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1 Parklandschaft Tempelhof Wettbewerbsdokumentation

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Parklandschaft Tempelhof Wettbewerbsdokumentation

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Parklandschaft Tempelhof Wettbewerbsdokumentation

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Inhaltsverzeichnis

4 Grußwort

5 Vorwort

6 Im Gespräch

10 Der Siegerentwurf: Vom Tempelhofer Feld zur Tempelhofer Freiheit 10 Leitidee und Gesamtkonzept 13 Setzung und Spielraum 16 Inszenierung der Weite 17 Rahmen und Füllung 18 Die Inszenierung des Blicks – ein Rundgang 21 Vernetzung 23 Pioniere und Teilöffentlichkeiten 24 Was leistet die IGA? 24 Naturerlebnis und Ressourceneffizienz 26 Phasen und Entwicklung 26 Orte schaffen

28 Verlangen nach Stadt

30 Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung „Parklandschaft Tempelhof“ 30 Auslobung und Aufgabenstellung 36 Art des Verfahrens 38 Frühzeitige Bürgerbeteiligung 38 Bürgerbeteiligung im Wettbewerb 45 Zu den sechs ausgewählten Entwürfen 52 Ergebnisse der zweistufigen Bürgerbeteiligung 53 Bürgerinformationsabend 54 Juryurteil

56 Vom Flughafen Tempelhof zur neuen Parklandschaft 58 Historische Entwicklung 60 Stadträumliche Einordnung 61 Klimaökologische Funktionen 61 Tier- und Pflanzenwelt

62 Die aktuelle Nutzung und Ausblick 62 Aktuelle Nutzung 64 Ausblick

66 Projektbeteiligte

68 Impressum und Bildnachweis

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4 5 Parklandschaft Tempelhof

Es gehört zu den Grundsätzen guter Planung, möglichst das Spektrum an krea­tiven Ideen auszuschöpfen. Wettbewerbs­verfahren sind ein bewährtes Instrument auf dem Weg zu einer guten, optimierten Lösung. Konkurrenz belebt das Geschäft und setzt ungeahnte kreative Kräfte in Gang. Die Ergebnisse und die Vorgehensweise des Wettbewerbsverfahrens „Parklandschaft Tempelhof“ vermitteln dies auf einem hohen planerischen Niveau.

Dieser erfolgreiche Ansatz einer umfassen­den Beteiligung und schrittweisen Vorge­hensweise beschränkt sich nicht nur auf den landschaftsplanerischen Wettbewerb. Heute können unmittelbar auf dem Gelände eine

ielzahl an Ideen zur Nutzung der Fläche rprobt werden. Raumpioniere treten nicht ur als Zwischennutzer auf, sondern stellen ine neue Art der Standortentwicklung dar. nsere Aufgabe ist es, die Entwicklung als reativen Prozess weiterhin zu ermöglichen. enn das, was heute alle so fasziniert, die

e Offenheit der Zukunft, dieses „Alles ist öglich“-Gefühl, wird an Faszination auch ieder verlieren, wenn wir nicht offen bleien für neue Ziele und Ideen einer Tempelofer Freiheit. Gleichzeitig müssen wir auch ktiv einen Rahmen bilden und etablieren auch das ist nötig für schlüssiges Planen ür die Zukunft.

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Es geht bei der Entwicklung der Tempel­hofer Freiheit nicht nur um einen Aspekt der Stadtentwicklung, so wichtig der auch jeweils sein mag. Nicht allein Freiraument­wicklung, nicht nur Städtebau und schon gar nicht nur Verkehrsinfrastruktur ergeben heute noch ein Programm für eine zukunftsoffene Stadtentwicklung.

Vielmehr geht es um eine gute Mischung, integrierte Konzepte, die die zukünftigen Herausforderungen wie Klimawandel, demo­grafischer Wandel, wirtschaftliche Entwick­lung und die Integration aller Bevölkerungs­gruppen annehmen und dabei die Beibehal­tung eines sozialen Gleichgewichts fördern. Zugleich sollen sie modellhaft sein, Chancen für neue, zukunftsorientierte Wirtschafts­zweige eröffnen und über Berlin hinaus ausstrahlen. Eine internationale Heraus­forderung mit weitem Blick und offenem Horizont. Genau dafür steht das Tempelhofer Feld ja schon seit über sechzig Jahren. Der interessierten Leserschaft wünsche ich viel Spaß und Erkenntnisse bei der Dokumentation des Wettbewerbs.

Michael Müller Senator für Stadtentwicklung und Umwelt

Wenn es einen Ort in Berlin gibt, dessen Potenziale nicht erst geweckt und entdeckt werden müssen, sondern die mit der Öffnung des Feldes sofort und für jeden unmittelbar sichtbar wurden, dann ist es die Tempelhofer Freiheit. Wir wussten nicht, was passieren würde, als wir das Feld nach notwendigen Sicherungsmaßnahmen erstmals im Mai 2010 für alle öffneten. Eine Unsicherheit, die gerade in einer planenden Verwaltung nicht gerade erprobt ist. Doch die Menschen haben sich diesen Raum unmittelbar angeeignet und das gibt diesem Experiment der Öffnung Recht.

Was macht die „Tempelhofer Freiheit“ aus? Und was macht das ehemalige Flugfeld des stillgelegten Flughafens Tempelhof so beliebt für hunderttausende Besucher?

Die Tempelhofer Freiheit ist kein Stadtpark klassischen Zuschnitts. Die Weite und der mögliche Blick bis zum Horizont locken unter­schiedliche Akteure zum bunten Miteinander an einem gemeinsamen Ort. Es war gerade das große öffentliche Interesse der Berlinerinnen und Berliner und der vielen Gäste der Stadt an dieser weitläufigen Parklandschaft, das uns zu einem intensiven und innovativen Planungs- und Entwicklungsprozess herausforderte. Zentrales Thema dieses Planungsprozesses ist Partizipation. In der Stadtentwicklung sind Teilhaben und Mitmachen die zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aller Akteure der Stadt. Diesen Herausforderungen haben wir uns in Tempelhof bei der Entwick­lung des Areals bereits gestellt. Teilhaben und Mitmachen einer breiten Öffentlichkeit, wenn die Stadt sich verändert, bestimmen die Meilensteine der Planung. Und auch das war neu, eine intensive Koppelung aus Beteili­gungsprozess und Wettbewerbsverfahren.

Nachdem sich im offenen internationalen landschaftsplanerischen Wettbewerb für die zukünftige Parklandschaft sechs Teams aus Landschaftsarchitekten und Architekten für die vertiefende Weiterarbeit qualifiziert hat­ten, luden wir die ausgewählten Teams zum Gespräch mit der Bürgerschaft in das Flugha­fengebäude ein. Auch für die Planungsbüros war dies zum Teil eine neue Erfahrung, muss­ten sie doch ihre Ideen im direkten Dialog mit dem späteren Parkpublikum präsentieren. Sie konnten ihre Entwurfsideen durch dieses öffentliche Gespräch aber auch weiter ent­wickeln und damit der Aufgabe noch besser gerecht werden. Danach wurden die Arbeiten in einem intensiven Diskussionsprozess zwi­schen Jury, Verwaltung und den sechs ausge­wählten Teams im Dialog weiter entwickelt und an die vielen Anforderungen und den Charakter des Ortes angepasst. Diese Vorge­hensweise hat sich bewährt. Die vielschichtige und umfangreiche Bürgerbeteiligung ist in Tempelhof auf große Akzeptanz gestoßen.

Dass uns der abschließend ausgewählte Ent­wurf der Landschaftsarchitekten GROSS.MAX. und Sutherland Hussey Architekten so über­zeugt, hat sicherlich mit dieser prozessorien­tierten Herangehensweise zu tun. GROSS.MAX. wusste die Offenheit des Geländes am besten mit überzeugenden Ideen für eine zukünftige Gestaltung zu kombinieren. Die international erfahrenen Landschaftsarchitekten verstanden auch die Bedeutung des Flughafengebäudes in seiner räumlichen und geschichtlichen Dimension und stellten eine gleichberech­tigte Wirkung von Gebäude und Park her. Der Entwurf schafft feste Rahmenbedingungen, enthält aber auch genug Offenheit, um auf weitere Entwicklungen reagieren zu können.

Die Landschaftsarchitekten verstehen sowohl die große Geste, aber auch die leisen Töne. Mit dem Entwurf wird aus einem Flugfeld ein Park, ohne dass die Geschichte und die Spuren seiner Nutzung verschwinden. Im Gegenteil: Sie werden gestärkt.

Regula Lüscher Senatsbaudirektorin

Grußwort und Vorwort

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Im Gespräch Almut Jirku und Thies Schröder im Gespräch mit Matthias Lilienthal, Intendant des Hebbel am Ufer /HAU, zum Tempelhofer Feld

Die Landschaftsarchitekten GROSS.MAX. konn­ten sich im Wettbewerb mit einem Entwurf durchsetzen, der eine Story aufzeigt, eine Ent­wicklungslinie statt eines fertigen Zustands. Bitte beschreiben Sie Ihre Eindrücke von die­sem Drehbuch einer Parklandschaft.

Was mich am Tempelhofer Feld vor allem faszi­niert, ist die sensationelle, kilometerweite freie Sicht. Ich habe dort vor Ort immer das Gefühl, dass ich die Erdkrümmung sehen kann.

Der Entwurf von GROSS.MAX. gefällt mir, weil er nicht Vergangenes rekonstruiert, son­dern ein Großteil der Fläche erst einmal leer bleibt und sich dann Schritt für Schritt ent­wickelt. Positiv ist auch, dass die Start- und Landebahnen erhalten und die historische Grundstruktur sichtbar bleiben. Die von GROSS.MAX. entworfenen in sich verschlun­genen Wege, die an Kondensstreifen eines Flugzeugs erinnern, sind eine Spielerei, die man mögen kann oder auch nicht.

Als positiv empfinde ich auch den prozessu­alen Ansatz, den die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verfolgt, indem sie behut­sam Entscheidungen trifft, um sich dem Gelände langsam anzunähern und nicht sofort eine vollständige Durchgestaltung der Fläche entwickelt wird.

Die Landschaftsarchitekten versuchen mit ihrem Entwurf ganz bewusst auf die starke Räumlichkeit und die räumliche Struktur des Tempelhofer Feldes zu antworten. Wie wird die Fläche in Ihrer Phantasie in wenigen Jahren aussehen?

In New York oder London würde ein solches Freigelände sofort komplett gestaltet und bebaut werden. Berlin ist jedoch eine Stadt, die nicht die ökonomische Kraft und auch nicht den Raumbedarf hat, das Gelände sofort vollständig baulich zu entwickeln.

Im Moment entwickeln sich die Lande­bahnen zu einem neuen Boulevard wie dem Kurfürstendamm: „Auf der Startbahn geht man rauf und auf der Landebahn geht man runter.“ War es im 20. Jahrhundert eine Kon­sumgesellschaft, die Entwicklungen im Frei­raum prägte, so ist es heute eine Freizeit-und Sportgesellschaft. Das zeigt sich auch deutlich auf dem Tempelhofer Flugfeld.

Schon heute wird das Tempelhofer Feld inten­siv genutzt, viele Berliner und Berlinerinnen und Besucher erproben hier allerlei, was sonst mitten in der Stadt nicht denkbar ist, wofür man weite Fahrten ins Umland machen muss­te. Ist das Tempelhofer Feld ein Freizeitpark? Eine Gegenwelt? Oder ein Stadtpark?

Eine Gegenwelt ist das Tempelhofer Feld nicht. Es gab ja einen Entwurf, der vorschlug, einen 1.500 Meter hohen Berg zu errichten und somit 1.500 Meter Höhe zu schaffen. Das wäre dann ein extremer Gegensatz gewesen, nämlich ein Versuch, der Stadt etwas zu geben, was sie nicht hat. Das ist aber bei dem Entwurf von GROSS.MAX. nicht der Fall. Für mich ist das Tempelhofer Feld nach dem Entwurf der Landschaftsar­chitekten ein Freizeit- und Sportboulevard. Die Schwerpunktverschiebung vom Konsum zu Freizeit und Sport bildet sich zur Zeit auf dem Tempelhofer Feld ab.

Worauf kommt es bei der Entwicklung eines Ortes ganz generell an? Auf Form? Auf Inhalt?

Ich denke, dass durch die Stadt vorgegebene Module wie die Pionierfelder, die immer wieder mit neuen Inhalten besetzt werden können, wichtig sind. Dabei ist jedoch ein gewisser Einfluss auf die ästhetische Aus­gestaltung dieser Nutzungen notwendig.

Die Landschaftsarchitekten bedienen sich ganz bewusst bewährter Elemente aus der Geschichte der Gartenkunst. So gehört auch ein Felsen zu den Grundmotiven eines Land­schaftsparks.

Der Felsen könnte aber auch gut in Sanssou­ci stehen. Für mich muss es solche Elemente nicht geben. Gärten waren einst Objekte, die sich nach Harmonie und Schönheit sehnten, aber diese Funktion eines Gartens spielt in unserer heutigen Zeit keine bedeutende Rolle mehr. Insofern könnte ich auf solche Elemente verzichten.

GROSS.MAX. entschieden sich aufgrund der Topographie des Feldes für die Errichtung eines Felsens, um eine Betonung der Höhe zu errei­chen, um also die Horizontale durch diese Kon­trastierung gerade zu unterstreichen. Nach dem Entwurf der Landschaftsarchitekten wird es möglich sein, sowohl innen als auch außen an dem Felsen zu klettern. Damit unterstrei­chen die Planer auch noch mal das Sportange­bot. Sie haben vom Boulevard der Freizeit und der Selbstdarstellungsgesellschaft gesprochen. Eigentlich fährt man ja einige Kilometer, um Dinge wie Kite-Surfen machen zu können, wie sie nun auf dem Tempelhofer Feld inmitten der Stadt möglich sind. Was ist das Reizvolle daran, einen Kontrast zwischen Stadt und Land in so eine Struktur hineinzudenken?

6 Parklandschaft Tempelhof Im Gespräch 7

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Es ist ja eine alte Berliner und vor allem West-Berliner Tradition, dass das Land mitten in der Stadt möglich wird. Insofern finde ich die Implementierung von Land in der Stadt z. B. über das Urban- oder Guerilla-Gardening wichtig. Sind denn Community-Gardening-Konzepte, wie es sie z. B. in New York gibt, auf dem Tempelhofer Feld angedacht?

Eigentlich müsste man umfangreiche finan­zielle Mittel akquirieren, um auf den Pionier­flächen Projekte zu initiieren, die sich in einem anderen ästhetischen Rahmen verstehen.

Das Tempelhofer Feld wird auch dadurch an Bedeutung gewinnen, dass sich mit dem Umzug des Flughafens von Tegel nach Schöne­feld die städtischen Gewichte verschieben. Das wird bei der Entwicklung der Fläche natür­lich berücksichtigt. Kommen wir aber noch einmal auf die Kunst zurück. Im Zusammen­hang mit der IGA besteht die Überlegung, nicht wie üblich mit zahlreichen Blumenbeeten zu arbeiten, sondern stärker den Aspekt der Kunst an der Gartenkunst zu betonen. Wie könnte sich das Ihrer Meinung nach ausgestalten?

Ich kann mir Audio-Walks oder Video-Walks sehr gut vorstellen. Auch fände ich es gut, den Ansatz einer Skulpturen-Ausstellung, wie er in Münster umgesetzt wurde, auf dem Tempelhofer Feld auszuprobieren.

Ich fände es wichtig, dass der Blick nicht nur auf Tempelhof als Aufführungsort gerichtet wird, sondern auch auf die Fläche als Ort der Ideen. Wenn ein junger türkischstämmiger Regisseur mit einem Roma-Jugendlichen aus der Flughafenstraße arbeitet, dann tauchen partizipative Momente auf. Tamer Yigit greift das Thema auf und die Jugendlichen aus Neukölln werden partizipieren. Ich glaube nicht daran, dass es eine Gegenbewegung zur Festivalisierung geben wird. Das ist ein oft wiederholter Topos. Dann werden wieder zehn neue Festivals gegründet. Es werden sich eher zwischen allen möglichen Kunstformen immer stärkere Patchwork-Kombina-tionen ergeben. Das HAU ist ein gutes Bei-spiel dafür, wie eine Festivalisierung wieder in eine Art von Stadttheater überführt werden kann.

Derzeit finden Grabungen nach historischen Spuren statt, z. B. an dem Ort, an dem das erste Flughafengebäude der 1920er Jahre stand. Und auch nach den Zwangsarbeiterbaracken wird jetzt gesucht. Auch sie gehören zur Geschichte des Flugfeldes.

Wissen Sie, wie viele Zwangsarbeiterlager es in Kreuzberg gegeben hat? Es waren 300. Wir hatten gerade eine Inszenierung zu dem Thema auf dem Spielplan: Hans-Werner Kroesingers „Wellenartillerie Telefunken“. Allein in der Köpenicker Straße befanden

sich acht Zwangsarbeiterlager. Das HAU II und die beiden Gebäude daneben waren die Telefunken-Zentrale. Das HAU III war ein Zwangsarbeiterlager zur Herstellung von Röhren. Und neben dem Gelände der heutigen SPD-Zentrale gab es ein Hotel, in dem Zwangsarbeiter untergebracht wurden. Allein 1942/43 wurden 34.000 Arbeiter pro Monat in die Stadt geschafft.

In Tempelhof gab es sehr viele Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkriegs im Keller des Flughafengebäudes die Flugzeuge zusam-mengeschraubt haben.

Es ist derzeit eine Neuentdeckung, dass die ganze Stadt von Zwangsarbeiterlagern überzogen war. Seltsam, wie man das in der NS-Zeit selbst scheinbar übersehen konnte. Und auch in den folgenden Jahrzehnten nicht zur Kenntnis nehmen wollte.

Es ist dem Senat wichtig, dass diese Vergangenheit des Flugfeldes bei der Neuentwicklung berücksichtigt wird. Es stellt sich nun die Frage, wie man diesen Teil der Historie mit der neuen Freizeit- und Sportnutzung verbinden kann. Das Thema sollte nicht isoliert betrachtet, sondern als ein Berliner Thema verstanden werden. Wichtig ist es, immer wieder Quer­bezüge zu finden.

Ich plädiere dafür, architektonische Füh-rungen zum Flughafengebäude durch­ zuführen, um die Sagebiel-Architektur zu erklären, sie sichtbar werden zu lassen. Auch bei Umnutzungen sollte immer die Kenntlichkeit des Gebäudes erhalten bleiben.

Das faschistische Berlin – ob man das mag oder nicht mag – ist Teil der Geschichte. Daher ist ein bewusster Umgang mit der Architektur der Gebäude extrem wichtig.

Warum ist das Tempelhofer Feld als Ort für Neuerfindungen prädestiniert? Was macht die Besonderheit des Feldes aus? Es ist ja nicht nur das schiere Angebot an Fläche, denn die hätte man z. B. auch in Tegel.

Zum Mythos Tempelhofer Feld gehören die ersten Flugversuche meines Namensvetters Otto Lilienthal, es gehört dazu der Eindruck, dass das motorisierte Fliegen quasi in Berlin erfunden wurde. Zum Mythos gehört die Tatsache, dass Tempelhof einer der ersten innerstädtischen Flughäfen war. Und natür-lich gehört die Entwicklung des Flughafens zur Zeit des Nationalsozialismus dazu. Und dann hat der Flughafen Tempelhof mit der Luftbrücke das Überleben der Stadt garan-tiert. Viel Stoff also für einen Ort, viel Bedeu-tung für eine große Fläche, und immer wie-der Veränderungen.

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Der Siegerentwurf:Vom Tempelhofer Feld zur Tempelhofer Freiheit

Die beeindruckende Weite des Geländes fasziniert auch künftig die Besucher.

Leitidee und Gesamtkonzept

Das Tempelhofer Feld mit seiner unendlich anmutenden Weite ist ein einzigartiger Ort – nicht nur in Berlin. Das Tempelhofer Feld ist zugleich ein Dokument der wechselvollen Geschichte Berlins.

Mit der Beendigung des Flugbetriebs im Jahre 2008 und der Öffnung für Besucher im Mai 2010 beginnt ein neues Kapitel in dieser Geschichte des Tempelhofer Feldes. Die neue städtische Landschaft wurde von allen Berliner und Berlinerinnen wie von den Besuchern der Stadt schnell wie selbstverständlich in ihr Bild von der Stadt aufgenommen und gilt heute als bedeutender Bestandteil einer neuen Berliner Identität. Deswegen stellt sich hier ganz

besonders die Frage, wie es gelingen kann, einen solchen Ort mit einer derartigen Dimen­sion zukünftig erfolgreich zu entwickeln.

Die Neugestaltung des Tempelhofer Feldes wird gemessen am Umgang mit dem Vorhan­denen. Die Landschaftsarchitekten GROSS. MAX. und die Architekten Sutherland Hussey haben sich für eine große und zugleich leichte Geste, für eine Reaktion auf den prägenden Baukörper entschieden und damit überzeugt. Das Tempelhofer Feld ist im Entwurf von GROSS.MAX. noch markanter, der Kontext zum Halbrund des Flughafengebäudes noch deut­licher ablesbar als es heute schon der Fall ist.

