optimierung der biosorptiven schwermetallentfernung...
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Optimierung der biosorptiven Schwermetallentfernung unter Verwendung von immobilisierter Algenbiomasse
vorgelegt von
Diplom-Ingenieur
Andreas Wilke
von der Fakultät III – Prozesswissenschaften
der Technischen Universität Berlin
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der Ingenieurwissenschaften
- Dr.-Ing. -
genehmigte Dissertation
Promotionsausschuss:
Vorsitzender : Prof. Dr. rer. nat. H.-J. Stan
Berichter : Prof. Dr. rer. nat. R. Buchholz
Berichter : Prof. Dr.-Ing. N. Räbiger
Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 17.08.2001
Berlin 2001
D83
Danksagung
Danksagung
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Biotechnologie – Fachgebiet Bioverfahrenstechnik der Technischen
Universität Berlin mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG). Am Zustandekommen dieser Arbeit waren viele Menschen direkt und indirekt
beteiligt, wofür ich ihnen an dieser Stelle herzlich danken möchte.
Zuerst möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. R. Buchholz nennen. Das von ihm
entgegengebrachte Vertrauen, die vielen nützlichen Hinweise und Diskussionen und der
nötige Freiraum hat wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Hierfür bin ich ihm
zu großem Dank verpflichtet.
Herrn Prof. Dr. N. Räbiger danke ich für die Übernahme des Korreferats und die kritische
Durchsicht des Manuskriptes.
Ferner bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. H.-J. Stan für die Bereitschaft, den Vorsitz des
Promotionsausschusses zu übernehmen.
Besonders danken möchte ich Herrn Dr. G. Bunke für sein großes Engagement als
Arbeitsgruppenleiter. Er hat durch seine Auseinandersetzung mit meiner Arbeit und seine
stete Diskussionsbereitschaft diese wesentlich beeinflusst.
Weiterhin bedanke ich mich bei Janko Bartsch, Peter Seydel, Erol Tanriver, Gabriella Füzesi,
Erna Porubjánszki, André Scheffel und Peter Bolt, die im Rahmen von Studien- und
Diplomarbeiten oder als studentische Hilfskräfte am Gelingen dieser Arbeit maßgeblich
beteiligt waren.
Meinen Kollegen Herrn Dr. Christian Walter, Frau Dr. Heike Dörnenburg, Herrn Dr. Peter
Götz, Frau Margitta Seidenstücker, Frau Dipl.-Ing. Claudia Schneider, Herrn Dr. Holger
Hübner, Herrn Dipl.-Ing. Thorsten Steinau und Herrn Dipl.-Ing. Dirk Itzeck möchte ich für die
vielfältige Hilfe und Unterstützung meiner Arbeit danken. Allen Mitarbeitern des Fachgebietes
danke ich sehr für die angenehme Atmosphäre und Unterstützung.
Für die gute Kooperation im Sonderforschungsbereich 193 danke ich Herrn Dipl. Leb.-Chem.
Sven Klimmek.
Schließlich möchte ich mich besonders bei meinen Eltern und meiner Freundin Heike sowie
ihrer Familie bedanken, die für den nötigen Ausgleich und Rückhalt in „stressigen“ Stunden
sorgten und mir damit mehr geholfen haben als sie vermuten.
Inhaltsverzeichnis I
Inhaltsverzeichnis
Symbol- und Abkürzungsverzeichnis................................................................................ IV
Zusammenfassung ...........................................................................................................VIII
1. Einleitung.........................................................................................................................1 2. Stand des Wissens..........................................................................................................3
2.1 Vorkommen und Bedeutung von Schwermetallen ....................................................3 2.2 Gesetzliche Grundlagen ...........................................................................................7 2.3 Konkurrierende Verfahren der Schwermetallentfernung...........................................8 2.4 Entfernung von Schwermetallen mit organischen Materialien ............................... 12
2.4.1 Biosorption und Bioakkumulation ................................................................... 12 2.4.2 Bakterien ........................................................................................................ 13 2.4.3 Pilze und Algen .............................................................................................. 14 2.4.4 Organische und anorganische Reststoffe aus industriellen Prozessen zur
Schwermetallentfernung ................................................................................ 15 2.5 Technische Grundlagen der Biosorption von Schwermetallen mit Mikroalgen...... 16
2.5.1 Apparate zur Sorption aus der flüssigen Phase ............................................. 16 2.5.2 Immobilisierung .............................................................................................. 20 2.5.3 Sorptionsgleichgewicht................................................................................... 23 2.5.4 Sorptionskinetik .............................................................................................. 26
3. Problemstellung und Zielsetzung ................................................................................. 31 4. Material und Methoden................................................................................................. 32
4.1 Material .................................................................................................................. 32 4.1.1 Algenauswahl ................................................................................................. 32 4.1.2 Kultivierungsmedien ....................................................................................... 34 4.1.3 pH-Korrektur................................................................................................... 36 4.1.4 Verwendete Gase........................................................................................... 37 4.1.5 Immobilisierungssystem Natriumcellulosesulfat (NaCS)................................ 37 4.1.6 Immobilisierungssystem Sulfoethylcellulose (SEC) ....................................... 37 4.1.7 Verwendete Metallsalze ................................................................................. 38
4.2 Analytik .................................................................................................................. 39 4.2.1 Schwermetallanalytik mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS).............. 39 4.2.2 Optische Dichte (OD750) ............................................................................... 41 4.2.3 pH-Bestimmung.............................................................................................. 41 4.2.4 Leitfähigkeit .................................................................................................... 41
4.3 Angewandte Methoden .......................................................................................... 41 4.3.1 Kultivierungssysteme ..................................................................................... 41 4.3.2 Konditionierung der Algenbiomasse............................................................... 43 4.3.3 Immobilisierung .............................................................................................. 43 4.3.4 Mikroskopische Aufnahmen ........................................................................... 44 4.3.5 Energiedispersive Röntgenanalyse (EDS) ..................................................... 44
II Inhaltsverzeichnis
4.4 Versuche mit nicht immobilisierten Algen .............................................................. 45 4.4.1 Schwermetallscreening .................................................................................. 45 4.4.2 Oberflächencharakterisierung der freien Biomasse von Lyngbya taylorii ...... 45 4.4.3 Regenerierbarkeit der freien Biomasse von Lyngbya taylorii ......................... 46
4.5 Charakterisierung der Biosorbentien ..................................................................... 47 4.6 Versuche zur Optimierung des Immobilisats ......................................................... 49
4.6.1 Erhöhung des Algenanteils- und der Schüttdichte ......................................... 49 4.6.2 Optimierung der Partikelgröße ....................................................................... 49 4.6.3 Einfluss des pH-Wertes.................................................................................. 50 4.6.4 Einfluss der Temperatur ................................................................................. 51
4.7 Gleichgewichtsuntersuchungen ............................................................................. 51 4.7.1 Bestimmung der Sorptionsisothermen ........................................................... 52 4.7.2 Untersuchungen zur Selektivität der Schwermetallsorption ........................... 52 4.7.3 Einfluss von Na, K, Mg und Ca als Co-Ionen auf die Bleisorption ................. 53 4.7.4 Untersuchungen zur Regenerierbarkeit der Biosorbentien ............................ 55
4.8 Sorptionskinetik...................................................................................................... 56 4.8.1 Batchversuche .................................................................................................... 56 4.8.2 Versuche im Completely-Mixed-Batch-Reaktor .................................................. 56 4.8.3 Versuche in der Diffusionsmesskammer zur Bestimmung des Schwermetall-
Diffusionskoeffizienten DMembran in der Membran ................................................ 60 4.9 Festbettversuche ................................................................................................... 64
5. Ergebnisse und Auswertung......................................................................................... 65 5.1 Kultivierung und Schwermetallscreening ............................................................... 65 5.2 Oberflächencharakterisierung der freien Lyngbya taylorii...................................... 67 5.3 Immobilisierungssystem Natriumcellulosesulfat (NaCS) /Polyethylenimin (PEI) ... 68
5.3.1 Erhöhung des Algenanteils in den Biosorbentien........................................... 68 5.3.2 Erhöhung der Schüttdichte............................................................................. 70 5.3.3 Optimierung der Partikelgröße ....................................................................... 73 5.3.4 Charakterisierung der Partikel........................................................................ 75 5.3.5 Einfluss des pH-Wertes.................................................................................. 75 5.3.6 Einfluss der Temperatur ................................................................................. 76 5.3.7 Einzelstoffsorptionsisothermen der Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink .............................................................................................. 78 5.3.8 Untersuchungen zur Selektivität..................................................................... 80 5.3.9 Regenerierbarkeit des Immobilisats ............................................................... 86 5.3.10 Kinetik der Schwermetallsorption ................................................................. 88 5.3.11 Festbettversuche unter Verwendung von Modellabwasser.......................... 93 5.3.12 Festbettversuche mit einem Abwasser eines Akkumulatorenherstellers ..... 98
5.4 Immobilisierungssystem Sulfoethylcellulose (SEC)/ Polyethylenimin (PEI)........... 99 5.4.1 Erhöhung des Algenanteils in den Biosorbentien........................................... 99 5.4.2 Erhöhung der Schüttdichte und Auswirkungen auf die Struktur der SEC-
Immobilisate ................................................................................................. 100 5.4.3 Charakterisierung der Partikel...................................................................... 102
Inhaltsverzeichnis III
5.4.4 Einzelstoffsorptionsisothermen der Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink .............................................................................................102 5.4.5 Selektivität der Sorption bei Verwendung von Schwermetallgemischen.......104 5.4.6 Regenerierbarkeit des Immobilisats ..............................................................105 5.4.7 Kinetik der Schwermetallsorption ..................................................................105
6. Diskussion ...................................................................................................................108 6.1 Kultivierung und Schwermetallscreening ..............................................................108 6.2 Oberflächencharakterisierung der freien Lyngbya taylorii.....................................110 6.3 Optimierung des Biosorbens.................................................................................113
6.3.1 Erhöhung des Algenanteils in den Biosorbentien..........................................113 6.3.2 Erhöhung der Biomassedichte der Immobilisate...........................................114 6.3.3 Optimierung der Partikelgröße ......................................................................115
6.4 Charakterisierung der Partikel ..............................................................................117 6.5 Gleichgewichtsuntersuchungen ............................................................................117
6.5.1 Einfluss des pH-Wertes.................................................................................117 6.5.2 Einfluss der Temperatur ................................................................................118 6.5.3 Einzelstoffsorptionsisothermen der Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink ........................................................................................................119 6.5.4 Untersuchungen zur Selektivität....................................................................121
6.6 Regenerierbarkeit des Immobilisats......................................................................124 6.7 Sorptionskinetik.....................................................................................................127
6.7.1 Einfluss der Temperatur auf die Bleisorptionskinetik unter Verwendung von Immobilisaten auf NaCS-Basis...............................................................127 6.7.2 Bestimmung der Schwermetall-Diffusionskoeffizienten für Blei unter Verwendung von Biosorbentien auf der Basis von Natriumcellulosesulfat und Sulfoethylcellulose .................................................................................128
6.8 Festbettversuche mit Modellabwässern................................................................129 6.9 Fehlerbetrachtung.................................................................................................131
7. Ausblick .......................................................................................................................133 8. Literaturverzeichnis .....................................................................................................135
IV Symbol- und Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Lateinische Symbole und Formelzeichen A [m2] äußere Partikeloberfläche
a [m3 kg-1] Isothermenparameter nach Radke und Prausnitz
aS [m2 kg-1] spezifische äußere Oberfläche (bezogen auf die
Partikelmasse)
aSV [m-1] spezifische äußere Oberfläche (bezogen auf das
Partikelvolumen)
b [mmol L-1, mol m-3] Langmuir-Parameter
b* [L mmol-1, m3 mol-1] Kehrwert des Langmuir-Parameters
bR [m3 kg-1 (mol m-3 )1-β] Isothermenparameter nach Radke und Prausnitz
c, ceq [mg L-1, mmol L-1] Konzentration im Sorptionsgleichgewicht
[mol m-3]
cAblauf, bel, (t) [mg L-1] zeitabhängige Ablaufkonzentration des Festbetts
während der Beladungsphase
cAblauf, des, (t) [mg L-1] zeitabhängige Ablaufkonzentration des Festbetts
während der Desorptionsphase
ceq, i [mmol L-1, mol m-3] Konzentration des Stoffes i im Sorptionsgleichgewicht
cges [kg m-3] Konzentration in den Kompartimenten für t�∞
ci,surf [mol m-3] Konzentration des Metalls i an der Oberfläche des
Partikels
ci,bulk [mol m-3] Konzentration des Metalls i im Kern der Metallsalzlösung
c(t) [mg L-1, mmol L-1] zeitabhängige Konzentration in der Flüssigkeit
[mol m-3]
cZulauf, bel [mg L-1] Zulaufkonzentration des Festbetts während der
Beladungsphase (konst.)
c0 [mg L-1, mmol L-1] Konzentration zum Zeitpunkt t = 0
[mol m-3, g L-1]
c*, c(t)* [mol/m-3] zeitabhängige Sorptivkonzentration am Partikelrand
c*(t) [-] zeitabhängige dimensionslose Konzentration
c1(t), c2(t) [kg m-3, mol m-3] zeitabhängige Konzentrationen in den Kompartimenten
1 und 2 der Diffusionsmesskammer
d, dP [mm, m] Partikeldurchmesser
Deff [m2 s-1] effektiver Schwermetall-Diffusionskoeffizient
DMembran [m2 s-1] Schwermetall-Diffusionskoeffizient in der Membran
F [C mol-1] Faraday-Konstante
Symbol- und Abkürzungsverzeichnis V
k, k2 [g mg-1 min-1] Geschwindigkeitskonstante der Sorption 2. Ordnung
[kg mol-1 s-1]
k1 [s-1] Geschwindigkeitskonstante der Sorption 1. Ordnung
kF [mmol1-n Ln g-1] Freundlich-Konstante
[mol1-n (m3)n kg-1]
KF [-] Konzentrierungsfaktor
LD [mg kg-1] Letale Dosis
LD50 [mg kg-1] Letale Dosis (Absterben von 50% einer Population)
m [kg] mittlere Partikelmasse (trocken) •
m [mol s-1] Molenstrom
m, mBiosorbens [mg, g, kg] Masse (Bio)sorbens
mGes [kg] Gewicht der feuchten Partikel
mIRA [mg] Masse Ionenaustauscher IRA 120
mP [kg] Masse Partikel
n [-] Freundlich Exponent •n [mol m-2 s-1] Stoffstromdichte
S•n [mol m-2 s-1] Stoffstromdichte im sorbierten Zustand
•
Pn [mol m-2 s-1] Stoffstromdichte im Partikel
L•n [mol m-2 s-1] Stoffstromdichte in der Lösung
drr +
•N [mol s-1] aus dem Volumenelement austretender Stoffstrom
r•N [mol s-1] in das Volumenelement eintretender Stoffstrom
Ads•N [mol s-1] in dem Volumenelement adsorbierter Stoffstrom
OD750 [-] Optische Dichte bei 750 nm
q, qeq [mg g-1, mmol g-1] Beladung im Sorptionsgleichgewicht
[mol/kg]
q0 [mg g-1, mmol g-1] Beladung zum Zeitpunkt t = 0
[mol kg-1]
qeq, Co-Ion [mmol g-1] Gleichgewichtsbeladung in Anwesenheit des Co-Ions
qeq, groß [mmol g-1] Beladung der Partikel mit d = 3,2 mm im Sorptions-
gleichgewicht
qeq, i [mmol g-1] Beladung des Stoffes i im Sorptionsgleichgewicht
qmax [mol kg-1, mmol g-1] Maximalbeladung des Sorbens
qmax, theor. [mmol g-1] Maximalbeladung des Sorbens errechnet aus der
Beladung von Matrixmaterial und freier Alge
qeq, ohne Co-Ion [mmol g-1] Gleichgewichtsbeladung in Abwesenheit des Co-Ions
VI Symbol- und Abkürzungsverzeichnis
qt, q(t) [mg g-1, mmol g-1] zeitabhängige Beladung
[mol kg-1]
qeq* [-] dimensionslose Beladung im Sorptionsgleichgewicht
q∞ [mol kg-1] Maximalbeladung in der Isothermengleichung nach Toth
r [m] Radialkoordinate
R [-] dimensionslose Radialkoordinate
R [-] Bestimmtheitsmass
R [J mol-1 K-1] allgemeine Gaskonstante
s [µm, m] Membrandicke
t [s, min, h] Zeit, Zeitkoordinate
T [°C, K] Temperatur
TB [-] dimensionslose Versuchszeit
TS [g] Trockensubstanz der Biomasse
V [mL, L, m3] Volumen
VBett [m3] Bettvolumen
VGes [m3] Volumen der feuchten Partikel
VP [m3] mittleres Partikelvolumen
VPoren [m3] Porenvolumen der feuchten Partikel
x [m] Längenkoordinate in Richtung Membrandicke
Xeq [-] dimensionslose Gleichgewichtskonzentration
Y [-] zeitabhängige, über den Partikelradius integrierte
dimensionslose Sorbensbeladung
Y [-] Zeit- und radienabhängige dimensionslose
Sorbensbeladung
z [-] formale Ladung eines Kations
Griechische Symbole und Formelzeichen
α [m3 mol-1] Isothermenparameter nach Toth
βR [-] Isothermenparameter nach Radke und Prausnitz,
βT [-] Isothermenparameter nach Toth
βL [m s-1] Stoffübergangskoeffizient
∆CB [-] dimensionsloses Kapazitätsverhältnis
∆H [kJ mol-1] Reaktionsenthalpie
∆X [-] dimensionslose, zeitabhängige Konzentration
εP [-] Porenvolumenanteil in den Partikeln
ρBiomasse [g L-1] Biomassedichte in einer Festbettschüttung
ρP [kg m-3] Partikeldichte
Symbol- und Abkürzungsverzeichnis VII
ρΜ [kg m-3] Materialdichte
ρPF [kg m-3] Parikeldichte (feucht)
ρS [kg m-3, g L-1] Schüttdichte
ζ [V] Zeta-Potential
Abkürzungsverzeichnis AAS Atomabsorbtionsspektrometrie
AER Algenextraktionsrückstand
APV Algen-zu-Polymer-Verhältnis
BAM Bundesamt für Materialforschung und -prüfung
BET Brunauer, Emmet und Teller
BVT Bioverfahrenstechnik
CMB Completely-Mixed-Batch
EDS Energiedispersive Röntgenanalyse
EDTA Ethylendiamintetraessigsäure
E.G.-TW Richtlinie für Trinkwasser der Eurpäischen Gemeinschaft
F2 Kooperationsprojekt im Sonderforschungsbereich 193: Chemische
Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen
IRA 120 stark saurer Kationaustauscher der Firma Amberlite
NaCS Natriumcellulosesulfat
PE Polyethylen
PEI Polyethylenimin
PTFE Polytetrafluorethylen (z.B. Teflon)
REM Rasterelektronenmikroskopie
SAG Stammsammlung von Algenkulturen Universität Göttingen
SEC Sulfoethylcellulose
Sfb Sonderforschungsbereich
UTEX Stammsammlung für Algen der Universität Texas
VE-Wasser Vollentsalztes Wasser
WHG Wasserhaushaltsgesetz
WHO-TW Richtlinie für Trinkwasser der Weltgesundheitsorganisation
ZELMI Zentralinstitut Elektronenmikroskopie der TU Berlin
VIII Zusammenfassung
Zusammenfassung
In dieser Arbeit wurde in Kooperation mit dem Institut für Lebensmittelchemie der TU Berlin
ein Schwermetallscreening mit 30 taxonomisch bestimmten Algen oder Algenextraktions-
rückständen für die Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink durchgeführt. Die
Cyanophyceae Lyngbya taylorii wurde als Modellsystem für weitere Untersuchungen heran-
gezogen, da sie sich durch hohe Beladungskapazitäten für die ausgewählten Schwermetalle,
durch einfache Kultivierung bei vergleichsweise hoher Biomasseausbeute und als potentiel-
ler Wertstoffproduzent auszeichnet. Die Kultivierungsbedingungen dieser Cyanophyceae
wurden optimiert, so dass eine reproduzierbare Kultivierung im 1 L, 10 L, 25 L und 100 L
Maßstab möglich ist.
Damit die Biomasse, ähnlich wie kommerzielle Sorbentien, in Festbettreaktoren eingesetzt
werden kann, muss zuvor eine Immobilisierung erfolgen, durch die Teilchen mit Durchmes-
sern von 1-3 mm herstellbar sind. Diese als Biosorbentien oder Immobilisate bezeichneten
Partikel wurden durch ein Vertropfungsverfahren unter Verwendung zweier Immobili-
sierungsmatrices hergestellt. In dieser Arbeit wurden die Immobilisierungssysteme Natrium-
cellulosesulfat-Polyethylenimin und Sulfoethylcellulose-Polyethylenimin auf ihre Eignung zur
Herstellung von Biosorbentien untersucht und optimiert.
In beiden Systemen konnte der Biomasseanteil in den Immobilisatpartikeln auf 75-76 % er-
höht werden, wobei gleichzeitig die notwendige mechanische Stabilität zum Einsatz im Fest-
bett aufrechterhalten werden konnte. Die Schüttdichte der Immobilisate wurde durch eine
thermische Behandlung der Immobilisate deutlich gesteigert. Die Optimierungsmethoden zur
Erhöhung des Biomasseanteils in den Immobilisaten und zur Anhebung der Schüttdichte
wurden patentrechtlich geschützt [148].
Nach Optimierung der Partikelgröße, Charakterisierung der Immobilisate und Unter-
suchungen zum Einfluss von pH-Wert und Temperatur auf die Schwermetallsorption wurden
die Sorptionsisothermen für die Schwermetalle Blei, Cadmium, Zink und Nickel aufgenom-
men und durch das Langmuir- bzw. das Freundlich-Adsorptionsmodell beschrieben.
Selektivitätsuntersuchungen mit Schwermetallgemischen haben deutliche Unterschiede der
untersuchten Immobilisierungssysteme aufgezeigt. Während Biosorbentien auf Basis von
Natriumcellulosesulfat die Schwermetalle in der Selektivitätsreihenfolge
Pb>>Ni>Cd>Zn
aus Schwermetallgemischen sorbieren, ergibt sich bei Verwendung von Sulfoethylcellulose
als Immobilisierungssystem ein verändertes Selektivitätsverhalten in der Reihenfolge
Ni>Pb>>Zn, Cd.
Zusammenfassung IX
In Gegenwart von Calcium, Magnesium, Natrium und Kalium als Co-Ionen zeichneten sich
Biosorbentien auf Basis von Natriumcellulosesulfat durch ihre hervorragende selektive
Schwermetallaufnahme aus.
Mehrfach zyklisch durchgeführte Wiederbeladungsversuche mit Blei(II) unter Verwendung
der freien und immobilisierten Lyngbya taylorii zeigten, dass der Einsatz von verdünnter
Salzsäure als Elutionsmittel zur vollständigen Regeneration nicht ausreicht. Eine effektivere
Desorption könnte durch komplexierende Substanzen wie Citronensäure oder Weinsäure
erzielt werden und ist zur Zeit Gegenstand der Forschung. Anhand dieser Versuche konnte
ebenfalls nachgewiesen werden, dass für die selektive Bleibindung neben dem Ionenaus-
tausch auch andere Bindungsmechanismen wie Mikrofällung und Komplexierung eine
wichtige Rolle spielen.
Kinetische Untersuchungen hatten das Ziel, den Schwermetall-Diffusionskoeffizienten für
den Transport durch die Membran und den effektiven Schwermetall-Diffusionskoeffizienten
im Innern des Partikels unter Einschluss der Membran zu bestimmen. Sie bilden die Grund-
lage für weitere mathematische Beschreibungen des dynamischen Verhaltens in einer Fest-
bettkolonne.
Die Immobilisate auf der Grundlage von Natriumcellulosesulfat zeigen eine sehr gute
mechanische und chemische Stabilität, um im Kolonnenversuch zur Entfernung von Blei an-
gewendet zu werden. Neben synthetisch hergestelltem Modellabwasser wurde das Realab-
wasser eines Akkumulatorenherstellers in die Untersuchung einbezogen, dass durch eine
hohe Konzentration an Co-Ionen charakterisiert ist. Aufgrund der ausgeprägten Selektivität
des Biosorbens für das Schwermetall Blei lassen sich dadurch hohe Betriebszeiten während
der Sorptionsphase realisieren.
Eine Regeneration der bleibeladenen Immobilisate durch verdünnte Salzsäure ist möglich
und lässt bei Verwendung von kleinen Zulaufkonzentrationen hohe Aufkonzentrierungen
erwarten. Die in dieser Arbeit erzielten Konzentrierungsfaktoren im Eluat von über 30 unter
Verwendung einer vergleichsweise hohen Zulaufkonzentration des Modellabwassers von
99 mg Pb2+/L lassen diesen Schluß zu.
1. Einleitung 1
1. Einleitung
Die Kontamination von Abwässern, Flusssedimenten und Böden mit toxischen Metallen im
Besonderen mit Schwermetallen hat sich zu einem komplexen Problem entwickelt. Der Ent-
fernung dieser Kontaminationen ist in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit gewidmet
worden. Die Rückgewinnung von unedlen Metallen in verdünnten Lösungen allein betrachtet,
stellt nur in wenigen Fällen ein ökonomisch rentables Verfahren dar. Lassen sich jedoch bei-
spielsweise mehrere Tonnen Säure zur Neutralisation und Metallschlämme einsparen oder
Standzeiten von Spülbädern in der metallverarbeitenden Industrie verlängern, so fällt die
resultierende Kostenbilanz erheblich günstiger aus.
Konventionelle Techniken und Methoden zur Abwasserreinigung richten sich nach Volumen,
Konzentration, Transportmöglichkeiten und Inhalts- oder Wertstoffen aber auch nach Anpas-
sung an den Betriebsablauf sowie geltende Gesetzesauflagen. Zum Einsatz kommen neben
mechanisch/physikalischen Methoden (Umkehrosmose, Ultrafiltration, Kristallisation) auch
elektrolytische und thermische Methoden wie Elektrolyse, Elektrodialyse, Verdampfung und
Verdunstung. Die größte Bedeutung besitzen jedoch Verfahren wie Ionenaustausch und
chemische Fällung. Die Neutralisation und anschließende Fällung zu Hydroxiden, Carbo-
naten sowie Sulfiden ist in der metallverarbeitenden Industrie noch immer die verbreitetste
Methode.
Durch Verwendung von Polymeren als Flockungshilfsmittel gelangen jedoch große Mengen
organisches Material in die gefällten Schwermetalle, die eine Wiederverwertung erheblich
erschweren, so dass eine anschließende Deponierung unumgänglich ist. Andere oben ge-
nannte Methoden erscheinen für die Behandlung großer Abwassermengen mit kleinen
Schwermetallkonzentrationen technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll. Nachteilig erweisen
sich die geringen Durchsatzmöglichkeiten, hohen Betriebskosten durch Einsatz von Energie
oder Reagenzien, mangelnde Trennungsselektivitäten, hohe Aufsalzungen, schlechte Re-
generierbarkeit oder Schädigung von Anlagenteilen durch Abwässer im sauren pH-Bereich.
Aus den oben genannten Gründen wird ersichtlich, dass die Entwicklung von alternativen
Reinigungsverfahren, auf der Basis von biologischem Material, eine sinnvolle Methode der
Schwermetallentfernung darstellt.
Die vielversprechenden Untersuchungen an Mikroalgen bezüglich der Metallaufnahme be-
ziehen sich jedoch zumeist nur auf eine geringe Anzahl verschiedener, leicht kultivierbarer
Gattungen. Vor dem Hintergrund der Vielzahl an bekannten ca. 50000 Mikroalgenspezies
[1], erscheint ein Screening auf Schwermetallkapazität und Selektivität eine vielver-
sprechende Möglichkeit zu sein, neue Biosorbentien zu finden. Vom wirtschaftlichen Stand-
punkt ist es als sinnvoll zu betrachten, besonders bei potentiellen Wertstoffbildnern oder aber
2 1. Einleitung
heterotroph kultivierbaren Algenstämmen ein strukturiertes Schwermetallscreening durch-
zuführen.
Für eine verfahrenstechnische Umsetzung können unterschiedliche Apparatekonfigurationen
verwendet werden. Denkbar wäre eine Sorption im Rühr- oder Wirbelschichtreaktor und
Sorptionssysteme in Festbettkolonnen.
Eine Festbettsorption ist aufgrund verschiedener Vorteile wie:
� kontinuierliche Betriebsweise,
� niedrigste erreichbare Ablaufkonzentration,
� geringe Betriebskosten,
� einfache Maßstabsvergrößerung durch modulare Bauweise,
� geringer Platzbedarf,
� hoher Automatisierungsgrad,
den anderen Apparatekonfigurationen vorzuziehen.
Um einen Kolonnenbetrieb zu realisieren, müssen die Mikroalgen zuvor immobilisiert
werden, um die auftretenen Druckverluste zu minimieren. Das verwendete Immobilsierungs-
system sollte die folgenden Bedingungen erfüllen, damit ein technischer und wirtschaftlicher
Einsatz in einem Produktionsprozess realisiert werden kann:
� Beständigkeit gegenüber Elutionsmitteln,
� einfache, kostengünstige Immobilisierungstechnik,
� hohe mechanische Festigkeit,
� hoher Algenanteil im Immobilisat.
Um diesen anspruchsvollen Forderungen gerecht zu werden, sind geeignete Immobili-
sierungstechniken sowie Immobilisierungsmaterialien zu entwickeln. Die resultierenden Bio-
sorbentien müssen hinsichtlich ihrer Sorptionseigenschaften wie Kapazität, Selektivität und
Stofftransport charakterisiert werden. Dadurch werden Grundlagen für die Auslegung von
Trennanlagen zur sorptiven Schwermetallentfernung in unterschiedlichen Maßstäben ge-
schaffen, die einem integrativen Einsatz innerhalb eines Produktionsprozesses dienen
sollen.
2. Stand des Wissens 3
2. Stand des Wissens
2.1 Vorkommen und Bedeutung von Schwermetallen
Metallische Elemente treten allgegenwärtig in der Natur und Umwelt in vielfältigen Formen
auf. Viele von ihnen finden technisches Interesse und werden abgebaut, angereichert zu
Werkstoffen und anderen Produkten verarbeitet und gelangen schließlich erneut in die Um-
welt. Dabei treten globale und regionale Umverteilungen auf, was zur Folge haben kann,
dass Lebewesen über das normale Maß hinaus exponiert werden.
Im Allgemeinen benötigen Lebewesen Metalle zum Wachstum, zur Gesunderhaltung und
zum Überleben. Die Elemente Natrium, Kalium und Magnesium können durch ihre elektro-
chemische und metabolische Funktion im Organismus als essentielle Metalle bezeichnet
werden. Einige Metalle (Nickel, Mangan, Kupfer) sind in geringen Konzentrationen notwen-
dig, um Enzyme und Hormone zu aktivieren oder die strukturelle Integrität dieser Makro-
moleküle zu gewährleisten. Weiterhin konnten stimulierende Wirkungen auf das Immunsys-
tem beobachtet werden. In höheren Konzentrationen zeigen die Metalle eine toxische Wir-
kung auf den Organismus. Kriterien für die Toxizität in Säugern sind Verlangsamung des
Wachstums, Veränderung des Vermehrungszyklus verbunden mit erhöhter Mortalität der
Nachkommen, pathologische Veränderungen, Tumorbildung und chronische Krankheits-
symptome sowie verminderte Lebenserwartung [2]. Die Toxizität kann das Ergebnis von In-
teraktionen des Metalls mit Proteinen und Enzymen oder aber auch mit der DNA (Steigerung
der Mutationsrate) sein. Weitere Ursachen der Toxizität sind auf Komplexbildung oder Aus-
fällung der Metalle mit anderen essentiellen Metaboliten im Organismus zurückzuführen.
Toxische Effekte sind abhängig vom Metall und dessen Konzentration sowie vom Organis-
mus. Allgemeiner Standard bezüglich der Toxizität eines Stoffes ist der LD50-Wert. Er be-
zeichnet die Konzentration der toxischen Komponente, bei der 50 % der Versuchstiere nach
Verabreichung sterben. Metalle können aufgrund ihrer LD50-Werte klassifiziert werden (in mg
Metall pro Kilogramm Körpergewicht) [3]:
1-10 hochtoxisch
10-100 moderat toxisch
100-1000 minder toxisch
LD50 > 1000 nicht toxisch
Tab. 2. 1 zeigt einige ausgewählte Metalle und ihre Wirkung auf den Säugerorganismus. Hier
wird deutlich, dass nicht allein das Schwermetall für die Toxizität verantwortlich ist, sondern
auch die Art der Aufnahme (oral, intravenös, intraperitoneal, Inhalation), die Tierart sowie die
chemische Form (Wertigkeit, anorganische oder organische Bindung), in der das Schwer-
metall vorliegt [4]. Im Gegensatz dazu bezeichnet der LD-Wert in der nachfolgenden Tabelle
4 2. Stand des Wissens
die Konzentration der toxischen Komponente, die letal auf den entsprechend angegebenen
Organismus wirkt.
Tab. 2. 1: Toxizität einiger Schwermetalle [2]
spezifische Konzentration ausgedrückt in
Verbindung
Art der Auf-nahme
Organismus
Dosis
mg der Ver-bindung pro kg
mg Metall pro kg
Kupfersulfat intravenös Kaninchen LD 4,5 1,15
Nickeloxid Intravenös Hund LD 9 7
Nickelchlorid intravenös Hund LD50 40-80 18-36
Zinkchlorid intravenös Ratte LD50 60-90 28,8-43,2
Cadmiumchlorid oral Ratte LD50 88 54
Cadmiumchlorid intravenös Kaninchen LD 2 1,26
Bleinitrat intraperitoneal Ratte LD 270 169
Bleiacetat intraperitoneal Ratte LD50 150 95
Bleiacetat intravenös Kaninchen LD 50 32
Bleiacetat intravenös Hund LD 300 191
Es wird deutlich, dass die Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink, die in dieser Arbeit
als Modellsubstanzen ausgewählt wurden, als hoch bis moderat toxisch einzuordnen sind.
Deshalb besteht die Notwendigkeit Abwasser und Schadstoffe soweit wie möglich zu redu-
zieren, um bei der Behandlung entstehende Abfälle auf ein Minimum zu senken. Besondere
Bedeutung kommt dabei den Verfahren zur Vermeidung und Verminderung von Abwässern,
der Rückgewinnung von Stoffen und Prozesslösungen sowie der Standzeitverlängerung
kurzlebiger Prozessbäder zu.
Blei liegt in der Natur überwiegend als anorganische Verbindung in Form von Bleiglanz
(PbS) vor und dient damit als Ausgangsmaterial für die Herstellung des Reinelements. Bei
der Verarbeitung durch das Röstreduktionsverfahren wird Bleiglanz fast vollständig in Blei-
oxid überführt. Der weltweite Verbrauch von ca. 5,3 106 t/a wird überwiegend zur Herstellung
von Bleibatterien (40 %) verwendet. Der Rest verteilt sich auf die Herstellung von Kraftstoff-
zusätzen, Farben, Chemikalien, Legierungen und verschiedenen Werkstoffen wie Kabelum-
mantelungen, Wasserrohre, Strahlenschutzplatten, Gewichte und Ballaste [5]. Anthropogene
Quellen sind vor allem die Emissionen des Kraftfahrzeugverkehrs, die Eisen- und Stahler-
zeugung, die Verhüttung und Verarbeitung von Kupfer- und Zinkerzen sowie die Kohle-
verbrennung. Eine dauerhafte Exposition kann chronische Vergiftungen mit Wirkung auf das
blutbildende System, das Nervensystem, die Nieren, das Herzkreislaufsystem sowie die
Fortpflanzungsorgane hervorrufen [4].
2. Stand des Wissens 5
Cadmium als nicht lebensnotwendiges Metall ist in der Natur mit Zink vergesellschaftet. Die
Weltproduktion liegt derzeit bei ca. 20000 t/a. Cadmium wird bei der Zinkgewinnung als Ne-
benprodukt gewonnen. Verwendung findet es als Korrosionsschutzüberzug (metallisches
Cd), Farbpigment (Cadmiumsulfid, Cadmiumselenit), in Nickel-Cadmium-Batterien und als
Stabilisator in Kunststoffen (organische Cadmiumverbindungen). Aus Tabelle Tab. 2. 2 sind
die wichtigsten Quellen und Mengen von Cadmiumemissionen zu entnehmen:
Tab. 2. 2: Schätzwerte für die wichtigsten Quellen und Mengen von Cadmiumemissionen durch wässrige Medien [6]
Emmissionsquellen Tonnen pro Jahr
Blei/Zink-Minen in Betrieb 140
inaktive Minen 90
Klärschlammbehandlung 84
Zink/Cadmiumhütten 56
Kunststoffe 40
Stahlerzeugung 50
Nickel/Cadmium-Batterien 30
Elektroplattieren 20
Durch die hohe Giftigkeit von Cadmium können bei aquatischen und marinen Organismen ab
Konzentrationen von 1-7 µg/L toxische Effekte auftreten. Ab 100 µg/L wird für bestimmte
Organismen bereits die Letalitätsschwelle erreicht. Chronische Toxizitätseffekte beim Men-
schen äußern sich in einer Schädigung der Nieren, Verringerung der Hämoglobinkonzentra-
tion, Defekte im Calciummetabolismus sowie der kancerogenen Wirkung [4].
Nickel ist für einige lebende Organismen ein essentielles Spurenelement. Die Erdkruste ent-
hält etwa 0,008 % Nickel, das somit in seiner Häufigkeit an 24. Stelle der Elemente steht.
Zusammen mit anderen Sulfidmineralien wird Nickel in Form von Pentlandit (FeNi)9S8 ge-
wonnen. Die zumeist untertage abgebauten Nickelsulfiderze werden mit Hilfe physikalischer
Methoden konzentriert und anschließend zu Nickeloxid geröstet. Die Jahresproduktion be-
trägt weltweit 750000 t/a. Anwendung in der Industrie findet Nickel in der Galvanik (Erhöhung
der Korrosionsbeständigkeit und der Leitfähigkeit), als Legierungszusatz in über 3000
Nickellegierungen, als Bestandteil in Nickel-Cadmium-Batterien sowie als Katalysator bei der
Herstellung organischer Verbindungen, der Erdölraffination und der Härtung von Speiseölen.
Für Menschen und Tiere muss man zwischen anorganischen und organischen Verbindungen
sowie Metallstaub unterscheiden. Die häufigste wasserlösliche, zweiwertige Form ist wenig
toxisch für den ausgewachsenen Organismus. Föten und Embryos, die erhöhten Nickelkon-
zentrationen ausgesetzt sind, weisen jedoch eine erhöhte Missbildungsrate auf. Anorga-
nische, wasserunlösliche Nickelverbindungen zeigen eine deutlich karzinogene Wirkung
(Nickelsubsulfid, Nickelmonosulfid, metallisches Nickel und Nickeloxid). Organische, lipidlös-
6 2. Stand des Wissens
liche Verbindungen sind bezüglich der Toxizität die gefährlichste Substanzklasse. Nickel-
tetracarbonyl (Ni(CO)4) ist die wichtigste Verbindung dieser Art. Nickeltetracarbonyl wird sehr
gut von Säugetieren resorbiert und dringt infolge seiner Lipidlöslichkeit durch die Zell-
membran und die Blut-Hirn-Schranke und kann Pneumonitis, Gehirnbluten und Ödeme ver-
ursachen. Außerdem werden Leber, Niere, Nebenniere und Milz angegriffen [7].
Zink wird fast seit zweitausend Jahren vom Menschen gewonnen und für industrielle, orna-
mentale (Münzen, Messing), und medizinische Zwecke benutzt. Als essentielles Metall steht
es an 25. Stelle in der Häufigkeitsliste der Elemente. Die wichtigsten Mineralien sind die
beiden Sulfide Sphalerit und Wurtzit (kubisches und hexagonales Zinksulfid) neben ihren
Verwitterungsprodukten. Elementares Zink wird hauptsächlich zum Galvanisieren von Eisen-
und Stahlprodukten verwendet (Fassadenverkleidung, Autobleche, Dachrinnen etc.). Als
Legierungsbestandteil in Messing, Zinkdruckguss, Rotguss, Neusilber, Münzen und Walzzink
findet es ein weites Anwendungsfeld. Zinkoxid ist, geht man von der verbrauchten Menge
und dem wirtschaftlichen Wert aus, die wichtigste Zinkverbindung. Hauptverwendungs-
formen sind Vulkanisationsaktivatoren, Katalysatoren, Farbpigmente sowie der Einsatz in der
pharmazeutischen Industrie (Behandlung von Verbrennungen, Infektionen und Hautkrank-
heiten). Wasserlösliches Zinksulfat wird als Härter in Viskosefaser-Spinnbädern und als Flo-
tationsmittel zur Mineralkonzentrierung genutzt. Als weitere Verbindungen werden noch
Zinkchlorid (Trockenbatterien, Desinfektionsmittel, Druckbeize), Zinksulfid (weißes Farbpig-
ment, Leuchtstoff in Fernsehröhren und Leuchtstofflampen) Zinkseifen (Schmier- und Ent-
formungsmittel in der Gummiindustrie, Tablettenherstellung, Metallformguss) und Organo-
zinkverbindungen (Fungizide) genutzt. Es konnte gezeigt werden, dass geringe Zinkmengen
auf Mikroorganismen eine toxische Wirkung ausüben [8]. Beim Säugetier und Menschen ist
eher ein Zinkmangel als kritisch anzusehen. Anorganische Zinkverbindungen sind akut
wenig toxisch. Da Zink nur unwesentlich im Körper akkumuliert wird und leicht ausgeschie-
den werden kann, sind kaum toxische Wirkungen bekannt. Andauernde Exposition des Men-
schen kann zu Verdauungsbeschwerden und Durchfall führen [4].
In der Farb- und Füllstoffindustrie werden Farbpigmente in Form von Schwermetalloxiden, -
sulfiden und –chromaten verwendet. Zum Einsatz kommen vor allem Zink-, Cadmium-, Ei-
sen-, Blei-, Chrom-, Titan-, Molybdän- und Nickelsalze. Typischerweise entsteht bei der Her-
stellung einer Tonne des Endprodukts eine Abwassermenge von 150 m3. Die im Abwasser
auftretenden Konzentrationen liegen hier im Bereich von: Cd 0,07-1; Pb 0,5-1,3; Zn 0,5-5; Cr
0,5-1 (in mg/L).
Bei der Akkumulatorenherstellung kann unterschieden werden in primäre Akkumulatoren,
zum einmaligen Gebrauch verwendbar, sowie sekundäre, mehrfach aufladbare Akkumulato-
ren. Je nach Typ entstehen beim Produktionsprozess Abwässer, die zum einen Blei (Pb,
2. Stand des Wissens 7
PbO, PbO2, PbSO4) und verdünnte Schwefelsäure und zum anderen gelöste und ungelöste
Nickel- sowie Cadmiumverbindungen enthalten.
Neben zyanidhaltigen Abwässern fallen in der galvanischen Industrie überwiegend folgende
schwermetallhaltige Abwasserarten an:
� chromhaltige
� saure bzw. alkalische Abwässer
Alkalische Abwässer (Heißentfettungsbäder, zyanidfreie elektrolytische Entfettungsbäder)
enthalten vor allem die Schwermetalle Zink und Zinn [9].
