perspektiven...perspektiven der jahresausblick 2021 chancen im fokus. risiken im blick. 02...

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KONJUNKTUR: weltweites Wachstum in Zeiten der Corona-Pandemie Seite 8 AKTIEN: Verlierer der Krise holen auf – Corona-Pandemie bleibt Risikofaktor Seite 14 ANLEIHEN: trübe Aussichten – von Renditejägern und Kapitalvernichtern Seite 19 PERSPEKTIVEN DER JAHRESAUSBLICK 2021 Chancen im Fokus. Risiken im Blick.

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Page 1: PERSPEKTIVEN...PERSPEKTIVEN DER JAHRESAUSBLICK 2021 Chancen im Fokus. Risiken im Blick. 02 PERSPEKTIVEN2021 Inhalt 04 10 Prognosen für 2021 Dr. Ulrich Stephan zur Corona-Krise und

KONJUNKTUR: weltweites

Wachstum in Zeiten der

Corona-Pandemie  Seite 8

AKTIEN: Verlierer der Krise

holen auf – Corona-Pandemie

bleibt Risikofaktor Seite 14

ANLEIHEN: trübe Aussichten –

von Renditejägern und

Kapitalvernichtern Seite 19

PERSPEKTIVENDER JAHRESAUSBLICK 2021

Chancen im Fokus. Risiken im Blick.

Page 2: PERSPEKTIVEN...PERSPEKTIVEN DER JAHRESAUSBLICK 2021 Chancen im Fokus. Risiken im Blick. 02 PERSPEKTIVEN2021 Inhalt 04 10 Prognosen für 2021 Dr. Ulrich Stephan zur Corona-Krise und

02

P E RSP E KTIVE N 202 1

Inhalt

0410 Prognosen für 2021

Dr. Ulrich Stephan zur Corona-Krise und den

maßgeblichen Trends im neuen Anlagejahr.

22Immobilien: stabil auch in der Krise

Langfristig weiterhin interessante Ertragsaussichten:

Wohn- und Gewerbesektor im Fokus – Einzelhandel

gerät zunehmend unter Druck.

23Rohstoffe: China treibt die Nachfrage

Favoritenwechsel möglich: Industriemetalle gefragt,

Goldpreis phasenweise unter Druck.

08Konjunktur: weltweites Wachstum

in Zeiten der Corona-Pandemie

Effiziente Impfstoffe und ein neuer Politikstil

in den USA nähren die Hoffnung auf eine

deutliche Konjunkturerholung weltweit.

13 Der kompakte Marktausblick:

Anlageklassen im Überblick

Einschätzungen zur Entwicklung von Aktien,

Anleihen, Rohstoffen und Co.

14Aktien: Verlierer der Krise holen auf,

Corona-Pandemie bleibt Risikofaktor

Zyklische Werte könnten sich in den kommenden

Monaten besser entwickeln als der Gesamtmarkt.

19Anleihen: trübe Aussichten – von

Renditejägern und Kapitalvernichtern

Schon für wenig Rendite müssen Anleger ins

Risiko gehen – Marktturbulenzen im Jahres-

verlauf sind möglich.

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Philipp Gossow,

Leiter Privatkunden

Deutschland der

Deutschen Bank

Editorial

IMPRESSUM

HERAUSGEBER: Deutsche Bank AG,

Theodor-Heuss-Allee 72, 60486 Frankfurt am Main

INTERNET: www.deutsche-bank.de

REDAKTION: Torsten Schuster (V. i. S. d. P.), Heval Ag,

Tobias Friedrich, Gunther Jordan, Stefanos Tzoumerkiotis,

Andreas Umsonst

REDAKTIONSSCHLUSS: 9. Dezember 2020, 10 Uhr

BILDER: Titel: Johann Sebastian Hänel; bjdlzx, borchee,

Busà Photography, dowell, PRAMPicture, Westend61 (alle

Bilder: Getty Images); Deutsche Bank

Soweit in diesem Magazin von Deutsche Bank die Rede ist, be-

zieht sich dies auf die Angebote der Deutsche Bank AG. Wir

weisen darauf hin, dass die in dieser Publikation enthaltenen

Angaben keine Anlageberatung darstellen, sondern aus-

schließlich der Information dienen. Bei Verständnisfragen

steht Ihnen Ihr Berater gerne zur Verfügung. Soweit in diesem

Magazin konkrete Produkte genannt werden, sollte eine An-

lageentscheidung allein auf Grundlage der verbindlichen Ver-

kaufsunterlagen getroffen werden. Eine Anlageentscheidung

für Fonds sollte in jedem Fall auf der Grundlage der wesent-

lichen Anlegerinformationen und des vollständigen Verkaufs-

prospekts, ergänzt durch die jeweiligen letzten geprüften Jah-

res- und ggf. Halbjahresberichte, getroffen werden, die auch

ausführliche Informationen zu den Chancen und Risiken ent-

halten. Die vorgenannten Verkaufsunterlagen erhalten Sie in

gedruckter oder elektronischer Form kostenlos bei Ihrem Be-

rater in allen Filialen der Deutschen Bank. Aus der Wertent-

wicklung in der Vergangenheit kann nicht auf zukünftige Erträ-

ge geschlossen werden.

HINWEIS: BEI DIESEN INFORMATIONEN

HANDELT ES SICH UM WERBUNG.

Die Texte sind nicht nach den Vorschriften zur Förderung der

Unabhängigkeit von Finanzanalysen erstellt. Es besteht kein

Verbot für den Ersteller oder für das für die Erstellung verant-

wortliche Unternehmen, vor bzw. nach Veröffentlichung dieser

Unterlagen mit den entsprechenden Finanzinstrumenten zu

handeln.

Die Deutsche Bank AG unterliegt der Aufsicht der Europäi-

schen Zentralbank und der Bundesanstalt für Finanzdienst-

leistungsaufsicht.

Dr. Ulrich Stephan,

Chef-Anlagestratege für

Privat- und Firmenkunden

der Deutschen Bank

Die Coronavirus-Pandemie dürfte 2021 der bestimmende

Faktor an den Kapitalmärkten bleiben. Dank der Fortschritte

bei der Impfstoffentwicklung sollte die konjunkturelle Erho-

lung im Jahresverlauf jedoch deutlich an Fahrt aufnehmen

und die Unternehmensgewinne mitziehen. Das sind gute

Nachrichten für die weltweiten Aktienmärkte: Vor allem kon-

junktursensible Branchen dürften von einer allmählichen

Rückkehr zur Normalität profitieren. Insbesondere auf Sek-

tor- und Einzeltitelebene sehe ich deshalb in den kommenden

Monaten interessantes Kurspotenzial. Für Anleger empfiehlt

sich daher mehr denn je ein aktives Management ihres Port-

folios. Nur auf diese Weise lassen sich die Investmentrisiken

minimieren, ohne die Chancen aus den Augen zu verlieren.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein erfolgreiches und vor

allem gesundes Jahr 2021.

Ihr

Gedruckt auf 100 % Altpapier, ausge-

zeichnet mit dem Blauen Engel und

dem EU Ecolabel AT/11/002

Vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle die Bedeutung ei-

nes starken Partners in herausfordernden Zeiten betont –

nicht ahnend, wie wichtig dieses Thema 2020 tatsächlich

werden würde. In diesem für uns alle außergewöhnlichen

Jahr haben wir erneut alles darangesetzt, Sie bei Ihren finan-

ziellen Angelegenheiten verlässlich zu beraten: sei es telefo-

nisch, per Videoanruf oder persönlich in unseren Filialen. Wir

freuen uns darauf, Sie mit unserer Erfahrung aus mehr als

150 Jahren weiterhin sicher durch die Krise zu begleiten und

gemeinsam neue Chancen bei der Geldanlage zu nutzen, zum

Beispiel mit dem Thema Nachhaltigkeit. Apropos: Zum Start

der neuen Version unserer „Deutsche Bank Mobile“-App

können sich Nutzer des iOS-Betriebssystems anhand ihrer

Konto- und Kreditkartenumsätze jetzt ihren individuellen

CO2-Fußabdruck berechnen lassen – probieren Sie es aus.

Ihr

ID-Nr. 1986609

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P E RSP E KTIVE N 202 1

2. Politik: China und der Rest der Welt

China ist in den vergangenen Jahren zu einer politischen

und wirtschaftlichen Supermacht geworden und dürfte die-

sen Status weiter ausbauen. Erklärtes Ziel ist es, bis 2049 zur

weltweit führenden Volkswirtschaft zu werden. Dafür gibt

der seit 2013 amtierende Staatspräsident Xi Jinping den zu-

künftigen Weg vor und ebnet ihn mit umfassenden Investiti-

onsprogrammen: etwa für den Ausbau der transkontinenta-

len „Neuen Seidenstraße“ oder den langfristigen Aufbau

einer weltweit führenden Tech-Industrie. Um ihre eigenen In-

teressen zu wahren, müssen Europa und die USA auf diese

Herausforderung eine gemeinsame Antwort finden. Mit dem

designierten US-Präsidenten Joe Biden sollte dies eher

gelingen als mit seinem Vorgänger: Der Druck auf China

dürfte beibehalten, der Ton jedoch konzilianter und die

US-Politik auch gegenüber Europa berechenbarer werden.

Ein wahrscheinliches „divided government“ in den Vereinig-

ten Staaten spricht ebenfalls für politische Stabilität. In der

Europäischen Union wiederum dürfte es in den kommenden

Monaten zu einer Einigung beim Wiederaufbaufonds und bei

der mittelfristigen Finanzplanung kommen. Damit ist 2021

insgesamt mit einer Abnahme der politischen Unsicherheiten

zu rechnen.

Meine Prognosen für 2021

Die Coronavirus-Pandemie prägte 2020 und dürfte uns weiter begleiten. Welche Richtung die

Kapitalmärkte einschlagen, wird in hohem Maße auch von der Politik abhängen. Anleger sollten die

Risiken im Blick behalten – ohne die Chancen aus den Augen zu verlieren. Von Dr. Ulrich Stephan

1. Risiken: Alles bleibt anders

Die gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Folgen der Coronavirus-

Pandemie prägten das Jahr 2020 und dürften die Welt auch 2021 im Griff be-

halten. Die weitere wirtschaftliche Entwicklung wird vor allem davon abhän-

gen, wie schnell es gelingt, die Neuinfektionszahlen nachhaltig zu senken.