Dass eine solche Geste mit den Mitteln der Landschaftsarchitektur gelingt, und dass dabei der Charakter des Tempelhofer Feldes als Ort der Geschichte wie der Aneignung, als Ort der Raumpioniere und einer offenen Nutzungsentwicklung sogar noch gestärkt wird, ist die Besonderheit dieser Entwurfsidee. Die „fundamental andere Herangehenswei­se“, die GROSS.MAX. für sich reklamiert und die nicht einfach eine Gestaltung der Fläche vornimmt, sondern eine Entwicklungskonzep­tion beschreibt, führt in der Entwurfsarbeit zu einer erweiterten gestalterischen Form, zu der Geste, die dem Tempelhofer Feld einen Zukunftsausdruck gibt. „Kunst und Charak­

ter der Parkgestaltung des 21. Jahrhunderts verlangt nach einem fundamentalen Wechsel in der Herangehensweise. Unser Entwurf etabliert eine neue dynamische Figur, die den gesamten Ort umfasst.“ (GROSS.MAX., 2011) Die fruchtbare Verbindung von (aus der Geschichte des Ortes abgeleiteter) Form und offener Funktionsentwicklung löst die klassische Frage des Vorrangs von Form oder Funktion einfach auf.

Der Siegerentwurf

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Der Siegerentwurf im Überblick, Stand April 2011. Setzung und Spielraum

Angesichts des langen Entwicklungszeitraums für das Gesamtprojekt Tempelhofer Freiheit wie auch für die Parklandschaft Tempelhof war es in der Aufgabenstellung für das Verfahren eine wesentliche Forderung an den Entwurf, einerseits ein klar definiertes Grundgerüst zu schaffen, welches den zu erwartenden Verän­derungen standhält, andererseits Möglich­keiten für Reaktionen auf neue Anforderungen und Entwicklungen offen zu lassen.

Die Vorprüfung des Wettbewerbsverfahrens zum Tempelhofer Feld stellte eine Passage der Entwurfserläuterungen der Verfasser heraus: „Es gibt da einen gewissen Widerspruch“, gaben GROSS.MAX. zu bedenken: „Zum einen Flexibilität und prozessuale Entwicklungen zulassen, zum anderen das Verlangen nach einem klaren räumlichen Rahmen.“ Die Ant­wort bestand in dem Vorschlag, „dass es für den Park eine starke ‚Gestalt’ im eigentlichen Sinne braucht, wenn man prozesshaft vorge­hen möchte. Man muss eine einfache figura­tive Form setzen, um das Raumerlebnis zu vermitteln.“

GROSS.MAX. ist es gelungen, den Widerspruch fruchtbar zu machen. Sie haben einen Ent­wicklungsweg skizziert, der offene Prozesse und notwendige Fixierungen im Entwurf in ein spannungsreiches Verhältnis setzt. Eigen­ständige Szenarien der Entwicklung statt eines endgültig fixierten Bildes kennzeichnen dieses Konzept im besonderen Maße.

Die herausragende Qualität des Entwurfskon­zepts liegt in der sehr klaren Leitidee, die sich aus einer intensiven Auseinandersetzung mit der städtebaulichen Figur und Maßstäblichkeit des Flughafengebäudes und des weitläufigen Geländes entwickelt hat. Es interpretiert den Ort unbefangen und gibt ihm eine neue, starke Identität von überregionaler Ausstrah­lungskraft.

Die Jury urteilte: „Dem Entwurf gelingt es, durch Verwendung von Kreis und Oval, mit großer Leichtigkeit und wie selbstverständlich das Flughafengebäude und die ehemaligen Landebahnen in die Parklandschaft zu inte­grieren. Damit wird der Ort von der Last des Gebäudes, räumlich und historisch, befreit. … Durch die Kreisform wird das Gebäude mit leichter Geste in den Park einbezogen, gleich­zeitig verankert das Gebäude die Parkland­schaft in der bestehenden Stadtstruktur.“ (Auszug aus der Beurteilung des Preisgerichts, 2011)

Der Kreis Die Kreisform, die sich aus dem Flughafenge­bäude ergibt, wird gebildet durch eine kleine Landform sowie kreisförmige Wege. Dadurch wird das Gebäude mit leichter Geste in den Park einbezogen und bekommt einen ihm zugeordneten Teilraum. Dennoch bleibt auch der Gesamtraum erlebbar.

Die Landform, die den Kreis räumlich definiert, befindet sich an ihrem Anfang im Osten auf Geländehöhe und hält dann dieses Niveau, während das gegebene Gefälle des Geländes nach Westen weiter abfällt. Die Form schiebt sich also aus dem Gelände hinaus. Nach außen läuft sie lang aus, so dass der Anstieg sehr all-

Kreise und Ellipsen prägen die neue Parklandschaft.

Die kreisförmige Landform umschreibt die Form des Flughafengeländes.

Der Siegerentwurf

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Der innerste Kreis bietet verschiedene Möglich­keiten der Nutzung.

In der Mitte des Parks kann ein Besucherpavillon entstehen. mählich ist. Nach innen ist die Böschung etwas

steiler und kann bei Bedarf auch als „Zuschau­ertribüne“ dienen. Szenographisch werden durch die sich verringernde Höhe Blicke aus unterschiedlicher Perspektive ermöglicht. Von weiter entfernt liegenden Wegen stellt die Geländemodellierung kein Hindernis für den Blick auf das Gebäude dar, weil diese Wege höher liegen. Auch wenn das Gelände weit­gehend eben erscheint, so gibt es doch schon heute ein erhebliches Gefälle von Südosten nach Nordwesten. Der tiefste Punkt befindet sich nahe dem Gebäude, etwa in seiner Mitte kurz vor Beginn des Vorfeldes.

GROSS.MAX. arbeiten mit diesem Gefälle, der Tiefpunkt wird nochmals leicht abgesenkt. Beginnend von der Landform werden in sich verdichtenden konzentrischen Ringen unterschiedliche Zonen ausgebildet. In diesen nimmt die Intensität der Gestaltung und der Pflege des Geländes zu. Der innerste Kreis kann im Winter zur Eisbahn werden, im Som­mer zum Wasserspiegel – mehr noch, zum Himmelsspiegel – oder auch eine Fläche für besondere Ereignisse sein. Hier trifft das funk­tionale auf das ästhetische Element.

Durch den Kreis entsteht ein sanftes Gefühl von Umgrenzung, wodurch auch das künftige Gebiet einer Internationalen Gartenausstel­lung (IGA 2017) gefasst werden kann. Die Landform wird durch ein Ha-Ha, ein klassisches Element der Gartenkunst, eine abgesenkte Grenze, nach Nordosten fortgesetzt, um bei Bedarf den Bereich eingrenzen zu können, ohne Zäune zu setzen. Wege und das Wasser­becken schließen sich an. Das Wasserbecken setzt sich entlang des Vorfeldes durch einen Wassergraben fort, der an einigen Stellen überbrückt wird. So entsteht eine unsichtbare Abgrenzung zwischen Flughafen-Vorfeld und Parklandschaft Tempelhof, die den derzeit vorhandenen Zaun ersetzen kann.

Durch dieses Kreis-Element bekommt der Ent­wurf seine ganz spezifische Ortsbezogenheit, der Kreis begründet sich einzig als Reaktion auf das Gebäude.

Das Oval Das Oval wird gebildet durch die Aufnahme und Neuinterpretation der Taxiways und der vorhandenen Rundwege. Die Dynamik der ver­bindenden Wege setzt besondere Akzente. Der

Ring besteht aus überlappenden ellipsenför­migen Routen, quasi einem Orbit, der um die offene freie Mitte kreist. Dies schafft eine dyna­mische Zone, in deren unterschiedlich dimen­sionierten Zwischenräumen kleinmaßstäbliche Nutzungen ihren Platz finden. Die variations­reiche Erschließung und Wegeführung erlaubt ein Nebeneinander von Nutzungen verschie­dener Größe, Art und Geschwindigkeit. Dadurch entstehen Spielräume, die im Zusam­menhang mit der Entwicklung der Ränder der Baugebiete und dem Wandel der Interessen immer wieder neu ausgelotet werden können.

Landebahnen und Nord-Süd-Verbindung Die bestehenden Landebahnen bleiben erhal­ten und sind die Hauptverbindungen in Ost­West-Richtung. Die nördliche Landebahn wird als zentraler Boulevard gesehen, die südliche mehr als ruhiger, weitgehend leerer Bereich. So können diese beeindruckenden Relikte der Flughafengeschichte durch die Nutzer, die Spaziergänger, Fahrradfahrer, Skater und Strandsegler weiterhin erlebt werden. An den Enden der Start- und Landebahnen, jeweils den benachbarten Baugebieten zugeordnet, finden sich Spiel- und Sportangebote.

Eine neue Nord-Süd-Verbindung führt von der Lilienthalstraße zur neu geplanten Brücke über die S-Bahn im Süden und quert die Lande­bahnen. Sie verbindet die Stadtteile Kreuzberg und Alt-Tempelhof mit der Parklandschaft. Am Kreuzungspunkt von Nord-Süd-Weg und nörd­licher Landebahn ist ein besonderer Akzent platziert, der Pavillon.

Kreis, Oval und Landebahnen sind die Ankerpunkte des Entwurfs, die wesentlichen Setzungen. Sie geben diesem Konzept seine Unverwechselbarkeit und ebenso seine Orts­bezogenheit. „Die herausragende Qualität des Entwurfskonzepts liegt in der sehr klaren Leitidee, die sich aus einer intensiven Ausein­andersetzung mit der städtebaulichen Figur und Maßstäblichkeit des Flughafengebäudes und des weitläufigen Geländes entwickelt hat. Es eröffnet sich die Chance, den Ort ganz neu zu interpretieren, ihm eine neue, starke Identität von überregionaler Ausstrahlungs­kraft zu geben und die Monumentalität des Flughafengebäudes zu relativieren, ihm aber dennoch gerecht zu werden.“ (Auszug aus der Beurteilung des Preisgerichts, 2011)

Der Siegerentwurf

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Parklandschaft Tempelhof

Vom Fels aus lässt sich der freie Blick auf die Park­landschaft genießen.

Im Inneren des Felsens ist die Entstehung einer Kletterhalle denkbar.

Inszenierung der Weite

Das Konzept von GROSS.MAX. beinhaltet ein großes Potenzial für ein innovatives neues Parkbild und neue Nutzungen des Ortes. Mit dem Entwurf gelingt es, eine Parkland­schaft mit hohem Nutzwert zu gestalten und gleichzeitig den Charakter des Flughafens zu erhalten.

Die Tempelhofer Freiheit lebt von der Weite, es entsteht eine 360 Grad-Parklandschaft. In alle Richtungen kann man den Himmel sehen und den Horizont, das Stadtpanorama, erleben. Die zentrale Wiesenlandschaft ist ein bewegliches Bild aus Blumen und Gräsern, eine zeitgenös­sische Prärie für das Großstadtabenteuer.

Allein schon die Sichtbarkeit eines Horizonts inmitten der Stadt schafft aus Sicht der Land­schaftsarchitekten mehr als genug Faszination. So wirken denn auch die Entwurfsbeigaben eher zurückhaltend, bieten aber gleichwohl Orientierung im ausgedehnten Freiraum des Tempelhofer Feldes.

„In Tempelhof spielen der Himmel und das Wetter eine fast überwältigende Rolle. Die Eigenschaft des Wetters und des Lichts, schnel­le Wechsel in der Helligkeit und in den Nuan­

cen zu erzeugen, ist ein fantastisches Erlebnis in Tempelhof. Die Größe des Geländes ruft Ehr­furcht hervor. Wir waren überrascht, wie viele Berliner eine Affinität zu dieser wesentlichen Eigenschaft des Raums haben. Natürlich ist dieser Effekt befreiend. Der Ort ist ein Palim­psest der Zeit. Wir sind so kühn und fügen eine neue moderne Schicht hinzu.“ (GROSS.MAX.) Durch kleine topographisch wirksame Eingriffe wie die Landform oder den Felsen wird die Weite noch betont und gesteigert.

Im Kontrast zu den kleinen Eingriffen bleibt die zentrale Wiesenfläche offen. In Großbri­tannien ist die Tradition der „commons“, der Allmenden, erhalten geblieben, ausgedehnte offene Wiesenflächen ohne besondere Nut­zung oder Gestaltung, als Kontrast zur dicht bebauten Stadt. Daran knüpft GROSS.MAX. hier gedanklich an. „Aber das Feld soll auch zum Ereignis werden: weite großzügige Farb­felder und ein Schwirren von Bienen, Schmet­terlingen und Feldlerchen.“ (GROSS.MAX.)

Der Felsen ist ein Tribut an Alexander von Humboldt, der als erster die physiographi­schen Regionen von Pflanzen in Abhängigkeit von der Höhe eines Ortes beschrieb. Doch

oben auf dem Felsenturm steht nicht Hum­boldt, sondern der Engel aus dem Film „Him­mel über Berlin“ (gespielt von Bruno Ganz). Mit dieser Figur ist ein weiterer Bezug zum einmaligen Himmelserlebnis an diesem Ort gegeben – und natürlich auch zur Tempelhofer Geschichte des Fliegens.

GROSS.MAX. beziehen sich auf die Berliner Tradition, Landschaft und Monument zu ver­binden, insbesondere auf das Nationalmonu­ment auf dem Kreuzberg im Viktoria-Park. Die Lage des Felsens steht in Beziehung zu diesem Monument und zum Radarturm östlich des Flughafens. Durch seine exzentrische Position im Osten des Feldes schafft der Felsen ein Gegengewicht zu den anderen beiden Höhen­betonungen. Er stellt einen „Fremdkörper“ dar, der zur provokativen Landmarke, zum neuen Kennzeichen werden kann.

Auf dem künstlichen Felsen kann sich Vegetati­on ungehindert von menschlicher Einmischung entwickeln, er kann aber auch außen und innen zum Klettern genutzt werden. So kommt zur ästhetisch-räumlichen Funktion auch eine ganz praktische Ebene der Nutzung hinzu.

Rahmen und Füllung

GROSS.MAX. erweiterten die Zielformulierung der Wettbewerbsauslobung: „Die Wettbe­werbsausschreibung schlug ein ‚Rahmenwerk’ vor – Rahmen, als gäbe es ein Innen und ein Außen. Das genau wollten wir nicht: daher die Schleife, der Ring. Indem wir mehrere dieser Ringe miteinander verschränken, erlauben wir ein viel dynamischeres Zusammenspiel von Stadt und Park.“ Konkret schaffen die Landschaftsarchitekten durch diese Verschrän­kung der Ringe und Ellipsen unterschiedliche Flächenzuschnitte in den Randbereichen der Parklandschaft. Räumlich ablesbar werden diese Flächen durch die Geländemodellierung. Elliptisch verlaufende Wege untergliedern Räume, ohne die Weite des Areals zu stören. Die Vegetation der Wiesen sowie einige Busch- und Bauminseln bilden auch zukünftig den wesentlichen Eindruck der Freifläche. Einge­streut sind umgenutzte Kleinbauten aus der Flughafenzeit, ein Wolkenobservatorium, eine „Luftschiffstation“ und ähnliches mehr.

Die zwischen den Wegen gelegenen, unter­schiedlich großen, halbmondartig geformten Zwischenräume können die vielen kleintei­ligen Nutzungen aufnehmen, die sich die

Umgenutzte Kleinbauten wie z. B. das Wolkenobser­vatorium erinnern an die Flughafenzeit.

Der Berg ragt im neuen Park hoch auf.

16 Der Siegerentwurf 17

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Im Verlauf der Zeit wird sich auf dem dafür vorgesehenen Parkbereich ein Wald entwickeln.

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Der Siegerentwurf

Parkbesucher neben dem Erleben der Weite wünschen. Ebenso können hier intimere Räu­me entstehen, die mehr Geborgenheit bieten – ein ebenfalls oft geäußertes Anliegen.

Je nach Entwicklung der Baugebiete können korrespondierende Freiraumangebote entstehen, außerdem Spielangebote, Grillbereiche, Gärten, Pionierfelder und vieles mehr.

Die zahlreichen unterschiedlichen Wege wie auch die Landebahnen bieten zudem sehr viele Möglichkeiten zu mehr oder weniger sportlicher Bewegung, mit verschiedenen Fortbewegungsmitteln – Fahrrad, Inlineskates, Segways, verschiedenen Surfbrettern oder auch schlicht den eigenen Füßen. Ebenso ermöglicht die Wegeanordnung eine Vielzahl unterschiedlich langer Runden, die man je nach Zeitbudget, Leistungsvermögen und Bewegungsdrang gestalten kann.

„Das strategisch sehr durchdachte Entwurfskonzept enthält unkonventionelle, interessante Aspekte. Im Ergebnis wird eine robuste Struktur angeboten, die auch ein großes Potenzial für mögliche … Nutzungen bietet.“ (Auszug aus der Beurteilung des Preisgerichts, 2011)

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GROSS.MAX. haben sich, wie sie selbst erläu­tern, anfangs aus der Luft an den Ort angenä­hert, also aus einer übersteigerten Vogelperspektive. Sie haben diese dann aber wieder zurückgeführt auf die Fußgängerperspektive. So wurden aus den Ellipsen und Kreisen Räume, und aus den Start- und Landebahnen wurden Achsen des räumlichen Erlebens.

„Natürlich gefielen uns die scharfen Konturen der Landebahnen, ihre klare Ost-West-Ausrich­tung. Darauf haben wir unsere Szenographie aufgebaut. Die Landebahnen werden zu diesen großartigen städtischen Promenaden. Hinzu kommen die Loops, die Schleifen, als weiteres Element der Inszenierung, um nicht auf das bloße Hin und Her beschränkt zu bleiben.“ (GROSS.MAX.)

Beginnt man einen Rundgang in der Parklandschaft auf dem Vorfeld, so hat man das Gebiet in seiner ganzen phänomenalen Weite vor sich. Der Horizont wird parallel zur baulichen Entwicklung etwas näher rücken, doch bleibt ein beeindruckender Freiraum erhalten. Im Nahbereich sieht man Wasserflächen, im Mittelbereich bildet die Landform ein Gegenüber zum Gebäude. Wendet man sich nach Westen,

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Die Inszenierung des Blicks – ein Rundgang

so sieht man auf der einen Seite die Parkfuge, die mit dem U-Bahnhof Paradestraße verbindet und den Blick auf das benachbarte Quartier Neu-Tempelhof erlaubt. Der Blick auf das Feld wird durch einen lockeren Baumschleier gefiltert. Außen folgt der erste Baublock, dann die nächste Parkfuge, die die nördliche Landebahn aufnimmt. Zwischen den Baublöcken wird sie von Baumreihen gerahmt und nimmt Flächen für Sportspiele auf. Nach Osten öffnet sich der Blick bis zum Schillerquartier. Westlich ist ein weiterer großer Baublock vorgesehen.

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Nach innen blickt man durch Bäume auf die Ausläufer der Landform sowie auf erste Räume für Teilöffentlichkeiten (vgl. S. 32) und Nutzungsangebot e.

Die folgende Parkfuge verbindet mit dem wichtigen Zugang am S- und U-Bahnhof Tempelhof, hier werden sehr viele Besucher von Süden in den Park gelangen. Deswegen wird hier ein

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hervorgehobener Empfangsraum entstehen. Nach Osten hat man bereits vom Tempelhofer Damm aus einen freien Blick entlang der südlichen Landebahnen, noch über die Neuköllner Baukante hinaus auf den anschließenden St. Thomas-Friedhof. Kommt man von Süden und blickt man nach Norden, so bildet das Flughafengebäude den beeindruckenden Raumabschluss. Der Rundweg führt nun weiter zum Pionier­wald, der sich nördlich eines weiteren

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Baufeldes erstreckt. So wie die heutigen Pioniernutzer sich allmählich zu Akteuren in den teilöffentlichen Räumen entwickeln können, so soll auch der Pionierwald mit Pioniervegetation beginnen, ausdauerndere Pflanzen werden folgen. Pionierbaumarten werden den Anfang machen und schnell emporwachsen, während langlebigere, langsamer wachsende Baumarten in ihrem

Pioniernutzer und Pioniervegetation sind Teil einer gemeinsamen Entwicklung.

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20 21 Parklandschaft Tempelhof

Die neue Parklandschaft bietet ausreichend Platz für zahlreiche Nutzungs­möglichkeiten.

Im Bereich des „Alten Hafens“ bleiben Spuren des alten Flughafens zu sehen.

Schutz sich allmählich entwickeln und langfri­stig einen lockeren Wald bilden. „Wir mögen die Analogie zwischen Pioniernutzern und Pioniervegetation. Aus beiden können sich mit der Zeit komplexere räumliche und program­matische Einheiten entwickeln.“ (GROSS.MAX.) Im Wald können verschiedene Nutzungen Platz finden, ebenso können sich Raumpio­niere ausprobieren. Hier und da werden sich auch Durchblicke auf das Wiesenmeer und das Flughafengebäude auftun.

