petrographische verhältnisse in dem “istá-jechnitzer granitmassiv (böhmen)
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Petrographische Verh iltnisse in dem Cist i,Jechnitzer Granitmassiv (B6hmen).*)
Von A l e x a n d e r O r l o v (Prag).
Das r Granitmassiv ist wesentlich aus sauerem Granit und Oligoklasgranodiorit aufgebaut. Beide Gesteinsarten sind aufeinanderfolgende Kristallisationsfraktionen desselben Magmas. Seiner petrographischen Natur nach zeigt da s r Granitmassiv eine gewisse Xhnlichkeit mit Graniten des Erzgebirges, hingegen einen auffallenden Unterschied ~,e~en-~ ,~
fiber der Hauptmasse des mittelbShmischen Granitmassives.
Das Cist~-Jechnitzer Grani tmassiv liegt in der mit telbShmischen permocarbonischen Mulde westlich yon Rakovnik (Rakownitz) . Seine topographische Stellung ist dadurch merkwtirdig, daili es sich zwischen zwei grolSen Grani tkomplexen yon verschiedener pe t rographiseher Natur ausdehnt, und zwar zwischen den Grani tmassiven des west- lichen Erzgebirges (samt KMserwMd) und dem mittelbShmischen Granitgebiete.
Das geologische Alter des ~is ts Grani tmassives ist variscisch, f2ber petrographische und geologische Natur des ~[assives liegen aulSer gelegentl iehen Anmerkungen yon A. Bien 1) und V. Sme- tana 2) keine n~heren Untersuchungen vor.
Das Cist~-Jeehnitzer Grani tmassiv ist wesentlictl aus zwei ver- schiedenen Gesteinsarten aufgebaut: einem saueren Grani t und einem Oligoklasgranodiorit . Der erstere dehnt sich haupts~tchlich im west- l ichen (Tisser) und n0rdlichen (Petersburg-Jechni tzer) Teile des Massives aus. Vorkommen des letzteren beschr~nken sich ~uf den stid~Sstlichen (~ist~er) Teil des Massives.
Im Gebiete des saueren Granites sind manche Steinbrtiche er- 5ffnet: stidlich yon Tis, stidlich yon Kr ty , 5stlich yon Chot~gov, nord-
*) Diese Notiz enth~lt eine kurze Zusammenfassung der Arbeit, welche in tschechischer Sprache im ,,V~stnik kr,41. ~esk~ SpoleSnosti Nauk" (M~- moires de la Soci~t~ Royale de Sciences de Boh~me, 1932) erschienen ist.
1) A. Bien, Lotos, 1930. ~-) V. Smetana, Sbornik st~t. geol. fist. CSR., 1927.
206 Alexander 0rlov.
westlich yon Orator, 5stlich yon Petersburg (etwas basischer Varie- t~t) unit andere.
Der sauere Granit ist gr_obkSrnig (KorngrSfte 3 bis 5 ram), yon graublauer Farbe. Seine mineralische Zusammensetzung, in l~ber- einstimmung: mit der chemischen Analyse des .typischen saueren Granits vom Steinbruche s~idlich yon Tis gerechnet, ist folgende:
Qu . - -33"1 ; Or . - -22"6 ; Plg. --34"9 (Ab. - - 305; A n . - - 4 " 4 ) ; Biot. - - 8"6; Akz. - - 0"8.
Verh~ltnis der Hauptbestandteile: Q u . - - 3 6 " 5 ; O r . - - 2 7 0 ; Plg. - - 365.
Verh~ltnis der Feldspatmolekfile: Or. --42"4; Ab. --50"7; An. - - 6"9..~
Eine merkwfirdige Eigensehaft des saueren Granites ist die sehr starke perthitiseho Durchwachsung des Orthoklases mit Albit. In kleinen Mengen vorhandene Plagioklase gehSren einem Albit-Oligoklas bis reinem Albit an. Femische Komponente ist nur Biotit. Prim~rer Muskovit ist selten. Starke Kataklase wie auch sekund~re Umwand- lung (hauptsSchlich Muskovitisierung), an manchen Stellen Myloniti- sierung (z. B. nordSstlich yon Blatno), sind erkennbar.