Durch Lockdowns könnte die bereits eingesetzte konjunkturelle Erholung

phasenweise gebremst werden. Hingegen sollte ein massenhaft einsatzbe-

reiter Impfstoff den Aufwärtstrend beschleunigen. Auch politische Interes-

senkonflikte bergen weiterhin ökonomische Risiken, wie zuletzt das Veto Un-

garns und Polens gegen die Verabschiedung der EU-Haushaltsplanung und

-Wiederaufbauhilfen gezeigt hat. Neben den Auswirkungen des Brexits dürf-

ten allen voran die Streitigkeiten zwischen den USA und China, bei denen es

nicht nur um ökonomische Machtpositionen geht, die Märkte beschäftigen.

Zu den weiteren Faktoren, die Anleger 2021 beschäftigen dürften, zählt ein

möglicher moderater Anstieg der Inflationserwartungen sowie der Renditen

von Anleihen mit längeren Laufzeiten. Darüber hinaus könnte es im Zuge der

erwarteten konjunkturellen Erholung zu einem Wechsel der Anlegerfavoriten

am Aktienmarkt kommen: Preiswerte zyklische Aktien dürften sich in den

kommenden Monaten besser entwickeln als teilweise hoch bewertete Wachs-

tumstitel etwa aus dem Techbereich.

„Durch Lockdowns

könnte die bereits

eingesetzte konjunk-

turelle Erholung

phasenweise

gebremst werden.“

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3. Wirtschaft: stärkstes Wachstum seit Jahrzehnten

Wie es mit der Weltwirtschaft weitergeht,

wird maßgeblich vom Verlauf der Coronavi-

rus-Pandemie abhängen. Nachdem das glo-

bale Bruttoinlandsprodukt 2020 um 4,3 Pro-

zent im Vergleich zum Vorjahr sinken dürfte,

erwartet die Deutsche Bank für 2021 ein

Plus von 5,2 Prozent – das wäre der stärkste

Anstieg seit Jahrzehnten. Die US-Wirtschaft

könnte um 4,0 Prozent zulegen. Stützen soll-

te das Wachstum eine zeitnahe Einigung von

Demokraten und Republikanern auf ein Billi-

onen Dollar schweres Fiskalprogramm. Noch

besser sind die Aussichten für China: Das

Ausbleiben einer zweiten Corona-Welle be-

schert der Wirtschaft im Reich der Mitte be-

reits 2020 ein Wachstum von voraussichtlich

2,2 Prozent – im neuen Jahr könnte es auf

8,2 Prozent anziehen. Das dürfte auch der

exportstarken deutschen Wirtschaft positi-

ve Impulse verleihen. Diese hatte sich zuletzt

gut entwickelt und könnte aufgrund ihres be-

deutenden Industriesektors gestärkt aus der

Krise hervorgehen. Ein Wirtschaftswachs-

tum von 4,5 Prozent erscheint 2021 möglich.

4. Inflation: wenn nicht jetzt, wann dann?

Auch 2021 ist mit keinem signifikanten Anstieg der Inflation zu rechnen. Zwar

dürften die bedeutenden Notenbanken ihre expansive Geldpolitik beibehalten

oder teilweise sogar ausweiten. Tatsächlich inflationsfördernd könnten jedoch vor

allem die geplanten Fiskalprogramme in Europa und den USA wirken, weil durch

sie der private Konsum beziehungsweise die Investitionstätigkeit direkt stimuliert

wird. Da die Kapazitäten in der Wirtschaft insgesamt allerdings noch nicht ausge-

lastet und auch die Arbeitsmärkte noch weit von Vollbeschäftigung entfernt sind,

dürfte sich der kurzfristige preistreibende Effekt in Grenzen halten. In Deutschland

könnte es aufgrund administrativer Maßnahmen wie dem Auslaufen der Mehr-

wertsteuerabsenkung oder der Einführung der CO2-Abgabe kurzfristig zu einem

etwas stärkeren Anstieg des Preisniveaus kommen. Auswirkungen auf die Kapital-

märkte dürfte jedoch vor allem ein möglicher Anstieg der langfristigen Inflationser-

wartungen haben, etwa in Form steigender Renditen für langlaufende Anleihen.

5. Immobilien: Beton ist „stabiler“ als Gold

Investments in Immobilien dürften weiter-

hin interessante Möglichkeiten bieten –

beinhalten aber auch Risiken. Beim Blick auf

die einzelnen Sektoren könnte beispielswei-

se der stationäre Einzelhandel zunehmend

unter Druck geraten – insbesondere durch

den anhaltenden Boom des Onlinehandels.

Kundennahe Logistikflächen hingegen soll-

ten von diesen Entwicklungen profitieren.

Auch Büroimmobilien dürften gefragt blei-

ben – trotz des Trends zu flexiblerem Arbei-

ten. Denn nicht nur in Deutschland werden

Arbeitsplätze auch in Zukunft vermehrt im

Dienstleistungsbereich entstehen, während

Jobs in der Industrie wegfallen. Im Sektor

Wohnimmobilien sorgt die anhaltende Urba-

nisierung für weiterhin knappen Wohnraum

in vielen Ballungsräumen – und damit für

zusätzliches Preispotenzial. Hauptgrund:

Es wird zu wenig gebaut. Allein in Deutsch-

land könnte es dadurch bis Ende des Jahres

2022 einen Nachfrageüberhang von insge-

samt 1,5 Millionen Wohneinheiten im städti-

schen Bereich geben.

1,5Mio. Wohneinheiten

könnten 2022 in

Deutschland fehlen

„2021 ist

mit keinem

signifikanten

Anstieg der

Inflation zu

rechnen.“

4,5 %erwartetes

Konjunkturwachstum

in Deutschland 2021

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P E RSP E KTIVE N 202 1

6. Anleihen: reales Risiko

Positive Aussichten für die Anleihemärkte erscheinen auf

absehbare Zeit sehr begrenzt – Turbulenzen sind nicht aus-

geschlossen. Bei kurzlaufenden Staatsanleihen dürften sich

die Renditen aufgrund der anhaltend expansiven Geldpolitik

weiter auf niedrigem Niveau bewegen. Im Laufzeitenbereich

von zehn Jahren könnte es durch eine wirtschaftliche Erho-

lung dagegen zu steigenden Renditen und damit Kursverlus-

ten kommen. Hinzu kommt, dass in den vergangenen drei

Jahren weltweit der Kapitalfluss hauptsächlich in Anleihen zu

beobachten war: Unternehmen hatten sich zu niedrigen Zin-

sen bei Anlegern langfristig verschuldet, die dafür Kapital aus

dem Aktienmarkt abzogen. Sollte sich diese Entwicklung im

Zuge einer steigenden Risikobereitschaft der Anleger um-

kehren, könnten die Anleihekurse zusätzlich unter Druck ge-

raten. Trotz dieser Herausforderungen bleiben Anleihen für

das Risikomanagement des Portfolios ein wichtiger Bestand-

teil. Interessante Aussichten gibt es beispielsweise für

Staatsanleihen einzelner Schwellenländer oder – aufgrund

der erwarteten konjunkturellen Erholung – im Bereich der

Unternehmensanleihen weltweit.

7. Aktien: Der Zyklus treibt die Kurse

Sollte die Weltwirtschaft ihren Erholungskurs wie prognostiziert fortsetzen, dürften die

globalen Aktienmärkte davon profitieren. Die Gewinnerwartungen der Unternehmen in den

USA für 2021 liegen bei plus 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in Europa sind es 40 Pro-

zent, in Deutschland 33 Prozent. Auch andere Rahmenbedingungen sprechen aus Anleger-

sicht für Aktien: etwa die erwartete höhere Verlässlichkeit der US-Handels- und -Außenpolitik

unter Präsident Joe Biden, eine eher moderate US-Wirtschaftspolitik in einem „divided go-

vernment“, die wirtschaftsfreundlichen Pläne Chinas im 100. Gründungsjahr seiner Kommu-

nistischen Partei, die geplanten umfassenden fiskalischen Maßnahmen in Europa oder mögli-

che zusätzliche Kapitalflüsse aus den Anleihemärkten. Zwar könnten dadurch auch die

bedeutenden Leitindizes weltweit phasenweise nach oben ausbrechen – die maßgeblichen

Bewegungen sollten jedoch auf Sektor- und Einzeltitelebene stattfinden. Für Anleger dürfte

sich daher 2021 umso mehr ein aktives Management ihres Aktienportfolios anbieten.

8. Aktien: Die Letzten werden die Ersten sein

Die ersten Bewegungen einer Sektorrotation an den

globalen Aktienmärkten waren – nach Bekanntwerden

einiger vielversprechender Impfstoffstudien – bereits

im November 2020 zu beobachten. Im neuen Jahr

könnte sich dieser Trend beschleunigen. Zuletzt hatten

die Gewinnaussichten bereits auf breiter Front angezo-

gen. 2021 dürften sich im Rahmen der erwarteten

konjunkturellen Erholung die durch die Kontakt- und

Ausgangsbeschränkungen während der Coronavirus-

Krise besonders unter Druck geratenen zyklischen

Sektoren überproportional gut entwickeln. Dazu zäh-

len Branchen wie Tourismus, Banken, Grundstoffe, In-

dustrie und Automobil. Zwischenzeitliche Rücksetzer

in diesen Bereichen sind bei negativen Corona-Mel-

dungen oder Lockdowns auch im neuen Jahr nicht aus-

geschlossen. Im Vergleich zu diesen noch niedrig be-

werteten „Value“-Titeln könnten sich klassische

„Growth“-Werte im Rahmen der Sektorrotation weni-

ger gut entwickeln. Zwar sind die langfristigen Aus-

sichten, etwa im Techsektor, nach wie vor intakt, aller-

dings sind die Bewertungen hier zuletzt stark

gestiegen. Auf Leitindexebene dürfte diese Entwick-

lung auch regionale Relevanz haben. Denn während im

US-amerikanischen S&P 500 einige wenige IT- und In-

ternetwerte für rund 40 Prozent der gesamten Markt-

kapitalisierung stehen, sind europäische Märkte breiter

aufgestellt und stärker von zyklischen Sektoren ge-

prägt. Für entsprechend risikobereite Anleger könnte

es 2021 daher durchaus ratsam sein, ihren Fokus ver-

stärkt auf die Börsen vor ihrer Haustür zu richten.

40 %erwartetes

Gewinnwachstum in

Europa für 2021

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07

Rückblick

Die konjunkturelle Erholung

seit der Finanzkrise wurde

zwischenzeitlich durch den

exogenen Schock der politisch

initiierten Maßnahmen zur

Bekämpfung der Coronavi-

rus-Pandemie unterbrochen.