Auf der südlichen Seite des Weges öffnet sich nach einigen Baufeldern die südliche Parkfuge. Sie kann für kleine Pausen genutzt werden, vielleicht auch Sportangebote aufnehmen. Sie ermöglicht aber auch, von außen, von der S-Bahn und von der Autobahn aus, über das gesamte Feld zum Flughafengebäude zu blicken. Weiter östlich öffnet sich der Blick wieder nach beiden Seiten. Am östlichen Ende des Pionierwaldes befindet man sich genau gegenüber dem Flughafengebäude und kann es in seiner gesamten Ausdehnung wahrnehmen. Zwischen den Wegen befinden sich Naturerfahrungsräume, Lehrpfade mit Energiepflanzen, weitere Räume für Teilöffent­lichkeiten. Südlich des Weges werden gärt­nerische Nutzungen und Sportangebote, als Ergänzung des bereits vorhandenen Sportbereichs, Platz finden.

Der Weg führt weiter zum östlichen Ende der südlichen Landebahn, entlang der man hier in beide Richtungen weit ins Grüne blicken kann. Folgt man dem Weg weiter gen Norden, schließt östlich ein weiteres Baufeld an, vorge­lagert sind kleinteilige Räume. Westlich erhebt sich der Felsen, rechts und links schweift der Blick weit über das Feld.

Die nördliche Landebahn wird wiederum von einer Parkfuge begleitet. Hier befindet sich ein von Neukölln aus viel frequentierter Eingang in die Parklandschaft. Es werden hier gleich nach Eintritt in den Landschaftsraum Ange­bote für tägliche Freizeitnutzungen bereitste­hen. Ein weiteres, kleineres Baufeld folgt; nach Norden begrenzen Columbiabad und Friedhof die Parklandschaft. Der Rundweg wendet sich nun nach Westen und führt auf beiden Seiten durch Grün, doch mit unterschiedlichem Cha­rakter. Im Bereich der so genannten Picknick-Area, zwischen Friedhof und Rundweg, wird Gastronomie angesiedelt, ergänzt durch klein­teilig differenzierte, intensive und abwechs­lungsreiche Nutzungsangebote.

Nach innen, Richtung Nordwesten, fällt der Blick auf den Bereich „Alter Hafen“, den Ort, wo das erste Flughafengebäude in den 1920iger Jahren errichtet wurde. Es wurde im Krieg zer­stört. Es ist der einzige Bereich innerhalb des Rings, wo bereits jetzt Bäume stehen. Diese

sollen ergänzt werden durch weitere Anpflan­zungen, es soll ein Arboretum entstehen. Unter den Baumkronen werden Spuren des alten Flughafens zu sehen sein, Wege werden auf verschiedenen Höhenniveaus hindurch führen.

Nach Norden schließt sich ein weiteres Bau­quartier an, gerahmt von Parkfugen. Gerade­aus wird der Blick auf das Gebäude wieder frei, Wasserflächen begleiten den Weg auf der innenliegenden Seite. So schließt sich der Rundgang; das Vorfeld ist wieder erreicht.

Der Rhythmus von Parkfugen und Baugebie­ten erlaubt von der Parklandschaft hinaus Ausblicke in die Nachbargebiete, von außen Einblicke in die Parklandschaft. So werden alte und neue Stadtgebiete miteinander verknüpft, visuell und tatsächlich. Auch nach innen, in das weite Feld hinein, öffnet und schließt sich das Sichtfeld immer wieder. Diese geschickte Inszenierung des Blicks schafft Abwechslung und erhält einen Spannungsbogen aufrecht. So bleibt der Rundweg, ob ganz oder teilweise begangen, immer wieder ein Erlebnis.

Vernetzung

Eine der erläuternden Darstellungen zum Entwurf zeigt die Annäherung an das Tempel­hofer Feld vom Cockpit eines Flugzeugs – quasi ein Heranzoomen mittels einer Lupe. Eine Raumanalyse von ganz oben also, die deutlich macht, dass die Tempelhofer Freiheit eingebettet ist in das Berliner Grünsystem mit seinen Ringen und achsialen Verbindungen.

Die Parklandschaft Tempelhof funktioniert auf verschiedenen Maßstabsebenen. Auf der gesamtstädtischen Ebene bietet sie einen beispiellosen Außenraum für die gesamte Metropole. Insbesondere am Parkrand und in den Eingangsfugen gibt es die Angebote eines Nachbarschaftsparks.

Die Verbindung des Parks mit den übergeord­neten Grünsystemen und den kleinteiligeren Grünräumen in den Nachbarquartieren ist sehr wichtig. Erst dadurch erschließt sich das gesamte Potenzial der Parklandschaft. So können Menschen und Natur den Raum nach und nach kolonisieren; umgekehrt profi-

Die neue Parklandschaft liegt inmitten des Berliner Grünsystems.

Der Siegerentwurf

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22 23 Parklandschaft Tempelhof

Das Potenzial der Parkland­schaft erschließt sich durch die Verbindung des Parks mit dem übergeordneten Grünsystem.

tieren die Nachbarschaften von den vom Feld ausgehenden Wohlfahrtswirkungen, insbeson­dere vom Kaltluftaustausch. „Wie immer ist es faszinierend, das größere Bild zu betrachten. Die grüne Struktur von Berlin schafft eine neue heroische ökologische und meteorologische Form der Luftbrücke! Die Grünstruktur von Berlin ist wie eine russische Puppe; ihr konzen­trisches und radiales Muster manifestiert sich als ein Kontinuum von Größen; S/M/L/XL.“ (GROSS.MAX.)

In der Entwurfsidee sind auch im Nahbereich Konsequenzen für den Städtebau angedeutet: Die Betonung nur eines Rundwegs, so GROSS. MAX., gäbe eine Raumkante vor, eine starke Zäsur zwischen Baufeldern und Parkland­schaft, die gerade nicht erwünscht ist. Daher lösen GROSS.MAX. den vorhandenen Taxidrive-Rundweg, die quasi historisch vorgegebene Umrahmung des inneren Parks, auf in einer Vielfalt von Schleifen.

Keine klare Kante heißt, auf ein Aufeinander­prallen von dichter Stadt und offenem Raum innerhalb des Umgriffs des ehemaligen Flug­hafens zu verzichten. Für die geplanten Quar­tiere auf dem Tempelhofer Feld stellen sich dadurch ganz neue Fragen an die städtebau­liche Struktur, die bauliche Dichte, die Gestal­tung der Übergänge und die Höhenentwick­lung, insbesondere in der „ersten Reihe“.

Kann das Gebiet einen eigenen städtebau­lichen Ansatz statt einer Spiegelung der parzellierten Umgebungsstruktur auf das Feld tragen? Um dieser Haltung in der Debatte um die Weiterentwicklung der baulichen Struk­turen Ausdruck zu geben, wird das GROSS. MAX. -Team in die städtebauliche Weiterarbeit eng eingebunden werden.

Städtebaulich orientiert sich das Team GROSS. MAX. und Sutherland Hussey weniger an der Gründerzeitstruktur der Nachbarschaften, son­dern an der Raumvorstellung des Klassizismus, wo Baukörper und Landschaft eine Komposition bilden. Vorbild ist der Städtebau, der in der zwei­ten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Bath entstand. Häuserreihen formen Halbmonde (crescents), die große offene Flächen einfangen. Analog dazu betont die gekurvte Landform subtil die Beziehung zwischen Flughafengebäude und Parklandschaft.

„Crescents“ in Bath: Baukörper und Landschaft bilden eine Komposition.

Pioniernutzungen stärken den Entwicklungsprozess der Tempelhofer Freiheit. Pioniere und Teilöffentlichkeiten

Mit der Idee der Pioniernutzungen gehen GROSS.MAX. offensiv um. Diese Einladung zur Inbesitznahme und Nutzung, die mit der Öffnung des Tempelhofer Feldes im Mai 2010 einherging, ist für die Landschaftsarchitekten eine gute Strategie, die den Parkentwurf nicht in Frage stellt, sondern den Entwicklungspro­zess der Tempelhofer Freiheit stärkt. Diesen Prozess der Stadt- und Freiraumentwicklung haben GROSS.MAX. in eine Zeitachse über­setzt und diese zum Ausdruck ihrer Haltung gemacht, auf dem Tempelhofer Feld Räume zu akzentuieren, statt eine durchkomponierte Parklandschaft anzubieten.

Der offene und zugleich gelenkte Prozess dieser Aneignung durch ausgewählte Pio­niernutzungen hat längst begonnen, und GROSS.MAX. sehen in dieser Vorgehensweise keinen Widerspruch zum Gestaltungsprozess. Entlang des Rings sind immer wieder ovale Formen platziert, die für die teilöffentlichen Nutzungen der Pioniere und ihrer Nachfolger, die Teilöffentlichkeiten (vgl. S. 32, 64), vorge­sehen sind. Damit erhalten die informellen Nutzungen einen formalen Rahmen.

Als ähnlich produktiv empfindet das GROSS. MAX. -Team die Aneignungen des Feldes sei­tens der Kultur- und Kreativwirtschaft. Mode­messe, Berlin-Festival und die vielen anderen Nutzer der Hangars und des Vorfeldes sind Teil einer Strategie für einen Park, der sich entwi­ckelt und immer wieder neu positioniert, statt einfach fertig gebaut zu werden.

Angesichts der Vorstellungswelten der schon vorhandenen Akteure sehen sich GROSS.MAX. angeregt, noch weitergehende Ideen zu prä­sentieren. GROSS.MAX. schlägt vor, die Park­landschaft von wechselnden Kuratoren, z. B. aus dem Bereich Mode, Kunst, Theater, Sport, für jeweils eine Saison bespielen zu lassen. Das herausragende Saison-Konzept wird 2017 die „Internationale Gartenausstellung – IGA“ sein, während davor und danach andere, mit der Internationalität des Ortes und der Gar­tenschau verbundene Schwerpunkte in Szene gesetzt werden können.

GROSS.MAX. sehen ihr Konzept, die Parkland­schaft Tempelhof und ganz speziell das Han­garvorfeld und die Landebahnen als „offene Einladungen“, als Räume, die von vielen tem­porär bespielt werden können.

Der Siegerentwurf

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24 25 Parklandschaft Tempelhof

Der Pavillon dient sowohl als Informations- als auch als Restaurationsort.

Was leistet die IGA?

Im Bürgerbeteilungsverfahren wurde deut­lich, dass die Erwartungen an die Internatio­nale Gartenausstellung IGA auf dem Tempel­hofer Feld unterschiedlich beurteilt werden. In die Erwartung und auch den Stolz vieler Berlinerinnen und Berliner, eine solche Großveranstaltung im Jahr 2017 für die Stadt gewonnen zu haben und erleben zu können, mischten sich Bedenken. „Werden wir den Park, den wir gerade erst neu kennengelernt haben, zur IGA-Saison schon wieder verlie­ren?“ „Wird das Feld erneut geschlossen?“

GROSS.MAX. haben die Entscheidung für die IGA 2017 produktiv aufgegriffen und verstehen die Saison 2017 als wichtigen Mei­lenstein der Entwicklung. Die Nachhaltigkeit des Konzepts ist auch dadurch gegeben, das die größeren, zur IGA realisierten Maß­nahmen für eine Dauernutzung bleiben. Die Jury hat diese Auseinandersetzung mit den Anforderungen der IGA gewürdigt: „Die Flächen sind für die IGA so arrangiert, dass ein Nord-Süd-Weg während der IGA geöffnet bleiben kann. Es werden etwa 80 Hektar Dauerbereich für die IGA angeboten und 15 Hektar temporäre Flächen auf künftigen Baufeldern.“ (Damit blieben mindestens 150 Hektar öffentlich zugänglich, ebenso die südliche Landebahn.)

Es sind fünf Eingänge vorgesehen: Zwei vom Tempelhofer Damm, einer vom Columbia­damm, einer von Osten im Park auf Höhe des Pavillons und einer durch das Flughafenge­bäude. Bezüglich letzterem muss noch die Machbarkeit geprüft werden. „Die IGA wird zu einem wichtigen Baustein für die stufen­weise Entwicklung des Parks. Die IGA ist in den Kulturprozess eingebunden und fördert ihn. Das ist besonders positiv hervorzu­heben, weil im Regelfall die geschaffenen Strukturen nach Abschluss der Veranstaltung wieder entfernt werden müssen. Mit diesem Entwurf kann eine neue Dimension einer nachhaltigen IGA erreicht werden.“ (Auszug aus der Beurteilung des Preisgerichts, 2011)

Umgang mit Natur

Die Reminiszenz an Alexander von Humboldt ist nicht zufällig. Der Naturforscher erkundete von Berlin aus weltweit systematisch Pflanzen und Tiere. Und das Erkunden von Natur wird auch weiterhin ein wesentlicher Aspekt für das Erleben der Parklandschaft Tempelhof bleiben.

Durch die Konzentration der Angebote für aktive Nutzungen an den Rändern werden die wertvollen Naturbereiche in der Mitte entlas­tet. Es „wird ein vorsichtiger Umgang mit der biologischen Vielfalt dargestellt. Insgesamt entsteht eine klare differenzierte räumliche Anordnung, was eine große Chance für den Naturschutz ist. Zugleich ergibt sich durch bewusste Interventionen ein neues – aus Naturschutzsicht interessantes – Potenzial für viele Flächen.“ (Auszug aus der Beurteilung des Preisgerichts, 2011)

Den Gegensatz von Natur-Schutz und Natur-Aktivierung versuchen GROSS.MAX. in ihrem Entwurf für die Tempelhofer Freiheit kon­zeptionell aufzulösen. „Natur ist kein Prozess, kein starres Objekt. Während Naturschutz in Teilbereichen des Geländes angemessen sein mag, bevorzugen wir den Gedanken der ‚Naturaktivierung’. Die Analogie zwischen Pioniernutzern und Pioniervegetation, die sich parallel im Verlauf der Zeit zu komplexeren räumlichen und programmatischen Einheiten entwickeln, ist dabei zentral. In einem solchen Szenario sind Mensch und Natur nicht län­ger Gegensätze, sondern Teilhaber an einer gemeinsamen Entwicklung.

Das Wettbewerbsgebiet wird als Trittstein von Pflanzen- und Tiergemeinschaften auf der Wanderung in Zeiten des Klimawandels dienen. Unsere Haltung unterscheidet sich jedoch von einer regelfreien Zone: selbstver­ständlich werden wir strukturieren, kompo­nieren und orchestrieren. Ohne Intervention würde sich das Gelände zu Wald entwickeln, während wir daran glauben, dass Offenheit zum Wesen von Tempelhof gehört.“ (GROSS.MAX.)

Neue Wege durch den Park ermöglichen eine Vielfalt der Parkerschließung.

Die Artenzusammensetzung für die Transfor­mation der zentralen Wiesenflächen soll sorgsam geplant und beobachtet werden, in Zusammenarbeit mit Pflanzenexperten und Hochschuleinrichtungen. Die Experimente und Versuche, die in Tempelhof stattfinden werden, können als bedeutungsvolle Grund­lage für die Zukunft städtischer Grünkonzepte dienen.

Die geplanten Wasserbecken sind nicht nur eine Attraktion, die ein weiteres Naturele­ment auf dem Tempelhofer Feld erlebbar machen, sondern auch Bausteine für ein zukunftsweisendes Wassermanagement. Ein Regenwasserbewirtschaftungssystem sammelt das bisher ungenutzt abfließende Wasser. Das Regenwasser fällt heute in großen Mengen von Dächern und Vorfeldern des Flughafengebäudes und zukünftig bei der Entwässerung neuer Siedlungen an. Mit der Reinigung und Nutzung dieser Wässer wird ein erfolgreicher Kreislaufprozesses auf dem ehemaligen Flugfeld möglich, der natürliche Verhältnisse weitgehend nachbildet. Dies ist eine konsequente Umsetzung der Nachhal­tigkeitsziele für das Areal.

„Auch die IBA-Themen werden im Entwurf widergespiegelt. Als durchdachter ‚ökono­misch produktiver Park’, durch Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz (Wasser, Erhöhung der Biodiversität, Ener­giethemen) … werden die Themen anschau­lich dargestellt. … In der Arbeit wird ein vorsichtiger Umgang mit der biologischen Vielfalt dargestellt; u. a. werden die vorhan­denen Strukturen am ‚Alten Hafen‘ erhalten.“ (Auszug aus der Beurteilung des Preisge­richts, 2011)

Der Siegerentwurf

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Phase I

Phase II

Phase III

Das Gelände aus der Vogelperspektive:

Phase I vor der Durch­

führung der IGA

Phase II während der IGA

Phase III nach Beendigung

der IGA

Phasen der Entwicklung

Der Entwurf von GROSS.MAX. setzt sich inten­siv mit der sequentiellen Entwicklung ausei­nander, die aufgrund der langen Planungs-und Entwicklungszeit der Tempelhofer Freiheit erforderlich ist. Die Entwicklung der Parkland­schaft erfolgt – so der Entwurfsbeitrag – in drei Phasen:

Phase I bis zur Durchführung der Internationa­len Gartenausstellung IGA 2017: Entstehung des Grundgerüsts des Parks, vor allem Baum­pflanzungen,

Phase II während der Durchführung der IGA 2017: Entwicklung innovativer Landschaften und ambitionierter Stadtgebiete,

Phase III nach Beendigung der IGA 2017: Fertigstellung der Parklandschaft, auch als Referenzprojekt der IBA 2020.

Somit wird die IGA 2017 zum Motor für die Realisierung der gesamten Parklandschaft.

Orte schaffen

Die Landschaftsarchitekten GROSS.MAX. haben sich mit einem Entwurf durchgesetzt, der eine Geschichte erzählt, eine Entwick­lungslinie aufzeigt statt eines fest bestimmten Endzustandes.

GROSS.MAX. beziehen sich in ihren Entwürfen immer wieder auf traditionelle englische Land­schaftsparks, so auch bei der Gestaltung der Parklandschaft Tempelhof. Das Erzählen von Geschichten steht durchaus in dieser Tradition, prominente Beispiele sind der Landschaftspark Stourhead oder der Glienicker Park.

Auch andere Elemente des Konzepts können so interpretiert werden. Die verschlungenen Rundwege der Ellipse können als moderne Form des belt walks, des peripheren „Gürtel­weges“ im klassischen Landschaftspark gese­hen werden. Die in den Park an strategischen Punkten gesetzten Akzente wie der Pavillon, der Felsen, verschiedene Umnutzungen von vorhandenen Gebäuden entsprechen den Staffagen des Landschaftsparks und sind „Sätze“ in der vorgetragenen Geschichte. Hier erzählen sie vom Himmel, vom Fliegen, von der Sehnsucht nach Weite und dem Horizont, hinter dem es immer weiter geht. Sie erzählen aber auch von der vielfältigen Geschichte dieses Ortes.

Die freie Raumbildung, topographische Ele­mente wie die Landform und das Ha-Ha sowie die nicht-achsiale Inszenierung des Blicks sind ebenfalls typisch für die Epoche des Land­schaftsparks, ebenso wie der Rückgriff auf den georgianischen Städtebau von Bath.

Diese gestalterischen Rückgriffe auf die Geschichte der Gartenkunst zeigen, welche steuernden, teils subtilen Eingriffe notwendig sind, um zu der „starken Gestalt“ zu kommen, die laut GROSS.MAX. den „offenen Prozess“ erst ermöglicht.

Dennoch wird niemand die Parklandschaft Tempelhof für einen klassischen Landschafts­park halten, denn die Anknüpfungspunkte sind prinzipieller und methodischer Art. Die Anmutung und die Atmosphäre, die an diesem Ort entstehen wird, ist eine ganz neue.

„Trotz der im Vergleich zu anderen Parkanla­gen in Berlin und erst recht zu Bundesgarten­schauen in anderen Städten sehr begrenzten Finanzmitteln wird eine hervorragende Park­anlage entstehen, die mit gezielten Akzent­setzungen an wenigen Stellen eine große Wirkung erreicht. Dafür wird in andere, große Bereiche kaum eingegriffen. Der Entwurf wird den Erwartungen, die an diesen geschichts­behafteten Ort nicht nur in Berlin, sondern

weltweit gerichtet werden, nach der einhel­ligen Meinung der Jury auf besondere Weise gerecht. … Es gelingt eine atmosphärische ‚In ‐Wertsetzung’ des Ortes, was in Bezug auf die Bürgerwünsche als ‚Belassung der Atmosphäre des Ortes’ gewertet wird.“ …

Der Entwurf geht sehr spezifisch auf den Ort ein, er greift die Einmaligkeit des Areals auf und steigert sie noch. Er ist nur auf dem Tem­pelhofer Feld denkbar und damit unverwech­selbar. … Insgesamt werden starke Setzungen vorgenommen, mit denen ein Rahmen für die weitere Entwicklung gefunden wird und zugleich der Erhalt der Großartigkeit des Ortes gewährleistet werden kann.“ (Auszug aus der Beurteilung des Preisgerichts, 2011)

GROSS.MAX. hat es verstanden, den Ort in seiner Einmaligkeit zu erhalten und weiter zu entwickeln. Dabei wird vieles noch offen gelas­sen. Im Gegensatz zu den Erzählformen des 18. und 19. Jahrhunderts hat die Geschichte nicht nur einen Erzähler, sie wird nicht linear zu Ende erzählt. Vielmehr ist das Konzept ein „offenes Kunstwerk“ (Eco), bietet viele Anknüpfungs­punkte für andere Akteure, die die Geschich­ten fortspinnen können – Ende offen. Es bleibt aber das narrative Grundgerüst – die Entwick­lung wird nicht beliebig verlaufen. Es wird ein Ort geschaffen, der sich ändern kann, damit er so bleibt wie er ist.