Aul]er dem graublauen Granit kommt an einigen Stellen grob~ k~rniger Granit yon roter Farbe vor. Wie chemische Analyse und mikroskopische Untersuchung zeigen, ist der letztere mit den nor- malea graublauen Abarten ganz identisch. Ein geringer Unterschied liegt im st~rkeren Einflusse der sekund~tren Prozesse und in der ,H~tmatitisierung" des Biotites. Roter Granit kommt vorwiegend am 5stlichen Rande des sfidSstlichen Teiles des Massives vor. An einigen SLellen hat der rote Granit bedeutende Neigung zur Bildung grob- kSrniger pegmatitartiger Netze oder Schlieren.
Der 01igoklasgranodiorit ist vorwiegend mittelkSrnig und -con graugelber oder roter Farbe. Ein einziger Steinbruch im Granodiorit nordwestlieh yon ~ist~ erm~glicht, seine Eigenschafter~ n~iher zu studieren. Die mineralische Zusammensetzung (in Obereinstimmung mit der chemischen Analyse gereehnet) ist folgende:
Q u . - 22; O r . - 10; P l g . - 57 ( A b . - 44 + A n . - 13); B iot. + Amph. - - 8; Akz. - - 3.
Verh~r der Hauptbestandteile: Qu. - - 24; Or. - - 11; Pig. - - 65. Verh~ltnis der Feldspatmolek~ile: Or. - - 1 5 ; Ab. - - 6 5 5 ;
An. - - 19"5.
Petrographische Verhltltnisse in dem (~istS-Jechnitzer Granitmassi~'. 207
F~ir typische Abarten des Granodiorites ist charakteristisch das Vorhandenseia einer bedeutendea Menge yon gerundeten Individuen zonar struierter Plagioklase (im Kern Oligoklas, in der Hfille Oligo- klas-Albit bis Albit). Den Rest des Gesteines bildet ein kleink~rniges Aggregat yon Quar~, Or~hoklas (ohne perthitische Verwachsung mit Albit) und kleiner Menge nichtzonarer, leistenf~rmiger Plagioklase. Fomische Komponenten sind Biotit und - - untergeordnet - - Amphi- bol. In den basischen Abarten tritt immer Titanit hinzu. Sekund~re Prozesse sind nur sehr selten; anstatt der Kataklase herrscht Proto- klase und durch letztere verst~rkte gerichtete (his parallele) Textur vor.
AuBer den reinen Haupttypen (Granit und Granodiorit) finder man im (~ist~-Jechnitzer Massiv eine gauze Reihe verschiedener Variet~ten der beiden.
Bei dem saueren Granit ist eine gewisse Schwankung" in der Zu- sammensetzung durch MengenerhShung des Biotites und der saueren Plagioklase (nur schwach zonar struiert) bedingt. Dagegen ~ndern sich beim Steigen der Acidit~t des Granodiorites nicht nur die mine- ralische Zusammensetzung, sondern auch die strukturellen Merk- male. Parallel mit der Erh~hung der Menge des Orthoklases ver- schwinden nach und nach die Unterschiede in den Dimensionen der zonaren Plagioklase und der fibrigen Minerale, bis endlich ziemliche Gleichm~Bigkeit eintritt. Gleichzeitig erscheint der 0rthoklas mehr un4 mehr perthitisch mit Albit durchwachsen.
