichten Exaktheit. So lässt sich das elektrochemische Verhalten von LiIo-Zellen sehr genau nachbilden. Eine von MicroNova entwickelte Emulation mit einer Update-Rate von zehn Kilo-hertz sorgt zudem dafür, dass auch das dynamische Verhalten der Zellen beim Startvorgang erstmalig exakt nachge-bildet werden konnte.

Dank dieser hohen elektrischen Dy-namik und Genauigkeit können mit dem HiL-System verschiedenste Le-benszyklen und Zellaufbauten simu-liert werden – die Nachbildung verhält sich auch bei unterschiedlichen La-dezuständen und Temperaturen stets realitätsnah.

Auch bei den Einsatzmöglichkeiten zeichnet sich das neue HiL-System durch Flexibilität aus: Neben der Ent-wicklung von Batterie-Management-Systemen für Starterbatterien auf LiIo-Basis lässt es sich auch für Hoch-volt- und 48V-Boardnetz-Batterien nutzen.

Die Lösung: HiL-System

für LiIo-Starterbatterien

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046 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

Seit 2014 ist das erste LiIo-Starter-batterie-HiL-System bei der Marquardt GmbH im Einsatz. Der Batterie-Simu-lator wurde, wie von Marquardt ge-wünscht, erfolgreich als Erweiterung an das bestehende universelle Test-system von MicroNova angeschlossen. So konnten die bereits vorhandenen Basisfunktionalitäten optimal weiter verwendet werden. Die bestehenden Testfälle für den Test von Steuerge-räten ließen sich durch diesen Ansatz als Basis nutzen – mit entsprechenden Vorteilen für Marquardt in Bezug auf Kosten und Testqualität.

Mit dem innovativen HiL-System ist Marquardt in der Lage, die Lade-zustände von LiIo-Zellen exakt zu simulieren. Dank des präzisen, elek- trochemischen Modells und der kur-zen Rechenschrittweiten lassen sich komplexe chemische Prozesse ebenso nachbilden wie schnelle elektronische Spannungsverläufe. Das ermöglicht es dem Automobilzulieferer, die in die BMS integrierte Ladezustandsberech-nung zu verifizieren und die eigenen Systeme insgesamt noch besser und umfangreicher zu testen – für maxima-le Qualität.

Damit ist Marquardt mit dem MicroNova-System selbst für die ho-hen Testanforderungen bei der Ent-wicklung von Starterbatterien auf Lithium-Ionen-Basis bestens gerüstet. Etwas mehr als ein Jahr nach der Aus-lieferung ist der Automobilzulieferer nach wie vor rundum mit dem LiIo-Starterbatterie-HiL-System zufrieden – so zufrieden, dass seit kurzem ein wei-teres System im Marquardt-Stammsitz in Rietheim-Weilheim in Betrieb ist.

Das Ergebnis Fazit

Marquardt GmbH

Marquardt ist ein seit über 90 Jahren erfolgreiches, inter-nationales und unabhängiges Familienunternehmen. Der füh-rende Hersteller von elektrome-chanischen und elektronischen Schaltern und Schaltsystemen entwickelt und realisiert innova-tive Fahrberechtigungssysteme, Bedienfelder, Schalter und Bau-gruppen, um hochwertige und zuverlässige Automobile noch sicherer zu machen. Mit den Er-gebnissen hat Marquardt eine technologisch führende Position auf dem Weltmarkt erreicht. Die Produkte von Marquardt kom-men bei allen namhaften Her-stellern der Automobilindustrie zum Einsatz.

Marquardt zählt weltweit über 8.500 Mitarbeiter an 14 Stand-orten in zehn Ländern. Im Jahr 2015 lag der Jahresumsatz bei einer Milliarde Euro.

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Valerie Dempouo, Testingenieurin bei Marquardt, testet ein neues BMS-Steuergerät mit dem LiIo-Starterbatterie-HiL-

System von MicroNova.

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Kompendium // 2016 // 047

So unterschiedlich Trends wie „In-ternet of Things“, „Smart Home“, oder „Car-to-X-Kommunikation“* auf den ersten Blick klingen mögen, haben sie doch eines gemeinsam: die zu-nehmende Vernetzung in der Alltags-welt. Während es für uns fast schon selbstverständlich geworden ist, dass das Smartphone mit dem Auto oder Fernseher kommunizieren kann, sind auch immer mehr Alltagsgegenstände wie die Kaffeemaschine, die Heizung, der Kühlschrank oder der Stromzähler miteinander vernetzt.

Ermöglicht wird die Vernetzung un-ter anderem durch zusätzliche elek-tromechanische Regel-Systeme, die in die Geräte integriert werden. Erst umfangreiche Tests stellen sicher, dass diese zuverlässig im Zusammenspiel mit dem Gesamtsystem sowie mit an-deren Geräten funktionieren und die jeweiligen Sicherheitsanforderungen erfüllen.

Dass klassische Testmethoden dabei zunehmend an ihre Grenzen stoßen, zeigt auch ein Beispiel aus dem Be-reich der erneuerbaren Energien: So bestehen moderne Windenergiean-

lagen unter anderem aus mehreren Reglern und Steuergeräten, die über entsprechende Bus-Systeme mitein-ander verbunden sind – beispielsweise für die Blattverstellung (Pitch-Rege-lung), die Windausrichtung (Gier- und Azimut-Regelung) oder die Steuerung des Generators für die Netzeinspei-sung. Alle diese Teilsysteme müssen im Zusammenspiel geprüft werden; das ist nur durch eine sinnvolle Kom-bination von Software und Hardware sowie entsprechenden Prüf- und Si-mulationssystemen möglich.