Abwasser aus dem Erz- und Kohlebergbau sowie der Aufbereitungsindustrie enthält sämt-
liche in der Erdkruste vorhandenen, löslichen Mineralsalze. Neben Blei, Zink und Silber
beinhalten sie vor allem Eisensulfat, teilweise in sehr hohen Konzentrationen. Weiterhin kön-
nen in Grubenwässern Barium und Strontium enthalten sein [10].
Neben den bereits genannten Industriezweigen entstehen schwermetallkontaminierte Ab-
wässer geringerer Konzentration oder Menge in den Bereichen:
� Photoindustrie (zumeist Silber, seltener Cadmium und Chrom)
� Druckindustrie (Zink, Kupfer, Eisen, Chrom)
� Glas- und Keramikindustrie
� metallbearbeitende Industrie
� Viskoseindustrie (Zink)
2.2 Gesetzliche Grundlagen
Die Wahl der anzuwendenden Abwasserbehandlung zur Schwermetallentfernung ist nicht
nur abhängig von der Abwasserart, der anfallenden Menge und deren Bedeutung als Wert-
stoff, der Giftigkeit oder der Transportmöglichkeit, sondern auch eine Frage der Wiederver-
wertung und der gesetzlichen Grundlagen des jeweiligen Landes. Die Bundesrepublik
Deutschland verfügt seit 1957 über das Wasserhaushaltsgesetz (WHG).
Es dient dem Schutz der oberirdischen Gewässer, des Grundwassers und durch spätere
Novellierungen auch den Küstengewässern. In § 7a(1), Satz 4 WHG wurde 1987 die Verord-
nung über die Herkunftsbereiche von Abwässern (Abwasserherkunftsverordnung) verab-
schiedet. Die Verordnung enthält eine Aufzählung aller Industriebereiche, deren Abwasser
gefährliche Stoffe enthält. Die Rahmen-Verwaltungsvorschrift enthält Auflagen, die für alle
Branchen gleich sind und z.B. den Probenort, die Probennahme und die Analyse- und Mess-
verfahren definieren. Der Anhang 40 enthält die Anforderungen, die bei Einleitung (Direkt-
und Indirekteinleiter) an das Abwasser gestellt werden. In Tab. 2. 3 sind diese Anforderun-
gen gegliedert nach Herkunftsbereichen für die Metalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink auf-
geführt.
8 2. Stand des Wissens
Tab. 2. 3: Anforderungen (Grenzwerte) nach dem Stand der Technik für die metallverarbeitende In-
dustrie Herkunft Blei
[mg/L] Cadmium
[mg/L] Nickel [mg/L]
Zink [mg/L]
Galvanisierbetriebe 0,5 0,2 0,5 2 Beizereien - - 0,5 2 Anodisierbetriebe - - - 2 Brünnereien - - 0,5 - Feuerverzinkereien 0,5 0,1 - 2 Leiterplattenhersteller 0,5 - 0,5 - Batteriehersteller 0,5 0,2*) 0,5 2 Emaillierbetriebe 0,5 0,2 0,5 2 Mechanische Wekstätten 0,5 0,1 0,5 2 Gleitschleifereien - - 0,5 2 Lackierbetriebe 0,5 0,2 0,5 2
*) Bei Primärzellenfertigung gilt ein Wert von 0,1 mg/L
2.3 Konkurrierende Verfahren der Schwermetallentfernung
Zur Abschätzung des Anwendungsbereichs von Biosorbentien zur Rückgewinnung von
Schwermetallen werden im Folgenden die hauptsächlich eingesetzten Verfahren mit ihren
Vor- und Nachteilen beschrieben. Die Einhaltung von Grenzwerten in der metallbe- und ver-
arbeitenden Industrie lässt sich in der Regel nur durch eine Kombination mehrerer Ver-
fahrensschritte erreichen. Erst dann kann der einzelne Teilschritt seinen optimalen Wir-
kungsgrad erzielen. Der Wirkungsgrad der eingesetzten Methode ist im Wesentlichen ab-
hängig von der Schwermetallkonzentration des Abwassers. Prozesswässer lassen sich grob
in drei Kategorien einteilen [11]:
Spülwässer < 1 mg/L
Halbkonzentrate 1-1000 mg/L
Konzentrate > 1000 mg/L
Die wichtigsten Grundoperationen zur Einhaltung der Grenzwerte sind die chemische Fäl-
lung, der Ionenaustausch und Membranprozesse. Andere Verfahren wie Verdampfung;
Kristallisation, elektrochemische Prozesse oder Koagulation/Flockung können den Haupt-
prozess unterstützen.
2. Stand des Wissens 9
Fällungsverfahren
Die Fällungsverfahren sind die verbreitetsten Verfahren der Schwermetallabtrennung aus der
flüssigen Phase. Während des Fällprozesses werden die gelösten Metalle in eine unlösliche
Form überführt. Der große Vorteil der Fällverfahren besteht in der einfachen Anlagentechnik
zur Durchführung des Fällprozesses [12]. Die Fällungsverfahren lassen sich einteilen in:
a) Neutralisationsfällung
Der überwiegende Anteil des in der metallverarbeitenden Industrie anfallenden Abwassers
ist sauer und wird folglich mit alkalischen Stoffen neutralisiert. Im Vordergrund steht jedoch
weniger die Neutralisation der Mineralsäuren sondern vielmehr die parallel verlaufende Me-
tallausfällung. Als Fällungsmittel kommen Natronlauge, Calciumoxidhydrat und Soda zum
Einsatz. Die Schwermetalle fallen als Hydroxide oder schwerlösliche basische Salze aus
(abhängig von anwesenden Anionen sowie deren Konzentration). Der Restgehalt an Metall
kann theoretisch über das Löslichkeitsprodukt berechnet werden. Diese Methode ist in der
Praxis jedoch nicht anwendbar, da die Löslichkeitsprodukte von reinen Metallsystemen und
von Realabwässern erheblich differieren können [12, 13].
Um eine bessere Sedimentation der feinen, kolloid-dispersen Hydroxid-Niederschläge zu
erzielen, müssen in der Regel Flockungshilfsmittel, wie hochmolekulare Polymere, zugesetzt
werden. Die organisch verunreinigten Hydroxid-Niederschläge erschweren eine an-
schließende Wiederverwertung erheblich. Die Anwesenheit von Komplexbildnern im Abwas-
ser bewirkt eine starke Herabsetzung des Wirkungsgrads, da die Metallionen dann als kom-
plexierte Spezies im Prozesswasser vorliegen und sich nicht als Hydroxid fällen lassen.
b) Carbonat-Fällung
Vorteilhaft bei der Carbonatfällung ist, dass ein mit der Hydroxid-Fällung vergleichbarer Eli-
minationsgrad für die Schwermetalle Blei und Cadmium schon bei 2 pH-Wert Einheiten
niedriger erzielt wird. Die Sedimentationseigenschaften der erzeugten Schwermetall-
schlämme sind deutlich besser als bei den Metallhydroxiden. Aufgrund der guten Kristallinität
der Niederschläge wird eine bessere Filtrierbarkeit und ein geringerer Wassergehalt des Fil-
terkuchens erreicht. Die Ablaufkonzentrationen sind ebenfalls abhängig von der Konzentra-
tion vor der Fällung bzw. dem Löslichkeitsprodukt. In Laborversuchen mit Abwässern aus der
Galvanotechnik traten Restkonzentrationen von 1-10 mg/L auf [14].
c) Sulfid-Fällung
Im industriellen Bereich haben Sulfid-Fällungen geringere Bedeutung, obwohl hier die
kleinsten Löslichkeitsprodukte erreicht werden, so dass die Fällung auch in Gegenwart von
Komplexbildnern möglich ist. Ein Grund dafür ist die hohe Toxizität der eingesetzten Fäl-
lungsmittel Schwefelwasserstoff oder Natriumsulfid. Der Einsatz von Schwefelwasserstoff
erfordert zudem noch Maßnahmen zur Verminderung der Geruchsemission [12].
10 2. Stand des Wissens
Ionenaustausch
Ionenaustauscher sind in Wasser nichtlösliche aber quellbare Kunstharze mit substituierten
Gruppen. Die physikalischen Eigenschaften beruhen im Wesentlichen auf den Faktoren
� Festionenkonzentration
� Vernetzung (Mikroporosität)
� Makroporosität
während die chemischen Eigenschaften durch die
� Art des Festions
� Art des Gegenions
� Art der Harzmatrix
determiniert sind [15].
Die Harzmatrix ist meist durch Polymerisationsprodukte (Polystyrol, Polyacrylat) gegeben.
Als funktionelle Gruppen fungieren in erster Linie
-SO3- (stark saure Kationenaustauscher)
-COO- (schwach saure Kationenaustauscher)
-R3+ (R = -CH3, -CH2CH2OH, usw.; stark basische Anionenaustauscher)
-N(CH3)2H+, -NH3+, NH2
+ usw. (schwach basische Anionenaustauscher).
Chelat-Harze verfügen über Substituenten die mit den Metallionen ringförmige Chelate z.B.
N(CH2COO-)2 [16] bilden.
Die Aufnahme der Metallionen erfolgt im Austausch gegen Na+ oder H+ (Kationenaus-
tauscher) oder Cl- oder OH- (Anionenaustauscher).
Stark saure Kationenaustauscher stellen allgemein die problemlosesten und robustesten
Harze dar. Makroporöse Harze vertragen Druckverluste bis 2,5 bar, während diese bei Gel-
harzen 1,5 bar nicht überschreiten sollten. In der metallverarbeitenden Industrie werden Ka-
tionenaustauscher ausnahmslos in der H+-Form angewendet. Sie sind im pH-Bereich von 1-
14 und in der Regel bis 120°C einsetzbar. Nachteilig sind vor allem die geringe Selektivität
gegenüber Alkali- und Erdalkali-Ionen und irreversible Schädigungen durch Öle, Tenside und
Oxidationsmittel [17].
Schwach saure Kationenaustauscher verfügen zwar über sehr hohe Kapazitäten (1-3 meq/L
feuchtes Harz Nutzkapazität) haben aber infolge des eingeschränkten pH-Bereichs, ent-
sprechend dem pKs-Wert der Säuregruppe des Substituenten, in der metallverarbeitenden
Industrie wenig Bedeutung, zumal eine ähnlich geringe Selektivität wie bei den stark sauren
Kationenaustauschern zu beobachten ist [18].
Für die Schlussreinigung werden zumeist Selektivtauscher (z.B. Chelatbildner) eingesetzt.
Diese verfügen zwar nicht mehr über die hohe Kapazität, können aber Metalle in Gegenwart
von Co-Ionen spezifisch binden. Durch die hohen Stabilitätskonstanten der Bindung mit den
Schwermetallen sind jedoch doppelt so große Regeneriermittelmengen (zumeist HCl) not-
2. Stand des Wissens 11
wendig, um die beladene Säule zu regenerieren [12]. Als nachteilig erwies sich in der Unter-
suchung von Simpson und Laurie [19] zudem die Stabilität der Chelatgruppe zweier speziell
für die Metallentfernung konzipierter Austauscher (Metalfix Chelamine, Metalfix Chelsolve).
Die Harze zeigten nach wenigen Austauschzyklen aufgrund des Verlustes von funktionellen
Gruppen einen deutlichen Kapazitätsverlust.
Membrantrennverfahren
Neben den bereits beschriebenen Verfahren der chemischen Fällung und des Ionenaus-
tausches werden in der metallverarbeitenden Industrie unterschiedliche Membranverfahren
zur Metall- und Prozesswasserrückgewinnung angewendet. Zum Einsatz kommen die Um-
kehrosmose und die Elektrodialyse.
a) Umkehrosmose
Der Vorgang der Osmose ist dadurch charakterisiert, dass zwei Kompartimente durch eine
halbdurchlässige Membran voneinander getrennt sind. Das reine Lösungsmittel (Wasser)
kann durch die Membran dringen und versucht die Konzentration in der Lösung durch Ver-
dünnung zu reduzieren. Hierdurch vergrößert sich der Systemdruck in der Lösung. Dreht
man in technischen Prozessen diesen Effekt um, d. h. man drückt das Medium mit erhöhtem
Druck gegen eine wasserdurchlässige Membran, kann man in der Umkehrosmose an orga-
nischen und anorganischen Substanzen echt gelöste Anteile dem Wasser entziehen [20].
Die wichtigsten Membranwerkstoffe sind abgewandelte Naturprodukte (z.B. Celluloseacetat)
und synthetische Produkte (z.B. Polyamide, Polypropylen). Die Vor- und Nachteile der
Membrantrennverfahren sind nachfolgend aufgelistet [14]:
Vorteile:
� einfacher modularer Aufbau
� niedriger Energieverbrauch
� rein physikalisches Trennverfahren ohne chemische oder thermische Veränderung
der Komponenten
Nachteile:
� begrenzte thermische, chemische und mechanische Stabilität
� Empfindlichkeit gegenüber Verschmutzung (Fouling).
Bei der Behandlung von sauren Spülwässern aus der Oberflächenbehandlung von Spezial-
papier wurde durch eine Umkehrosmose-Anlage mit einer Membranfläche von 312 m2 ein
Rückhalt von 99,7 % bezogen auf den Zinkgehalt im Zulauf (2170 mg Zn2+/L; 5 m3/h) erzielt
[21].
12 2. Stand des Wissens
b) Elektrodialyse
Mittels Elektrodialyse lassen sich ebenfalls Metallionen und geladene Metallkomplexe an-
reichern. Alternierend angebrachte Anionen- und Kationenaustauschermembranen bilden
Kammern in einem elektrischen Feld, das zwischen zwei parallel zu den Kammern ausge-
richteten Elektroden erzeugt wird. Positiv geladene Ionen können unter Einfluss des
elektrischen Feldes die Kationenaustauschermembranen passieren und werden an der
folgenden Anionenaustauschermembran zurückgehalten. Im Gegensatz dazu durchdringen
die negativ geladenen Ionen die Anionenaustauschermembranen und werden von den
Kationenaustauschermembranen abgestoßen. In benachbarten Kammern erfolgt daher eine
Aufkonzentrierung bzw. Verdünnung.
Vorteilhaft ist, dass mit dem Verfahren der Elektrodialyse keine Aufsalzung des Systems
verbunden ist. Nachteilig ist die mangelnde Selektivität sowie Foulingprozesse der Membra-
nen [14].
2.4 Entfernung von Schwermetallen mit organischen Materialien
2.4.1 Biosorption und Bioakkumulation
Die Schwermetallentfernung aus wässrigen Lösungen mit Hilfe von biologischen Materialien
kann grundsätzlich zwischen den Prozessen Biosorption und Bioakkumulation differenziert
werden.
Die Bioakkumulation bezeichnet die aktive Schwermetallaufnahme in die lebende Zelle und
ist mit einem Energieverbrauch für die Zelle gekoppelt [22-24]. Die Schwermetalle können
wie bei Cyanobakterien in Polyphosphatkörpern [25] oder im Fall von Saccharomyces
cerevisae in der Zellwand und nach ausreichender Kontaktzeit auch im Cytoplasma ge-
funden werden [23, 24]. Es wird angenommen, dass der Mechanismus der Schwermetall-
aufnahme durch die Zellmembranen ähnlich verläuft wie die Aufnahme der essentiellen
Elemente Natrium, Kalium und Magnesium [26].
Überlagert wird die Bioakkumulation durch einen sehr schnellen zweiten Prozess der Bio-
sorption. Dieser auch als passive Akkumulation bezeichnete Vorgang [27] beschreibt eine
Vielzahl von physikalischen und chemischen Vorgängen an dem biologischen Material. Die
Biosorption ist unabhängig vom Stoffwechsel des jeweiligen Organismus und beruht auf
Fällung, Ionenaustauch, elektrochemischen Prozessen, Chelatbildung und Adsorption [27-
29].
Technologisch bietet der Biosorptionsvorgang im Gegensatz zur Bioakkumulation den Vor-
teil, dass inaktivierte Biomasse eingesetzt werden kann. Zum einen lassen sich dadurch
höher konzentrierte Abwasserströme behandeln, die sonst toxisch für die lebende Zelle
wären und zum anderen brauchen die zu behandelnden Abwasserströme keine für das
Überleben der Organismen wichtigen Nährstoffe enthalten. Zusätzlich kann zur effektiven
2. Stand des Wissens 13
Regeneration ein pH-Wechsel Verfahren eingesetzt werden, das im Fall von vitaler Bio-
masse zum Abtöten derselben führen würde. Zudem handelt es sich beim Biosorptionsvor-
gang um einen reversiblen und schnellen Prozess, der aus technischer Sicht von Vorteil ist.
Zu dieser mehr oder minder ausgeprägten Bindung von Metallen ist nahezu jeder Organis-
mus befähigt. Dies gilt für Bakterien, Hefen, Pilze und im Besonderen für Algen. Verantwort-
lich für die passive Bindung sind vor allem die funktionellen Gruppen der Zellwandbestand-
teile [29].
2.4.2 Bakterien
Bakterielle Biomasse kann hinsichtlich des Aufbaus der Zellwand differenziert werden in:
!"gram-positive Bakterien
!"gram-negative Bakterien.
Die Zellwand gram-positiver Bakterien ist 50-150 nm dick und besteht hauptsächlich aus
Peptidoglucan (40-90 %). Die Peptidoglucanschicht ist ein starres, poröses nicht kristallines
und hochvernetztes Material und besteht aus einer linearen Anordnung von
N-acetylglucosamin-β-1,4-N-acetylmuraminsäure-Einheiten. Die Peptidseitenketten sind an
der Carboxyl-Gruppe der Muraminsäure substituiert. Die biosorptive Fähigkeit hängt von der
Anzahl, der Art und der Zugänglichkeit der funktionellen Gruppen und auch von der Porosität
des Zellskelettes ab. Zusätzliche biosorptive Gruppen können durch kovalent mit der Pep-
tidoglucanschicht verknüpfte Teichon- und Teichuronsäuren in die Zellwand eingebracht sein
[30].
Im Gegensatz dazu zeigen gram-negative Bakterien eine stark verminderte Peptidoglucan-
schicht. Sie ist gewöhnlich 15-20 nm dick und macht nur ca. 10 % des Zellwandmaterials
aus. Die äußere Membran besteht vorwiegend aus Lipopolysacchariden, Phospholipiden und
Proteinen. Die negative Oberflächenladung gram-negativer Bakterien, Voraussetzung zur
Biosorption, wird hauptsächlich durch den Aufbau der Lipopolysaccharidschicht hervorge-
rufen.
Eine Vielzahl gram-positiver als auch gram-negativer Bakterien ist mit einer zusätzlichen
Oberflächenschicht versehen. Sie besteht sowohl aus Polypeptiden als auch aus Kohlen-
hydraten. Die Polypeptide setzen sich vornehmlich aus sauren Aminosäuren zusammen und
verleihen diesem Zellwandbestandteil anionische Eigenschaften, die zur Biosorption beitra-
gen [30].
Ein wichtiges zusätzliches Element bei der Betrachtung der biosorptiven Eigenschaften von
bakterieller Biomasse einiger Stämme ist die Produktion von Exopolysacchariden. Die Infor-
mationen aus der Literatur geben Hinweise, dass Bakterien in Kapseln oder Schleimhüllen
aus Polysacchariden zu einer verstärkten Aufnahme von Schwermetallen befähigt sind [31].
14 2. Stand des Wissens
Als Beispiele sind hier zu nennen: Zooglea ramigera [32, 33], Alteromonas macleodii [34]
und Sphaerotilus natans [35].
Bacillus-Spezies verfügen über beachtliche Kapazitäten Schwermetalle biosorptiv zu binden.
Ein kommerzielles Verfahren, basierend auf dieser bakteriellen Biomasse, wurde von
Brierley et al. [36] entwickelt (BIOCLAIM-Verfahren).
2.4.3 Pilze und Algen
Prokaryontische Mikroorganismen sind in der Regel einzellig, während die vegetativen
Formen der eukaryontischen Organismen aus Zellverbänden bestehen. Die Zellen sind, ver-
glichen mit den bakteriellen, von echten und in ihrer Struktur festeren Zellwänden umgeben.
Unterschiede zeigen sich im chemischen und strukturellen Aufbau. Verschiedene Poly-
saccharide (Aminopolysaccharide wie Chitin und Chitosan, neutrale Polymere wie Cellulose,
Glucan, Glykogen, Mannan und Polyuronide) bilden das Grundgerüst der Pilzzellwände (bis
zu 90%). Häufig sind sie kovalent verbunden mit Proteinen und Pigmenten. Phosphodiester
und Carboxylgruppen verleihen den Zellwänden ein elektrochemisches Potential zur bio-
sorptiven Bindung von Schwermetallen. Generell zeigt die Zusammensetzung der Zellwände
von Pilzen eine große Variation, die auch die Grundlage ihrer Klassifikation darstellt.
Algenzellwände sind strukturell ähnlich aufgebaut wie die Zellwände von Pilzen. Sie beste-
hen aus mehrfach übereinanderliegenden Netzen aus Cellulose von parallel oder zufällig
angeordneten Mikrofibrillen. Cellulose ist bei manchen Spezies ersetzt durch Xylan und
Mannan. Die hervorragenden Sorptionseigenschaften der Zellwände sind häufig auf hohe
Konzentrationen von Uronsäuren zurückzuführen [30].
Beispielhafte Vertreter der Pilze mit hohen Sorptionskapazitäten sind: Rhizopus [37-47],
Aspergillus [48, 49], Penicillium [50, 51] oder Vertreter der Familie Mucorales [52, 53].
Ausgezeichnete Sorptionskapazitäten werden von Makroalgen der Spezies Sargassum [54-
58], Ascophyllum [59] und Fucus [60] erzielt, während sich Untersuchungen bei Mikroalgen
zumeist nur auf leicht kultivierbare Arten der Spezies Chlorella [61-67] und Spirulina be-
schränken [68].
Ein kommerzielles Verfahren auf der Basis von Algen ist das AlgaSORBTM-Verfahren. Hier
werden unterschiedliche Algen mit verschiedenen Immobilisierungsmethoden zu granulier-
tem Material verarbeitet und in Festbettkolonnen eingesetzt [26].
2. Stand des Wissens 15
2.4.4 Organische und anorganische Reststoffe aus industriellen Prozessen zur
Schwermetallentfernung
Neben den bereits beschriebenen Möglichkeiten zur Schwermetallentfernung aus wässrigen
Lösungen werden unterschiedlichste organische und anorganische Reststoffe, zumeist aus
industriellen Prozessen oder Abfallprodukte der Lebensmittelindustrie, auf ihr Sorptionsver-
mögen untersucht. In Tab. 2. 4 sind einige Beispiele von verwendeten Reststoffen darge-
stellt. Tab. 2. 4: Organische und anorganische Abfallprodukte aus industriellen Prozessen, die zur
Schwermetallentfernung eingesetzt werden
Im Allgemeinen ist die Sorptionskapazität der aufgeführten Abfallprodukte für die untersuch-
ten Schwermetalle als niedrig bis sehr niedrig einzustufen. Der Vorteil besteht jedoch darin,
dass die Entsorgung dieser Abfälle normalerweise mit Kosten verbunden ist. Daraus folgt,
dass die Betreiber der entsprechenden Industrieanlage als Abfallerzeuger und die Hersteller
von Materialien zur Schwermetallentfernung einen wirtschaftlichen Vorteil daraus ziehen
können.
Um den Nachteil der niedrigen Beladungswerte zu kompensieren, werden häufig zusätzliche
funktionelle Gruppen in die Reststoffe eingebaut. Hierzu wird pektinhaltige pflanzliche Bio-
masse alkalisch vorbehandelt. Die dadurch erreichte Steigerung der Schwermetallkapazität
beträgt je nach Ausgangsmaterial 30-150 %. Sie beruht bei pektinhaltigen Materialien fast
ausschließlich auf der Verseifung der Methanolester [72]. Eine weitere Möglichkeit besteht
Verwendeter Reststoff Art der Modifizierung Schwermetalle Referenz Apfeltrester Phosporylierung Cu, Pb, Cd [69] Olivenölherstellung keine Pb, Zn [70] Flugasche aus der Aktivkohleherstellung
keine Cd, Cu [71]
Birnentrester Haselnußhäutchen Apfeltrester Johannisbeertrester Zuckerrübenschnitzel Rapsschrot Kakaoschalen Orangenschalen Zitronenschalen Zwiebelschalen
alkalisch vorbehandelt
Cu Cu Cu Cu Cu Cu Cu
Cu, Pb,Cd Cu Cu
[72]
Flugasche keine Cu, Zn, Pb [73] Holzspäne Phosphorylierung Pb, Zn, Ni, Cu, Hg, Cd,
Cr, Zn [74]
Torf keine Cu, Ni, Zn [75] Krabbenschalen keine Pb [76] Abfallbiomasse aus Brauereien
keine U [77]
Abfallbiomasse aus einer Destillation
keine U [78, 79]
Pilzabfallbiomasse aus der Fermentations-industrie
keine Pb, Zn [80]
16 2. Stand des Wissens
darin, zusätzliche Phospatgruppen kovalent an den Reststoffen zu binden (vgl. Tab. 2. 4).
Hierdurch wird ebenfalls die Anzahl der anionischen Gruppen erhöht.
2.5 Technische Grundlagen der Biosorption von Schwermetallen mit Mikroalgen
Mikroalgen oder Extraktionsrückstände aus der Wertstoffgewinnung liegen zumeist pulver-
förmig vor. Um diese neuartigen Sorbentien zur Schwermetallrückgewinnung einzusetzen,
sollten sie folgende Ansprüche erfüllen:
!"Die Biosorbentien sollten eine geeignete Größe und Form besitzen.
!"Sie sollten über mechanische, chemische und physikalische Eigenschaften verfügen,
um in unterschiedlichen Apparaten eingesetzt werden zu können (Rührkessel,
Wirbelschichtkolonne, Festbettkolonne).
!"Der Beladungs- und Desorptionsvorgang sollte schnell und effizient erfolgen.
!"Das Biosorbens sollte kostengünstig herstellbar und wiederverwendbar sein.
Die pulverförmig vorliegende Biomasse erfüllt die oben genannten Anforderungen insoweit,
dass die Verwendung im Rührkessel und in der Wirbelschichtkolonne möglich ist. Soll die
Biomasse auch als Sorbens in der Festbettkolonne Anwendung finden, so muss das pulver-
förmige Material vorher immobilisiert werden (vgl. 2.5.2).
2.5.1 Apparate zur Sorption aus der flüssigen Phase
Der Sorptionsprozess der Schwermetallrückgewinnung ist durch ein Zweiphasensystem
(flüssig/fest) gekennzeichnet. Die Betriebsweise kann absatzweise, halbkontinuierlich oder
kontinuierlich gestaltet werden. Eingesetzt werden könnten:
!"absatzweise Schwermetallentfernung im Rührkessel
!"kontinuierliche Schwermetallentfernung im Rührkessel
!"kontinuierliche Schwermetallentfernung in der Festbettkolonne bei Kolonnenverschal-
tung
Schwermetallentfernung im Rührkessel
Die absatzweise Schwermetallentfernung im Rührkessel hat den Vorteil, dass die Biomasse
direkt eingesetzt werden kann. Bei ausreichender Durchmischung des biologischen Materials
mit der schwermetallkontaminierten flüssigen Phase durch den verwendeten Rührer lassen
sich die jeweiligen Metalle effektiv entfernen. Durch die geringe Partikelgröße der Biomasse
und der sich daraus ergebenden schnellen Sorptionskinetik kann das Sorptionsgleichgewicht
in wenigen Minuten erreicht werden.
Ein dem Rührreaktor nachgeschalteter Verfahrensschritt hat die Aufgabe die beladene Bio-
masse von der flüssigen Phase zu trennen (vgl. Abb. 2.1).
2. Stand des Wissens 17
Filter
Tank
Pumpe
Rührkessel
Abb. 2. 1: Schematische Darstellung einer absatzweisen Schwermetallrückgewinnung im Rührkessel
Hierzu kommen unter anderem folgende Trennprozesse in Frage (in Reihenfolge steigender
Kosten):
� Absetzen der Biomasse
� Flotation
� Filtration
� Zentrifugation
Die beladene Biomasse kann dann in einem zweiten Prozess desorbiert und anschließend
erneut zur Sorption eingesetzt werden.
Die kontinuierliche Variante der Schwermetallentfernung im Rührkessel ist dadurch charak-
terisiert, dass dem Kessel fortlaufend schwermetallhaltige Lösung und biologisches Sorp-
tionsmaterial zu- und gleichzeitig aus dem Kessel abgeführt wird. Um effektiv einsetzbar zu
sein, setzt diese Variante eine schnelle Sorptionskinetik voraus. Während bei der absatz-
weisen Behandlung des Abwassers Beladung und Desorption im gleichen Rührkessel zeit-
lich versetzt erfolgen kann, bedingt die kontinuierliche Betriebsweise zwei getrennte Rühr-
kessel für Beladung und Desorption.
Neben den hohen Investitions- und Betriebskosten besteht für beide Betriebsweisen der
Nachteil, dass die minimal erreichbare Schwermetallkonzentration im Abwasser dem Gleich-
gewichtspunkt der Sorptionsisotherme entspricht. Um den gesetzlichen Anforderungen ge-
recht zu werden, muss das Verhältnis von eingesetzter Biomasse und Volumen Abwasser so
gewählt werden, dass die Einleiterwerte nicht überschritten werden. Hieraus resultieren
häufig zu hohe Mengen an einzusetzender Biomasse, um den einstufigen Rührkesselpro-
18 2. Stand des Wissens
zess technisch sinnvoll einzusetzen. Beispielhaft sind hier die hohe Viskosität der Biomasse-
suspension und die erschwerte Biomasseseparation zu nennen.
Ein mehrstufiger Prozess (Rührkesselkaskade) würde dieses Problem verfahrenstechnisch
lösen, ist aber durch die entstehenden hohen Kosten nicht praktikabel.
Schwermetallentfernung in der Festbettkolonne
Das Festbett bildet hinsichtlich des Konzentrations/Zeit- und des Konzentrations/Ort-Verhal-
tens aus verfahrenstechnischer Sicht das „entgegengesetzte Ende“. Während im Rührkes-
sel, ideale Durchmischung vorausgesetzt, die Minimalkonzentration im Rührkessel gleich der
Gleichgewichtskonzentration ist, können in einem Festbett die Schwermetalle aus der
flüssigen Phase bis zum Erreichen des Durchbruchs nahezu vollständig entfernt werden.
Abb. 2. 2: Verschaltung von Festbettkolonnen zur kontinuierlichen Schwermetallentfernung am Bei-
spiel einer Vierkolonnenanlage.
Die Verwendung von nur einer Festbettkolonne lässt ausschließlich einen absatzweisen Be-
trieb zu. Nachdem im Ablauf die zulässigen Grenzwerte erreicht werden, muss das Festbett
regeneriert werden und steht somit nicht mehr zur Schwermetallentfernung zur Verfügung.
2. Stand des Wissens 19
Wie in Abb. 2. 2 beispielhaft an einer Vierkolonnenanlage dargestellt, lässt sich durch eine
geeignete Kolonnenverschaltung ein nach außen kontinuierlicher Betrieb gestalten.
Durch eine geeignete Verschaltung der Magnetventile stehen fortlaufend drei der vier Fest-
bettkolonnen für die Sorption zur Verfügung, während eine Kolonne zeitgleich regeneriert
werden kann. Nachdem die Massenaustauschzone die erste der drei in Reihe geschalteten
Sorptionskolonnen passiert hat und dann vollständig beladen ist, wird diese regeneriert.
Gleichzeitig wird die zuvor desorbierte Kolonne als dritte Kolonne zu den bereits in der Bela-
dungsphase befindlichen Sorptionskolonnen geschaltet. Hierdurch wird eine vollständige
Beladung der Biosorbentien und somit eine maximale Auslastung des Biosorbens erzielt.
Der Betrieb von Festbettkolonnen erfordert jedoch, dass die Sorbentien eine Mindestpar-
tikelgröße nicht unterschreiten. Der direkte Einsatz der pulverförmigen Mikroalgen in einer
Festbettkolonne würde durch die geringe Größe des Algenmaterials (µm-Bereich) zu hohen
Druckverlusten und zum Verblocken der Kolonnenschüttung führen. Mögliche Lösungsan-
sätze stellen die Granulierung oder aber die Immobilisierung der Biomasse dar, um die ver-
fahrenstechnischen Vorteile des Festbetts zu nutzen. Da die Granulierung (z.B Herstellung
von Presslingen) mit einem langsamen Stofftransport und erhöhtem Biomasseaustrag
verbunden ist sind geeignete Immobilisierungstechniken dieser Methode vorzuziehen.
20 2. Stand des Wissens
2.5.2 Immobilisierung
Durch den Immobilisierungsprozess lassen sich Biosorbentien aus Mikroalgen herstellen, die
in einer Festbettkolonne einsetzbar sind. Die Immobilisatpartikel sollten über eine geeignete
Partikelgröße sowie ausreichende mechanische Stabilität und Porosität verfügen. Die zum
Einsatz kommenden Immobilisierungstechniken lassen sich Abb. 2. 3 entnehmen [81].
BBB
B
T +B
T B
B
BB B
BB
B
B
TT B
TB
T
B
BB
BB
BB
BB
BBB
B
BB
BB
BB
BB
adsorptivoder ionisch
kovalent
crosslinking
co-cross-linking
Kugeln
Fasern
Mikro-kapseln
Membran-reaktoren
Trägerbindung
Membranab-trennung
Einhüllung
Vernetzung
Abb. 2. 3: Mögliche Methoden zur Immobilisierung von biosorptiv wirksamen Materialien (B = Biosor-
bens, T= Trägermaterial )
Trägerbindung
Die adsorptive Bindung von biologischen Materialien an Trägermaterialien findet eine weite
Verbreitung in der Abwasserreinigung [82-84], der Enzymimmobilisierung [85-87] und in der
Wertstoffproduktion [88, 89]. Prinzipiell wird die Biomasse auf den inerten Oberflächen der
Trägermaterialien zumeist adhäsiv gebunden und anschließend in einer Festbettkolonne
eingesetzt. Verwendet werden die unterschiedlichsten Materialien wie poröse Glasträger,
Holz, Keramik oder PVC-Chips [90]. Durch die geringen Wechselwirkungen zwischen Bio-
masse und Träger ist die Gefahr des „Ausblutens“, der Verlust der Biomasse in einer Fest-
bettkolonne sehr groß. Dies gilt besonders bei hohen Volumenströmen in einem Festbett.
Ein weiterer Nachteil ist die geringe Biomassedichte, die in Festbettkolonnen durch diese
Immobilisierungstechnik erzielt wird. Deshalb findet die adsorptive Bindung an inerten
Trägern kaum Anwendung in der biosorptiven Schwermetallentfernung aus wässrigen
Phasen. In den wenigen Veröffentlichungen nutzen die Autoren den Prozess der Bioakku-
mulation [91, 92], der mit den bereits diskutierten Nachteilen verbunden ist (vgl. 2.4.1).
2. Stand des Wissens 21
Vernetzung (Crosslinking, Co-Crosslinking)
Die Zugabe von Vernetzungsreagenzien wie Formaldehyd, Glutardialdehyd, Divinylsulfon
und Formaldehyd/Harnstoff-Mischungen führt zu stabilen Zellaggregaten [26].
Durch die kovalente Bindung dieser Verbindungen mit funktionellen Gruppen des biolo-
gischen Materials geht jedoch gleichzeitig ein Kapazitätsverlust für die Schwermetalle einher
[93, 94]. Des Weiteren scheint die mechanische Stabilität nicht ausreichend zu sein, um mit
der quervernetzten Biomasse eine Festbettkolonne zu betreiben. Abfallbiomasse aus der
Whiskyproduktion musste, wie von Bustard et al. [78] beschrieben, zusätzlich zur Querver-
netzung mit Formaldehyd noch mit Alginat immobilisiert werden. Carvalho et al. [95] verwen-
deten eine mit Formaldehyd quervernetzte Makroalge (Ascophyllum nodosum) ausschließ-
lich in Batchversuchen.
Einhüllung
Die Immobilisierung durch Einschluss in Polymere wird mit Abstand am häufigsten in der
Biosorption angewendet. Aufgrund der definierten Geometrie und den sich daraus erge-
benen vorteilhaften Strömungsbedingungen in Festbettreaktoren, werden fast ausschließlich
kugelförmige Biosorbentien verwendet. In Tab. 2. 5 sind Beispiele unterschiedlicher biolo-
gischer Materialien mit den entsprechend verwendeten Polymerkomponenten zusammen-
fassend dargestellt.
Als besonders kritisch zu betrachten ist der häufige Gebrauch von Alginat als Immobili-
sierungspolymer. Dainty et al. [96] konnten zeigen, dass sich Ca-Alginat Immobilisate
(Chlorella) in einer 0,2 M Phosphat-Lösung nach 24 h vollständig auflösen. Neben
kationischen Chelatbildnern wie Citronensäure, Weinsäure oder EDTA, als potentielle De-
sorptionsmittel, weisen auch Schwermetalle wie Eisen oder Zink destabilisierende Effekte
auf. Daraus wird ersichtlich, dass Alginat als Immobilisierungsmittel für die Biosorption nicht
in Frage kommt.
Alginat und auch Polyacrylamid sind sehr weiche Immobilisierungsmaterialien. Folglich las-
sen sich Festbettkolonnen im Labormaßstab mit den oben genannten Einschränkungen noch
betreiben, im Fall einer Maßstabsvergrößerung jedoch steigt die Verblockungsgefahr stark
an.
Das Immobilisierungsverfahren durch Einhüllung ist im Allgemeinen durch einen vergleichs-
weise schlechten Stofftransport und einen geringen Biomasseanteil in den Biosorbentien
gekennzeichnet [93]. Als vorteilhaft werden in diesem Artikel die kostengünstigen Immobili-
sierungsmaterialien herausgestellt.
22 2. Stand des Wissens
Tab. 2. 5: Unterschiedliche biologische Materialien immobilisiert nach dem Prinzip der Einhüllung Biomasse verwendetes
Polymer Referenz Biomasse verwendetes
Polymer Referenz
Nostoc calcicola Alginat [97] Chlorella vulgaris
Agarose, Alginat
[111]
Chlorella salina Alginat [98] Pseudomonas Polyacrylamid [103] Chlorella vulgaris Scenedesmus quadricauda
Alginat [99] Saccharomyces cerevisiae
Polyacrylamid [109]
Chlorella homosphaera
Alginat [64] Mycobacterium smegmatis
Polyacrylamid [108]
Zoogloea ramigera Alginat [106] Desulfovibrio desulfuricans
Polyacrylamid [112]
Rhizopus arrhizus Alginat [40] Arthrobacter sp. Polyhydroxo-ethylmetacrylat
[113]
Zoogloea ramigera Alginat [32] Phormidium laminosum
Polysulfon [115]
Zoogloea ramigera Alginat [104] Saccharomyces cerevisiae
PVA, Alginat [107]
Chlorella emersonii Alginat Agarose
[61, 100] keine Angaben PVA [101]
Streptomyces viridchromogenes Chlorella regularis
Alginat Cellulose Acetat Agar Polyacrylamid
[102] Pseudomonas aeruginosa
Polyurethan Hydrogel
[105]
verschiedene Mikroalgen
Alginat Polyacrylamid
[110] E. coli Pseudomonas putida
Silica gel [114]
Membranabtrennung
In der Literatur existieren nur wenige Hinweise auf die Nutzung von Membranreaktoren zur
biosorptiven Schwermetallentfernung. Gründe hierfür sind die hohen Investitionskosten und
auch Betriebskosten im Vergleich zu Festbettverfahren.
Veglio et al. [116] verwendeten Arthrobacter sp. in einem Rührreaktor zur Kupferelimination.
Die Biomasse in dem kontinuierlich betriebenen Rührreaktor wurde mittels einer Polysulfon-
membran zurückgehalten. Als Vorteil wird die schnelle Sorptionskinetik des beschriebenen
Prozesses herausgestellt.
Die Herstellung von membranumhüllten Hohlkugeln findet bislang z. B. Anwendung für die
Sicherheitsfermentation [117] oder bei der Kultivierung von scherkraftempfindlichen Insek-
tenzellkulturen zur Herstellung von Baculoviren ein Einsatzgebiet [118]. Der Herstellungspro-
zess basiert darauf, dass wässrige Lösungen von entgegengesetzt geladenen Polyelektro-
lyten (Polymere mit mindestens einer geladenen Gruppe pro Untereinheit) oder Polyelektro-
lyten und Vernetzerionen miteinander in Kontakt gebracht werden. Dabei bilden sich an der
Grenzfläche spontan wasserunlösliche, stark gequollene Präzipitate oder Grenzschichten
aus. Die Reaktion ist innerhalb weniger Minuten abgeschlossen [118]. Eine Übersicht von
Polyelektrolyten und zugehörigen Vernetzerionen ist Tab. 2. 6 zu entnehmen.
2. Stand des Wissens 23
Tab. 2. 6:Gelbildende Polyelektrolyte und Vernetzerionen für die Kapselbildung [119] Polyelektrolyte Vernetzerionen -COO- Alginat Ca2+,Al3+,Co2+.... Pektinat Mg2+, Ca2+ Carboxymethylcellulose Al3+ Carboxymethylguar Gum Ca2+, Al3+ -SO3- Carageenan K+, Ca2+ Natriumcellulosesulfat Polyethylenimin Sulfoethylcellulose Polyethylenimin -NH3+ Chitosan Polyphosphate
Im Gegensatz zu polyanionischen Salzen (z.B. Alginat), die in Gegenwart von Chelat-
bildnern, Phosphaten oder hohen pH-Werten instabil sind und polykationischen Salzen wie
zum Beispiel Chitosan, das bei niedrigen pH-Werten zur Instabilität neigt, sind Polyelektrolyt-
komplexe weitaus weniger durch solche Faktoren beeinflussbar. Infolge ihrer hohen
chemischen und mechanischen Stabilität eröffnet sich diesen Materialien ein weites Anwen-
dungsfeld [120]. Mikrokapseln aus Cellulosesulfat sind für ihre gute mechanische Stabilität
bekannt. Eine 3 mm Kapsel auf der Grundlage von Cellulosesulfat kann eine Kraft von bis zu
7 N aufnehmen ohne zu zerbrechen [121].
Die Herstellung von membranumhüllten, kugelförmigen Biosorbentien basiert auf dem Ein-
tropfen einer Polyelektrolyt/Biomasse-Suspension in eine Lösung, welche die zweite Poly-
elektrolytkomponente enthält. Dies kann durch einfaches Abtropfen, Abtropfen mit über-
lagertem Luft- oder Flüssigkeitsstrom und Strahlschneideverfahren geschehen [180, 122].
2.5.3 Sorptionsgleichgewicht
Der Sorptionsprozess ist dadurch gekennzeichnet, dass eine feste Phase (Sorbens) mit
einer flüssigen Phase (Solvent, normalerweise Wasser) in der der zu sorbierende Stoff
(Sorptiv) gelöst ist, in Kontakt gebracht wird. Als Folge der Affinität von Sorptiv und Sorbens
erfolgt eine wechselseitige Bindung, die auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen kann.
Als Gleichgewicht bezeichnet man den Zustand, bei dem der sorptive und desorptive Anteil
gleich groß ist. Die Bindungsstärke zwischen Sorbens und Sorptiv legt das Verteilungs-
gleichgewicht in flüssiger und fester Phase fest. Die Beladung des Sorbens wird als Gleich-
gewichtsbeladung qeq bezeichnet und steht in Beziehung zur Gleichgewichtskonzentration in
der Flüssigkeit ceq. Sie kann über die Massenbilanz:
VcmqVcmq eqeq00 ⋅+⋅=⋅+⋅ (2. 1)
hergeleitet werden.
