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Praktikumsskript zur Allgemeinen und Anorganischen Chemie für Biologen 1.Auflage Ludwig-Maximilians-Universität Department Chemie und Biochemie Arbeitskreis Prof. Bein

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Praktikumsskript zur Allgemeinen und

Anorganischen Chemie für Biologen 1.Auflage

Ludwig-Maximilians-Universität

Department Chemie und Biochemie

Arbeitskreis Prof. Bein

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Name _____________________

Vorname _____________________

Saal _____________________

Platz _____________________

Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-NORM über Haltbarkeit erfüllt.

© Copyright 2019 by Sebastian Häringer,AK Bein & Co., 81377 München.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung

außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors

unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen

und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany.

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Ablaufplan

Fr, 05.04.2019

Platzübernahme

Handwerkszeug

und Säuren I (2.2)

08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

Sicherheitseinweisung (Anwesenheitspflicht) 10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 1

Wochenende Mo, 08.04.2019

Säuren II und Basen 08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 1 Di, 09.04.2019

Puffersysteme und

Komplexchemie

08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 1

Mi, 10.04.2019

Redoxreaktionen 08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 1 Do, 11.04.2019

Ionenlotto

Platzabgabe

08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 1

Fr, 12.04.2019

Platzübernahme

Handwerkszeug

und Säuren I (2.2)

08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 2

Wochenende Mo, 15.04.2019

Säuren II und Basen 08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 2 Di, 16.04.2019

Puffersysteme und

Komplexchemie

08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 2

Mi, 17.04.2019

Redoxreaktionen 08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 2 Do, 18.04.2019

Ionenlotto

Platzabgabe

08:00-10:00 Uhr Vorlesung Gruppe 1 + 2

10:00-18:00 Uhr Praktikum Gruppe 2

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Organisation Das Praktikum „Allgemeine Chemie“ für Biologen (P 3 Modul Anorganische Chemie) ist

ein gemeinsames Praktikum der Lehrbereiche Anorganische Chemie und Physikalische

Chemie für das 1. Fachsemester im Bachelorstudiengang Biologie. Die Laborräume

befinden sich im 1. Stockwerk von Haus D.

Das Praktikum beginnt am 5. April 2019 und endet am 18. April 2019 und findet montags

bis freitags von 10:00–18:00 Uhr statt. Das praktikumsbegleitende Seminar wird von

8:00-10:00 Uhr im Liebig-Hörsaal abgehalten. Zu Beginn jedes Praktikumstages findet

eine Vorbesprechung mit den Saalassistenten statt in der die am Praktikumstag

durchzuführenden Versuche besprochen werden. Eine sinnvolle Versuchsdurchführung ist

nur mit den entsprechenden Vorkenntnissen und der dazugehörigen Vorbereitung

möglich. Der Gruppenassistent geht ca. 1 Stunde vor Praktikumsende herum und prüft

stichprobenartig, ob das praktisch Ausgeführte verstanden wurde (zum Beispiel

Reaktionsgleichungen aufstellen lassen). Es herrscht während der gesamten

Praktikumszeit Anwesenheitspflicht. Bei begründeter Abwesenheit (Attest, Nachweis) die

sich über mehr als einen Fehltag hinzieht wird das Praktikum als nicht bestanden bewertet.

Hinweis: Studierende, die bei der Vorbesprechung nicht genügend vorbereitet sind,

können durch die Saalassistenten für eine Stunde zur Nachbereitung versetzt werden.

Falls dies mehr als zwei Mal auftritt gilt das gesamte Praktikum als nicht bestanden.

Die Vorbesprechung/Einführung inklusive Sicherheitseinweisung zum Praktikum findet

am 05.04.2019 von 8-10 Uhr im Liebig-Hörsaal statt. Die Teilnahme ist verpflichtend!

Die Klausur zum Praktikum Allgemeine Chemie findet am Mittwoch, den 15.05.2019, von

13:00-15:00 im Liebig-Hörsaal statt. Die Wiederholungsklausur findet am Mittwoch, den

05.06.2019, von 13:00-15:00 im Liebig-Hörsaal statt.

Die Ergebnisse der Klausur können Sie dann die darauffolgenden Tage einer Liste auf der

Homepage des AK Beins (http://bein.cup.uni-muenchen.de/teaching/anorganisch-

chemisches-praktikum-fur-biologen/ ) entnehmen.