Was haben diese Bereiche nun mit dem Testen im Automotive-Bereich gemeinsam? Mehr als man denkt. So unterscheidet sich etwa das „Windrad“ in technologischer Hinsicht gar nicht so sehr von einem Kraftfahrzeug. Zwar kommen in modernen Fahrzeugen deutlich mehr Steuergeräte zum Ein-satz, die Architektur ist hingegen ähn-lich. Auch die zunehmende Vernetzung ist für die Automobilindustrie nicht neu: Viele Steuergeräte, die früher nur für Einzelaufgaben wie das Mo-tormanagement zuständig waren, sind heute in einen vernetzten Verbund mit entsprechenden Funktionen integriert.

So sind beispielsweise Motorsteue-rung, Sensoren für die Abstandser-kennung, Brems- bzw. ESP-System etc. miteinander verbunden, um Fah-rerassistenzsysteme wie einen Ab-standstempomat zu ermöglichen.

Durch die kurzen Entwicklungs- zyklen in der Automobilindustrie und die hohen Anforderungen an die Sys-temsicherheit haben sich speziell hier Entwicklungs- und Testprozesse ent-wickelt, mit denen sich die vernetzten Funktionen in der entsprechenden Qualität innerhalb kürzester Zeit tes-ten lassen. Diese Testverfahren können erfahrene Anbieter dank ihrer Experti-se für andere Branchen adaptieren. So nutzen inzwischen beispielsweise Her-steller intelligenter Energiezähler die für die Automobilindustrie entwickelte Testautomatisierungslösung EXAM, um die steigenden Sicherheitsanfor-derungen ihrer Geräte zu erfüllen. Die verkürzten Entwicklungszeiten senken dabei die Kosten für den Hersteller. Darum bleibt festzuhalten: Der sprich-wörtliche Blick über den Tellerrand lohnt sich – auch im Bereich Testing!

* „Car-to-X-Kommunikation“ ist der Oberbegriff für verschiedene Kommunikationstechniken in der Automotive- und Verkehrs- technik; sie sollen dabei helfen, die Sicherheit im Straßenverkehr trotz steigender Mobilität und höherem Verkehrsaufkommen zu verbessern. Die Informationsübermittlung kann dabei direkt zwischen Fahrzeugen erfolgen (Car-to-Car-Kommunikation) oder über die am Straßenrand aufgebauten infrastrukturellen Komponenten (Car-to-Infrastructure-Kommunikation). So können Verkehrs- teilnehmer beispielsweise auf Beeinträchtigungen im Straßenverkehr wie Glatteis, Aquaplaning, Unfälle, Baustellen oder hohe Verkehrsdichte hingewiesen werden.

Ob Auto, Windrad, Stromzähler oder Kühlschrank: Die verwendete Elektronik wird immer komplexer und macht zunehmend professionelle Testlösungen erforderlich. Während die Automobilbranche bereits seit Langem erfolgreich auf modernste Testmethoden setzt, stehen andere Branchen beim Testen neuer, ver-netzter Geräte oder komplexer Anlagen noch am Anfang. Können sie dabei von den Testverfahren aus dem Automotive-Bereich profitieren?

Nachgefragt...

Markus Wiedholz, Testautomation, MicroNova AG

Testing Solutions

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048 // 2016 // Kompendium

Testing Solutions

EXAM in a nutshell, in nuce, oder ein-fach in Kürze: Für die Leser, die bisher noch keine oder nur wenige Berüh-rungspunkte mit der Testautomatisie-rungslösung hatten, erfolgt an dieser Stelle eine kurze Vorstellung. Zweck, Funktionsweise und Historie in weni-gen Worten.

EXAM ist eine Lösung samt Metho-dik zur grafischen Entwicklung von Testfällen im Bereich der Testautomati-sierung. Einsatzbereiche sind vor allem die Hardware-in-the-Loop(HiL)-Simu-lation und die Prüfstandautomation im Automotive-Bereich. Die Lösung ist beim Volkswagen Konzern heute weltweit das zentrale Testautomati-sierungs-Tool. Neben der Kernmarke VW PKW und Audi nutzen auch VW Nutzfahrzeuge, Seat, Skoda, Porsche und Bugatti das Produkt zur Testauto-matisierung für HiL-Simulatoren. Au-tomobilzulieferer wie ZF, Continental, Wabco und Hella setzen ebenfalls auf EXAM. Die Bereitstellung als Freeware ermöglicht den Austausch von Testfäl-len über Unternehmensgrenzen hin-weg, um trotz verteilter Entwicklung bei Zulieferern und Herstellern einheit-liche Vorgehensweisen und Ergebnisse zu gewährleisten.

Funktionsweise und Historie

TEXT: Christoph Menhorn BILD: © zentilia / Fotolia.com

EXAM in Kürze

Die Lösung beschreibt neben ihrer Grundfunk-tion als Testent-wicklungsumge-bung auch eine Methodik zur Darstellung, Durchführung und Auswertung von Testfällen mit einem entsprechenden Rollenmodel. Testfäl-le werden dabei in UML-Diagrammen formal beschrieben, auf diese Weise ist eine maschinelle Interpretation möglich – und die Überführung in lauffähige Testprogramme. Da durch die formale Beschreibung keine Ab-hängigkeit zum eigentlichen Testsys-tem besteht, lassen sich die Testfälle ganz oder teilweise austauschen und wiederverwenden. Die Erstellung der Testabläufe ist dank der hohen Anwenderfreundlichkeit auch ohne tiefergehende Programmierkenntnisse möglich.