24 2. Stand des Wissens
Unter der Voraussetzung eines zu Beginn unbeladenen Sorbens (q0 = 0) ergibt sich:
mV)c(c
q eq0eq
⋅−= (2. 2)
Bei bekanntem Volumen V, gegebener Masse des Sorbens m und gemessener Anfangskon-
zentration c0 sowie Gleichgewichtskonzentration ceq ist die Gleichgewichtsbeladung be-
stimmbar.
Die Abhängigkeit der Gleichgewichtsbeladung von der Gleichgewichtskonzentration kann mit
Hilfe von Sorptionsisothermen dargestellt werden. Da der Sorptionsprozess zumeist ein
exothermer Vorgang ist, sollte die Aufnahme der Sorptionsisothermen bei konstanter Tem-
peratur erfolgen. Eine mathematische Darstellung von Sorptionsisothermen ist unter Ver-
wendung verschiedener Sorptionsmodelle möglich.
Sorptionsmodelle
Das von Langmuir entwickelte Sorptionsmodell basiert auf der Festphasenadsorption aus
der Gasphase [123]. Grundlage der Modellvorstellung ist eine begrenzte Anzahl von Bin-
dungsplätzen auf dem Sorbens.
Die mathematische Formulierung der Abhängigkeit von Gleichgewichtsbeladung und
-konzentration lautet:
bcc
qqeq
eqmaxeq +
⋅= (2. 3)
Die Parameter qmax und b bezeichnen die maximale Beladungskapazität des Sorbens (Pa-
rameter qmax) und die Affinität von Sorbens und Sorptiv (Parameter b) unter gegebenen Ver-
suchsbedingungen. In vielen Veröffentlichungen wird das Langmuir-Adsorptionsmodell auch
in folgender Form benutzt:
1cbcb
qqeq
*eq
*
maxeq +⋅
⋅= (2. 4)
Beide Gleichungen sind durch:
*bb 1= (2. 5)
ineinander überführbar [124].
Obwohl die Modellvorstellung unter der Voraussetzung einer definierten Anzahl von Bin-
dungsplätzen auf dem Sorbens für die Biosorption nur eingeschränkt Gültigkeit hat, da häufig
eine Überlagerung unterschiedlicher Bindungsmechanismen vorliegt (Komplexierung, Ionen-
2. Stand des Wissens 25
austausch, Adsorption, Chelatbildung), beschreibt das Sorptionsmodell von Langmuir diesen
komplexen Vorgang zumeist mit hoher Genauigkeit [125-129]. Im Grenzfall sehr kleiner
Gleichgewichtskonzentration geht die Langmuir-Isotherme in eine lineare Isothermenform
über. Dieser lineare Abschnitt der Isotherme wird oft auch als Henry-Bereich bezeichnet, da
Gl. 2.3 dann dieselbe Form annimmt wie das Henry-Gesetz für die Löslichkeit von Gasen in
Flüssigkeiten. Im zweiten Grenzfall sehr hoher Gleichgewichtskonzentrationen geht die
Langmuir-Isotherme in eine waagerechte Isothermenform über. In diesem Bereich hängt die
Beladung nicht mehr von der Gleichgewichtskonzentration in der Lösung ab. Man spricht
deshalb von einer horizontalen oder indifferenten Isotherme [124].
Das von Freundlich entwickelte Sorptionsmodell
neqFeq ckq ⋅= (2. 6)
enthält eine einfache Potenzfunktion zur Beschreibung der Sorptionsisotherme. Darin ist kF
die Freundlich-Konstante und n der Freundlich-Exponent. Im Gegensatz zur Langmuir-Iso-
therme ergibt sich bei kleinen Gleichgewichtskonzentrationen kein Übergang zu einer
linearen Isothermenform und ebenso wenig existiert eine maximale Beladung bei hohen
Gleichgewichtskonzentrationen.
Neben der Langmuir-Gleichung wird die Freundlich-Beziehung häufig zur Beschreibung des
Verteilungsgleichgewichtes bei der Biosorption von Schwermetallen herangezogen [51, 130-
134].
Zur besseren Beschreibbarkeit von Verteilungsgleichgewichten der Sorption über einen
größeren Konzentrationsbereich existieren noch eine Vielzahl von mehrparametrigen
Modellen, von denen die Isothermengleichung nach Toth mit:
0β)c)(α(1
cαqq T1/β
eqeq TT
≠+
=β∞ (2. 7)
und der Randbedingung: ∞→→ ∞ eqeq cfürqq
sowie die Isothermengleichung von Radke und Prausnitz:
1βcba
cbaq R1-β
eqR
βeqR
eq R
R
<+
= (2. 8)
als Beispiele dreiparametriger Modelle zur Beschreibung von Sorptionsgleichgewichten aus
der flüssigen Phase dienen [124, 135]. Im Gegensatz zu den Modellen von Langmuir und
Freundlich können Isothermen mit diesen Modellen zwar besser über einen größeren Kon-
zentrationsbereich mathematisch nachgebildet werden, nachteilig ist jedoch, dass die in
Gleichung (2.7) und (2.8) vorkommenden Parameter α, βR, βT, a, und bR keinen physika-
lischen Hintergrund haben und somit von ihren Werten nicht mehr interpretierbar sind. In
26 2. Stand des Wissens
Abb. 2. 4 sind die Isothermenverläufe des Langmuir- und Freundlich-Modells beispielhaft
dargestellt.
Gleichgewichtskonzentration ceq
Bela
dung
qeq
qmax
qmax/2
b
Langmuir-Modell
Freundlich-Modell
Henry
Abb. 2. 4: Schematische Darstellung der Isothermenverläufe nach Freundlich und Langmuir (ein-schließlich der Parameter b und qmax sowie des linearen Henry-Bereiches)
2.5.4 Sorptionskinetik
Die mathematische Modellierung der zeitabhängigen Sorption ist eine notwendige Voraus-
setzung, um technische Festbettprozesse auszulegen. Grundsätzlich existieren während des
Vorgangs der Sorption eine Reihe hintereinander geschalteter Stofftransportwiderstände, die
den zeitlichen Verlauf der Schwermetallaufnahme bestimmen. Die möglichen Transportpro-
zesse, die auftreten können sind:
a) Transport des Sorptivs aus dem Kern der Flüssigkeit bis zum Flüssigkeitsfilm, der
das Sorbenskorn umgibt
b) Transport des Sorptivs durch den Flüssigkeitsfilm bis zur äußeren Oberfläche des
Sorbensteilchens
c) Transport des Sorptivs an die Sorptionsstelle innerhalb des Sorbens
d) Anlagerung an die Bindungsstellen
Der Stofftransportwiderstand, der durch den Flüssigkeitsfilm verursacht wird (Punkt a), ist
abhängig von der Geschwindigkeit der die Sorbenspartikel umströmenden flüssigen Phase.
Zur mathematischen Beschreibung des Stofftransports durch den Flüssigkeitsfilm wird häufig
das Modell Filmdiffusion herangezogen. Aus der Annahme eines quasistationären Diffu-
sionsvorganges ergibt sich nach dem 1. Fickschen Gesetz unter der Voraussetzung eines
linearen Konzentrationsprofils:
)c(cβn L∗
•−= (2. 9)
2. Stand des Wissens 27
Der Stoffübergangskoeffizient βL kann entweder experimentell oder mit Hilfe von Korrela-
tionen [124, 135] ermittelt werden. Eine gute Durchmischung der flüssigen Phase vorausge-
setzt, kann der Widerstand gegen den unter Punkt a aufgeführten Stofftransport häufig ver-
nachlässigt werden.
Zur mathematischen Beschreibung des intrapartikulären Stofftransports existieren die
Modellvorstellungen Oberflächendiffusion und Porendiffusion.
Das Porendiffusionsmodell basiert darauf, dass die Sorptivmoleküle in den mit Flüssigkeit
gefüllten Poren in das Sorbens diffundieren. Voraussetzung ist, dass an jeder Stelle im Sor-
bens die Konzentration des Sorptivs in der Flüssigkeit der Poren mit der dort herrschenden
Sorbensbeladung im Gleichgewicht steht. Der Stofftransport ins Korninnere mit dem dabei
entstehenden Konzentrations- und Beladungsverlauf ist bei kombinierter Film- und Poren-
diffusion beispielhaft in Abb. 2.5 dargestellt.
•
Immobilisat
nL
freie Lösung
c(t)
nP• •
q(r,t)
c(r,t)
••
•
0 r dp/2
c*(t)
Flüssigkeitsfilm
Abb. 2. 5: Stofftransport ins Korninnere mit dem dabei entstehenden Konzentrations- und Beladungsverlauf bei kombinierter Film- und Porendiffusion
Im Gegensatz zum Porendiffusionsmodell geht das Oberflächendiffusionsmodell von einer
Anlagerung des Sorptivs an der Partikeloberfläche im Innern der Poren aus. Der
anschließende Transport in das Zentrum des Partikels erfolgt nur im sorbierten Zustand ent-
lang der Porenwände von Sorptionsplatz zu Sorptionsplatz. Da für Adsor-
bens/Adsorptivpaare mit starken zwischenmolekularen Wechselwirkungen (bzw. hohen Ka-
pazitäten) allgemein das Oberflächendiffusionsmodell als geeigneter angesehen wird [136],
wurde in dieser Arbeit diese Modellvorstellung als Ausgangspunkt zur Beschreibung des
Stofftransports ins Korninnere gewählt.
28 2. Stand des Wissens
Nach dem 1. Fickschen Gesetz gilt für den Stofftransport im Korninneren:
rqDρ n t
effPS ∂∂
=� (2. 10)
Aus der Bilanz um eine Kugelschale der Dicke dr des Adsorbenskorns
Adsrdrr N N N ��� =−+ (2. 11)
mit
drr
teffP
2drr r
q D ρ dr)(r π 4 N
++
∂∂
+=� (2. 12)
r
teffP
2r r
q D ρ rπ 4 N
∂∂
=� (2. 13)
tqρdrr π4 N t
P2
Ads ∂∂
=� (2. 14)
ergibt sich mit dem effektiven Diffusionskoeffizienten Deff und unter Vernachlässigung des im
Porenvolumen akkumulierten Adsorptivs die Grundgleichung des Oberflächendiffusions-
modells:
∂∂+
∂∂=
∂∂
rq
r2
rq D
tq t
2t
2
efft (2. 15)
mit den Anfangs- und Randbedingungen:
t = 0 qt = 0 0 ≤ r ≤ dp/2
ct = c0
t > 0 0rq
0r
t =
∂∂
=
tc
a1
rqDρ t
sV/2dr
teffP
P∂∂−=
∂∂
=
Der Stofftransport ins Korninnere mit dem dabei entstehenden Konzentrations- und Bela-
dungsprofil bei kombinierter Film- und Oberflächendiffusion ist beispielhaft in Abb. 2. 6
dargestellt.
2. Stand des Wissens 29
Immobilisat
nL
freie Lösung
c(t)
q(dp/2,t)
0 r dp/2
c*(t)
nS•
•
•
•
•
q(r,t)
Flüssigkeitsfilm
Abb. 2. 6: Stofftransport ins Korninnere mit dem dabei entstehenden Konzentrations- und
Beladungsprofil bei kombinierter Film- und Oberflächendiffusion
Für die Geschwindigkeit der Schwermetallaufnahme von freien Mikroalgen oder kleinen
Partikeln spielt der Diffusionsprozess innerhalb dieser Partikel eher eine untergeordnete
Rolle. Hier kann der eigentliche Anlagerungsprozess des Sorptivs an das Sorbent geschwin-
digkeitsbestimmend sein. Zur mathematischen Beschreibung können unterschiedliche Mo-
dellvorstellungen herangezogen werden. Zu den wichtigsten Ansätzen zählt die auf der Be-
ladung eines festen Sorbens basierende reaktionskinetische Gleichung von Lagergren in der
Form:
)q(qkdtdq
teq1t −⋅= (2. 16)
Dieser reaktionskinetische Ansatz pseudo-erster Ordnung mit k1 als Geschwindigkeitskon-
stante erster Ordnung wird häufig zur Beschreibung der zeitabhängigen Schwermetallauf-
nahme eines festen Sorbens aus der flüssigen Phase genutzt. In vielen Fällen ist die
Lagergren-Gleichung jedoch nicht geeignet, die Schwermetallaufnahme über den gesamten
Prozess korrekt wiederzugeben [137].
Ein Ansatz pseudo-zweiter Ordnung basierend auf folgendem Reaktionsmechanismus:
22 MPMP2 ⇔+ +− (2. 17)
oder
++ +⇔+ H2MPMHP2 22 (2. 18)
30 2. Stand des Wissens
führt zu den folgenden Geschwindigkeitsansätzen:
2t02
t ](P)[(P)kdt
d(P)−= (2. 19)
oder
2t02
t ](HP)[(HP)kdt
d(HP)−= (2. 20)
mit
P−, HP Bindungsstellen auf der Sorbensoberfläche
(P)t, (HP)t Anzahl der Bindungsstellen in mol kg-1, die zum Zeitpunkt t vom Metall M2+
belegt sind;
(P)0, (HP)0 Gesamtanzahl der Bindungsstellen auf dem Sorbens in mol kg-1.
Unter der Annahme, dass die Beladungskapazität der Anzahl an Bindungsstellen proportio-
nal ist, können Gleichungen (2.19) und (2.20) wie folgt ausgedrückt werden:
2teq2
t )q(qkdt
dq−= (2. 21)
mit
k2 Geschwindigkeitskonstante der Sorption zweiter Ordnung
qeq Gleichgewichtsbeladung
qt Beladung zum Zeitpunkt t
Ho et al. [138] konnten zeigen, dass mit dem Ansatz zweiter Ordnung Gl. (2.21) die Ge-
schwindigkeit der Schwermetallaufnahme von in der Literatur publizierten Sorbens/Sorptiv
Paaren häufig besser zu beschreiben ist als mit einem Ansatz erster Ordnung.
Ebenfalls eine gute Übereinstimmung mit diesem Modell zeigte die Aufnahme von Kupfer
durch Torf [139] sowie die Sorption von Kupfer(II), Eisen(II), Nickel(II) und Zink(II) an der
polysulfon-immobilisierten Biomasse des Cyanobakterium Phormidium laminosum [115].
3. Problemstellung und Zielsetzung 31
3. Problemstellung und Zielsetzung
Die Arbeitsprozesse in der metallverarbeitenden Industrie, die letztlich zum gewünschten
Zielprodukt führen, sind meist in vielfache Arbeits- und Prozessschritte untergliedert. Hierbei
fallen schwermetallkontaminierte Abwasserteilströme an, die entweder zusammengefasst
und zentral behandelt werden (additiver Umweltschutz; end-of-pipe Technologie) oder aber
dezentral aufbereitet und möglichst innerhalb des Teilprozesses rückgeführt werden.
Produktionsintegrierende Maßnahmen sind zu bevorzugen, da die Abwässer, charakterisiert
durch eine geringe Anzahl unterschiedlicher Wasserinhaltsstoffe, wesentlich einfacher zu
behandeln sind. Aufkonzentrierte Schwermetalle und gereinigtes Wasser verbleiben idealer-
weise im jeweiligen Teilprozess.
Konventionelle Verfahren sind häufig sehr kostenintensiv oder wenig effektiv, um den An-
forderungen der produktionsintegrierenden Maßnahmen gerecht zu werden. Hieraus erklärt
sich der stete Bedarf an neuen Methoden, die bestehenden Verfahren zu ersetzen oder zu
verbessern.
Die in der Literatur publizierten sehr guten Sorptionseigenschaften pflanzlicher Biomasse
und insbesondere von Algen zeigen, dass die Entwicklung von Reinigungsverfahren, auf
Basis von biologischem Material, eine alternative Methode der Schwermetallentfernung dar-
stellt.
Das in dieser Arbeit durchgeführte Schwermetallscreening soll einen Beitrag leisten, geeig-
nete Mikroalgenspezies für einen technischen Einsatz zu identifizieren. Aus wirtschaftlichen
Gründen wurde der Schwerpunkt auf potentielle Wertstoffproduzenten oder heterotroph kul-
tivierbare Organismen gelegt.
Um die verfahrenstechnischen Vorteile eines Festbettsystems nutzen zu können, ist eine
Immobilisierung der Biomasse erforderlich. Die Anforderungen an ein Immobilisierungs-
system sind vielfältig und müssen den jeweiligen Bedingungen innerhalb eines Teilprozesses
angepasst werden. Hieraus leiten sich die Aufgaben ab, zum einen neue Immobilisierungs-
materialien auf ihre Eignung zu untersuchen und zum anderen den Immobilisierungsprozess
zu optimieren.
Die Charakterisierung der Immobilisate hinsichtlich ihrer Sorptionseigenschaften wie Kapa-
zität und Selektivität sind für einen technischen Einsatz unabdingbar. Untersuchungen zum
Bindungsmechanismus und zur Sorptionskinetik der Schwermetallaufnahme bilden
schließlich die Grundlage für eine modellhafte Beschreibung des Anlagerungsvorgangs.
Kolonnenversuche im Labormaßstab haben dann die Aufgabe, die zuvor gewonnenen Er-
kenntnisse hinsichtlich des optimierten Immobilisats, auf ihre Übertragbarkeit in ein tech-
nisches Verfahren zu überprüfen. Hierzu werden neben synthetischen Abwässern auch reale
Abwässer in diese Untersuchungen einbezogen.
32 4. Material und Methoden
4 Material und Methoden
4.1 Material
4.1.1 Algenauswahl
Die im Schwermetallscreening untersuchten Algenarten stammen aus der Stammsammlung
für Algen in Göttingen (SAG), der institutseigenen Stammsammlung (C) oder der Algen-
stammsammlung der Universität von Texas, Austin (UTEX) (Tab. 4. 1, Tab. 4. 2).
Tab. 4. 1: Charakterisierung der im Schwermetallscreening untersuchten taxonomischen Klassen Bacillariophyceae, Bangiophyceae und Chlorophyceae bezüglich Herkunft, natürlichem Habitat und verwendeten Kultivierungsmedien
*1: Medienzusammensetzungen siehe [140]; *2: Verwendung von Algenextraktionsrückständen (AER); Mikroalgenstämme wurden nicht selbst angezogen; *3: Medienzusammensetzungen siehe unter 4.1.2;
Da die institutseigenen Algenspezies in einem Parallelprojekt auf neuartige chemische Leit-
strukturen untersucht wurden, lag es nahe, sie ebenfalls in das Schwermetallscreening ein-
zubeziehen. Eine Kultivierung potentieller Wertstoffproduzenten würde zu Algenextraktions-
rückständen führen, die im Anschluss zur sorptiven Entfernung von Schwermetallen heran-
Taxonomische Klasse
Spezies Habitat Herkunft Medium
Bacillariophyceae Phaeodactylum tricornutum Brackwasser SAG 1090-1a Medium 6 *1
Bangiophyceae Porphyridium purpureum
feuchtes Tuffgestein
SAG 1380-1a Medium 8 *1
Acinastrum hantzschii Frischwasser SAG 52.81 AER *2
Ankistrodesmus densus Frischwasser SAG 202-1 AER *2
Chlorella kessleri Frischwasser SAG 211-11g Medium 12 *1
Chlorella salina marin SAG 8.86 Medium 5 *1
Chlorella spec. marin C 29 Medium 5 *1
Chlorella vulgaris Frischwasser SAG 211-11b Trebon *3
Dunaliella bioculata marin SAG 19-4 Medium 14 *1
Dunaliella salina marin SAG 19.3 Medium 14 *1
Gloeotilopsis planctonica
Frischwasser/Erde SAG 29.93 Medium V *3
Granulocystis verrucosa Frischwasser SAG 56.81 Medium V *3
Koliella spiculiformis Frischwasser SAG 14.91 Medium V *3
Raphidonema spiculiforme
nicht bekannt UTEX 340 AER *2
Chlorophyceae
Tetraselmis spec. marin C12 Medium 5 *1
4. Material und Methoden 33
gezogen werden könnten. Die Verwendung dieser Abfallbiomasse würde die Herstellungs-
kosten von Biosorbentien drastisch reduzieren.
Tab. 4. 2: Charakterisierung der im Schwermetallscreening untersuchten taxonomischen Klassen Cyanophyceae und Eustigmatophyceae bezüglich Herkunft, natürlichem Habitat und ver-wendeten Kultivierungsmedien
*1: Medienzusammensetzungen siehe [140]; *2: Verwendung von Algenextraktionsrückständen (AER); Mikroalgenstämme wurden nicht selbst angezogen; *3: Medienzusammensetzungen siehe unter 4.1.2;
Die Cyanophycae Lyngbya taylorii, wurde zu einem relativ frühen Zeitpunkt in das Schwer-
metallscreening einbezogen. Diese prokaryotische Mikroalge zeichnet sich durch
!"hohe Biomasseausbeute
!"vergleichsweise schnelles Wachstum
!"sehr gute Separationseigenschaften von der flüssigen Phase
!"hohe Sorptionskapazitäten bezüglich der untersuchten Schwermetalle
!"selektive Sorption von Blei
aus und wurde aus diesen Gründen als biologisches Modellsystem zur Herstellung und Op-
timierung von Biosorbentien verwendet. Weiterhin gelten einige Lyngbya-Spezies als Anti-
viralproduzenten und sind aus diesem Grund zur Zeit Gegenstand der Forschung [141]. Es
ist deshalb nicht auszuschließen, dass Lyngbya-Spezies künftig in größeren Chargen
Taxonomische Klasse
Spezies Habitat Herkunft Medium
Anabena cylindrica Frischwasser SAG 1403-2 Medium 1 *1
Anabena inaequalis unbekannt SAG 1403-10 Medium 1 *1
Arthronema africanum Frischwasser/Erde SAG 12.81 Medium 1 *1
Gloeotrichia longicauda Frischwasser SAG B 32.84 Medium 1 *1
Lyngbya taylorii marin C45 modifiziertes Medium 5 *3
Microcystis aeroginosa marin C19 Medium 5 *1
Microcystis spec. Frischwasser SAG B 46.80 Medium 1 *1
Nostoc parmelioides Frischwasser SAG B 58.79 Medium 1 *1
Phormidium spp. Frischwasser SAG 212.80 Medium 1 *1
Scytonema hofmani Frischwasser UTEX Medium V *3
Spirulina laxissima Frischwasser SAG B 256.80 Medium 2 *1
Spirulina maxima Frischwasser SAG B 84.79 Medium 2 *1
Spirulina platensis Frischwasser SAG B 257.80 Medium 2 *1
Cyanophyceae
Synechoccus spec. unbekannt unbekannt AER *2
Eustigmatophyceae Eustigmatos magnus Erde SAG 36.89 Medium 1b *1
34 4. Material und Methoden
produziert werden. Die anfallenden Extraktionsrückstände ließen sich dann zur Herstellung
von preiswerten Biosorbentien verwenden.
4.1.2 Kultivierungsmedien
Für Chlorella vulgaris wurde Trebon-Medium mit folgender Zusammensetzung verwendet:
Tab. 4. 3: Zusammensetzung des Trebon-Mediums Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
H2NCONH2 300 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
NH4NO3 400 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
MgSO4 · 7 H2O 500 mg/L p.A. Ferak, Berlin
Fe(II)SO4 · 7 H2O 14 mg/L reinst Merck, Darmstadt
K2HPO4 435 mg/L p.A. Ferak, Berlin
Mikro.-I-Lösung 0,1 mL siehe unten siehe unten
Mikro.-II-Lösung 0,1 mL siehe unten siehe unten
Tab. 4. 4: Zusammensetzung der Mikronährstofflösung I Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
ZnSO4 · 7 H2O 74 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
H3BO3 5,7 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
CoSO4 23,8 mg/L p.A. Fluka, Buchs
CuSO4 · 5 H2O 23,6 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
MnSO4 · 4 H2O 410 mg/L p.A. Fluka, Buchs
Tab. 4. 5: Zusammensetzung der Mikronährstofflösung II Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
(NH4)6MoO24 ·4 H2O 9,2 g/L p.A. Fluka, Buchs
NH4VO3 2,5 g/L p.A. Fluka, Buchs
4. Material und Methoden 35
Für die Kultivierung von Koliella spiculiformis, Gloeotilopsis planctonica, Granulocystis
verrucosa und Scytonema hofmani wurde Medium V zur Kultivierung verwendet:
Tab. 4. 6: Zusammensetzung von Medium V Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
NaNO3 250 mg/L p.A Merck, Darmstadt
CaCl2 · 2H2O 25 mg/L p.A Merck, Darmstadt
MgSO4 · 7H2O 75 mg/L >99 % Ferak, Berlin
K2HPO4 · 3H2O 75 mg/L p.A Ferak, Berlin
KH2PO4 175 mg/L p.A Reana, Ungarn
NaCl 25 mg/L p.A Roth, Karlsruhe
Spurenelemente 6 mL siehe unten siehe unten
Nach dem Autoklavieren sind unter sterilen Bedingungen folgende Vitamine zuzugeben:
Vitamin B1 (Stammlösung 0,12 g/100 mL) 0,5 mL/L
Vitamin B12 (Stammlösung 1,0 g/100 mL) 0,5 mL/L
Tab. 4. 7: Zusammensetzung der Spurenelementlösung für Medium V Bestandteil Menge Reinheit Hersteller
Titriplex (Na2 EDTA) 750 mg/L p.A. Fluka, Buchs, CH
FeCl3 · 6 H2O 97 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
MnCl2 · 4 H20 41 mg/L p.A. Ferak, Berlin
ZnCl2 5 mg/L p.A. Ferak, Berlin
CoCl2 · 6H2O 2 mg/L p.A. Fluka, Buchs, CH
Na2MoO4 · 2 H2O 4 mg/L p.A. Fluka, Buchs, CH
Das Medium wurde mit VE-Wasser unsteril angesetzt, der pH-Wert kontrolliert (4.2.3) und
eingestellt auf 7,0 ± 0,2 (4.1.3).
Zur Kultivierung von Lyngbya taylorii wurde modifiziertes Seewasser-Medium 5 (Medium 5*)
mit folgender Zusammensetzung verwendet:
36 4. Material und Methoden
Tab. 4. 8: Zusammensetzung des modifizierten Seewasser-Mediums (Medium 5*)
Tab. 4. 9: Zusammensetzung der Mikronährstofflösung III für das modifizierte Seewasser-Medium (Medium 5*)
Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
ZnSO4 · 7H2O 1 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
MnSO4 · 4H2O 2 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
H3BO3 100 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
Co(NO3)2 · 6H2O 10 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
Na2MoO4 · 2H2O 10 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
CuSO4 · 5H2O 0,5 mg/L p.A. Merck, Darmstadt
EDTA (Tritriplex III) 800 mg/L p.A. Ferak, Berlin
FeSO4 · 7H2O 700 mg/L reinst Merck, Darmstadt
Das Medium wurde mit VE-Wasser unsteril angesetzt, der pH-Wert kontrolliert (4.2.3) und
eingestellt auf 9,0 ± 0,2 (4.1.3).
Herstellung des Erdextraktes :
In einem 5 L Erlenmeyerkolben wird 1800 g Gartenerde (ohne Düngemittel, Pflanzen-
schutzmittel oder Lehm) in 2000 mL VE-Wasser suspendiert und innerhalb von 24 Stunden
zweimal für jeweils eine Stunde autoklaviert. Der Überstand wird dekantiert und zentrifugiert.
Der gewonnene Überstand wird nach Kontrolle und Einstellung des pH-Wertes (4.2.3) auf
7,0 ± 0,2 (4.1.3) abgefüllt und nochmals autoklaviert.
4.1.3 pH-Korrektur
Die pH-Korrektur des Kulturmediums erfolgte mit 0,1-1,0 N HCl (Merck, Darmstadt; p.A.)
oder 0,1-1,0 N NaOH (Ferrak, Berlin; p.A).
Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
KNO3 1 g/L p.A. Merck, Darmstadt
K2HPO4 0,02 g/L p.A. Ferak, Berlin
MgSO4 · 7H2O 0,02 g/L p.A. Ferak, Berlin
Mikronährlsg. III 5 ml Stammlsg./L siehe unten siehe unten
Tropic-Marin-Salz 30,05 g/L keine Angabe Dr. Biener GmbH, Wartenberg
Erdextrakt 30 mL Stammlsg. g/L siehe unten siehe unten
Vitamin B12 5 µg /L p.A. Ferak, Berlin
4. Material und Methoden 37
4.1.4 Verwendete Gase
Für die Belüftung der Algenkulturen wurde Druckluft aus der hauseigenen Druckluftleitung
verwendet. Um Öle und andere Schwebstoffe zu entfernen, wurde die Druckluft durch ein
Tiefenfilter aus Watte und anschließend durch ein Aktivkohlefilter geleitet.
4.1.5 Immobilisierungssystem Natriumcellulosesulfat (NaCS)
Ausgangssubstanzen für die Immobilisierung der Algenbiomasse waren wässrige Lösungen
von NaCS in unterschiedlichen Konzentrationen (2,5-3,5 % w/v) in Abhängigkeit vom Algen-
zu-Polymer-Verhältnis (APV) und eine 2,5%ige (w/v), wässrige Polyethyleniminlösung (NaCl-
Gehalt: 1 % (w/v); pH-Wert: 7,0). Die Einstellung des pH-Wertes erfolgte nach 4.1.3.
Tab. 4. 10: Bestandteile des Immobilisierungssystems NaCS/Polyethylenimin Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
NaCS variabel nicht bekannt TU Berlin, FG BVT
Polyethylenimin 25 g/L 50%ige (w/v) wässr. Lösung Sigma-Aldrich, Steinheim
NaCl 10 g/L p.A. Roth, Karlsruhe
Das im Fachgebiet hergestellte Natriumcellulosesulfat (Abb. 4. 1) hat einen Polymerisations-
grad von 500-1000. Der Substitutionsgrad der Sulfatgruppen liegt bei 0,3-0,4.
O
O
O
O
CH2OHOH
HO
HO
O
O
OO
O
CH2OSO3Na
CH2OHOH
OH
HO
HO
CH2OSO3Na OH
Abb. 4. 1: Chemische Struktur des zur Immobilisierung verwendeten Natriumcellulosesulfats
4.1.6 Immobilisierungssystem Sulfoethylcellulose (SEC)
Ausgangssubstanzen für die Immobilisierung der Algenbiomasse waren wässrige SEC-
Lösungen in unterschiedlichen Konzentrationen (2,5-3,0 % w/v), abhängig vom APV und
eine 5%ige (w/v), wässrige Polyethyleniminlösung (NaCl-Gehalt: 1 % (w/v); pH-Wert: 7,0).
Tab. 4. 11: Bestandteile des Immobilisierungssystems Sulfoethylcellulose/Polyethylenimin Bestandteil Konzentration Reinheit Hersteller
SEC variabel keine Angabe Wolff Walsrode, Walsrode
Polyethylenimin 50 g/L 50%ige (w/v) wässr. Lösung Sigma-Aldrich, Steinheim
NaCl 10 g/L p.A. Roth, Karlsruhe
Die Einstellung des pH-Wertes erfolgte nach 4.1.3.
Die verwendete Sulfoethylcellulose (Abb. 4. 2) verfügt über einen Polymerisationsgrad von
500-600. Der Substitutionsgrad der Sulfatgruppen beträgt 0,28-0,40.
38 4. Material und Methoden
O
O
O
O
CH2OHOH
HO
HO
O
O
OO
O
CH2O(CH2)2SO3Na
CH2OHOH
OH
HO
HO
OHCH2O(CH2)2SO3Na
Abb. 4. 2: Chemische Struktur der zur Immobilisierung verwendeten Sulfoethylcellulose
4.1.7 Verwendete Metallsalze
Die Stammlösungen der Schwermetalle wurden hergestellt unter Verwendung der folgenden
Metallsalze:
Tab. 4. 12: Verwendete Schwermetallsalze Bestandteil Reinheit Hersteller
Pb(NO3)2 p.A. Merck, Darmstadt
Cd(NO3)2 · 4H2O p.A. Fluka, Buchs/CH
Ni(NO3)2 · 6H2O p.A. Fluka, Buchs/CH
ZnCl2 p.A. Ferak, Berlin
4. Material und Methoden 39
4.2 Analytik
4.2.1 Schwermetallanalytik mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS)
Zur Bestimmung der Schwermetallkonzentrationen wurde das Graphitrohrofen-AAS, Modell
AAS4 des Herstellers Carl Zeiss Jena verwendet. Die Geräteparameter sind in Tab. 4. 13
aufgeführt.
Tab. 4. 13: Geräteparameter des AAS4 der Firma Carl Zeis Jena
Atomabsorptionsspektrometer: AAS4 mit Graphitrohrofen EA4 und Probenwechsler (Mikropipetiereinheit MPE4) der Analytik Jena AG
Strahlungsquelle: Hohlkathodenlampen (HKL) für Cadmium, Blei, Nickel und Zink
Untergrundkorrektur: Deuteriumlampe (D2-Lampe)
Strahlungsmodus: Einstrahlbetrieb (abwechselnd HKL und D2-Lampe ⇒ Messung der spezifischen Absorption)
Graphitrohre: Pyrolytisch beschichtet Schutzgas: Argon Peakauswertung: Flächenintegration Volumen der Probe bzw. Standards im Graphitrohr:
20 µL
Zur Kalibrierung wurden die in Tab. 4. 14 aufgeführten Standards benutzt.
Tab. 4. 14: Schwermetallstandards zur Kalibrierung des AAS Cadmium-Standard: 1 g/L CdCl2 in 0,1 n HNO3 Titrisol Merck
Blei-Standard: 1 g/L Pb(NO3)2 in 0,1 n HNO3 Titrisol Merck
Nickel-Standard: 1 g/L NiCl2 in 0,1 n HNO3 Titrisol Merck
Zink-Standard: 1 g/L ZnCl2 in 0,1 n HNO3 Titrisol Merck
Wasser: Millipore
Alle verwendeten Maßkolben und Probengefäße bestehen aus Polypropylen. Vor jeder Be-
nutzung werden sie mit verdünnter HNO3 gespült, um Kontaminationen auszuschließen.
In Tab. 4. 15 sind die Einstellungen der Hohlkathodenlampe und des optischen Systems
angegeben.
40 4. Material und Methoden
Tab. 4. 15: Parameter der Hohlkathodenlampe und des optischen Systems Element Wellenlänge (nm) Spaltbreite (mm) Lampenstrom (mA)
Cd 362,1 0,33 4
Pb 261,4 0,2 5
Ni 303,8 0,15 5
Zn 307,6 0,35 5,5
Für die Messung der Schwermetallkonzentration wurde das in Tab. 4. 16 zusammengefasste
Temperaturprogramm bezüglich Trocknung, Reinigung, Atomisierung und Reinigung ange-
wendet.
Tab. 4. 16: Temperaturprogramm des AAS4 bei der Schwermetallanalytik Analyt Temperatur-
schritt End-
temperatur(°C)
Erhitzungs-Ge-schwindigkeit
(°C/s)
Haltezeit der Temperatur
(s)
Gasstrom
(mL/min) Trocknung 105 6 30 2200
Vorbehandlung 250 50 10 2200
Atomisierung 1200 fast possible 3 0
Cd
Reinigung 1800 1500 4 2200
Trocknung 105 5 25 2200
Vorbehandlung 500 100 6 2200
Atomisierung 1500 fast possible 3 0
Pb
Reinigung 2000 fast possible 3 2200
Trocknung 105 5 25 2200
Vorbehandlung 1000 220 6 2200
Atomisierung 2500 fast possible 3 0
Ni
Reinigung 2700 fast possible 3 2200
Trocknung 105 6 25 2200
Vorbehandlung 400 73 6 2200
Atomisierung 2000 fast possible 2 0
Zn
Reinigung 2500 1000 4 2200
Die Schwermetallanalysen wurden im Kooperationsprojekt F2 des Sfb 193 unter Leitung von
Dipl. Lebensmittelchemiker S. Klimmek durchgeführt.
4. Material und Methoden 41
4.2.2 Optische Dichte (OD750)
Die Bestimmung der optischen Dichte zur Biomassebestimmung erfolgte mit dem Spektral-
photometer Beckmann DU64 (Beckmann Instruments GmbH, München) bei einer Wellen-
länge von 750 nm in Quarzküvetten des Typs 104-QS (10 x 10) der Firma Hellma, die vor
jeder Messung bezüglich der Eigenabsorption abgeglichen wurden. Die Proben zur Bestim-
mung der optischen Dichte wurden mit Kulturmedium so verdünnt, dass die Absorptions-
werte ca. 0,20 erreichten, um in den linearen Messbereich zu gelangen und somit reprodu-
zierbare Messungen zu gewährleisten.
4.2.3 pH-Bestimmung
Für die pH-Bestimmung wurden sowohl pH-Indikatorstäbchen mit einem pH-Bereich von 2
bis 9 (Merck, Darmstadt) als auch ein pH-Meter (Schott, Mainz) verwendet. Mit einer
Pasteur-Pipette wurde dem System ein ausreichendes Probenvolumen entnommen und der
pH-Wert anschließend mittels Indikatorstäbchen gemessen bzw. der mit der pH-Elektrode
gemessene Wert abgelesen.
4.2.4 Leitfähigkeit
Zur Bestimmung der Leitfähigkeit (vgl. 4.3.2 und 4.8.3) wurde das Leitfähigkeitsmessgerät
GLM020A der Firma Greisinger electronic nach Firmenvorschrift verwendet.
4.3 Angewandte Methoden
4.3.1 Kultivierungssysteme
Vorkulturführung und Mikroalgenscreening
Die Kultivierung der Algen erfolgte unter keimarmen Bedingungen in Standzylindern (ca.
500 mm hoch, 65 mm im Durchmesser) aus Borosilicat-Glas 3.3 (Schott, Mainz) mit einem
Volumen von 1000 mL. An einem angeschmolzenen GL-45-Gewinde wurde ein ent-
sprechender Überwurf mit einer Silikonmembran befestigt. Der Zuluftschlauch aus Silikon
(Außendurchmesser: 5 mm, Innendurchmesser: 3 mm) wurde durch die Silikonmembran bis
zum Boden des Standzylinders geleitet. Die Belüftung erfolgte mit Druckluft aus der haus-
eigenen Versorgungsleitung. Sie diente zum einen zur Kohlendioxidversorgung der photo-
trophen Organismen und zum anderen einer homogenen Durchmischung des Kultivierungs-
gutes. Die Beleuchtung der Kulturen erfolgte mit einer Lichtbank, die aus drei horizontal im
Abstand von ca. 160 mm angebrachten Leuchtstoffröhren des Typs L85W/21-840 (Osram,
Berlin) bestand. Die Bestrahlungsstärke betrug in der Ebene der Standzylinder ca.
50 µE m-2 s-1. Die Temperatur der Kultur wurde nicht reguliert und entsprach der Raumtem-
peratur von etwa 20°C ± 2°C. Eine Kontrolle des pH-Wertes während der Kultivierung wurde
nicht durchgeführt.
42 4. Material und Methoden
Um den in der Abluft enthaltenen Flüssigkeitsanteil auszugleichen, wurde täglich mit VE-
Wasser aufgefüllt. Durch die Sterilisation der Standzylinder und der Medien konnte eine
keimarme Kultivierung der Mikroalgen gewährleistet werden. Außerdem enthielten die ver-
wendeten Medien keine verwertbaren Kohlenstoffquellen, um ein Wachstum von Kontami-
nanten zu vermeiden. Aus diesem Grund bestand ein Kontaminationsrisiko erst in der statio-
nären Wachstumsphase, in der ein genügend hoher Anteil an bereits lysierten Zellen im
Medium vorlag, die als Kohlenstoffquelle für potentielle Kontaminanten dienen könnten.
Tägliche mikroskopische Kontrolle und der Abbruch der Kultivierung vor Erreichen der
stationären Wachstumsphase erwiesen sich hierbei als ausreichende Maßnahmen, um eine
keimarme Fermentation sicherzustellen.
Schlaufenreaktor zur Kultivierung von Lyngbya taylorii
Das oben beschriebene Kultivierungsverfahren diente neben der
Vorkulturführung auch zur Biomasseproduktion der im Schwer-
metallscreening untersuchten Algenspezies. Es gewährleistete
eine ausreichend hohe Biomasseausbeute um die Screening-
versuche erfolgreich durchzuführen. Größere Mengen an Bio-
masse wurden in Schlaufenreaktoren (10 L, 25 L, 100 L Arbeits-
volumen) produziert, die am Institut entwickelt wurden. Abb. 4.3
zeigt die Skizze des 100 L-Schlaufenreaktors. Das System ar-
beitet nach dem Prinzip eines Airlift-Schlaufenreaktors.
Eine Schlaufe besteht aus einer U-förmigen Glasverrohrung, die
in den Kopfraum aus Edelstahl mündet. Durch Eindüsen von Luft
auf einer Seite einer Schlaufe entsteht ein hydrostatischer An-
trieb der Strömung, der einen Umlauf der Suspension bewirkt. Es
resultiert ein Aufstrom- sowie ein Abstrombereich. Weiterhin
kann somit eine Versorgung mit Kohlendioxid sichergestellt
werden.
Die transparenten Glasrohre werden durch Fluoreszenzlampen
mit einer Anschlussleistung von 58 W von außen beleuchtet.
Hierdurch wird eine ausreichende Lichtversorgung der pho-
totrophen Mikroorganismen sichergestellt. In Abhängigkeit von
der verwendeten Mikroalge kann die abgegebene Lichtleistung
variabel eingestellt werden, um einer Photoinhibierung entge-
genzuwirken.
Das Reaktorsystem ist dampfsterilisierbar und somit für eine
monoseptische Kultivierung geeignet [142].
Abb. 4. 3: Schematische Darstellung des 100-Liter-Reaktors [142]
4. Material und Methoden 43
4.3.2 Konditionierung der Algenbiomasse
Nach Abbruch der Kultivierung erfolgte eine Abtrennung der Algensuspension durch Zentri-
fugation (4300 Upm, 15 min). Das Pellet wurde dreimal mit VE-Wasser und anschließend
mehrmals mit Reinst-Wasser gewaschen bis eine Leitfähigkeit des Waschwassers von
kleiner 10 µS/cm2 erreicht wurde. Die von störenden Kationen befreite, eingeengte Zellsus-
pension wurde eingefroren und gefriergetrocknet (Christ Lyophilisator, Modell 1-2). Im An-
schluss wurde die getrocknete Algenmasse mittels eines Mörsers zerkleinert und zum Erhalt
einer definierten Partikelgröße mit Hilfe eines 250 µm-Siebes klassiert. Die Lagerung erfolgte
im Exsikkator oder in luftdichten PE-Gefäßen, um den Einfluss der Luftfeuchtigkeit auf die
Qualität des biologischen Materials zu minimieren.
4.3.3 Immobilisierung
Gemäß Abb. 4.4 wird eine wässrige Cel-
lulose-Algensuspension in die erste Ka-
pillare einer Vertropfungsapparatur
(Steinau-Verfahrenstechnik, Berlin) ge-
pumpt. Durch eine zweite Kapillare kann
optional Druckluft oder eine Inertflüssigkeit
zugeführt werden.
Die Überlagerung durch den Luftstrom be-
wirkt ein vorzeitiges Abreißen des in der
ersten Kapillare entstehenden Tropfens
und somit kleinere Kugeldurchmesser. Auf
diese Weise lässt sich der Tropfendurch-
messer zwischen 2,0 und 3,2 mm variabel
einstellen.