Au[ter den grob- und mittelkSrnigen Abarten kommen sowohl im Granit wie im Granodiorit auch feinkSrnige Variet~ten vor, die vorwiegend als ganz untergeordnete Schlieren auftreten. Sie bil- den meistens die allm~thlichen ~berg~tnge zu einem normalen grob- kSrnigen (eventuell mittelkSrnigen) Gesteine. Nut selten sind die feinkSrnigen Schlieren scharf begrenzt und erinnera deswegen an wahre G~nge. Die petrographischen Eigenschaften des feinkSrnigen Materiales der Schlieren wie auch der oben erw~thnten ,,G~nge" unterscheiden sich nur sehr wenig yon den normalen Hanpttypen. Es handelt sich um Einschfibe einer jfingeren Fraktion des Magmas in eine ~ltere, wobei aber beide demselben Erstarrungsvorgange an- gehSren.
Um die chemische Natur der Haupttypen der Gesteine des ~ists Massives zu charakterisieren, habe ich folgende drei Analysen ausgeffihrt:
2 0 8 A l e x a n d e r Orlov.
I. Graublauer Granit aus dem Steinbruche siidlich yon Tis. II. Roter Granit aus dem Steinbruche westlich yon Vs (nord-
5stlich yon Cist~). III. Graugelber Oligoklasgranodiorit aus dem Steinbruche nordwest-
lich yon ~ist/~.
Die Analysenresultate sind in folgender Tabelle zusammen- gestellt:
SiOu . . . . . . . . TiO~ . . . . . . .
A1203 . . . . . . . Fe~O:, . . . . . . . FeO . . . . . . . NnO . . . . . . . .
MgO . . . . . . . . C a O . . . . . . .
Na~O . . . . . . . . K~0 . . . . . . . .
P ~ 0 5 . . . . . . . .
H~0+ . . . . . . . t 1 ~ 0 - . . . .
I. II . 111.
73"85 12247 0"15 19
14"65 1433 0'10 6 1"73 2t1 0"03 4 0"18 45 0"88 157 3'60 581 4"49 477 0"08 0'36 0"11
27 . . . . . . . . . 100"21
Spez. Gew . . . . . . 2-67
74"61 12373 0 05 6
13"82 1352 0"67 42 1"27 177 0"03 4 0 1 7 42 0"69 123 3"~8 545 4"96 526 0"04 0"34 0"14
100"17
2'62
67 68 11224 0"50 62
16"80 1644 0"85 53 2"34 326 0 05 7 0"92 228 3-37 60l 5"19 837 2'06 219 0"27 0 24 0"05
100"32
2"68
Moleku]arwerte nach Niygli ftir alle drei analysierten Gesteine:
si al fm a lk I k m g c]hn
I . . . . . . . . . . 415 II . . . . . . . . . . . 435
l I I . . . . . . . . . . . 284
48'6 10 3 47"6 10"7 41"5 16"8
5"3 4"2
15"1
35"8 0'45 37"5 0 4 9 26"6 0"19
0"15 0"52 0 13 0"40 0"34 0'90
Molekularwerte nach Osann:
s a c f Al C A lk
/ I . . . . . . . [ 80"5
I1 . . . . . . . 1 81"2 I l I . . . . . . . 74'0
20"6 3"3 6"1 21"2 2"5 6"3 13"7 7"5 8"8
n S A I F
5"4 26 0 3-0 l '0 5 0 26"2 2"8 1"0 7"9 23"8 3"5 2"7
16"2 1"8 12"0 16"0 1"4 12"6 15"0 5'5 9"5
l'etrogr,~phische Vel'hltltn;sse in dem ~istS-Jeehnitzer Granitmassir. 209
Ein charakteristisches Merkmal Mler Gesteine des ~ist~-Jech- nitzer gassives ist die auffallende Rolle des Albitmolekfiles. Ihrer chemischen Na'tur nach gehSren die analysierten Gesteine noch der Reihe der Alkalikalkgesteine an,-sie besitzen aber manche Merkmale, die f~ir Gesteine der Alkalireihe typisch sind.
Die genetischen Verh~iltnisse tier beiden Haupttypen des ~ist~- Jechnitzer Nassives mud man als diejenigen zweier versehiedener Kristallisationsfraktionen eines einzigen Magmas bezeichnen. Der Granit ist eine sp~itere, der Granodiorit eine fr~ihere Fraktion.