Die erste voll funktionsfähige Version von EXAM kam im Jahr 2006 bei Audi sowie bei VW zum Einsatz. Zwei Jahre später eröffnete MicroNova eine Nie-derlassung in Wolfsburg, um die Ein-

führung im Volkswagen Kon-zern optimal unterstützen zu

können. Das Jahr 2009 bedeutete einen großen Schritt für EXAM: Micro-Nova übernahm auch die Distribution der Lösung, die zu diesem Zeitpunkt – bereits in Version 2.0 – weltweit im Volkswagen Konzern eingesetzt wird. Im gleichen Jahr begann MicroNova, Schulungen für die Nutzer von EXAM anzubieten, zudem ging die Websei-te www.exam-ta.de online; außerdem zeichnet MicroNova seitdem verant-wortlich für EXAM-Einführung und -Anpassungen bei Zulieferern sowie für die weitere Entwicklung von EXAM insgesamt. 2011 legt MicroNova Ver-sion 3.0 auf, in der unter anderem ein integriertes Debugging für eine noch effizientere Fehleranalyse eingeführt wird. Ein weiteres Highlight ist der „Teach & Replay“-Modus, mit dem Anwender Testfälle ohne Anbindung an externe Hardware entwickeln und so die Zeiten am HiL-System deutlich reduzieren können. Mit Version 4 er-folgte im Jahre 2015 ein Paradigmen-wechsel bei der Architektur – der welt-weite Einsatz ist dadurch mit deutlich gesteigerter Performance möglich.

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Kompendium // 2016 // 049

Testing Solutions

Version 4.0 von EXAM, die konzernweite

Lösung für die Test-automatisierung,

legt noch mehr Wert auf Stan-

dardisierung und unterstützt so das

Wachstum des Volks- wagen Konzerns. Denn zur

Einhaltung der Qualitätsverspre-chen an die Kunden ist es erfolgskri-tisch, größtmögliche Ansprüche an Testprozesse – standort-, marken- und modellübergreifend – zu stellen. Im Bereich der Hardware-in-the-Loop-Simulation (HiL-Simulation) spielt die Testautomatisierung daher eine ent-scheidende Rolle.

Eines der zentralen Ziele bei der Entwicklung von EXAM 4 war der VW-konzernweite performante Tool-Einsatz bei der Automatisierung von Steuergerätetests an HiL-Prüfständen. Die Ergebnisse dieser Tests führen am Ende des Entwicklungsprozesses zu Fahrzeugfunktions- und Steuer-gerätefreigaben im Bereich Elektrik/Elektronik (E/E). Weiterhin standen der stabile, zuverlässige und skalierbare Systembetrieb mit hoher Verfügbar-keit sowie ein schneller, kompetenter Systemsupport im Pflichtenheft. Von besonders großer Bedeutung in die-sem Kontext ist auch die Möglichkeit eines weltweiten Rollouts und damit globalen Einsatzes von EXAM, um alle relevanten Entwicklungsbereiche im Konzern zu unterstützen.

Wachstum und Standardisierung

TEXT: Jan Meister (Audi) BILD: © zentilia / Fotolia.com

Einsatz im VW Konzern

Der Autor:

Jan Meister kommt aus der Audi-IT und ist als Programm-leiter für die Weiterentwicklung und den Systembetrieb von EXAM im Volkswagen Konzern verantwortlich.

EXAM hat dabei nicht nur einen geogra-phisch-global steigenden Abdeckungsgrad: Auch die Zahl der Marken und Anwender im Volkswagen Konzern,die auf die Testauto-matisierung setzen, wächst seit vielen Jahren stetig. Um in Bezug auf die Markenvielfalt den Anspruch an Stan-dardisierung bestmöglich umzuset-zen, erfolgen der zentrale Betrieb und Support unter Ingolstädter Leitung, wobei die Audi-IT dabei die führende Rolle einnimmt und eng mit Micro- Nova zusammenarbeitet. Die Weiter-entwicklung des Systems erfolgt für alle VW-Marken und im Sinne eines gemeinsamen „Markeninteresses“.

Derzeit stehen neben der Kern- marke VW PKW auch Audi, Seat, Skoda, Porsche, VW Nutzfahrzeuge und Bugatti auf der Anwenderliste. Dementsprechend verwenden Test-ingenieure in Deutschland, Mexiko, Brasilien, England, Spanien, der Tsche-chischen Republik sowie in Brasilien und China EXAM. Weitere Standorte und Marken werden sich künftig eben-falls der Lösung bedienen. Insgesamt nutzen bereits über 650 Anwender im Volksagen Konzern die von Micro- Nova erstellte und distribuierte Testau-tomatisierung. Die Tendenz ist weiter steigend.

Als konzernweit genutzte Lösung unterstützt EXAM per se bereits den Gedanken eines standardisierten Konzepts der Testautomatisierung. Die Zielsetzung für die weitere Sys-tementwicklung – momentan ist der Rollout von zwei neuen Releases pro Kalenderjahr geplant – ist noch mehr Tiefe in der funktionalen Standardi-sierung. Darunter fallen zum Beispiel der Umgang mit Testspezifikation und Testergebnissen sowie die Anbindung von Prüfstands- oder Diagnose-Syste-men. Die Herausforderung ist es, die Vielzahl der angebundenen Prüf- und Messtechnik anderer Hersteller zu re-gulieren und Standards zu schaffen. Somit erfüllt die EXtended Automation Method auch künftig alle Vorausset-zungen, um das Wachstum des Ge-samtkonzerns bestmöglich zu beglei-ten und unterstützen.

Ausblick

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Testing Solutions

Steigende Nutzerzahlen und der Bedarf standortübergreifender Ver-fügbarkeit: Für die 4. Generation der Testautomatisierungslösung EXAM ergaben sich Herausforderungen, die den Einsatz einer neuen Systemarchi-tektur mit sich brachten. Die Über-schrift des Artikels „Change the Engine, not the Car!“ ist dabei das Äquivalent zum Paradigmenwechsel bei EXAM 4: Bis auf Kleinigkeiten blieb die be-währte Bedien- und Benutzungsphi-losophie bestehen, der komplett neue Kern der Applikation hingegen macht EXAM 4 zum bisher leistungsfähigsten Release und damit fit für die Anforde-rungen von immer mehr Anwendern rund um den Globus.

