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IT Mathe 2 / Numerik Def. / Zahlen / Methoden Blankenbach / SS2013 / 23.06.2013 1 Numerik 2. Sem. Prof. Dr. Karlheinz Blankenbach Hochschule Pforzheim, Tiefenbronner Str. 65 75175 Pforzheim Überblick / Anwendungen / Motivation: Die Numerik beschäftigt sich mit der „nicht -mathematischen“ Lösung mittels Computer von Gleichungen, Nullstellen, Integralen etc. Hierbei können Aufgaben gelöst werden, die „klassisch“ nicht lösbar sind oder die Lösung zu aufwändig ist. Wichtig ist hierbei, dass die Numerik „fehlerbehaftet“ ist und somit Ergebnisse geprüft werden müssen. Beispiel aus der Medizin (Quelle: PTB) Die Elektrokardiografie (EKG) ist eines der am häufigsten eingesetzten Messverfahren im klinischen Alltag. Um die diagnostische Aussagekraft von EKG-Signalen zu verbessern, ist es notwendig, den Zusammenhang zwischen der Quelle dieser Signale, also der elektrischen Erregungsausbreitung im Herzmuskel, und den an der Körperoberfläche gemessenen EKG-Signalen genauer zu analysieren. Die dafür benötigte Rechenzeit ging bisher über Tage. Das numerische Herzmodell, das gegenwärtig in der PTB entwickelt wird, arbeitet inzwischen so schnell, dass Parametervariationen innerhalb von einigen Stunden durchgeführt werden können. Zum selber ausprobieren: jede Programmiersprache, MS EXCEL, MATLAB, Empfohlene Literatur (als Ergänzung zum Skript, welches für Klausur ausreichend ist) : - Knorrenschild: Numerische Mathematik: Eine beispielorientierte Einführung, FV Leipzig - Herzberger: Übungsbuch zur Numerischen Mathematik, Vieweg - Prof. Dietz: Skript Numerik, HS Pforzheim (auch Quelle für einige Beispiele) - Für mathematische Grundlagen: Papula : Mathematik für Ing. und NW, Vieweg

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Mathe 2 / Numerik – Def. / Zahlen / Methoden

Blankenbach / SS2013 / 23.06.2013 1

Numerik 2. Sem.

Prof. Dr. Karlheinz Blankenbach

Hochschule Pforzheim, Tiefenbronner Str. 65

75175 Pforzheim

Überblick / Anwendungen / Motivation:

Die Numerik beschäftigt sich mit der „nicht-mathematischen“ Lösung mittels Computer von

Gleichungen, Nullstellen, Integralen etc. Hierbei können Aufgaben gelöst werden, die

„klassisch“ nicht lösbar sind oder die Lösung zu aufwändig ist. Wichtig ist hierbei, dass die

Numerik „fehlerbehaftet“ ist und somit Ergebnisse geprüft werden müssen.

Beispiel aus der Medizin (Quelle: PTB)

Die Elektrokardiografie (EKG) ist eines

der am häufigsten eingesetzten

Messverfahren im klinischen Alltag. Um

die diagnostische Aussagekraft von

EKG-Signalen zu verbessern, ist es

notwendig, den Zusammenhang

zwischen der Quelle dieser Signale, also

der elektrischen Erregungsausbreitung

im Herzmuskel, und den an der Körperoberfläche gemessenen EKG-Signalen genauer zu

analysieren. Die dafür benötigte Rechenzeit ging bisher über Tage. Das numerische

Herzmodell, das gegenwärtig in der PTB entwickelt wird, arbeitet inzwischen so schnell, dass

Parametervariationen innerhalb von einigen Stunden durchgeführt werden können.

Zum selber ausprobieren: jede Programmiersprache, MS EXCEL, MATLAB, …

Empfohlene Literatur (als Ergänzung zum Skript, welches für Klausur ausreichend ist):

- Knorrenschild: Numerische Mathematik: Eine beispielorientierte Einführung, FV Leipzig

- Herzberger: Übungsbuch zur Numerischen Mathematik, Vieweg

- Prof. Dietz: Skript Numerik, HS Pforzheim (auch Quelle für einige Beispiele)

- Für mathematische Grundlagen: Papula : Mathematik für Ing. und NW, Vieweg

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Blankenbach / SS2013 / 23.06.2013 2

Faires-Burden: Das erste Ziel bei numerischen Verfahren ist es, eine Approximation für die

Lösung eines Problems zu finden.