Was tun?

Füllt man eine Leere nicht bereits dadurch ein wenig, dass man über sie nachdenkt?

Soll ich auf die neuen Flugzeuge der Zukunft warten?

Lande ich lieber oder fliege ich lieber weg?

Ist das ein Strand oder ein Meer?

Was kann man hier machen, das man nicht auch anderswo in Berlin machen kann (das dann ein guter Grund wäre, es nicht zu machen)?

Was wäre ein Raum für Freiheit?

Jean-Philippe Vassal, Lacaton & Vassal, Paris

P2626 Pararkklandschaflandschaft Tt Tempelhofempelhof Der Siegerentwurf 2727

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28 29Verlangen nach Stadt

Verlangen nach Stadtvon Henri Bava

Herausforderung Landschaftsarchitekten gestalten gern Orte, die als schwierig und undankbar gelten und die manchmal für hässlich gehalten werden. In solchen Fällen erscheinen Landschaftsarchi­tekten als Retter eines offenbar aussichtslosen Zustands und tragen mit ihrer Arbeit zu dessen Verbesserung bei.

Sollen sie dagegen ein Projekt wie Tempelhof weiter bearbeiten, bereits konzipiert, gut geformt, von allen geschätzt und einfach wundervoll, stehen sie vor einer weitaus größeren Herausforderung.

Im Fall Tempelhof ging es für die Entwerfer­teams hauptsächlich um die Umgestaltung eines Flughafens in einen öffentlichen Park: von einem abgeschirmten und sehr kontrol­lierten in einen vollkommen offenen städti­schen Raum.

Die Landschaftsarchitekten, die im Rahmen des Wettbewerbs ausgewählt wurden, mussten sich auf die hohen Anforderungen dieser Auf­gabe einstellen. Sie mussten ihren spezifischen Charakter in dem Maße und so gut verstehen, dass ihr Projekt es auf eine Weise fortzuset­zen scheint, als würde es sich im Gleichklang mit ihm befinden und einem vor langer Zeit geschlossenen Geheimpakt mit den ursprüng­lichen Entwerfern verpflichtet sein.

Horizontalität Die Landschaftsarchitekten Eelko Hooftmann und Bridget Baines von der Agentur GROSS. MAX. sind dem Exzellenzcharakter von Tempel­hof gerecht geworden. Nicht etwa, indem sie etwas anderes „hinzugefügt“ hätten, sondern indem sie sich auf das vorhandene Spiel der Zusammenhänge eingelassen und ihnen durch ihre im Wesentlichen auf den Boden bezogene Arbeit eine höhere Intensität verliehen haben.

Mit ihrer Arbeit wahrten die Designer die Hori­zontalität des Standorts und gingen mit der kreisförmigen Landform gleichzeitig über sie hinaus. Denn mit dieser entstand parallel zur riesigen Fläche eine andere, lineare Horizonta­lität. Sie wird verstärkt und sanft gereizt durch den vertikalen Akzent des Felsens und durch einige Bäume, die die „reine“ Wiesenfläche „infizieren“.

Auch die als Mulden ausgebildeten Räume huldigen in absichtsvoll reduziertem Ausmaß der auf diese Weise neu belebten und damit noch reizvolleren Horizontalität: indem sie sich im Winter durch Überflutung in eine Eis­fläche – den Himmelsspiegel – verwandeln und indem sie den Gärten der IGA Platz bieten. Diese Mulden intensivieren die Horizontali­tät, wachen über sie. Sie nehmen vielfältige Programmpunkte auf, damit die große Wiese besser die Rolle des „common“, der Allmende, spielen kann.

Wölbungen Das gewölbte Flughafengebäude scheint gegenüber den riesigen Landebahnen von Tempelhof, die im Herzen Berlins eine weite Ebene öffnen, in einer mächtigen Verbindung zwischen Gebäudemasse und freier Ebene die Arme zu öffnen.

Die Wölbung des Gebäudes scheint im Entwurf von GROSS.MAX. eine kreisförmige Schwingung ausgelöst zu haben, die zu einem Geflecht von Wegen geführt hat. Diese Dyna­mik erinnert an die duplizierten Figuren in den Gemälden und Collagen von Andy Warhol. Diese Geometrie ist nicht starr, sondern in Bewegung, ist angedeutet und ordnet sich ein. Sie bietet eine Vielzahl von Räumen, die von unterschiedlichen Besuchergruppen genutzt und angeeignet werden können.

Himmel Mit diesen Elementen des Projekts, die nicht versuchen, das Ganze zu domestizieren, son­dern mit dem offenen Raum zu arbeiten – so wie die Figuren eines Gemäldes von Miro in der Abstraktion einer großen Leere, ohne Hoff­nung darauf, sie zu füllen, ihr gleichwohl einen Sinn geben –, so wird der Himmel inszeniert.

So wird dieser offene Raum, der aus wenigen identifizierbaren Objekten gebildet wird, der wie ein großer Platz die Oberfläche des Flughafens nach außen verlängert, auf beiden Seiten von neuen Vierteln flankiert. So stem­men sich die beiden erhalten gebliebenen Landebahnen gegen den Orbit aus kreisförmi­gen peripheren Wegen, um gleichzeitig eine horizontale Monumentalität und eine Quelle der Spannung innerhalb der Windungen zu verkörpern. Sie zeugen von der Geschichte und von den riesigen Maschinen, die hier mit eleganter Leichtigkeit landeten und starteten. Und so kristallisiert der künstliche Felsen, Alex­ander von Humboldt huldigend, in einem ver­dichteten Punkt den Bezug auf den Aufstieg heraus, den des künftigen Kletterers wie auch den, der mit der Geschichte der Luftfahrt in Zusammenhang steht.

Zentralität Dieser wunderschöne Ort wird dank der Arbeit von GROSS.MAX. den Alltag vieler Einwohner Berlins erreichen und positiv beeinflussen. Er wird allen das Gefühl des Einzigartigen vermitteln.

Das Tempelhofer Feld wird verschiedene Wege der Stadt zusammenführen und inmit­ten eines durchgängigen und zusammenhän­gend gewordenen Park-Systems ein wichtiger Ort der Begegnung sein.

Tempelhof wird verbinden, von einem Stadt­viertel zum anderen.

Bewegung Indem sie in ihrer Arbeit die Wahrung des Kon­textes, die Sinnlichkeit der Landschaften und eine eigenständige Projektkonzeption zusam­menbringen, ist es den Landschaftsarchitekten von GROSS.MAX. gelungen, den Geist von Tem­pelhof zu bewahren und ihn gleichzeitig fast unmerklich in Bewegung zu versetzen.

Ihr Vorschlag, jedes Jahr andere Kuratoren tätig werden zu lassen, bestätigt die Idee der Bewegung, zeugt von Kreativität und von einem Innovationsgeist, dem die Vorstellung zugrunde liegt, dass ein Park „kein Objekt, sondern ein Prozess ist“.

Obwohl ihre Annäherungsweise recht klar und formal ist, zielt sie nicht auf Formalismus ab, sondern auf Verzauberung.

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30 31 Parklandschaft Tempelhof

Das Tempelhofer Feld zählt zu den größten inner­städtischen Freiräumen in europäischen Metropolen. Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

„Parklandschaft Tempelhof“ Auslobung und Aufgabenstellung

Mit der Schließung des Flughafens Tempelhof ergab sich für die Stadt Berlin die einmalige Chance, auf einer Fläche dieser Größenord­nung eine innerstädtische Parklandschaft zu entwickeln. Das Gelände wird zu einem neuen Teil der inneren Stadt, was für ein Areal dieser Größenordnung äußerst ungewöhnlich und für die Stadtentwicklung Berlins große Chance und anspruchsvolle Herausforderung ist. Ein wichtiger Baustein des städtebaulichen Kon­zepts für die Nachnutzung ist die große Frei­fläche in der Mitte des Geländes. Dafür lobte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im März 2010 den offenen landschaftsplane­rischen Ideen- und Realisierungswettbewerb

„Parklandschaft Tempelhof“ aus. Von Beginn

an galt es, die Berlinerinnen und Berliner in diesen neuen Abschnitt der Stadtentwicklung mitzunehmen und sie in den Entwurfsprozess einzubeziehen. Denn das Tempelhofer Feld ist insbesondere aufgrund seiner Funktion in der jüngeren Geschichte Berlins als Ort der Luftbrücke und als Symbol des Freiheitswillens in der Westhälfte der Stadt auch emotional von besonderer Bedeutung.

Da sich die Entwicklung der Parklandschaft über einen langen Zeitraum erstrecken wird, wurde an die Wettbewerbsteilnehmer die Anforderung gestellt, ihre Konzeptionen offen für Veränderungen auszulegen, die heute noch nicht absehbar sind. Somit stand ein

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

prozessorientiertes, strategisches Entwerfen im Mittelpunkt der Entwurfsaufgabe. Eine wesent­liche Anforderung war die Veranschaulichung dessen, wie aus dem Wechsel von kompakten Stadtquartieren und großen offenen Räumen eine besondere Identität und Lebensqualität für die Stadt Berlin gewonnen werden kann.

Ziel der einzureichenden Entwürfe war es, die neue Parklandschaft mit den angrenzenden Stadt- und Freiräumen wie auch mit den unter­schiedlichen sozialen Milieus von Nord-Neu­kölln, Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg sowie den geplanten neuen Stadtquartieren zu verknüpfen. Dabei galt es, den Zusammenhang zwischen Flugfeld und Flughafengebäude zu betonen.

Als gemeinschaftlicher öffentlicher Raum über­nimmt die Parklandschaft Tempelhof künftig eine besondere Vermittlungsfunktion in räum­licher, sozialer, ästhetischer, ökologischer und wirtschaftlicher Sicht. Um dies zu erreichen, waren Ideen gefordert, die das Tempelhofer Flugfeld zu den angrenzenden Stadtquartieren hin öffnen und vielfältige Angebote zur Berei­cherung der Erlebnismöglichkeiten für sehr unterschiedliche Besucher und Besucherinnen schaffen.

Grundlage für die Entwürfe war der prozessual angelegte Masterplan Tempelhofer Freiheit, der seit 2008 kontinuierlich fortgeschrieben wurde.

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32 33 Parklandschaft Tempelhof

Die Tempelhofer Freiheit hat sich mit dem Flughafengebäude, dem betonierten Vorfeld der Hangars sowie den über zwei Kilometer langen Start- und Landebahnen zu einem symbolisch wichtigen Ort, zu einer Marke für Berlin entwickelt. Durch die Gestaltung der Fläche zu einer urbanen Parklandschaft des 21. Jahrhunderts soll diese Marke nun weiter gestärkt werden, indem sie zum Adressbildner für die bestehenden und neuen Stadtquartiere wird. Dies soll nicht nur durch die Größe, sondern vor allem durch die Gesamtidee, Nutzungsangebote und Gestaltungsqualitäten erreicht werden.

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Die Marke „Tempelhofer Freiheit“ wird durch die Parklandschaft neu codiert und zur Adresse für die Stadt: Sie ist Raum der aktiven Erholung und des Rückzugs, Naturraum mit wertvollen Pflanzen- und Tierarten, Ort der Repräsentati­on und vor allem Ort mit bedeutender Historie. Die Parklandschaft soll künftig ein Zeichen für einen innovativen Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Energie in der Stadt setzen. Ziel des Wettbewerbs war es, hierzu einen zukunftsweisenden Beitrag zu leisten. Für die Wettbewerbsteilnehmer galt es, alle diese Ansprüche in einem Entwurfskonzept räumlich und funktional zu arrangieren. Dabei sollten die Ideen auf das verstärkte Aneignen des Raums durch sich selbst organisierende Gruppen und somit auf die Eigeninitiative der Stadtgesellschaft setzen, die sich in die Park­gestaltung einbringt. Eine Anforderung an die Wettbewerbsteilnehmer war es, Möglichkeits­räume für verschiedenste Aneignungen der so genannten Teilöffentlichkeiten in die Planung zu integrieren. Teilöffentlichkeiten sind Teil­räume für besondere, privat organisierte Frei­raumnutzungen, die auch der Allgemeinheit zu Gute kommen, weil sie Angebote über das von der öffentlichen Hand Leistbare hinaus ergänzen. Dabei kann es sich um kommerzielle oder gemeinnützige Anbieter, Vereine oder individuelle Non-Profit-Akteure handeln. Mög­liche Profile dieser neuen Teilöffentlichkeiten können folgende Cluster sein: Gastronomie,

Urban Gardening, Energie, Urban Farming, Gesundheit, soziale und therapeutische Arbeit, Sport, Kultur, Kunst und Bildung.

Mit der Berücksichtigung und Integration von neuen Teilöffentlichkeiten entstehen in der Parklandschaft Tempelhof Räume, in denen durch die unterschiedlichsten Akteure auch unterschiedliche Lebensstile spürbar werden. Dies wird sich auch auf die Pflege- und Unter­haltungskosten auswirken. Aus diesem Grund war es Bestandteil der Wettbewerbsaufgabe, Konzepte zu entwickeln, die in weiten Teilen mit nur geringem Mitteleinsatz für Pflege und Unterhaltung auskommen. Erwünscht waren dabei auch Vorschläge, bei denen Pflegeauf­wendungen durch Akteure wie neue Teilöffent­lichkeiten, Raumpioniere, Zwischennutzer oder Gastronomiebetreiber übernommen werden.

Leitthemen für die Entwicklung der Tempelhofer Freiheit Im Rahmen des Nachnutzungskonzeptes für den ehemaligen Flughafen Tempelhof wurden drei Leitthemen entwickelt, die projektbezo­gen weiter verfolgt werden:

1. Klima- und ressourceneffizente Stadt Eine wesentliche Aufgabe, die sich bei der Entwicklung von neuen Stadtquartieren in Metropolen stellt, ist die Abkopplung der städtischen Entwicklung und des wirtschaftli­chen Wachstums von negativen Umweltfolgen. Die Parklandschaft Tempelhof soll zeigen, wel­chen Beitrag ein innerstädtischer Park zum Kli­ma- und Ressourcenschutz leisten kann. Daher wird die vorhandene Natur als Qualitätsmerk­mal und integraler Bestandteil der Entwick­lung der Parklandschaft verstanden. Ziel ist es, Besonderheiten des Tempelhofer Feldes zu bewahren und neue Nutzungsformen zu ermöglichen. Dabei sind alle Ressourcen wie Wassermanagement, Energiekonzept, Luft­austausch, Bodenverbrauch und Biodiversität zu berücksichtigen. Von den Teilnehmern des Wettbewerbs wurden Ideen gefordert, wie eine Verknüpfung von gestalterischen Ansprü­

chen, Erholungsfunktionen und der Historie des Ortes mit den Anforderungen an eine res­sourceneffiziente Stadtentwicklung möglich ist. Zu beachten waren dabei die beschränk­ten finanziellen Mittel, die für die Herstellung und Unterhaltung eingesetzt werden können.

2. Unternehmerisch zukunftsorientierte und eigeninitiative Stadt Aufgrund der knappen Kassen der öffentli­chen Hand sind heutzutage zukunftsweisende ökonomische Konzepte erforderlich, die eine kostengünstige bzw. teilweise durch Dritte wie z. B. Bürgervereinigungen oder Pächter geleisteten Beiträge zur Pflege und Unterhal­tung der Parkanlagen unterstützen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass durch vielfältige Eigeninitiativen der Raum in seiner öffentli­chen Nutzung nicht wesentlich eingeschränkt wird. Aufgabe der Wettbewerbsteilnehmer war es, einen Rahmen zu definieren, um neue Wertschöpfungsketten einer zukunftsorien­tierten Parkökonomie anzustoßen.

3. Partnerschaftliche-integrative Stadt Durch die Aneignung eines Parks als öffent­licher Raum wird dieser zum so genannten Möglichkeitsraum für verschiedene Interes­senslagen der Parkbesucher. So soll die neue Parklandschaft Tempelhof mit kulturellen, sportlichen und künstlerischen Angeboten zum Ort für neue Kooperationen von Gene­rationen und Kulturen werden. Es ist für die Entwicklung der Parklandschaft anzustreben, durch zusätzliche private Sport- oder Freizeit­angebote, kulturelle Veranstaltungen oder gemeinsames Gärtnern die Attraktivität des Raums zu erhöhen. Auch Kooperationen mit Bildungseinrichtungen für alle Altersstufen können dazu beitragen, wie z. B. grüne Klassenzimmer.

Prozessorientierte Stadtentwicklung Die neue Parklandschaft Tempelhof wird als Freiraum berlinweit von Bedeutung sein. Die Realisierung wird sich über einen langen Zeit­raum hinstrecken. Aus diesem Grund wurde in

dem Verfahren ein Grundgerüst erwartet, das Orientierung für die zukünftige Entwicklung und Handlungsfähigkeit für die prozesshafte und schrittweise Realisierung einzelner Teil­bereiche gibt. Dieses Grundgerüst soll soweit offen sein, dass es Raum für neue Ideen lässt und auf neue Entwicklungen reagieren kann. Ziel ist es, dass die Parklandschaft bereits in allen Phasen der Realisierung attraktive Ange­bote bietet, die unabhängig von der Fertig­stellung der gesamten Fläche genutzt werden können. Somit galt es für die Wettbewerbs­teilnehmer, die Parklandschaft in prozessualen Entwicklungsschritten zu denken.

Synergien zwischen Stadt und Park Kaum ein anderer Ort bietet in Berlin einen solch hervorragenden Blick auf die Stadt­silhouette wie die Tempelhofer Freiheit. Dieses Erleben soll auch künftig möglich sein. Die Wettbewerbsteilnehmer hatten in ihren Entwürfen zu beachten, dass die Dimension des Geländes wie auch des Flughafenge­bäudes erlebbar bleiben soll.

Lage des Tempelhofer Feldes in Berlin.

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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34 35 Parklandschaft Tempelhof

Innere und äußere Parklandschaft mit Verflechtungsraum.

Nachdem das Tempelhofer Feld aufgrund seiner vergangenen Flughafennutzung die angrenzenden Stadtquartiere eher voneinan­der abgrenzte, soll die künftige Parklandschaft ein verbindendes Element in der Stadtstruktur werden. Dafür sind Wegeverbindungen not­wendig, die die Stadtteile miteinander vernet­zen. Auch war von den Wettbewerbsteilneh­mern gefordert, den Ring (ehemaliger ringför­miger Taxiway) als besondere städtebauliche Großform zu erhalten und zu entwickeln. Der Ring grenzt die innere Parklandschaft von der äußeren Parklandschaft mit den Stadtquartie­ren ab und muss zugleich beide Teilräume verbinden.

Ebenso waren die Wettbewerbsteilnehmer gebeten, innerhalb der Parklandschaft etwa dreißig Kleingärten vorzuschlagen. Dabei ist eine Kombination mit anderen gärtnerischen Nutzungsformen wie interkulturelle Gärten, Community-Gärten o. ä. möglich. Weitere Anforderungen waren es, neben der allgemei­nen Förderung des Bewegungsangebots in der Parklandschaft auch Spielfelder für Fuß­ball, Hockey und ähnliches vorzusehen. Auch gibt es Bedarf an der Erweiterung des musli­mischen Friedhofs nördlich des Wettbewerbs­

gebiets. Auch dafür wurden Vorschläge erwar­tet. Ebenso waren Standorte für Spielplätze, informelle Sportplätze, einen Naturerfah­rungsraum und Hundeauslaufgebiete vor­zuschlagen. Auch darüber hinaus gehende Ideen waren möglich. Da es gerade bei diesen Elementen im Laufe der Zeit Änderungen geben wird, war es vor allem wichtig, ein Prin­zip zu entwickeln, nach dem von Fall zu Fall eine Platzierung von Einzelstandorten in der Parklandschaft vorgenommen werden kann.

Die Bedürfnisse, die an einen Park gestellt werden, haben sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Heute sucht man in einem Park nicht mehr allein Erholung vom Alltag, sondern auch Begegnung und Kontakt zu anderen Menschen, Anregung und Abwechs­lung. Auch müssen bei der Gestaltung eines Parks die demografischen Veränderungen berücksichtigt werden. Bei der Parklandschaft Tempelhof spielen zudem die Geschichte des Ortes sowie die Offenheit der Fläche eine besondere Rolle. Die verschwenderische Weite und die Schönheit der Natur in der Stadt sollten inszeniert werden.