Die Architektur bis EXAM 3.x war für Arbeiten in internen lokalen Netzwer-ken (LANs) mit bis zu ca. 50 Anwen-dern pro Modell ausgelegt. Sowohl die Datenbank als auch der Code- Generator waren dabei in den Test-teams angesiedelt, was eine einfache Installation und Wartung voraussetzte. Dies wurde durch die bisherige Archi-tektur bestens unterstützt. Wie sich die Automobilwelt entwickelt hat, so haben sich auch die Anforderungen an die Testautomation gewandelt: Im Zuge der Globalisierung wird es für eine Lösung wie EXAM immer wichti-ger, den zunehmend internationalen Einsatz optimal zu gewährleisten – mit einer hohen Performance auf Her-steller- und Zuliefererseite; immerhin nutzen inzwischen 650 User im Volks-wagen Konzern die Lösung, insgesamt sind es über 1.000. Als Zielvorgabe für die Reaktionszeiten der neuen Version auf globaler Ebene wurde das hohe Niveau von EXAM 3 in lokalen Netzen festgelegt – eine große Herausfor-derung war zu meistern. Ein weiterer Punkt im Lastenheft war die Fähigkeit, auch wachsende Modellgrößen und

Anwenderzahlen mit besagter Perfor-mance bedienen zu können. Zudem galt es bei der Entwicklung, Anforde-rungen an die IT-Sicherheit zu berück-sichtigen, wie sie mit einem weltwei-ten Einsatz einhergehen. Im Folgenden werden die neue Architektur und die Änderungen genauer dargestellt.

Die vorherigen EXAM-Versionen ba-sieren, auf Grund der damaligen An-forderungen, auf einer 2-Tier-Architek-tur. Zugriffe des EXAM-Clients gehen dabei direkt auf die Datenbankmodel-le. Das führt dazu, dass je nach Aktion im Client zwischen zehn und über 100 Anfragen an die Datenbank abgesetzt werden. Dieses Vorgehen funktioniert im lokalen Netz sehr gut, wenn der Client sich nahe an der Datenbank befindet, da die Latenzzeit mit weni-gen Millisekunden (ms) gering ist. Bei Clients, die außerhalb des LANs oder von weiter entfernt auf die Datenbank zugreifen, können jedoch bereits in-nerhalb von Deutschland Latenzzeiten

Architekturwandel von

EXAM 3.x zu EXAM 4.x

Professionelles Tuning für EXAM: Beim letzten

„Werkstattaufenthalt“ stand für die Testautomatisierungslö-sung ein kompletter „Motor“-Wechsel an. Der Aufwand hat sich gelohnt, denn mit dem neuen Applikationskern ist EXAM jetzt noch leistungs- fähiger.

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Das beste EXAM aller Zeiten: EXAM 4

TEXT: Christoph Menhorn BILDER: © Photographee.eu, Daniel Coulmann / Fotolia.com

Change the engine, not the car!

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Testing Solutions

wie für den Export eines Exchange- Files zur Testausführung. Die Latenz-zeiten fallen damit nicht mehr ins Gewicht; ein effizientes, flüssiges Arbeiten ist so auch an weit entfernten Standorten möglich.

Die zweite Maßnahme betrifft das Datenmodell von EXAM 4. Hier haben die MicroNova-Entwickler das beste-hende generische UML-Modell in ein fachliches Datenmodell überführt. Das minimiert unter anderem die Aufruf-zahlen, die der Application-Server an die Datenbank stellt. Weitere positive Effekte sind eine geringere Daten-banklast und auch ein niedrigerer Speicherbedarf innerhalb der Daten-bank – damit profitieren nicht nur die Anwender, sondern auch die IT-Abtei-lungen, etwa durch niedrigere Kosten und Provisionierungsaufwände. Beide Maßnahmen tragen entscheidend dazu bei, dass global verteilt arbeiten-de User von EXAM von einer leistungs-starken Arbeitsumgebung profitieren.

außerhalb des lokalen Netzwerks bis-her nur remote mit virtuellem Desktop nutzen ließen. Ein weiterer Grund für die Vielzahl an Datenbankzugriffen war das generische UML-Modell, das die Basis für die EXAM-Modelle bilde-te. Damit einzelne EXAM-Objekte, wie das Sequenzdiagramm, vollständig angezeigt beziehungsweise geladen werden konnten, waren Abfragen aus vielen unterschiedlichen Tabellen not-wendig.

Für EXAM 4 hat MicroNova zwei signifikante Änderungen an der Archi- tektur vorgenommen, welche die Leis-tung auf ein neues Level heben. Die erste Maßnahme ist die Einführung einer 3-Tier-Architektur. Dieser Schritt optimiert die Zugriffe im Hinblick auf Anzahl und Größe; die Business-Logik und der Code-Generator werden da-mit über einen Application-Server zentralisiert. Hierdurch benötigt EXAM für jede Aktion auf der Client-Seite nur mehr einen einzigen Aufruf an den EXAM-Server. Das gilt für den Auf-klappvorgang im Package-Browser und für das Sequenzdiagramm ebenso

von über 30 ms auftreten. Dadurch dauern die Ausführungszeiten für Aktionen, die viele Datenbankzugrif-fe benötigen – wie zum Beispiel das Öffnen eines VariableMappings oder der Export einer TestSuite – erheblich länger. Zusätzlich verteilte die bishe-rige Lösung über einen gesonderten Messaging-Server jede Modellände-rung an alle Clients.