Numerik - When Things Go Wrong ….

Beispiele

INTEL PENTIUM mit

„Rechenfehler“

Pentium-FDIV-Bug (Quelle: Wikipedia)

FDIV-Bug bezeichnet einen Hardwarefehler des Pentium-

Prozessors von Intel. Der Fehler wurde im November 1994

anderthalb Jahre nach der Markteinführung bekannt und sorgt bei

Gleitkomma-Divisionen mit bestimmten Werten für falsche

Ergebnisse. Kein anderer Fehler in einem CPU-Design hatte

jemals zuvor für so viel Wirbel und Aufregung bei Anwendern und

Fachleuten gesorgt.

Die Bezeichnung FDIV-Bug leitet sich vom Namen eines häufig

verwendeten Gleitkommabefehls bei x86-Prozessoren ab. Der

Fehler betrifft aber keineswegs ausschließlich den Befehl FDIV, wie

man vermuten könnte. Vielmehr sind alle Befehle betroffen, die die

fehlerhafte Divisionseinheit benutzen.

Gleitkomma-Zahlen: siehe nachfolgend im Skript

MS EXCEL mit

„Genauigkeitsfehler“

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Nicht immer ist die

Numerik schuld:

Satellitenabsturz

durch

unterschiedliche

physikalische

Einheiten

The Mars Climate Orbiter was a 338 kilogram (750 lb) robotic

space probe launched by NASA on December 11, 1998 to study

the Martian climate, atmosphere, surface changes and to act as the

communications relay in the Mars Surveyor '98 program, for Mars

Polar Lander. However, on September 23, 1999, communication

with the spacecraft was lost as the spacecraft went into orbital

insertion, due to ground based computer software which produced

output in non-SI units of pound-seconds (lbf×s) instead of the

metric units of newton-seconds (N×s) specified in the contract

between NASA and Lockheed. The spacecraft encountered Mars

at an improperly low altitude, causing it to incorrectly enter the

upper atmosphere and disintegrate. Quelle Wikipedia

Faustregeln für die Numerik:

Immer alle Teilschritte und Ergebnisse „kritisch“ beurteilen, mit Werten „spielen“

(Monte Carlo Simulation), Fehlerrechnung durchführen, …

Für komplexe Aufgaben „professionelle“ Programme (mit „geprüften“ Algorithmen)

verwenden wie MATLAB, NAG-Bibliothek etc. Falls eigene Implementierung, die

eigenen Ergebnisse mit solchen Programmen vergleichen.

Digitalisierungseffekte in der Messtechnik beachten: Hier liegen Zeit- und Amplituden-

diskrete Werte vor und keine mathematischen Funktionen. Dies ist vergleichbar mit

FOR-Schleifen und EXCEL. Somit erfolgen Nullstellen-Suche, Differentiation und

Integration „anders“, nämlich diskret und nicht mittels Funktionen.

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Einführung

Aufgabe der Numerik

Lösen von Aufgabenstellungen, die „zu Fuß“ nicht oder nur mit unverhältnismäßig

hohem Aufwand lösbar wären.

Rechenverfahren in der digitalen Signalverarbeiten (hier liegen nur diskrete Werte und

keine mathematischen Funktionen vor)

Probleme der Numerik

Alle Zahlen werden digital repräsentiert, die Anzahl der Binärstellen ist begrenzt (also

endlich viele Möglichkeiten für unendlich viele reelle Zahlen). Somit können

beispielsweise rationale (z.B. 2/3) und irrationalen Zahlen (z.B. ) nur näherungsweise

dargestellt werden. Das führt zu Rundungsfehlern bis hin zur „Auslöschung“ (z.B.

Subtraktion zweier nah beieinander liegender gebrochener Zahlen kann Null wg.

Rundungsfehlern ergeben)

Das Ergebnis einer numerischen Rechnung kann sehr stark vom verwendeten

Algorithmus abhängen. Eine „kritische“ Betrachtung aller Ergebnisse ist somit

notwendig.

Einordnung der Numerik

Numerische Methoden sind nur ein Teilgebiet der Lösung einer technischen Aufgabenstellung.

Beispiel: Freier Fall mit gx , gesucht: Zeit, die für 44,15 m freier Fall benötigt wird.

Aus der Physik:

s = ½ g t² t = sqr(2s/g) = 3,00 s (gerundet, Rechner zeigt mehr Nachkommastellen)

Wo liegen nun die Fehlerquellen?