Die „angeordnete Rezession“

ändert wenig an dem grund-

sätzlich positiven Wachstums-

trend der Weltwirtschaft.

9. Rohstoffe: im Jahr des Bullen

In Anbetracht der erwarteten Fortsetzung des konjunkturellen Aufschwungs weltweit und allen voran

in China könnte es 2021 zu einem Favoritenwechsel bei Rohstoffen kommen. Während die Nachfrage

nach Gold aufgrund abnehmender politischer Unsicherheiten und eines möglichen leichten Anstiegs der

Kapitalmarktzinsen zurückgehen könnte, dürften die konjunktursensitiven Preise für Industriemetalle

weiteres Aufwärtspotenzial entwickeln. Besonders gefragt sein könnten dabei Rohstoffe, die in zu-

kunftsweisenden Industrien benötigt werden, etwa im Bereich grüner Infrastrukturen. Dazu zählt allen

voran Kupfer, das in großen Mengen in Fotovoltaik- und Windkraftanlagen, Datentechnik oder Motoren

von E-Autos verbaut wird. Kaum Anzeichen für einen deutlichen Anstieg gibt es dagegen bei den Ener-

giepreisen. Zwar dürfe die Nachfrage nach Öl von einer höheren wirtschaftlichen Aktivität gestützt wer-

den. Ein möglicher neuer Iran-Deal unter dem designierten US-Präsidenten Joe Biden sowie Fortschritte

bei den Friedensverhandlungen in Libyen könnten jedoch im Gegenzug das Angebot ausweiten. Insge-

samt bleibt die Schwankungsanfälligkeit des Ölmarkts damit hoch. Für potenzielle Rohstoffanleger er-

scheinen daher Investments in Industriemetalle und entsprechende Unternehmen am interessantesten.

10. Nachhaltigkeit: investieren in die Zukunft

Nachhaltigkeit hat sich in den vergangenen Jahren vom

Nischen- zum bestimmenden Zukunftsthema entwickelt. Der

gesellschaftliche Handlungsdruck auf Politik und Wirtschaft

insbesondere beim Thema Klimaschutz wächst. Auch Inves-

toren richten ihren Fokus verstärkt auf entsprechende In-

vestments. Beispielsweise stieg weltweit allein das Volumen

von ETFs mit Ausrichtung auf ESG-Standards (environment,

social and governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und

Unternehmensführung) bis Mitte 2020 auf knapp 100 Milliar-

den US-Dollar an. Anfang 2019 hatte es noch 40 Milliarden

US-Dollar betragen. Ein wichtiger Grund für diesen rasanten

Anstieg: Nachhaltige Investments zeigen oftmals ein beson-

ders interessantes Risiko-Rendite-Profil. Neben den Anle-

gern fordert auch die Regulatorik von der Wirtschaft mehr

nachhaltiges Handeln – das gilt insbesondere in Europa. Da-

mit Unternehmen regulatorische Anforderungen zukünftig

noch stärker in ihre Geschäftsmodelle einbinden können, be-

darf es vor allem größerer Anstrengungen im Bereich For-

schung und Entwicklung. Neben Europa dürften sich auch

die USA mit ihrem neuen Präsidenten wieder stärker in dieser

Richtung engagieren – ein Weg, den China, ohne das die Ent-

wicklung einer nachhaltigeren Welt ohnehin nicht denkbar

wäre, mit seinen Plänen zur Klimaneutralität spätestens im

Jahr 2060 ebenfalls konsequent beschreitet.

„2021

könnte es

zu einem

Favoriten-

wechsel

bei Roh-

stoffen

kommen.“

1 Risiko – Mit Gürtel und Hosenträger

2 Politik – Amerika hat die Wahl

3 Wachstum – Nie wieder Rezession?

4 Konjunktur– Von der Geldpolitik zur Fiskalpolitik

5 Devisen – Währungen als Ventil und Instrument ~

6 Anleihen – Negativ ist nicht normal X

7 Immobilien – Ruhe und Rendite

8 Aktien – Rumble in the Jungle

9 Rohstoffe – Schmuck am Nachthemd X

10 Trends – Nachhaltigkeit ist ein Thema

Quelle: Deutsche Bank, Stand: 8. Dezember 2020

Rückblick auf das Anlagejahr 2020: unsere Prognosen im Marktcheck

Prognosen vom Jahresende 2019

 Prognose eingetroffen ~ Prognose teilweise eingetroffen X Prognose nicht eingetroffen

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P E RSP E KTIVE N 202 1

Konjunktur: weltweites Wachstum

in Zeiten der Corona-Pandemie

Auch das Jahr 2021 wird im Zeichen des Coronavirus stehen. Die Einsatzbereitschaft hocheffi-

zienter Impfstoffe nährt allerdings die Hoffnung auf eine deutliche Konjunkturerholung weltweit.

Zu dieser könnte auch der erwartete moderatere Politikstil der neuen US-Regierung beitragen.

Corona, Corona, Corona. Trotz Brexit

und US-Präsidentschaftswahl: Das alles

beherrschende Thema war 2020 die Coro-

navirus-Pandemie mit ihren globalen Aus-

wirkungen auf Gesellschaft, Politik und

Wirtschaft. Ökonomisch sorgten die zur

Eindämmung der Neuinfektionsraten poli-

tisch angeordneten Lockdowns für dramati-

sche Konjunktureinbrüche. Während China,

als das von der Pandemie zuerst betroffene

Land, vor allem in den ersten Monaten des

Jahres seine Wirtschaft herunterfuhr, traf

die Krise Europa und die USA im zweiten

Quartal mit voller Härte.

Doch fast so schnell, wie die Wirtschafts-

leistung rund um den Globus eingebrochen

war, erholte sie sich im Zuge gelockerter

Corona-Maßnahmen auch wieder. Beispiel

Deutschland: Nachdem das Bruttoinlands-

produkt (BIP) im zweiten Quartal um rund

10 Prozent im Vergleich zum Vorquartal ge-

sunken war, legte es im dritten Quartal um

mehr als 8 Prozent zu. Maßgebliche Treiber

dabei waren die Industrieproduktion sowie

die Einzelhandelsumsätze, die sogar auf

Vorkrisenniveau kletterten. Das zeigt deut-

lich, dass die Wachstumsverluste nicht Aus-

druck einer strukturbedingten Krise sind,

sondern zum allergrößten Teil die kurzfristi-

gen Folgen gesundheitspolitischer Ent-

scheidungen zum Schutz der Bevölkerung.

Eine weitere Besonderheit der aktuellen

Krise ist die Tatsache, dass der Hauptleid-

tragende der Dienstleistungssektor ist und

nicht wie sonst üblich die Industrie. Der

Grund: Ausgangs- und Kontaktbeschrän-

kungen betreffen vor allem Bereiche wie

Verkehr, Tourismus, Kultur und Gastrono-

mie, während das Verarbeitende Gewerbe

unter Einschränkungen weiter produzieren

• Starkes weltweites

Konjunkturwachstum

erwartet

• Politische Unsicherheiten

nehmen ab

• Coronavirus-Pandemie

bleibt Hauptrisikofaktor

• Deutschland profitiert von

starkem Industriesektor

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09

>>

kann. Länder mit einem starken Industrie-

sektor wie Deutschland oder Japan könn-

ten dadurch insgesamt etwas schneller aus

der Krise herauskommen als dienstleis-

tungslastigere Ökonomien wie Spanien

oder Großbritannien.

Positiver Konjunkturtrend mit zwischenzeitlichen Rücksetzern

Wann die einzelnen Volkswirtschaften

mit ihrer Wirtschaftsleistung wieder ihr je-

weiliges Vorkrisenniveau erreichen werden,

hängt maßgeblich vom weiteren Verlauf der

Coronavirus-Pandemie ab. Die vielverspre-

chenden Nachrichten über den baldigen flä-

chendeckenden Einsatz hocheffizienter

Impfstoffe machen Hoffnung – dennoch

muss auch 2021 mit zwischenzeitlichen

Rücksetzern gerechnet werden. In China

und anderen Teilen Asiens wurden die Prä-

Corona-Niveaus schon 2020 wieder er-

reicht. Für die Weltkonjunktur rechnet die

Deutsche Bank damit im zweiten Quartal

2021. In Deutschland und den USA könnte

es im dritten Quartal so weit sein, in der Eu-

rozone gegen Jahresende.

Für die Normalisierung des Wirtschafts-

lebens insgesamt bedarf es eines umfas-

senden und nachhaltigen Schutzes der

Bevölkerung vor Neuinfektionen. Eine Her-

denimmunität wird beispielsweise in den

USA und Europa im Sommer 2021 erwar-

tet. Daran anschließen dürfte sich ein län-

gerer Anpassungsprozess, der bis 2022

andauern könnte. Welche strukturellen Ver-

änderungen es dabei geben wird, bleibt ab-

zuwarten – etwa ob sich der Tourismus und

der Flugverkehr, wie von einigen Ökonomen

angenommen, tatsächlich langfristig auf

geringerem Niveau einpendeln werden.

Schon heute scheint sicher, dass einige

Trends von der Pandemie beschleunigt wer-

den. Dazu gehört allen voran die Digitalisie-

rung und Automatisierung unserer Lebens-

und Arbeitswelt.

Deutschland wächst stark, Europa noch stärker

Für Deutschland erwartet die Deutsche

Bank 2021 das stärkste Wirtschaftswachs-

tum seit der Wiedervereinigung: Ein Plus

von 4 Prozent bis 5 Prozent im Vergleich

zum Vorjahr scheint möglich. Dabei sollte

die eigentliche Erholung nach einem noch

etwas schwächeren ersten Quartal im wei-

teren Jahresverlauf beschleunigt einsetzen.

Haupttreiber dieser Entwicklung dürften

eine starke Industrieproduktion und ein an-

ziehender Export sein. Der Markit-Ein-

kaufsmanagerindex, ein wichtiger Indikator

für die wirtschaftliche Entwicklung in

Deutschland, lag Ende November für das

Verarbeitende Gewerbe bei 57,8 Punkten

und damit sowohl deutlich über der

Herdenimmunität

Von Herdenimmunität spricht

man, wenn in der Bevölke-

rung (der „Herde“) so viele

Menschen aufgrund einer

Impfung oder einer bereits

durchlebten Infektion gegen

den Erreger immun sind, dass

sich die Krankheit kaum noch

weiter ausbreiten kann. Um

die Übertragungsketten beim

Coronavirus zu durchbrechen,

müssen laut der Weltgesund-

heitsbehörde mindestens 60

bis 70 Prozent der Bevölkerung

immun gegen das Virus sein.

Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts ausgewählter Länder und Regionen. Angaben in Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr.

Starkes Comeback der Weltwirtschaft

Quelle: Bloomberg L.P., Stand: 8. Dezember 2020.  * Prognosen. Wertentwicklungen in der

Vergangenheit und Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.

2019  2020 *  2021 *

Welt USA Eurozone Deutschland Indien China Japan

9

6

3

0

-3

-6

-9

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10

P E RSP E KTIVE N 202 1

Wachstumsschwelle von 50 Punkten

als auch über dem Indexwert von 46 Punk-

ten für den Dienstleistungssektor. Grund

für die positiven Aussichten ist vor allem die

dynamische Konjunkturerholung in Asien:

Allein China steht für mehr als 7 Prozent al-

ler deutschen Exporte und ist damit gleich

hinter den USA und Frankreich einer der

wichtigsten Absatzmärkte. Das gilt in be-

sonders hohem Maße für deutsche Schlüs-

selbranchen wie dem Automobil- und dem

Maschinenbausektor, die zusammenge-

nommen für fast die Hälfte des gesamten

Ausfuhrvolumens nach China stehen.

Weitgehend parallel zu der Entwicklung

in Deutschland verlief in den vergangenen

Monaten die Konjunkturkurve in der Euro-

zone. Mit einem wesentlichen Unterschied:

Teilweise striktere Corona-Beschränkun-

gen, weniger umfangreiche fiskalische

Hilfsprogramme und ein höherer Anteil des

Dienstleistungssektors an der Gesamtwirt-

schaftsleistung ließen das Wachstum regio-

nal noch stärker einbrechen als hierzulande.

Für 2021 rechnet die Deutsche Bank daher

in den von der Pandemie besonders betrof-

fenen Ländern wie Frankreich oder Italien

mit einer Wachstumserholung, die noch

stärker ausfallen könnte als in Deutschland.

Für die Eurozone wird insgesamt eine BIP-

Steigerung von mehr als 5 Prozent im Ver-

gleich zum Vorjahr erwartet.

Dabei hat der zuletzt von einem Veto aus

Ungarn und Polen vorerst ausgebremste

EU-Wiederaufbaufonds durch die erwartete

baldige Marktreife eines COVID-19-Impf-

stoffes etwas an Bedeutung verloren. Zumal

erste Tranchen des 750-Milliarden-Euro-

Pakets selbst bei einer zeitnahen Verab-

schiedung frühestens im dritten Quartal

2021 zur Auszahlung kämen – und dann erst

mit einer deutlichen zeitlichen Verzögerung

einen zusätzlichen Konjunkturimpuls auslö-

sen würden. Trotzdem bleiben die Gelder

wichtig, etwa zur Unterstützung einer auch

strukturellen Erholung in Ländern wie Italien

oder Spanien.

Ganz vergessen sollte man auch den Bre-

xit nicht. Die Auswirkungen auf die Wirt-

schaft der Eurozone sollten sich jedoch in

Grenzen halten, da viele Unternehmen sich

bereits weitestgehend auf die möglichen

Szenarien eingestellt haben dürften. Für die

stark dienstleistungsgetriebene Wirtschaft

Großbritanniens könnte ein einsatzbereiter

COVID-19-Impfstoff die negativen Folgen

des EU-Austritts zunächst überlagern.

USA: neue Regierung, neue Möglichkeiten

Auch beim Blick auf die USA wird deut-

lich, dass es neben der Coronavirus-Pande-

mie noch andere wichtige Themen für die

>>

7 %der deutschen

Exporte gehen

nach China

Nov.

2017

Nov.

2018

Nov.

2019

Nov.

2020

Quelle: Bloomberg L.P., Stand: 8. Dezember 2020. Wertentwicklungen der Vergangenheit, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

70

60

50

40

30

20

10

Deutsche Industrie mit guten Aussichten

Entwicklung des Einkaufsmanagerindex für Deutschland auf Sektorebene.

Angabe in Indexpunkten.

Verarbeitendes Gewerbe Dienstleistungen

Page 11: PERSPEKTIVEN...PERSPEKTIVEN DER JAHRESAUSBLICK 2021 Chancen im Fokus. Risiken im Blick. 02 PERSPEKTIVEN2021 Inhalt 04 10 Prognosen für 2021 Dr. Ulrich Stephan zur Corona-Krise und

11

Märkte gibt. Denn dort hat der Ausgang der

Präsidentschafts- und Kongresswahlen An-

fang November die Karten neu gemischt –

mit Auswirkungen auf die wirtschaftliche

und politische Entwicklung nicht nur im

Land selbst. Mit einem voraussichtlich wei-

terhin republikanisch dominierten Senat

dürfte es dem designierten demokratischen

Präsidenten Joe Biden kaum möglich sein,

seine geplanten transformativen Program-

me wie die Rücknahme der Trump‘schen

Steuerreformen, den „Green New Deal“

oder die Verschärfung der Regulatorik voll-

umfänglich und zeitnah umzusetzen. Das

sorgt für weniger ökonomische Verunsiche-

rung und lässt viele US-Unternehmen zu-

nächst aufatmen. Gleichzeitig dürfte das

geplante 2,8 Billionen US-Dollar schwere

Fiskalprogramm der Demokraten mit einem

„divided government“ aber auch deutlich

kleiner ausfallen – eine Kompromisslösung

könnte ein Volumen von um die 1 Billion US-

Dollar haben.

Außen- und wirtschaftspolitisch dürften

die USA unter Präsident Joe Biden, einer

wahrscheinlichen Finanzministerin Janet

Yellen und dem möglichen Außenminister

Antony Blinken wieder berechenbarer wer-

den. Yellen beispielsweise hat in der Ver-

gangenheit immer wieder Strafzölle abge-

lehnt. Das heißt jedoch nicht, dass die

US-Politik, etwa gegenüber China, an Härte

verlieren dürfte. Der Ton sollte aber konzili-

anter werden und die Chance, auf globale

Herausforderungen gemeinsame Antwor-

ten zu finden, steigen. Das unterstreicht

nicht zuletzt die Nominierung des ehemali-

gen Außenministers John Kerry zum Klima-

schutzbeauftragten der neuen US-Regie-

rung: Die von Biden angekündigte Rückkehr

der USA zum Pariser Klimaabkommen als

eine seiner ersten Amtshandlungen wird

dadurch immer wahrscheinlicher. Insge-

samt sind dies positive Signale für die Welt

und allen voran für global stark vernetzte

Volkswirtschaften wie Deutschland, die be-

sonders sensibel auf Störungen der interna-

tionalen Zusammenarbeit reagieren.

Nachdem die Konjunktur in den USA im

Jahr 2020 nicht so stark eingebrochen ist

wie in Europa, dürfte auch die Erholung

leicht schwächer ausfallen: Die Deutsche

Bank rechnet für 2021 mit einem Plus von

rund 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Weitere Wachstumsimpulse könnte die

während der Coronavirus-Krise nach oben

geschnellte Sparquote privater US-Haus-

halte geben – vorausgesetzt, die unter ande-

rem durch Einkommenshilfen angewachse-

nen Ersparnisse in Höhe von rund 1 Billion

US-Dollar fließen im Jahresverlauf in den

Konsum. Ebenfalls wachstumsfördernd

sollte sich auswirken, dass sich viele US-

Unternehmen zuletzt mit Warenan- >>

Divided Government

Die USA dürften die kom-

menden Jahre eine „geteilte

Regierung“ haben: Präsident

und Repräsentantenhaus sind

„Demokraten“, der Senat – die

zweite Kammer des gesetz-

gebenden Kongresses – wird

nach den Stichwahlen in Geor-

gia am 5. Januar wahrschein-

lich republikanisch dominiert

bleiben. Das bedeutet: Joe

Biden kann nicht nach Be-

lieben durchregieren, sondern

wird bei vielen seiner Vorhaben

Kompromisse mit den Republi-

kanern finden müssen.

1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020

Quelle: Bloomberg L.P., Stand: 8. Dezember 2020. Wertentwicklungen der Vergangenheit, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

450

400

350

300

250

200

150

100

50

0

Hoffnung auf weitere Abnahme der Politikunsicherheit

Entwicklung des Global Economic Policy Uncertainty Index (Maß für die politik-

bedingte wirtschaftliche Unsicherheit weltweit). Angabe in Indexpunkten.

Page 12: PERSPEKTIVEN...PERSPEKTIVEN DER JAHRESAUSBLICK 2021 Chancen im Fokus. Risiken im Blick. 02 PERSPEKTIVEN2021 Inhalt 04 10 Prognosen für 2021 Dr. Ulrich Stephan zur Corona-Krise und

12

P E RSP E KTIVE N 202 1

käufen zurückgehalten hatten und da-

her in den kommenden Monaten ihre

Lagerbestände wieder auffüllen dürften.

Asiens Schwellenländer: mit Vorsprung aus der Krise

China läuft dem Rest der Welt voraus –

das gilt ganz konkret auch in Sachen Coro-

navirus. Als erstes Land von der Epidemie

betroffen, hat es auch als erstes aus der Kri-

se gefunden. Als einzige bedeutende Volks-

wirtschaft verzeichnet das Reich der Mitte

2020 ein positives Wachstum. Die Deut-

sche Bank rechnet mit 2,2 Prozent. 2021,

im Jahr des hundertsten Jahrestags der

Gründung der Kommunistischen Partei Chi-

nas, könnten es dann sogar mehr als 8 Pro-

zent werden. Auch langfristig bleiben die

Aussichten gut: Die Regierung verfolgt ihr

Ziel, bis 2049 die bedeutendste Volkswirt-

schaft der Welt zu werden, konsequent wei-

ter. Dafür setzt sie vermehrt auf qualitatives

statt auf rein quantitatives Wachstum: Mitt-

lerweile werden sogar Konkurse nicht profi-

tabler Unternehmen von der Regierung be-

wusst zugelassen. Entscheidend für das

Erreichen seiner Wachstumsziele ist für

China der Freihandel – was durch den Ab-

schluss von RCEP, dem größten Freihan-

delsabkommen der Welt mit 14 weiteren

asiatisch-pazifischen Staaten, Mitte No-

vember untermauert wurde.