Ein konkretes Beispiel illustriert die Latenz-Problematik in weiter verteilten Netzen: 100 Aufrufe im LAN bringen in Summe circa 100 ms Latenz mit sich; im Weitverkehrsnetz (WAN) be-nötigt der gleiche Vorgang bei etwa 30 ms Latenzzeit bereits drei Sekun-den länger. Dies klingt im ersten Mo-ment nicht nach viel Zeit. Da der An-wender allerdings jedes Mal, wenn er beispielsweise im ModellBrowser ein Package öffnet, drei Sekunden warten muss, behindert diese Verzögerung in der Summe den Arbeitsfluss erheb-lich. Bei einer angenommenen Anzahl von 500 „Klicks“ beläuft sich die rei-ne Wartezeit auf 25 Minuten. Dieser Effekt führt dazu, dass sich Clients

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Wie auch bereits für EXAM 3 führt MicroNova für EXAM 4 die Distribu-tion fort. Das bedeutet für die über 350 Nutzer außerhalb des Volkswagen Konzerns, dass der komplette Funk-tionsumfang des besten EXAM aller Zeiten weiterhin kostenfrei auf der Webseite www.exam-ta.de zur Ver-fügung steht. Besonders wichtig ist dabei, dass auch in Zukunft die be-nötigte Infrastruktur-Software – etwa Datenbank und Application-Server – ohne Lizenzkosten angeboten werden kann. Aus diesem Grund unterstützt EXAM 4 neben Oracle auch MySQL- und PostgreSQL-Datenbanken. Für den Application-Server stehen als OpenSource-Lösung GlassFish und als kommerzielle Lösung IBM WebSphere zur Verfügung.

Grundsätzlich nimmt der Multiuser-Ansatz bei EXAM einen großen Stel-lenwert ein. Ziel ist es dabei, für einen großen Anwenderkreis ein gemein-sames Modell und einen zentralen Betrieb zu ermöglichen. Das ist aller-dings nicht für alle Anwendungsfälle und Kunden ein gewünschtes Szena-rio, da auch ein reines „Ausprobieren“ von EXAM dadurch aufwändig werden kann. Aus diesem Grund hatte Micro-Nova in der Vergangenheit bereits die Variante „EXAM Standalone“ erstellt; sie ermöglicht es, EXAM über ein

Setup mit allen Komponenten für ei-nen einzelnen Arbeitsplatz zu instal-lieren und einzurichten. Da sich diese Herangehensweise in der Vergangen-heit bewährt hat, wird das Konzept auch für EXAM 4 in naher Zukunft wieder zur Verfügung stehen.

Generell lautete das Ziel für EXAM 4, nur die Architektur beziehungsweise das Framework zu ändern. Die Usa-bility sollte möglichst gleich bleiben, damit die Anwender sich nicht auf eine neue Arbeitsweise oder Bedienung umstellen müssen. Dieses Ziel wurde erreicht; nur wenige kleinere Ände-rungen mussten auf Grund der neuen Architektur und des „fachlichen Daten-modells“ vorgenommen werden.

Die erste Änderung ist der Ersatz von Klassen und UseCaseDiagrammen. Mit der Einführung des fachlichen Daten-modells werden die zugehörigen UML-Elemente in der Datenbank in einem gemeinsamen Element abgebildet. Für die Darstellung von fachlichen Bezie-hungen, beispielsweise zwischen Test-Case und ParameterSet oder zwischen Interface und Implementierung, ste-hen in EXAM 4 RelationshipDiagram-me zur Verfügung. Sie ermöglichen es, diese Beziehungen jetzt noch besser darzustellen. So kann der Anwender

beispielsweise auf einen Blick in einem einzigen Diagramm UseCase-Bezie-hungen und Klassen-Beziehungen darstellen. Der Funktionsumfang der RelationshipDiagramme im Vergleich zu Klassen und UseCaseDiagrammen ist dabei komplett erhalten geblieben. Im Rahmen der Migration auf EXAM 4 werden die bestehenden Diagramme auf RelationshipDiagramme migriert.

Als Unterstützung für den Betrieb von EXAM hatte mit Release 3.0 die AdminPerspective Einzug gehalten; damit war eine zentrale Sicht aus dem Client für die Code-Generatoren bezie-hungsweise das Messaging möglich. In EXAM 4 erfolgt die Konfiguration nun auch für mehrere Modelle direkt am Application-Server, was die Admi-nistration in einer Multimodelumge-bung erleichtert. Für die Server-Kon-figuration wird ein Betriebshandbuch zur Verfügung gestellt, die Parameter werden mit Konfigurationstools des Application-Servers gesetzt. Um die Parametrierung zu vereinfachen, sind Skripte für den Server erhältlich, die eine weitere Bündelung und Optimie-rung gewährleisten. Um die IT-Sicher-heit von EXAM sicherzustellen, wurde mit diesem Schritt die Administration aus dem Client in die Server-Konfigu-ration verschoben. Damit ist eine Rol-lentrennung zwischen Anwender und IT-Betrieb sichergestellt.

Änderungen zwischen

EXAM 3.x und EXAM 4

Vor EXAM 4 wurden viele kleine Anfragen

vom Client gesendet, die jetzt mit der 3-Tier-Architektur optimiert und gebündelt vom EXAM-Application-Server verwaltet werden. Insbeson-dere die kurzen Ladezeiten für die EXAM-Objekte – auch über große Distanz zwischen Client und Server – sprechen für die 3-Tier-Architektur.

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EXAM 4 in der Distribution

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Testing Solutions

übertragen, der sich seit dem letzten Synchronisationsvorgang verändert hat. Diese Performance-Verbesserungen schaffen die Grundlage, für EXAM 4 feste Code-Sync-Ereignisse einzu-führen – beim Öffnen des Tools beziehungsweise vor dem Starten eines Testlaufs. Alternativ können Anwender den Code-Sync manuell anstoßen. Damit erfolgt die Synchronisation ausschließlich zu den definierten Zeitpunkten; das Messaging ist so nicht mehr erforderlich, unter dem Strich stehen weniger Datenverkehr und gezieltere Aufrufe für mehr Performance.

jedoch nicht zu inkonsistenten Da-tenmodellen. Auf dieser Grundlage wurde für EXAM 4 auf ein auto-matisiertes Update der Objekte im ModelBrowser verzichtet. Ein gezieltes Update von Modelbe-reichen steht über eine Refresh-Funktion zur Verfügung.