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Blankenbach / SS2013 / 23.06.2013 5

keine Reibung,

g nicht konstant

g ist Näherung

Fehler beim

Wurzelalgorithmus

Abschneiden von

Nachkommastellen

… ist anzugeben.

Quelle: Bollhöfer: Numerik

Diese Vorlesung: Numerik mit Fokus auf praxisnahen Methoden und Lösungsverfahren.

Beispiel: „numerisches Wurzelziehen“

Iterationsformel:

mit i als Iterationsindex, Z: Zahl, aus der die Wurzel gezogen werden soll; xi ist zu Beginn der

Startwert, z.B. 2.

Der Startwert muss immer kleiner als das Ergebnis der Wurzel sein.

Startwertalsxmit

x

ZahlxWurzel

2

22

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Beispiel für Numerik-Fehler

Gesucht ist der Funktionswert für „0“, d.h. f(0)

Hier: MS EXCEL, liefert ähnlich wie Programmiersprachen bei „0“ offensichtlich falsche

Ergebnisse, lt. „Mathe“: f(0) = 0,5

Je näher man an „0“ herankommt, desto „falscher“ wird der berechnete Funktionswert:

z.B. f(10-10) = 827 !

Der exakte mathematische Funktionswert bei 0 ist 0,5 !

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Einschub zur Wiederholung: Allgemeines zu Reihen

Anwendungen:

Darstellung von Funktionen mit Reihen Numerik

Oft „schnellere“ Programmausführung mit Reihenentwicklung im Vergleich zur Verwendung

der gegebenen mathematischen Funktion z.B. Sinus etc., welche der Compiler bereitstellt.

Berechnung von Funktionswerten auch wenn der Compiler diese Funktion nicht bereitstellt.

Integrierbarkeit von 'unlösbaren' Integralen, ebenso Differentiation

In der Technik sind viele Zusammenhänge als Reihen angenähert (oft auch, weil keine

exakte Formel existiert bzw. experimentell ermittelt)

Bsp: Hooke’sches Gesetz, T-abhängige Längenausdehnung bzw. elektrischer

Widerstand: X = Xo (1 + T)

Definition: a1 + a2 + a3 + ... + an + ... = an

n

1

(R - 1)

an : n-tes Reihenglied

Reihe ist - konvergent, wenn an

n

1

= S (Grenzwert S existiert, S < ) (R - 2)

- divergent: Grenzwert S existiert nicht an

n

1

=

Ideal: Unendliche Reihe

Reale Numerik: endliche Reihe an

n

N

1

= <sN> (R - 3)

Partialsumme

Vorgehensweise bei Reihen: 1) existiert S ?

2) wenn ja (konvergent), bestimme S bzw. <sN>

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Reihendefinitionen:

- geometrisch : an = a qn-1

- alternierend : a1 - a2 + a3 - …

- Potenzreihe : a0 + a1x + a2x² + … (Polynom)

- arithmetisch : an = a + (n-1) d

- harmonisch : an = 1/n

Geometrische Reihen

Def.: 1n

1n

qa

= a + aq + aq² + aq³ + .... (R - 4)

Konvergenzbed.: |q| < 1

Summe: q1

aS

für |q| < 1 (R - 5)

Bsp: ...4

1

2

11

2

1

2

1

1n

1n

1n

→ q = 1/2 also konvergent, a = 1

→ 2

2

11

1S

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Alternierende Reihen

Def.:

1n

n

1na1 = a1 - a2 + a3 - a4 + .... (R - 6)

Leibnitz - Konvergenzkriterium:

1) an > an+1 (R - 7)

2) 0alim nn

alternierende Reihe konvergent, wenn beide Bed. erfüllt

Bsp: ...3

1

2

11

n

11

1n

1n

an = 1/n

Leibnitz: 1) 1 1

1n n

2) limn n

1

0 → Reihe ist konvergent

Potenzreihen

Def.:

0n

n

n xa = ao + a1x + a2x2 + a3x

3 + .... (R - 8)

mit an R

Potenzreihe = Polynom

Konvergenzradius 1n

n

n a

alimr

(R - 9)

- konvergent : |x| < r

- divergent : |x| > r

- keine Aussage : |x| = r

Bsp: ...2

x

1

x1

!n

x 2

0n

n

)1n(lim!n

)!1n(lim

a

alimr

nn1n

n

n

→ Reihe konvergent für alle x R (Fakultät > Potenz)