Man kann welter annehmen, dad hie und da einzelne Teile des- selben Magmas (vielleicht auch verschiedene Kristallisationsfrak- tionen) unter verschiedenen Druckbedingungen ineinander eingreifen konnten.
Die gerichtete Textur ,,Prim~trschieferung" einiger G ranodiorite (z. B. nordwestlieh yon ~ist(t oder siidSstlieh yon %dar) wird man dureh die Annahme erkl~tren, daD in der Periode der starken Druck- wirkung derem Einflusse zwei verschiedene Phasen ausgesetzt waren: eine feste (Plagioklase) und eine noch flfissige (Rest des Magmas)~ Im saueren Granit konnte die Einwirkung desselben Druckes infolge tier kleinen Untersehiede im Kristallisationsintervalle der einzelnen Ge- mengteile viel weniger zur Geltung kommen.
Bei den Gesteinen wird man auDer der individuellen Reaktions- art auf Druck noch eine ungleiehe St~irke des Druckes in verschie- denen Teilen des Massives ann.ehmen miissen.
Was die petrographische Verwandtschaft des r163 Massives mit den Graniten des Kaiserwaldes, Erzgebirges und des mittelbShmischen Granitmassives betrifft, mud man folgendes kon- statieren:
Im mittelbShmischen Granitmassiv zeigen nur zwei Gesteins- abarten ziemlich gro~e Analogie mit dem ~ist~-Jechnitzer Massiv, und zwar der sauere Granit yon Nepomuk (beschrieben und analysiert vom Autor)3) und der Oligoklasgranodiorit yon Po~s (beschrieben yon A. Rosiwal) ~). Alle iibrigen Gesteinsarten des mittelbShmischen Granitgebietes - - das sehr stark vorwiegende Gros des Massives - - zeigen sehr auffallende Abweiehungen yon dem petrographisehen Charakter des ~isfft-Jechnitzer Granitmassives.
~) A. Orlov, V~stnik st~t. geol. fist. r 1932. 4) A~ Rosiwal, Verhandl. d. k. k. geol. Reiehsanstalt, 1898, S. 161~
210 Alexander Orlov.
Dementgegea tritt eine sehr grolge Analogie in der petro- graphischen Natur des ~ists Massives und des Kaiser- waldes, dessert petrographische Charakteristik yon M. Stark 5) dar- gestellt worden ist, zutage. Die gemeinschaftlichen Eigenschaften betreffen nicht nur die mineralogische Zusammensetzung, sondern auch die Gliederung in zwei Haupttypen mit ihren charakteristischen Merkmalen; ein Unterschied liegt in der KorngrSlSe der beiden Typen.
Die saueren Typen der Granite des Erzgebirges haben im Ver- gleiche mit den Graniten des ~istft-Jechnitzer Massives auch ein ge- meinschaftliches Merkmal: die wichtige Rolle des Albitmolekiiles. Die yon M. Stark n~ther begrfindete Identit~t der Granite des Kaiserwaldes mit denjenigen des Erzgebirges beweist indirekt auch die Ana]ogie der petrographischen Natur des (~istA-Jechnitzer Mas- sires mit jener des Erzgebirggranites.
Daraus folgt, dab zwischen allen drei Granitgebieten - - dem CistA-Jechnitzer, dem des Kaiserwaldes und dem erzgebirgischen - - eine petrographische Verwandtschaft existiert und dalg diese drei }[assive eine petrographische Sonderstellung gegeniiber dem sttd- 5stlich yon ihnen sich ausdehnenden groBen mittelbShmischen Granit- massiv einnehmen.
Petrographisches Inst.itut der Karls- Universit~t in Prag.
(Bei der Schriftleitung eingelangt am 7. Dezember 1932.)
5) M. Stark, Mitt. d. Naturwiss. Ver. an der Univ. Wien, 1913~ XI.