phytotherapie von herz-kreislauf-erkrankungen · 900 mg/ tag extrakt oder placebo. -...
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Phytotherapie von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
SS 2017
Prof. Dr. Marietta Kaszkin-Bettag
Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Koronare Herzkrankheit Herzrhythmusstörungen Herzinsuffizienz Periphere arterielle Verschlusskrankheit Chronische Veneninsuffizienz
gegenwärtig keine Phytotherapeutika verfügbar
Phytotherapie möglich
Therapieziel
-Verlängerung der Überlebenszeit
-Senkung der Morbidität
-Verbesserung der Belastungskapazität,
definierter subjektiver Beschwerden (NYHA-Skala)
und damit der Lebensqualität
-Verhinderung der Progression in prognostisch
ungünstigere Stadien
-Verbesserung bzw. Normalisierung der Pumpfunktion
und damit der Perfusion lebenswichtiger Organe
Literatur: Dingermann, Loew: Phytopharmakologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2003
Adonisröschchen – Adonis vernalis
Maiglöckchen – Convallaria majalis
Meerzwiebel – Urginea maritima
Oleander – Nerium oleander
In der Therapie der akuten und chronischen Herzinsuffizienz spielen herzglykosidhaltige Pflanzenextrakte wegen der - geringen und unregelmäßigen oralen Verfügbarkeit - fehlender Standardisierung - mangelhafter Kontrolle von Plasmaspiegeln im Rahmen der therapeutischen Einstellung und Erfassung von toxischen Plasmakonzentrationen keine Rolle mehr! Nicht von der HMPC monographiert!
Eingriffeliger Weißdorn – Crataegus monogyna
Crataeagutt novo 450
Nach neueren Untersuchungen auch NYHA III
18.75%
Wirkung des Crataegus-Extraktes auf die Kontraktionskraft (A) und die apparente Refraktärzeit (B) an isolierten Herzmuskelzellen
Gegenüberstellung pharmakodynamischer Wirkungen von Crataegus - Extrakt und Digitalis - Glykosiden
Crataegus-Extrakt Digitalis - Glykoside Positiv inotrope Wirkung Positiv inotrope Wirkung Neutral chronotrop Negativ chronotrope Wirkung Positiv dromotrope Wirkung Negativ dromotrope Wirkung Negativ bathmotrope Wirkung Positiv bathmotrope Wirkung Antiarrhythmische Wirkung Rhythmogenes Potential
Der positiv inotrope Effekt von Crataegus-Extrakt ist im Gegensatz zu Herzglykosiden nicht mit einer Verkürzung, sondern mit einer Verlängerung der Refraktärzeit verbunden ! (negativ bathmotrop) -keine arrythmogenen, sondern rhythmusstabilisierende Begleitwirkungen !
Positiv inotrop wirkende Substanzen weisen in der Regel arrythmogene, negativ inotrope Substanzen dagegen antiarrythmische Wirkungen auf.
Crataegus-Extrakt bewirkt eine - Verkürzung der AV-Überleitungszeit (positiv dromotrop) - Zunahme der Koronar- und Myokarddurchblutung - Senkung des peripheren Gefäßwiderstandes - Erhöhung der Toleranz gegenüber Sauerstoffmangel - kardioprotektive Wirkung am Ischämiemodell
Metaanalyse
8 randomisierte, doppelblinde Placebo-kontrollierte Studien 632 Patienten (überwiegend NYHA I und II, 1x NYHA III)
Positive Effekte von Crataegus bestätigt !!!
160 – 1800 mg /Tag verbesserte die maximale körperliche Belastbarkeit signifikant im Vergleich zu Placebo. 7 Studien mit WS 1442 (Crataegutt ®) 1 Studie mit LI 132 (Faros ®)
Hochdosierter Crataegus-Spezialextrakt wirkt auch bei Herzinsuffizienz NYHA III
900 oder 1800 mg /Tag WS 1442 (Crataegutt ®) als Begleittherapie zu ACE-Hemmer oder Diuretikum Prüfparameter: körperliche Belastungstoleranz subjektive Beschwerden Ergebnis: Deutliche Verbesserung gegenüber Placebo Vorteil der höheren Dosierung Verbesserung der Lebensqualität Auch in hoher Dosierung gute Verträglichkeit und Unbedenklichkeit. (keine negativen Beobachtungen in Toxikologie-, Mutagenitäts-, Cancerogenitäts-Studien)
Studie zur Therapie von NYHA II und III mit Crataegus-Extrakt WS 1442
- SPICE-Studie - (Survival and Prognosis Investigation of
Crataegus Extrakt WS 1442)
Einfluss des Extraktes WS1442 auf die Mortalität - 2600 Patienten im NYHA-Stadium II und III - Randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie - Auswurffraktion von < 35 % - Patienten erhalten 24 Monate lang zusätzlich zur Standardtherapie 900 mg/ Tag Extrakt oder Placebo. - Hauptzielparameter ist die Zeit bis zum ersten kardialen Ereignis (Herztod, nicht-tödlicher Herzinfarkt, Hospitalisierung aufgrund der Verschlimmerung der Herzinsuffizienz).
Ergebnisse der SPICE-Studie
• Die Kombinationstherapie mit WS 1442 bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ist sicher. • In der Gesamtpopulation wird die kardiale Mortalität nach 6 und nach 18 Monaten signifikant reduziert. • Der plötzliche Herztod wird in der Subgruppe mit LVEF 25% signifikant reduziert. Der positive Trend im Hauptzielparameter (Zeit bis zum ersten kardialen Ereignis) war nicht signifikant. Der Eintritt tödlicher kardialer Ereignisse kann möglicherweise hinausgezögert werden, insbesondere bei Patienten mit LVEF 25%.