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Blankenbach / SS2013 / 23.06.2013 10

Potenzdarstellung von Funktionen

Eine konvergente Potenzreihe stellt eine reelle Zahl dar:

n

0n

n xa)x(fy

(R - 10)

somit gilt auch:

- Differential y f xd

dxa x n a xn

n

n

n

n

n' '( )

0 1

1

- Integral F x f x dx a x dx ax

nCn

n

n

n

n

n

( ) ( )

0 0

1

1

Bsp: ( )

x n

n 0

1 - x + x² - x³ + ...

mit a = 1, q = -x: geometrische Reihe

( )

xx

n

n 0

1

1 für |x|< 1

f(x) = 1 / (1+x) (Summe)

Diff. und Int. Mit obiger Reihendefinition und Summe

Diff: f’(x) = -1/(1+x)² = -1 + 2x - 3x² + ... = ( )

1 1

1

n n

n

n x

(so erhält man auch Summen von ‚neuen’ Reihen)

Int : f x dxdx

xx( ) ln( )

1

1 ‚zu Fuß unmöglich’ – aus Formelsammlung

C...3

³x

2

²xxdx)x(

0n

n

= ln(1+x) !

C aus ln 1 = 0 für x=0 C = 0

ln(1+x) x – x²/2 + x³/3 …

Anwendung: Numerik

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Beispiele von Potenzreihen (aus Papula Formelsammlung)

ACHTUNG: Konvergenz für sin bzw. cos: |x| < - dies gilt aber für große Zahlen nur für sehr

viele Reihenglieder. Hier muss unbedingt der Fehler der Reihenapproximation geprüft werden.

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MacLaurin - Reihe

Kann y = f(x) in eine konvergente Potenzreihe entwickelt werden,

so ist dies nur mit der ML - Reihe möglich:

0n

n)n(

nn

x!n

)0(fx

!n

)0(f...²x

!2

)0(''fx

!1

)0('f)0(f)x(f (R - 11)

Achtung: Entwicklung nur um x = 0 !

Beispiele: - lineare Näherung f(x) f(0) + f’(0) x

F = 0 + D x Hookesches Gesetz für Feder

R = Ro + Ro T aus Ro (1 + T)

V = Vo + Vo T aus Vo (1 + T)

- f(x) = ex

f(x) = f’(x) = f’’(x) = ……..= ex

f(0) = f’(0) = f’’(0) = ……..= e0 = 1

→ ex = 1 + x/1 ! + x²/2! + x³/3!

- y = x²

- f(0) = 0

- f’(x) = 2x ; f’(0) = 0

- f’’(x) = 2 ; f’’(0) = 2

- f’’’ und folgende: Null

→ f(x) = 0 + 0 + 2/2 x² + 0 + … = x²

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Taylor - Reihe

- allgemeiner Fall der MacLaurin - Reihe für x0 = 0

- Entwicklung um ‚beliebigen’ Wert x0 , der bekannt sein muß

- h ist Abstand von x0

0n

no

)n(no

n

oooo h

!n

)x(fh

!n

)x(f...²h

!2

)x(''fh

!1

)x('f)x(f)hx(f (R - 12)

Bsp: e1,4

e1 = 2,718 bekannt -> xo = 1, xo + h = 1,4 h = 0,4

f(1 + 0,4) = e1 + e1h + e1/2! h² + e1/3! h³ + ...

= e1 ( 1 + h + h²/2 + h³/6 + ... )

Vergleich von MacLaurin und Taylor – Reihe für f(x) = ex mit x = 2

Für Taylor : exo mit xo = 1 also e1 = 2,72 ‚bekannt’

Exakt: 7,389

n MacLaurin Taylor

0 e0 = 1,00 e1 = 2,72

1 3,00 5,44

2 5,00 6,80

3 6,33 7,25

4 7,00 7,36

5 7,27 7,38

Mit Taylor-Reihe kommt man ‚schneller’, d.h. für kleiner n, dem exakten Wert näher.

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Näherungspolynome (aus Papula Formelsammlung)

… liefern (nur) in der Nähe des Nullpunkte brauchbare Ergebnisse !