Generell sind auch die anderen Schwel-

lenländer Asiens besser durch die Pande-

mie gekommen als die Industrieländer und

weisen für 2021 hohe Wachstumspotenzia-

le auf. Eines der größten Risiken für die wirt-

schaftliche Erholung nicht nur in Asien,

sondern weltweit bleibt ein mögliches Wie-

deraufflammen der Coronavirus-Pandemie

– inklusive der Herausforderungen in Bezug

auf die Herstellung, Distribution und Verab-

reichung von Impfstoffen. Hinzu kommt ge-

gen Jahresende die Gefahr, dass die Regie-

rungen ihre Unterstützungsprogramme zu

früh zurückfahren könnten.

>>

Wichtige Termine im Jahr 2021

20. Januar

Amtseinführung des designierten

US-Präsidenten Joe Biden

13. – 16. Mai

51. Weltwirtschaftsforum in Singapur

(pandemiebedingt, statt Davos)

3. Juli

Deutschland: Verkaufsverbot für Weg-

werfartikel aus Kunststoff tritt in Kraft

(z.B. Besteck, Polystyrol-Verpackungen)

23. Juli – 8. August

Olympische Sommerspiele in Tokio

(pandemiebedingt verschoben vom

Sommer 2020)

26. September

Bundestagswahl in Deutschland

1. Oktober 2021 – 31. März 2022

Weltausstellung Expo 2020 in Dubai

(pandemiebedingt verschoben von

2020/2021)

30. – 31. Oktober

Treffen der 20 wichtigsten Industrie- und

Schwellenländer (G20) in Rom/Italien

1. – 12. November

UN-Klimakonferenz in Glasgow/Schottland

(pandemiebedingt verschoben von 2020)

bis 31. Dezember

Abschaltung und anschl. Rückbau der

deutschen Kernkraftwerke Brokdorf,

Grohnde und Gundremmingen C

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UNINTERESSANT INTERESSANT

interessantmehrheitlich interessantneutralmehrheitlich uninteressantuninteressant

Marktausblick

Rohstoffe

Der erwartete wirtschaftliche Aufschwung dürfte die Ölnach-

frage und damit den Ölpreis stützen – die Schwankungen sollten

jedoch anhalten. Die starke Investitionszurückhaltung der Branche

führt zudem langfristig zu einer Verknappung des Ölangebotes.

Auf kurze und mittlere Sicht könnten Industriemetalle unter ande-

rem von den weltweit aufgelegten Infrastrukturprogrammen profi-

tieren. Abnehmende Risiken und leicht steigende Anleiherenditen

dürften die Nachfrage nach der „Krisenwährung“ Gold dämpfen.

Immobilien

Der Immobilienmarkt bietet für 2021 interessante Perspekti-

ven, steht jedoch auch vor Herausforderungen. Der Einzelhandels-

sektor beispielsweise könnte durch den anhaltenden Boom des

Onlinehandels zunehmend unter Druck geraten. Wohnimmobilien,

insbesondere in Ballungszentren, sollten vor dem Hintergrund der

fortschreitenden Urbanisierung dagegen weiterhin Wachstumspo-

tenzial bieten. Der Wohnungsmangel dürfte diesen Trend stützen.

Insgesamt kann ein breit diversifiziertes Immobilienportfolio einen

interessanten Portfoliobaustein bilden.

Liquidität

Die bedeutenden Notenbanken rund um den Globus dürften

auch im Jahr 2021 ihre expansive Geldpolitik beibehalten oder teil-

weise sogar noch ausweiten. Mit einem signifikanten Inflationsan-

stieg ist dennoch kaum zu rechnen, da die Kapazitätsauslastungen

weltweit noch nicht ausgereizt sind und auch der Arbeitsmarkt

noch keine Vollbeschäftigung aufweist. Die Geldmarktzinsen dürf-

ten weiterhin gering bleiben.

Renten

Die Renditeaussichten am Anleihemarkt bleiben insgesamt be-

grenzt. Die Verzinsungen von Anleihen mit geringer Laufzeit dürf-

ten durch die expansive Geldpolitik auf niedrigen Niveaus verhar-

ren. Renditen bei längeren Laufzeiten könnten im Zuge der

wirtschaftlichen Erholung leicht steigen. Das würde die Kurse be-

lasten – ebenso wie eine zunehmende Risikobereitschaft der Anle-

ger, verbunden mit Kapitalflüssen zum Beispiel in Aktien. Schwel-

lenländeranleihen dürften einen gewissen Zinsvorteil bieten. Aus

Diversifikationsgesichtspunkten gehören Anleihen auch im Jahr

2021 in ein breit gestreutes Portfolio.

Aktien

Nach dem Krisenjahr 2020 könnten die Aktienmärkte 2021

Kurspotenzial bieten, sollte sich die konjunkturelle Erholung wie er-

wartet fortsetzen. Preisschwankungen dürften jedoch anhalten,

da weiterhin wirtschaftliche und politische Risiken bestehen. Für

Unternehmen aus den USA und Europa erwartet die Analystenge-

meinde Gewinnzuwächse im zweistelligen Prozentbereich. Allen

voran die von der Coronavirus-Krise besonders betroffenen zykli-

schen Sektoren wie Tourismus, Banken, Grundstoffe und Industrie

dürften Aufholpotenzial bieten. Anleger sollten Aktieninvestments

breit streuen, derzeit mit einem möglichen Fokus auf Zykliker.

Quelle: Deutsche Bank, Chief Investment Officer, Private Bank Germany; Stand: 8. Dezember 2020. Detailinformationen zu einzelnen Anlageklassen sowie deren Chancen und Risiken gibt Ihnen gerne Ihr Berater.

Der Marktausblick gibt die Einschätzungen der Deutschen Bank

zu den einzelnen Anlageklassen wieder. Die Texte beschreiben

die Marktsegmente, die Farben stehen für die Gesamtheit der

Anlageklasse: Ob für eine Anlageklasse ein positives oder

negatives Performancepotenzial ausgewiesen wird, hängt von

den zugrunde liegenden Marktsegmenten ab.

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14

P E RSP E KTIVE N 202 1

Aktien: Verlierer der Krise holen auf,Corona-Pandemie bleibt Risikofaktor

Gute Nachrichten zum Fortschritt der Impfstoffentwicklung haben die Aktienmärkte bereits

beflügelt. Vor allem preiswerte, zyklische Titel dürften sich in den kommenden Monaten gut

entwickeln. Allerdings bleibt das Risiko zwischenzeitlicher Kursrücksetzer.

Für Anleger war das Aktienjahr 2020

mehr als turbulent: Zu den erwarteten Risi-

ken, etwa durch die US-Präsidentschafts-

und Kongresswahlen, gesellte sich im März

auf globaler Ebene die Coronavirus-Krise,

begleitet von deutlichen Kursverlusten. In

den darauffolgenden Monaten konnten sich

die wichtigsten Indizes weltweit, immer

wieder unterbrochen von kurzfristigen

Rücksetzern, jedoch Stück für Stück erho-

len – in Richtung Jahresende zum Teil sogar

über ihre jeweiligen Vorkrisenniveaus hin-

aus. Zum Aufwärtstrend maßgeblich beige-

tragen hatten Anfang November einige viel-

versprechende Erfolge bei der Entwicklung

von COVID-19-Impfstoffen.

Neben den virulenten Risiken der Pande-

mie werden auch andere Unsicherheitsfak-

toren die Marktentwicklungen 2021 beglei-

ten. Dazu zählt neben den Folgen des

Brexits auch der anhaltende politische und

ökonomische Konflikt zwischen den USA

und China, der sich – wenn auch in einem

moderateren Ton – unter dem neuen US-

Präsidenten Joe Biden fortsetzen dürfte.

Insgesamt sieht die Deutsche Bank für die

Aktienmärkte in Anbetracht der erwarteten

Erholung der Weltkonjunktur jedoch mehr

Chancen als Risiken. Für Aktien sprechen

auch eine wieder größere Verlässlichkeit

der US-Handels- und -Außenpolitik sowie

eine eher moderat gestaltete US-Wirt-

schaftspolitik im Rahmen eines „divided go-

vernment“. Die voraussichtlichen fiskali-

schen Maßnahmen etwa in den USA und

Europa sowie mögliche zusätzliche Kapital-

zuflüsse aus den Anleihemärkten im Zuge

einer zunehmenden Risikoneigung der An-

leger dürften die Kurse ebenfalls stützen.

Vor diesem Hintergrund und in Anbe-

tracht der coronabedingt niedrigen Aus-

gangsbasis haben sich die Erwartungen an

die Unternehmensgewinne zuletzt deutlich

verbessert. Für die Gewinne der Unterneh-

• Voraussetzungen für ein

positives Aktienmarktjahr

scheinen gegeben

• Kurspotenzial vor allem auf

Sektor- und Einzeltitelebene

• Zyklische Werte im Fokus

• Zeitweise Rücksetzer im

Jahresverlauf möglich

Die Deutsche

Bank sieht für die

Aktienmärkte 2021

mehr Chancen

als Risiken.

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15

men in den bedeutenden Aktienmärkten er-

wartet die Deutsche Bank 2021 ein Wachs-

tum von bis zu 40 Prozent im Vergleich zum

Vorjahr. Ein Grund für diese beschleunigte

Erholung ist unter anderem, dass viele Un-

ternehmen im Krisenjahr 2020 ihre Investi-

tionen und Kosten reduziert haben und sich

das erwartete Umsatzwachstum dadurch

vergleichsweise schnell in Gewinnsteige-

rungen niederschlagen sollte.

Zu den Gewinnern des Jahres 2021

könnten daher vor allem jene Unternehmen

und Branchen gehören, die anfänglich zu

den größten Verlierern der Coronavirus-Kri-

se zählten und entsprechendes Aufholpo-

tenzial haben. Darunter fallen insbesondere

aktuell günstig bewertete zyklische Titel

aus den Bereichen Reise und Tourismus, Fi-

nanzen, Industrie und Grundstoffe. Im Ge-

gensatz zu diesen sogenannten Value-Wer-

ten erscheinen Growth-Aktien, etwa aus

dem Technologiesektor, kurzfristig weniger

aussichtsreich. Zwar sind ihre langfristigen

Aussichten aufgrund ihres strukturell ho-

hen Gewinnwachstums weiterhin intakt.

Nach den starken Kursgewinnen im Jahr

2020 weisen sie jedoch teilweise hohe Be-

wertungen auf. Die ersten Bewegungen

dieses auch als Sektorrotation bezeichne-

ten Favoritenwechsels an den globalen Ak-

tienmärkten waren als „Impfstoffrally“ be-

reits im November 2020 zu beobachten.