» Benachrichtigung über neuen Python Code: In EXAM 4 ist die Performance der Code-Synchronisation erheblich höher. Erreicht hat MicroNova das zum einen durch die Paketierung des Codes und dem Übermitteln des Increments seit dem letzten Code-Sync. So wird nur der Code

Den Export/Import-Mechanismus hat MicroNova komplett überarbeitet. Nun kommt statt eines XMI-UML-For-mats ein csv-Format zum Einsatz. Das erhöht die Performance der Schnitt-stelle um den Faktor 5 (Import) bis 50 (Export). Das neue Format ermög-licht einen nahezu direkten Export aus der Datenbank, was eine aufwändige Nachbearbeitung der Daten durch den Server überflüssig macht. Während des Importvorgangs sind Prüfungen und Re-Factoring-Maßnahmen durch-zuführen; hierbei übernimmt der Ser-ver einen Teil der Aufgaben. Wenn An-wender Daten des alten XMI-Formates im neuen Release benötigen, besteht die Option, eine Migration aus EXAM 3 durchzuführen – vor dem Hintergrund der gestiegenen Leistungsfähigkeit eine lohnenswerte Investition.

In EXAM 3 stellte ein Messaging-Server sicher, dass Änderungen am Datenmodell und damit einhergehen-de Codeänderungen an alle Anwender verteilt werden. Dieses Verfahren er-zeugt bei größeren Anwenderzahlen, wie sie nun mit EXAM 4 auftreten, ei-nen nicht unerheblichen, oft allerdings überflüssigen Netzwerkverkehr. Nach einer genauen Analyse der UseCases wurde für Release 4 daher folgendes Vorgehen festgelegt:

» Update des ModelBrowsers bei Änderungen: In den meisten Fällen werden Daten geändert, die aktuell kein anderer User im Browser geöffnet hat. Nur ein Anwender arbeitet in der Regel in seiner Unterstruktur/seinem Testprojekt, nicht mehrere gleichzeitig an der gleichen Klasse beziehungsweise am gleichen TestCase. Änderungen des Namens oder das Erzeugen von Objekten beeinträchtigen die Arbeit der anderen Anwender nicht. Wenn ein User Objekte verwendet, die im Datenmodell bereits gelöscht sind, kann das bearbeitete Objekt nicht mehr gespeichert werden. Dieser unwahrscheinliche Fall führt

Der ModelBrowser stellt die Struktur des EXAM-Models, der Bibliotheken und Testfälle dar und ermöglicht es dem Anwen-

der, neue Objekte anzulegen. Die aus EXAM 3.x bekannten Funktio-nen sind bis auf kleine Änderungen in EXAM 4 gleich geblieben.

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» Update von Constraint- Verletzungen im EXAM-Model: Eine zyklische Fehlerabfrage am Server stellt die Aktualisierung etwaiger Constraint-Verletzungen in EXAM 4 sicher. Damit diese Maßnahme nicht zu viel Netzwerk-verkehr erzeugt, hat MicroNova das Abfrageintervall auf ca. 60 Sekunden gesetzt. Zusätzlich wird das Intervall auf zehn Sekunden reduziert, so lange die Änderun-gen des Users noch nicht geprüft wurden. Das stellt sicher, dass der Anwender seine eigenen Cons-traint-Verletzungen innerhalb sehr kurzer Zeit angezeigt bekommt.

Diese Festlegungen gewährleisten in Summe, dass alle notwendigen Infor-mationen sehr schnell für den Anwen-der verfügbar sind.

Eine grundlegende Änderung erfolg-te auch bei der API für die Groovy-basierte Scripting-Schnittstelle von EXAM. Ziel der Umgestaltung war es, eine Schnittstelle mit dem nötigen Maß an Sicherheit zu schaffen, so dass die Erzeugung von Inkonsistenzen im Datenmodell verhindert wird. Auf die-se Weise wird die Stabilität des Sys-tems maximiert, damit die Anwender möglichst störungs- und unterbre-chungsfrei testen können. Dieses Ziel hat MicroNova mit EXAM 4 erreicht, indem das Scripting auf die Webser-vice-Schnittstelle des EXAM-Clients aufsetzt. Die Schnittstelle bietet den gleichen Funktionsumfang wie die Vorgängerversion, ist gleichzeitig al-lerdings weniger komplex und erleich-tert so die Erstellung der Skripte für den Anwender.

Um einen stabilen Server-Betrieb sicherzustellen und zudem zu jeder Zeit die Integrität der Modelldaten zu gewährleisten, lassen sich im neu-en Release nur noch Aktionen über

Skripte ausführen, die auch über die Client-Oberfläche zur Verfügung ste-hen. Für den Umstieg auf die dafür notwendige, neue fachliche EXAM-API ist allerdings eine Überarbeitung der EXAM-3.x-Skripte notwendig, bei der das MicroNova-Team gerne Unterstüt-zung anbietet.

Der Umstieg auf das fachliche Da-tenmodell von EXAM 4 hat schließlich eine Migration der UML-Modelle von EXAM 3 notwendig gemacht. Dazu kommt ein eigens für die Umstellung entwickeltes MigrationsTool zum Ein-satz, das sowohl eine Validierung der EXAM-3-Daten als auch die automa-tische Datentransformation in das EXAM-4-Modell durchführt. Manuel-le Anpassungen sind nur notwendig, wenn UML-Konstrukte im EXAM-3.x-Modell enthalten sind, die sich nicht in EXAM 4 abbilden lassen; in diesem Fall unterstützt das Team von MicroNova gerne bei der Migration.

Migration auf EXAM 4

Scripting mit EXAM 4

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Kompendium // 2016 // 055

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Mit EXAM 4 ist die Testautomati-sierungslösung mehr als fit für die Zukunft im globalen Einsatz und mit immer mehr Anwendern – es ist schlicht das beste EXAM aller Zeiten. Die getroffenen Maßnahmen tragen darüber hinaus auch den zugehörigen IT-Sicherheitsanforderungen Rech-nung. Damit ist EXAM weiterhin eines der mächtigsten Systeme zur Tester-stellung im Hardware-in-the-Loop- Umfeld mit derzeit über 1.000 zufrie-denen Anwendern im Volkswagen Konzern sowie bei vielen Zulieferern.