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Benötigtes Arbeitswerkzeug ab dem 1. Praktikumstag

Für ein sicheres Arbeiten benötigen Sie ab dem 1. Praktikumstag ihren Laborkittel und

eine Schutzbrille. Machen Sie sich bewusst, dass Sie ohne die richtige Schutzkleidung die

Laborräume nicht betreten dürfen.

Um die Spinde der Praktikumsräume, sowie ihren Laborplatz verschließen zu können,

benötigen Sie zwei eigene Schlösser. Die Bügel sollten eine Stärke von ~5 mm haben

und nicht zu kurz sein (kein kleines Kofferschloss).

Weiterhin benötigen Sie einen Taschenrechner, einen Folienstift (zum Beschriften von

Glasgeräten) und Schreibzeug sowie einen Block für Notizen/Rechnungen. Zusätzlich

dazu benötigen Sie ein kariertes Heft als Laborjournal. Ein Periodensystem der

Elemente können Sie dem Anhang des Protokolls entnehmen.

Zusätzlicher Sicherheitshinweis: Das Tragen von Kontaktlinsen ist nicht empfehlenswert,

da im Notfall eine Augenspülung bei einer Verätzung erschwert wird. Schutzbrillen

können, abhängig vom Modell, über einer Brille getragen werden.

Begleitendes Seminar und Literatur

Seminar

Im Seminar werden die theoretischen Grundlagen und Hintergründe der verschiedenen,

bearbeiteten Themengebiete des Praktikums gelegt und vertieft. Der behandelte Stoff

wird in Teilen in der Klausur zum Praktikum Allgemeine Chemie abgefragt.

Literatur

Basiswissen der Chemie:

Charles E. Mortimer, Ulrich Müller, Johannes Beck: Chemie, Thieme Verlag

Kationen- und Anionennachweise und Trennungsgänge:

Jander/Blasius: Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie, S.

Hirzel Verlag

Nachschlagewerk für anorganische Chemie:

Holleman/Wiberg: Lehrbuch der anorganischen Chemie, de Gruyter Verlag

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Versuchsübersicht

Nach einer kurzen Einführung in den Gebrauch typischen Laborgeräts kommt als erster

Schwerpunkt der Umgang mit wichtigen Gefahrstoffen an die Reihe. Mit Salz-.

Schwefel- und Salpetersäure, Ammoniaklösung und Alkalilaugen werden Stoffe aus dem

Laboralltag eingeführt, die bei unsachgemäßem Umgang ein beachtliches Risikopotential

aufweisen.

Anschließend werden Puffersysteme, die auch eine wichtige Rolle im menschlichen

Organismus übernehmen, genauer betrachtet. In einer ersten titrimetrischen Analyse zeigt

sich die Auswirkung des Puffersystems auf den pH-Wert.

Als Nächstes werden verschiedene Komplexverbindungen und ihre möglichen Liganden

untersucht. Dabei zeigen sich die Gemeinsamkeiten zwischen Komplexbildungsreaktion

und Brønsted-Säure-Base-Reaktionen.

In einem weiteren Kapitel soll der direkte Elektronenübergang in Redox-Reaktionen und

die dahinterstehende Triebkraft untersucht werden. Dabei wird das richtige Aufstellen von

Reaktionsgleichungen intensiviert.

Nach Einübung der Grundkonzepte der anorganischen Chemie versuchen Sie sich an der

qualitativen Analyse von anorganischen Kat- und Anionen. Mit unterschiedlichen

Nachweisen werden Sie probieren Ihre unbekannte Probe zu entschlüsseln.

Versuchsvorbereitung für spätere Analysen

Am dritten Tag des Praktikums werden Sie die Konzentration einer Essigsäure-Lösung

durch Titration bestimmen. Dafür muss bereits am ersten Praktikumstag ein beschrifteter

250 mL Maßkolben mit Deckel abgegeben werden, in dem sich dann die später zu

titrierenden Lösungen befinden. Die Beschriftung der Kolben erfolgt nach folgendem

Schema:

<Name>

<Saal>

<Platznummer>

<„Essigsäure“>

Ebenso sollen Sie eine quantitative Analyse von Calcium und Magnesium in Ihrem

normalen Trinkwasser durchführen. Bringen Sie bitte mindestens 100 mL davon am

entsprechenden Tag mit. Sollten Sie Leitungswasser verwenden wollen, so lassen Sie den

Hahn vor der Probennahme etwa 1 Minute laufen um Fehler zu vermeiden.