Weniger gut könnten sich in den kommen-

den Monaten auch defensive Titel aus den

Sektoren Versorger, Telekommunikation,

Gebrauchsgüter sowie Nahrungsmittel und

Getränke entwickeln.

Europa: zyklischer Markt mit Aufholpotenzial

Die vergleichsweise stark von zyklischen

Sektoren geprägten Aktienmärkte in Euro-

pa könnten zu den interessantesten Invest-

mentzielen zählen. Die Analystengemeinde

rechnet für europäische Unternehmen

2021 insgesamt mit einem Gewinnwachs-

tum von 40 Prozent im Vergleich zum Vor-

jahr. Für Deutschland wird ein Plus von 33

Prozent erwartet. Über besonders hohes

Aufwärtspotenzial verfügen die Sektoren

Industrie, Grundstoffe, Finanzen, Reisen

und Tourismus. Günstig bewertet erschei-

nen zudem Werte aus dem Gesundheits-

sektor, für den zum einen durch den techno-

logischen Fortschritt und zum anderen

durch die demografische Entwicklung ein

hohes langfristiges Umsatzwachstum zu

erwarten ist.

US-Aktien: nachlassender Rückenwind für Techwerte

Anders als in Europa ist der US-amerika-

nische Aktienmarkt geprägt von Unterneh-

men aus dem Techbereich. Dadurch er-

scheint das Wachstumspotenzial für die

Unternehmensgewinne insgesamt nicht

ganz so hoch wie in Europa. Denn IT- und

Internetwerte sowie „Stay-at-Home“-Titel,

etwa Streamingdienste, Gaminganbieter

oder Homeoffice-Applikationen, haben sich

bereits 2020 stark entwickelt. Entspre-

chend fallen die Erwartungen an das Ge-

winnwachstum in den USA für 2021 mit 23

Prozent etwas geringer aus als in Europa.

Auch jenseits des Atlantiks könnten kon-

junktursensitive Sektoren 2021 die interes-

santesten Perspektiven für Anleger bieten.

Insgesamt bleibt der gesamte US-Aktien-

markt ein essenzieller Baustein für ein breit

gestreutes Aktienportfolio.

Schwellenländer: Profiteure des Digitalisierungstrends

Dass eine zweite Corona-Welle ausge-

blieben ist, bescherte der chinesischen

Wirtschaft als einzige bedeutende Volks-

wirtschaft 2020 ein positives Wachstum.

2021 dürfte es auch vor dem Hintergrund

möglicher zusätzlicher Investitionen im Ju-

biläumsjahr der Kommunistischen Partei

noch einmal anziehen. Das und konjunktur-

bedingt leicht anziehende Rohstoffpreise

sollten sich nicht nur positiv auf den chine-

sischen Aktienmarkt, sondern aufgrund des

starken chinesischen Konsums und >>

Value und Growth

Mit Value (engl. Wert, Subs-

tanz) und Growth (engl. Wachs-

tum) werden Aktien bezeich-

net, die sich voneinander im

Hinblick auf ihre Bewertungen

unterscheiden. Growth-Titel

weisen ein überdurchschnitt-

liches Umsatz- und Gewinn-

wachstum auf und sind meist

hoch bewertet, weil Investoren

hohe zukünftige Gewinne anti-

zipieren. Value-Aktien haben

eine niedrigere Bewertung

(meist am Kurs-Buchwert-

Verhältnis gemessen), denn sie

entstammen gesättigten bzw.

reifen Branchen oder

sind in der jüngeren Vergan-

genheit bei der Kursentwick-

lung hinter den Gesamtmarkt

zurückgefallen.

Lesen Sie weiter auf Seite 18.

33 %erwartetes

Gewinnwachstum in

Deutschland 2021

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P E RSP E KTIVE N 202 1

USA: auf neuen Allzeithochs

Dem historischen Wirtschafts- und Gewinn-

einbruch zum Trotz kletterten die US-Börsen

2020 auf neue Allzeithochs. Entschieden dazu

beigetragen hat die spektakuläre Kursentwick-

lung der Technologie- und Internetriesen, die in-

zwischen rund 40 Prozent des S&P 500 ausma-

chen. 2021 dürfte es sich allerdings lohnen, auf

Unternehmen zu setzen, die sich noch nicht voll-

ständig vom „Corona-Crash“ erholt haben. Fi-

nanz-, Industrie-, Reise- und Freizeitunterneh-

men sind günstig bewertet und bieten hohes

Aufholpotenzial.

Quelle: Bloomberg L.P., Stand: 8. Dezember 2020. Wertentwicklung ausgewählter

Leitindizes inklusive Dividenden in Landeswährung. Wertentwicklungen der

Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

Veränderung der Leitbörsenvom 01.01.2020 bis 08.12.2020

AKTIENMARKTPERFORMANCE

–10,5 % +31,3 %

Keine Werte

Lateinamerika: hohe Unsicherheiten

Lateinamerika wurde von der Coronavirus-

Krise hart getroffen. Brasilien betrauert nach

den USA die zweitmeisten COVID-19-Toten

weltweit und in Mexiko verloren im Zuge der Re-

zession 12 Millionen Menschen ihren Arbeits-

platz. Die Schuldenlast ist zudem in vielen Län-

dern aufgrund der Corona-Hilfen stark

gestiegen und die politischen Unsicherheiten

sind in der Region weiterhin hoch. 2021 könnte

sich die Lage jedoch bessern. Die Aktienmärkte

dürften insbesondere von steigenden Rohstoff-

notierungen profitieren. Kolumbien und Argen-

tinien sollten Sie dennoch meiden.

Kanada | 6,6 %

Mexiko | 0,8 %

USA | 16,6 %

Peru | 1,2 %

Großbritannien | -10,2    %

Spanien | -11,5 %

Italien | -4,1 %

Chile | -11,7 %

Brasilien | -1,6 %

Argentinien | 31,3 %

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17

Wert per 08.12.2020

Prognose für Ende 2021

DAX

13.278 14.000

Euro Stoxx  50

3.526 3.500

S&P 500

3.702 3.800

Topix

1.759 1.800

MSCI China

106 117

MSCI India

1.536 1.550

Europa: mit weiterem Aufholpotenzial

Nachdem sich europäische Aktien 2020 unterdurchschnittlich entwickelt

haben, könnte der November ein Vorgeschmack auf das kommende Aktien-

jahr gewesen sein. Meldungen zum Impfstoff-Durchbruch sorgten beim

Stoxx 600 für Kurssprünge. Denn die im Index enthaltenen Unternehmen

sind stark von der Konjunktur sowie der Nachfrage aus dem Ausland abhän-

gig und dürften von einer Erholung der Weltwirtschaft überproportional pro-

fitieren. Europäische Aktien gehören deshalb 2021 zu unseren Favoriten.

Quelle: Bloomberg L.P., Deutsche Bank, Stand: 8. Dezember 2020.

Prognosen 2021:

Aktienindizes

Kursprognosen für wichtige

Leitindizes in Punkten. Die

Prognosen können sich im

Jahresverlauf 2021 aufgrund

politischer oder wirtschaft-

licher Ereignisse ändern. Die

jeweils aktuellen Einschätzun-

gen zu den Entwicklungen

an den Kapitalmärkten finden

Sie auf Markt & Meinung,

dem Informationsportal der

Deutschen Bank für

Privatanleger, unter

deutsche-bank.de/marktmeinung

Asien: gut gelaufen – gute Aussichten

Die asiatischen Aktienmärkte gehörten in diesem Jahr mehrheitlich zu den Outperfor-

mern. Neben dem erfolgreichen Vorgehen gegen das Coronavirus profitierten Aktien der

Region insbesondere von der Abwertung des US-Dollar und der zügig zurückkehrenden

Nachfrage aus China. Zudem schlossen sich China und 14 weitere Staaten zur größten

Freihandelszone der Welt zusammen. 2021 sollten diese Treiber bestehen bleiben. Den

südostasiatischen Märkten kommt in diesem Umfeld die hohe Gewichtung von Grund-

stoff- und Hardware-Titeln zugute. Japan besticht zudem durch eine günstige Bewertung.

Frankreich | -4,9 %

Türkei | 19,0 %

Russland | 10,5 %

Japan | 4,5 %

Südkorea | 23,6 %

China/Hongkong | -3,1 %

Taiwan | 23,6 %

Saudi-Arabien | 5,7 %

Südafrika | 9,7 % Australien | 3,7 %

Indien | 11,9 %

Deutschland | 0,2 %

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18

P E RSP E KTIVE N 202 1

der Nachfrage nach digitalen Dienst-

leistungen auch auf die Börsen umliegender

Länder auswirken. Das für 2021 erwartete

Wachstum der Unternehmensgewinne in

den asiatischen Schwellenländern liegt

aktuell bei 25 Prozent im Vergleich zum Vor-

jahr. Treiber dieser Aussichten ist beispiels-

weise die bedeutende IT-Hardware-Indust-

rie in Südkorea und Taiwan, die vom durch

COVID-19 noch verstärkten Digitalisie-

rungstrend und vom 5G-Ausbau der Tele-

kommunikationsnetze profitieren dürfte. In-

teressant erscheint auch der indische

Aktienmarkt. Dafür verantwortlich sind un-

ter anderem der private Bankensektor so-

wie auf längere Sicht die großen IT-Dienst-

leister, die zu den Profiteuren der

weltweiten Digitalisierung gehören dürften.

Nachhaltigkeit: mehr als ein Trend

Das Thema Nachhaltigkeit hat durch die

Coronavirus-Krise noch einmal deutlich an

Bedeutung gewonnen: Die Nettomittelzu-

flüsse bei ESG-Investitionen (environment,

social and governance, zu Deutsch: Um-

welt, Soziales und Unternehmensführung)

stiegen 2020 weltweit auf rund 190 Milliar-

den US-Dollar an – 2018 waren es noch we-

niger als 70 Milliarden US-Dollar. Dabei

geht es nicht allein um die viel beschworene

„Geldanlage mit gutem Gewissen“, nach-

haltige Investments eignen sich auch zum

Risikomanagement im Portfolio: Unterneh-

men, die ESG-Kriterien ernst nehmen, müs-

sen beispielsweise nicht mit Milliardenkla-

gen aufgrund von Verstößen gegen

Umweltschutz- oder Arbeitsschutzrichtli-

nien rechnen. Besonders interessant als In-

vestmentregion für nachhaltige Aktien er-

scheint Europa, wo man in Sachen

ESG-Regulatorik und entsprechender In-

vestmentkriterien weltweit eine Vorreiter-

rolle einnimmt.