Ionische Wechselwirkungen der negativen
Sulfatgruppen des Cellulosepolymers (vgl.
Abb. 4. 1, Abb. 4. 2) mit den protonierten
Imingruppen des Polyethylenimins im Fäl-
lungsbad (pH 7) führen zu einer spontanen
Membranbildung. Das im Fällungsbad zusätzlich enthaltene NaCl ist neben der stabilisieren-
den Wirkung auf den Membranbildungsprozess auch osmotisch wirksam. Es unterbindet den
ansonsten eintretenden Quellungsprozess der Immobilisate während des Immobilisierungs-
vorgangs und somit eine eventuelle Zerstörung der Membran. Nach einer maximalen Ver-
tropfungszeit von 20 Minuten und einer anschließenden Verweilzeit im Fällbad von
mindestens 45 Minuten wurden die Kugeln mehrfach mit VE-Wasser gewaschen.
Abb. 4. 4: Schematische Darstellung des Immobilisierungsprozesses
Cellulosederivat/Algen-Suspension
Druckluft (optional)
ausgehärtete BiosorbentienFällungsbad [PEI)
Cellulosederivat/Algen-Suspension
44 4. Material und Methoden
4.3.4 Mikroskopische Aufnahmen
Lichtmikroskopische Aufnahmen
Zur qualitativen Kontrolle der Kultivierungen auf Kontaminationen wurde das Mikroskop
Standard 14 der Firma Carl Zeiss, Oberkochen verwendet. Das verwendete Lichtmikroskop
ist mit einer automatischen Aufsetzkamera MC63 für 35 mm-Film sowie der Beleuchtungs-
steuerung M ausgerüstet. Die Bedienung des Mikroskops und der Aufsetzkamera erfolgte
nach Vorschrift.
Zur Bestimmung der Membranstärke von Flachmembranen aus NaCS und SEC (vgl. 4.8.3)
wurden im Anschluss an den jeweiligen Versuch Teile der Membran auf den Objektträgern
vertikal fixiert und mit Hilfe eines entsprechenden Messokulars vermessen.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen (REM-Aufnahmen) und Rückstreuelektronen-
bilder
Bei der konventionellen Rasterelektronenmikroskopie wird die Probenoberfläche mit einem
Elektronenstrahl aus einer Wolfram-Glühkathode abgerastert. Dabei erfolgt durch Wechsel-
wirkung des Elektronenstrahls mit der Probenoberfläche die Freisetzung sowohl von Sekun-
där-Rückstreuelektronen als auch von Röntgenstrahlen.
Während mit den Sekundärelektronen die Oberflächentopographie dargestellt wird, dient das
Rückstreuelektronensignal hauptsächlich analytischen Zwecken durch Darstellung von Pro-
benbereichen mit unterschiedlicher mittlerer Ordnungszahl. Auf den entsprechenden Ab-
bildungen der Rückstreuelektronenbilder erscheinen Elemente mit hohen Ordnungszahlen
(z. B. Blei) aufgrund erhöhter Rückstreuelektronenanzahl heller und können somit gut visu-
alisiert und identifiziert werden [143].
Zur Untersuchung der Membranstruktur und der Porenverteilung sowie Verteilung des sor-
bierten Bleis wurden SEC- und NaCS-Immobilisate nach entsprechender Probenvorbe-
reitung (Schneiden, Fixierung, Trocknung, Bedampfen mit Kohlenstoff) mit dem Hitachi S-
2700 Rasterelektronenmikroskop untersucht.
Die Probenvorbereitung und Arbeiten am Rasterelektronenmikroskop erfolgten in der
Zentraleinrichtung Elektronenmikroskopie (ZELMI) der TU Berlin unter Anleitung von Herrn
Dipl.-Ing. Nissen.
4.3.5 Energiedispersive Röntgenanalyse (EDS)
Bei ausreichender Energie des Primärelektronenstrahls können innere Elektronenschalen
der Probenatome ionisiert werden. Mittels der anschließend entstehenden Röntgenstrahlung
stellt man die Elementzusammensetzung einer Probe fest. Diese als energiedispersive
Röntgenanalyse (EDS) bezeichnete Methode ermöglicht eine, entsprechende Präparation
vorausgesetzt, qualitative als auch quantitative Analyse des Probenmaterials [143].
4. Material und Methoden 45
Die Untersuchung bleibeladener Immobilsate wurde mit dem oben beschriebenen Raster-
elektronenmikroskop in Verbindung mit einem KEVEX EDS-Detektor durchgeführt.
4.4 Versuche mit nicht immobilisierten Algen
4.4.1 Schwermetallscreening
Die Screeningversuche der freien Mikroalgenspezies wurden im Kooperationsprojekt F2 des
Sonderforschungsbereichs 193 unter Leitung von Dipl.-Lebensmittelchemiker S. Klimmek
durchgeführt. Die methodische Vorgehensweise ist bei Klimmek et al. [144] beschrieben.
4.4.2 Oberflächencharakterisierung der freien Biomasse von Lyngbya taylorii
Die Bestimmung der gesamten spezifischen Oberfläche erfolgt durch Messung der physio-
sorbierten Gasmenge (Stickstoff) durch Auswertung der BET-Isotherme nach dem von
Brunauer, Emmet und Teller entwickelten Verfahren [146]. Das BET-Adsorptionsmodell
basiert auf folgenden Annahmen:
� energetisch homogene Oberfläche des Adsorbens
� keine Wechselwirkungen zwischen den adsorptiv gebundenen Molekülen
� unendlich viele Adsorptivschichten
� rein physikalische Adsorption
� Bindungskräfte zwischen Adsorptiv und Adsorbens reichen über monomolekulare Be-
deckung nicht hinaus. Weitere Schichtanlagerung basiert auf Kapillarkondensation.
Trotz dieser Einschränkungen gilt die BET-Oberfläche im Allgemeinen als eine zumindest für
vergleichende Bewertungen geeignete Kenngröße [124].
Das Verfahren beruht auf der Bestimmung der Menge des Adsorbats oder des verbrauchten
Adsorptivs, die erforderlich ist, um die äußere Oberfläche und die zugängliche innere Poren-
oberfläche des klassierten Algenmaterials mit einer vollständigen Adsorbat-Monoschicht zu
bedecken. Diese sogenannte Monoschichtkapazität kann aus der Adsorptionsisotherme mit
Hilfe der BET-Gleichung berechnet werden [145]. Als Adsorptiv wurde Stickstoff verwendet,
da dieses Gas durch Physisorption mit schwachen Wechselwirkungen (Van-der-Waals-
Kräfte) an der Algenoberfläche adsorbiert und durch Druckerniedrigung schnell desorbiert
wird.
Zur Probenvorbereitung muss das zu untersuchende Material weitgehend von physisor-
biertem Material befreit sein. Hierzu wurde die Probe für 22 h bei 120°C im Vakuum desor-
biert. Zur Messung wird dem Algenmaterial in dem auf konstanter Temperatur gehaltenen
Probenteller gasförmiges Adsorptiv zugeführt. Die aufgenommenen Adsorbatmengen
werden im Gleichgewicht mit dem Gasdruck des Adsorptivs gemessen und gegen den Rela-
tivdruck p/p0 als Adsorptionsisotherme aufgetragen [146].
46 4. Material und Methoden
Die Untersuchungen zur Oberflächencharakterisierung wurden in der Bundesanstalt für
Materialforschung und –prüfung (BAM) unter Leitung von Herrn Dr. Peter Lorenz durchge-
führt.
4.4.3 Regenerierbarkeit der freien Biomasse von Lyngbya taylorii
Um die Regenerierbarkeit der freien Mikroalge Lyngbya taylorii zu überprüfen, wurde die
konditionierte Biomasse in Polypropylenröhrchen mit einer Metallsalzstammlösung versetzt.
Nach 30 min wurde die Biomasse abzentrifugiert und die flüssige Phase beprobt. Nach Ab-
trennung des Überstandes wurde das Pellet in 10 mL 0,1 N HCl desorbiert (30 min), die
Biomasse erneut abzentrifugiert und die flüssige Phase beprobt. Die abgetrennte Biomasse
wurde erneut für 30 min mit 10 mL frischer HCl eluiert. Die anschließende Biomasseabtren-
nung, Beprobung der flüssigen Phase und Abtrennen des Überstandes erfolgten wie zuvor
beschrieben. Nach Neutralwaschen mit VE-Wasser wurde eine zweite Beladung durchge-
führt (gleicher Versuchsablauf wie zur 1. Beladung). Die genauen Versuchsbedingungen
sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Tab. 4. 17: Versuchsbedingungen zur Regenerierbarkeit der freien Lyngbya taylorii Schwermetall Algenmasse
[mg] Lösungsvolumen
[mL] c0
[mg/L]Konz. HCl
[mol/L] Beladungsdauer
[min] Blei 17 10 538 0,1 30
Um eine ausreichende Durchmischung zu gewährleisten, wurde während des jeweiligen
Beladungs- und Desorptionsvorganges ein Überkopfschüttler (Heidolph, Reax 20) mit einer
Rotationsgeschwindigkeit von 15 min-1 verwendet.
4. Material und Methoden 47
4.5 Charakterisierung der Biosorbentien
Die Verwendung von Biosorbentien in Festbettkolonnen setzt die Kenntnis der Dichten sowie
der äußeren Oberflächen der Sorbentien voraus. Für die Charakterisierung einzelner Partikel
werden die folgenden Parameter verwendet:
ρP : Partikeldichte = Trockengewicht der Partikel, bezogen auf ihr gesamtes
Volumen
ρM : Materialdichte = Trockengewicht des Feststoffanteils eines Partikels,
bezogen auf das Feststoffvolumen ohne Porenvolumen
εP : Porenvolumenanteil = Anteil des nicht vom eigentlichen Feststoff ausgefüllten
in den Partikeln Volumens am Gesamtvolumen der Partikel
ρPF : Partikeldichte (feucht) = Dichte der Partikel, wenn alle Poren mit Wasser bzw. mit
Wasser und Sorptiv gefüllt sind. Diese Dichte ändert
sich mit steigender Beladung
ρS : Schüttdichte = Masse einer Partikelschüttung in einem bestimmten
Gefäß, bezogen auf das eingenommene Volumen
einschließlich des Zwischenkornvolumens
aS : Äußere Kornoberfläche = Maßgebende Größe für den äußeren Stoffübergang an
pro mittlerer Partikelmasse einem bestimmten Packungsvolumen oder -gewicht
bzw. an einem mittleren Einzelpartikel
Bei den in der Praxis üblichen nicht kugelförmigen Partikeln wird zur Berechnung der spezi-
fischen Oberfläche die äußere Oberfläche einer mittleren, volumengleichen Kugel herange-
zogen.
Zur Bestimmung der oben genannten Größen wurde von einer definierten Masse nachge-
trockneter Biosorbentien nach einer Wägung das innere Porenvolumen der Partikel mit Was-
ser gefüllt. Nach 2-stündiger Quellung in VE-Wasser wurde die Probe und die sie umge-
bende flüssige Phase durch Anlegen eines Vakuums vollständig entgast. Nach anschließen-
dem äußerlichen Abtrocknen der Partikel wurden sie in ein Pyknometer überführt und die
Masse (Messwert b) bestimmt. Nach dem Auffüllen mit VE-Wasser und erneutem Wägen
(Messwert c) lassen sich alle gesuchten Größen ermitteln [124].
Mit den experimentell ermittelten Daten,
a = Gewicht des leeren Pyknometers [kg]
b = Gewicht des Pyknometers mit feuchten Partikeln [kg]
c = Gewicht des aufgefüllten Pyknometers [kg]
d = Volumen des Pyknometers [m3]
wobei die Dichte des Wassers mit 1000 kg/m3 vorausgesetzt wird, gelten folgende Bezie-
hungen:
48 4. Material und Methoden
Partikeldichte : Ges
PP V
m ρ = (4. 1)
Materialdichte : PorenGes
PM VV
m ρ−
= (4. 2)
Porenvolumenanteil in den Partikeln : Ges
M
PGes
P Vρm-V
ε = (4. 3)
Partikeldichte (feucht) : Ges
GesPF V
m ρ = (4. 4)
(wassergefüllte Poren)
Schüttdichte : Bett
PS V
m ρ = (4. 5)
mit
Gewicht der trockenen Partikel : mP
Bettvolumen : VBett
Gewicht der feuchten Partikel : mGes = b - a (4. 6)
Volumen der feuchten Partikel : 1000
b-c - d VGes = (4. 7)
Porenvolumen : 1000
m- m V PGesPoren = (4. 8)
Zur Ermittlung der äußeren Kornoberfläche aS pro mittlerer Partikelmasse kann das Zähl-
Wäge-Verfahren [147] eingesetzt werden. Eine repräsentative Menge trockener Partikel wird
gewogen und ausgezählt. Aus Anzahl und Gewicht der Partikel lässt sich mit der Partikel-
dichte ρP der Äquivalentdurchmesser dP der mittleren volumengleichen Kugel und damit die
mittlere Partikeloberfläche aS pro mittlerer Partikelmasse berechnen:
mittlere Partikeloberfläche
spezifische äußere Kornoberfläche : mA aS = (4. 9)
(bezogen auf die mittlere Partikelmasse)
äußere Partikeloberfläche : 2Pd π A = (4. 10)
Äquivalentdurchmesser : 31P
P )πV6( d = (4. 11)
4. Material und Methoden 49
mittleres Partikelvolumen : P
P ρm V = (4. 12)
mittlere Partikelmasse (trocken) :Partikel der Anzahl
Partikel der chtGesamtgewi m = (4. 13)
4.6 Versuche zur Optimierung des Immobilisats
4.6.1 Erhöhung des Algenanteils- und der Schüttdichte
Einen wichtigen Einflussfaktor auf die erreichbare Sorptionskapazität der Biosorbentien für
Schwermetalle stellt der Algenanteil im Verhältnis zum eingesetztem Matrixmaterial (Cellulo-
sepolymer) dar. Anzustreben ist ein möglichst hoher Algengehalt, da dieser das eigentliche
Sorbens darstellt. Eine Immobilisierung, wie unter 4.3.3 beschrieben, resultiert in einem
maximalen APV von 1,1. Eine weitere Erhöhung des Algenanteils ist aufgrund der steigen-
den Viskosität der zu vertropfenden Cellulosepolymer/Algensuspension nicht möglich. Eine
Vertropfung mit hohem APV führt zur Bildung von Strängen anstelle von kugelförmigen Par-
tikeln. Zusätzlich ist die Pumpfähigkeit der Suspension stark eingeschränkt. Abhilfe schafft
hier eine Erwärmung der Immobilisierungsapparatur mittels Heizmanschette sowie des Vor-
lagegefäßes in der die wässrige Algen/Cellulosepolymer-Suspension enthalten ist. Die Tem-
peraturerhöhung auf 70-80°C senkt die Viskosität der zu vertropfenden Suspension und er-
möglicht somit eine maximale Steigerung des APV für das Immobilisierungssystem Lyngbya
taylorii / Cellulosepolymer auf 3,2 [148].
Um die Schüttdichte in einer Festbettkolonne nachhaltig zu erhöhen, wurden die ge-
waschenen und ausgehärteten Immobilisate nach dem Vertropfungsvorgang im Trocken-
schrank bei 100°C für weitere 24 h auf einer Teflonfolie vereinzelt und getrocknet. Die so
behandelten Biosorbentien schrumpfen infolge des Wasserverlustes deutlich und weisen
zudem ein stark vermindertes Rückquellverhalten in wässrigen Lösungen auf, welches zu
einer erheblichen Erhöhung der Schüttdichte in einer Festbettkolonne führt [148].
Im Anschluss an den Trocknungsprozess können die Immobilisate direkt für Sorptionsver-
suche eingesetzt werden. Zur Lagerung müssen diese im Exsikkator und anschließend in
luftdichten PE-Behältern vor Luftfeuchtigkeit geschützt werden.
4.6.2 Optimierung der Partikelgröße
Zur Untersuchung des Einflusses der Partikelgröße auf das kinetische Verhalten wurden
Partikel, wie im Abschnitt 4.3.3 ausgeführt, mit unterschiedlichen Durchmessern
(d = 1,0; 2,4; 3,2 mm) hergestellt (APV = 1,1, nachgetrocknet) und kinetische Unter-
suchungen nach der unter Punkt 4.8.1 beschriebenen Methode in Doppelbestimmung durch-
geführt. Die Ermittlung des Durchmessers erfolgte durch Vermessung von jeweils 20 Immo-
bilisatkugeln jeder Charge und anschließender Bildung des arithmetischen Mittels. Jeder
50 4. Material und Methoden
Ansatz wurde mit 118 mg Biosorbens und 50 mL einer Bleistammlösung (400 ppm) versetzt.
In regelmäßigen Abständen wurde die flüssige Phase beprobt (Probevolumen: 1 mL) und die
Konzentration, wie in Kapitel 4.2.1 ausgeführt, bestimmt. Nach Einstellung des Gleichge-
wichtes konnte mit der unter Punkt 4.7 dargelegten Auswertemethode die Gleichgewichts-
beladung des Biosorbens berechnet werden.
Die Auswertung der Sorptionskinetik erfolgte nach Blanco et al. [115]. Der Beschreibung des
zeitlichen Verlaufs der Bleisorption unter Einsatz der Immobilisate liegt eine Geschwindig-
keitsgleichung zweiter Ordnung zugrunde:
22
teqt k)q(q
dtdq −= (4. 14)
Die Integration von Gl. 4.14 liefert:
tkq1
qq1
2eqteq
+=−
(4. 15)
mit qeq als Gleichgewichtsbeladung, qt als zeitabhängiger Beladung und k2 als Geschwindig-
keitskonstante zweiter Ordnung.
Durch Auftragung von 1/(qeq - qt) über t kann die Geschwindigkeitskonstante k2 als Steigung
der Ausgleichsgerade ermittelt w erden.
4.6.3 Einfluss des pH-Wertes
Um den Einfluss des pH-Wertes auf die Sorptionskapazität zu bestimmen, wurden acht An-
sätze mit jeweils 50 mL einer Bleistammlösung (335 mg/L) versetzt und die pH-Werte (pH*1)
mit 0,1 N NaOH oder 0,1 N HCl eingestellt. Nach Zugabe von NaCS-immobilisierter Lyngbya
taylorii (APV = 2,2; hergestellt wie unter 4.3.3 beschrieben und nachgetrocknet) und zwei-
stündiger Kontaktzeit auf dem Vertikalschüttler (Fa. Infors) mit einer Schüttelfrequenz von
100 min-1 wurde der pH-Wert (pH*2) gemäß Abschnitt 4.2.3 kontrolliert und reguliert. Nach
weiteren 3 Stunden wurde die flüssige Phase beprobt und der endgültig eingestellte pH-Wert
(pH*3) entsprechend Punkt 4.2.3 erneut gemessen.
Tab. 4. 18: Versuchsbedingungen zum Einfluss des pH-Wertes auf die Sorptionskapazität bei NaCS-immobilisierter Lyngbya taylorii
Proben-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8
V [mL] 50,06 50,00 50,01 50,01 50,01 50,02 50,0 50,0
mBiosorbens [mg] 100,0 101,3 100,4 101,3 100,6 102,9 103,2 101,7
pH*1 1,54 1,97 2,45 2,98 3,45 3,96 5,23 5,78
pH*2 1,52 1,98 2,52 2,97 3,52 3,94 5,26 6,13
pH*3 1,57 1,97 2,52 3,37 4,62 5,75 6,13 6,45
4. Material und Methoden 51
4.6.4 Einfluss der Temperatur
Der Einfluss der Temperatur auf das Sorptionsgleichgewicht und die Geschwindigkeit der
Gleichgewichtseinstellung wurde bei drei unterschiedlichen Temperaturen (20°C, 24°C und
60°C) untersucht. Die Versuche (Doppelbestimmung) wurden in Erlenmeyerkolben mit
Schikanen (500 mL) auf temperierbaren Schüttlern (Julabo, SW-21C) bei den entsprechen-
den Temperaturen und einer Schüttelfrequenz von 100 min-1 durchgeführt. Eingesetzt wurde
NaCS-immobilisierte Lyngbya taylorii mit einem APV von 3,2 (nachgetrocknet). Nach Zugabe
der Biosorbentien (70 " 2 mg) zum Zeitpunkt t0 in eine 100 mg/L Bleistammlösung mit einem
Volumen von 200 mL erfolgte die Beprobung der unterschiedlichen Ansätze in regelmäßigen
Zeitabständen (Probevolumen: 1,15 mL). Die sich einstellende Gleichgewichtsbeladung
wurde nach Kapitel 4.7 und 4.2.1 bestimmt.
Die Auswertung der Sorptionskinetik erfolgte analog wie bereits unter Punkt 4.6.2 beschrie-
ben.
4.7 Gleichgewichtsuntersuchungen
Die Bestimmung der Gleichgewichtsbeladung qeq erfolgt indirekt über die Messung der
Gleichgewichtskonzentration ceq in der flüssigen Phase unter Zuhilfenahme der Massen-
bilanz in einem geschlossenen System:
BiosorbenseqeqBiosorbens00 mqVcmqVc +=+ (4. 16)
bei Annahme von q0 = 0, lässt sich die Gleichgewichtsbeladung qeq berechnen nach:
Biosorbens
eq0eq m
V)c(cq
−= (4. 17)
Die Experimente zur Gleichgewichtsbestimmung wurden in Erlenmeyerkolben (500 mL,
1000 mL) mit Schikanen durchgeführt. Einer definierten Metallsalzlösung (Konzentration,
Volumen) wurde das Biosorbens mit einer konstanten Masse hinzugefügt und diese bis zum
Erreichen des Sorptionsgleichgewichtes geschüttelt. In Blindversuchen (ohne Zugabe von
Biosorbentien) konnte sichergestellt werden, dass die von den Wänden der Glasgeräte ad-
sorbierte Menge an Schwermetallen vernachlässigt werden kann und somit Gleichung (4.17)
angewendet werden darf.
Vor der Verwendung neuer Biosorbentien-Chargen (z.B wechselndes APV) wurde in einem
Kinetikversuch die Zeit ermittelt, die zum Erreichen des Sorptionsgleichgewichts notwendig
ist.
52 4. Material und Methoden
4.7.1 Bestimmung der Sorptionsisothermen
Zur Aufnahme der Isothermen wurden unterschiedliche Initialkonzentrationen aus den
Stammlösungen erstellt und anschließend wie unter Punkt 4.7 beschrieben verfahren.
Mit Ausnahme der Nickel-Sorptionsisotherme unter Verwendung von immobilisierter Lyngbya
taylorii auf der Basis von SEC wurden die Versuche nach dem Langmuir-Adsorptionsmodell
angepasst.
Die Ermittlung der systemabhängigen Konstanten qmax und b erfolgte durch graphische Aus-
wertung der Messdaten. Dazu wurde die Langmuir-Gleichung (Gl. 2.3) in die folgende line-
arisierte Form überführt :
maxeq
maxeq
eq
qb c
q1
qc
+= (4. 18)
Die Langmuir-Parameter qmax und b können durch Auftragung von ceq/qeq über ceq aus der
Steigung (= 1/qmax) und dem Ordinatenabschnitt (= b/qmax) bei ceq = 0 ermittelt werden.
Im Fall der auf SEC basierenden Nickel-Sorptionsisotherme wurde das Freundlich-Modell
(Gl. 2.6) zur mathematischen Beschreibung der Sorptionsgleichgewichte aufgrund der
höheren Korrelation gewählt. Durch Umformung lässt sich Gl. 2.6 in die folgende Geraden-
gleichung überführen:
eqFeq c log n k log q log += (4. 19)
Die Isothermenparameter kF und n können dann ebenfalls bei Auftragung von log qeq über
log ceq graphisch bestimmt werden. Der Ordinatenabschnitt bei ceq = 1 entspricht der
Freundlich-Konstanten kF und die Steigung der Geraden dem Freundlich-Exponenten n.
Die jeweilige Ausgleichsgerade durch die Messpunkte wurde mittels linearer Regression
unter Zuhilfenahme der mathematischen Software Sigma Plot Version 2.01 der Firma Jandel
Scientific ermittelt.
4.7.2 Untersuchungen zur Selektivität der Schwermetallsorption
Die Aufnahme von Mehrstoffisothermen erfolgte analog zur Aufnahme von Einzelstoffiso-
thermen mit der in den Kapiteln 4.7 und 4.7.1 beschriebenen Methode mit dem Unterschied,
dass pro Ansatz mehrere Metalle gleichzeitig in äquimolaren Konzentrationen als Initialkon-
zentrationen in der flüssigen Phase vorliegen.
Zu 100 mL Stammlösung wurden 150 "1 mg Biosorbens (Immobilisat auf Basis von NaCS:
APV = 3,2; Immobilisat auf Basis von SEC: APV = 3,0) zugefügt. Die Initialkonzentrationen
der eingesetzten Schwermetalle waren 0,5; 1,0; 1,5 und 2,0 mmol pro Liter. Nach Erreichen
des Sorptionsgleichgewichtes wurden die Ansätze beprobt (10 mL Probevolumen) und nach
der beschriebenen Methode unter Punkt 4.2.1 analysiert.
4. Material und Methoden 53
4.7.3 Einfluss von Na, K, Mg und Ca als Co-Ionen auf die Bleisorption
Der überwiegende Anteil des in der metallverarbeitenden Industrie anfallenden Abwassers
ist sauer und wird mit alkalischen Stoffen neutralisiert. Hierzu verwendet man häufig Natron-
lauge, Aufschlämmungen von Calciumoxidhydrat (Kalkmilch), Natriumcarbonat oder
Magnesit [12]. Nach der Fällung kann der Überstand in Abhängigkeit von der Konzentration
der Schwermetalle vor der Fällung die zulässigen Einleitergrenzwerte überschreiten. In der
flüssigen Phase ist die Konzentration der enthaltenen Co-Ionen sehr hoch. Um den Einfluss
der Co-Ionen auf die Sorptionskapazität von Blei zu untersuchen wurden Batchversuche
nach der im Kapitel 4.7 dargestellten Methode durchgeführt.
Einfluss der Co-Ionen-Konzentration auf die Sorptionskapazität von Blei
In den Ansätzen (Doppelbestimmung) wurde jeweils ein Co-Ion in steigenden Konzentratio-
nen einer Bleistammlösung zugegeben. Die Versuchsverhältnisse zwischen dem Immobilisat
auf Basis von NaCS mit einem APV = 3,2 (50 mg), dem Volumen der Schwermetalllösung
(50 mL) und der Initialkonzentration der Bleistammlösung (350-420 mg Pb2+/L) wurden so
gewählt, dass die sich einstellende Gleichgewichtskonzentration (. 200 mg/L) in der Lösung
zu einer nahezu maximalen Beladung des Biosorbens führt. Grundlage der Versuchsaus-
legung bildete die Blei-Sorptionsisotherme von Immobilisaten auf Basis von NaCS mit einem
APV von 3,2 ohne Zusatz von Co-Ionen (vgl. Abb. 5.16).
Einfluss der Co-Ionen auf die Langmuir Parameter b und qmax
Um den Einfluss der Co-Ionen auf den Verlauf der Sorptionsisothermen zu überprüfen,
wurden zwei Versuchsreihen in Doppelbestimmung nach der unter Punkt 4.7 beschriebenen
Methode durchgeführt. Die Batchexperimente der ersten Versuchsreihe wurden so ausge-
legt, dass sich unter den gewählten Versuchsbedingungen kleine Gleichgewichtskonzentra-
tionen einstellen. In diesem Konzentrationsbereich ist ein Einfluss auf den Langmuir
Parameter b aufgrund der hohen Beladungsänderung sehr gut zu erkennen.
Die zweite Versuchsreihe hatte das Ziel, eventuelle Veränderungen der maximalen Belad-
barkeit qmax zu überprüfen. Diese Versuchsreihen wurden dementsprechend so ausgelegt,
dass sich die nach Erreichen des Verteilungsgleichgewichtes einstellende Gleichgewichts-
konzentration in der Lösung zu einer Beladung führt, die im Sättigungsbereich der Sorptions-
isotherme liegt. In diesem Konzentrationsbereich ist die Sensitivität bezüglich des Langmuir
Parameters qmax am größten. Grundlage bildete hier ebenfalls wie in der ersten Versuchs-
reihe die Sorptionsisotherme ohne Zusatz von Co-Ionen (Abb. 5.16). Die Versuchsparameter
waren: V = 50 mL; mBiosorbens = 50 mg; nachgetrocknete Immobilisate auf Basis von NaCS mit
einem APV = 3,2.
54 4. Material und Methoden
Zum Vergleich wurde in die Untersuchung für beide Versuchsreihen der stark saure
Kationenaustauscher IR 120 der Firma Amberlite einbezogen. Dieser Austauschertyp wird in
der metallverarbeitenden Industrie häufig eingesetzt, da er über eine große pH-Beständigkeit
verfügt. Die Sorptionskapazität dieses Austauschermaterials liegt mit 2,1 mval/g ca. doppelt
so hoch wie die der Immobilisate auf Basis von NaCS- von Lyngbya taylorii mit einem APV
von 3,2. Grundlage der Auslegung bildete hier die Einzelstoffsorptionsisotherme ohne An-
wesenheit von Co-Ionen. Nach ausreichender Kontaktzeit wurden die Ansätze beprobt und
die Schwermetallkonzentration gemäß Kapitel 4.2.1 bestimmt. Das eingesetzte Flüssigkeits-
volumen betrug V = 50 mL.
Die eingesetzten Initialkonzentrationen der Co-Ionen und die sich einstellenden Gleichge-
wichtskonzentrationsintervalle für das jeweilige Schwermetall unter Verwendung des Biosor-
bens und des Kationenaustauschers sind Tab. 4. 19 zu entnehmen.
Tab. 4. 19: Versuchsparameter zum Einfluss der Co-Ionen auf die Langmuir-Parameter b und qmax
Einfluss auf den Langmuir-Parameter b
Einfluss auf die Maximalbe-ladung qmax
Biosorbens IRA 120 Biosorbens IRA 120 ceq [mg/L] 36-49 72-87 149-289 180-291 Blei c0-Konzentration Co-Ion [g/L]
4 4 4 4
ceq [mg/L] 22-63 69-111 271-389 298-447 Cadmium c0-Konzentration Co-Ion [g/L]
2 2 2 2
ceq [mg/L] 24-40 57-115 273-327 317-374 Zink
c0-Konzentration Co-Ion [g/L]
2 2 2 2
ceq [mg/L] 57-70 58-98 352-406 345-434 Nickel c0-Konzentration Co-Ion [g/L]
2 2 2 2
4. Material und Methoden 55
4.7.4 Untersuchungen zur Regenerierbarkeit der Biosorbentien
Die Überprüfung der Regenerierbarkeit von Immobilisaten auf Basis von NaCS und SEC
erfolgte in Batchansätzen (vgl. 4.7) mit den in Tab. 4. 20 aufgeführten Versuchsbe-
dingungen.
Tab. 4. 20: Versuchsbedingungen zur Wiederbeladbarkeit der Biosorbentien auf Basis von NaCS und SEC
Biosorbens Metall c0
[mg/L]
Masse Bio-sorbens
[mg]
Volumen Beladungslösung
[mL]
Volumen Desorp-tionslösung
[mL] Lyngbya
taylorii/NaCS (APV=3,2)
Pb 189 101 150 150
Lyngbya taylorii/SEC (APV=3,0)
Pb 189 100 150 150
Grundlage für die Versuchsauslegung waren die Sorptionsisothermen für die jeweiligen
Schwermetalle. Die zur Beladung eingesetzte Masse an Biosorbens wurde so gewählt, dass
eine 50%ige Reduzierung der Schwermetallkonzentration in der flüssigen Phase erzielt
wurde. Zur Beladung wurde ein Flüssigkeitsvolumen von 150 mL vorgelegt. Als Desorp-
tionsmittel wurde eine 0,1 N HCl (Merck, Darmstadt) mit jeweils 150 mL pro Desorp-
tionsschritt verwendet. Nach Erreichen des Sorptionsgleichgewichts (24 h) wurde die flüssige
Phase beprobt und nach der im Kapitel 4.2.1 beschriebenen Methode analysiert. Vor dem
Desorptionsschritt wurden die Immobilisate von der wässrigen Lösung abgetrennt, äußerlich
getrocknet und in die vorgelegte Desorptionslösung gegeben. Nach erfolgter Gleichge-
wichtseinstellung wurde das Immobilisat von der Desorptionslösung abgetrennt und die
flüssige Phase beprobt.
Die Immobilisate wurden unter identischen Versuchbedingungen zur Erstbeladung (siehe
oben) erneut beladen. Die bei der jeweils folgenden Sorptionsphase auftretenden geringeren
pH-Werte, verursacht durch die aus den Immobilisaten diffundierende Salzsäure, wurden
gemäß Kapitel 4.1.3 auf die pH-Werte der jeweiligen Schwermetallstammlösung korrigiert.
56 4. Material und Methoden
4.8 Sorptionskinetik
4.8.1 Batchversuche
Um bei der Aufnahme der Sorptionsisothermen das Erreichen des jeweiligen Gleichge-
wichtszustandes sicherzustellen, wurden im Vorfeld Kinetik-Experimente für die Sorption des
Schwermetalls am Immobilisat im Schüttelkolben durchgeführt.
Das Volumen der Lösung wurde so gewählt, dass der Einfluss der Volumenverringerung
durch die Probenahmen als vernachlässigbar betrachtet werden kann, da sonst eine Ver-
schiebung des Gleichgewichtes zu geringeren Beladungen zu erwarten wäre.
In einem 1000 mL-Erlenmeyerkolben erfolgte eine Vorlage von 200 mL einer konzentrierten
Schwermetallsalzlösung. Die Anfangskonzentration wurde so gewählt, dass am Ende der
Messreihe nach erfolgter Gleichgewichtseinstellung eine gut messbare Schwermetallkon-
zentration in der Lösung vorlag, die etwa 50 % der Anfangskonzentration entsprach. Der
Versuch wurde durch Zugabe von Immobilisat gestartet. Soweit nicht anders erwähnt,
wurden die Kinetikversuche bei Raumtemperatur durchgeführt.
Zu definierten Zeitpunkten wurde der Ansatz beprobt und die Schwermetallkonzentration
nach der in Kapitel 4.2.1 beschriebenen Methode bestimmt. Nach Erreichen des Verteilungs-
gleichgewichtes konnte der Versuch beendet werden.
4.8.2 Versuche im Completely-Mixed-Batch-Reaktor
Zur Bestimmung eines effektiven Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in den optimierten
Sorbenspartikeln wurden Experimente in einem Completely-Mixed-Batch-Reactor (CMB-
Reaktor) durchgeführt. Der verwendete CMB-Reaktor besteht aus einem temperierbaren
Glasgefäß und einem Turbinenrührer, welcher die Biosorbentien enthält (Abb. 4.5).
Der CMB-Reaktor wurde so konstruiert, dass der Stoffübergang durch die laminare Grenz-
schicht bei der Modellierung vernachlässigt werden kann. Dieses wird dadurch gewährleistet,
dass der Rührer nach dem Prinzip einer Kreiselpumpe arbeitet. Bei Rührerdrehzahlen über
600 min-1 entstehen dadurch sehr hohe Relativgeschwindigkeiten zwischen Biosorbentien
und Sorptivlösung, die den laminaren Grenzfilm weitgehend abbauen [149]. Das Flüssig-
keitsvolumen des CMB-Reaktors beträgt 1 L. In den beiden flüssigkeitsdurchlässigen Metall-
körbchen, die sich ober- und unterhalb des Rührers befinden, werden die Biosorbentien ein-
gefügt. Zuvor wurden sie in VE-Wasser einem Vakuum ausgesetzt um enthaltene Luft, als
mögliche Ursache zusätzlicher Transportwiderstände, zu entfernen.
4. Material und Methoden 57
Abb. 4.5: Skizze des verwendeten CMB-Reaktors
Die flüssige Phase wurde in regelmäßigen Zeitabständen beprobt und entsprechend Kapitel
4.2.1 analysiert. Die genauen Versuchsbedingungen sind Tab. 4. 21 zu entnehmen.
Tab. 4. 21: Versuchsbedingungen der Experimente im CMB-Reaktor Biosorbens Drehzahl
[min-1] Initialkonz. c0 [mg Pb2+/L]
Masse Biosorbens [mg]
Temperatur [°C]
500 100 335 28 " 1
600 100 335 28 " 1
Lyngbya
taylorii/NaCS
(APV = 3,2) 700 100 337 28 " 1
Lyngbya taylorii/SEC
(APV = 3,0) 700 400 455 30 " 1
Seitenschikane
Probenahme
Kühlwasser-Ablauf
Kühlwasser-Zulauf
Turbinen-Rührer
RührerwelleAbdeckung
Metallkörbchen
doppelwandiger Glasreaktor
58 4. Material und Methoden
Zur Versuchauswertung wurde die Methode von Hand, Crittenden und Thacker [124] ver-
wendet.
Die Stoffbilanz für das geschlossene System lautet:
(t)(t)0 qm)c(cV =− (4. 20)
Das Flüssigkeitsvolumen V und die eingesetzte Biosorbensmenge m gehen auch in die
Stoffbilanz für den Gleichgewichtszustand ein:
eq0
eq
ccq
mV
−= (4. 21)
Mit Gleichung (4.20) ergibt sich:
(t)eq
eq0(t)0 q
qcc
cc−
=− (4. 22)
Umgeformt folgt daraus:
1qq
cccc
eq
(t)
eq0
eq(t) =+−−
(4. 23)
Mit den dimensionslosen Variablen und Parametern
eq0
eq(t)
cccc
∆X−−
= (4. 24)
0
(t)i q
qY = (4. 25)
eq
0B q
q∆C = (4. 26)
erhält man die dimensionslose Stoffbilanz für das geschlossene System:
1Y∆C∆X iB =+ (4. 27)
Bei einer Beschreibung des Sorptionsgleichgewichtes nach Freundlich lässt sich das modifi-
zierte Kapazitätsverhältnis wie folgt ausdrücken
neq
B X1∆C = (4. 28)
4. Material und Methoden 59
Xeq ist dabei die dimensionslose Gleichgewichtskonzentration:
o
eqeq c
cX = (4. 29)
Aus der Verknüpfung der Massenbilanz am einzelnen Partikel mit dem Transportansatz
R
Y
R
2
R
Y
T
Y2
2
B ∂∂
+∂∂
=∂∂
(4. 30)
mit der dimensionslosen Versuchszeit TB
td
4DT 2
ef fiB, = (4. 31)
der dimensionslosen Radialkoordinate R
rd
2R = (4. 32)
und der mittleren Sorbensbeladung Y
∫=1
0
2 dRRY3Y (4. 33)
ergibt sich mit Gl. (4.27) und (4.28) das zu lösende Gleichungssystem.
Unter Vernachlässigung des äußeren Transportwiderstandes lauten die Anfangs- und Rand-
bedingungen:
TB = 0: Y = 0 (0 # R # 1) ∆X = 1
TB > 0: 00
=
∂∂
=RRY
∆X(R = 1, TB) = ∆X(TB)
Durch Vorgabe der Gleichgewichtskonzentrationen Xeq und des Freundlich-Exponenten n
lässt sich das vorgegebene Gleichungssystem numerisch lösen. Die Ergebnisse
numerischer Rechnungen für die Endkonzentration Xeq = 0,5 und für verschiedene
Freundlich-Exponenten sind in [124] zu finden. Um die Tabellen nutzen zu können müssen
die Versuchsbedingungen so gewählt werden, dass sich näherungsweise eine Gleichge-
wichtskonzentration von Xeq = 0,5 einstellt. Die in Tab. 4. 22 aufgeführten Parameter wurden
zur Ermittlung des effektiven Oberflächendiffusionskoeffizienten verwendet.
60 4. Material und Methoden
Tab. 4. 22: Verwendete Parameter zur Ermittlung des Oberflächendiffusionskoeffizienten Deff Biosorbens Freundlich Exponent Partikeldurchmesser
[m] NaCS/Lyngbya taylorii (APV = 3,2) 0,20 3,2 10-3
SEC/Lyngbya taylorii/ (APV = 3,0) 0,35 2,0 10-3
4.8.3 Versuche in der Diffusionsmesskammer zur Bestimmung des Schwermetall-
Diffusionskoeffizienten DMembran in der Membran
Herstellung der Flachmembranen
Die Zusammensetzung der Matrixmaterialien der Biosorbentien (vgl. 4.1.5, 4.1.6) wurde zur
Herstellung der Flachmembranen beibehalten. Hierbei sollte gewährleistet werden, dass die
ermittelten Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in den Flachmembranen auf die Immobili-
sate übertragen werden können.
Eine Lösung des reinen Cellulosepolymers oder einer Suspension aus Lyngbya taylorii mit
dem jeweiligen Cellulosepolymer wurde in einer Petrischale ausgestrichen und mit der Poly-
ethyleniminlösung überschichtet. Nach einer Vernetzungszeit von ca. 45 min wurde das
überschüssige Polyethylenimin entfernt und die gebildete Membran in eine 1 %ige NaCl-
Lösung überführt. Nach 24 h konnte die gebildete Membran mit bidestilliertem Wasser ge-
waschen werden (Entfernung von Salzen) und in die Diffusionsmesskammer eingesetzt
werden.
4. Material und Methoden 61
Auswertung der Versuchsergebnisse
Die Auswertung und Bestimmung des Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in der Flach-
membran wurde nach [150] mit der in Abb. 4.6 dargestellten Diffusionsmesskammer durch-
geführt.
Membran
Zelle 1 Zelle 2
Bohrung fürLeitfähigkeitselektrode
Bohrung fürProbenahme
Magnetrührer
Abb. 4. 6: Diffusionsmesskammer zur Ermittlung des Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in der Membran [150]
Im vorliegenden Fall wurden die folgenden vereinfachenden Annahmen getroffen:
� In der Membran erfolgt der Stofftransport nur in eine Richtung.
� Der Speicherterm in der Membran wird vernachlässigt. Das Membranvolumen
(7 10-8 m3) ist sehr klein im Vergleich zum Volumen eines Kompartiments der Diffu-
sionsmesskammer (0,5 10-3 m3).
� Die Metallsalzlösungen in den Kompartimenten sind ideal durchmischt.
� Der Transport in der Membran erfolgt ausschließlich durch Porendiffusion, nicht auf-
grund von Löslichkeitsdiffusion.
� Der Diffusionskoeffizient ist keine Funktion der Membranstärke und der Konzentration
der gelösten Stoffe.
� Die Konzentration des gelösten Stoffes A in der Membran ist zum Zeitpunkt t = 0 Null.
Da der Speicherterm in der Membran gleich Null gesetzt wird, ergibt sich in der Membran ein
linearer Konzentrationsverlauf. Der einzige zu berücksichtigende Stofftransportvorgang ist
die Porendiffusion, so dass kein Konzentrationssprung aufgrund unterschiedlicher Löslich-
keiten an der Phasengrenzfläche auftritt.