Fazit

Der Anwender kann genau festlegen, auf welche Objekttypen („Entities“) ein GroovyScript anwendbar sein soll. So lässt sich

beispielsweise bestimmen, dass ein Script zur Analyse von Testfäl-len oder Testfallstatistiken tatsächlich nur mit Testcases verwendet werden kann.

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Testing Solutions

WABCO ist ein weltweit führender Zulieferer von

Technologien und Steuer-systemen für Nutzfahrzeuge. Das Unternehmen entwickelt unter anderem elektronische, mechanische und mechatroni-sche Technologien für Brems-, Stabilitäts- und automatisierte

Antriebssysteme für Lkw-, Anhänger- und Busher-

steller weltweit.

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Modellbasiert, standardisiert

TEXT: WABCO (Dr. Oliver Schütte, Thomas Wolf, Fatih Bahadir) BILDER: © Yuri Bizgaimer, Cla78 / Fotolia.com

Automatisiertes Testen bei WABCO

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Testing Solutions

Eine hohe Testtiefe spielt speziell bei einem Entwickler von Fahrzeug- sicherheitssystemen wie WABCO eine entscheidende Rolle. Mit Blick auf die hohe Variantenvielfalt in der LKW-Branche lässt sich diese Testtiefe nur mittels Testautomatisierung (TA) ef-fizient erreichen und beherrschen. Abteilungsübergreifendes Sharing von Testbibliotheken und die Wie-derverwendung von Testfällen über Produktgruppen und -generationen hinaus sind wichtige Faktoren für den Einsatz eines TA-Tools. Reproduzier-barkeit von Tests und Anknüpfung an die Testmanagement-Software sind allgemeine Prozessanforderungen. Eine übersichtliche, nachvollziehba-re Testformulierung beziehungsweise -programmierung, ein Bibliothekskon-zept für wiederkehrende Standard-funktionen sowie ausreichend Doku-mentation und Trainingsbeispiele sind Erfolgsfaktoren für eine hohe Akzep-tanz bei den Testern.

Im Jahr 2010 stand WABCO vor der Entscheidung, das bisher genutzte, eigene Python-Testautomatisierungs-tool weiter intern auszubauen oder auf eine externe Software umzustellen, die die zuvor genannten Kriterien erfüllt. Im Zuge einer Marktanalyse erwies sich EXAM als die vielversprechendste Alternative. Wichtiges Kriterium war dessen Python-Basis. Sie ermöglichte es WABCO, sowohl spezifische Funk-tionen der eigenen TA-Software (SW) in die EXAM-Welt als auch die komfor-table, modulare Definition von Testse-quenzen zu übernehmen, wie sie bei-spielsweise bei komplexen Systemtests und Fahrmanövern benötigt wird.

Anfängliche Bedenken hinsicht-lich der Nutzerakzeptanz der UML/Python-Elemente wurden schnell ausgeräumt, unter anderem dank der zahlreichen Selbststudienunterlagen und der grundsätzlich bekannten Eclipse-Oberfläche, die parallel in der

Testautomatisierung:

EXAM ist beim Volkswagen Konzern das zentrale Tool im Bereich Testautomatisierung. Der konzernweite Einsatz ist jedoch nur ein Teil der Erfolgsgeschich-te der EXtended Automation Method: Erst die Nutzung bei den Zulieferern vervollständigt das Bild. WABCO – 2014 mit 2,9 Mrd. US-Dollar Umsatz, über 11.000 Mitarbeitern und 21 Fer-tigungsstandorten – setzt bereits seit Ende 2011 auf EXAM.

Passende Lösung,

schneller Einsatz

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058 // 2016 // Kompendium

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SW-Entwicklung genutzt wird. Unter-stützt vom MicroNova-Support wur-den die wesentlichen EXAM-Bibliothe-ken im Rahmen zweier Pilotprojekte für die WABCO-Anwendung angepasst beziehungsweise neu erstellt. Ge-schaffen wurden Funktionen für Mess- technikzugriff, Diagnosefunktionalität, Parametrierung von Steuergeräten und Simulink-Fahrzeug- und System- modellen auf dem Echtzeitrechner.

Aktuell hat sich EXAM bei WABCO als zentrales Werkzeug für Testauto-matisierung der SW- und Systemtests bei den meisten Produktgruppen etabliert. Die schnelle Einarbeitung und die große Flexibilität der EXAM-Struktur erwiesen sich dabei allerdings zunächst eher als unerwartet hinder-lich: Unterschiedliche Teams schufen schnell Lösungen, die zwar projektspe-zifisch ideal, nicht aber für eine abtei-lungsübergreifende Nutzung geeignet waren. Zwecks Standardisierung und allgemeiner Wiederverwendbarkeit wurden daher WABCO-spezifische EXAM-Guidelines erarbeitet und mit konkreten praktischen Beispielen hin-terlegt. Aktuell gibt es bei WABCO 110 EXAM-Nutzer.

Die modulare, schichtenorientierte Struktur einer EXAM-Datenbank wird bei WABCO von drei wesentlichen Rol-len genutzt bzw. organisiert. Ein klei-nes, dezentrales Team von Experten verwaltet die EXAM-Standardbiblio-theken, die für ganz WABCO bereit-gestellt werden. Dazu gehören zum Beispiel Python-Funktionen für die Schnittstellen externer SW-Werkzeuge zur Unterstützung spezieller Messtech-nik-Protokolle sowie zur Synchronisati-on von Testfällen und Testergebnissen mit der Testmanagement(TM)-Soft-ware. Die Experten erstellen ferner Standardvorlagen für eine EXAM-Pro-jektstruktur und für Testreporte. Sie führen auch Inspektionen von EXAM-Projekten durch.