Portfolio: gute Gründe für Aktien

Die Coronavirus-Pandemie bleibt auch

2021 ein großes Risiko. Nichtsdestotrotz

scheinen die Voraussetzungen für ein posi-

tives Aktienmarktjahr gegeben. Denn sollte

die Weltwirtschaft ihren Erholungskurs wie

prognostiziert fortsetzen, dürften die glo-

balen Aktienmärkte davon profitieren. Er-

folgreiche flächendeckende Impfungen ge-

gen das Coronavirus könnten hier im

Jahresverlauf für zusätzliche Impulse sor-

gen. Auch neue ökonomische Rahmenbe-

dingungen in den USA sowie die geplanten

fiskalischen Maßnahmen in Europa dürften

den positiven Konjunkturtrend und damit

die Aktienmärkte stützen. In Anbetracht die-

ser Entwicklungen sollten sich die durch die

Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen

während der Coronavirus-Krise besonders

unter Druck geratenen zyklischen Sektoren

überproportional gut entwickeln. Zwar sind

die langfristigen Aussichten für klassische

„Growth“-Werte, etwa aus dem Techsektor,

nach wie vor intakt, allerdings sind die Be-

wertungen hier zuletzt stark gestiegen. Im

Hinblick auf diesen wahrscheinlichen Favo-

ritenwechsel an den Aktienmärkten könn-

ten sich zusätzliche Investmentmöglichkei-

ten bieten. Insgesamt erscheint vor diesem

Hintergrund ein ausgewogenes Aktienport-

folio sinnvoll, etwa eine Mischung von takti-

schen „Value“-Investments, also günstigen

zyklischen Titeln, und strukturell starken

Wachstumsaktien, zum Beispiel aus dem

Technologiesektor.

>>

Nachhaltigkeit

Noch gibt es keinen globalen

Standard zur Bewertung

nachhaltiger Kapitalanlagen.

Wer nachhaltig investieren will,

sollte sich daher die Anlage-

kriterien einer Geldanlage,

etwa eines Fonds, genau

ansehen. Auch ein ESG-Label

kann Orientierung bieten. Des

Weiteren können Anleger auf

Investments setzen, die die

„Sustainable Development

Goals“ berücksichtigen. Dahin-

ter verbergen sich die 17 Ziele

für nachhaltige Entwicklung

der Vereinten Nationen.

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S&P 500 Value S&P 500 Growth

Quelle: Refinitiv Datastream, Stand: 8. Dezember 2020. Wertentwicklungen der Vergangenheit, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

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30

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Extremer Bewertungsabschlag für Value-Aktien

Entwicklung der Kurs-Gewinn-Verhältnisse der Subindizes „Value“ und „Growth“

des S&P 500 basierend auf den Gewinnerwartungen der kommenden 12 Monate.

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2020 waren mit Rentenpapieren wie

US-Staatsanleihen, Bundesanleihen oder

Hochzinspapieren aus den USA positive

Renditen zu erzielen. Ausschlaggebend da-

für war die starke Nachfrage nach Anleihen,

die die Kurse nach oben trieb, insbesondere

auf der anderen Seite des Atlantiks. Auch im

neuen Jahr ist mit Bewegung an den Ren-

tenmärkten zu rechnen – phasenweise

könnte es dabei auch turbulent zugehen.

Ein Renditeszenario wie 2020 dürfte sich

dabei jedoch kaum wiederholen. Invest-

mentchancen sollten rar werden.

Trübe Aussichten: reale Vermö-gensverluste bei Staatsanleihen

Bei den extrem niedrigen Zinsen für US-

und Euro-Staatsanleihen kürzerer Laufzei-

ten rechnet die Deutsche Bank in den kom-

menden Monaten insgesamt mit wenig

Veränderungen. Verantwortlich für die trü-

ben Renditeaussichten sind vor allem die

anhaltend niedrigen Leitzinsniveaus der

Notenbanken. Nach Einschätzung der

Deutschen Bank dürfte sich daran auf ab-

sehbare Zeit auch nichts ändern: Mit ersten

Zinsschritten wird in den USA frühestens

Anleihen: trübe Aussichten – vonRenditejägern und Kapitalvernichtern

Niedrige Zinsen, hohe Konjunkturdynamik: Schon für wenig Rendite müssen Rentenanleger

2021 ins Risiko gehen – sonst drohen reale Vermögensverluste. Marktturbulenzen im Jahres-

verlauf sind nicht ausgeschlossen. Am Devisenmarkt könnte es ein ruhiges Jahr werden.

• Insgesamt mehr Risiken

als Chancen an den Renten-

märkten weltweit

• Reale Vermögensverluste

mit Staatsanleihen guter

Bonität

• Renditepotenzial bei aus-

gewählten Unternehmens-

papieren und EM-Anleihen

Ende 2022 und in der Eurozone nicht vor

Ende 2024 gerechnet.

Am längeren Ende der Zinskurve, also im

Bereich 10- bis 30-jähriger Anleihen, könn-

te es dagegen phasenweise auch sehr kurz-

fristig zu steigenden Renditen und damit

Kursverlusten kommen. Mögliche Auslöser

dafür sind eine fortschreitende konjunktu-

relle Erholung, weitere Fiskalprogramme in

Europa und den USA sowie ein damit

einhergehender Anstieg der langfristi- >>

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P E RSP E KTIVE N 202 1

gen Inflationserwartungen. Allerdings

dürften die Notenbanken mit dem Ankauf

von Anleihen die Nachfrage hoch und damit

die Renditen niedrig halten. Zuletzt hatten

sowohl die US-amerikanische Fed als auch

die Europäische Zentralbank signalisiert,

bei Bedarf ihre Geldpolitik noch expansiver

gestalten zu wollen, um die volkswirtschaft-

liche Erholung weiterhin mit niedrigen Zin-

sen zu stützen.

Für Anleger bedeutet das: Bei Staatsan-

leihen bester Bonität sollten 2021 die Ren-

ditechancen über alle Laufzeiten hinweg

sehr gering ausfallen. In Deutschland bei-

spielsweise rentieren aktuell sämtliche Bun-

desanleihen nominal im negativen Bereich.

Nach Berücksichtigung der Inflation fallen

die realen Vermögensverluste für Anleger

sogar noch entsprechend höher aus. In den

USA ist die Situation kaum besser: Dort lie-

gen die Renditen für 10-jährige „Treasuries“

mittlerweile bei knapp unter einem Prozent

– vor Abzug der Inflation. An diesem Bild

dürfte sich mittelfristig kaum etwas ändern.

Unternehmensanleihen: Investment Grade gut unterstützt

Etwas freundlicher sind die Aussichten

für Anleger bei Unternehmensanleihen. Die

erwartete weltweite Konjunkturerholung

und eine ausreichende Liquidität im Markt

sollten vor allem Papiere mit guter Bonität,

also mit einem Investment-Grade-Rating,

stützen. Dafür dürften diese allerdings auch

nur ein leicht höheres Renditepotenzial auf-

weisen als entsprechende Staatsanleihen.

Als renditestärkere Alternative könnten

Hochzinsanleihen in Betracht kommen: Die

Deutsche Bank rechnet für „High Yields“ im

Jahr 2021 immerhin mit durchschnittlichen

Renditen von mehr als 3 Prozent in der Eu-

rozone und fast 5 Prozent in den USA. Aller-

dings erscheint ihr Rendite-Risiko-Profil für

Anleger wenig attraktiv – insbesondere im

Vergleich zu Aktien.

Kaum Bewegung bei Währungen

Am Devisenmarkt ist mit Blick auf die be-

deutenden Währungen in den kommenden

Monaten nicht mit größeren Veränderungen

zu rechnen. Das betrifft vor allem die Wech-

selkurse von US-Dollar, Euro, Renminbi und

Pfund zueinander. Zum Teil deutliches Auf-

wertungspotenzial gegenüber dem US-Dol-

lar bieten dagegen Währungen aus Schwel-

lenländern (engl.: Emerging Markets – EM),

die von einer anziehenden Weltkonjunktur

überproportional profitieren. Dazu zählen

>>

Haupteinflussfaktoren

auf die Anleiherenditen

Staatsanleihen mit Laufzeiten

bis etwa zwei Jahren werden

maßgeblich durch die Noten-

banken beeinflusst. Grund-

sätzlich gilt dabei: je expansi-

ver deren Geldpolitik, desto

niedriger die Anleiherenditen.

Langlaufende, zum Beispiel

10-jährige Staatsanleihen hän-

gen dagegen üblicherweise vor

allem an der Konjunktur.

Jan.

2018Juli

2018Jan.

2019Juli

2019Jan.

2020

Juli

2020

Quelle: Bloomberg L.P., Stand: 8. Dezember 2020. Wertentwicklungen der Vergangenheit, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

1.000.000

800.000

600.000

400.000

200.000

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-200.000

-400.000

-600.000

-800.000

Seit 2018: viel zusätzliches Kapital im Rentenmarkt

Kumulierte weltweite Nettomittelzu- und -abflüsse bei Aktien- und Renten-ETFs. Angaben in Milliarden US-Dollar.

Aktien Renten

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die Türkei ebenso wie Russland mit seiner

bedeutenden Ölindustrie.

Schwellenländer bleiben das Renditemaß der Dinge

Hauptrisiken für Rentenpapiere aus den

Emerging Markets wären ein langfristig

stark anziehendes Zinsniveau in den Verei-

nigten Staaten sowie eine deutliche Auf-

wertung des US-Dollar. Mit beidem ist 2021

nicht unbedingt zu rechnen. Hinzu kommt,

dass die starke wirtschaftliche Erholung in

China sowie das jüngst abgeschlossene asi-

atisch-pazifische Freihandelsabkommen

RCEP – durch das die größte Freihandelszo-

ne der Welt geschaffen wurde – die Bonität

insbesondere vieler asiatischer Länder stüt-

zen dürften.

Entsprechend risikobereite Anleger

könnten in diesem Umfeld auf den Zinsvor-

teil setzen, den die Rentenmärkte in den

Schwellenländern bieten. Die Deutsche

Bank erwartet auf Jahressicht durch-

schnittliche Renditen von rund 4 Prozent –

sowohl für auf US-Dollar lautende EM-

Staats- und -Unternehmensanleihen als

auch für EM-Lokalwährungsanleihen.