Der Begriff Parklandschaft wurde bewusst gewählt, um zu betonen, dass hier kein her­kömmlicher Park, sondern ein ganz besonde­rer Raum, der Parkelemente und Landschafts­erleben kombiniert, entstehen soll. Zum Land­schaftserleben gehört die Sichtbarkeit des Horizonts, die hier wie sonst nirgends in einer Innenstadt gegeben ist. Impuls war auch der Begriff des Urban-Ländlichen, den Trendfor­scher identifiziert haben. Damit soll nicht die Stadt zum Land werden, sondern vielmehr Qualitäten, die sonst dem Land zugeschrieben werden, im urbanen Kontext verdichtet erleb­bar gemacht werden. Dies sind z. B. Ruhe, Weite, gesunde Lebensmittel, Erdung und Gesundheit. Die Parklandschaft Tempelhof ist geradezu prädestiniert, diesen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

Auf dem Tempelhofer Feld soll ein Park zum Wohlfühlen entstehen, der verschiedensten Bedürfnissen gerecht wird. Eine Herausforde­rung ist es dabei, die Weite neu zu strukturie­ren, ohne sie aufzuheben. So sind z. B. bei der Platzierung von Bäumen verschiedene Aspek­te wie Raumbildung, Ästhetik, Sichtbezie­hungen, Aufenthaltsqualität, Luftaustausch und Artenschutz zu beachten. Die Planer haben in ihren Entwürfen zu berücksichtigen, dass eine Abstufung der Nutzungsintensität von Norden nach Süden gewünscht ist. So wird der intensiver nutzbare nördliche Bereich durch den südlichen Bereich ergänzt, in dem vor allem das Naturerleben im Vordergrund steht.

Klimagerechte und ressourceneffiziente Parklandschaft Aufgrund der Artenvielfalt der Wiesen- und Trockenrasenflächen, die sich in den vergange­nen Jahren und Jahrzehnten entwickeln konn­te, galt es für die Wettbewerbsteilnehmer, in diesen Bereichen Eingriffe möglichst zu ver­meiden. Vielmehr ist mit der vorhandenen Naturausstattung zu arbeiten. So soll die bestehende Offenlandschaft zurückhaltend erschlossen werden. Ziel ist es, dass diese Fläche zwar durch Wegesysteme erlebbar ist, zugleich jedoch Bodenbrüter wie z. B. die Feld­lerche ungestört bleiben. Für die Pflege und Unterhaltung der Offenlandschaft waren von den Planungsbüros ökologisch fundierte Konzepte gefragt. So können beispielsweise Beweidungskonzepte mit sozialen Angeboten verbunden und das Mahdgut als Biomasse energetisch verwendet werden. Auch waren Anregungen für ein integriertes Wassermana­gement gefordert. So kann eine Vor-Ort-Versi­ckerung von Regenwasser das Grundwasser anreichern und somit die Vorfluter entlasten. Zudem entfällt die Regenwasserabgabe, was neben dem ökologischen Effekt auch einen ökonomischen Mehrwert nach sich zieht. Solche ressourceneffizienten Gestaltungsvor­schläge galt es in die Konzepte zu integrieren.

Auch war es Aufgabe, einen Ersatzstandort für ein Regenrückhaltebecken, das sich aus dem ehemaligen Flughafengebäude und dem Vorfeld speist, vorzusehen. Hinsichtlich des Konzeptbausteins „produktive Parklandschaft“ wurde von den Wettbewerbsteilnehmern gefordert, den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen zu prüfen und in den Entwurf auf­zunehmen. Anhand dieses Themas konnte gezeigt werden, wie das Schöne mit dem Nützlichen verbunden werden kann. Durch gute gestalterische Integration soll das Image verbessert und über Einsatzmöglichkeiten anhand von umweltpädagogischen Demons­trationsflächen informiert werden. Ein eigens erstelltes Energiegutachten schlägt eine Kom­bination aus Biomasseanbau und Biogasher­stellung kombiniert mit Photovoltaik und Solarthermie vor. Ziel ist es, durch die Reduzie­rung des ökologischen Fußabdrucks und die Minderung der gärtnerischen Pflegekosten durch die Abgabe des Mahdguts an Unterneh­men, die es z. B. zur Wärme- oder Biogasgewin­nung verwenden, Synergien für die langfristige Entwicklung der Parklandschaft zu erlangen.

Hinsichtlich des Klimas ist das Tempelhofer Feld derzeit eine bedeutsame Kaltluft produzieren­de Fläche, deren Transport in benachbarte, dicht bebaute Quartiere weiter möglich sein soll. Um dies zu erreichen, sind 100 bis 200 Meter breite Kaltluftbahnen zwischen Frei­fläche und bestehenden Baugebieten mit geringer Versiegelung, ohne Gebäude und ohne geschlossene Vegetationsstrukturen not­wendig. Dichtere Vegetationsbestände sollten somit bevorzugt an den Rändern der Luftleit­bahnen geplant werden. Insgesamt ist ein Gehölzanteil von etwa 30 Prozent der Fläche mit der klimatischen Wirkung gut vereinbar, wie ein spezielles Klimagutachten ermittelte.

Um einen attraktiven Freiraum zum Wohlfüh­len zu erhalten, ist es aufgrund der Offenheit der Fläche erforderlich, auch schattige und windgeschützte Bereiche zu schaffen.

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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Parklandschaft Tempelhof

IBA und IGA als Entwicklungsinstrumente Um die Entwicklung der Tempelhofer Frei­heit einschließlich der Parklandschaft zu beschleunigen, werden die Instrumente IBA (Internationale Bauausstellung) und IGA (Inter­nationale Gartenausstellung) genutzt. Ziel einer IBA ist es, mit neuen Ideen und Projekten im sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Bereich Impulse für einen städtebaulichen Wandel zu setzen. Die dritte Berliner IBA wird sich mit den Problemen der europäischen Metropolen des 21. Jahrhun­derts auseinandersetzen. Somit galt es für die Teilnehmer des Wettbewerbs, die Leitthemen der IBA „Ressourceneffiziente Stadt“, „Unter­nehmerische und eigeninitiative Stadt“ sowie

„Partnerschaftlich-integrative Stadt“ auf die Parklandschaft zu übertragen und beispiel­haft zu vertiefen. Ziel ist es, die Parklandschaft Tempelhof zu einem herausragenden Refe­renzprojekt der IBA zu entwickeln.

Ebenso wie die Berücksichtigung der IBA war es auch Teil der Wettbewerbsaufgabe, den Rahmen für die Durchführung der Internati­onalen Gartenausstellung IGA 2017 vorzube­reiten. Die IGA 2017, die ein großes urbanes Garten-Fest und auch eine internationale Ausstellung zu den Themen Gartenbau, Land­schaftsbau und Pflanzenzucht ist, wird als publikumswirksame Veranstaltung die Tempel­hofer Freiheit in ihrem Transformationprozess sichtbar machen. Von den Wettbewerbsteil­nehmern wurde gefordert, Vorschläge für die Flächenkulisse der IGA sowie zur Einbindung der IGA in die gesamte Parklandschaft auf­zuzeigen. Mit dem Instrument IGA soll der nationalen und internationalen Öffentlichkeit am Beispiel der Tempelhofer Freiheit gezeigt werden, wie eine zukunftsweisende Stadt- und Freiraumplanung umgesetzt werden kann.

Eine Herausforderung war es, die Weite der Fläche neu zu strukturieren, ohne sie aufzuheben.

Art des Verfahrens

Der Wettbewerb wurde als international offener landschaftsplanerischer Ideen-und Realisierungswettbewerb mit anschlie­ßendem Verhandlungsverfahren ausgelobt. Dabei unterteilte sich das Verfahren in zwei Schritte: in den Wettbewerb mit einer städtebaulichen und landschaftsarchitek­tonischen Strukturplanung sowie in das Verhandlungsverfahren mit einem land­schaftsarchitektonischen Entwurf. Ziel des Wettbewerbs waren Strukturpläne, die das Grundgerüst und Basiselemente der Park­landschaft beinhalteten. Das Wettbewerbs­verfahren war bis zum Abschluss der Preis­gerichtssitzung anonym. Zur Teilnahme waren Landschaftsarchitekten in interdiszi­plinären Teams, bestehend aus Landschafts­architekten, Architekten und/oder Stadtpla­nern mit städtebaulicher Ausrichtung sowie Fachleuten auf dem Gebiet der Ressourcen­effizienz, der Verkehrsplanung und der Wasserwirtschaft sowie weiteren Experten berechtigt. Die Preisträger des Wettbewerbs waren die Teilnehmer des anschließenden Verhandlungsverfahrens. Das Team konnte im nachfolgenden Verhandlungsverfahren durch Sonderfachleute und/oder Berater verstärkt werden.

Von den Teilnehmern des Verhandlungsverfah­rens war eine räumliche und landschaftsarchi­tektonische Konkretisierung des jeweiligen Grundgerüsts und der Basiselemente gefordert. So waren weitergehende Aussagen z. B. zum Hauptwegenetz, zur Vegetationsstruktur, zu besonderen Orten oder zu Nutzungs- und Akti­onsfeldern gefragt. In dieser Stufe des Verfah­rens galt es zu zeigen, wie die Parklandschaft des 21. Jahrhunderts Gestalt annehmen kann.

Folgende sechs Büros wurden durch die Jury für die Teilnahme am Verhandlungsverfahren ausgewählt:

• BASE Landschaftsarchitekten, Paris; anOtherArchitect, Berlin

• bbzl böhm benfer zahiri landschaften städtebau, Berlin

• Capatti Staubach Landschaftsarchitekten Berlin; Christoph Mayer, Architekt, Berlin

• GROSS.MAX. Landschaftsarchitektur Edinburgh; Sutherland and Hussey, Architects, Edinburgh

• Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden; Rohdecan Architekten, Dresden

• Topotek1 Landschaftsarchitekten, Berlin; Dürig Architekten, Zürich

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte zur Vorbereitung und Begleitung des Wettbewerbs eine umfangreiche Bürgerbetei­ligung durchführen lassen.

Prozessorientiertes Bürgerbeteiligungsverfahren Parklandschaft Tempelhof

Bürgerumfrage

Fragebögen

Wettbewerbsauslosung

1. Stufe des Wettbewerbsverfahrens

Bürgerbeteiligung vor Ort2. Stufe

Verhandlungsverfahren

Juryentscheidung

Bürgerbeteiligung vor Ort1. Stufe

Fokusgruppen

Bürgerinformationsabend

Internetdialog

36 Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung 37

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38 39 Parklandschaft Tempelhof

Frühzeitige Bürgerbeteiligung

Bürgerbeteiligung in Planungsprozessen hat in Berlin eine lange Tradition. Bei großen und kleinen Projekten spielt sie eine wichtige Rol­le. Zum einen dient sie der Information der jeweils betroffenen Anwohner und Anwoh­nerinnen über in Vorbereitung befindliche Vorhaben, zum anderen qualifizieren die Anre­gungen und Bedenken der sich Beteiligenden das jeweilige Projekt. So lernen alle am Prozess Beteiligten etwas hinzu, die fertigen Projekte gehen nicht an den Bedürfnissen der späteren Nutzer und Nutzerinnen vorbei und die höhere Akzeptanz erhöht die Langlebigkeit insbeson­dere von Freiräumen.

Bei einem so prominenten Projekt wie der Tempelhofer Freiheit ist die Bürgerbeteili­gung besonders wichtig, da das Interesse besonders groß ist und auch sehr viele Berli­ner und Berlinerinnen zukünftig das Gebiet nutzen werden. Deswegen fand eine umfang­reiche Bürgerbeteiligung in mehreren Schrit­ten statt. Die verschiedenen angewandten

Methoden hatten das Ziel, möglichst viele unterschiedliche Bevölkerungsgruppen auch auf unterschiedliche Weise anzusprechen, um jeder ein passendes Angebot zu machen.

Internetdialog 2007 Im Herbst 2007 wurde hinsichtlich der Nachnutzung des Flughafens Tempelhof ein vierwöchiger internetbasierter öffentlicher Dialog durchgeführt. Interessierte waren eingeladen, kurz- und langfristige Ideen zu formulieren und zu diskutieren. Rund 1.400 Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich mit 390 Vorschlägen. Die besten Ideen wurden der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und einem Team aus verschiedenen Fachabtei­lungen der Berliner Senatsverwaltungen vorgestellt, die daraufhin weitere Schritte zur Umsetzung erörterten.

Im Oktober 2009 folgten Bürger und Bürgerinnen der Einladung zur Bürger­beteiligung auf dem Tempelhofer Feld. Bürgerbeteiligung im Wettbewerb

Bürgerumfrage Einen frühen Schritt der Bürgerbeteiligung zur Parklandschaft Tempelhof stellte eine repräsentative schriftliche Bürgerbefragung im Sommer 2009 dar. Dieses Instrument wurde gewählt, um sich ein breites, repräsentatives Bild über die Wünsche und Einstellungen der künftigen Parkbesucher und -besucherinnen zu machen, unabhängig von der Bereitschaft, sich in Diskussionen vor Ort einbringen zu können und zu wollen. Die Anwohner, die einen Fragebogen per Post erhielten, hatten zwei Wochen Zeit, ihn ausgefüllt zurückzu­senden. Im Einzugsbereich des Tempelhofer Feldes wurden 6.000 Fragebögen an per Zufallsprinzip ausgewählte Haushalte ver­schickt. Mit knapp 25 Prozent Rücklauf war die Beteiligung sehr gut. Berlinweit wurden zusätzlich 1.000 Fragebögen verschickt. Hier lag die Rücklaufquote bei 30 Prozent.

Die hohe Zahl der zurückgesendeten Fra­gebögen zeigte, wie groß das Interesse an der Gestaltung der Tempelhofer Freiheit ist.

Zusätzlich zum Versand der Fragebögen wurde zu moderierten Diskussionen in so genannten Fokusgruppen eingeladen. Da Anwohner und Anwohnerinnen mit Migrationshintergrund erfahrungsgemäß wenig an schriftlichen Befragungen teilnehmen, wurde so die Mög­lichkeit geschaffen, sich durch vertiefende Gespräche zu beteiligen. Insgesamt wurden 17 Gruppeninterviews durchgeführt. 138 Per­sonen nahmen daran teil, davon 60 Prozent mit Migrationshintergrund. Gefunden wurden die Teilnehmer über Vereine, religiöse Gemein­schaften, führende Persönlichkeiten einzelner Gemeinschaften oder mit Hilfe des Quartiers­managements.

Ein Großteil der Befragten stufte das Tem­pelhofer Feld als wichtig für Freizeit- und Erholungsnutzungen ein. Die Befragungen ergaben, dass ein Park gewünscht ist, der den Charakter der weiten, offenen Fläche bewahrt. Doch auch Sitzgelegenheiten, kleinere ge­schützte Bereiche, Blumenbeete, Sträucher, Wasserelemente sowie große Rasenflächen wurden gefordert. Auffallend häufig wurde Zuspruch zu besonderen Parkausstattungen wie Teiche, Brunnen, Wasserläufe, besondere Bereiche für den Naturschutz oder Hügel geäußert. Auch waren Bereiche gewünscht, in denen eigenes künstlerisches oder gärtne­risches Gestalten möglich ist.

Bei den Befragungen wurde auch auf die Möglichkeiten des bürgerschaftlichen Enga­gements eingegangen. Annähernd 50 Prozent der Befragten konnten sich vorstellen, sich hin­sichtlich der Gestaltung und Nutzung der Park­landschaft zu engagieren. Das größte Interesse bestand dabei an ehrenamtlichen Baumpaten­schaften und an gärtnerischen Tätigkeiten.

Auf den Fragebögen konnten die Teilnehmer zwischen vier verschiedenen Parktypen wählen, die am ehesten ihren Bedürfnissen entsprechen:

• der Park mit mehreren Baumgruppen (Erhalt der offenen Landschaft, Gliederung durch mehrere „Bauminseln“), • der weite, offene Park (weitgehender

Verzicht auf Pflanzungen im Innenbereich des Parks zugunsten der Weite), • der bewegungsorientierte Park (Schaffung

eines vielfältigen Angebots an Sportmöglich­keiten unter Erhalt der offenen Landschaft), • der akteursorientierte Park (Anlage von

Bereichen, die die Parknutzer selbst gestalten).

Jedes Bild wurde für sich bewertet, nicht im Vergleich mit den anderen. Es konnten jeweils „Schulnoten“ von eins bis sechs verteilt wer­den. Die beste Note erhielt das Bild mit mehre­ren Baumgruppen, gefolgt vom bewegungs­orientierten Park. Die Darstellung mit weniger Bäumen und mehr offenen Flächen lag an drit­ter Stelle, darauf folgte der akteursorientierte Park. Die Version mit mehreren Baumgruppen erhielt die meisten sehr guten und guten Noten und kaum schlechte, während die ande­ren drei Abbildungen den Schwerpunkt bei guten und befriedigenden Noten hatten und auch häufiger als mangelhaft oder ungenü­gend bezeichnet wurden.

Die Auswertung der Fragebögen und die Gespräche mit den Fokusgruppen zeigten deut­lich, dass die Anforderungen an die Gestaltung der Parklandschaft zum Teil widersprüchlich sind. So gibt es zum einen Nutzer, die Ruhe suchen, zum anderen Nutzer, die gern Sport treiben möchten oder „Open Air Festivals“ wünschen. Ziel sollte es somit sein, einen Park zu entwickeln, der es ermöglicht, dass die unterschiedlichen Anforderungen konfliktfrei nebeneinander erfüllt werden können.

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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40 41 Parklandschaft Tempelhof

Bürgerbeteiligung auf dem Tempelhofer Feld Schließlich lud die Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung im Oktober 2009 landesweit zur Bürgerbeteiligung auf dem Tempelhofer Feld ein. Ziel war es, alle Berlinerinnen und Berliner, besonders aber die Anwohner aus den umlie-genden Quartieren in Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg früh-zeitig in die Planungen und die Wettbewerbs-vorbereitungen einzubinden.

1. Stufe Am 3./4. sowie 10./11. Oktober 2009 kamen mehr als 3.500 Besucher dem Aufruf der Ber-liner Senatsverwaltung nach. Am Morgen des 3. Oktober 2009 öffnete sich der Hangar 1 das erste Mal für die Besucher. Durch die beiseite geschobenen schweren Stahltore bot sich den Gästen ein beeindruckender Blick auf das still-gelegte Flugfeld. Unter den riesigen Trägern des frei tragenden Dachs war die vergangene Nutzung noch deutlich spürbar. Der stellen-weise bis zu 18 Meter hohe Raum bot einen würdigen Rahmen für Diskussionen und für die Präsentation des aktuellen Planungs-stands. Der Blick auf die Weite des Flugfeldes und die technische Meisterleistung der Flug-hafen-Architektur ließen keine Zweifel an der Bedeutung einer würdigen Nachnutzung des 300.000 Quadratmeter großen Gebäudes und der dazugehörigen Freiflächen aufkommen.

Beim Betreten des Hangars konnten sich die Besucher zunächst in einer vom Architekten Philipp Meuser konzipierten Ausstellung über die Geschichte des Flughafens informieren. Auch waren die Ergebnisse des Ideenwettbe-werbs für das „Columbia-Quartier“ sowie die Auswertung der vorangegangenen schrift-lichen Bürgerbefragung Teil der Ausstellung. Die Bürgerbeteiligung bot auch die Mög-lichkeit, erstmalig zu Fuß das Gelände des zukünftigen Parks zu erkunden. Die Besucher konnten sich in kleinen Gruppen über das Flugfeld auf die nördliche Start- und Lande-bahn führen lassen. Sie waren beeindruckt von der Weite des Areals, die nun allgemein

als spezifischer Charakter des Ortes empfun-den wurde. Auf den Spaziergängen gab es auch eine Einführung in die Geschichte des Flughafens.

Den ersten Rundgang am 3. Oktober 2009 unternahmen die Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Neben den Spaziergängen wurden kostenlose Bustouren, ebenfalls mit fachkundiger Führung, angeboten. Alle 15 Minuten steuerten die Busse ausgewählte Ziele auf dem Flughafengelände entlang des Taxi-ways an und brachten ihre Fahrgäste zu den besonderen Orten auf dem Gelände.