62 4. Material und Methoden
Der mathematischen Modellierung des Stofftransportes durch eine Flachmembran in der
Diffusionsmesskammer liegt die Stoffbilanz eines Kompartiments zugrunde:
QΦS += (4. 34)
Speicherung = Transport + Wandlung
Da keine chemische Reaktion stattfindet, wird der Wandlungsterm gleich Null gesetzt und
die Massenbilanz folgendermaßen ausgedrückt:
•= m
dtV)d(c t (4. 35)
Die Diffusion durch eine ebene Membran lässt sich mit Hilfe des 1. Fickschen Gesetz be-
schreiben:
dxdc
ADm t)(x,Membran−=
• (4. 36)
für V=const und Gl. (4.36) in (4.35) eingesetzt folgt:
dx)dc
ADdtdcV t(x,
Membrant −= (4. 37)
Der Konzentrationsgradient in der Membran lässt sich durch
scc
dxdc (t)2(t)1t)(x, −
= (4. 38)
ausdrücken. Einsetzen von Gl. (4.38) in Gl. (4.37) und anschließende Division durch A ergibt
scc
Ddtdc
AV (t)2(t)1
Membrant
−−= (4. 39)
Da Adsorptionseffekte in diesem Modell ausgeschlossen werden, lässt sich die Konzentra-
tion c2(t) durch c1(t) und die Gesamtkonzentration
(t))c(t)(c21c 12ges += (4. 40)
ausdrücken.
Nach Einsetzen in Gl. (4.39) folgt
s
c2c2D
dtdc
AV ges(t)1
Membrant
−−= (4. 41)
4. Material und Methoden 63
Nach Integration von Gl. (4.41) ergibt sich die folgende Gleichung (4.42) zur Berechnung des
Konzentrations-Zeit-Verlaufs in Kompartiment 1.
−
= −+=t
VsAD2
ges0)(t1ges(t)1
Membran
e)c(ccc (4. 42)
Durch Umstellung der Gleichung (4.40) nach c1(t), Einsetzen in Gleichung (4.39) und an-
schließend analoger Verfahrensweise zu Gleichung (4.41) erhält man eine Beziehung mit
der sich c2(t) theoretisch beschreiben lässt.
( )
−
= −+=t
sVAD2
ges0)(t2ges(t)2
Membran
ecccc (4. 43)
Gesucht ist hier der Diffusionskoeffizient. Die Vorgehensweise ist dabei so, dass der Diffu-
sionskoeffizient solange variiert wird, bis die Abweichungen zwischen experimentellem und
berechnetem Verlauf innerhalb eines vorgegebenen Toleranzbereiches liegen.
Um den analytischen Aufwand zur Bestimmung der Schwermetallkonzentrationen in den
beiden Kompartimenten zu reduzieren, wurde in beiden Messkammern die Leitfähigkeit ge-
messen und mit der Schwermetallkonzentration korreliert. Die automatisierte Messwertauf-
nahme wurde mit zwei Leitfähigkeitsmessgeräten der Firma Greisinger kontinuierlich durch-
geführt (4.2.4). Das analoge Ausgangssignal wurde mit Hilfe einer Messwertkarte (Spectra,
DAQbook) in ein digitales Signal transformiert und abgespeichert. In Abb. 4.7 ist die lineare
Abhängigkeit des digitalen Signals der Messkarte von der Schwermetallkonzentration darge-
stellt.
Für die mit Hilfe der Gleichungen 4.42 und 4.43 zu beschreibenden theoretischen Kon-
zentrationsverläufe für c1(t) und c2(t) wurde eine Kurvenanpassung durchgeführt. Über Itera-
tionen mit dem Marquardt-Levenberg Algorithmus wurde die Differenz zwischen Mess- und
Modellwert minimiert.
konstante Größen : A = 0,001257m2
: V = 0,5 L
: s (versuchsabhängig, vgl. Tab. 5.7 und 5.12)
anzupassender Parameter : DMembran
Die Membran wurde nach Versuchsende der Messkammer entnommen und die Stärke s
unter dem Lichtmikroskop nach Kapitel 4.3.4 vermessen.
64 4. Material und Methoden
y = 1,762x + 19,044R2 = 0.999
y = 1,9543x - 93,429R2 = 0.9988
0
200
400
600
800
0 100 200 300 400 500Konzentration Pb [mg/L]
DA
Qbo
ok-W
ert
Messgerät 1Messgerät 2
Abb. 4.7: Korrelation des Ausgangssignals der Messkarte mit der Bleikonzentration
4.9 Festbettversuche
Die Kolonnenversuche wurden in Glassäulen der Firma Omnifit (Cambridge/England) aus
Borosilikat-Glas (Höhe: 250 mm, Innendurchmesser: 25 mm) mit zwei verstellbaren PTFE-
Endstücken durchgeführt. Das verwendete Schlauchmaterial (Außendurchmesser: 1,6 mm,
Innendurchmesser: 0,8 mm) besteht ebenfalls aus PTFE. Für die Förderung der Flüssigkeit
wurde eine Peristaltik-Pumpe eingesetzt (Watson-Marlow 505U, Falmouth/England). Der
Ablauf wurde mittels eines Fraktionssammlers (FRAC-100; Amersham Pharmacia Biotech,
Uppsala/Schweden und Bio-Rad Laboratories GmbH München) kontinuierlich gesammelt.
Die Desorption wurde im Gegenstrom zur Beladung durchgeführt. Die jeweiligen Versuchs-
bedingungen sind in Kapitel 5.3.11 enthalten.
5. Ergebnisse und Auswertung 65
5 Ergebnisse und Auswertung
5.1 Kultivierung und Schwermetallscreening
Für das Schwermetallscreening wurden 30 unterschiedliche Algenarten auf ihre Schwerme-
tallkapazitäten untersucht. Die Ergebnisse sind zusammengefasst in Abb. 5. 1 dargestellt.
Bezüglich der Schwermetalle Blei, Cadmium, Zink und Nickel zeigen die untersuchten Al-
genarten ein sehr heterogenes Sorptionsvermögen. Auffallend ist jedoch eine bevorzugte
Aufnahme des Metalls Blei, die beim überwiegenden Anteil der Algen deutlich erkennbar ist.
Die Chlorophyceae Chlorella salina und die Cyanophycae Scytonema hofmani sowie
Lyngbya taylorii zeichnen sich in diesem Schwermetallscreening durch hohe Sorptionseigen-
schaften aus.
0,00,10,20,30,40,50,60,70,80,9
Pb (400 mg/L) Cd (100 mg/L) Ni (100 mg/L) Zn (100 mg/L)
Sorp
tions
kapa
zitä
t [m
mol
/g]
C. salina S. hofmani L. taylorii A. densus K. spiculiformisC. kessleri M. species N. parmeloides S. maxima C. vulgaris G. longicauda R. spiculiforme A. hantzschii S. platensis P. tricornutum M. aeroginosa P. purpureum T. species G. verrucosa C. speciesA. cylindrica S. laxissima G. planctonica S. species P. supspeciesA.africanum E. magnus D. salina A. inaequalis D. bioculata
Abb. 5. 1: Ergebnisse des Schwermetallscreenings für die Metalle Blei, Cadmium, Zink und Nickel
Auf dem Weg zur Entwicklung eines Immobilisierungssystems wurde die Cyanophyceae
Lyngbya taylorii als Modellorganismus infolge ihrer hervorragenden Sorptionseigenschaften
und problemlosen Kultivierbarkeit ausgewählt. Erst zu einem späteren Untersuchungszeit-
punkt wurden zwei Mikroalgen gefunden (Chlorella salina und Scytonema hofmani) die
ähnliche bzw. höhere Sorptionskapazitäten aufwiesen.
Die zur Ordnung Oscillatoriales zählende Cyanophyceae verfügt über fadenförmige ange-
ordnete Einzelzellen, die in einer kräftigen Gallertscheide eingeschlossen sind. Die Einzel-
fäden können eine Länge von 100 µm und mehr erreichen. Der Durchmesser eines solchen
Algenfadens beträgt dagegen nur wenige µm (Abb. 5. 2).
66 5. Ergebnisse und Auswertung
Abb. 5. 2: Lichtmikroskopische Aufnahme der Cyanophyceae Lyngbya taylorii bei einer Vergrößerung
(Okular ⋅ Objektiv ⋅ Tubusfaktor) von 10 ⋅ 16 ⋅ 2 = 320
Eine beispielhafte Wachstumskurve von Lyngbya taylorii ist in Abb. 5. 3 dargestellt. Zu
erkennen ist der für phototrophe Mikroorganismen typische Wachstumsverlauf. Nach einer
kurzen Adaptionsphase an die Medienbedingungen (abhängig vom verwendeten Stamm
sowie Vorkulturführung) folgt eine kurze Phase exponentiellen Wachstums.
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
0 50 100 150 200 250 300Kultivierungsdauer [h]
OD
750 [
-]
Abb. 5. 3: Beispielhafte Wachstumskurve von Lyngbya taylorii kultiviert im 25 L Schlaufenreaktor
In dieser Phase wird für den jeweiligen Organismus das schnellste Wachstum erzielt. Es tritt
weder Licht noch Nährstofflimitierung auf. In der darauffolgenden, langandauernden linearen
Wachstumsphase kommt es infolge von Selbstabschattungseffekten im Reaktor zu einer
Lichtlimitation. Die spezifische Wachstumsrate sinkt. Im weiteren Verlauf, der auf Abb. 5. 3
nicht dargestellt ist, geht die Wachstumskurve in eine stationäre Phase über. Sie ist neben
der Lichtlimitation durch Nährstofflimitationen wie z.B. Phosphat- oder Stichstoffmangel ge-
kennzeichnet.
5. Ergebnisse und Auswertung 67
5.2 Oberflächencharakterisierung der freien Lyngbya taylorii
Zur Bestimmung der gesamten spezifischen Oberfläche der klassierten Alge wurden, aus-
gehend von der BET-Methode (Bestimmung der gesamten spezifischen Oberfläche nach
Brunauer, Emmett und Teller) die in Tab. 5. 1 aufgeführten Messergebnisse als Doppelbe-
stimmung erzielt. Tab. 5. 1: Ergebnisse der Oberflächencharakterisierung ausgehend von der BET-Methode nach [146]
Bei der Aufnahme der Isotherme mit Stickstoff als Analysengas (Temperatur: 77 K) konnte
festgestellt werden, dass der Desorptionszweig unter dem Adsorptionszweig der Isotherme
liegt (Abb. 5. 4).
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
relativer Druck (p/po)
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
adso
rbie
rtes V
olum
en (c
m3 /g
)
ALG433ALG433ALG442ALG442
Abb. 5. 4: Adsorptionsisothermen der freien, konditionierten Mikroalge Lyngbya taylori nach
DIN 66 131 (Gasadsorption von Stickstoff bei der Temperatur des flüssigen Stickstoffs)
Die Hystereseform ist dem Typ H3 ähnlich, der auf Aggregate von plattenförmigen Teilchen
schließen lässt, die schlitzförmige Poren bilden [151].
Die Isothermenform entspricht im Anfangsbereich bis zu einem relativen Druck von 0,3 dem
Typ II (unporöses oder makroporöses Adsorbent) - im weiteren Verlauf (bis zu einem relati-
ven Druck von 1,0) dem Typ IV (mit Hysterese - Mesoporen). Die Bestimmung der spezifi-
schen Oberfläche durch Gasadsorption nach Brunauer, Emmett und Teller (BET) ist möglich
[146].
Parameter Versuchsbezeichnung: ALG433
Versuchsbezeichnung: ALG442
spezifische BET Oberfläche 4,2062 ± 0,0243 m2 g-1 3,9830 ± 0,0187 m2 g-1
spezifisches Porenvolumen ( p/p0 = 0,9925)
0,028744 cm3 g-1 0,027477 cm3 g-1
mittlerer Porenradius (2V/A): 13,7 nm 27,6 nm
68 5. Ergebnisse und Auswertung
5.3 Immobilisierungssystem Natriumcellulosesulfat (NaCS) /Polyethylenimin (PEI)
Nachdem in Vorversuchen eine grundsätzliche Eignung des Matrixsystems NaCS/PEI zur
Verkapselung von Algenbiomasse nachgewiesen werden konnte, bestand das primäre Ziel
in einer Optimierung des Sorbens. Unter dem Begriff Optimierung sind in diesem Zusam-
menhang alle Veränderungen der Immobilisierungsmethode zu verstehen, die die Effizienz
der Schwermetallaufnahme bezüglich Sorptionskinetik und Sorptionskapazität verbessern.
Mit Ausnahme der Kapitel 5.3.7 und 5.3.8 wurde das Schwermetall Blei aufgrund seiner
höheren Kapazität im Vergleich zu Cadmium, Nickel und Zink (vgl. Abb. 5. 1) für die weiteren
Untersuchungen eingesetzt.
5.3.1 Erhöhung des Algenanteils in den Biosorbentien
Ein wichtiger Parameter zur nachhaltigen Verbesserung der Biosorbentien besteht in der
Erhöhung des Algenanteils im Immobilisat. Eine Steigerung desselben führt zu einer Ver-
größerung des eigentlichen Sorbens in den Immobilisaten und somit zu einer Verbesserung
der Sorptionskapazität. Um den Einfluss des Algenanteils auf das Sorptionsgleichgewicht zu
untersuchen, wurden Isothermen des reinen Matrixmaterials NaCS/PEI sowie von immobili-
sierter Lyngbya taylorii aufgenommen (Abb. 5. 5).
Am Verlauf der Sorptionsisotherme wird deutlich, dass NaCS als Matrixsystem schon über
eine hohe Sorptionskapazität für Blei verfügt. Sulfatgruppen des NaCS-Moleküls (vgl.
Abb. 4.1) die nicht am PEI gebunden sind, könnten hierfür verantwortlich sein. Zusätzlich
bilden die Hydroxylgruppen der monomeren Zuckerbausteine zahlreiche Bindungsstellen für
die Schwermetalle.
ceq [mmol Pb2+/L]
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4
q eq [m
mol
Pb2+
/g]
0,00
0,05
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
0,35
Immobilisat (APV = 1,1)Matrixmaterial (NaCS)
Abb. 5. 5: Pb-Isothermen unter Verwendung der reinen NaCS-Kapseln sowie immobilisierter Lyngbya taylorii auf Basis von NaCS mit einem Algen-Polymer-Verhältnis von 1,1
5. Ergebnisse und Auswertung 69
Die Immobilisierung von Lyngbya taylorii führte bei Raumtemperatur zu einem maximalen
APV von 1,1. Verglichen mit dem reinem Matrixmaterial zeichnet sich die immobilisierte
Mikroalge durch eine erhöhte Affinität zum Schwermetall aus. Der Langmuir Parameter b des
Biosorbens ist mit b = 0,02 mmol/L entsprechend kleiner (vgl. Tab. 5. 2). Die gesteigerte
Affinität führt zu einer erhöhten Beladung bei kleinen Gleichgewichtskonzentrationen in der
flüssigen Phase.
Tab. 5. 2: Langmuirparameter der Sorption von Pb(II) an Biosorbentien auf der Basis von NaCS mit unterschiedlichen Biomasseanteilen
Biosorbens verwendete Mikro-alge
APV qmax [mmol/g]
b [mmol/L]
R2
Matrixmaterial - 0 0,34 0,71 0,8713
Biosorbens Lyngbya taylorii 1,1 0,29 0,02 0,9995
Biosorbens Lyngbya taylorii 2,2 0,79 0,08 0,9954
Biosorbens Lyngbya taylorii 3,2 0,94 0,06 0,9965
Durch die in Kapitel 4.6.1 beschriebene Methode zur Erhöhung des Algenanteils konnte die
maximale Sorptionskapazität gesteigert werden, wie Abb. 5. 6 am Beispiel des Schwerme-
talls Blei zeigt. Ein maximales APV von 3,2 für das System Lyngbya taylorii/NaCS führt zu
maximalen Beladungen von 0,94 mmol Blei pro Gramm Sorbens (Tab. 5. 2, Abb. 5. 6).
ceq [mmol Pb2+/L]
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
q eq
[mm
ol P
b2+/g
]
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
APV=3,2APV=2,2
Abb. 5. 6: Bleiisothermen unter Verwendung von immobilisierter Lyngbya taylorii mit unterschied-
lichen Biomassegehalten
Verglichen mit der Sorptionskapazität qmax der freien Alge von 1,47 mmol/g [144], ist die
maximale Sorptionskapazität durch den Immobilisierungsprozess um 38 % vermindert.
Gründe hierfür sind in der geringeren Sorptionsfähigkeit des Matrixmaterials NaCS, der
70 5. Ergebnisse und Auswertung
Blockierung funktioneller Gruppen im Membranbereich (vgl. Abb. 6.1) sowie der teilweisen
Zerstörung von potentiellen Bindungsstellen während des Immobilisierungsprozesses zu
sehen.
Ein Einfluss des Algengehaltes auf den Langmuir Parameter b ist nicht zu erkennen. Die
Schwankungsbreite dieses Parameters für die untersuchten Biosorbentien mit einem APV
von 1,1 bis 3,2 liegt bei 0,02 mmol/L bis 0,08 mmol/L und zeigt in allen Fällen eine erheblich
gesteigerte Affinität im Vergleich zum reinen Matrixmaterial (Tab. 5. 2).
5.3.2 Erhöhung der Schüttdichte
Ein weiterer wichtiger Parameter für die Auslegung von Festbettkolonnen ist die Schüttdichte
des Immobilisats ρS. In Abb. 5. 7 wurden die Schüttdichten von Immobilisaten, die nach der
Immobilisierung einem Trocknungsprozess unterzogen wurden, mit nicht nachgetrockneten
Biosorbentien bei unterschiedlichen APV-Verhältnissen miteinander verglichen.
3154
120 135
0
40
80
120
160
Schü
ttdic
hte
[g B
ioso
rben
s/L]
APV = 1,1
APV = 2,2
APV = 2,2
APV = 3,2
nicht nachgetrocknet nachgetrocknet Abb. 5. 7: Einfluss des APV und der Nachtrocknung der Immobilisate auf die Schüttdichte in einer
Festbettkolonne
Betrachtet man das nicht getrocknete Material mit einem APV von 1,1 und 2,2, so lässt sich
zeigen, dass allein die Änderung des Algenanteils in den Kapseln die Schüttdichten um 54 %
von 31 g/L auf 54 g/L ansteigen lässt. Nimmt man nun Biosorbentien mit demselben APV-
Verhältnis und unterzieht sie einem Trocknungsprozess wie in Kapitel 4.6.1 beschrieben, so
lässt sich die Schüttdichte auf 120 g/L erhöhen.
Die maximale Schüttdichte, die mit diesem System erzielt werden kann, basiert auf einem
APV-Verhältnis von 3,2 und zusätzlicher Nachtrocknung nach dem Immobilisierungsprozess.
Mit Hilfe von rasterelektronenmikroskopischen (REM) Aufnahmen sowie Rückstreuelektro-
5. Ergebnisse und Auswertung 71
nenbildern lassen sich die Auswirkungen des Trocknungsprozesses auf die Struktur im
Innern der Immobilisate und auf die Membrandicke zeigen.
Die einzelnen Darstellungen in Abb. 5. 8 sind REM-Aufnahmen von nicht nachgetrockneten
und nachgetrockneten Biosorbentien. Es ist ein Querschnitt des jeweiligen Partikels (Abb. 5.
8 a, b) sowie der entsprechende Membranbereich (Abb. 5. 8 c, d) vergrößert dargestellt.
Gut zu erkennen ist die poröse Struktur im Innern der nicht nachgetrockneten Biosorbentien
(vgl. Abb. 5. 8 b). Der Nachtrocknungsprozess führt zu einer kompakteren Struktur der
Membraninnenseite (vgl. Abb. 5. 8 a, c) und trägt somit zu einer Stabilitätserhöhung der
Immobilisate bei.
a b
c d
Abb. 5. 8: Querschnitte von Biosorbentien a) nachgetrocknet und b) nicht nachgetrocknet im Anschluss an den Immobilisierungsvorgang. Die zugehörigen Membranausschnitte sind in den Abbildungen c (nachgetrocknet) und d (nicht nachgetrocknet) dargestellt.
Um zu überprüfen, ob die Membran noch für Metallionen permeabel ist, wurden Rückstreu-
elektronenaufnahmen von den nachgetrockneten Partikeln aus Abb. 5. 8 angefertigt. Mithilfe
dieser Technik lassen sich Elemente mit hohen Ordnungszahlen visualisieren. Aufgrund der
starken Elektronenstreuung erscheinen sie als helle „Spots“ (vgl. Abb. 5. 9). Gut zu erkennen
ist zum einen die gleichmäßige Verteilung dieser Spots über den gesamten Querschnitt des
Partikelschnitts, zum anderen kann Abb. 5. 9 entnommen werden, dass im Membranbereich
72 5. Ergebnisse und Auswertung
nur wenig Blei sorbiert ist. Die in den Kapitel 5.3.3 und 6.3.3 getroffene Annahme der
Blockierung von funktionellen Gruppen im Membranbereich wird durch diese Aufnahmen
gestützt. Anhand von Abb. 5. 9 b lässt sich dementsprechend eine Membrandicke des
nachgetrockneten Partikels von ca. 30 µm abschätzen. Der Membranausschnitt eines nicht
nachgetrockneten Immobilisatpartikels (vgl. Abb. 5. 8 d) zeigt, dass die Nachtrocknung keine
nennenswerten Auswirkungen auf die Membrandicke ausübt und kann in dieser Aufnahme
mit ca. 15-20 µm angegeben werden.
Abb. 5. 9: Rückstreuelektronenbilder von nachgetrockneten Immobilisaten: a) Querschnitt eines Immobilisatpartikels b) Membranausschnitt
Der Nachweis, dass es sich bei den weißen Spots tatsächlich um das sorbierte Schwermetall
Blei handelt, konnte mit Hilfe der energiedispersiven Röntgenmikroanalyse (EDS) verifiziert
werden. Die Ergebnisse des Spektrums (vgl. Abb. 5.10) basieren auf dem integralen Aus-
schnitt im Inneren eines Biosorbenspartikels.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
0 2 4 6 8 10
keV
Inte
nsitä
t [-]
C
Mg
FeFe Pb
Pb
Pb
O
S
Pb
Fe
Fe
Abb. 5.10: EDS-Spektrum vom Innenbereich eines mit Blei beladenen Immobilisatpartikels auf Basis
von NaCS
a b
5. Ergebnisse und Auswertung 73
Das Element Blei kann man anhand der charakteristischen Bande im Spektrum bei 2,2 und
10,55 kV eindeutig zuordnen und somit bestätigen, dass Bleiionen die Membran der vorge-
trockneten Partikel passieren können. Die anderen im Spektrum auftretenden Elemente sind
entweder Bestandteile des Matrixsystems (C, O, S) sowie der Biomasse (C, O, S, Fe, Mg)
oder können auf Verunreinigungen als Folge der NaCS-Herstellung zurückzuführt werden
(Fe, Mg).
5.3.3 Optimierung der Partikelgröße
Biosorbentien mit unterschiedlichen Partikeldurchmessern wurden sowohl hinsichtlich ihrer
Sorptionskinetik als auch ihrer Sorptionskapazität untersucht. Durch den Geschwindigkeits-
ansatz 2. Ordnung (vgl. 4.6.2) lassen sich große und mittlere Partikel bezüglich der Schwer-
metallaufnahme gut beschreiben (vgl. Tab. 5.3 und Abb. 5. 11).
q/q eq
[-]
0,00,20,40,60,81,0
t [min]0 25 50 75 100 125
1/(q
eq-q
) [g/
mg]
0,0
0,1
0,2
0,3
d = 1,0 mmd = 2,4 mmd = 3,2 mm
Abb. 5. 11: Sorptionskinetik der Bleiaufnahme bei variablem Partikeldurchmesser
Obwohl kleine Partikel hier größere Abweichungen aufweisen, lässt sich dennoch eine ein-
deutige Aussage über die Geschwindigkeit der Bleisorption machen. Aus Tab. 5.3 ist zu
entnehmen, dass die Geschwindigkeit der Schwermetallaufnahme bei kleinen Immobilisaten
höher ist als bei großen Immobilisaten, was sich in Form von kleiner werdenden Geschwin-
digkeitskonstanten mit wachsendem Partikeldurchmesser ausdrückt.
74 5. Ergebnisse und Auswertung
Tab. 5.3: Geschwindigkeitskonstanten der Bleisorption in Abhängigkeit vom Partikeldurchmesser
Biosorbensbezeich-nung
Partikeldurchmesser d [mm]
Geschwindigkeitskonstante k2 ×××× 104
[g mg-1 min-1]
klein 1,0 ± 0,1 20,81 ± 1,48
mittel 2,4 ± 0,1 10,98 ± 0,48
groß 3,2 ± 0,1 6,15 ± 0,24
Ein umgekehrtes Verhalten zeigt sich bei der Betrachtung der Sorptionskapazitäten von Par-
tikeln mit unterschiedlichen Partikeldurchmessern. Aus Abb. 5.12 ist zu entnehmen, dass
mit sinkendem Partikeldurchmesser eine deutlich verminderte Schwermetallaufnahme ein-
hergeht.
q* =
qeq
/ qeq
, gro
ß
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
0,47
klein mittel groß
0,93 1,00
Abb. 5.12: Sorptionskapazität der NaCS-Immobilisate für Pb(II) bei variablem Partikeldurchmesser
Die Reduzierung der Beladungskapazität kann mit der Blockierung von potentiellen Bin-
dungsstellen im Membranbereich begründet werden und ist in Kapitel 6.3.3 eingehend dis-
kutiert.
5. Ergebnisse und Auswertung 75
5.3.4 Charakterisierung der Partikel
Die Verwendung von Biosorbentien zur Schwermetallsorption in Festbettkolonnen setzt die
Kenntnis der Dichten und der äußeren Oberflächen voraus. Diese Parameter sind wichtige
Einflussgrößen für den Stofftransport bei der Beladung und Desorption. Die zur Charakteri-
sierung einzelner Biosorbenspartikel verwendeten Größen sind in Kapitel 4.5 definiert.
Die Untersuchungen zur Ermittlung der charakteristischen Größen des optimierten Sorbens
lieferten die Tab. 5.4 in folgende Ergebnisse. Die Messungen wurden in einer Sechsfachbe-
stimmung durchgeführt.
Tab. 5.4: Parameter zur Charakterisierung der Biosorbentien auf Basis von NaCS
1. 2. 3. 4. 5. 6. Mittelwert
Partikeldichte ρP [kg/m3] 216,0 211,3 214,9 216,5 205,6 211,4 213
Materialdichte ρM [kg/m3] 809,2 797,4 870,3 857,5 849,5 823,6 835
Porenvolumenanteil im Korn εP [-] 0,73 0,74 0,75 0,75 0,76 0,74 0,75
Partikeldichte (feucht) ρPF [kg/m3] 949,1 946,3 968,0 964,0 963,6 954,7 958
spezifische äußere Oberfläche as [m2/kg] 16,82 17,79 16,36 16,82 16,70 16,45 16,82
5.3.5 Einfluss des pH-Wertes
Da das Sorptionsvermögen von Mikroalgen zu einem hohen Anteil auf Ionenaustausch ba-
siert, hat die Protonenkonzentration einen starken Einfluss auf die Schwermetallkapazität.
Die Messpunkte in Abb. 5.13 resultieren aus Batchexperimenten im Schüttelkolben mit
einem Volumen von V = 50 mL, gleicher Ausgangskonzentration (c0 = 335 mg Pb2+/L) und
gleicher Menge (50 mg) an eingesetztem Biosorbens (APV = 2,2). Gezeigt ist die Konzent-
rationsabnahme in der flüssigen Phase. Ab einem pH-Wert von 6,1 beginnt Bleihydroxid als
weißer Niederschlag auszufallen. Eine weitere Erhöhung des pH-Werts auf 6,2 führt zu einer
starken Trübung der flüssigen Phase verursacht durch Bleihydroxid (Löslichkeitsgrenze) und
folglich zu einem starken Abfall der Gelöstkonzentration in der flüssigen Phase.
Der Einfluss des pH-Wertes zeigt, dass sich das Biosorbens wie ein Kationentauscher ver-
hält. Infolge der Konkurrenz um die gleichen Bindungsstellen führen höhere Protonenkon-
zentrationen zu niedrigeren Beladungswerten des entsprechenden Schwermetalls.
Die Ergebnisse lassen sich ebenfalls sehr gut interpretieren, wenn der vorherrschende Bin-
dungsmechanismus dem einer Mikrofällung in Membrannähe entspricht. Hohe Protonen-
konzentrationen in der Lösung und Membrannähe bewirken eine Reduzierung des Löslich-
keitsproduktes und gefälltes Metallhydroxid geht erneut in die flüssige Phase über.
76 5. Ergebnisse und Auswertung
0
50
100
150
200
250
300
350
400
1 2 3 4 5 6 7 8pH-Wert
c eq [
mg/
L]
c0 = 335 mg Pb2+/L
Abb. 5.13: Einfluss des pH-Wertes auf die Sorptionskapazität bei NaCS-immobilisierter Lyngbya taylorii
Die entsprechend niedrigen Schwermetalleladungswerte bei niedrigen pH-Werten lassen
sich folglich gut zur Desorption von bereits mit Schwermetallen beladenem Sorbens ein-
setzen (vgl. 6.2 und 6.5.1). Bezüglich der Sorption sollte ein pH-Bereich unter der Fällungs-
grenze des entsprechenden Metallhydroxids gewählt werden, um möglichst hohe Bela-
dungswerte zu erzielen. Im Falle immobilisierter Lyngbya taylorii bei der Sorption von Blei
liegt dieser im Bereich von pH 5,0-pH 6,1.
5.3.6 Einfluss der Temperatur
Um den Einfluss der Temperatur auf das Sorptionsgleichgewicht sowie die Geschwindigkeit
der Gleichgewichtseinstellung zu untersuchen, wurden 200 mL einer bleihaltigen Lösung
(c0 = 100 mg/L) mit 70 ± 2 mg Immobilisat (APV = 3,2) versetzt.
Dieser Ansatz wurde im Wasserbad bei entsprechender Temperatur und konstanter Schüt-
telfrequenz über die Versuchszeit beprobt. Die Ergebnisse sind in Abb. 5.14 dargestellt. Im
Temperaturbereich von 20-60°C konnte keine nennenswerte Änderung des sich einstellen-
den Beladungsgleichgewichtes festgestellt werden. In allen drei Ansätzen wurden
0,69 ± 0,02 mmol Pb2+ pro Gramm Immobilisat aus der flüssigen Phase aufgenommen.
5. Ergebnisse und Auswertung 77
0
20
40
60
80
100
120
0 10 20 30 40 50t [h]
Kon
z. [m
g P
b2+/L
]20°C24°C60°C
Abb. 5.14: Bleisorptionskinetik in Abhängigkeit von der Temperatur unter Verwendung von NaCS-
immobilisierter Lyngbya taylorii
Wie Abb. 5.14 zu entnehmen ist, führen höhere Temperaturen jedoch zu einer schnelleren
Gleichgewichtseinstellung.
Unter Annahme eines Geschwindigkeitsansatzes 2. Ordnung und entsprechender Auswer-
tung (Abb. 5.15 und Kapitel 4.6.2) lassen sich für die jeweiligen Temperaturen die Geschwin-
digkeitskonstanten ermitteln (Tab. 5. 5).
0
0,02
0,04
0,06
0,08
0 100 200 300 400
t [min]
1/(q
eq-q
t) [g
/mg]
20°C24°C60°C
Abb. 5.15: Graphische Ermittlung der Geschwindigkeitskonstante k2 für Blei(II) bei sorptionskine-
tischen Versuchen mit variabler Temperatur unter Einsatz von NaCS-immobilisierter Lyngbya taylorii
78 5. Ergebnisse und Auswertung
Trotz der Abweichung von bis zu 26 % kann bei Betrachtung von Abb. 5.15 aufgrund des
starken Anstiegs der Geschwindigkeitskonstanten von 0,46 10-5g mg-1 min-1 (20°C) auf
22,0 10-5 g mg-1 min-1 (60°C) festgestellt werden, dass mit steigender Temperatur die Sorp-
tionskinetik wesentlich beschleunigt wird. Dieses Ergebnis kann durch die schnellere Dif-
fusion innerhalb der Biosorbenspartikel bei höheren Temperaturen erklärt werden (vgl.
Kapitel 6.7.1).
Tab. 5. 5: Geschwindigkeitskonstanten der Sorption von Blei(II) an immobilisierter Lyngbya taylorii bei variabler Temperatur
Temperatur [°C] Geschwindigkeitskonstante k2 ×××× 105 [g mg-1 min-1] 20 " 1 0,46 " 0,1
24 " 1 1,9 " 0,5
60 " 1 22,0 " 5,8
5.3.7 Einzelstoffsorptionsisothermen der Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink
Nach Optimierung der Immobilisierungsmethode (vgl. Kapitel 4.6) wurden die Einzelstoff-
sorptionsisothermen für die Schwermetalle Blei, Zink, Cadmium und Nickel nach der unter
Punkt 4.7.1 beschriebenen Methode aufgenommen. Die ermittelten Gleichgewichtsdaten
lassen sich sehr gut mit dem Adsorptionsmodell nach Langmuir (Gl. 2.3) beschreiben. Die
Bestimmung der maximalen Beladungskapazität qmax und der Langmuirkonstante b kann
mittels Linearisierung von Gl. 2.3 erfolgen. Die Diagramme, die sich aus der linearisierten
Form (Gl. 4.18) zur graphischen Ermittlung der qmax- und b-Werte für die Schwermetalle Blei,
Cadmium, Nickel und Zink ergeben, sind in Abb. 5.16 dargestellt. Zur besseren Darstellung
wurden die einzelnen Diagramme in Abb. 5.16 unterschiedlich skaliert. Die resultierenden
Ergebnisse für beide Parameter sind in Tab. 5. 6 zusammengefasst.
Tab. 5. 6: Langmuirparameter der Einzelstoffisothermen unter Verwendung von kugelförmigem, reinem Matrixmaterial NaCS und Biosorbentien (APV = 3,2) auf der Basis von Lyngbya taylorii
Matrixmaterial NaCS Biosorbens [APV = 3,2] Metalle
qmax [mmol/g]
b [mmol/L]
R2 qmax [mmol/g]
b [mmol/L]
R2
Blei 0,28 0,39 0,9961 0,94 0,06 0,9965
Cadmium 0,34 0,70 0,8612 0,50 0,09 0,9850
Nickel 0,49 1,72 0,8830 0,57 0,45 0,9975
Zink 0,29 1,06 0,9834 0,69 0,20 0,9980
5. Ergebnisse und Auswertung 79
ceq [mmol/L]0 4 8 12 16 20
0
10
20
30
40Nickel
ceq [mmol/L]0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
c eq/q
eq [g
/L]
0
1
2
3
4
5
6Cadmium
0 1 2 3 4
c eq/q
eq [g
/L]
0
1
2
3
4Blei
0 2 4 6 80
3
6
9
12Zink
Abb. 5.16: Grafische Bestimmung der Langmuirparameter der Einzelstoffisothermen für die Metalle
Blei, Cadmium, Nickel und Zink an NaCS-immobilisierter Lyngbya taylorii
Ein Vergleich der maximalen Beladungen zeigt die höchste Kapazität für das Schwermetall
Blei gefolgt von Zink, Nickel und Cadmium. Der Langmuirparameter b entspricht der Kon-
zentration in der flüssigen Phase, bei der die halbmaximale Beladung erreicht wird. Aus
diesem Grund spiegeln niedrige Werte für b eine hohe Affinität des Biosorbens gegenüber
dem Schwermetall wider.
Bei Betrachtung der ermittelten Langmuirkonstanten in Tab. 5. 6 zeigen sich ebenfalls starke
Unterschiede. Blei wird bei geringen Gleichgewichtskonzentrationen wesentlich besser sor-
biert (b = 0,06 mmol/L) als Nickel (b = 0,45 mmol/L). Bezüglich der Affinität des Schwer-
metalls zum Biosorbens lässt sich folgende Reihenfolge angeben: Pb > Cd > Zn > Ni.
Da die Einzelstoffisothermen lediglich Hinweise auf die selektive Aufnahme bei Anwesenheit
verschiedener Schwermetalle geben können, wurden im folgenden Kapitel strukturierte Un-
tersuchungen zur selektiven Aufnahme der Schwermetalle aus Schwermetallgemischen
durchgeführt.
80 5. Ergebnisse und Auswertung
5.3.8 Untersuchungen zur Selektivität
Gegenstand der Selektivitätsuntersuchungen war es, die Biosorptionseigenschaften des Bio-
sorbens bei Anwesenheit von mehreren Schwermetallkomponenten in der Lösung zu cha-
rakterisieren.
Selektivität der Sorption bei Verwendung von Schwermetallgemischen
Zur Beurteilung der Selektivität der Schwermetallsorption bei Anwesenheit mehrerer
Schwermetallkomponenten in der Lösung wurden Mehrstoffisothermen für die Metalle Blei,
Cadmium, Zink und Nickel experimentell bestimmt. Die Aufnahme von Mehrstoffisothermen
verläuft analog zu der der Einzelstoffisothermen (vgl. Kap. 4.7.2).
Der grundsätzliche Unterschied besteht darin, dass zu Versuchsbeginn jeweils äquimolare
Konzentrationen aller zu untersuchenden Schwermetalle in der flüssigen Phase eingestellt
worden sind. In Abb. 5. 17 sind die Mehrstoffisothermen zur Bestimmung der Selektivität der
Schwermetallaufnahme von Lyngbya taylorii-Biosorbentien auf Basis von NaCS (APV = 3,2)
aus Schwermetallgemischen mit unterschiedlicher Zusammensetzung dargestellt.
Anhand der Vierstoffisotherme (Abb. 5. 17, obere Darstellung) lässt sich deutlich die bevor-
zugte Bindung des Metalls Blei am Immobilisat erkennen. Während hier die maximale Kapa-
zität der Einzelstoffisotherme nur um ca. 25 % vermindert ist (vgl. Tab. 5. 6), zeigen die Me-
talle Cadmium, Nickel und Zink eine starke Reduzierung ihrer Sorptionskapazität im Ver-
gleich zu den Einzelstoffisothermen oder werden gänzlich von den Bindungsstellen ver-
drängt.
Um Aussagen über das Bindungsverhalten dieser drei Metalle machen zu können, wurden
Drei- bzw. Zweistoffisothermen aufgenommen (mittlere und untere Darstellung in Abb. 5. 17).
Die Dreistoffisotherme lässt eine geringfügig bessere Sorption von Nickel im Vergleich zu
Cadmium und Zink erkennen. Die untere Darstellung von Abb. 5. 17 zeigt, dass im Zweistoff-
system Zink und Cadmium das Metall Zink mit steigender Metallkonzentration zunehmend
von den Bindungsstellen verdrängt wird. Aus den durchgeführten Untersuchungen lässt sich
die folgende Selektivitätsreihe angeben:
Pb >> Ni > Cd > Zn
5. Ergebnisse und Auswertung 81
q eq, i [
mm
ol/g
]
0,0
0,2
0,4
0,6
q eq, i [m
mol
/g]
0,0
0,1
0,2
0,3
ceq, i [mmol/L]
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0
q eq, i [m
mol
/L]
0,0
0,1
0,2
0,3
NickelCadmiumZink
Dreistoff:
CadmiumZink
Zweistoff:
BleiVierstoff:
NickelCadmiumZink
Abb. 5. 17: Mehrstoffisothermen zur Bestimmung der selektiven Schwermetallaufnahme von
Immobilisaten auf der Basis von NaCS (Lyngbya taylorii mit einem APV von 3,2) aus Schwermetallgemischen unterschiedlicher Zusammensetzung
82 5. Ergebnisse und Auswertung
Einfluss von Co-Ionen auf die Schwermetallsorption unter Verwendung von Immobilisaten
auf Basis von NaCS – Vergleich mit einem handelsüblichen Ionenaustauscher
In Abb. 5. 18 ist der Einfluss der Co-Ionen Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium auf die
Bleisorption von NaCS-immobilisierter Lyngbya taylorii dargestellt.
In den Untersuchungen wurde bei sonst gleichen Versuchsbedingungen die Startkonzentra-
tion der Co-Ionen schrittweise bis auf 12 g/L erhöht und nach Einstellung des Sorp-
tionsgleichgewichtes die flüssige Phase auf ihre Bleikonzentration analysiert und über die
Massenbilanz die entsprechende Beladung berechnet.
0
50
100
150
200
0 2 4 6 8 10 12 14c0-Konzentration Co-Ion [g/L]
q eq [
mg
Pb2+
/g]
Na K Ca Mg ohne Co-Ion
Abb. 5. 18: Einfluss der Co-Ionen Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium auf die Bleibeladung
von immobilisierter Lyngbya taylorii (APV = 3,2)
Die zweiwertigen Co-Ionen Magnesium und Calcium zeigen in dem untersuchten Konzentra-
tionsbereich keinen Einfluss auf die Bleisorption der Biosorbentien, wogegen die Anwesen-
heit von Natrium ab 4 g/L und Kalium ab 8 g/L als einwertige Ionen eine ca. 20 %ige Redu-
zierung nach sich ziehen. Die erzielten Beladungswerte bei einer C0-Konzentration der Co-
Ionen von 12 g/L können nur eingeschränkt interpretiert werden, da die Abweichungen
innerhalb der jeweiligen Doppelbestimmungen zum Teil sehr hoch ausfallen (Mg 21,4 %,
K 11,4 %, Na 8,4 % und Ca 4,8 %). Die Anwesenheit der Co-Ionen im 34fachen Überschuss
in Relation zu Blei führt in der unter 4.2.1 beschriebenen Schwermetallanalytik mittels AAS
zu Detektionsproblemen und somit zu hohen Abweichungen.
Die Diagramme Abb. 5. 19 und Abb. 5. 20 zeigen vergleichend die Konkurrenz der Co-Ionen
auf die Bleisorption des Biosorbens und des stark sauren Kationenaustauschers IRA 120 der
Firma Amberlite. Die Experimente in Abb. 5. 19 wurden so ausgelegt, dass sich das
5. Ergebnisse und Auswertung 83
Verteilungsgleichgewicht für Blei in Bereichen kleiner Konzentrationen einstellt. Hierdurch
lässt sich der Einfluss der Co-Ionen auf den Langmuir-Parameter b darstellen.
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
Na K Ca Mg
Co-Ion
q eq*
=qeq
, Co-
Ion/q
eq, o
hne
Co-
Ion
BiosorbensIRA120
Abb. 5. 19: Einfluss der Co-Ionen Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium auf die Bleisorptions-
isotherme im kleinen Konzentrationsbereich (37 < qeq < 49 mg Pb 2+/g)
In diesem Bereich der Sorptionsisotherme weisen die Biosorbentien bei den unter 4.7.3 be-
schriebenen Versuchsbedingungen eine 16-33%ige Reduktion der Bleibeladung auf, die auf
die Bindungskonkurrenz durch die jeweiligen Co-Ionen zurückzuführen ist. Unterschiedliches
Sorptionsverhalten bedingt durch einwertige und zweiwertige Co-Ionen lässt sich jedoch
nicht beobachten.
Im Fall des Kationenaustauschers IRA 120 bewirken die Co-Ionen eine wesentlich deut-
lichere Verminderung der Bleibeladung. Die Gegenwart von Natrium und Kalium führt zu
einer Verminderung um 84 % bzw. 83,5 %. Für die zweiwertigen Ionen Calcium und
Magnesium zeigen sich noch stärkere Einflüsse. Die ursprüngliche Beladung wird auf 6 %
bzw. 5 % reduziert.