Portfolio: Absicherungsfunktion von Anleihen ist eingeschränkt

Mit Blick auf das Gesamtjahr 2021 schei-

nen die Rentenmärkte insgesamt mehr Risi-

ken zu bergen als Chancen. Zumal sich die

Nettokapitalflüsse, die in den vergangenen

drei Jahren von Aktien in Anleihen verliefen,

bald umkehren könnten. Denn nimmt die

Risikoneigung der Marktteilnehmer auf-

grund der weltweiten Konjunkturerholung

zu, dürfte vermehrt Kapital aus Anleihen in

höher rentierliche Aktien fließen – kurzfris-

tig stärkere Kursverluste an den Renten-

märkten wären möglich.

Trotz aller Argumente, die aktuell gegen

Anleihen zu sprechen scheinen, sollten An-

leger die Anlageklasse nicht ganz außer

Acht lassen. Um garantierte reale Vermö-

gensverluste zu vermeiden, dürfte es sich

jedoch anbieten, nur ausgewählte Renten-

marktsektoren, etwa Unternehmensanlei-

hen mit Investment Grade oder EM-Staats-

anleihen aus Asien, ins Auge zu fassen.

Zusätzlich empfiehlt es sich, in der aktuel-

len Zinslandschaft sein Rentenportfolio mit

Blick auf Anleihelaufzeiten, Bonitäten und

Währungsrisiken aktiv zu managen.

4 %erwartete Rendite an

den Anleihemärkten

der Schwellenländer

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P E RSP E KTIVE N 202 1

Kaum ein Wirtschaftszweig war 2020 so

wenig von der Coronavirus-Krise betroffen

wie die Bauwirtschaft. Zwar fiel die welt-

weite Produktion im März um 12 Prozent,

doch schon im Sommer erreichte sie wieder

das Vorkrisenniveau und stützte damit in

vielen Ländern die allgemeine konjunkturel-

le Entwicklung. Dieser Trend dürfte sich

fortsetzen: Die Deutsche Bank rechnet, ab-

hängig vom weiteren Verlauf der Coronavi-

rus-Pandemie, für die globale Bauprodukti-

on 2021 mit einem Anstieg von bis zu 2,0

Prozent, gefolgt von plus 5,4 Prozent im

Jahr 2022.

Preisniveaus gut behauptet

Auch bei den Kaufpreisen kam es in den

meisten Regionen nicht zu einem coronabe-

dingten Einbruch. Das galt insbesondere

für Wohnimmobilien. Hier stieg das Preisni-

veau mancherorts sogar stark an: In

Deutschland beispielsweise verteuerten

sich Häuser und Wohnungen vom Jahres-

anfang bis Ende November im Durchschnitt

um mehr als 7 Prozent.

Kräftige Preiszuwächse gab es auch in

den Niederlanden oder Großbritannien.

Treiber dieser Entwicklung waren im Um-

feld eines anhaltend niedrigen Zinsniveaus

unter anderem die staatlichen Maßnahmen

zur Absicherung der privaten Einkommen

sowie der verstärkte Trend zum mobilen Ar-

beiten. In Deutschland dürften die Preise im

Jahr 2021 weiter anziehen: Trotz gestiege-

ner Produktion wird immer noch zu wenig

gebaut, um die Nachfrage insbesondere

nach urbanem Wohnraum zu decken.

Am deutschen Gewerbeimmobilien-

markt sind die Aussichten trotz eines coro-

nabedingten Nachfragerückgangs im Jahr

2020 weiterhin solide: Bei einer durch-

schnittlichen Leerstandsquote von nur 3,4

Prozent dürften die Mietrenditen für Büro-

immobilien 2021 stabil bleiben. Zudem ist

rund die Hälfte der bis 2022 geplanten neu-

en Büroflächen bereits vorvermietet. Auch

weltweit dürfte der Bedarf an Büroflächen

nach der flächendeckenden Verfügbarkeit

der COVID-19-Impfstoffe schnell wieder

steigen, denn nicht nur in Deutschland ent-

stehen neue Arbeitsplätze vor allem im

Dienstleistungsbereich. Hier gilt es aller-

dings im Blick zu behalten, ob der durch

COVID-19 eingeläutete Trend zum mobilen

Arbeiten nach dem Ende der Pandemie an-

hält und inwieweit er die Büroflächennach-

frage beeinflusst. Besonders stark gefragt

dürften in vielen Regionen weltweit Indust-

rie- und hier vor allem Logistikimmobilien

bleiben, denn viele Online-Händler suchen

neue Lagerhäuser und moderne Verteilzen-

tren mit guter Verkehrsanbindung. Klassi-

sche Einzelhandelsimmobilien könnten da-

gegen weiter unter Druck geraten.

Portfolio breit diversifizieren

Immobilieninvestments könnten für ent-

sprechend risikobereite Anleger auch 2021

ein wichtiger Baustein innerhalb eines breit

diversifizierten Portfolios sein. Sowohl die

vielerorts immer noch zu geringe Bautätig-

keit als auch ein anhaltend niedriges Zinsni-

veau sprechen für Wohnimmobilien: Häuser

und Eigentumswohnungen dürften weiter-

hin knapp bleiben und die Finanzierungs-

kosten niedrig. Bei Gewerbeimmobilien

könnten sich angesichts der unterschiedli-

chen Entwicklung der verschiedenen Sek-

toren breit aufgestellte Immobilienfonds

empfehlen.

Immobilien: stabil auch in der Krise

In der Coronavirus-Krise erwiesen sich Immobilieninvestments insgesamt als solides Anlage-

fundament. Langfristig bleiben die Ertragsaussichten interessant. Dabei sollten Anleger jedoch

die Entwicklungen in den unterschiedlichen Sektoren und Regionen im Blick behalten.

> 7 % Teuerungsrate 2020

für Wohnimmobilien

in Deutschland

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Meldungen über die Verfügbarkeit hoch-

wirksamer COVID-19-Impfstoffe und die

Hoffnung auf eine baldige wirtschaftliche

Normalisierung brachten im November 2020

den konjunktursensiblen Rohstoffnotierun-

gen einen erneuten Schub. Insbesondere

frühzyklische Basismetalle wie Nickel, Zink

und allen voran Kupfer stiegen binnen kur-

zer Zeit deutlich im Wert. Der Kupferpreis

erreichte mit mehr als 7.750 US-Dollar pro

Tonne Anfang Dezember sogar ein neues

Siebeneinhalb-Jahres-Hoch.

Maßgeblicher Treiber der Nachfrage

nach Industriemetallen ist China, wo die

wirtschaftliche Erholung bereits im zweiten

Quartal 2020 eingesetzt hat. Der dortige

Bausektor etwa gilt als einer der bedeu-

tendsten Abnehmer von Kupfer weltweit.

2021 dürfte unter anderem die Möglichkeit

flächendeckender Impfungen in den Nach-

barländern für weitere konjunkturelle Im-

pulse im Reich der Mitte sorgen.

Befeuert wird die weltweite Nachfrage

nach Kupfer und Co zudem durch das star-

ke Wachstum zukunftsweisender Indust-

rien. Sowohl die Ankündigung Chinas, bis

spätestens 2060 klimaneutral werden zu

wollen, als auch der Green Deal der Euro-

päischen Union und die klimaschutzbe-

wusstere neue US-Administration dürften

etwa den Ausbau alternativer Energien und

der Elektromobilität vorantreiben. Unver-

zichtbar dabei sind altbewährte Industrie-

metalle: In einem E-Auto beispielsweise wird

fast dreimal so viel Kupfer verbaut wie in ei-

nem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

Ebenfalls steigen dürfte in diesem Zusam-

menhang die Nachfrage nach dem Batterie-

metall Lithium, wenn auch dank hoher Ver-

fügbarkeit nicht mit besonders hohem

Preispotenzial.

Während die guten Impfstoffnachrichten

bei Industriemetallen für steigende Notie-

rungen sorgten, geriet der Goldpreis unter

Druck – dies könnte zumindest kurzfristig

anhalten. Der Grund: Die erwartete Kon-

junkturerholung im Jahr 2021 sollte zu

leicht anziehenden Kapitalmarktzinsen füh-

ren, wodurch sich die Opportunitätskosten

einer zinslosen Anlage in Gold erhöhen. Zu-

dem wird das Edelmetall in einem Umfeld

abnehmender politischer Risiken als Absi-

cherungsinstrument im Portfolio verzicht-

barer. Im späteren Jahresverlauf könnte die

Nachfrage nach physischem Gold insbeson-

dere in den Schwellenländern wieder stei-

gen und den Preis des Edelmetalls stützen.

Am Ölmarkt legten die Notierungen im

November binnen drei Wochen um bis zu 30

Prozent zu. Gestützt von den weltweiten

Wachstumsprognosen für die Industrie und

der Hoffnung auf eine Normalisierung ins-

besondere in den Bereichen Verkehr und

Tourismus dürften sie 2021 weiteres mode-

rates Aufwärtspotenzial aufweisen. Insge-

samt bleibt die Schwankungsanfälligkeit

aber hoch. Preisdämpfend könnten sich im

Jahresverlauf zum Beispiel ein mögliches

Ende der selbst auferlegten Förderbe-

schränkungen durch die Organisation erd-

ölexportierender Länder und Russland

(OPEC+), Fortschritte beim libyschen Frie-

densprozess und ein möglicher neuer Deal

zwischen den USA und dem Iran auswirken.

Mittelfristig könnte hingegen der histori-

sche Tiefstand bei den Investitionen der

größten börsennotierten Öl- und Gasunter-

nehmen für Preispotenzial sorgen: Das

Rohölangebot könnte sich dadurch bis

2025 um rund acht Millionen Barrel pro Tag

verringern – das entspricht etwa 8 Prozent

der aktuellen globalen Fördermenge.

Rohstoffe: China treibt die Nachfrage

Eine zügige Konjunkturerholung, allen voran in China, dürfte 2021 die Nachfrage nach

Rohstoffen treiben. Im Fokus stehen dabei Industriemetalle, während der Goldpreis zeitweise

unter Druck geraten könnte. Am Ölmarkt bleibt die Schwankungsanfälligkeit hoch.

Opportunitätskosten

Auch Verzichts- oder Alterna-

tivkosten; beschreibt den ent-

gangenen Nutzen der besten

nicht gewählten Alternative.

Im Falle von Gold bedeutet

das: Bei einem Investment in

Gold, das keine regelmäßigen

Zinserträge abwirft, entgehen

dem Anleger potenzielle Zins-

erträge aus anderen als sicher

geltenden Anlageklassen, zum

Beispiel US-Staatsanleihen.

Je höher die Anleihezinsen

sind, desto höher sind die

Opportunitätskosten eines

Gold-Investments.

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