(Bsp: sinx = x und e-x = 1 - x geht für größere x, z.B. 2 ‚schief’)

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Zahlendarstellung

Es gibt zwei Arten:

Integer-Werte

„Zahlen mit Komma“

Integer-Werte

Nur ganze Zahlen, z.B. von 0 – 255 für 8 Bit können auftreten, ggf. mit Vorzeichen

Zahlenbereich: - 2(n-1) … + 2(n-1) – 1

Bsp: - 8-Bit: -128 … - 127 (ergibt diskrete 256 Werte)

Damit läßt sich aber in der Praxis kaum rechnen Komma-Zahlen

In der Praxis sind aber alle digitalen Messdatenerfassungen mit AD-Wandler Integerwerte.

Oszilloskope haben üblicherweise 8 Bit Vertikalauflösung, Multimeter ca. 22 Bit. Je höher die

Auflösung, desto langsamer ist typischerweise die AD-Wandlung.

Die Messdaten liegen dann Zeit- und Amplituden-diskret vor, es gibt also keine mathematische

Formel. Eine solche kann höchstens per Fit angenähert werden.

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Methoden der nicht ganzzahligen Zahlendarstellung

• Festkomma-Darstellung

• Gleitkomma-Darstellung

Festkomma

Feste Anzahl von Ziffern vor und nach dem Komma:

Vorzeichen | Vorkommateil | Nachkommateil

Beispiel für 16-Bit (2 Byte): 8 Bit für Vorzeichen und Vorkomma, 8 Bit für Nachkomma

Problem: kleiner Wertebereich

In der Praxis haben Festkomma-Prozessoren über die vergangen Jahre an Bedeutung

drastisch verloren, da Gleitkomma-Prozessoren praktisch dieselbe Rechengeschwindigkeit

erzielen.

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Numerisch-mathematische Methoden der Nullstellen-Suche

Es gibt drei äquivalente Aufgabenstellungen:

1. Nullstellenproblem: Suchen nach einer Nullstelle

Zu lösende mathematische Gleichung: f(x) = 0.

2. Schnittpunkt der Kurve f(x) mit der ersten Winkelhalbierenden

Zu lösende mathematische Gleichung: f(x) = x

Spezialfall von 3.

3. Schnittpunkt zweier Kurven f(x) und g(x)

Zu lösende mathematische Gleichung: f(x) = g(x) bzw. h(x) = f(x) – g(x) = 0.

Es kann eine Funktion eine Gerade oder Null sein, dann ergeben sich die Fälle 1 und 2.

Es existieren mehrere Verfahren zur Nullstellen-Suche:

- Bisektions-Verfahren (Intervall-Schachtelung) – nicht schnell, aber „einfach“

- Tangenten-Verfahren (Newton-Verfahren)

- …

Auswahlkriterien sind beispielsweise die Anzahl der Iterationsschritte bis eine gegebene

Genauigkeit erreicht wird, Rechenzeit, Implementierung (Programmierung), …

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Bisektions-Verfahren (Intervall-Schachtelung) – nicht das schnellste Verfahren, aber einfach

Methode / Idee:

- Im Intervall zwischen a0 und b0 liegt eine Nullstelle der stetigen Funktion f(x)

- f(a0) und f(b0) haben dann unterschiedliche Vorzeichen.

- Das Intervall wird in der Mitte geteilt, der zugehörige Teilungspunkt mit p1 bezeichnet.

- Je nach dem Vorzeichen von f(p1) ersetzt der Teilungspunkt dann die linke (a0) oder die

rechte (b0) Intervallgrenze.

- Man erhält ein Intervall der halben Größe, das nach wie vor die Nullstelle einschließt.

Der Algorithmus lautet wie folgt, die Werte trägt man bspw. In eine Tabelle ein:

1. Ausgangspunkt: Intervall [a0,b0] mit 0)()( 00 bfaf .

Hier ist i=0. Berechne f(a0), f(b0).

2. Berechne den Mittelpunkt des Intervalls:

2

baauch

2

abap:MP iiiii1i sowie f(ai), f(bi) und f(pi+1)

3. Fallunterscheidung für neue Intervallgrenze:

- Falls 0)p(f)a(f 1ii liegt die Nullstelle zwischen ai und pi+1.

Dann werden ai+1 = ai und bi+1 = pi+1 die neuen Intervallgrenzen

- Sonst: „umgekehrt“: ai+1 = pi+1 und bi+1= bi die neuen Intervallgrenzen.