Für jede Produktgruppe wurde ein sogenannter PowerUser etabliert, der die Verantwortung für die produktspe-zifischen EXAM-Bibliotheken trägt. Für ein Luftfedersystem sind dieses beispielsweise Sequenzen zum He-ben und Senken eines Fahrzeugs; bei Bremssystemen unter anderem Manö-ver, die die ABS-Regelung aktivieren bei Variation von Geschwindigkeit, Bremspedalweg und Reibwert Rad/Straße. PowerUser bilden die Schnitt-stelle zwischen Testern und Experten: Von ihnen werden komplexe produkt- und prüfstandspezifische Sequenzen umgesetzt. Anforderungen der Tester zu neuen allgemeinen Standardfunk-tionen werden an die EXAM-Experten weitergeleitet, Anforderungen an neue Manöver oder Systemfunktionen wer-den mit den Simulations- und HiL- Experten koordiniert.

Die PowerUser sind dafür verant-wortlich, dass Testsequenzen modular im Rahmen der Standards und – so weit möglich – derart wiederverwend-bar erstellt werden, dass sie auch auf anderen Zielsystemen einsetzbar sind. Ein wichtiger Anwendungsfall ist die

Erstellung von SW-Tests in einer Soft-ware-in-the-Loop-(SiL)-Umgebung und die spätere Wiederverwendung als HiL-Tests. Auch wenn SW-Kompo-nenten zwischen Steuergeräten ver-schoben werden, muss der Aufwand für die Anpassung der HiL-Tests mi-nimal bleiben. Vielfach werden Tests auf einem Cluster von HiL-Systemen durchgeführt, die nicht identisch sind. Hier müssen die Tests einerseits fle-xibel nutzbar sein; andererseits muss klar dokumentiert werden, welcher Test wann und wo stattgefunden hat.

Die Tester als dritte Gruppe ver-wenden für die Erstellung neuer Tests und Testsequenzen im TM-Werkzeug ein standardisiertes Format. Vor- und Nachbedingungen eines Testschritts, das erwartete Testergebnis sowie der eigentliche Testablauf und die zu va-riierenden Parameter werden darin einheitlich beschrieben. Bei der Um-setzung des Testablaufs können sich die Tester weitestgehend auf dessen Formulierung konzentrieren. Allge-meine und projektspezifische Routi-nen zur Initialisierung eines Prüfstands und des zu testenden Geräts oder Systems sowie zum Reporting werden von Experten und PowerUsern bereit-gestellt. Angestrebt wird hier ein Ideal- zustand wie im WABCO-Fahrversuch, sodass der Prüfstand wie ein Fahrzeug „schlüsselfertig“ an den Tester überge-ben wird.

Auf diese Weise wurde ein vollstän-diger Prozess entwickelt, der mit der Testspezifikation im TM-Werkzeug beginnt und mit der Ablage des Test-reports und der Synchronisation der Passed/Failed-Informationen mit dem TM-Werkzeug endet. Durch eine klare Aufgabenteilung wird der Tester wäh-rend der Testimplementierung durch

Drei User-Rollen

Klare Rollenverteilung führt

zu überzeugendem Prozess

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Experten und PowerUser von adminis-trativen Aufgaben wie der Erstellung und Verwaltung von AdminCases, Ad-minSuites und SystemConfigurations in EXAM befreit. Der Arbeitsprozess wird deutlich beschleunigt.

Der Prozess stellt eine vereinheit- lichte EXAM-Modellstruktur für Test-Sequences, TestCases, ParameterClas-ses und ParameterSets zur Verfügung. Erzielt werden dadurch ein einheitli-ches Testdesign, eine standardisierte verständliche Testdokumentation so-wie homogene Testberichte. Lesbar-keit und Verständnis von Testsequen-zen werden verbessert. PowerUser und Experten können deutlich einfacher bei Optimierung oder Fehlersuche un-terstützen.

Sind die Tests in einem Projekt weitestgehend abgeschlossen, er-lauben die einheitliche Struktur von Testsequenzen und die Nutzung von Standardbibliotheken eine schnel-le Adaption an andere Testsysteme, Produktvarianten und -generationen. Auch die Tester können sich auf die-se Weise schneller in neue Projekte und Produkte einarbeiten. Ihr Einsatz-umfeld wird vielfältiger und ist nicht mehr auf wenige Produkte beschränkt. Durch diese Standardisierung des Testwerkzeugs können Kapazitäten zwischen den einzelnen Teams des WABCO-Testcenters deutlich flexibler eingesetzt werden als zuvor. Die Test-tiefe der getesteten Systeme konnte deutlich erhöht werden.

Die Autoren:

Dr. Oliver Schütte ist Leiter des Competence Centers Mea-surement & Testing Services. Dieses ist firmenweit für die Konzeption und den Aufbau von HiL-Prüfständen sowie für die Standardisierung der Testauto-matisierung zuständig.

Thomas Wolf hat als ehema-liger Leiter des Teams Automa-ted Testing den automatisierten Testbetrieb im Bereich Fahrer- assistenz- und -regelsysteme aufgebaut und zahlreiche HiL-Prüfstände konzipiert und be-trieben. Er hat EXAM als Tool bei WABCO eingeführt und die ers-ten Pilotprojekte betreut.

Fatih Bahadir ist Experte für automatisiertes Testen im Be-reich Bremssysteme. Er betreut die EXAM-Nutzer dieser Abtei-lung und ist gleichzeitig Mitglied des dezentralen Teams, das sich firmenweit um die Pflege und Erweiterung der EXAM-Biblio-theken kümmert.

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Redaktion:Regina Schwarzenböck, Stefan Karl

Gestaltung:Christoph Buchner

Druck:Offsetdruckerei Gebr. Betz GmbH, Weichs

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