Aus: Koller et al. Weißdorn-Spezialextrakt in der Therapie früher Stadien der KHK-assoziierten Herzinsuffizienz. MMW-Fortschritte der Medizin 147Jg., Nr. IV/2005, S. 159-164 T1 = nach 12 Wochen, T2 = nach 24 Wochen
Aus: Koller et al. Weißdorn-Spezialextrakt in der Therapie früher Stadien der KHK-assoziierten Herzinsuffizienz. MMW-Fortschritte der Medizin 147Jg., Nr. IV/2005, S. 159-164
Relative Verbesserung der Lebensqualität T1 = nach 12 Wochen, T2 = nach 24 Wochen
Wirkmechanismus von Crataegus
WS 1442 und seine Fraktionen binden und blockieren konzentrationsabhängig die sarkolemmale Na+/K+-ATPase des menschlichen Myokards (ähnlich wie Digitalisglykoside)
Anstieg der intrazellulären Na+-Konzentration, Abnahme der intrazellulären K+-Konzentration
Verringerter Ca2+-Auswärtstransport durch den
Na+/Ca2+-Austauscher
Zunahme der intrazellulären Ca2+-Konzentration
Positiv inotroper Effekt
Wirkmechanismus von Crataegus
Wirkmechanismen von Crataegus Direkter Angriffspunkt: Na+/K+-ATPase Plus weitere pleitrope Effekte z.B. erhöhte Öffnungswahrscheinlichkeit der Kalium-Kanäle, Erweiterung der Gefäße durch NO-Anstieg via eNOS. Kein Einfluss auf die Adenylatcyclase und cAMP. WS 1442 hemmt im Rattenmodell die Migration und Proliferation von glatten Muskelzellen, aber nicht von Endothelzellen und reduziert die durch Ballonkatheter ausgelöste Hyperplasie der Neointima durch Inhibition des PDGFR-beta. Zudem Cholesterin-senkende und antiinflammatorische Wirkung. Wang J, Xiong X, Feng B. Effect of Crataegus Usage in Cardiovascular Disease Prevention: An Evidence-Based Approach. Evid Based Complement Alternat Med. 2013;2013:149363.
Fazit: Crataegus-Spezialextrakt WS 1442 ist, ähnlich wie Herzglykoside, in der Lage, cAMP-unabhängig die Kontraktionskraft des insuffizienten humanen Myokards zu steigern und die Kraft-Frequenz-Beziehung zu Optimieren. WS 1442 verbessert die Sauerstoffversorgung des Herzens. Für Langzeittherapie geeignet ! (Minimum 6 Wochen in hoher Dosierung) Achtung: Interaktion mit Digoxin, Antiarrhythmika daher gleichzeitige Gabe nicht empfohlen!
Literatur: M. Marshall, D. Loew – Venenerkrankungen: Grundlagen und Therapie. Springer Verlag Berlin Heidelberg, Hrsg. Schäfer-Korting, 2003
Thrombusbildung
Stadieneinteilung der CVI nach Widmer/Marshall
Ödemprotektiva dienen vor allem zur Stabilisierung eines erreichten Entstauungszustandes. Intervall-Therapie Überbrückung bis zur möglichen invasiv-kausalen Maßnahmen (z.B. Varizenchirurgie)
Mögliche Dauertherapie - bei primärer und sekundärer CVI - bei Ablehnung invasiver Maßnahmen im Rahmen der freien Therapieentscheidung des Patienten
Aescin ist placenta-gängig und geht in Muttermilch über
Community Herbal Monograph – Aesculus hippocastanum L., Semen
Community Herbal Monograph – Aesculus hippocastanum L., Semen
Wirkmechanismen von Aescin
- hemmt dosisabhängig die Permeation von kleinen Molekülen - gefäßabdichtend
- antiexsudativ: in Probanden/Patienten sank nach oraler Gabe von 300 bzw. 600 mg
eines Rosskastaniensamenextrakts der transkapillare Filtrationskoeffizient um 22 %
(stieg dagegen bei Placebo leicht an)
- hemmt lysosomale Enzyme (Abbau von Hyaluronsäure und damit der
extravaskulären Matrix gehemmt; Protektion der Proteoglykane)
- Venen-tonisierend; signifikanter Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit um 30 %
- Abnahme der Vollblutviskosität um 5 %, d.h. verbesserte Hämodynamik,
- Rückgang subjektiver Beschwerden
Arzneimittelinteraktionen:
Aescin verdrängt Marcumar® aus der Plasmaeiweißbindung Aescin induziert CYP1A2, hemmt CYP2C9 und CYP3A4 (in Ratten).
- nur qualitativ hochwertige Medikamente aus der Apotheke verwenden - auf ausreichende Wirkstoffdosis achten: 100 mg Aescin - das Mittel regelmäßig über einen längeren Zeitraum (mind. 3 Monate) einnehmen und nicht nur dann, wenn Beschwerden auftreten
Roter Weinlaubextrakt gegen CVI
Antistax® – Präparat aus rotem Weinlaub. Zur Herstellung werden ausschließlich Weinblätter des Teinturier du Cher verwendet (Färbertraube) - Klinische Placebo-kontrollierte Studie 2004 an 71 Frauen und Männern mit verschiedenen Graden von CVI Ergebnisse: -Nach ca. 6 Wochen Anstieg der Durchblutung in den kleinen Gefäßen des Knöchels -Rückgang der Schwellungen der Beine -Mikrozirkulation nahm positiv zu -Sauerstoffwert stieg an
-Wirksamkeitsbestimmender Inhaltsstoff: Flawen