4. Kontrolle Abbruchkriterium z.B. | ai+1 - bi+1| < gewünschte Toleranz:

- Wenn erfüllt: Ende

- Sonst: Setzte i = i + 1 und weiter mit 2.

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Beispiel:

Anwendungsbeispiel: Berechnung der Herzfrequenz aus EKG

Wie kann man die Herzfrequenz hieraus numerisch bestimmen?

Z.B. Grundlinie abziehen und nur positive Peaks:

- Vorderkante - Vorderkante

- Maximalwert – Maximalwert

- Mittelwert Peak to Peak

Durch das verrauschte Messignal wird die Genauigkeit reduziert. Allerdings ist der Peak im

Vergleich zum Intervall recht kurz und zudem wird gemittelt und auf ganze Zahlen (Schläge

pro Minute) gerundet.

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Differenzieren und Integrieren

Hier: Diskrete Werte, z.B. Messdaten

Es liegen keine Funktionen, sondern nur zeit- und amplitudendiskrete Werte vor, wie z.B.

Messdaten, FOR-Schleifen oder EXCEL.

Verfahren:

- Differenzieren: „Benachbarter Elemente“ subtrahieren durch Schrittweite dividieren

- Integrieren: Mehrere Methoden:

- Elemente mit Schrittweite multiplizieren und aufsummieren

- Mittelpunkts-Regel benachbarter Elemente mit Schrittweite multiplizieren und aufsummieren

- Trapez-Regel, SimpsonRegel, … auf Basis diverser Interpolationsverfahren

„Mathematik“: )()()]([)( aFbFxFdxxf

b

a

b

a

Mittelpunkts-Regel

mfabdxxf

b

a

)()(

Rechteck-Approximation,

das Prinzip kann aber auch auf

einzelne Intervallschritte

angewandt werden

Trapez-Regel ))()((

2)( bfaf

abdxxf

b

a

Geraden-Approximation,

das Prinzip kann aber auch auf

einzelne Intervallschritte

angewandt werden

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Beispiele mit Sinus

Differenzieren (Differentiation_sinus_v1.xlsx)

Mathematik

ACHTUNG: hier relativ große Schrittweite (0,1) !

Differentiation Sinus Methode

Schrittweite h x sinx Nachbar-Differenz / h Mathe dsin/dx = cos absoluter Fehler relativer Fehler

0,1 0,0 0,00000 "groß bei kleinen Zahlen"

0,1 0,09983 0,99833 0,9950042 0,0033300 0,33%

0,2 0,19867 0,98836 0,9800666 0,0082926 0,85%

0,3 0,29552 0,96851 0,9553365 0,0131723 1,38%

0,4 0,38942 0,93898 0,9210610 0,0179204 1,95%

0,5 0,47943 0,90007 0,8775826 0,0224894 2,56%

0,6 0,56464 0,85217 0,8253356 0,0268337 3,25%

0,7 0,64422 0,79575 0,7648422 0,0309100 4,04%

0,8 0,71736 0,73138 0,6967067 0,0346773 4,98%

0,9 0,78333 0,65971 0,6216100 0,0380982 6,13%

1,0 0,84147 0,58144 0,5403023 0,0411384 7,61%

1,1 0,89121 0,49736 0,4535961 0,0437676 9,65%

1,2 0,93204 0,40832 0,3623578 0,0459595 12,68%

1,3 0,96356 0,31519 0,2674988 0,0476922 17,83%

1,4 0,98545 0,21892 0,1699671 0,0489483 28,80%

1,5 0,99749 0,12045 0,0707372 0,0497154 70,28%

1,6 0,99957 0,02079 -0,0291995 0,0499857 -171,19%

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Beispiele mit Sinus (integration_sinus_v3.xlsx)