Neben den informativen Angeboten durch Ausstellungen und Führungen stand der direkte Dialog im Vordergrund der Bürger-beteiligung. Im Werkstatt-Bereich im Hangar 1 standen zahlreiche geschulte Betreuer für Auskünfte, Fragen und das direkte Gespräch bereit. Neben dem Angebot einer TED-Umfrage und der Möglichkeit, eine gekürzte Fassung des Fragebogens ausfüllen zu können, bestand die Gelegenheit, sich über den ausgestellten Masterplan und das weitere Planmaterial auszutauschen. An den Arbeitstischen dieser Tempelhof-Werkstatt entstanden die anschaulichsten Beteiligungen. Jung und Alt hatten die Möglichkeit, mit Stift und Papier selbst kreativ zu werden und eigene Karten und Pläne zu erstellen. Auf großen Skizzenpapieren und auf Karteikarten wurden die Wünsche und Anregungen festgehalten. Im Laufe von zwei Wochenenden füllten sich die dafür bereitgestellten Ausstellungswände reichhaltig. Das Angebot, sich zunächst in Führungen und Ausstellungen zu informieren und später durch aktive Beteiligung und das Erstellen eigener Skizzen und Zeichnungen einzubringen, wurde intensiv genutzt. Über den Plänen ließ sich konkret diskutieren und analysieren, und wer seine Ideen auf den maßstäblichen Planvorlagen niederlegte, erhielt dabei einen guten Eindruck von der Größe des Geländes.

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Park mit Baumgruppen

sehr gut

gut

befriedigend

ausreichend

mangelhaft

ungenügend

40

30

20

10

Weiter, offener Park

sehr gut

gut

befriedigend

ausreichend

mangelhaft

ungenügend

20

10

Bewegungsorientierter Park

sehr gut

gut

befriedigend

ausreichend

mangelhaft

ungenügend

20

10

Akteursorientierter Park

sehr gut

gut

befriedigend

ausreichend

mangelhaft

ungenügend

20

10

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Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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42 43 Parklandschaft Tempelhof

Im Rahmen von Bustouren konnte ein Eindruck von der Dimension der Fläche gewonnen werden.

Diskutieren ließ sich auch vor der schnell anwachsenden Zahl an Schautafeln. Dort wurden die aussagekräftigsten Pläne aus­gestellt. Die Vielfalt an Konzepten reichte in ihrem Spektrum von Bebauungsplänen in formalen schwarz-weiß Grafiken über grafische Flächennutzungspläne bis hin zu bunten Darstellungen riesiger Kinderwelten. Mal realistisch und kleinteilig, mal utopisch und großmaßstäblich – Jung und Alt griffen zu Stift, Farbe und Wachsmaler und schufen ein Potpourri aus insgesamt 72 Ideen für eine neue Parklandschaft. Diese Ideen der Interessierten reichten von Wohnbebauung über Badelandschaften und Gärten bis zu Vorschlägen für Tiergehege und sogar einen Tierpark. Die Ergebnisse waren ebenso viel­schichtig wie die Besucher. Alle faszinierte vor allem die Weite des Geländes inmitten der Stadt. Das Interesse an baldiger Nutzung und zurückhaltender Optimierung war sehr ausgeprägt.

Die verschiedenen Möglichkeiten der Betei­ligung wie die Teilnahme an der TED-Umfra­ge, das Festhalten der persönlichen Ideen und Wünsche auf Karteikarten, das Ausfüllen

eines standardisierten Fragebogens sowie das Anfertigen eigener Skizzen allein oder in Gruppen – auch unter spezieller Anleitung für Kinder – boten ein breites Spektrum, sich in die Debatte um die zukünftige Gestaltung und Entwicklung aktiv einzubringen. Die Auswertung der Beteiligung ermöglichte die Definition unterschiedlicher Kategorien möglicher Nutzungen. So waren über eine TED-Befragung bereits erste Tendenzen sichtbar: Es bestand allgemeiner Konsens, dass ein Park vor allem Ruhe und Entspan­nung bieten soll. Auch die Bereitschaft zur Rücksichtnahme auf Naturschutzziele wie den Schutz der Feldlerche und die Erhaltung historischer Flugfeldelemente teilte die große Mehrheit der Beteiligten. Der Erhalt des umlaufenden Zauns fand ebenfalls eine deutliche Mehrheit. Gespalten war das Ver­hältnis der Berliner hingegen zu anderen Themenpunkten wie beispielsweise großen Events. So fand trotz des Besucherandrangs bei Festivals wie zum Beispiel der Pyromu­sikale nur jeder Dritte der Befragten weitere Festivals und Konzerte auf dem Flugfeld wünschenswert.

Neben dem Naturschutz und dem Erholungs­profil stand auch die Geschichte des Ortes zur Debatte. Vier von fünf Personen stimmten der Aussage zu, dass ihnen die Geschichte des Ortes so wichtig ist, dass sie im Park daran erinnert werden möchten. Der hohe Stellen­wert, den sowohl der Naturschutz als auch die Historie bei den Befragten einnahmen, zeigt deutlich, dass es in der Debatte um die Nachnutzung des Flughafengeländes um mehr als um die Gestaltung einer konventio­nellen Parklandschaft geht.

Ein besonders großes Interesse an der Betei­ligung zeigten Familien mit Kindern. Um mit den Eltern und älteren Kindern in Ruhe

diskutieren zu können, wurden die Jüngeren beim Basteln von Papierfliegern und beim Entwerfen von Parks mit Straßenkreide direkt auf dem Vorfeld des Hangars betreut. Aussagekräftige Ergebnisse brachten auch die „Wunschzettel“, auf denen jeder Besucher seine persönliche Idee für die Gestaltung des Parks an Plakatwänden anbringen konn­te. Hunderte von Botschaften zeugten am Ende der Wochenenden von Wünschen nach Badeseen, Naturlandschaften oder einem gigantischen Solarpark. Daneben fanden sich Unmutsbekundungen zur aktuellen Situation. Besonders Anwohner aus Tempel­hof-Schöneberg, Kreuzberg und Neukölln partizipierten am Meinungsaustausch und brachten in zahlreichen Diskussionen ihre persönlichen Belange und Sorgen um „ihr Stück grünes Berlin“ in die Bürgerbeteili­gung auf dem Tempelhofer Feld ein.

Ein deutliches Stimmungsbarometer ergaben die Fragebögen, die Wünsche und Anregungen der Besucher erfassten. Rund 1.200 dieser Fragebögen wurden während der Beteiligungswochenenden ausgefüllt und anschließend ausgewertet. Im Vergleich zur vorangegangenen Bürgerumfrage zeigte sich deutlich ein Wandel hinsichtlich des gewünschten Parktyps. Erhielt bei der Umfrage in 2009 noch der Park mit mehreren Bauminseln den größten Zuspruch, so wurde nun nach dem Erleben der faszinierenden Größe der Fläche der weite, offene Park bevorzugt. Es stand nun nicht mehr der Wunsch nach kleinteiligen, überschaubaren Räumen im Vordergrund, sondern nach großen Flächen, auf denen man das Stadt­ panorama erleben kann.

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Die Ideen und Wünsche, die an den beiden ersten Oktoberwochenenden 2009 zustande kamen, wurden für die Entwurfsaufgabe

Engagiert nutzten die Teil­nehmer der Bürgerbeteili­gung die Möglichkeit, ihre Ideen und Wünsche einzubringen.

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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44 45 Parklandschaft Tempelhof

Es entstanden zahlreiche vielschichtige Ideen für die neue Parklandschaft.

des landschaftsplanerischen Ideen- und Realisierungswettbewerbs „Parklandschaft Tempelhof“ aufbereitet und bildeten eine der Grundlagen der Wettbewerbsauslobung. Trotz unterschiedlicher Positionen zwischen Kritik an der Schließung, Vorfreude und Neugier auf die Parklandschaft oder Ableh­nung einzelner geplanter Nachnutzungen reagierten besonders die Anwohner der umliegenden Quartiere auf die vorgestell­ten Planungen und Ideen sehr sensibel und begrüßten einstimmig eine stärkere Einbin­dung der Bürgerinnen und Bürger in den weiteren Planungsverlauf.

Öffnung der Tempelhofer Freiheit Unter dem Motto „Bewegungsfreiheit“ wur­de im Mai 2010 das Tempelhofer Feld für alle Berliner und Gäste geöffnet. Über 230.000

Menschen kamen am ersten Wochenende, um die Weite der Fläche zu erleben. Seitdem nutzen täglich ca. 10.000 Menschen das Tempelhofer Feld für Spaziergänge, sport­liche Aktivitäten oder zum Erholen.

2. Stufe Nach der ersten Stufe des zweiphasigen Ideen- und Realisierungswettbewerbs wählte eine Jury Entwürfe von sechs Arbeitsgemeinschaf­ten aus Landschaftsarchitekten, Architekten und Stadtplanern zur weiteren Bearbeitung aus. Auch in dieser Phase des Wettbewerbs gab es eine Bürgerbeteiligung.

Im August 2010 lud die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Interessierte ein, sich über die ausgewählten Entwürfe zu informieren und sich am Dialog zur Gestaltung der Park­landschaft zu beteiligen. Im Bauteil A2 des Flughafengebäudes konnten sich die Besucher direkt mit Vertretern der sechs Teams über die Entwürfe austauschen. Die erneut sehr hohe Anzahl von 2.400 Besuchern zeigte, dass von Seiten der Bürgerinnen und Bürger weiterhin großes Interesse an der Mitgestaltung der „Parklandschaft Tempelhof“ bestand. Da zur Zeit der zweiten Beteiligungsstufe das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof bereits frei zugänglich war und ebenso intensiv wie vielfältig von den Besuchern genutzt wurde, zeigte die hohe Besucherzahl das große spezi­fische Interesse an einer Mitwirkung, über den Neugiereffekt, der sicherlich im Herbst 2009 auch eine Rolle spielte, hinaus.

Im Mittelpunkt der zweiten Stufe der Bür­gerbeteiligung stand neben den Entwürfen ein Meinungsaustausch in zwei Foren mit der Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer, mit Reiner Nagel, Abteilungslei­ter in der Senatsverwaltung, sowie mit den Jury-Vorsitzenden des Wettbewerbs zur „Park­landschaft Tempelhof“ Prof. Dr. Andreas Kipar und Prof. Undine Giseke.

In den Foren nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit, ihre Anregungen und Fragen an die Vertreter der Senatsverwaltung und die Jury-Vorsitzenden des Wettbewerbs zu richten.

Teilweise kritisch und zumeist konstruktiv wurden die Diskussionen geführt. Grundlage dafür waren die qualifizierten Entwürfe aller Büros sowie die persönlichen Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger durch die Nutzung des Tempelhofer Feldes. Es wurden vor allem die Themen Wasserflächen, Internationale Gartenausstellung IGA 2017 sowie Sport- und Spielflächen diskutiert. Die städtebauliche Entwicklung auf dem Tempelhofer Feld war ein weiteres Schwerpunkthema. Viele Bürger befürchteten, dass eine Bebauung der Rand­bereiche die Weite der Fläche beeinträchtigt und dass Sichtachsen verbaut werden wür­den. Aber auch die Berücksichtigung von Denkmal- und Naturschutz und immer wie­der der Charakter der Weite waren wichtige Gesprächsinhalte. Von allen Seiten wurde die Vernetzung des Tempelhofer Feldes thema­tisiert und die verbesserte Anbindung unter Berücksichtigung von Interessen älterer Men­schen angesprochen. Starke positive Resonanz fanden Beiträge zu urbaner Landwirtschaft und Maßnahmen zur Gewinnung erneuerbarer Energien. Forderungen waren umfassendere Angebote für (sozial benachteiligte) Kinder und Jugendliche sowie mehr Partizipation am Planungsprozess.

Zu den sechs ausgewählten Entwürfen

Die Besucher konnten sich nach dem Betreten der Ausstellungsräume auf einem begehbaren Modell der Struktur des ehemaligen Flughafen­geländes nähern und anschließend direkt mit den Landschaftsarchitekten und Architekten der sechs ausgewählten Arbeitsgemeinschaften ins Gespräch kommen. Auf großen Tafeln prä­sentierten die Planungsbüros die in der ersten Wettbewerbsstufe eingereichten Entwürfe. Dabei stand jedem Team ein fachkundiger Protokollant zur Seite, der die Anregungen und Ideen aus dem Dialog zwischen Planern und Interessierten dokumentierte. Die Protokolle wurden den Arbeitsgemeinschaften für die weitere Bearbeitung ihrer Entwürfe im nachfol­genden Verhandlungsverfahren übergeben.

Auch die 2. Stufe der Bürgerbeteiligung im August 2010 lockte zahlreiche Besucher an.

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Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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46 47 Parklandschaft Tempelhof

BASE Landschaftsarchitekten, Paris; anOtherArchitect, Berlin Das Büro entwickelte einen „AIRpark“, in dem sowohl die ökologische als auch die soziale und ökonomische Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielt. Wesentliche Gestaltungselemente sind erhöhte Plattformen, Aussichtsboxen und Spieltürme. Sie inszenieren die faszinierende Weite der Fläche.

Zwischen der umliegenden Bebauung und dem Park sehen die Landschaftsarchitekten teilweise den Anbau von Biomasse vor. Es entsteht eine so genannte „semipermeable Zone“. Diese Zone ist sowohl mit einem „Leisure-Bereich“, in dem neue Parkstrukturen situiert sind, als auch mit einem „Natur-Bereich“ verbunden. Besondere Gestaltungselemente sind Wasserflächen: eine Wasserfläche mit städtischer Promenade entlang der nördlichen Landebahn sowie natur­nahe Feuchtbiotope. Die Weite der Fläche bleibt durch tiefer gelegene Gärten erhalten.

Die Landschaftsarchitekten verstehen den „AIRpark“ als Experimentierfeld für neue Technologien. „Eine Partizipation an Pro­jekten wird durch ein innovatives System von selbstverwalteten Satelliten gefördert“, so die Planer. Mit einem „WEB 2.0 voting Mechanismus“ hat jeder Interessent die Möglichkeit, sein Projekt für einen der „Satelliten“ zu präsentieren. Die breite Öffentlichkeit entscheidet dann über die Verwirklichung.

Die Energieerzeugung durch z. B. Biomasse, Photovoltaik und Windkraft ist ein Mehrwert für die Nutzung des Parks. So sieht das Kon­zept z. B. eine Nutzung des Grauwasser aus dem Park und der umgebenden Bebauung vor, indem es über Schilffelder aufbereitet, in Zisternen gespeichert und wieder als Grauwasser für die Haushalte und zur Park­bewässerung eingesetzt wird.

Aus dem Juryurteil: „Der Entwurf präsentiert eine prägnante Strategie für das weitläufige Tempelhofer Feld. Sämtliche Nutzungsvor­stellungen werden auf annähernd gleich großen, grünen Inseln mit pittoresken Gebäuden unterschiedlicher Dimension verteilt. Angeboten wird eine prozess­orientierte und Aspekte der Nachhaltigkeit thematisierende Entwurfsstrategie.“

Im Entwurf des Büros BASE Landschaftsar­chitekten war es vor allem die Kombination aus Sport und urbaner Landwirtschaft, die von den Besuchern der Bürgerbeteiligung als positiv empfunden wurde. Diskussionen gab es jedoch hinsichtlich der Verortung der Wasserflächen. Während die einen den Kanal entlang der Landebahn als Aufwertung empfanden, kritisierten andere, dass die Wasserstraße die Fläche der Parklandschaft zu stark zerschneidet.

Der „AIRpark“ ist eine Platt­form, die spielerisch auf­zeigt, wie nachhaltiges städtisches Leben in Zukunft aussehen kann.

bbzl böhm benfer zahiri landschaften städtebau, Berlin Der Entwurf entwickelt unter dem Thema

„Maßstab und Weite“ den eigenständigen Cha­rakter des Ortes. Dabei entsteht in der Mitte des Areals ein weitgehend offener Wiesen­raum, während sich intensivere Parkbereiche an den Rändern konzentrieren. Innerhalb des

„Wiesenmeers“ befinden sich so genannte Pon­tons, die zu Orten mit besonderen Atmosphä­ren entwickelt werden. Gefasst wird der offene Wiesenraum durch unterschiedliche Gestal­tungselemente wie Wegebänder, Stege, Platz­flächen und Vegetationsstrukturen. Die räum­liche Ausformulierung ergibt sich dabei aus der baulichen und sozialen Struktur des jeweils angrenzenden Stadtgebiets. Die Park­struktur ist in Anlehnung an die Stadtstruktur orthogonal gegliedert. Baumbegleitende Piers gliedern die Nutzungen.

Aus dem Juryurteil: „Die von den Landschafts­architekten gewählten gestalterischen The­men „Archipel“, „Urban Piers“ und „Küstenlinie“ schaffen eine Setzung von hoher gestalte­rischer Qualität. Es entsteht ein spannungs­voller Dialog zwischen der Weite der Fläche und den kleinräumigen Strukturen in den Randbereichen.“

Zahlreiche Besucher der Bürgerbeteiligung waren der Meinung, dass im Entwurf des Büros bbzl die Interpretation der Wiesen­landschaft gelungen ist. Hingegen wurden die geplanten Gestaltungselemente stark diskutiert.

Ziel des Entwurfs ist es, den Charakter des Areals zu erhalten, die Vielfalt zu ergänzen, eine Verbindung zum Umfeld herzustellen sowie variable Ansprüche zu steuern.

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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48 49 Parklandschaft Tempelhof

Der zentrale leere Raum wird zum Struktur bestim­menden Merkmal des Entwurfs. Im Norden sind intensivere Nutzungen vorgesehen.

Capatti Staubach Landschaftsarchitekten, Berlin; Christoph Mayer, Architekt, Berlin Zentrales Leitthema des Entwurfs ist die Bestimmung und strukturelle Wertung von so genannten Ankerpunkten. Dabei wird die zen­trale leere Fläche zum Struktur bestimmenden Merkmal. Die innere Parklandschaft wird in drei Zonen gegliedert: in einen Landschafts­park, in den zwischen den Landebahnen liegenden Naturpark sowie in den im Süden befindlichen Agrarpark.

Das Konzept sieht vor, den Naturpark dauerhaft von aktiven Freizeitnutzungen freizuhalten. Eine Begehbarkeit würde durch Abgrabungen und lineare Pflanzungen nur eingeschränkt möglich sein. Hingegen erhält der Landschaftspark im Norden eine topo­graphische Überhöhung in Form eines 25 Meter hohen Aussichtsbergs. Eine Nutzung ganz anderer Art erhält der Agrarpark. Hier soll auf einem Teil der Fläche eine Schnellum­triebsplantage zur Produktion von Biomasse entstehen.

Aus dem Juryurteil: „Der Entwurf zeichnet sich vor allem durch die Gliederung in drei unter­schiedliche Parkbereiche aus, die gestalterisch sensibel akzentuiert werden. Ein an die nörd­liche Landebahn angelagertes ‚Aktivband’ lässt zahlreiche verschiedene Nutzungen wie z. B. Sport oder Pioniernutzungen zu. Retentions­flächen werden als erlebbare und inszenierte Flächen in der Nähe der zu erwartenden dichten Bebauung integriert. Das Wasser der Retentionsbecken soll dem Regen- und Brauch­wassermanagement der Baufelder dienen.“

Für die Teilnehmer der Bürgerbeteiligung war vor allem der Agrarpark von großem Interesse. Hinterfragt wurden sowohl die Funktionen als auch die Nutzungen dieses Parkbereichs.

GROSS.MAX. Landschaftsarchitektur, Edin­burgh; Sutherland and Hussey, Architects, Edinburgh „Berlin braucht keinen weiteren Park, und doch gibt es hier eine städtische Freifläche, die verzweifelt nach einem Programm sucht. Wir finden den Vergleich mit Orten, die in eng­lischen Städten als Green, Heath oder Com­mon beschrieben werden, also den Gedanken einer Allmende, und die in der Regel sehr große Fläche der Leere als Gegenpol zur engen Stadt umfassen, sehr angebracht“. (GROSS.MAX.)

Aus dem Juryurteil: „Das Preisgericht würdigt den andersartigen Zugang zur Themenstel­lung und die großzügigen und innovativen Aspekte der Arbeit, die einen wertvollen Diskussionsbeitrag darstellt.“

In den Gesprächen zwischen Bürgerinnen und Bürgern mit den Landschaftsarchitekten des Büros GROSS.MAX. wurde deutlich, dass vor allem die Definition des Raums, also die Einteilung in bepflanzte Fläche und Freiflä­che, großen Zuspruch fand. Der Ansatz der Planer, naturnahe Bereiche zu inszenieren und zu verbessern, statt konventionelle Grün­flächen anzulegen, ist ebenfalls ein Aspekt, der als positiv bewertet wurde. Kritik gab es hinsichtlich der Pflanzung von Bäumen in unmittelbarer Nähe des Flughafengebäudes. Stattdessen wurde der Erhalt der Weite der Fläche gefordert.

Durch überlagernde Kreise und Ellipsen entstehen verschiedene Flächen­zuschnitte, die durch unterschiedliche Vegetation räumlich ablesbar werden.

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Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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50 51 Parklandschaft Tempelhof

Grundlage der planerischen Überlegungen war die Offenheit von Tempelhof sowohl als Raum als auch als Prozess. Dabei besteht eine enge Verzahnung zwischen der Parklandschaft und den Baugebieten.

Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden; Rohdecan Architekten, Dresden Die Landschaftsarchitekten verstehen ihren Park als einen wie in einem Asteroidengürtel um die freie Mitte rotierenden Endlospark. Dabei wird die freie Wiesenflur weitgehend offen gehalten. Der Entwurf sieht drei Zonie­rungen vor: im Inneren des ehemaligen Flugfeldes eine großräumige naturbelassene Wiesenfläche, eine mittlere Zone, in der ent­lang von Wegebändern mit angelagerten Nut­zungen eine umlaufende Verdichtungszone entsteht sowie eine Zone mit den geplanten Stadtquartieren, die mit Zwischennutzungen belegt wird. Dabei werden die vorhandenen historischen Strukturen weitgehend bewahrt und ergänzt. Eine besondere Akzentuierung erfährt der Bereich des „Alten Hafens“. Der vorhandene Baumbestand wird ergänzt. Ein großes Holzdeck nimmt die Form des alten Flughafens aus den 1920er Jahren auf.

Aus dem Juryurteil: „Die Leitidee des Entwurfs ist die Offenhaltung des inneren Flugfeldes. Der Entwurf bietet für Akteure verschiedene Nutzungs- und Beteiligungsangebote. Hervorzuheben sind auch die Ringwege mit unterschiedlichen Hartbelägen, wodurch verschiedene Geschwindigkeiten erlebt werden können.“

Die Besucher der Bürgerbeteiligung waren ebenso wie die Jury der Meinung, dass das Wegenetz eine wesentliche Qualität des Ent­wurfs darstellt. Nach Meinung der Teilnehmer schafft der Entwurf des Teams Identifikationen der Parkbesucher mit den Inhalten des Parks.

Topotek 1 Landschaftsarchitekten, Berlin; Dürig Architekten, Zürich Ziel der Landschaftsarchitekten von Topotek 1 ist es, den Park in seinem derzeitigen Zustand zu bewahren und nur durch kleine Eingriffe die Qualität des Ortes zu verstärken und Nut­zungen zu aktivieren. Der Park wird zu einem „landschaftlichen Stadtmeer“ entwickelt, in dem Baumarchipele die Weite der Fläche besonders erfahrbar machen.

Der Park wird hauptsächlich durch drei Ele­mente bestimmt: Baumgruppen werden in die offene Wiese gesetzt, ein verzweigtes Wegenetz spannt sich durch die innere Parklandschaft und große kreuzförmige Elemente, so genannte „Reseau Kreuze“, liegen im Raster verteilt als „Hubs“ in der Wiese. Nutzungsangebote wie Spielplätze, Gastronomie oder Hundeauslauf sind an den Rändern der inneren Parklandschaft sowie unter den Baumgruppen verortet.

Die „Archipele“ erinnern mit ihrer Bepflanzung mit Birken, Kiefern und Eichen an die Branden­burger Landschaft. Die Baumgruppen lassen geschützte Orte entstehen. Die von Topotek 1 konzipierten so genannten „Flugwege“ sind nach dem „Delaney-Algorithmus“, einer Navigationsstrategie in der Luftfahrt, entwi­ckelte „triangulierte“ Wegeverbindungen, die einen „Raum ohne Hindernisse“ erzeugen. Die „Hubs“ (Knotenpunkte) sind 50 Meter lange, kreuzförmige Möbel für z. B. Veranstal­tungen oder zum Ausruhen.

Im Süden der inneren Parklandschaft sind Flä­chen für Biotope und urbane Landwirtschaft vorgesehen. Auch ein Regenwasserrückhalte­becken ist als Feuchtbiotop Teil des Konzeptes. Der Entwurf schlägt weiterhin vor, dass 45 Hektar der Parklandschaft als „Naturreservat“ (Biotope) inklusive Vogelbeobachtungsturm ausgewiesen werden.

Aus dem Juryurteil: „Das aus dem Bestand entwickelte Bild der städtischen Savanne ist ein tragfähiger Ansatz des Entwurfskonzeptes. Durch nur geringe Eingriffe erfolgt eine sen­sible Neucodierung des Raums. Durch punk­

tuelle Interventionen ist ein pflegeextensives Konzept entstanden, das räumlich-atmosphä­rische Potenziale beinhaltet und eine prozes­suale Entwicklung des Geländes ermöglicht.“

Hinsichtlich der von Topotek 1 vorgeschla­genen prozessualen Entwicklung des Geländes beurteilten die Bürgerinnen und Bürger vor allem die phasenweise Entwicklung der Wege anhand der Entstehung von Trampelpfaden als äußerst positiv und effizient.

Die Landschaftsarchitekten des Büros Topotek 1 lassen das Flugfeld zur Stadtsa­vanne werden, die durch Baumarchipele die flache Weite des Ortes in seinen Dimensionen erfahrbarer macht.

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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52 53 Parklandschaft Tempelhof

Ergebnisse der zweistufigen Bürgerbeteiligung

Die durchgeführten Stufen der Bürgerbetei­ligung ermöglichten zahlreiche positive Ergebnisse der Zusammenarbeit der pla­nenden Behörden mit den am Wettbewerb beteiligten Fachplanern und den interessier­ten Bürgerinnen und Bürgern. Die frühzei­tige Beteiligung durch repräsentative Umfra­gen, die unterschiedlichen Beteiligungsan­gebote mit Ausstellungen, Touren, TED-Umfrage, direkten Gesprächen und von den Bürgern angefertigten Skizzen bildeten den Grundstein einer breiten und einfach zugänglichen Beteiligung an der Entwick­lung des ehemaligen Flughafens Tempelhof zum Park auf dem Tempelhofer Feld.

Die Bürgerbeteiligungen, die Implementie­rung von Pioniernutzungen als Experimentier­raum für mögliche nachfolgende und dauer­hafte Nutzungen sowie die mehrfache Nutz­barkeit von Räumen und die Integration von Teilöffentlichkeiten in die zukünftige Parkland­schaft sind Bestandteil der prozessualen Ent­wicklung der „Parklandschaft Tempelhof“. Vor allem die zweite Stufe der Beteiligung in der Mitte des Verfahrens stellte einen relativ neuen Schritt in der Durchführung von Beteiligungen dar. Hier wurde Bürgerbeteiligung zu einem den Entwurfsprozess unmittelbar begleiten­den Element, was neben den Bürgerinnen und Bürgern auch die Landschaftsarchitekten trotz anfänglicher Skepsis zu schätzen wussten.

Beteiligung erweist sich anhand des Beispiels „Parklandschaft Tempelhof“ nicht nur quanti­tativ, durch die Menge der teilnehmenden Bür­gerinnen und Bürger, sondern auch qualitativ als wesentliche Grundlage und aktivierender Bestandteil einer Planungs- und Baukultur, da ein Dialog stattfindet, der intensiv in beide Richtungen wirkt. Sowohl Planer wie Bürger entwickeln Verständnis für die Vorstellungen des Gegenübers. Nicht nur die Entwurfsverfas­ser lernen die Wünsche der Parklandschafts­nutzer kennen, auch die Bürger und Bürge­rinnen erwerben mehr Verständnis für Ent­wurfsideen und planerische Erfordernisse. Neben der bereits stattfindenden aktiven Aneignung des Areals liegt hierin eine Grund­lage für die hohe Akzeptanz der bisherigen Planungen für die Parklandschaft Tempelhof.

Die faszinierende Weite der Landebahnen.

Bürgerinformationsabend

Nachdem die Jury im April 2011 den Entwurf des Büros GROSS.MAX. Landschaftsarchitekten aus Großbritannien zur Realisierung empfoh­len hatte, wurde das Siegerkonzept den inte­ressierten Anwohnern präsentiert. Dazu lud die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abermals in das Bauteil A2 des Flughafenge­bäudes ein. An dem Bürgerinformationsabend am 2. Mai 2011 nahmen mehr als 300 Bürge­rinnen und Bürger teil.

Eingeleitet wurde der Abend mit einführenden Vorträgen von Vertretern der Senatsverwal­tung für Stadtentwicklung, der Grün Berlin GmbH sowie dem Vorsitzenden der Jury. Anschließend präsentierten Eelco Hooftmann und Daniel Reiser vom Büro GROSS.MAX. ihren Entwurf. Die Teilnehmer der Veranstaltung konnten sich in Diskussionen einbringen und ihre Kritik äußern. Inhaltliche Schwerpunkte waren hierbei vor allem die Themen „Geschich­te des Ortes“, „Randbebauung“, „Nutzung und Gestaltung der Parklandschaft“ sowie die Finanzierung des Vorhabens.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion standen sowohl die Referenten als auch die Vertreter des Büros GROSS.MAX. für weitere Gespräche zur Verfügung, was von den Teilnehmern intensiv genutzt wurde.

Im Mai 2011 wurde der Siegerentwurf von GROSS.MAx. der Öffentlichkeit präsentiert.

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Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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Das Konzept von GROSS. MAx. bietet ein großes Potenzial für ein innovatives neues Parkbild.

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Juryurteil

Ziel war es, den im Zuge des anschließenden Verhandlungsverfahrens ausgewählten Verfasser mit der Realisierung relevanter Teile der Parklandschaft Tempelhof zu beauftragen. In vier Kolloquien besprach das Beratungsgremium, die vorherige Jury, die jeweiligen Arbeiten mit den einzelnen Büros. Mit jedem Team wurde einzeln gesprochen, so dass die verschiedenen Teams keinen Ein­

blick in die Arbeiten der anderen Teilnehmer hatten. In diesem intensiven Arbeits- und Diskussionsprozess wurden die Arbeiten im Dialog weiter entwickelt und an die Erfordernisse für diesen Ort angepasst. Nach einer ersten Entscheidungssitzung im Januar 2011 wurde mit zwei Büros weiter verhandelt und schließlich im April 2011 eine abschließende Entscheidung getroffen. Das Beratungsgremium aus Fachleuten, Politik und Verwaltung entschied sich einstimmig für den von GROSS.MAX. Landschaftsarchi­tekten, Edinburgh, und Sutherland Hussey Architekten, Edinburgh, vorgelegten Ent­wurf. Nach Meinung der Jury wird der Entwurf den Erwartungen, die an diesen geschichtsträchtigen Ort gerichtet werden, auf besondere Weise gerecht:

„Die herausragende Qualität des Entwurfs-konzepts liegt in der sehr klaren Leitidee, die sich aus einer intensiven Auseinander-setzung mit der städtebaulichen Figur und Maßstäblichkeit des Flughafengebäudes und des weitläufigen Geländes entwickelt hat. Es eröffnet sich die Chance, den Ort ganz neu zu interpretieren, ihm eine neue, starke Identität von überregionaler Ausstrahlungs-kraft zu geben und die Monumentalität des Flughafengebäudes zu relativieren, ihm aber dennoch gerecht zu werden.

Dem Entwurf gelingt es, mit großer Leich-tigkeit und wie selbstverständlich das Flug-hafengebäude und die ehemaligen Lande-bahnen in die Parklandschaft zu integrieren. Damit wird der Ort von der Last des Gebäu-des, räumlich und historisch, befreit. Das Gebäude wird mit leichter Geste in den Park einbezogen, gleichzeitig verankert es die Parklandschaft in der bestehenden Stadt-struktur. Das Konzept beinhaltet ein großes Potenzial für ein innovatives neues Parkbild und neue, auch wirtschaftliche, Nutzungen des Ortes. Mit dem Entwurf gelingt es, einen

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neuen Park mit hohem Nutzwert zu gestal-ten und gleichzeitig den Charakter des Flughafens zu erhalten.

Der Entwurf geht sehr spezifisch auf den Ort ein, er greift die Einmaligkeit des Areals auf und steigert sie noch. Er ist nur auf dem Tempelhofer Feld denkbar und damit unverwechselbar.

Hervorzuheben ist auch die bis weit in die Stadt reichende Auseinandersetzung bezüg-lich der städtebaulichen und freiraumpla-nerischen Vernetzung. Der Entwurf wird der Bedeutung des Ortes für die Gesamtstadt gerecht und vernetzt sich zugleich mit den Strukturen der Nachbarschaften. Das siegreiche Konzept bietet eine gute Voraussetzung für die Umsetzung der IGA und nutzt sie klug als Katalysator für die Realisierung der Parklandschaft. Es werden prägnante Bilder für den Ort erzeugt, die 2017 internationale Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. Es wird herausgearbeitet, dass die IGA ein wichtiger Baustein für die stufenweise Entwicklung des Parks ist.

Die IGA ist damit in den Prozess eingebun­den und fördert ihn. Mit diesem Entwurf kann eine neue Dimension einer nachhal­tigen IGA erreicht werden.

Es gelingt eine atmosphärische Inwertset-zung des Ortes. Das strategisch sehr durch­dachte Entwurfskonzept enthält unkonven-tionelle, interessante Aspekte. Im Ergebnis wird eine robuste Struktur angeboten, die auch ein großes Potenzial für mögliche kommerzielle Nutzungen bietet.“

Der Charakter des Flug­ hafens bleibt erhalten.

Wettbewerbsverfahren und Bürgerbeteiligung

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Die 386 Hektar große Fläche bietet Möglich­keiten für zahlreiche Nutzungen. Vom Flughafen Tempelhof

zur neuen Parklandschaft Kein anderer Standort in Berlin findet in seiner städtebaulichen und landschaftsarchitekto­nischen Entwicklung ein so starkes öffentliches Interesse wie das ehemalige Tempelhofer Flugfeld, die heutige Tempelhofer Freiheit. Von Anfang an war die Nachnutzung des ehema­ligen Flughafens Gegenstand einer intensiven und teilweise sehr emotional geführten öffent­lichen Debatte. Während die einen noch für eine Weiternutzung als Flughafen plädierten, diskutierten andere schon früh die Zukunfts­perspektiven.

Am 28. Mai 1996 wurde die Schließung der Flughäfen Tempelhof und Tegel gemeinsam von der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern Berlin und Brandenburg beschlossen. Diese Entscheidung ist die Konsequenz des Ausbaus des Flughafens Berlin-Schönefeld zum Flughafen „Berlin International Willy Brandt“ als einzigem Verkehrsflughafen in der Region. Festgesetzt wurde die Schließung des Flughafens Tempelhof für das Jahr 2008. Die Entwicklung von Konzepten begann jedoch schon Jahre zuvor. In mehreren Schrit­ten entwickelten sich die Planungen zur Nachnutzung.

Grundlage der heutigen Entwicklung ist der Masterplan der Landschaftsarchitekten Kienast Vogt Partner aus Zürich sowie des Berliner Architekten Bernd Albers für das Areal des Flughafens Tempelhof aus dem Jahr 1998. Schon damals stand fest, dass ein großer Park, das so genannte „Wiesenmeer“, zentrales Element der 386 Hektar großen Fläche werden wird.

Die 386 Hektar große Freifläche und eines der größten Gebäude der Welt in zentraler Lage als Potenziale für neue Nutzungen sind eine einzigartige Chance, die Berlin mit dem Ende des Flugbetriebs in Tempelhof erhielt. Es gilt, sie wohlüberlegt zu nutzen.

Vom Flughafen zur Parklandschaft

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Historische Entwicklung

Das Tempelhofer Feld blickt auf eine bewegte und beeindruckende Historie zurück: Land­wirtschaftsfläche, kaiserlicher Paradeplatz, Exerzierfeld und Ausflugsort, Pferderennbahn und Ort für frühe Flugversuche, Versamm­lungsstätte und ab 1922 der Bau des Flugha­fens. Namensgebend für das Feld waren die Tempelritter, die im 14. Jahrhundert im Dorf Alt-Tempelhof ihren Sitz hatten und von dort aus das Tempelhofer Feld bewirtschafteten.

Nach Jahrhunderten als Landwirtschaftsfläche und seit dem 19. Jahrhundert auch als Exer­zier- und Festplatz wurde 1923 auf dem Tem­pelhofer Feld nach einjähriger Bautätigkeit der „Flughafen Berlin“ als erster Verkehrsflughafen der Welt eröffnet. Ab 1926 erfolgte der Bau eines neuen Empfangsgebäudes. Das heutige Flughafengebäude stammt aus der Zeit des Nationalsozialismus. Der vergrößerte Flugha­fen sollte mit seinen neuen Bauwerken als zen­trales europäisches Luftkreuz den Mittelpunkt des Weltflugverkehrs bilden.

Die heutige Anlage geht auf den 1934 begon­nenen Bau für den Großflughafen Tempel­hof nach Plänen Ernst Sagebiels zurück. Das monumentale Gebäude nordwestlich der Vorläuferbauten richtete sich axial auf das Kreuzbergdenkmal aus und öffnete sich nach Südosten halbkreisförmig zum Flugfeld. Nach 18 Monaten war der Rohbau fertig gestellt. Vom größten Flughafen der Welt mit einer Kapazität von sechs Millionen Passagieren bra­chen die ersten Fluggäste zu internationalen Zielen auf. Der Beginn des Krieges 1939 und schließlich das Einstellen der Bauarbeiten 1943 verhinderten die Fertigstellung.

Die mit Muschelkalkplatten verkleidete Stadt­seite des Gebäudes wird durch massige, im Abstand von 70 Metern angeordnete Treppen­türme gegliedert. Die Treppentürme waren nicht nur für die Erschließung der Büroräume angedacht, sondern auch für die der Tribünen auf dem Dach. Hier sollten bis zu 100.000 Zuschauer die Flugschauen und Paraden der Luftwaffe beobachten können. Das Empfangs­gebäude leitet zum 1,3 Kilometer langen Flug­steig- und Wartungstrakt über, der als Bogen­segment das elliptische Flugfeld begrenzt. In der Mitte befindet sich der zum Flugfeld geöff­

nete Flugsteig. Daran schließen sich auf bei­den Seiten Flugzeughangars an. Alles wird von einer weit auskragenden Stahlkonstruktion überdacht. Die Konstruktion mit 40 Meter lan­gen Kragarmen gilt als technische Meisterlei­stung. Unter dem Dach des Flugsteigs stiegen die Passagiere in die bereitstehenden Flug­zeuge. Die seitlich anschließenden Hangars bestehen aus einem hinteren Büro- und Werk­stattflügel und dem vorgelagerten Wartungs­bereich. Die zum Flugfeld gerichteten Fronten können durch elektrisch betriebene Tore ver­schlossen werden.

Während des Krieges blieben die damals neu­en Gebäudeanlagen und Hangars vom alliier­ten Bombardement weitgehend verschont, während der Bau aus den 1920er Jahren, der weiterhin als Flughafen gedient hatte, weitge­hend zerstört wurde. Im Gebäude wurden während des Zweiten Weltkrieges durch Zwangsarbeiter Flugzeuge hergestellt. Die Zwangsarbeiter wurden in Baracken in der Nähe des Gebäudes untergebracht. Zur Zeit wird nach Spuren dieser Anlagen gesucht. Sie sollen in die Planung miteinbezogen werden. Der Flughafen Tempelhof wurde nach Kriegs­ende zum Stützpunkt der amerikanischen Alli­ierten. Während der Berlin-Blockade 1948/49 war der Flughafen das Zentrum der Luftbrücke und wurde so zum Symbol für den Freiheits- und Widerstandswillen der Westberliner Bevöl­kerung. Daraus entstand eine enge emotionale Bindung an den Flughafen, der bei vielen Westberlinern die Nachteile eines innerstäd­tischen Flughafens überwog. Ab 1950 wurde der zivile Flugbetrieb wieder aufgenommen. Durch die Teilung Deutschlands gewann der Luftweg nach West-Berlin immer mehr an Bedeutung, der Flughafen Tempelhof stieß schon in den 1960er Jahren an seine Kapazi­tätsgrenze. Nach der Eröffnung des Flughafens Tegel wurde Tempelhof 1975 für den zivilen Luftverkehr vorübergehend geschlossen und erst in den 1980er Jahren für kleinere Passa­giermaschinen wieder geöffnet.

Seit der Übergabe des bis 1993 vom US-ameri­kanischen Militär genutzten Gebäudes stehen viele Bereiche der Anlage leer. 1996 wurde im Konsensbeschluss der Bundesländer Berlin und Brandenburg sowie des Bundes, mit dem

Militärische Parade zu Ehren des deutschen Kaisers, 1890.

Der Flughafen Berlin-Tempelhof, 1935.

Eine Douglas C-54 Skymaster landet in Tempelhof, 1948

der Ausbau des Flughafens Schönefeld beschlossen wurde, die Schließung des Flug­hafens Tempelhof politisch verabredet. Mit einem Volksentscheid versuchte die Interes­sengemeinschaft City Airport Tempelhof 2008 eine Schließung zu verhindern. Da aber weni­ger als 25 Prozent der Berliner ihre Stimme abgaben, scheiterte die Abstimmung und der Flughafen Tempelhof wurde am 31. Oktober 2008 planmäßig geschlossen. Ohnehin hätte der Volksentscheid den Staatsvertrag nicht aufheben können. Anschließend führte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Maß­nahmen zur Sicherung des Geländes durch. Seit dem 8. Mai 2010 ist das ehemalige Flug­feld für alle geöffnet. Schritt für Schritt ent­steht nun die neue Parklandschaft.