Im Gegensatz zu den Versuchen in Abb. 5. 19 wurden die Versuche zu Abb. 5. 20 so ausge-
legt, dass sich das Verteilungsgleichgewicht für Blei im Bereich der Sättigungskonzentration
der Sorptionsisotherme einstellt. Hierdurch konnte der Einfluss der Co-Ionen auf den zweiten
Langmuirparameter qmax untersucht werden. Wie der Abbildung zu entnehmen ist, stellt sich
qualitativ ein ähnliches Verhalten wie in Abb. 5. 19 ein. Das Biosorbens zeigt hier eine
Verminderung der Bleisorption um bis zu 18 % im Fall von Natrium und um bis zu 7 % bei
Kalium. Calcium und Magnesium haben dagegen keinen nennenswerten Einfluss auf die
Bleibeladung.
84 5. Ergebnisse und Auswertung
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
Na K Ca Mg
q eq*
=qeq
, Co-
Ion/q
eq, o
hne
Co-
Ion
BiosorbensIRA
Co-Ion Abb. 5. 20: Einfluss der Co-Ionen Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium auf die Bleisorptions-
isotherme im Sättigungsbereich (qeq ≅ 200 mg Pb 2+/g)
Auch in diesem Konzentrationsbereich besteht bei Verwendung des Kationenaustauschers
eine starke Konkurrenz zwischen Blei- und Co-Ionen. Im Sättigungsbereich der Bleisorp-
tionsisotherme werden die Bleibeladungen durch die einwertigen Co-Ionen Natrium und
Kalium auf 47 % und 53 %, durch die zweiwertigen Co-Ionen Calcium und Magnesium auf
13 % und 27 % der ursprünglichen Beladung reduziert.
Der Einfluss der Co-Ionen auf die Schwermetallbeladung für Cadmium, Zink und Nickel hin-
sichtlich der Langmuir-Parameter qmax und b in den beiden ausgewählten Bereichen der Iso-
therme (Anfangs- und Sättigungsbereich) sind zusammenfassend in Abb. 5. 21 dargestellt.
Die Biosorbentien zeigen bei Anwesenheit der unterschiedlichen Co-Ionen keine grund-
sätzlich geänderten Sorptionseigenschaften im hohen und tiefen Gleichgewichtskonzentra-
tionsbereich. Die Isothermenparameter qmax und b verändern sich in vergleichbarer Weise.
Während die Nickelsorption am wenigsten beeinflusst wird, ist die Zinkbeladung durch
Calcium und die Cadmiumbeladung durch Calcium, Magnesium und Kalium deutlicher redu-
ziert. Zweiwertige Co-Ionen bewirken einen deutlicheren Kapazitätsverlust als einwertige Co-
Ionen (Ausnahme: Mg(II) bei der Cd(II)-Sorption).
5. Ergebnisse und Auswertung 85
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
Na K Ca Mg
dim
ensi
onsl
ose
Gle
ichg
ewic
htsb
elad
ung
q eq*
Biosorbens (Einfluss Affinität)Biosorbens (Einfluss Maximalbeladung)IRA 120 (Einfluss Affinität)IRA 120 (Einfluss Maximalbeladung)
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
Na K Ca
dim
ensi
onsl
ose
Gle
ichg
ewic
htsb
elad
ung
q eq*
Biosorbens (Einfluss Affinität)Biosorbens (Einfluss Maximalbeladung)IRA 120 (Einfluss Affinität)IRA 120 (Einfluss Maximalbeladung)
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
Na K Ca Mg
dim
ensi
onsl
ose
Gle
ichg
ewic
htsb
elad
ung
q eq*
Biosorbens (Einfluss Affinität)Biosorbens (Einfluss Maximalbeladung)IRA 120 (Einfluss Affinität)IRA 120 (Einfluss Maximalbeladung)
Abb. 5. 21: Einfluss der Co-Ionen auf die Sorption von Nickel, Zink und Cadmium unter Verwendung
von Biosorbentien auf Basis von NaCS (APV = 3,2)
Generell zeigt der Kationenaustauscher einen wesentlich höheren Kapazitätsverlust durch
die Co-Ionen, wobei der Einfluss von Calcium und Magnesium ausgeprägter ist als bei den
Cadmium
Nickel
Zink
86 5. Ergebnisse und Auswertung
einwertigen Co-Ionen. Im Fall der Zink- und Cadmiumsorption fällt auf, dass Natrium und
Kalium die Sorptionskapazität des Kationenaustauschers im kleinen Konzentrationsbereich
wesentlich stärker reduzieren als die maximale Beladung. Ein Einsatz des Kationenaus-
tauschers bei Anwesenheit von zweiwertigen Co-Ionen in vergleichbaren Konzentrationsbe-
reichen ist aufgrund der unzureichenden Schwermetallselektivität nicht sinnvoll.
5.3.9 Regenerierbarkeit des Immobilisats
Die in Abb. 5. 22 dargestellten Versuche im Schüttelkolben hatten das Ziel, ein geeignetes
Desorptionsmittel zur Regenerierung schwermetallbeladener Biosorbentien zu finden.
t [min]0 5 10 15 20
rela
tive
Bela
dung
[%]
0
20
40
60
80
100
HCl CaCl2 EDTA
Abb. 5. 22: Desorption beladener Lyngbya tayloiri-Immobilisate auf der Basis von NaCS unter Ver-
wendung von HCl (0,1 mol/L), CaCl2 (1 mol/L) und EDTA (0,1 mol/L)
Hierzu wurden neben HCl und CaCl2 auch der Komplexbildner EDTA verwendet. Durch Zu-
gabe von Salzsäure oder CaCl2 kommt es zu einer Konkurrenz der Kationen um die anioni-
schen Bindungsstellen am Biosorbens. Der Desorptionsmechanismus von EDTA hingegen
beruht auf der hohen Komplexbildungskonstante dieses Moleküls mit Schwermetallen.
Die verwendeten Elutionsmittel zeigen deutliche Unterschiede in der Fähigkeit beladene Bio-
sorbentien zu regenerieren. Eine einmolare CaCl2-Lösung hat nur eine geringe Desorptions-
wirkung. Nach 10 min Versuchszeit reduziert sich die Beladung nur um 10 %. Obwohl die
CaCl2-Konzentration 10fach über der Konzentration von HCl und EDTA liegt, zeigt sich auf-
grund der geringeren Affinität des Calciums zu den kationischen Bindungsstellen des Bio-
sorbens eine geringe Elutionswirkung. Eine Steigerung der Konzentration wäre zwar mit
einer verbesserten Desorption verbunden, erscheint aber im Hinblick auf die hohe Aufsal-
zung nicht praktikabel.
5. Ergebnisse und Auswertung 87
Deutlich bessere Ergebnisse werden durch die Verwendung einer 0,1 N HCl-Lösung erzielt.
Nach 10 min wird die ursprüngliche Beladung um ca. 35 % reduziert. Durch die ohnehin
niedrigere Konzentration und das geringe Molekulargewicht ist die Aufsalzung des Eluats
akzeptabel. Die beste Elutionswirkung wird mit dem Komplexbildner EDTA erreicht. Nach
10 min sind nur noch ca. 30 % des Schwermetalls an den Biosorbentien gebunden. Die
Verwendung von EDTA würde jedoch zu Problemen bei der Wiederverwendung des Eluats
führen.
Versuche mit 0,1 N HCl an der nicht immobilisierten Mikroalge Lyngbya taylorii konnten zei-
gen, dass die Säure die Bindungsstellen des biologischen Materials nicht zerstört (Abb. 5.
23).
0
20
40
60
80
100
1. Beladung 1. Desorption 2. Desorption 2. Beladung
Ges
amtb
elad
ung
[%]
DesorptionBeladungRestbeladung
Abb. 5. 23: Desorptionswirkung von 0,1 N HCl an der nicht immobilisierten Mikroalge Lyngbya taylorii
Die Bindungsstellen der Alge bleiben nach einer zweistufigen Batchdesorption nahezu voll-
ständig erhalten. Unter den gegebenen Versuchsbedingungen verbleibt jedoch eine Rest-
beladung von 44 % auf der Alge, die im Gegensatz zu EDTA als Desorptionsmittel (vgl. Abb.
5. 22), mit 0,1 N Salzsäure nicht eluierbar ist.
In Abb. 5. 24 ist die Wiederbeladbarkeit mit Blei vorbeladener Biosorbentien auf der Basis
von immobilisierter Lyngbya taylorii dargestellt. In fünf Zyklen im Batchbetrieb, wobei jeder
Zyklus aus einer einstufigen Beladung mit anschließender Desorption besteht, wurde über-
prüft, ob die sich einstellende Beladbarkeit reproduzierbar ist.
88 5. Ergebnisse und Auswertung
0
20
40
60
80
100
1 2 3 4 5
Zyklus
Wie
derb
elad
bark
eit [
%]
Abb. 5. 24: Wiederbeladbarkeit von Immobilisaten auf Basis von NaCS (APV = 3,2) in Batchver-
suchen unter Verwendung von 0,1 N HCl als Desorptionsmittel
Entsprechend der Restbeladung der freien Alge von 44 % ist unter den gegebenen Ver-
suchsbedingungen bei Verwendung der immobilisierten Lyngbya taylorii ebenfalls eine Rest-
beladung der Biosorbentien zu verzeichnen. Diese beträgt nach den fünf durchgeführten
Zyklen ca. 60 %. Die für die erneuten Beladungen zur Verfügung stehenden Bindungsstellen
lassen sich während der fünf durchgeführten Zyklen reproduzierbar be- und entladen und
betragen ca. 40 % der ursprünglich vorhandenen Bindungsstellen.
5.3.10 Kinetik der Schwermetallsorption
Die den Stofftransport bestimmenden Mechanismen und deren Abhängigkeit von den Sorp-
tiv- und Sorbenseigenschaften sowie den hydrodynamischen Verhältnissen müssen bekannt
sein, um dynamische Prozesse zu beschreiben. Um die Vorgänge in einer Festbettkolonne
modellhaft darzustellen, müssen die Mechanismen der Sorption am einzelnen Korn be-
trachtet werden.
Der Biosorptionsvorgang an freien Mikroalgen wird überwiegend durch den äußeren Stoff-
übergang kontrolliert [152]. Im Gegensatz dazu können in den Immobilisatpartikeln innere
Stofftransportwiderstände auftreten. Der Transport im Partikel kann in den flüssigkeitsge-
füllten Poren ablaufen, indem die Metallsorptive in das Korninnere diffundieren (Porendif-
fusion). Der Transport kann auch als Wanderung von bereits an den Porenwänden gebun-
denen Sorptivs im sorbierten Zustand erfolgen (Oberflächendiffusion) [124].
Durch Unterbrechungsversuche lässt sich eine Aussage über die Bedeutung der inneren
Diffusion in den Immobilisatpartikeln treffen. Ist allein der Filmwiderstand (äußerer
Transportwiderstand) beim Stofftransport zu berücksichtigen, wird in diesem Modell davon
5. Ergebnisse und Auswertung 89
ausgegangen, dass die mittlere Beladung innerhalb des Partikels gleich der Beladung an der
Partikeloberfläche ist. Werden nun Biosorbentien nach einer definierten Zeit aus einer
schwermetallhaltigen Lösung genommen und separat aufbewahrt, so darf bei der Annahme
eines ausgeglichenen Beladungsprofils im Biosorbenspartikel keine Änderung desselben
auftreten. Bringt man die Sorbentien nach längerer Zeit wieder in die ursprüngliche Lösung,
so ist unter identischen Versuchsverhältnissen eine kontinuierliche Fortsetzung der
Schwermetallkonzentrationsabnahme in der flüssigen Phase zu erwarten. Sind jedoch
weitere Stofftransportwiderstände im Innern der Immobilisate bei der Modellbildung zu
berücksichtigen, bildet sich im Immobilisatpartikel ein Beladungsprofil aus, welches eine
verstärkte Abnahme der Schwermetallkonzentration in der flüssigen Phase zur Folge hat.
Die erhaltenen Versuchsergebnisse sind in Abb. 5. 25 dargestellt.
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
0 15 30 45 60 75 90 105 120 135 150
t [min]
c (t)*
= c
(t)/c
0
ohne Unterbrechung50 min Unterbrechung20 h Unterbrechung
Abb. 5. 25: Unterbrechungsversuch zur Ermittlung des Schwermetall-Diffusionsverhaltens in
Lyngbya taylorii-Immobilisaten. Startpunkt der Unterbrechung (gestrichelte Linie) nach 15 min Versuchszeit (Bedingungen: c0 = 400 mg/L Pb2+, APV = 2,0 nachgetrocknet, V = 110 mL, mBiosorbens = 200 mg)
Anhand der oben beschriebenen Versuche konnte gezeigt werden, dass die
Stofftransportwiderstände im Innern der Immobilisatpartikel bei einer anschließenden
Modellierung der Schwermetallaufnahme zu berücksichtigen sind. Die Versuchsansätze mit
einer 50 min bzw. 20 h Unterbrechung zeigen nach erneuter Zugabe des Biosorbens eine
erhöhte Schwermetallabnahme in der flüssigen Phase. Es ist also davon auszugehen, dass
sich im Immobilisatpartikel bis zum Zeitpunkt der Unterbrechung ein Beladungsprofil
eingestellt hat, welches sich während des Unterbrechungszeitraums (50 min, 20 h) des
Versuches ausgleicht. Aufgrund des größeren Konzentrationsgradienten kommt es nach der
Unterbrechungsphase zu einer stärkeren Konzentrationsabnahme in der flüssigen Phase.
90 5. Ergebnisse und Auswertung
Um den effektiven Diffusionswiderstand im Innern des Immobilisats zu quantifizieren, muss
gewährleistet sein, dass der Stoffübergang von der flüssigen Phase zur festen Phase des
Immobilisats vernachlässigt werden kann.
Mit der in Kapitel 4.8.2 beschriebenen Methode lässt sich durch Steigerung der Rührerdreh-
zahl die Umströmung der Immobilisatpartikel in den Metallkörbchen des Rührers so weit er-
höhen, dass allein der innere Diffusionswiderstand für die Konzentrationsabnahme in der
flüssigen Phase verantwortlich ist.
In Abb. 5. 26 ist die Konzentrationsabnahme in der flüssigen Phase in Abhängigkeit von der
Versuchszeit mit variabler Drehzahl des Turbinenrührers dargestellt.
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
0 50 100 150 200 250
t [min]
c (t)*
= c
(t)/c
o [-]
500 rpm600 rpm700 rpm
Abb. 5. 26: Dimensionslose Darstellung der Konzentrationsabnahme (Blei(II)) im CMB-Reaktor bei
unterschiedlichen Rührerdrehzahlen unter Verwendung NaCS-immobilisierter Lyngbya taylorii
Mit steigender Drehzahl geht eine Verminderung des die Partikel umgebenden Films einher,
was folglich den äußeren Stoffübergang minimiert. Die Steigerung der Rührerdrehzahl von
600 rpm auf 700 rpm führt nur noch zu einer geringfügigen Beschleunigung der Sorptions-
kinetik. Aus diesem Grund wurden die Messdaten bei 700 rpm als Grundlage zur Ermittlung
des effektiven Diffusionskoeffizienten Deff herangezogen (Abb. 5. 27). Durch Variation des
effektiven Diffusionskoeffizienten Deff lässt sich eine gute Anpassung der berechneten Kon-
zentrations-Zeit-Verläufe an die experimentell ermittelten Werte erreichen. Eine Auswertung
und Modellierung der Sorptionskinetik auf der Grundlage des Oberflächendiffusionsmodells
zeigt in diesem Fall eine gute Übereinstimmung zwischen den mit dem mathematischen
Modell berechneten Werten und den experimentellen Werten. Im vorliegenden Fall be-
schreibt ein effektiver Diffusionskoeffizient von Deff = 1,33E-11 m2/s den experimentellen
Verlauf hinreichend genau.
5. Ergebnisse und Auswertung 91
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Versuchszeit t [h]
c (t)*
= c
(t)/c
0
MeßwerteBerechnung (D(eff))Berechnung (D(eff) +25%)Berechnung (D(eff) -25%)
Pb2+/ Immobilisat
0,45cc
t0
(t) =
∞→
Abb. 5. 27: Vergleich von Messdaten mit berechneten Werten nach dem Oberflächendiffusions-
modell zur Beschreibung der Sorptionskinetik im CMB-Reaktor (Bedingungen: APV = 3,2; T = 28°C; c0 = 100 mg/L Pb2+; V = 1000 mL)
Bestimmung des Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in der Membran
Der effektive Diffusionswiderstand des Immobilisatpartikels lässt sich unterteilen in einen
Widerstand verursacht durch die Membran sowie einen Diffusionswiderstand im Innern der
Partikel. Auch hier kann man durch geeigneten experimentellen Aufbau (Abb. 4.6) den je-
weiligen Anteil am effektiven Gesamtwiderstand ermitteln, wenn die geometrischen Größen,
die Gleichgewichtskonstanten und die Transportkoeffizienten bekannt sind. Hierzu wurden
für das zu untersuchende Immobilisierungssystem entsprechende Flachmembranen nach
Kapitel 4.8.3 hergestellt.
Mittels nichtlinearer Regression unter Verwendung des Marquardt-Levenberg Algorithmus
(SigmaPlot, Vers. 2.01) konnte eine Kurvenanpassung für die Konzentrationsverläufe in
beiden Zellen durchgeführt werden (vgl. Abb. 5. 28).
92 5. Ergebnisse und Auswertung
0
100
200
300
400
500
0 20 40 60 80 100
t [h]
c (t) [
mg/
L]Zelle 1Zelle 2Modell Zelle 1Modell Zelle 2
Abb. 5. 28: Vergleich zwischen den experimentellen Werten und den mit dem mathematischen
Modell berechneten Werten in der Diffusionsmesskammer zur Ermittlung des Schwer-metall-Diffusionskoeffizienten in der Membran (nachgetrocknete NaCS/Lyngbya taylorii Membran mit einer Membranstärke von 63 µm)
Nach mehrfacher Iteration mit deren Hilfe die Differenz zwischen Mess- und Modellwerten
minimiert wurde, sind die in Tab. 5. 7 dargestellten Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in
der Membran ermittelt worden. Bei Betrachtung der Massenbilanz des Schwermetalls im
geschlossenen System der Diffusionsmesskammer konnte festgestellt werden, dass die
Membran in geringem Umfang Bleiionen aus der flüssigen Phase sorbiert. Als Folge der Ei-
gensorption der Membran wird in Zelle 1 (bidest.), ein verglichen mit dem realen Wert, er-
niedrigter Diffusionskoeffizient erhalten. Dementsprechend ergibt sich ein zu hoher Wert für
Zelle 2 (400 mg/L Pb2+). Aus diesem Grund lassen sich für die jeweiligen Membranen Inter-
valle von DMembran angeben. Für weitere Berechnungen wurde das arithmetische Mittel der
Intervallgrenzen verwendet (Tab. 5. 7).
Tab. 5. 7: Schwermetall-Diffusionskoeffizienten für NaCS/Lyngbya taylorii-Membranen unterschied-licher Zusammensetzung
Die in Tab. 5. 7 aufgeführten Membrandiffusionskoeffizienten zeigen den Einfluss der
Membranzusammensetzung und des Trocknungsvorgangs auf den diffusiven Transport in
Membranzusammen-setzung
Behandlung Membranstärkes
[µm]
DMembran
Zelle 1[m2/s]
DMembran
Zelle 2 [m2/s]
DMembran
gemittelt[m2/s]
NaCS feucht 135 1,7E-9 - 1,7E-9
NaCS+Lyngbya taylorii feucht 100 9,9E-11 2,8E-10 1,9E-10
NaCS+Lyngbya taylorii nachgetrocknet 63 3,9E-11 9,0E-11 6,5E-11
5. Ergebnisse und Auswertung 93
der Membran. Während die größten Diffusionskoeffizienten bei reinen NaCS-Membranen
ohne Nachtrocknung beobachtet werden (1,7E-9 m2/s), sinken diese durch den Zusatz von
Lyngbya taylorii auf 1,9E-10 m2/s um eine Größenordnung.
Durch die zusätzlich in die Membran eingebrachte Biomasse wird die zur Diffusion verfüg-
bare Fläche vermindert, was sich folglich in kleineren Diffusionskoeffizienten ausdrückt.
Der zusätzlich eingeführte Trocknungsprozess bewirkt grundsätzliche Änderungen in der
Membranstruktur. Sie äußert sich in Form einer wesentlich höheren mechanischen Festigkeit
der Flachmembranen. Durch die kompaktere Struktur steigt gleichzeitig der Diffusionswider-
stand auf 6,5E -11 m2/s. Er ist damit deutlich geringer als der von nicht nachgetrockneten
Membranen.
5.3.11 Festbettversuche unter Verwendung von Modellabwasser
Der Einsatz von Festbettverfahren bietet aus technischer Sicht verschiedene Vorteile ge-
genüber den Batchverfahren. Hierzu zählen vor allem der einfach zu betreibende Prozess
sowie die geringen Investitions- und Betriebskosten einer solchen Anlage. Die für einen Be-
trieb benötigten Kolonnen, Pumpen und Ventile liegen in unterschiedlichen Dimensionen vor
und müssen nicht neu entwickelt werden. Es kann auf ein großes Erfahrungspotential beim
Betrieb dieser Anlagen zurückgegriffen werden. Bei geeigneter Verschaltung der Kolonnen
ist es möglich, einen nach außen kontinuierlichen Betrieb aufrecht zu erhalten. Ein großer
Vorteil des kontinuierlichen Betriebs ist dadurch gegeben, dass während der Beladungs-
phase die Konzentration des zu sorbierenden Stoffes gegen Null strebt. Die Batchsorption
hingegen kann als Minimalkonzentration nur die entsprechende Gleichgewichtskonzentration
erreichen. Eine weitere Konzentrationsabsenkung ist hier nur durch eine zweite Stufe zu re-
alisieren. Dadurch würden die Investitions- und Betriebskosten erheblich steigen.
Einfluss der Modifikation des Immobilisats auf die Durchbruchskurve
Die Modifikationen der Immobilisierungsmethode zur Herstellung der Biosorbentien, mit dem
Ziel der Erhöhung des spezifischen Algenanteils und der Schüttdichte (vgl. Kapitel 4.6.1),
haben einen deutlichen Einfluss auf das Durchbruchsverhalten in einer Festbettkolonne.
In Abb. 5. 29 ist die dimensionslose Ablaufkonzentration c(t)* in Abhängigkeit von der Anzahl
der durchgesetzten Bettvolumina bleihaltigen Abwassers aufgetragen.
94 5. Ergebnisse und Auswertung
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Bettvolumina [-]
c (t)*
= c
(t)/c
0
Versuch 1 (nicht modifiziert)Versuch 2 (modifiziert)
Abb. 5. 29: Durchbruchskurven, gemessen am Kolonnenausgang einer Festbettschüttung unter Ver-
wendung von nicht modifiziertem Immobilisat (Versuch 1) und modifiziertem Material (Versuch 2). Die detaillierten Versuchsbedingungen sind Tab. 5. 8 zu entnehmen.
Bei Verwendung des unmodifizierten Materials (Versuch 1) steigt bereits nach wenigen Bett-
volumina die Bleikonzentration am Kolonnenausgang. Demgegenüber zeigt das modifizierte
Material (Versuch 2) eine deutlich höhere Kapazität. Der Durchbruch beginnt hier erst ab 17
Bettvolumina, obwohl die Zulaufkonzentration bei diesem Versuch mit 477 mg/L noch um
143 mg/L höher liegt als beim nicht modifizierten Material (vgl. Tab 5. 8).
Wie aus Abb. 5. 30 im Vergleich zu Abb. 5. 29 entnehmbar ist, können bei geringerer Zulauf-
konzentration wesentlich größere Abwassermengen gereinigt werden, bevor die Festbett-
kolonne regeneriert werden muss.
Die Gesamtbeladung lässt sich durch Auftragung der Ablaufkonzentration cAblauf als Funktion
des durchgesetzten Volumens an schwermetallhaltiger Lösung und anschließender Integra-
tion der von der Zulaufkonzentration und der Durchbruchskurve eingeschlossenen Fläche
berechnen. Die Gesamtbeladung dividiert durch die Masse des eingesetzten Biosorbens in
der Säule ergibt die spezifische Beladung des Biosorbens.
5. Ergebnisse und Auswertung 95
0
20
40
60
80
100
0 50 100 150 200 250
Bettvolumina [-]
c (t)
[mg/
L]Versuch 3 (modifiziert)
Abb. 5. 30: Durchbruchskurve unter Verwendung von modifiziertem Material (Versuch 3). Die
detaillierten Versuchsbedingungen sind Tab. 5. 8 zu entnehmen.
Für alle durchgeführten Kolonnenversuche zeigt sich eine niedrigere Gleichgewichtsbela-
dung als aus den Batchversuchen zur Ermittlung der Sorptionsisotherme zu erwarten wäre
(vgl. Tab. 5. 8).
Die massebezogene Beladung liegt bei dem eingesetzten Biosorbens (APV = 3,2) mit ca.
25 % unter den Werten des Batchversuches zur Aufnahme der Einzelstoffisotherme. Der
Grund hierfür ist vor allem in der Wahl der oberen Integrationsgrenze bei der Auswertung der
Säulenversuche zu sehen. Bei Betrachtung der Durchbruchskurven (Abb. 5. 29 und Abb. 5.
30) wird deutlich, dass sich die Ablaufkonzentration nur sehr langsam der Zulaufkonzentra-
tion nähert. Der Konzentrationsunterschied von cZulauf, bel und cAblauf, bel (t) ist über einen großen
Versuchszeitraum so gering, dass er durch die Analytik nicht mehr aufgelöst werden kann.
Daraus folgt, dass dieser als Tailing der Durchbruchskurve bezeichnete Bereich keinen Bei-
trag zur Kapazität liefert. Vor diesem Bereich erfolgte der Versuchsabbruch. Die dieser
Fläche oberhalb der Durchbruchsfläche im Tailingbereich entsprechende Menge an sorptiv
gebundenen Bleiionen wurde bei der Integration und Ermittlung der massebezogenen Kapa-
zität nicht berücksichtigt und führt damit bei der Auswertung zu geringeren Beladungen im
Vergleich zu den Batchversuchen.
96 5. Ergebnisse und Auswertung
Tab. 5. 8: Versuchsbedingungen und Ergebnisse der Festbettversuche auf Basis von NaCS immobili-
sierter Lyngbya taylorii
Grundsätzlich sind die ermittelten Beladungen aus Kolonnenversuchen im Vergleich zu
Batchversuchen mit größeren Fehlern behaftet. Zu nennen sind neben den oben beschrie-
benen Auswertungsfehler die auftretenen Schwankungen der Zulaufkonzentration infolge
mehrfachen Wechsels der Vorlage, Schwankungen des Volumenstroms und Fehler bei der
Bestimmung des durchgesetzten Probevolumens.
Desorption der beladenen Kolonnen
Die Sorptionsphase des Festbettversuches 3 (Abb. 5. 30) wurde nach Erreichen des Sorp-
tionsgleichgewichtes beendet und eine Desorption unter Verwendung von 0,1 N HCl gestar-
tet. Die Ergebnisse sind in Abb. 5. 31 dargestellt.
Zusätzlich zur Ablaufkonzentration wurde der Konzentrierungsfaktor KF des Desorbats, de-
finiert als
belZulauf
tdesAblauf
cc
KF,
)(,= (5. 1)
in Abhängigkeit von den durchgesetzten Bettvolumina an schwermetallhaltiger Lösung auf-
getragen.
Parameter Einheit Versuch 1 Versuch 2 Versuch 3
Verwendete Alge - Lyngbya taylorii
Lyngbya taylorii
Lyngbya taylorii
APV - 1,1 2,2 3,2
Trocknungsschritt nach Immobilisie-
rung
-
nein ja ja
Bettvolumen mL 55 42 57
Volumenstrom mL/h 45,8 20,7 24,0
Gesamt-TS (mBiosorbens) g 1,77 5,00 7,80
Zulaufkonzentration (cZulauf, bel) mg/L 334 477 99
Gesamtbeladung mg 46 476 883
spezif. Beladung (qeq) mg/g 25,8 95,4 113,2
spezif. volumenbezogen Kapazität mg/mL 0,82 11,43 15,51
Schüttdichte (ρS) g/L 32 120 137
5. Ergebnisse und Auswertung 97
0
1000
2000
3000
4000
5000
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Bettvolumina [-]
c Abl
auf,
(t) [m
g/L]
0
10
20
30
40
50
KF
[-]
Desorption
Aufkonzentrierung
Abb. 5. 31: Desorptionsphase von Versuch 3 unter Verwendung von 0,1 N HCl
Die maximale Ablaufkonzentration im Eluat beträgt ca. 4600 mg Pb2+/L. Nach ca.
19 Bettvolumina ist das Festbett regeneriert. Infolge der langsamen Desorptionskinetik ist bei
dem eingestellten Volumenstrom ein ausgeprägtes Tailing der Desorptionskurve zu beo-
bachten. Im Maximum lässt sich ein Konzentrierungsfaktor von 30,3 errechnen. An der Form
der Desorptionskurve wird deutlich, dass weitere Optimierungen bezüglich der Desorption
vorgenommen werden müssen. Diese Experimente haben das Ziel, eine effektivere Desorp-
tion zu gewährleisten. Mögliche Ansatzpunkte hierzu werden in der Optimierung des De-
sorptionsmittels, der Veränderung der Desorptionsmittelkonzentration sowie in einer Verbes-
serung des Stofftransports in den Immobilisaten gesehen (vgl. Kapitel 6.8).
98 5. Ergebnisse und Auswertung
5.3.12 Festbettversuche mit einem Abwasser eines Akkumulatorenherstellers
Realabwässer von Industriebetrieben unterscheiden sich von den hier verwendeten Mo-
dellabwässern durch die Vielzahl an Konkurrenzionen, die aus vorangegangenen Prozessen
enthalten sein können. Neben der Konkurrenz um die anionischen Bindungsstellen können
sie einen negativen Einfluss auf die Stabilität der Immobilisate ausüben [117]. Um die grund-
sätzliche Eignung dieses Immobilisierungssystem zu überprüfen, wurde ein Säulenversuch
mit Immobilisaten auf NaCS-Basis durchgeführt. Hierzu wurde das Prozesswasser eines
Akkumulatorenherstellers verwendet. Die chemische Zusammensetzung ist Tab. 5. 9 zu ent-
nehmen.
Tab. 5. 9: Chemische Zusammensetzung eines Prozessabwassers aus der Akkumulatorenindustrie Parameter Messwert Parameter Messwert Parameter Messwert
pH 5,67 Mg [mg/L] 1,5 V [mg/L] 0
Leitfähigkeit [µS] 1700 Mn [mg/L] <0,1 Ni [mg/L] 0,05
Ba [mg/L] <0,1 Sr [mg/L] 0,88 Pb [mg/L] 2,8
Fe [mg/L] <0,1 Na [mg/L] <10 Cd [mg/L] 0,037
Ca [mg/L] 793 B [mg/L] 0,2 Zn [mg/L] 1,21
In Abb. 5. 32 ist die Beladungs- sowie Desorptionsphase des 1. Zyklus dargestellt. Als
Ergebnis der hohen Sorptionskapazität der verwendeten Biosorbentien musste die Bela-
dungsphase vor Erreichen des Gleichgewichtes abgebrochen werden, da kein Abwasser mit
der gleichen chemischen Zusammensetzung mehr zur Verfügung stand. Aufgrund der ab-
satzweisen Produktion innerhalb des Industriebetriebes waren die Konzentrations-
schwankungen der Schwermetalle jedoch zu groß um diesen Versuch sinnvoll fortzusetzen.
Zu Beginn der Beladungsphase ist bereits ein deutlicher Konzentrationsanstieg auf ca.
0,4 mg/L Pb2+ am Kolonnenausgang zu verzeichnen. Eine mögliche Ursache könnte in der
hohen Konkurrenzionenkonzentration zu finden sein, die in diesem Abwasserteilstrom vorzu-
finden sind (vgl. Tab. 5. 9). Infolge von Verdrängungsvorgängen in der Säule kommt es somit
zu einem Anstieg der Bleikonzentration bereits von Beginn des Versuches an. Ein weiterer
Grund könnte in einer Kurzschlussströmung innerhalb der Säulenpackung zu sehen sein.
Die Verweilzeit des Abwassers in der Kolonne wäre in diesem Fall deutlich geringer und führt
ebenfalls zu einem Konzentrationsanstieg am Kolonnenausgang. Eine eindeutige Klärung
dieses Phänomens würde eine Wiederholung des Versuches bei gleichzeitiger kontinuier-
licher Messung der Konkurrenzionen ergeben.
5. Ergebnisse und Auswertung 99
0
1
2
3
4
5
6
0 100 200 300 400 500 600
Bettvolumina [-]
c Abl
auf,
bel (
t) [m
g/L]
0
20
40
60
80
100
120
c Abl
auf,d
es (t
) [m
g/L]
BeladungsphaseDesorptionsphase
cZulauf, bel = 2,8 mg Pb2+/L
Abb. 5. 32: Beladungs- und anschließende Desorptionsphase (0,1 N HCl) unter Verwendung NaCS-
immobilisierter Lyngbya taylorii (APV = 3,2) mit einem Realabwasser eines Akkumula-torenherstellers
Die im Anschluss an die Beladung durchgeführte Desorption zeigt eine maximale Konzentra-
tion im Eluat von 110 mg Pb2+/L. Die langsame Desorptionskinetik äußert sich hier ebenfalls
in Form eines ausgeprägten Tailings (vgl. Abb. 5. 31). Insgesamt zeigte das Immobilisat
jedoch eine sehr gute chemische und mechanische Stabilität, die es erlaubt dieses Immo-
bilisat in einer Festbettkolonne zur Behandlung dieses Realabwassers einzusetzen.
5.4 Immobilisierungssystem Sulfoethylcellulose (SEC)/ Polyethylenimin (PEI)
Analog zum Immobilisierungssystem NaCS/PEI wurde ein zweites Cellulosederivat (SEC)
auf seine Eignung zur Herstellung von Biosorbentien auf Basis von Lyngbya taylorii unter-
sucht.
5.4.1 Erhöhung des Algenanteils in den Biosorbentien
In Abb. 5. 33 sind die Beladungen in Abhängigkeit vom Algen-zu-Polymer-Verhältniss (APV)
im Immobilisat für zwei verschiedene Anfangskonzentrationen der Bleilösung dargestellt. Mit
Zunahme des APV im Immobilisat geht bis zu einem Verhältnis von drei eine Erhöhung der
aufgenommenen Menge an Blei pro Masseneinheit des Sorbens einher. Oberhalb dieser
Grenze führt eine weitere Steigerung des APV zu keiner wesentlichen Zunahme der Gleich-
gewichtsbeladung. Das so optimierte Immobilisat mit einem APV von 3 wurde für die
weiteren Experimente als Sorbens eingesetzt, zumal oberhalb dieses Verhältnisses die
Stabilität der Immobilisate aufgrund des geringen Polymergehaltes sinkt.
100 5. Ergebnisse und Auswertung
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4
APV [-]
q eq [
mm
ol/L
]Co = 100 mg/LCo = 800 mg/L C0 = 100 mg/L
C0 = 800 mg/L
Abb. 5. 33: Gleichgewichtsbeladung der Biosorbentien auf SEC-Basis mit dem Schwermetall Blei in
Abhängigkeit vom Algen-zu-Polymer-Verhältnis (APV)
5.4.2 Erhöhung der Schüttdichte und Auswirkungen auf die Struktur der SEC-Immobilisate
Durch die angewandten Methoden zur Immobilisierung von Algenmaterial in einer SEC-
Matrix wurden Partikel hergestellt, die direkt nach der Vertropfung eine tropfen- bis kugel-
förmige Gestalt aufwiesen und mechanisch sehr empfindlich waren. Die Festigkeit der Bio-
sorbentien erhöhte sich jedoch durch den Trocknungsvorgang, während die Partikel ihre Ku-
gelform verloren. Infolge der kompakten Struktur der getrockneten SEC-Immobilisate konnte
eine maximale Schüttdichte von 143 g getrocknetes Biosorbens (APV = 3,0) pro Liter Fest-
bett erzielt werden.
In den folgenden Abb. 5. 34 a-d sind die REM-Aufnahmen des nachgetrockneten, beladenen
Immobilisats dargestellt. Auf den Bildern ist die Porenstruktur der SEC-Immobilisate deutlich
zu erkennen. Im Gegensatz zu den NaCS-Immobilisaten hat hier derselbe Nachtrocknungs-
vorgang, wie in Kapitel 4.6.1 beschrieben, einen wesentlich stärkeren Einfluss. Die Biosor-
bentien verlieren ihre ursprüngliche kugelförmige Gestalt. Der Schrumpfungsprozess ist
deutlich ausgeprägter als beim NaCS, was zu einer wesentlich kompakteren Porenstruktur
führt. Die Membran weist bei den Immobilisaten auf SEC-Basis auch nach dem Trocknungs-
prozess nur eine Stärke von wenigen µm auf. Die Rückstreuelektronenbilder zeigen jedoch
ebenfalls, ähnlich wie bei den Biosorbentien auf Basis von NaCS, eine Permeabilität für Blei
(Abb. 5. 34 c, d).
5. Ergebnisse und Auswertung 101
a b
d c
Abb. 5. 34: Querschnitte von nachgetrockneten Immobilisaten auf SEC-Basis a) REM-Aufnahme und c) Rückstreuelektronenbild. Die zugehörigen Membranausschnitte sind in den Abb. b (REM) und d (Rückstreuelektronenbild) dargestellt.
Auch hier lässt sich mit Hilfe der energiedispersiven Röntgenmikroanalyse (EDS) im In-
tegralbereich der Partikel das Schwermetall Blei eindeutig nachweisen (Abb. 5. 35).
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
0 2 4 6 8 10 12
keV
Inte
nsitä
t [-]
Pb
SPb
Pb
CO
Abb. 5. 35: Spektrum eines mit Blei beladenen Lyngbya taylorii-Immobilisatpartikels auf SEC-Basis
102 5. Ergebnisse und Auswertung
5.4.3 Charakterisierung der Partikel
Die Charakterisierung der Immobilisate auf SEC-Basis erfolgte nach der in Kapitel 4.5 be-
schriebenen Methode. Die Ergebnisse sind in der Tab. 5. 10 zusammenfassend dargestellt.
Tab. 5. 10: Parameter zur Charakterisierung der Biosorbentien auf der Basis von SEC mit einem APV von 3,0
Parameter 1. 2. 3. 4. 5. MittelwertPartikeldichte ρP [kg/m3] 326,5 322,2 337,3 319,5 306,9 322,5 Materialdichte ρM [kg/m3] 1254,9 1302,1 1289,0 1210,7 1234,5 1258,2 Porenvolumenanteil εP 0,74 0,75 0,74 0,74 0,75 0,74 Partikeldichte (feucht) ρPF [kg/m3] 1066 1074 1076 1056 1058 1066 spezifische äußere Kornober-fläche aS [m2/kg] 9,77 9,74 - - - 9,75
Die Messungen wurden in einer 5fach Bestimmung durchgeführt.
5.4.4 Einzelstoffsorptionsisothermen der Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink
Nach Optimierung der Immobilisierungsmethode hinsichtlich des Biomassegehaltes und der
Schüttdichte wurden Lyngbya taylorii -Immobilisate mit einem APV von 3,0 für die Versuche
zur Isothermenbestimmung verwendet. Analog zu Kapitel 5.3.7 wurden die Einzelstoffsorp-
tionsisothermen für die Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink für Lyngbya taylorii
Immobilisate aufgenommen, die unter Verwendung des Matrixsystems Sulfoethylcellulose
hergestellt worden sind (Abb. 5. 36).
In Tab. 5. 11 sind die Isothermenparameter für das reine Immobilisierungsmaterial auf Basis
von SEC sowie für Lyngbya taylorii-Immobilisate auf SEC-Basis zusammengefasst.
Im Unterschied zu den auf NaCS basierenden Biosorbentien, zeigt das Metall Nickel ein
gänzlich anderes Sorptionsverhalten sowohl am reinen SEC-Matrixmaterial als auch an den
Biosorbentien auf SEC-Basis. Die Nickelisotherme des Matrixmaterials ergibt eine unzu-
reichende Korrelation mit dem Adsorptionsmodell nach Langmuir. Deshalb wurde in diesem
Fall eine Anpassung mit dem Isothermenmodell nach Freundlich durchgeführt (vgl. Kapitel
4.7.1).
Durch Auftragung der Gleichgewichtswerte nach der Gleichung:
log qeq = log kF + n log ce (5. 2)
konnten die Freundlich-Parameter anhand der Steigung (Freundlich Exponent n) und des
Ordinatenabschnitts (Freundlich-Konstante kF) graphisch ermittelt werden.
5. Ergebnisse und Auswertung 103
0 1 2 3
c eq/q
eq [g
/L]
0
1
2
3
4Blei
ceq [mmol/L]0 2 4 6 8
c eq/q
eq [g
/L]
0
3
6
9
12
15
18Cadmium
0 3 6 9 12 150
6
12
18
24
30Zink
ceq [mmol/L]0 4 8 12 16
0
3
6
9
12Nickel
Abb. 5. 36: Grafische Bestimmung der Langmuirparameter (Einzelstoffisothermen) für die Metalle
Blei, Cadmium, Nickel und Zink an SEC-immobilisierter Lyngbya taylorii
Die angepassten Langmuir-Parameter zeigen ebenfalls ein unterschiedliches Sorptions-
verhalten des Schwermetalls Nickel bei Einsatz der Immobilisate auf SEC-Basis.
Die Affinität ist mit b = 7,557 mmol/L deutlich geringer als bei den anderen Schwermetallen.
Weiterhin fällt die hohe Beladungskapazität von 2,3 mmol Nickel/g auf, die auf das SEC-Mat-
rixmaterial zurückzuführen ist.
Tab. 5. 11: Langmuirparameter der Schwermetallisothermen unter Verwendung von kugelförmigem, reinem SEC-Matrixmaterial (hergestellt nach der gleichen Methode wie die Algenimmobi-lisate) und Biosorbentien (APV = 3,0) auf der Basis von Lyngbya taylorii
*Nickel: kF = 0,0374 mmol1-n Ln g-1; n = 0,7312
Mit Ausnahme des Schwermetalls Nickel zeigen die ermittelten Langmuir-Parameter eine
gute Korrelation mit der Modellvorstellung (Abb. 5. 36, Tab. 5. 11).
Matrixmaterial Biosorbens [APV = 3,0) Metalle qmax
[mmol/g] b
[mmol/L] R2
qmax [mmol/g]
b [mmol/L]
R2
Blei 0,161 0,634 0,95 0,82 0,143 0,99
Cadmium 0,134 0,147 0,93 0,43 0,274 0,91
Nickel -* -* 0,94 2,30 7,557 0,85
Zink 0,12 0,847 0,92 0,60 0,865 0,98
104 5. Ergebnisse und Auswertung
5.4.5 Selektivität der Sorption bei Verwendung von Schwermetallgemischen
Aufgrund der unterschiedlichen Sorptionseigenschaften des Schwermetalls Nickel (vgl. Ab-
schnitt 5.4.4) bei Verwendung von SEC als Immobilisierungsmatrix wurde zur Überprüfung
der selektiven Schwermetallaufnahme ebenfalls eine Vierstoffisotherme aufgenommen (Abb.
5. 37).