Integrieren

Mathematik ∫ , hier [0, ]: Integralwert = 2

Integration Sinus Methoden

Schrittweite h x sinx Wert x h Mittelpunkt x h Trapezregel

0,1 0,0 0,00000 0,00000 0,0049979 0

0,1 0,09983 0,00998 0,0149438 0,0049917

0,2 0,19867 0,01987 0,0247404 0,0149251

0,3 0,29552 0,02955 0,0342898 0,0247095

0,4 0,38942 0,03894 0,0434966 0,0342469

0,5 0,47943 0,04794 0,0522687 0,0434422

2,8 0,33499 0,03350 0,0287478 0,0381184

2,9 0,23925 0,02392 0,0190423 0,0287119

3,0 0,14112 0,01411 0,0091465 0,0190185

3,1 0,04158 0,00416 -0,0008407 0,0091350

3,2 -0,05837 -0,00584 -0,0108195 -0,0008397

Summe 1,99371 1,98831 1,99663

Vgl Mathe: Int sin = -cos

hier 0 … pi

cos(0) = 1

cos(pi) = -1

somit -(-1 - 1) = 2

IT

Mathe 2 / Numerik – Def. / Zahlen / Methoden

Blankenbach / SS2013 / 23.06.2013 23

Übungsaufgaben Numerik

Bearbeiten Sie die Aufgaben mit Taschenrechner, MS EXCEL, beliebiger

Programmiersprache und MATLAB. In der Klausur genügt ein Taschenrechner.

1. Ziehen Sie mit einem Taschenrechner die Wurzel aus 2 und anschließend aus dem

Ergebnis. Wiederholen Sie dies solange, bis nur noch eine „1“ im Display erscheint. Nun

quadrieren Sie solange, bis Sie wieder in der „Gegend von 2“ sind. Eine exakte „2“ wird

hierbei meist nicht erreicht. Erklären Sie das Ergebnis bzw. die Beobachtung.

Lösung: Meist wird mit mehr Stellen gerechnet als angezeigt. Einfache Taschenrechner

besitzen lediglich 4-Bit Prozessoren.

2. Beim numerischen Wurzelziehen spielt der Startwert xo und die Zahl Z aus der die Wurzel

zu ziehen ist die entscheidende Rolle für die Anzahl der „notwendigen“ Iterationsschritte um

eine gewünschte Genauigkeit zu erzielen.

- Vergleichen Sie den absoluten und relativen Fehler für Z = 9 für die Startwerte 1 und 2.

Lösung: Z.B. beim 2. Schritt mit Startwert 1 ist der relative Fehler ca. 40x so groß wie bei 2.

- Der Startwert muss kleiner als das Ergebnis des Wurzelziehens sein. Insofern liegt man

für Zahlen größer 1 mit „1“ auf der sicheren Seite. Der Ihr Programm ja den exakten Wert

nicht kennt, muss sich die Anzahl der Iterationsschritte „i“ am tolerierbaren Fehler

orientieren. Wie viele Schritte benötigen Sie, damit der relative Fehler für Werte bis 1000

(z.B. 10 Bit Messwerte) kleiner als 0,01% bleibt?

Lösung: 7 Schritte

3. Berechnen Sie für die folgenden Werte den Funktionswert des Cosinus angenähert durch

eine Reihe (Polynom). Berechnen Sie jeweils den relativen und absoluten Fehler.

Zahlen: 0; 0,01; 0,1; 0,2; 0,5; 1,0; 2,0; 3,14; 6,28

Wie viele Reihenglieder N sind zu berücksichtigen, damit der relative Fehler für Werte bis

einschließlich 1 unter 1% bleibt?

Lösung: N 3

IT

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4. Untersuchen Sie für eine 4-stellige Arithmetik die Subtraktion von (

)

Berechnen Sie das „exakte“ Ergebnis mit dem Taschenrechner und vergleichen die mit der

4-stellige Arithmetik hinsichtlich absolutem und relativem Fehler. Dazu müssen Sie zuerst

die beiden Zahlen in 4-stellige Arithmetik ausdrücken und dann die Subtraktion durchführen.

Der relative Fehler ist relativ groß – wie nennt man den zugrunde liegenden „Effekt“?

Lösung: absoluter Fehler ca. 0,00026, relativer Fehler ca. 21%

5. Bestimmen Sie die Nullstelle der Funktion f(x) = x³ - x + 0,3 im Intervall von 0 bis 0,5 auf

eine Nachkommastelle genau.

Lösung: Nullstelle zwischen 0,31 und 0,38

6. Differenzieren und Integrieren Sie die Funktion f(x) = cos(x) im Intervall von 0 … .

Bestimmen Sie auch den absoluten und relativen Fehler.

Lösung: Analog zu Vorlesungsbeispiel „Sinus“.

7. Differenzieren und Integrieren Sie die Funktion f(x) =x³ im Intervall von 0 … 1.

Bestimmen Sie auch den absoluten und relativen Fehler.

Führen Sie dies auch mit einem Taschenrechner durch mit einer von „Schrittweite“ 0,2.

Lösung: Analog zu Vorlesungsbeispiel „Sinus“.