Einst das Tor zur Freiheit: Eine PanAm-Maschinie des Typs DC-7, 1958.

Vom Flughafen zur Parklandschaft

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Stadträumliche Einordnung

Das Tempelhofer Flugfeld ist in der südlichen Berliner Innenstadt innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings gelegen. Sowohl die inner­städtischen Fernbahnhöfe als auch das Parla­ments- und Regierungsviertel sind ca. vier Kilometer entfernt. Die Distanz zum neuen Großflughafen „Berlin International Willy Brandt“ beträgt ca. zwölf Kilometer.

Die angrenzende Bebauung der Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln im Norden und Osten des Flughafengeländes wird bestimmt durch Blockstrukturen der Gründerzeit. Deutlich anders hingegen zeigt sich das westlich angrenzende Neu-Tempelhof aus den 1920er Jahren mit einer gartenstadt­ähnlichen Siedlungsstruktur. Die südlich angrenzenden Quartiere Tempelhofs sind zum Teil gewerblich und zum Teil durch weniger dichte Blockrandbebauung geprägt.

Für die Bewohner der angrenzenden Wohn­quartiere waren bisher der Viktoriapark in Kreuzberg, die Hasenheide, die Friedhöfe am Columbiadamm und der Britzer Garten in Neukölln sowie die angrenzenden Klein­garten- und Sportanlagen als Freianlagen von Bedeutung.

Aus sozio-kultureller Sicht unterscheiden sich die angrenzenden Quartiere deutlich. So wer­den das Quartier um den Chamissoplatz, der mit seiner Gründerzeitbebauung zu den schönsten Plätzen Berlins zählt, und die Berg­mannstraße aufgrund einladender Cafés, Restaurants und kleiner Läden von zahlreichen Touristen besucht. Die Neuköllner Wohnquar­tiere sind durch einen hohen Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund geprägt. Viele der dortigen Anwohner ver­fügen nur über ein geringes Einkommen.

Im Osten grenzt das Neuköllner Quartier Schillerpromenade an die zukünftige Park­landschaft Tempelhof. Es ist durch eine homo­gene, aus der Jahrhundertwende und aus den zwanziger Jahren stammende Bausubstanz sowie die grüngeprägte, 50 Meter breite Schiller-promenade gekennzeichnet.

Zahlreiche der an das Flugfeld angrenzenden Kieze werden von einem Quartiersmanage­ment betreut. Beim Quartiersmanagement handelt es sich um ein seit 1999 in Berlin ver­wandtes Instrument der Stadtentwicklung, das in Quartieren mit Problemlagen eingesetzt wird. Ziel des Quartiersmanagements ist es, Potenziale durch die Aktivierung der Bewoh­ner und Gewerbetreibenden zu nutzen, um das Quartier attraktiver und somit lebens­werter zu gestalten.

Das südlich angrenzende Gewerbegebiet wird unter anderem durch Industriedenkmale wie das Fabrikgebäude von Gillette und das Ullsteingebäude charakterisiert.

Die „Gartenstadt Neu-Tempelhof“ verfügt über eine ausgeprägt hohe Wohnqualität. Sie weist mit privaten Gärten und zahlreichen kleineren Plätzen und Parkanlagen eine besonders hohe Attraktivität auf. Das Quartier zählt zu den gefragtesten Wohnlagen im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg.

Stadträumliche Verflech­tungen und Anbindungen: Die weißen Pfeile zeigen mittel- bis langfristig vor­gesehene Verbindungen.

Klimaökologische Funktionen

Die Freiflächen des ehemaligen Tempelhofer Flughafens werden im Berliner Umweltatlas, in dem Belastungsschwerpunkte, aber auch vor­handene Qualitäten und Entwicklungspotenzi­ale für die Bereiche Boden, Wasser, Luft, Klima, Flächennutzung, Verkehr, Lärm und Energie dargestellt werden, als Kaltluftentstehungsge­biet mit einem hohen Potenzial für das Stadt­klima eingestuft. Die weite, offene Fläche des Flugfeldes fungiert derzeit aufgrund ihrer Grö­ße, der zentralen Lage in der Innenstadt sowie der fehlenden Bau- und Vegetationsstruktur als Ausgleichsfläche für die klimatisch stärker belasteten, dicht bebauten Siedlungsräume im Umfeld. Die Fläche wirkt somit ebenso wie der Volkspark Hasenheide als Kälteinsel, d. h. dass es nach einer relativ starken Erwärmung am Tag nachts zu einer erheblichen Abkühlung mit Temperaturen wie im Berliner Umland kommt. Durch den nächtlichen Temperatur­unterschied entsteht ein Luftaustausch mit den angrenzenden Quartieren.

In einem klimaökologischen Gutachten zur neuen Parklandschaft Tempelhof wurde fest­gestellt, dass eine Gestaltung des Parks mit Waldflächen und Gehölzen in den Kaltluft­schneisen zu einer verminderten klimaökolo­gischen Ausgleichsleistung im unmittelbaren, lokalen Um-feld führt. Um künftig einen aus­reichen-den Luftaustausch zu gewährleisten, müssen Kaltluftbahnen eine gewisse Breite aufweisen. Zudem sind Bau- und Vegetations­strukturen niedrig auszuprägen, damit Kalt­luftströmungen nur wenig abgeschwächt werden. Auch sollte sich eine Ausgestaltung mit Vegetation möglichst auf die Randbereiche der Kaltluftschneisen beschränken.

Durch eine Vernetzung der Parklandschaft mit weiteren, angrenzenden Grünflächen kann der Luftaustausch verstärkt und weiter in die Tiefe der Baugebiete geführt werden. Im Park selbst sollte für eine Erhöhung der Aufenthaltsqua­lität eine möglichst vielgestaltige, mikroklima­tisch abwechslungsreiche Vegetationsstruktur entwickelt werden. So ist ein Wechsel von beschatteten und sonnigen Bereichen sowie das Vorhandensein von windgeschützten Nischen und kühlenden Wasserflächen zu empfehlen.

Das Tempelhofer Feld wirkt als Kälteinsel in der Stadt.

Tier- und Pflanzenwelt

Aufgrund des zahlreichen Tier- und Pflanzen­vorkommens weist die Tempelhofer Freiheit eine hohe Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz auf. Durch die Anbindung des Flugfeldes an den Biotopverbund, z. B. entlang der S-Bahntrasse im Westen und die Friedhöfe im Osten, ist ein Austausch mit anderen Popu­lationen gewährleistet. Ausschlaggebend für seinen naturschutzfachlichen Wert sind neben der Größe des Geländes auch die offenen, trockenwarmen Lebensräume. Auf der Fläche, die die Funktion eines Refugialgebietes besitzt, befinden sich gefährdete Wiesen- und Tro­ckenrasenpflanzen, licht- und wärmeliebende wirbellose Tierarten sowie Brutvögelarten der Offenlandschaft. Zu letzteren zählen unter anderem heimische Vogelarten wie z. B. Grau­ammer, Steinschmätzer, Brachpieper und vor allem die vielen Feldlerchen. Bei der Neuge­staltung des Flugfeldes zu einer Parklandschaft gilt es, diese wertvollen Arten zu berücksichti­gen. Zur Zeit werden verschiedene Schutz­möglichkeiten erprobt und von einem Natur­schutzmonitoring begleitet.

Die Tempelhofer Freiheit ist für den Biotop- und Artenschutz von hoher Bedeutung.

Vom Flughafen zur Parklandschaft

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Seit dem 8. Mai 2010 wird das Tempelhofer Feld von zahlreichen Besuchern genutzt.

Die aktuelle Nutzung und Ausblick Aktuelle Nutzung

Seit dem 8. Mai 2010 ist die „Tempelhofer Freiheit“ für alle geöffnet. Täglich nutzen zahl­reiche Personen die Gelegenheit, den Park zu besuchen. Nach nur fünf Monaten hatten bereits mehr als eine Million Besucher die Tem­pelhofer Freiheit erleben können. Kiter, Skater, Radfahrer, Jogger, Modellflieger, Strandsegler, Walker und Spaziergänger prägen nun das Bild des ehemaligen Flugfeldes.

Besuchermonitoring zur Aneignung des Feldes Im Sommer/Herbst 2010 wurde das tatsächliche Verhalten der Bürger und Bürgerinnen auf dem Feld sowie ihre Verbesserungswünsche erfasst.

Im Ergebnis zeigte sich, dass das Feld schon gut angenommen wird. Zahlreiche Elemente einer Parklandschaft werden aber noch gewünscht, so dass noch einiger Veränderungsbedarf besteht, damit alle Bevölkerungsgruppen zu ihrem Recht kommen werden.

Pioniere Es ist jedoch nicht nur die faszinierende Weite des Geländes, die die zahlreichen Gäste auf die Fläche lockt. Auch die von der Senats­verwaltung für Stadtentwicklung in einem Bewerbungsverfahren ausgewählten Pionier­nutzungen sind Anlass, den neuen Freiraum inmitten Berlins zu entdecken und zu erobern.

Diese so genannten Zwischennutzungen bieten attraktive Angebote für Erholungs- und Freizeit­suchende. So wird zum Beispiel das Kunstpro­jekt „Arche Metropolis“ helfen, gemeinsam nach Lösungen für das zukünftige gesellschaftliche Miteinander zu suchen. Dabei wird der Bau des Schiffes der eigentliche künstlerische Ansatz des Projektes, der Interessierte zum Mitmachen anregen soll. Damit wird die Arche ein Ort des Handelns und der Debatte.

Ein Pionier-Projekt ganz anderer Art ist „Steck­dose Kreuzberg“. Es bietet die Möglichkeit, das weitläufige Areal mit einem neuen, inno­vativen Fortbewegungsmittel, einem Segway,

zu erkunden. Das Fahrzeug wird durch Akkus betrieben und ist somit an jeder Steckdose aufladbar. Ein Segway bewegt sich allein durch die Verlagerung des Körpergewichts. So können Neugierige scheinbar schwebend auf zwei Rädern das Tempelhofer Feld erkun­digen. In mehreren Gartenprojekten, z. B. dem Allmendekontor vor Neukölln, arbeiten viele Anwohner und Anwohnerinnen engagiert in ihren Hochbeeten, sitzen an schönen Tagen bei Sonnenuntergang auf vielfältigen selbst­gebastelten Sitzgelegenheiten daneben und unterhalten sich mit den Nachbarn.

Aktuelle Nutzung und Ausblick

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Derzeit finden 13 Pionierprojekte auf dem Tempelhofer Feld statt.

Das Projekt Plattenvereinigung, ein tem­porärer Bau aus Platten östlicher und west­licher Herkunft von der „zukunftsgeraeusche GbR“, stand im Sommer 2011 in der Nähe des S-Bahnhofs Tempelhof. Dort fanden viele kulturelle Veranstaltungen statt. Weiterhin gab es gut besuchte Diskussionsveranstal­tungen über die Zukunft der Tempelhofer Freiheit. Zur Zeit zieht das Bauwerk um und wird als Lehrbaustelle am anderen Ende der südlichen Landebahn neu aufgebaut. Dort soll das Haus als Projektraum für die Entwicklung von Pionierprojekten und par­tizipativen Sportangeboten auf der Tempel­hofer Freiheit weiter genutzt werden.

Derzeit haben sich auf dem Tempelhofer Feld 13 Pionier-Projekte auf 12 bis 19 Hektar gro­ßen Pionierfeldern, die sich befristet auf den zukünftigen Baufeldern befinden, etabliert. Für viele tausende Gäste aus Berlin und aller Welt sind die zahlreichen auf dem Gelände oder im ehemaligen Flughafengebäude stattfindenden Veranstaltungen Anlass, die Tempelhofer Freiheit zu besuchen. Der ehemalige Flughafen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem international bekannten Veranstaltungsort entwickelt. So beleben nicht nur die Modemesse Bread & Butter oder das BerlinFestival das denk­malgeschützte Gebäude. Auch große Unter­nehmen nutzen das einmalige Ambiente, um sich in Szene zu setzen: von Messen und Produktpräsentationen über Musik-und Sportveranstaltungen, Galadinners und Preisverleihungen bis hin zu Film- und Fotoaufnahmen. Die Tempelhofer Freiheit entwickelt sich zu einem kreativen Ort, der sich ständig verändert.

Ausblick

Zurzeit wird das Konzept für die Parkland­schaft von GROSS.MAX. weiter bearbeitet und vertieft. Ebenso findet ein Abstim­mungsprozess mit den sich weiter entwi­ckelnden städtebaulichen Planungen statt. Auch die Bürgerinformation und Diskussi­onsveranstaltungen mit interessierten Bür­gern und Bürgerinnen werden fortgesetzt. So gehen die Parklandschaft Tempelhof und die Tempelhofer Freiheit insgesamt Schritt für Schritt ihrer weiteren Veränderung und der Realisierung entgegen.

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Die unterschiedlichen Pionierprojekte erfreuen sich großer Beliebtheit:

1 nuture Mini Art Golf 2 Allmende-Kontor 3 Jugger 4 Steckdose Kreuzberg 5 Allmende-Kontor 6 basis.wissen.schaft 7 Plattenvereinigung

Aktuelle Nutzung und Ausblick

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Projektbeteiligte

Auslober Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. In Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin und der GrünBerlin Park und Garten GmbH

Bauherr GrünBerlin Park und Garten GmbH

Verfahrensdurchführung Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Abteilung Städtebau und Projekte, Referat II D, Brückenstraße 6, 10179 Berlin, Almut Jirku, II D 21, Tel.: +49 (0)30 / 9025-2018, Fax: +49 (0)30 / 9025-2533, [email protected]

Mit der Erstellung der Auslobung beauftragt Teil 3, Anhang, Durchführung: ag.u Lange Landschaftsarchitektur/Umweltplanung Eckhard Lange, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin Teil 2: bgmr becker giseke mohren richard Landschaftsarchitekten, Dr. Carlo Becker, Prager Platz 6, 10779 Berlin mit sinai. Faust. Schroll. Schwarz. Freiraumplanung + Projektsteuerung GmbH, Bernhard Schwarz, Lehrter Straße 57, 10557 Berlin

Mit der informationstechnischen Umsetzung des Wettbewerbs beauftragt: Competitionline GmbH, Charlottenstraße 95, 10969 Berlin, [email protected], www.competitionline.de

Zuständige Architektenkammer Architektenkammer Berlin, Karl-Marx-Allee 78, 12243 Berlin, www.ak-berlin.de

Fachpreisrichter/Beratungsgremium Christophe Girot, Landschaftsarchitekt, Zürich, Paris Undine Giseke, Landschaftsarchitektin, Berlin Dr. Andreas Kipar, Landschaftsarchitekt, Mailand, Duisburg Stephan Lenzen, Landschaftsarchitekt, Bonn Christa Reicher, Architektin, Aachen, Dortmund

Stellvertretende Fachpreisrichter Andrea Gerischer, Landschaftsplanerin, Berlin Dr. Ingo Kowarik, Landschaftsplaner, Berlin Dr. Martin Prominski, Landschaftsarchitekt, Hannover Antje Stokman, Landschaftsarchitektin, Hannover Jens Metz, Architekt, Berlin

Sachpreisrichter/Beratungsgremium Regula Lüscher, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Senatsbaudirektorin Reiner Nagel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Abteilungsleiter Stadt- und Freiraumplanung Oliver Schworck, Stadtrat für Bürgerdienste, Ordnungsaufgaben, Natur und Umwelt, Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg Thomas Blesing, Bezirksstadtrat für Bauwesen, Bezirksamt Neukölln

Stellvertretende Sachpreisrichter Manfred Kühne, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Abteilungsleiter Städtebau und Projekte Beate Profé, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Referatsleiterin Freiraumplanung und Stadtgrün Christoph Schmidt, Grün Berlin GmbH, Geschäftsführer Ute Heinrich, Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Amtsleiterin Natur und Umwelt Wolfgang Borowski, Bezirksamt Neukölln, Amtsleiter Planen, Bauordnung und Vermessung Jutta Kalepky, Bezirksstadträtin Friedrichshain-Kreuzberg, Abteilung Bauen, Wohnen und Immobilienservice

Sachverständige Dr. Dagmar Tille, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Werkstatt-Baukultur, Kommunikation, Oberste Denkmalschutzbehörde Joachim Sichter, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Städtebauliche Projekte, Projektleitung Tempelhof Peter Ostendorff, Patrick Weiss, Almut Jirku, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Wettbewerbe, Auswahlverfahren Ursula Renker, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Freiraumplanung und Stadtgrün Dr. Michael Gödde, Annette Mangold-Zatti, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Naturschutz- und Landschaftsplanung Christina Czymay, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Landesdenkmalamt Barbara Willecke, Cagla Ilk, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Frauenbeirat Matthias Rehfeld-Klein, Bereich Wasserwirtschaft, Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Wolfram Müller, Bereich Erneuerbare Energien, Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Bernd Holm, Leo Lewandowski, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Sportentwicklung und Standortmarketing Rolf Bieser, Frank Sadina, Grün Berlin GmbH Gerhard Steindorf, Walter Leibl, Christine Kuhn, Tempelhof Projekt, zukünftiger Entwicklungsträger Andreas Baldow, Manfred Sperling, Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Fachbereich Planen Gabriela Kausch, Michael Sydow, Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Amt für Umwelt und Natur Elisabeth Simmon, Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain, Amt für Natur und Grünflächen Andreas Wiesner, Andreas Pohl, Bezirksamt Neukölln, Fachbereich Stadtplanung Gerd Kittelmann, Bezirksamt Neukölln, Naturschutz- und Grünflächenamt Jochen Sandner, Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH Peter Trute, geonet, Klima Dr. Carlo W. Becker, bgmr becker giseke mohren richard Landschaftsarchitekten Bernhard Schwarz, Büro sinai, IGA-Machbarkeitsstudie

Gäste beim Wettbewerbsverfahren Peter Kever, Architektenkammer Berlin, Referent Wettbewerbe Johannes Stumpf, AKB, Wettbewerbsausschuss Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg, je ein Vertreter der Fraktionen

Projektbeteiligte

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Impressum

Herausgeber Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt

Kommunikation Am Köllnischen Park 3 10179 Berlin

Koordination Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Referat II D Almut Jirku Brückenstraße 6 10179 Berlin

Konzeption, Redaktion, Text ts|pk thies schröder planungskommunikation Thies Schröder, Sandra Rosenkranz Bernauer Straße 8a 10115 Berlin

Gestaltung ts|pk thies schröder planungskommunikation Christoph Rosenkranz

buero kleinschmidt Oliver Kleinschmidt

Druck druckhaus köthen

März 2012

Bildnachweis

ag.u Lange Landschaftsarchitektur und Umweltplanung 33, 60 argus GmbH 40 rechte Spalte BASE Landschaftsarchitekten und anOtherArchitect 46 bbzl böhm benfer zahiri landschaften städtebau 47 Bernd Machatzi 61 unten bgmr becker giseke mohren richard 34 Capatti Staubauch Landschaftsarchitekten und Christoph Mayer, Architekt 48 Christo Libuda 62/63 David Iliff (License: CC-BY-SA 3.0) 22 unten, 61 unten GROSS.MAX. Landschaftsarchitekten und Sutherland Hussey Architekten 10/11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22 oben, 23, 24, 25, 26, 27, 28/29, 36, 49, 54, 55, Titel Holger Koppatsch 64 unten Rehwaldt Landschaftsarchitekten und Rohdecan Architekten 50 Roger Freyer 38, 42, 43, 45, 52, 56/57 Seebauer, Wefers und Partner GbR 53 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv 4, 5 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Abt. III Luftbildservice 30/ 31 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Wettbewerbsauslobung und Ausstellung 58, 59 Tempelhof Projekt GmbH 64 oben, 65 (Nr. 3-6) TH Treibhaus Landschaftsarchitektur 40 linke Spalte Topotek 1 Landschaftsarchitekten und Dürig Architekten 51 Umweltatlas Berlin 61 oben zukunftsgeraeusche GbR 65 (Nr. 7)

www.tempelhoferfreiheit.de

www.stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/wettbewerbe/ergebnisse/ 2010/parklandschaft_tempelhof/

www.stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/wettbewerbe/ergebnisse/ 2011/parklandschaft_thf_verhandlungsverfahren/

www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/tempelhof/

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Wenn es einen Ort in Berlin gibt, dessen Potenziale nicht erst geweckt und entdeckt werden müssen, sondern die mit der Öffnung des Feldes sofort und für jeden unmittelbar sichtbar wurden, dann ist es die Tempelhofer Freiheit.

Die Tempelhofer Freiheit ist kein Stadtpark klassischen Zuschnitts. Die Weite und der mögliche Blick bis zum Horizont locken unterschied liche Akteure zum bunten Miteinander an einem gemeinsamen Ort. Es war gerade das große öffentliche Interesse, das zu einem intensiven und innovativen Planungs- und Entwicklungsprozess herausforderte.

Die Broschüre stellt das Wettbewerbsverfahren, den Planungsprozess mit Schwerpunkt Partizipation sowie den Siegerentwurf vor.

ISBN 978-3-88961-333-2