Hier ist deutlich zu erkennen, dass nicht nur die Einzelstoffisotherme von Nickel die höchsten
Beladungswerte aufzeigt, sondern dies auch in Gegenwart der Metalle Blei, Cadmium und
Zink bestätigt werden kann. Weiterhin wird deutlich, dass Blei nach Nickel bevorzugt angela-
gert wird.
ceq, i [mmol/L]0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
q eq, i [m
mol
/g]
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4CadmiumZinkNickelBlei
Abb. 5. 37: Vierstoffisotherme zur Bestimmung der Schwermetallselektivität von Lyngbya taylorii-
Immobilisaten auf SEC-Basis (APV = 3,0) aus Schwermetallgemischen für die Metalle Blei, Cadmium, Zink und Nickel
Die Metalle Cadmium und Zink werden bei hohen Gleichgewichtskonzentrationen durch die
beiden anderen Metalle von den Bindungsplätzen verdrängt. Infolge dieser Ergebnisse lässt
sich für das verwendete Immobilisierungssystem Lyngbya taylorii/SEC folgende Selektivi-
tätsreihe angeben:
Ni > Pb > Zn, Cd
5. Ergebnisse und Auswertung 105
5.4.6 Regenerierbarkeit des Immobilisats
Wie bei den Immobilisaten auf NaCS-Basis (vgl. 5.3.9) wurde auch bei Verwendung von
SEC als Immobilisierungsmatrix die Wiederbeladbarkeit durch das Schwermetall Blei in fünf
einstufigen Batchversuchen überprüft (Abb. 5. 38).
0
20
40
60
80
100
1 2 3 4 5
Zyklus
Wie
derb
elad
bark
eit [
%]
Abb. 5. 38: Wiederbeladbarkeit von von Immobilisaten auf SEC-Basis (APV = 3,0;) mit Blei(II) in
Batchversuchen unter Verwendung von 0,1 N HCl als Desorptionsmittel
Während sich im Fall des NaCS bereits nach dem ersten Zyklus eine konstante Wiederbe-
ladbarkeit von ca. 40 % einstellt, zeigt sich bei den Biosorbentien auf SEC-Basis ein anderes
Verhalten. Ein Beharrungszustand ist hier nach fünf Zyklen noch nicht eingetreten.
Weiter fällt auf, dass bis zum dritten Zyklus höhere Wiederbeladungen des Immobilisats er-
zielt werden als nach Untersuchungen mit Biomasse der freien Lyngbya taylorii (vgl. Abb. 5.
23) zu erwarten wären. Nach dem fünften Zyklus können 54 % der anionischen Bindungs-
stellen erneut mit Pb(II) beladen werden. Dieser Wert entspricht der Wiederbeladbarkeit der
freien Mikroalge unter gleichen Desorptionsbedingungen. Eine Extrapolation des Kurven-
verlaufs in Abb. 5. 38 lässt einen erreichbaren Beharrungszustand bei 45-50 % der Erstbe-
ladung erwarten.
5.4.7 Kinetik der Schwermetallsorption
Zur Bestimmung des effektiven Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in den Immobilisaten
mittels CMB-Reaktor wurde analog wie unter Punkt 4.8.2 vorgegangen. Bei einer Rührer-
drehzahl von 700 rpm wurden die Messergebnisse nach der Methode von Hand, Crittenden
und Thacker [124] ausgewertet. Die Ergebnisse sind in Abb. 5. 39 dargestellt.
106 5. Ergebnisse und Auswertung
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
0 5 10 15 20 25 30
t [h]
c (t)*
=c(t)
/c0
MesswerteD(eff)D(eff) (+25%)D(eff) (-25%)
Abb. 5. 39: Dimensionslose Darstellung der Konzentrationsabnahme (Blei) im CMB-Reaktor bei
unterschiedlichen Rührerdrehzahlen unter Verwendung SEC-immobilisierter Lyngbya taylorii
Das der Auswertung zugrunde liegende Oberflächendiffusionsmodell zeigt im Falle der Im-
mobilisate auf SEC-Basis zu Versuchsbeginn jedoch erhöhte Abweichungen von den ex-
perimentellen Daten. Durch eine Variation von Deff um ± 25 % kann die zeitabhängige Sorp-
tion während der ersten zwei Betriebsstunden nicht korrekt erfasst werden. Mit einem Ober-
flächendiffusionskoeffizienten von 2,37E-12 m2/s lassen sich die aufgenommenen Mess-
werte im weiteren Verlauf des Versuches jedoch gut beschreiben.
Der angepasste Deff-Wert ist im Vergleich zum Biosorbens auf NaCS-Basis um eine Größen-
ordnung kleiner.
Ähnlich wie bereits beim NaCS wurde der Schwermetall-Diffusionskoeffizient durch die SEC-
Membranen in der Diffusionsmesskammer ermittelt. Hierzu wurden Flachmembranen nach
Kapitel 4.8.3 hergestellt. SEC-Membranen, die einem Trocknungsprozess unterzogen
wurden, konnten mit dieser Methode nicht untersucht werden. Aufgrund der geringen
Membranstärke (vgl. Abb. 5. 34) wiesen sie eine unzureichende Stabilität auf, um in der
Diffusionsmesskammer vermessen zu werden.
In Abb. 5. 40 ist beispielhaft die iterative Anpassung der berechneten Konzentrations-Zeit-
Verläufe durch Variation des Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in der Membran an die
experimentellen Verläufe in den beiden Messkammern für SEC/Lyngbya taylorii-Membranen
dargestellt.
5. Ergebnisse und Auswertung 107
0
100
200
300
400
500
0 10 20 30 40 50 60 70 80
t [h]
c (t) [
mg/
L]Zelle 1Zelle 2Modell Zelle 1Modell Zelle 2
Abb. 5. 40: Vergleich zwischen den experimentellen Werten und den mit dem mathematischen
Modell berechneten Werten zur Ermittlung des Schwermetall-Diffusionskoeffizienten durch die Membran in der Diffusionsmesskammer (feuchte SEC/Lyngbya taylorii-Membran mit einer Membranstärke von 62 µm)
Wie die Ergebnisse der Anpassung zeigen, können mit dem verwendeten mathematischen
Modell (Gleichungen 4.42 und 4.43) die experimentellen Daten mit hinreichender Genauig-
keit beschrieben werden (Abb. 5. 40).
Die Ergebnisse der Modellierung sind in Tab. 5. 12 zusammengefasst.
Tab. 5. 12: Schwermetall-Diffusionskoeffizienten in SEC/Lyngbya taylorii-Membranen unterschied-licher Zusammensetzung
Die durch den Herstellungsprozess in die Membran eingefügten Mikroalgen bewirken eine
Erhöhung des Diffusionswiderstandes. Die durch Iterationen bestimmten Schwermetall-Dif-
fusionskoeffizienten von 1,2E-10 m2/s in den reinen SEC-Membranen werden durch den
Zusatz der Mikroalgen um 50 % auf 6,3E-11 m2/s reduziert.
Verglichen mit den NaCS-Membranen zeigen die SEC-Membranen einen deutlich höheren
Widerstand (vgl. Tab. 5. 7). Während für die Diffusion durch die Poren der reinen SEC-
Membranen ein Schwermetall-Diffusionskoeffizient von 1,2E-10 m2/s bestimmt wird, weisen
NaCS-Membranen einen um eine Größenordnung höheren Wert von 1,7E-9 m2/s auf.
Membranzusammen-setzung
Membranstärke
[µm]
Behandlung DMembran Zelle 1 [m2/s]
DMembran
Zelle 2 [m2/s]
DMembran
gemittelt m2/s]
SEC 183 feucht 7,4E-11 1,6E-10 1,2E-10
SEC+Lyngbya taylorii 62 feucht 3,4E-11 9,1E-11 6,3E-11
108 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
6. Diskussion
6.1 Kultivierung und Schwermetallscreening
Medienzusammensetzung und Kultivierung
Die überwiegende Anzahl der im Schwermetallscreening untersuchten Algenspezies mit
Ausnahme von Lyngbya taylorii und den Algenextraktionsrückständen wurden in Nährme-
dien kultiviert, die von den jeweiligen Stammsammlungen empfohlen wurden. Hierbei handelt
es sich zumeist um Kultivierungsmedien, die dem natürlichem Habitat angepasst worden
sind. Einige Einflüsse von Medienkomponenten auf die Schwermetallaufnahme sind be-
kannt. Diese können einerseits einen positiven Einfluss ausüben wie z. B. Kalium [153],
Phosphat [154], Quecksilber [155], L-Cystein [156] oder die Schwermetallaufnahme bei Zu-
gabe von Calcium, Zink oder EDTA infolge von kompetitiver Hemmung oder Komplexierung
[155] reduzieren. Betrachtet wurde bei diesen Untersuchungen jedoch ausschließlich die
Aufnahme der Schwermetalle in die lebende Zelle (Bioakkumulation).
In dieser Arbeit sind die oben beschriebenen Effekte vernachlässigbar, da nur der Sorp-
tionsmechanismus betrachtet wurde und aufgrund der Konditionierung der Biomasse (vgl.
Kapitel 4.3.2), keine beeinträchtigenden Salzkonzentrationen im Algenmaterial mehr festzu-
stellen waren.
Andere mögliche Faktoren, die den Bioakkumulationsprozess, also die aktive Aufnahme von
Schwermetallen in die lebende Zelle beeinflussen, sind der Salzgehalt (Salinität) von
Medien, die zur Kultivierung von marinen Algen [157] verwendet werden sowie Bestrah-
lungsdauer und Kultivierungstemperatur [158].
Anders hingegen verhält es sich bei einer Änderung von Parametern, die einen Einfluss auf
die Dicke und die chemische Zusammensetzung der Zellwand haben. Diese würde auch
beim Einsatz von devitaler Biomasse eine Veränderung des Sorptionsverhaltens nach sich
ziehen. Im Fall von Bakterien kann die Zellwanddicke durch die Wachstumsphase sowie die
Kultivierungsbedingungen (Antibiotikazugabe, Inhibierung der Proteinbiosynthese, Nährstoff-
limitierungen) und die chemische Zusammensetzung (ebenfalls durch Antibiotika, verschie-
dene Kohlenstoffquellen oder Wachstums-pH) verändert werden. Eine übersichtliche Dar-
stellung für Bakterien und Pilze ist bei Remacle [30] zu finden.
Viele Cyanobakterien besitzen die Fähigkeit Polysaccharide zu bilden. Diese können ent-
weder die Zellen einhüllen (z.B. Gallertscheide bei Lyngbya taylorii) oder werden als Exo-
polysaccharide ins umgebende Medium abgegeben (Nostoc sp.). Die chemische Zusam-
mensetzung dieser Polysaccharide kann stark variieren [159] und hängt unter anderem auch
im erhöhten Maße von den Kultivierungsbedingungen ab. Infolge der funktionellen Gruppen
wie Carboxyl- sowie Hydroxylgruppen und möglichen Substituenten wie Acetat, Pyruvat oder
Sulfat bilden sich eine Vielzahl von Bindungsstellen für die Schwermetalle, deren Struktur bei
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 109
der Kultivierung beeinflussbar ist. Unabhängig vom verwendeten Kultivierungssystem wurde
aus diesem Grund darauf geachtet, die Biomasse einheitlich in der späten linearen Wachs-
tumsphase zu ernten. Das im Institut für Bioverfahrenstechnik entwickelte Medium 5* wurde
für sämtliche Kultivierungen von Lyngbya taylorii verwendet. Somit konnten Veränderungen
der chemischen Zusammensetzung ausgeschlossen werden.
Schwermetallscreening
In Voruntersuchungen mit der Chlorophyceae Chlorella vulgaris wurde festgestellt, dass die
im Screening verwendeten Initialkonzentrationen für die jeweiligen Metalle (vgl. Kapitel 5.1)
zu einer Maximalbeladung führen. Diese Versuchsbedingungen wurden dann im Anschluss
als Grundlage für alle weiteren Screeningversuche beibehalten, um die unterschiedlichen
Algenspezies miteinander vergleichen zu können [144]. Das Verhältnis der eingesetzten
Masse des Biosorbens zum Volumen der Schwermetalllösung wird in einer Adsorptionsiso-
therme durch die Steigung der Arbeitsgeraden charakterisiert, die in der Initialkonzentration
c0 ihren Ursprung hat. Da die Parameter Volumen Schwermetalllösung und Masse Biosor-
bens für alle Screeningversuche konstant gehalten wurden, lassen sich aufgrund der unter-
schiedlichen Endpunkte der Arbeitsgeraden (entspricht dem Gleichgewicht auf der Sorp-
tionsisotherme) die im Screening untersuchten Algenspezies miteinander vergleichen. Es ist
aber darauf hinzuweisen, dass die ermittelten Beladungswerte im Screening nicht unbedingt
den Maximalbeladungen des jeweiligen Schwermetalls entsprechen. Insbesondere bei den
Mikroalgen, deren Sorptionskapazität größer ist als bei Chlorella vulgaris, kann somit nicht
gewährleistet werden, dass die ermittelten Kapazitäten den Maximalbeladungen gleichzu-
setzen sind. Diese können erheblich über den Beladungen aus dem Screening liegen, wie
am Beispiel von Lyngbya taylorii gezeigt werden konnte. Die Maximalbeladung für Blei(II)
liegt in diesem Beispiel bei 1,42 mmol/g, während im Screening eine Beladung von 0,82
mmol/g erzielt wird [144].
Die Screeningergebnisse der untersuchten Algen lassen keinen Zusammenhang von taxo-
nomischer Klasse und Schwermetallkapazität zu. Beispielhaft sind hier die Blei-Beladungs-
kapazitäten zweier Mikroalgen der taxonomischen Klasse der Chlorophyceae zu nennen.
Chlorella salina zeigt in diesem Screening eine Bleibeladung von 0,89 mmol/g während
Dunaliella bioculata unter gleichen Versuchsbedingungen nur 0,02 mmol/g aus der flüssigen
Phase sorbiert. Ebenso verhalten sich die prokaryotischen Cyanophyceae wie die Beispiele
von Lyngbya taylorii (0,84 mmol Pb2+/g) und Anabena inaequalis (0,1 mmol Pb2+/g) zeigen.
Bei den untersuchten Algenspezies zeigt sich keine Korrelation zum natürlichen Habitat und
ebenso keine Differenzierung bezüglich des Sorptionsvermögens von Frischwasseralgen
und marinen Mikroalgen. Auffällig ist jedoch die bevorzugte Sorption des Metalls Blei bei
dem überwiegenden Anteil der Organismen.
110 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
Ein Literaturvergleich mit Schwermetallbeladungswerten von untersuchten Bakterien und
Pilzen zeigt, dass einige Mikroalgenspezies (Lyngbya taylorii, Scytonema hofmani, Chlorella
salina) aus diesem Screening über ein in der Regel wesentlich höheres Sorptionsvermögen
verfügen. Höhere Adsorptionskapazitäten werden nur von einigen Makroalgenspezies wie
Sargassum und Ascophyllum erzielt [60; 26]. Da bislang nur wenige Mikroalgenspezies auf
ihr Sorptionsvermögen untersucht wurden, erscheint eine Fortführung des Screenings unter
Verwendung von Mikroalgen sehr aussichtsreich (vgl. Kapitel 7).
6.2 Oberflächencharakterisierung der freien Lyngbya taylorii
Die verwendete Mikroalge Lyngbya taylorii weist mit 4,1 m2 pro Gramm Algenmaterial eine
vergleichsweise geringe spezifische Oberfläche auf, wie aus der folgenden Tabelle zu ent-
nehmen ist.
Tab. 6. 1: Gesamte spezifische Oberfläche verschiedener Adsorbentien [135] Adsorbens BET-Oberfläche
[m2/g]
Aktivkohle 300...1800
Adsorberpolymere 100...1500
Aluminiumoxid 100...400
Zeolithe 500...1000
Kieselgel 300...800
Durch den Zerkleinerungsprozess während der Konditionierung des Algenmaterials ist dieser
Wert zudem beeinflusst (vgl. 4.3.2). Ein intensiveres Zermahlen resultiert in einer höheren
spezifischen Gesamtoberfläche des Algenmaterials. Parallel durchgeführte Oberflächenbe-
stimmungen mit anderen Biomassechargen von Lyngbya taylorii im Kooperationsprojekt F2
konnten jedoch zeigen, dass die hier ermittelten Werte reproduzierbar sind. Messungen der
BET-Oberfläche an pflanzlicher Biomasse (E. crassipes), mit der gleichen Messmethode
ermittelt, weisen Werte von 6,7-7,4 m2 pro Gramm auf und liegen somit in der gleichen
Größenordnung [160].
Mit Kenntnis der gesamten spezifischen Oberfläche lassen sich Rückschlüsse auf die Art der
Schwermetallbindung ziehen. Geht man allein von einer ionischen Bindung des Schwerme-
talls mit dem Algenmaterial aus, so ist maximal eine monomolekulare Bedeckung der spezi-
fischen Oberfläche zu erzielen. Unter Verwendung der Ionenradien (Atomradien) des jeweili-
gen Schwermetalls lässt sich analog zur BET-Auswertung mit Stickstoff der Flächenbedarf
eines Ions (Atoms) auf dem Adsorbens berechnen. Bei vorgegebener spezifischer Gesamt-
oberfläche kann so eine maximale Anzahl Ionen (Atome) des verwendeten Schwermetalls
berechnet werden, die eine monomolekulare Bedeckung zur Folge haben.
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 111
Die Anzahl übereinander angeordneter Schichten errechnet sich aus dem Flächenbedarf der
Menge an Ionen (Atome) bei maximaler Beladung dividiert durch die bestimmte spezifische
BET-Gesamtoberfläche des jeweiligen Schwermetalls. Übersteigt die aus den Experimenten
ermittelte maximale Schwermetallbeladung die aus der monomolekularen Bedeckung resul-
tierende Beladung (Anzahl der Schichten >> 1), so deutet dieses Ergebnis auf einen anderen
Mechanismus als den beim Ionenaustausch vorliegenden hin. Die Ergebnisse für die
Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink mit der freien Biomasse der Mikroalge
Lyngbya taylorii sind Tab. 6. 2 zu entnehmen.
Tab. 6. 2: Berechnung der Anzahl übereinander liegender Atomschichten (Ionenschichten) unter Ver-wendung der experimentellen maximalen Beladungen qmax und der BET-Oberfläche an der freien Mikroalge Lyngbya taylorii;
1) Daten aus [144]
In Tab. 6. 2 wurde die Schichtanzahl auf der Basis von Schwermetallionen (Anlagerungs-
mechanismus: Ionenaustausch) und ungeladenen Schwermetallen (Anlagerungsmecha-
nismen: Mikrofällung, Adsorption) errechnet. Durch den geringeren Radius in der ionisierten
Form lässt sich eine größere Anzahl der Ionen in einer Schicht unterbringen. Folglich ergibt
die Berechnung in diesem Fall auch eine geringere Schichtanzahl.
Die in Tab. 6. 2 angegebene Schichtanzahl für die vier Schwermetalle zeigt deutlich, dass
bei der Sorption des Schwermetalls Blei ein anderer Anlagerungsmechanismus als der reine
Ionenaustausch oder die einschichtige Adsorption überwiegt. Während bei Cadmium, Zink
und Nickel die errechneten Werte mit ca. zwei Ionenschichten gut mit den BET-Ergebnissen
übereinstimmen, führt die hohe Beladung von Blei zu 15 Ionenschichten auf dem Algen-
material.
Blei Cadmium Nickel Zink
Molmasse [g/mol] 207,2 112,411 58,69 65,39
experimentelle Maximalbeladung qmax [mol/g]1) 1,47E-03 3,70E-04 6,50E-04 4,90E-04
Atomradius [m] 1,75E-10 1,49E-10 1,25E-10 1,33E-10
Flächenbedarf eines Atoms [m2] 1,23E-19 8,87E-20 6,2E-20 7,1E-20
spezif. molarer Flächenbedarf [mol/m2] 1,36E-05 1,87E-05 2,7E-05 2,3E-05
Flächenbedarf berechnet aus qmax [m2/g] 108 20 24 21
Schichtanzahl (Basis: Atomradius) 26,5 4,8 5,9 5,1
Ionenradius [m] 1,32E-10 1,03E-10 7,80E-11 8,30E-11
Flächenbedarf eines Ions [m2] 6,97E-20 4,24E-20 2,4E-20 2,8E-20
spezif. molarer Flächenbedarf [mol/m2] 2,38E-05 3,91E-05 6,8E-05 6,02E-05
Flächenbedarf berechnet aus qmax [m2/g] 61,7 9,5 9,5 8,1
Schichtanzahl (Basis: Ionenradius) 15,1 2,3 2,3 2,0
112 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
Die außergewöhnlich hohe Beladung könnte mit der Bildung von unlöslichem Bleihydroxid,
Bleichlorid oder Bleicarbonat an der Algenoberfläche erklärt werden. Dieser als Mikrofällung
bezeichnete Effekt wurde ebenfalls von Schneider [160] bei der Sorption von Kupfer an der
Makrophyta Potomogenten luscens beobachtet. Der Autor führt den Sorptionseffekt im We-
sentlichen auf Mikrofällung zurück. Voraussetzung für eine Mikrofällung ist eine negative
Nettoladung auf der Algenoberfläche, die durch Messung des Zeta-Potentials in Abhängig-
keit vom pH-Wert nachgewiesen werden konnte. Mit Hilfe der abgeänderten Boltzmann-
Gleichung kann die Schwermetallkonzentration an der Potentialgrenzschicht, welche der
Algenoberfläche entspricht, nach folgender Gleichung berechnet werden:
)(
,,TRFz
bulkisurfi eccζ−
= (6. 1)
mit
ci,surf = Konzentration des Metalls i an der Oberfläche
ci,bulk = Konzentration des Metalls i im Kern der Metallsalzlösung
z = Formale Ladung des Kations
F = Faraday Konstante
ζ = Zeta-Potential
R = allgemeine Gaskonstante
T = absolute Temperatur
Obwohl die Konzentration des Schwermetalls im Kern der Flüssigkeit unterhalb der Löslich-
keitsgrenze des Schwermetallhydroxids oder –chlorids liegt, kann im Ergebnis des pH-ab-
hängigen Zeta-Potentials eine wesentlich höhere Konzentration in der Nähe der Potential-
grenzschicht erzielt und die Löslichkeitsgrenze überschritten werden. Als Folge fällt unlös-
liches Schwermetallhydroxid oder –chlorid an der Algenoberfläche aus. Das ein vergleich-
barer Effekt bei der Verwendung von immobilisierter Lyngbya taylorii eine wichtige Rolle
spielt, zeigen die Rückstreuelektronenbilder (Abb. 5.9 und 5.32 c,d). Die weißen Spots auf
den Rückstreuelektronenbildern sind vermutlich auf ausgefallenes Bleihydroxid, Bleichlorid
oder Bleicarbonat zurückzuführen. Eine ionische Bindung würde eher eine homogene Ver-
teilung des Schwermetalls auf der gesamten Querschnittsfläche nach sich ziehen. Die Aus-
fällung von Bleihydroxid, Bleichlorid oder Bleicarbonat hingegen führt in der flüssigen Phase
zu aggregierenden Kristallen und somit zu punktuell hohen Anreicherungen des Schwerme-
talls, wie den Aufnahmen zu entnehmen ist.
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 113
6.3 Optimierung des Biosorbens
Die Immobilisierung der Mikroalgen ist eine notwendige Voraussetzung für den Betrieb einer
Festbettkolonne. Das resultierende Immobilisat muss unterschiedlichen Ansprüchen gerecht
werden, um zur Schwermetallentfernung eingesetzt werden zu können. Hierzu zählen:
!"mechanische Stabilität
!"thermische Stabilität
!"chemische Stabilität
Zur Immobilisierung können unterschiedliche Ansätze verfolgt werden (vgl. Kapitel 2.5.2).
Geleinschlussverfahren wie z. B. Alginatimmobilisierungen haben den Vorteil kostengünstig
zu sein. Als nachteilig erweist sich aber der hohe Stofftransportwiderstand, der eine lang-
same Ad- und Desorptionskinetik zur Folge hat und die chemische Instabilität. Die Querver-
netzung der Biomasse durch z.B. Glutardialdehyd ist wiederum mit einem Adsorptionsverlust
verbunden, da die ungerichtete Vernetzung zur Blockierung von funktionellen Gruppen führt.
Verkapselungsverfahren, wie das in dieser Arbeit untersuchte Einschlussverfahren mit NaCS
oder SEC, lassen hohe Biomassedichten zu (vgl. Tab. 6. 3).
6.3.1 Erhöhung des Algenanteils in den Biosorbentien
Durch die Modifikation des Immobilisierungsvorgangs (vgl. 5.3.1) lassen sich in den Immo-
bilisaten auf der Basis von NaCS und SEC Biomassegehalte von 75-76 % erzielen. Mit
anderen Immobilisierungstechniken werden zumeist nur wesentlich kleinere
Biomassegehalte erreicht. Die geringere Beladungskapazität von Biosorbentien mit
niedrigem Biomassegehalt führt zu einer größeren Dimensionierung der Festbettkolonnen
bei vorgegebenen Volumenströmen der zu reinigenden Abwässer.
Verglichen mit der Sorptionskapazität qmax der freien Lyngbya taylorii von 1,47 mmol/g [144],
ist die maximale Sorptionskapazität durch den Immobilisierungsprozess bei auf der Basis
von NaCS hergestellten Immobilisaten mit einem APV = 3,2 (entspricht 76 % Biomassanteil)
um 38 % (entspricht einer Beladung von 0,94 mmol Pb2+/g) vermindert. Unter Berücksichti-
gung der Gehalte von Biomasse und Matrixmaterial (qmax, Matrix = 0,34 mmol Pb2+/g) ergibt
sich eine rechnerische Reduzierung um nur 19 % auf 1,19 mmol Pb2+/g. Die Gründe dafür,
dass die experimentellen maximalen Beladungen niedriger sind als die theoretisch berech-
neten, können auf die Blockierung funktioneller Gruppen im Membranbereich (vgl. Kapitel
6.3.3, Abb. 6.1) sowie innerhalb der Hohlkugel und der teilweisen Zerstörung von potentiel-
len Bindungsstellen während des Immobilisierungsprozesses zurückzuführen sein.
114 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
Tab. 6. 3: Trockenbiomassegehalte von Biosorbentien unter Verwendung verschiedener Immobili-
sierungstechniken
Im Fall der Immobilisate auf der Basis von SEC (vgl. 5.4.4) ist die Differenz zwischen der
rechnerisch ermittelten (1,14 mmol Pb2+/g) und der experimentell bestimmten Maximalbe-
ladung (0,82 mmol Pb2+/g) noch stärker ausgeprägt als bei den auf Basis von NaCS herge-
stellten Immobilisaten. Zusätzlich zur bereits oben genannten Begründung ist bei den SEC
basierenden Immobilisaten eine wesentlich kompaktere Struktur zu verzeichnen, die im In-
nern der Hohlkugeln verstärkt dazu führen kann, dass funktionelle Gruppen als Bindungs-
stellen der Schwermetalle blockiert werden.
6.3.2 Erhöhung der Biomassedichte der Immobilisate
Zwei Faktoren beeinflussen die Schüttdichte und die Biomassedichte in einer Festbettsorp-
tionskolonne:
� das Algen-zu-Polymer-Verhältnis (APV)
� die Trocknung nach dem Immobilisierungsvorgang
Während die Erhöhung des APV zusätzliches biologisches Material in die Immobilisate ein-
bringt und daher auch für eine Steigerung der massebezogenen Beladung sorgt, hat der
Trocknungsvorgang nur einen Einfluss auf die volumenbezogene Beladung infolge der
Schrumpfung des Immobilisatvolumens unter Beibehaltung der Kapazität. Dieser Parameter
ist für die Auslegung von Festbettsorptionskolonnen im industriellen Maßstab von aus-
Biomassegehalt [% w/w] Immobilisierungsmatrix Referenz 1,25 Silicagel [114] 6-38 Ca-Alginat [161]
[162] 4,3 1,2 7,7
11,1
Ca-Alginat photovernetzte Harze Cellulosetriacetat Polyacryamid
[163]
7,4 Polyacrylamid [162] 8-15 Polyhydroxyethylmethacrylat [113]
47-67 Polyurethan Hydrogel [105] 47 Polyurethan-Polysulfon 50 Polyurethan (ungeschäumt) 50 Polysulfon [115] 60 Polyvinylformal [53] 88 Polyvinylformal [164] 75 SEC/PEI diese Arbeit 76 NaCS/PEI diese Arbeit
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 115
schlaggebender Bedeutung. Eine Erhöhung der volumenbezogenen Beladung hat, wenn
eine Sorptionsanlage auszulegen ist, neben dem geringeren Platzbedarf für die Sorptions-
kolonnen auch entsprechend niedrigere Investitionskosten zur Folge. In Tab. 6. 4 sind die in
einem Liter Immobilisatschüttung enthaltenen Biomassen (ρBiomasse) aufgeführt, die mit unter-
schiedlichen Immobilisierungsverfahren und –matrices erhalten wurden.
Tab. 6. 4: Biomassedichten von Biosorbentien unter Verwendung verschiedener Immobilisierungs-techniken und -materialien;
1) Biosorbens wurde nicht immobilisiert
Die in dieser Arbeit erzielten Biomassedichten von 103 g/L bei den Immobilisaten auf NaCS-
Basis sowie 107 g/L auf SEC-Basis sind vergleichsweise hoch einzustufen. Die in der
Literatur angegebenen Werte für die Biomassedichte von Materialien, die ohne Immobili-
sierung als Festbettschüttung verwendet wurden, wie zum Beispiel die Makroalge
Sargassum sp. [166] oder alkalibehandelte Zitronenschalen [72] mit Biomassedichten von
100 bzw. 98 g/L unterstreichen diese Einstufung.
6.3.3 Optimierung der Partikelgröße
Die Ergebnisse in Kapitel 5.3.3 zeigen deutlich, dass die Geschwindigkeit der Bleisorption
mit sinkendem Partikeldurchmesser steigt (vgl. 6.7.1). Gleichzeitig ist aber durch eine Ver-
kleinerung des Partikeldurchmessers eine Reduzierung der Sorptionskapazität verbunden.
Hervorgerufen wird dieser unerwünschte Effekt dadurch, dass die negativ geladenen funktio-
nellen Gruppen im Membranbereich der Hohlkugeln (Sulfatgruppen des NaCS, Carboxyl-,
Phosphat-, Sulfatgruppen des biologischen Materials), die für die Schwermetallsorption
verantwortlich sind, durch die ionische Bindung des PEI blockiert werden (vgl. Abb. 6. 1).
Biomassedichte ρρρρBiomasse [g/L]
Biomasse Immobilisierungs-matrix
Referenz
4 E.coli, Pseudomonas putida Silicagel [114] 8.5 Bacillus amyloquefaciens Polyacrylamid [163] 20 Pseudomonas aeruginosa Polyurethan Hydrogel [105] 57 Zoogloea ramigera Polysulfon [165] 74 Rhizopus arrhizus Polyvinylformal [53] 98 alkalibehandelte Zitronen-
schalen -1) [72]
100 Sargassum sp. -1) [166] 102 Zoogloea ramigera Ca-Alginat [106] 103 Lyngbya taylorii NaCS/PEI diese Arbeit 107 Lyngbya taylorii SEC/PEI diese Arbeit
116 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
CS-
CS-CS-CS-
CS-CS-
CS-
A-A-A-
A-A-A-
P+
P+P+
P+P+P+
CS- CS-A-
P+
P+
Kapselmembran
NaCS / Algen -Suspension
P+ : Polymin P®
CS- : CellulosesulfatA- : funktionelle Gruppen der Mikroalgen
Abb. 6. 1: Skizze der Bindungsverhältnisse eines Immobilisatpartikels: Mögliche Blockierung der Bin-dungsstellen im Membranbereich durch Vernetzung mit der kationischen Immobilisierungs-komponente Polyethylenimin
Weiterhin ist davon auszugehen, dass die Membranstärke unabhängig vom
Partikeldurchmesser ist, wenn die Vernetzungszeit und die Konzentration des PEI im
Fällungsbad konstant sind.
Eine Verringerung des Partikeldurchmessers hat demnach ein steigendes Membran- zu In-
nenvolumen-Verhältnis zur Folge. Somit nimmt bei kleinen Partikeln der Anteil zu, der nur
wenig am Sorptionsvorgang beteiligt ist. Gestützt wird diese Annahme durch die Rückstreu-
elektronenbilder (vgl. 5.9 a, b). Hier ist deutlich zu erkennen, dass im Membranbereich der
Immobilisate nur wenig Blei angelagert wird. Verglichen mit dem Hohlkugelinneren sind nur
wenige weiße Spots in diesem Bereich vorzufinden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse
wurden Partikel mit einem Durchmesser von 2,5-3,0 mm für weitere Untersuchungen als
geeignet angesehen. Die damit verbundene etwas niedrigere, maximale Sorptionskapazität
(verglichen mit Partikeln mit Durchmessern von 3,2 mm) ist vernachlässigbar in Anbetracht
der verbesserten Sorptionskinetik.
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 117
6.4 Charakterisierung der Partikel
Ein Vergleich beider Matrixsysteme (vgl. Kapitel 5.3.4 u. 5.4.3) bezüglich der ermittelten Pa-
rameter zur Charakterisierung der Immobilisate zeigt deutliche Unterschiede in der Material-
und Partikeldichte der Biosorbentien. Die bestimmten Werte für die auf SEC basierenden
Immobilisate liegen ca. 50 % über denen der auf NaCS basierenden. Hierdurch ist der
kleinere effektivere Diffusionskoeffizient (vgl. Kapitel 5.3.10 mit 5.4.7) des SEC Materials zu
erklären. Ein Matrixmaterial mit höherer Materialdichte bietet den gelösten Schwermetall-
ionen einen höheren Stofftransportwiderstand, der sich in einem entsprechend geringeren
Diffusionskoeffizienten niederschlägt.
Auffällig ist, dass beide Immobilisierungsprodukte über einen gleich großen Porenvolumen-
anteil von ca. 75 % verfügen, der im Vergleich zu Aktivkohle (εP = 0,5) [124] hoch ausfällt.
6.5 Gleichgewichtsuntersuchungen
6.5.1 Einfluss des pH-Wertes
Frühere Untersuchungen zeigten, dass die Schwermetallbeladung von biologischen
Materialien pH-Wert-abhängig ist [67, 167-170]. Die Bleiaufnahme von NaCS-immobilisierter
Lyngbya taylorii weist ebenfalls eine pH-Wert-abhängige Beladung auf (vgl. Abb. 5.13 ). Drei
Effekte werden durch die Änderung des pH-Wertes bewirkt:
a) Ladungungsänderung potentieller Bindungsstellen an der Zelloberfläche
b) Änderung des Zeta-Potentials
c) Einfluss auf die Metall-Chemie in wässrigen Systemen
Bei niedrigen pH-Werten sind die anionischen funktionellen Gruppen der Zellwand mit H3O+
assoziiert. Sie verhindern eine Bindung der kationischen Schwermetalle. Entsprechend ihrer
pKs-Werte wächst mit steigendem pH-Wert die Anzahl deprotonierter Gruppen an der Zell-
wandoberfläche und somit auch die Möglichkeit zur ionischen Bindung von Schwermetallen.
Wie bereits unter 6.2 diskutiert, hat die Mikrofällung einen großen Anteil an den hohen Bela-
dungswerten mit dem Schwermetall Blei. Voraussetzung für die Mikrofällung ist eine nega-
tive Nettoladung der Zelloberfläche. Dieser Zustand stellt sich bei pH-Werten oberhalb des
isoelektrischen Punktes ein und kann für Algenbiomasse bei einem pH-Wert von 3 ange-
nommen werden [171]. Eine weitere pH-Wert-Erhöhung führt zu einer Verringerung des
Zeta-Potentials an der Algenoberfläche und nach Gl. 6.1 zu einer überproportionalen Stei-
gerung der Oberflächenkonzentration des Schwermetalls. Bei Überschreitung der Löslich-
keitsgrenze kommt es zusätzlich zu den ionischen Wechselwirkungen zur Mikrofällung.
Die Lösungschemie der Schwermetalle wird durch die pH-Wert-Erhöhung ebenfalls beein-
flusst. Durch die zunehmende Anzahl von OH--Ionen in der flüssigen Phase wird das Lös-
118 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
lichkeitsprodukt des Schwermetallhydroxids bei den gegebenen Versuchsbedingungen ab
pH 6,2 erreicht und Bleihydroxid beginnt als weißer Niederschlag auszufallen.
6.5.2 Einfluss der Temperatur
Mehrere für die Biosorption relevante Faktoren können durch die Temperatur beeinflusst
werden. Das betrifft die chemische Stabilität der Metallionenbindung, die Stabilität der Ligan-
den an der Algenoberfläche, die Stabilität der Liganden-Metall-Komplexe sowie die Löslich-
keit der Metallionen. Generell steigern höhere Temperaturen die Löslichkeit der Metalle und
folglich sinkt die Beladbarkeit der Sorbentien. Thermodynamisch ist die Beladbarkeit bei
höheren Temperaturen begünstigt, wenn die Metall/Immobilisat-Bindung einer die Be-
dingungen einer endothermen Reaktion erfüllt und entsprechend niedriger im Falle einer
exothermen Reaktion [66].
Sag et al. [172] untersuchten die Biosorptionswärmen an Zoogloea ramigera (Abwasser-
bakterium) und dem filamentösen Pilz Rhizopus arrhizus. Sie konnten nachweisen, dass die
Bleibindung an den verwendeten Biomassen über eine positive Reaktionsenthalpie (endo-
therme Reaktion) von ∆H = 18,9 kJ/mol (Z. ramigera) und ∆H = 35,9 kJ/mol (R. arrihizus)
verfügt. Die Beladungswerte für Blei, gemessen in einem Temperaturbereich von 15-45°C,
zeigen eine, aus thermodynamischer Betrachtung erwartete Steigerung der Beladungskapa-
zität bei höheren Temperaturen. Im Gegensatz dazu kann die Bindung von Cadmium an der
Chlorophyceae Chlorella vulgaris als exotherm bezeichnet werden [67]. Die Beladungswerte
unter den gegebenen Versuchsbedingungen sinken von 60 mg/g bei 20°C auf 35 mg/g bei
50°C.
Die Ergebnisse der NaCS-immobilisierten Lyngbya taylorii zeigen keinen Effekt auf die Sorp-
tionskapazität für Blei. Unter gleichen Versuchsbedingungen wurden bei 20°C, 24°C und
60°C 0,69 ± 0,02 mmol Pb2+ pro Gramm Immobilisat sorbiert.
Während eine Adsorption gewöhnlich eine negative Reaktionsenthalpie aufweist (exotherme
Reaktion), sind Bildungen von Metall/Carboxylat-Komplexen mit positiven Reaktions-
enthalpien verbunden (endotherme Reaktion) [172]. Eine Temperaturerhöhung verschiebt im
Fall von exothermen Reaktionen das Sorptionsgleichgewicht in Richtung niedrigerer Bela-
dung und bei endothermen Reaktionen zu höherer Beladung.
Die konstante Sorptionskapazität im untersuchten Temperaturbereich von 20-60°C bei der
NaCS-immobilisierten Lyngbya taylorii und die damit vernachlässigbare Gesamtreaktions-
enthalpie lässt den Schluss zu, dass die Bindung des Schwermetalls Blei nicht auf einen
einzigen Anlagerungsmechanismus zurückzuführen ist. Vielmehr könnten endotherme und
exotherme Prozesse gleichzeitig an dem Anlagerungsprozess beteiligt sein, so dass auf
Grundlage der Gesamtreaktionsenthalpie keine eindeutige Aussage über den Bindungsme-
chanismus gemacht werden kann.
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 119
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten Merroun et al. [173]. Die Bleibeladungen an
Myxococcus xanthus zeigte im Temperaturbereich von 4-37°C ebenfalls keine messbaren
Änderungen.
Im Gegensatz zu der Gleichgewichtsbeladung wird die Sorptionskinetik von Blei(II) an den
NaCS-Immobilisaten deutlich im untersuchten Temperaturbereich beeinflusst. Die erhaltenen
Ergebnisse werden unter Punkt 6.7.1 eingehend diskutiert.
6.5.3 Einzelstoffsorptionsisothermen der Schwermetalle Blei, Cadmium, Nickel und Zink
Die Ergebnisse zur Berechnung übereinanderliegender Atom- und Ionenschichten (vgl. Tab.
6.2) haben gezeigt, dass die Modellvorstellung von Langmuir, ausgehend von einer
monomolekularen Bedeckung (vgl. 2.5.3), nur eingeschränkt für die Sorption der
Schwermetalle Cadmium, Nickel und Zink zutrifft. Die über 15 Schichten des Schwermetalls
Blei auf dem Sorbens lassen sich jedoch nicht mehr mit einer definierten Anzahl von
Bindungsstellen in Einklang bringen und sind auf den Fällungsmechanismus des Bleiions
zurückzuführen (vgl. 6.2). Trotz dieses Widerspruchs erlaubt die Anwendung der Langmuir-
Gleichung eine gute Beschreibung des funktionalen Zusammenhangs von
Gleichgewichtskonzentration und Gleichgewichtsbeladung.
Die verwendeten Matrixsysteme zur Immobilisierung von Lyngbya taylorii weisen deutliche
Unterschiede in ihrem Sorptionsverhalten gegenüber den untersuchten Schwermetallen auf.
Die maximalen Beladungen des reinen NaCS sind für die Metalle Blei, Cadmium und Zink
um den Faktor 2-3 deutlich höher als beim SEC-Polymer (vgl. Kapitel 5.3.7, Abb. 5.16, Tab.
5.6 und Kapitel 5.4.4, Abb. 5.36, Tab. 5.11). Das Sorptionsverhalten des Schwermetalls
Nickel am reinen SEC-Material ist durch das Langmuirmodell nicht beschreibar. Bei einer
Gleichgewichtskonzentration von 4 mmol Ni2+/L, bei der die anderen Metalle annähernd ihre
Maximalbeladung erreichen, ergibt sich für Nickel eine Gleichgewichtsbeladung von
qeq = 0,1 mmol/g. Die entsprechende Beladungskapazität des reinen NaCS-Materials liegt mit
0,49 mg/g fast um Faktor 5 über der Beladungskapazität von Nickel des reinen SEC-
Materials.
Die Affinität beider Materialien zu den jeweiligen Schwermetallen (Langmuir Parameter b) ist
vergleichbar. Die geringere Beladbarkeit der SEC-Materialien kann mit der höher kon-
zentrierten PEI-Konzentration bei der Vertropfung verbunden sein. Sie war notwendig um
eine ausreichende Stabilität bei hohen Biomassegehalten zu gewährleisten. Ein stärkerer
Vernetzungsgrad durch PEI ist gleichzeitig mit einer verstärkten Blockierung von potentiellen
Bindungsstellen in den Hohlkugeln verbunden und führt zwangsläufig zu einer Reduzierung
der Schwermetallbeladung (vgl. 6.3).
Die innerhalb eines Immobilisierungssystem ähnlichen molaren, maximalen Beladungen für
die untersuchten Schwermetalle (NaCS: 0,28-0,49 mmol/g; SEC: 0,12-0,161 mmol/g) sind
120 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
ein Indiz für den gleichen Bindungsmechanismus. Im Gegensatz zu den Immobilisaten auf
Basis von Lyngbya taylorii ist eine ausgeprägte Selektivität der Schwermetallbindung an den
reinen Matrixmaterialen ist nicht zu erkennen. Über das selektive Sorptionsverhalten der
Schwermetalle unter Verwendung der beiden Matrixmaterialien würden Gemischisothermen
genauere Informationen ergeben.
Durch die Immobilisierung von Lyngbya taylorii kann die Schwermetallkapazität der Biosor-
bentien im Vergleich zu den reinen Matrixmaterialien grundsätzlich gesteigert werden (vgl.
Tab 5.6 und Tab. 5.11). Mit Hilfe der Beladungswerte des Matrixmaterials und der freien Alge
in Verbindung mit dem Algen zu Polymerverhältnis (APV) lassen sich theoretisch erwartete
Maximalbeladungen (qmax, theor.) der Immobilisate auf Basis von NaCS und SEC errechnen
(vgl. Tab. 6. 5).
Tab. 6. 5: Vergleich der erreichten Maximalbeladung qmax (Adsorptionsmodell von Langmuir) und der theoretisch erwarteten Maximalbeladung qmax, theor für Immobilisate auf Basis von SEC und NaCS
1) Der Wert basiert auf einer Gleichgewichtsbeladung des SEC-Matrixmaterials von 0,1 mmol/g und wurde mittels Adsorptionsmodell nach Freundlich berechnet
2) Der Beladungswert entspricht nicht der Maximalbeladung nach Langmuir sondern einer experimentell bestätigten Maximalbeladung
Die Immobilisate auf NaCS-Basis zeigen im Fall der Schwermetalle Blei und Nickel und die
auf SEC-Basis im Fall von Blei erwartungsgemäß eine Maximalbeladung, die geringfügig
unter der theoretisch erwarteten liegt. Eine Reduzierung gegenüber qmax,theor. kann durch die
Blockierung der Bindungsstellen im Membranbereich begründet werden (vgl. 6.3.1).
Die experimentell ermittelten Maximalbeladungen beider Biosorbentien für die Metalle
Cadmium und Zink liegen über den Werten, die für die freie Alge Lyngbya taylorii ermittelt
wurden. Durch die gute Korrelation des Langmuirschen Adsorptionsmodell mit den Mess-
werten kann diese Abweichung nicht nur mit Messfehlern bei der Schwermetallanalytik be-
gründet werden. Auch die Verwendung verschiedener Biomassechargen hat gezeigt, dass
sich die Beladungswerte nur geringfügig ändern. Da bei der Konditionierung der Biomasse
(vgl. 4.3.2) keine untere Korngröße durch Siebung definiert wurde, um den Verlust an Bio-
masse so gering wie möglich zu halten, kann ein intensiveres Zermörsern zu einer kleineren
Metalle Lyngbya taylorii (freie Alge)
Immobilisat auf Basis von NaCS (APV=3,2)
Immobilisat auf Basis von SEC (APV=3,0)
qmax
[mmol/g] qmax
[mmol/g] qmax,theor. [mmol/g]
qmax [mmol/g]
qmax,theor. [mmol/g]
Blei 1,47 0,94 1,18 0,82 1,14
Cadmium 0,37 0,50 0,36 0,43 0,31
Zink 0,49 0,69 0,44 0,60 0,40
Nickel 0,65 0,57 0,61 1,502) 0,491)
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 121
Partikelverteilung führen und die Oberfläche des biologischen Materials vergrößern. Eine
vergrößerte Oberfläche weist entsprechend mehr Bindungsstellen für die Schwermetalle auf.
Der Gesamtfehler im Ergebnis unterschiedlicher Kultivierungschargen und der beschrie-
benen Klassierung liegt jedoch unter ± 10 % und kann somit nicht allein für die vorhandenen
Abweichungen verantwortlich sein.
Die höchste Abweichung tritt bei der Sorption von Nickel am Immobilisat auf Basis von SEC
auf. In Tabelle 6.5 wurde hier anstelle der Maximalbeladung aus dem Langmuir-Modell von
2,3 mmol/g eine experimentell bestätigte Maximalbeladungbeladung von 1,5 mmol/g ver-
wendet. Der Grund ist die ungenaue Beschreibung des Sorptionsgleichgewichts der Nickel-
sorption mit dem Adsorptionsmodell nach Langmuir im hohen Konzentrationsbereich (vgl.
Tab. 5.11). Der theoretisch erwarteten Maximalbeladung von 0,49 mmol/g, errechnet aus
den Einzelkomponenten SEC und der freien Alge Lyngbya taylorii, steht eine experimentell
bestätigte Maximalbeladung von 1,5 mmol/g gegenüber.
Eine über 200 %ige Beladungssteigerung weist auf einen zusätzlichen kooperativen Effekt
hin, der durch den Immobilisierungsvorgang hervorgerufen wird und der ebenfalls durch die
Experimenten zur Schwermetallselektivität in Schwermetallgemischen bestätigt wird (vgl.
Abb. 5.37 und Kapitel 6.5.4). Weitere Untersuchungen sind notwendig, um den Anlagerungs-
mechanismus von Nickel an Immobilisaten auf Basis von SEC aufzuklären.
6.5.4 Untersuchungen zur Selektivität
Selektivität der Sorption bei Verwendung von Schwermetallgemischen
Die experimentellen Ergebnisse der Mehrstoffisothermen zeigen, dass im Ergebnis der er-
mittelten Einzelstoffisothermen nur eingeschränkt Aussagen über die Selektivität in Schwer-
metallgemischen zu treffen sind (vgl. Tab. 6. 6).
Tab. 6. 6: Voraussage der Selektivitätsreihenfolge in Schwermetallgemischen auf Grundlage der Langmuir-Parameter b, qmax und der Ergebnisse der Mehrstoffisothermen
Die Selektivitätsreihenfolge der Schwermetalle an Biosorbentien (NaCS-Basis), ermittelt
durch die Mehrstoffisothermen, unterscheidet sich von der Voraussage auf Grundlage der
Einzelstoffisothermenparameter. Bei Biosorbentien auf SEC-Basis dagegen korrelieren die
maximalen Beladungen der Einzelstoffisothermen im Sättigungsbereich mit der
Selektivitätsreihenfolge in Schwermetallgemischen. Anhand dieser Ergebnisse wird deutlich,
Grundlage der Selektivitätsreihenfolge
Immobilisate auf NaCS-Basis
Immobilisate auf SEC-Basis
Langmuir-Parameter b
Pb > Cd > Zn > Ni Pb > Cd > Zn >> Ni
Langmuir-Parameter qmax
Pb > Zn > Ni > Cd Ni >> Pb > Zn > Cd
Mehrstoffisotherme Pb >> Ni > Cd > Zn Ni > Pb >> Zn, Cd
122 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
dass Aussagen über die Selektivität erst durch die Aufnahme der Mehrstoffisothermen
gemacht werden können.
Die Gründe für die unterschiedliche Selektivität in Schwermetallgemischen sind vielfältig.
Tobin et al. [174] zeigten in ihrer Arbeit, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der
maximalen Beladung und dem Ionenradius der verwendeten Schwermetalle besteht. Dieses
Ergebnis lässt sich jedoch nicht auf Biosorbentien auf der Grundlage von Algenmaterial
übertragen. Das Element Nickel weist einen kleineren Ionenradius auf als Cadmium (vgl.
Tab. 6. 7), wird aber von Immobilisaten auf NaCS- und SEC-Basis bevorzugt gebunden.
Für die selektive Beladung der Biosorbentien mit dem Metall Blei lassen sich bei Betrachtung
der chemischen und physikalischen Eigenschaften der untersuchten Schwermetalle weitere
Anhaltspunkte finden. Infolge des geringen Löslichkeitsproduktes wird die Fällungskon-
zentration für Bleihydroxid bei konstantem pH-Wert zuerst (im Vergleich zu den drei anderen
Metallhydroxiden) erreicht und dementsprechend findet die Mikropräzipitation von Blei-
hydroxid zuerst an der Sorbensoberfläche der Immobilisate auf Basis von NaCS statt (vgl.
6.5.1 und Tab. 6. 7).
Tab. 6. 7: Chemische und physikalische Eigenschaften der Schwermetallionen
Weiter fällt auf, dass die Elektronegativität der Atome im Zusammenhang mit der Sorptions-
fähigkeit ihrer Ionen steht. Die Reihenfolge der Elektronegativitäten korreliert mit der Selekti-
vitätsreihe der NaCS-Immobilisate.
Die schon bei den Einzelisothermen an Biosorbentien auf Basis von SEC vergleichsweise
hohe Beladung für Nickel findet in Abb. 5.37 ihre Bestätigung. Obwohl die einzelnen Kompo-
nenten des Sorbens (freie Lyngbya taylorii, SEC-Polymer) eine wesentlich geringere Bela-
dung zulassen, zeigt das Immobilisierungsprodukt auch in Schwermetallgemischen eine be-
vorzugte Bindung für Nickel (vgl. 6.5.3). Ein Grund könnte die Elektronenkonfiguration des
gelösten Nickel (II) darstellen. Während Blei(II), Cadmium(II) und Zink(II) jeweils über gesät-
tigte Unterschalen verfügen und aus diesem Grund eine hohe Stabilität aufweisen, verfügt
Nickel(II) über zwei ungepaarte Elektronen in der 3d-Schale. Mit dieser Elektronenkonfigu-
ration ist Nickel im Gegensatz zu den anderen Schwermetallen in der Lage, verschiedene
einkernige Komplexe mit unterschiedlicher Koordinationszahl und räumlicher Anordnung der
Liganden einzugehen [175]. Diese Komplexe sind durch ihre hohe Stabilität in wässrigen
Lösungen charakterisiert. Mögliche Liganden bei der Komplexierung sind Cl-, CN-, NH3 oder
CO-Gruppen. Warum diese Komlexe jedoch erst durch die Immobilisierung der freien Alge
Schwermetall-ion
Ionenradius (pm)
Löslichkeitsprodukt des Metallhydroxids
Elektronen-kon-figuration
Elektronegativität nach Pauling
Pb2+ 132 1,4E-20 [Xe]4f145d106s 2 2,3 Ni2+ 78 1,54E-15 [Ar]3d8 1,9 Cd2+ 103 5,33E-15 [Kr]4d10 1,7 Zn2+ 83 7,68E-17 [Ar]3d10 1,6
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 123
entstehen, konnte abschließend nicht geklärt werden. Hierzu sind weitere Untersuchungen
durchzuführen.
Einfluss der Calcium-, Magnesium-, Natrium- und Kalium Co-Ionen auf die Bleisorption –
Vergleich mit einem handelsüblichen Kationenaustauscher
Die in Kapitel 5.3.8 dargestellten Ergebnisse zeigen deutlich die Vorteile der Biosorbentien
bei gleichzeitiger Anwesenheit der Co-Ionen in hoher Konzentration. Die in einem galva-
nischen Betrieb anfallenden Abwässer sind durch sehr niedrige pH-Werte und hohe
Schwermetallkonzentrationen gekennzeichnet. In den Vorbehandlungsbädern werden Korro-
sionsprodukte mit Mineralsäuren entfernt (Beizvorgang) und bei der anschließenden Akti-
vierung (Dekapierbäder) große Mengen an Schwefelsäure, Salzsäure, Borflusssäure und
Flusssäure eingesetzt. Wie bereits in Kapitel 2.3 beschrieben, werden die gelösten Schwer-
metalle zumeist mittels Neutralisationsfällungen (Calciumoxyhydrat, Soda, Dolomit, Natron-
lauge) aus der flüssigen Phase entfernt. In vielen Fällen liegen die verbleibenden Restkon-
zentrationen der Schwermetalle über den zulässigen Einleitergrenzwerten, so dass ein
weiterer Verfahrensschritt notwendig wird. Die in der galvanischen Industrie häufig einge-
setzten stark sauren Kationaustauscher sind durch eine sehr hohe Beladungskapazität in
einem weiten pH-Bereich charakterisiert. Um hohe Standzeiten zu gewährleisten werden die
Kationenaustauscher bevorzugt für niedrig konzentrierte Schwermetalllösungen eingesetzt.
Die in der flüssigen Phase verbleibende Restkonzentration der Co-Ionen kann überschlägig
aus der Neutralisationsstöchiometrie berechnet werden. Die Neutralisation einer sauren Pro-
zesslösung (pH 0) mit Calciumhydroxid ergibt eine verbleibende Konzentration von ca. 20 g
Ca2+/L. Unberücksichtigt bleibt dabei das am Fällungsprodukt adsorbierte Calcium. Aus
diesen Gründen wurde für die durchgeführten Versuche ein Konzentrationsbereich der Co-
Ionen von 1–12 g/L gewählt.
Durch die Überlagerung der verschiedenen Bindungsmechanismen des Bleis auf der Ober-
fläche von Immobilisaten auf Basis von NaCS (Mikrofällung, Ionenaustausch, Komplexie-
rung), die in den vorangegangen Kapiteln bereits diskutiert wurden, zeigen die Co-Ionen bei
den entwickelten Biosorbentien einen wesentlich geringeren Einfluss der Co-Ionen auf die
Bleibeladung als der zum Vergleich in die Untersuchungen einbezogene Ionenaustauscher
IRA 120. Während beim Ionenaustauscher der Einfluss der zweiwertigen Kationen stärker ist
als der der einwertigen, lässt sich im Fall des Biosorbens keine eindeutige Aussage möglich.
Die zweifach geladenen Kationen zeigen beim reinen Ionenaustauschmechanismus einen
stärkeren Konkurrenzeffekt infolge der erhöhten Anzahl an Bindungsstellen. Dieser Effekt
kann an den Biosorbentien nur im Fall des Schwermetalls Zink und eingeschränkt für
Cadmium beobachtet werden. Das diese Wirkung bei den Immobilisaten für die Metalle Blei
und Nickel gar nicht auftritt oder wesentlich geringer ausgeprägt ist, bestätigt erneut, dass
124 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
die Bleisorption nicht allein durch den Ionenaustauschmechanismus beschrieben werden
kann, sondern die bereits oben genannten Mechanismen berücksichtigt werden müssen.
In der Literatur sind nur wenige strukturierte Untersuchungen zum Einfluss von Alkali- und
Eralkalimetallen auf die Sorption von Schwermetallen zu finden. Von Brauckmann et al. [29]
wurde angegeben, dass höhere Calciumkonzentrationen den Sorptionsprozess in größerem
Umfang stören als vergleichbare Konzentrationen von Natrium und Kalium. In den darge-
stellten Untersuchungen wurden Feststoffschlämme aus Algen als Sorbens benutzt, die nach
der Gewinnung von Fettsäuren, Farbstoffen oder Dickungsmitteln als Reststoffe anfallen.
Ähnliche Ergebnisse wurden von Nagase et al. [176] erhalten, die den Einfluss von Calcium
und Magnesium auf die Sorption von Cadmium an der Cyanophyceae Tolypothrix tenuis
untersuchten. Eine Calciumlösung von 4 mmol/L reduzierte die Cadmiumaufnahme unter
den gegebenen Versuchsbedingungen auf 20 %, während eine gleich konzentrierte Magne-
siumlösung die Cadmiumaufnahme nur auf 50 % senkte.
Während die oben genannten Beispiele auf einen Ionenaustausch als Bindungsmechanis-
mus hinweisen, zeigt die Veröffentlichung von Kim et al. [177] vergleichbare Ergebnisse wie
sie in dieser Arbeit mit immobilisierter Lyngbya taylorii erzielt wurden. Die Untersuchungen
an der Rotalge Undaria pinnatifida mit Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium als Co-Ion
(10 g/L) auf die Sorption von Blei (II) zeigten eine maximale Beladungsreduktion um 19 %.
Diese Ergebnisse lassen ebenfalls andere Bindungsmechanismen als den Ionenaustausch
vermuten.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass
� Aussagen über die selektive Sorption einzelner Komponenten aus einer
Schwermetalllösung nicht zwangsläufig aus den Einzelstoffisothermen abgeleitet
werden können;
� der Bindungsmechanismus der jeweiligen Schwermetalle maßgeblich das
Selektivitätsverhalten beeinflusst;
� die Bindungsmechanismen der Biomassen stark variieren und folglich vor jedem
technischen Einsatz überprüft werden müssen.
6.6 Regenerierbarkeit des Immobilisats
In Vorversuchen mit der freien Mikroalge Lyngbya taylorii konnte gezeigt werden, dass eine
Verdrängungselution mit einem Co-Ion wie Calciumchlorid eine geringfügige Desorption-
wirkung auf die beladenen Immobilisate ausübt (vgl. Abb. 5.22). Trotz der hohen Calcium-
konzentration von 40 g Ca2+/L können die gebundenen Schwermetalle nur im geringen Maße
von den Bindungsplätzen verdrängt werden. Es zeigt sich erneut, dass der ionische Bin-
dungsmechanismus, der die Grundlage der Verdrängung durch Co-Ionen darstellt, bei der
Alge Lyngbya taylorii nur zum Teil anwendbar ist. Eine weitere Steigerung der Co-Ionenkon-
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 125
zentration lässt keine wesentliche Verbesserung erwarten, zumal eine zu starke Aufsalzung
des Eluats zusätzliche Probleme bei der weiteren Verwendung der Schwermetalle nach sich
ziehen würde.
Der Einsatz von 0,1 N HCl führte zu einer wesentlich besseren Desorptionsleistung. Durch
die Absenkung des pH-Wertes werden zwei Effekte erzielt. Zum einen werden die ionisch
gebundenen Schwermetalle durch die Protonen von den Bindungsstellen verdrängt. Zum
anderen werden im Fall der Mikrofällung durch eine pH-Erniedrigung die Löslichkeit der
Schwermetallhydroxide deutlich gesteigert, das ebenfalls zu einer Regenerierung des Sor-
bens führt. Während der Projektphase (in der diese Arbeit entstand) wurde lange davon aus-
gegangen, dass die Desorption mit 0,1 N Salzsäure (pH 1) ausreicht, beladene Biosorben-
tien vollständig zu regenerieren. Grundlage dieser Annahme waren die Versuche zur pH-
Wert-Abhängigkeit der Bleibeladung (vgl. 5.3.5). Die Beladung der NaCS-Immobilisate durch
Blei bei pH 1,5 sind vernachlässigbar gering (vgl. Abb. 5.13).
Die Wiederbeladungsversuche (Abb.5.24, Abb. 5.38) zeigten jedoch, dass die verwendete
Säurestärke nicht ausreichend ist, um eine vollständige Regeneration zu erzielen. Dieser
Hystereseeffekt, bei dem unbeladene Immobilisate bei pH 1 kein Blei (II) sorbieren und blei-
beladene Biosorbentien bei gleichem pH-Wert nur zum Teil regeneriert werden können kann
zur Zeit noch nicht zufriedenstellend erklärt werden und wird einen Schwerpunkt zukünftiger
Arbeiten bilden.
Wie oben bereits diskutiert, sollte 0,1 N HCl ionisch gebundenes Blei(II) und präzipitiertes
Bleihydroxid eluieren. Da aber im Fall der freien Lyngbya taylorii eine Restbeladung von
44 % auf der Oberfläche verbleibt, ist davon auszugehen, dass hier zusätzlich zu den bereits
erwähnten auch andere Bindungsmechanismen vorliegen können.
Gebildete Bleikomplexe oder –chelate mit z. B. Carboxylgruppen des organischen Materials
können über hohe Stabilitätskonstanten verfügen und bei niedrigen pH-Werten (bis ca. pH 2)
ihre Stabilität aufrechterhalten [12]. Der beobachtete Hystereseeffekt könnte dann auf eine
sehr langsame Gleichgewichtseinstellung dieser Komplexe bei niedrigen pH-Werten zurück-
zuführen sein.
Ein weiterer mögliche Erklärung der hohen Restbeladung auf dem Biosorbens könnte in der
Bildung von zusätzlich präzipitiertem Pb(Cl)2 liegen. Durch die zusätzlichen Chloridionen des
Elutionsmittels HCl wird im Membranbereich die Löslichkeitsgrenze überschritten und ge-
löstes Pb(II) kann in Form von Pb(Cl)2 ausfallen und wird dementsprechend nicht eluiert.
EDTA als Komplexbildner mit der höchsten Stabilitätskonstante im Vergleich zu anderen
Chelatbildnern (1E1018 beim Blei-EDTA-Komplex [12]) zeigte in den Vorversuchen sehr gute
Elutionseigenschaften. Aufgrund der schlechten biologischen Degradation und des hohen
Remobilisationsgrades von schwerlöslichen Metallverbindungen in Klärschlämmen und
Flusssedimenten ist von einem industriellen Einsatz allerdings abzuraten [12].
126 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
Versuche zur Regenerierung der Biosorbentien mit 0,1 N HCl haben gezeigt, dass nach fünf
durchgeführten Adsorptions/Desorptionszyklen 50-60 % des gebundenen Bleis in Abhängig-
keit vom verwendeten Matrixsystem auf den Immobilisaten verbleiben. Dieser Anteil ist ge-
ringfügig höher als bei der freien Alge (44 %). Weitergehende Desorptionsuntersuchungen
müssen demnach das Ziel verfolgen, diesen Anteil zu reduzieren, um die Kapazität des
Festbettes zu erhöhen. Gleichzeitig muss damit eine möglichst lange Standzeit gewährleistet
sein. Denkbar wäre der Einsatz von alternativen Komplexbildnern wie Citronensäure oder
Weinsäure. Diese verfügen ebenfalls über hohe Stabilitätskonstanten mit den Schwermetal-
len und sie sind biologisch abbaubar. Ebenso ist eine Optimierung der Säurestärke in die
Untersuchungen mit einzubeziehen. Die Verwendung von konzentrierterer Salzsäure ist
jedoch infolge zunehmender Komplexbildung von Pb(Cl)2 zu vermeiden. Alternativ könnte
Salpetersäure als Elutionsmittel Verwendung finden, da Pb(NO3)2 über eine hohe Löslichkeit
verfügt.
Andere Mikroalgen, immobilisiert mit SEC oder NaCS, könnten mit der verwendeten Salz-
säurekonzentration besser regenerierbar sein. Voraussetzung ist allerdings, dass deren
Sorptionsvermögen auf einen ionischen Bindungsmechanismus zurückzuführen ist. Ver-
schiedene Beispiele aus der Literatur stützen diese Annahme, wie der Tab. 6. 8 zu ent-
nehmen ist.
Tab. 6. 8: Desorptionseffizienz ausgewählter Biosorbentien unter Verwendung unterschiedlicher Elu-tionsmittel
1) Anzahl durchgeführter Adsorptions-/Desorptionszyklen in Batchbetriebsweise 2) Anzahl durchgeführter Adsorptions-/Desorptionszyklen in kontinuierlicher Betriebsweise (Festbett) 3) Adsorptionseffizienz im 4. Zyklus liegt bei 80 %
Biosorbens Matrix Elutionsmittel Zyklus Elutionseffizienz [%]
Referenz
Rhizopus nigricans - HCl (0,5 M) EDTA (0,25 M) CaCl2 (0,5 M)
11) 11) 11)
80 78 27
[44]
Orangenschalen alkalisch vorbehandelt
HCl (0,1 M) HNO3 (0,1 M)
11) 11)
62 82
[72]
Pseudomonas aeruginosa
- HCl (0,1 M) 41) 983) [178]
Pseudomonas aeruginosa
Polyacryl-amid Alginat
HCl (pH 2)
32)
42)
71
66
[162]
Streptoverticillium cinnamoneum
- HCl (0,1 M) H2SO4 (0,05 M) HNO3 (0,1 M) EDTA (0,1M)
31)
31)
31) 31)
68 4
64 62
[80]
Myxococcus xanthus
- Na-Citrat (0,1 M)Na-Citrat (0,2 M)
11) 11)
50 92
[173]
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 127
6.7 Sorptionskinetik
6.7.1 Einfluss der Temperatur auf die Bleisorptionskinetik unter Verwendung von
Immobilisaten auf NaCS-Basis
Die Sorptionskinetik wird im Wesentlichen durch die unter Punkt 2.5.4 beschriebenen Teil-
schritte bestimmt. Der langsamste Teilschritt gilt als geschwindigkeitslimitierender Schritt und
bestimmt die Aufnahmekinetik der Schwermetalle. Das zur Auswertung der kinetischen Ex-
perimente herangezogene Modell pseudo zweiter Ordnung basiert auf einem Reaktions-
mechanismus des Ionenaustauschs und setzt somit die Anlagerung der Schwermetalle als
bestimmenden Teilschritt voraus (vgl. 2.5.4). In den nachfolgenden Kapiteln wird gezeigt,
dass der Stofftransport durch die Membran und im Innern der Immobilisate die eigentlich
limitierenden Teilschritte darstellen. Trotz der Abweichung von der Modellvorstellung können
die ermittelten Geschwindigkeitskonstanten zur Überprüfung des Temperatureinflusses oder
der Partikelgröße herangezogen werden, wenn die restlichen Versuchsparameter konstant
sind. Sie stellen in diesem Fall nur eine mathematische Größe dar, die es ermöglicht bei
unterschiedlichen Temperaturen oder Partikeldurchmessern, die Sorptionskinetik quantitativ
miteinander zu vergleichen.
Auch unter Berücksichtigung der zum Teil hohen Standardabweichung von bis zu 26 % kann
anhand der Versuchergebnisse deutlich gezeigt werden, dass die Sorptionsgeschwindigkeit
bei höherer Temperatur ansteigt.
Vor dem Hintergrund der verbesserten Sorptionskinetik bei nahezu unveränderter Bela-
dungskapazität des Sorbens im Gleichgewichtszustand, würde sich die Temperaturerhöhung
im Festbettbetrieb während der Beladung vorteilhaft einsetzen lassen. Die Gleichge-
wichtseinstellung erfolgt in einem verkürzten Zeitraum, ohne das sich die dazugehörige
Gleichgewichtsbeladung verändert. Gegen die Anwendung der Temperaturerhöhung in der
Beladungsphase spricht jedoch die damit einhergehende Aufheizung der gesamten zu reini-
genden Wassermenge und die damit verbundenen hohen Energiekosten. Die Steigerung der
Transportgeschwindigkeit mit Erhöhung der Temperatur lässt sich jedoch vorteilhaft zur Re-
generation der beladenen Biosorbentien einsetzen, da vergleichsweise wenig thermische
Energie benötigt wird. Durch die schnelle Desorptionskinetik ist eine geringere Menge an
Desorptionslösung notwendig, um das beladene Festbett zu regenerieren. Höhere Aufkon-
zentrierungen des Schwermetalls wären demzufolge realisierbar.
128 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
6.7.2 Bestimmung der Schwermetall-Diffusionskoeffizienten für Blei unter Verwendung von
Biosorbentien auf der Basis von Natriumcellulosesulfat und Sulfoethylcellulose
Bestimmung des Schwermetalldiffusionskoeffizienten in der Membran
Mit den durchgeführten Versuchen konnte der Einfluss der Mikroalgen, die während des Im-
mobilisierungsvorganges zusätzlich in die Membran eingebracht werden, auf den Diffusions-
vorgang untersucht werden. Für die NaCS-Membranen wurden auch die Auswirkungen des
Nachtrocknungsprozesses auf den Stofftransport ermittelt (vgl. Kapitel 5.3.10 und 5.4.7).
Übereinstimmend ergibt sich für beide Membranen ein erhöhter Stofftransportwiderstand, der
durch die zusätzlich in die Membran eingefügte Biomasse verursacht wird.
Der Nachtrocknungsprozess bedingt ebenfalls eine Vergrößerung des Stofftransportwider-
standes, wie die Versuchsergebnisse mit NaCS-Flachmembranen zeigen. Die ursprüngliche
Membranstärke wird um 40 % vermindert und ist aus diesem Grund wesentlich kompakter.
Dieser „Schrumpfungsprozess“, als Folge der Nachtrocknung, ist im Fall der SEC-
Membranen noch stärker ausgeprägt. Die nach der im Kapitel 4.8.3 beschriebenen Methode
gefertigten Membranen waren so dünn, dass sie mit der Diffusionsmesskammer nicht
vermessen werden konnten. Ein Vergleich von SEC- mit NaCS-Membranen, die keiner
Nachtrocknung unterzogen wurden, zeigt jedoch, dass die Schwermetall-Diffusionskoef-
fizienten durch die SEC-Membran um eine Größenordnung geringer sind.
Bestimmung des effektiven Diffusionskoeffizienten
Der verwendete Versuchsaufbau eignet sich sehr gut, um die effektiven Schwermetall-Diffu-
sionskoeffizienten in Immobilisaten auf SEC- und NaCS-Basis zu ermitteln. Infolge der
hohen Relativgeschwindigkeit der flüssigen Phase kann der äußere Stoffübergang bei der
Anpassung vernachlässigt werden. In Abb. 5.25 konnte gezeigt werden, dass der Anla-
gerungsprozess der Schwermetalle ebenfalls eine untergeordnete Rolle in der Sorptions-
kinetik spielt. Der für die Diffusion der Schwermetalle in den NaCS-Immobilisaten ermittelte
effektive Diffusionskoeffizient liegt mit 1,33E-11 m2/s in der gleichen Größenordnung wie
DMembran. Daraus kann gefolgert werden, dass der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der
Sorption die Diffusion der Schwermetalle durch die Membran darstellt.
Die Größenordnung der ermittelten effektiven Diffusionskoeffizienten sind vergleichbar mit
effektiven Diffusionskoeffizienten von Adsorptiven in Aktivkohle, Adsorberharzen und Adsor-
berpolymeren. Typische Wertebereiche für ermittelte Oberflächendiffusionskoeffizienten von
organischen Adsorptiven liegen in Aktivkohlen als Adsorbens bei 10-10-10-14 m2/s und in Ad-
sorberpolymeren/Adsorberharzen bei 10-11 m2/s [135].
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 129
6.8 Festbettversuche mit Modellabwässern
Die Erhöhung des Algenanteils im Immobilisat und der anschließende Trocknungsschritt
haben einen positiven Einfluss auf das Durchbruchsverhalten in einem Festbettreaktor.
Basierend auf der größeren spezifischen Kapazität (masse- und volumenbezogen) können
wesentlich größere Abwassermengen mit konstant gehaltenen Immobilisatmengen gereinigt
werden (Abb. 5.29).
In Versuch 3 (Abb. 5.30) lag bei einer Zulaufkonzentration der Festbettkolonne von
99 mg Pb2+/L die Ablaufkonzentration nach 35 Bettvolumina noch unter 0,05 mg/L und erfüllt
somit die Qualitätsanforderung für Trinkwasser nach E.G.-TW und WHO-TW.
Bis zu 75 Bettvolumina Modellabwasser können gereinigt werden, bevor die Ablaufkon-
zentration von 0,5 mg Pb2+ /L überschritten wird (Grenzwert für Direkteinleiter).
In diesem Versuch wurde ebenfalls deutlich, dass weitere Untersuchungen das Ziel haben
müssen, die Säulen- und Versuchsparameter zu optimieren. Die Massenaustauschzone ist
bei den gegebenen Versuchsbedingungen mit ca. 125 Bettvolumina verhältnismäßig lang.
Eine lange Massenaustauschzone ist jedoch als nachteilig für den technischen Einsatz zu
bewerten, da bei Überschreiten des Grenzwertes das Festbett regeneriert werden muss,
obwohl ein hoher Anteil des Biosorbens unbeladen vorliegt. Die Länge der Massenaus-
tauschzone wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Sind die Isothermenformen konkav
(Isothermensteigung wird mit zunehmender Gleichgewichtskonzentration geringer), wie im
Fall der Schwermetallanlagerung an die hier entwickelten Biosorbentien, ergeben sich Kon-
zentrationsprofile in der Festbettsäule, die mit zunehmender Entfernung vom Festbettein-
gang immer steiler werden (selbstschärfendes Profil). Gleichzeitig treten abflachende Effekte
infolge der in der Säule auftretenden Transportwiderstände auf. Bei konkaven Isothermen
wirken diese Effekte der Selbstschärfung entgegen. Nach einer gewissen, von Gleichgewicht
und Transportwiderständen abhängigen Lauflänge, stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein.
Von diesem Punkt an ist die Länge der Massenaustauschzone unabhängig von der Schicht-
höhe. Dieser Zustand wird als „constant pattern“ bezeichnet [135]. Unter anderem gilt als
Voraussetzung für die Ausbildung einer sich im Gleichgewicht befindlichen Sorptionsfront,
dass die Festbettlänge die Länge der Massenaustauschzone überschreiten sollte [124].
Demnach ist in Versuch 3 davon auszugehen, dass sich ein konstantes Profil noch nicht an-
nähernd eingestellt hat. Die Packungshöhe von 116 mm multipliziert mit der Massenaus-
tauschzone dieses Versuches von ca. 125 Bettvolumina (vgl. Abb. 5.30) würde eine
minimale Säulenlänge von über 14 m erfordern, wenn die Verweilzeiten der flüssigen Phase
konstant gehalten werden. Realisierbar sind solche Packungshöhen jedoch nur in Mehrko-
lonnenanlagen, die seriell verschaltet sind. Hier wäre dann im Ergebnis des oben genannten
Selbstschärfungseffektes eine deutliche Reduzierung der Massenaustauschzone zu erwar-
ten.
130 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
Eine zweite Möglichkeit besteht in der Variation des Volumenstroms. Eine Reduzierung des-
selben bei sonst gleichen Versuchsbedingungen resultiert in höheren Verweilzeiten der
schwermetallhaltigen Lösung in der Kolonne, so dass das Verhältnis von Verweilzeit im
Zwischenkornvolumen zur Diffusionszeit im Innern der Immobilisate vergrößert wird, was
sich in einer Verkürzung der Massenaustauschzone niederschlägt. Die maximale Verweilzeit,
die noch zu einer Verkürzung der Massenaustauschzone beiträgt, ist durch die Zeit deter-
miniert, die zum Erreichen des Gleichgewichtszustandes notwendig ist. Da in technischen
Prozessen der zu reinigende Volumenstrom zumeist vorgegeben ist, bedingt eine höhere
Verweilzeit eine Vergrößerung der Festbettkolonne. In diesem Fall sind Investitionskosten
und eine bessere Ausnutzung der Sorbensschüttung durch Verkürzung der Massenaus-
tauschzone und der damit einhergehenden Verringerung der Anzahl notwendiger Regenera-
tionsphasen bei zyklischer Fahrweise gegeneinander abzuwägen.
Durch eine Verlängerung der Säulenhöhe könnte gleichzeitig der Einfluss von Kurzschluss-
strömungen reduziert werden. Diese können bei kleinen Säulenhöhen dazu führen, dass
bereits nach wenigen Bettvolumina durchgesetzter Schwermetalllösung eine geringe Kon-
zentration des Schwermetalls am Säulenausgang gemessen wird (vgl. Abb. 5.32). Zusätzlich
sind die realen Verweilzeiten der zu reinigenden Schwermetalllösung, die durch Kurz-
schlussströmungen bestimmt werden, wesentlich geringer und führen zu den oben disku-
tierten Effekten auf die Ausdehnung einer Massenaustauschzone.
Die Elution mit 0,1 N HCl kann zur Regenerierung von bleibeladenen Immobilisaten auf
Basis von Lyngbya taylorii im Kolonnenversuch verwendet werden. Hierbei ist jedoch zu be-
achten, dass eine vollständige Regenerierung der Festbettschüttung nicht erreicht werden
kann (vgl. Kapitel 5.3.9). Die erzielten Konzentrierungsfaktoren sind abhängig von der ver-
wendeten Zulaufkonzentration. Der günstige Isothermenverlauf (Steigung der Isotherme wird
mit ansteigender Gleichgewichtskonzentration kleiner) ist mit einer hohen Beladung bei
kleinen Gleichgewichtskonzentrationen verbunden. Hohe Beladungen bewirken in der an-
schließenden Regenerationsphase bei möglichst vollständiger Desorption hohe Konzentra-
tionen des Sorptivs im Eluat, die wiederum mit hohen Konzentrierungsfaktoren verbunden
sind.
6. Diskussion und Fehlerbetrachtung 131
6.9 Fehlerbetrachtung
Soweit nicht bereits im Kontext von Kapitel 5 und Kapitel 6 geschehen, wird im Folgenden
eine Fehlerabschätzung der einzelnen Messmethoden durchgeführt.
Messunsicherheiten der verwendeten Messgeräte
Die Messunsicherheiten der verwendeten Messgeräte sind Tab. 6. 9 zu entnehmen.
Tab. 6. 9: Messunsicherheiten der verwendeten Messgeräte Messunsicherheit Verwendetes Gerät
absoluter Fehler relativer Fehler [%] Analysenwaage ± 0,0001 g
Laborwaage ± 0,1 g
pH-Meter ± 0,05 [pH-Einheiten]*
Thermometer ± 0,2 [°C]
AAS ± 2*
Messzylinder ± 0,5*
Kolbenhubpipetten ± 0,5* * Fehler selbst abgeschätzt
Die eigene Abschätzung der Messunsicherheit erfolgte durch statistisch abgesicherte Wie-
derholung von Einzelmessungen einer Probe.
Biomassebestimmung
Die photometrische Biomassebestimmung bei der Kultivierung beinhaltet neben der Mess-
unsicherheit des Spektralphotometers Fehler durch Verwendung unterschiedlicher Küvetten
und Verdünnungsfehler. Der Gerätefehler kann durch mehrmaliges Vermessen einer Probe
in unterschiedlichen Küvetten mit < 2 % angegeben werden. Die optische Dichte OD wurde
in Doppelbestimmung durchgeführt. Waren die Abweichungen größer als 5 %, wurde die
Probe erneut vermessen.
Kultivierung
Die Herstellung von Lyngbya taylorii-Biomasse erfolgte in unterschiedlichen Reaktoren als
auch in unterschiedlichen Biomassechargen. Um den Einfluss durch Kontaminationen gering
zu halten, wurde die Biomasse in der späten linearen Wachstumsphase geerntet. Bis zu
diesem Zeitpunkt war erst wenig Algenbiomasse lysiert, so dass potentiellen Kontaminanten
nur geringe Mengen als C-Quelle zur Verfügung standen.
Ein Gesamtfehler unterschiedlicher Biomassechargen von Lyngbya taylorii hinsichtlich der
Sorptionskapazität der untersuchten Schwermetalle kann mit maximal 5 % abgeschätzt
werden.
132 6. Diskussion und Fehlerbetrachtung
Schwermetallanalytik
Der Gesamtfehler in der Analytik der Schwermetalle unter Verwendung des AAS setzt sich
aus dem Gerätefehler (vgl. Tab. 6. 9) sowie Verdünnungs- und Pipettierfehlern zusammen.
Zur Ermittlung des maximalen Gesamtfehlers wurden aus unterschiedlich konzentrierten
Stammlösungen mehrfach die Konzentration bestimmt. Der aus dieser Untersuchung resul-
tierende maximale Gesamtfehler beträgt 7,5 %.
Bestimmung des Diffusionskoeffizienten in der Membran
Die verwendete Methode zur Bestimmung der Diffusionskoeffizienten in der Membran setzt
voraus, dass keine Eigensorption der eingesetzten Membran in der Diffusionsmesskammer
auftritt. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass die Membranen in geringem Umfang
Bleiionen aus der flüssigen Phase sorbieren. Hierdurch wurde in dem Kompartiment mit der
Konzentration c0 = 400 mg Pb2+/L (t = 0 h) eine stärkere Konzentrationsabnahme im Ver-
suchsverlauf gemessen als aufgrund des Diffusionsvorganges durch die Membran zu er-
warten wäre. Analog ist die Konzentrationszunahme in dem zweiten Kompartiment als zu
gering zu bewerten.
Die maximale Abweichung zwischen den durch Iteration berechneten Diffusionskoeffizienten
in der Membran (zur Anpassung der berechneten Konzentrations-Zeit-Verläufe an die ex-
perimentellen Verläufe) vom arithmetischem Mittelwert beträgt 48 % in den beiden Kompar-
timenten.
7. Ausblick 133
7. Ausblick
Die Ergebnisse des Schwermetallscreenings haben gezeigt, dass die verschiedenen Algen-
spezies ein sehr heterogenes und zum überwiegenden Teil auch hohes Sorptionsvermögen
für die untersuchten Schwermetalle aufweisen. Als Folge der zunehmenden Nutzung von
Algenbiomasse in Untersuchungen zur Wertstoffproduktion erscheint es sinnvoll, aussichts-
reiche Spezies zugleich auch auf ihre biosorptiven Fähigkeiten zu überprüfen. Hierdurch las-
sen sich biologische Abfallmaterialien verwerten und die Kosten für die Herstellung eines
Biosorbens niedrig halten. Neben den in dieser Arbeit untersuchten Schwermetallen Blei,
Cadmium, Zink und Nickel ist eine biosorptive Bindung von Radionukliden wie Uran oder
anionisch vorliegende Metalle (z.B. Chromate) denkbar und in ein Screening einzubeziehen.
Eine gezielte chemische Veränderung, zum Beispiel durch zusätzliches Einbringen von
austauschaktiven Gruppen (Phosphatgruppen), kann ein wichtiges Werkzeug darstellen, die
ohnehin schon hohen Beladungskapazitäten von Lyngbya taylorii-Immobilisaten nochmals
drastisch zu erhöhen [179]. Hier gilt es zukünftig zu überprüfen, ob die Ergebnisse des
chemisch modifizierten Materials direkt auf entsprechende Biosorbentien übertragbar sind
und inwieweit die Selektivität der Metallbindung beeinflusst wird.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist die vollständige Regenerierung und anschließende Wiederher-
stellung der ursprünglichen Beladungskapazität von entscheidender Bedeutung. Hierzu sind
weitere Untersuchungen vorzunehmen, die zum Ziel haben, die auf dem Immobilisat verblei-
bende Restbeladung durch die Wahl eines geeigneten Desorptionsmittels mit optimierten
Bedingungen (optimierte Konzentration, Durchführung von Spülschritten nach erfolgter Bela-
dung) auf ein Minimum zu reduzieren. Eine effektivere Desorption könnte durch kom-
plexierende Substanzen wie Citronensäure oder Weinsäure erzielt werden und ist zur Zeit
Gegenstand der Forschung.
Die in der Literatur publizierten Immobilisierungsmethoden sind, wie auch die in dieser Arbeit
vorgestellten Methoden, in ihrem Einsatz begrenzt. Grenzen der Anwendungen der nach
diesen Methoden hergestellten Immobilisate können in der mechanischen und chemischen
Stabilität (z.B. Alginat, Polyacrylamid) oder in den geringen erreichbaren Schüttdichten in
einer Festbettkolonne liegen (z.B. Immobilisierung durch Trägerbindung). Die untersuchten
Immobilisierungsmatrices zeigen hinsichtlich Stabilität und Schüttdichte hervorragende Ei-
genschaften. Vor einer Übertragbarkeit auf einen anderen zu immobilisierenden Mikroorga-
nismus sind jedoch erneute Stabilitätsuntersuchungen durchzuführen. Beispielhaft sei hier
die Präsenz von aktiven Cellulasen in der zu immobilisierenden Biomasse genannt. Diese
sollten durch geeignete Maßnahmen inaktiviert werden, da anderenfalls die Matrixstruktur
des verwendeten Immobilisierungssystems zerstört wird.
134 7. Ausblick
Die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen hinsichtlich der Sorptionsgleichgewichte
und des Stofftransports bilden die Grundlage für weitergehende mathematische Beschrei-
bungen des kolonnendynamischen Verhaltens eines Festbettes. Zukünftige Arbeiten müssen
das Ziel verfolgen, die komplexen Prozesszusammenhänge eines realen Trennprozesses
modellhaft darzustellen. Hierfür sind analytische Lösungen für Spezialfälle brauchbar. Aber
auch kompliziertere mathematische Zusammenhänge, die mit nichtlinearen partiellen Dif-
ferentialgleichungssystemen beschrieben werden müssen und die numerische Lösungsver-
fahren erfordern, sind zur mathematischen Beschreibung von technisch interessanten Pro-
zessen anzuwenden.
8. Literaturverzeichnis 135
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