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Analysen und Laborjournal

Über alle Versuche wird ein Laborjournal geführt, das von den Assistenten und Tutoren

korrigiert wird und während der gesamten Praktikumszeit im Labor bleiben muss. Darin

protokollieren Sie die durchgeführten Versuche anhand der verwendeten Chemikalien,

der Reaktionsgleichung, der Versuchsdurchführung und Beobachtung und einem

Ergebnisteil. Für jeden Versuch müssen die Fragen aus dem Skript schriftlich beantwortet

und eventuelle Analysen / Ergebnisse angegeben werden. Die dem jeweiligen Kapitel

angeschlossenen Übungen helfen Ihnen als Vorbereitung auf die anstehende

Praktikumsklausur.

Laborsicherheit

Betriebsanweisungen bilden den sicherheitstechnischen Rahmen des Praktikums. Diese

beginnen für die Arbeit im Rahmen dieses Praktikums mit einer übergeordneten

Anweisung.

Diese Allgemeine Betriebsanweisung fasst die Sicherheitsregeln des Praktikums

allgemein und knapp zusammen. Sie basiert auf zwei Dokumenten, die zu Beginn der

Anweisung als Quellen genannt sind: der GUV-R 120 Laboratorien und der

Laboratoriumsordnung des Departments.

Als anschauliche Einführung liegt eine Broschüre der Gesetzlichen Unfallversicherung vor,

der unter der Bestellnummer GUV-I 8553 herausgegebenen Einführung für Studierende

mit dem Titel Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien.

Die dort angegebenen Regeln sind für Sie bindend.

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Laborgeräte

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1 Handwerkszeug für die Laborarbeit

1.1 Sicherheitshinweise

Neben der Allgemeinen Betriebsanweisung sollten Sie den Anweisungen der

Assistenten stets Folge leisten, um Ihre Sicherheit gewährt zu wissen. An dieser Stelle

sollen ausschließlich die drei wichtigsten Regeln festgehalten werden:

• Das Betreten chemischer Laboratorien ist nur mit Schutzbrille und geschlossenem

Laborkittel erlaubt.

• Essen, Trinken und Rauchen ist im Labor strikt untersagt. Eine Resorption gewisser

Chemikalien von Nahrungsmitteln kann nicht ausgeschlossen werden.

• Achten Sie darauf geeignete Kleidung (geschlossene Schuhe, lange Hose etc.) zu

tragen, um eine Schädigung ihrer Haut zu minimieren.

Die weiteren Sicherheitseinweisungen im jeweiligen Labor werden Sie von Ihrem

Assistenten am ersten Tag erhalten.

1.2 Geräte

Sie erhalten eine umfassende Ausrüstung an Glas- und Laborgeräten. Behandeln Sie

diese in Ihrem eigenen Interesse pfleglich, da Sie für die entstehenden Kosten bei

Beschädigung aufkommen müssen. Die Ausrüstung wird im Praktikum vom Assistenten

gezeigt und erklärt.

1.3 Arbeiten am Abzug

Das Arbeiten mit gefährlichen Stoffen, vor allem mit giftigen oder brennbaren Gasen

und Dämpfen, ist nur in einem gut ziehenden Abzug erlaubt. Die Abzugsleistung ist im

Wesentlichen davon abhängig, wie weit der Frontschieber des Abzugs geöffnet ist. Bei

weit geöffnetem Frontschieber verringert sich die Wirksamkeit des Abzuges erheblich.

Gehen Personen am geöffneten Abzug vorbei, kann es zu Verwirbelungen und in deren

Folge zum Ausbruch von Stoffen aus dem Abzug kommen. Halten Sie daher die

Frontscheibe immer so weit wie möglich geschlossen und benutzen Sie zum Arbeiten

nach Möglichkeit die seitlich verschiebbaren Arbeitsfenster. Neben dem Abführen von

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Gasen und Dämpfen dient der Abzug auch als Schutz vor verspritzenden Substanzen

und als Splitterschutz. Trotzdem haben Sie, wie bei allen Arbeiten im Labor, auch beim

Arbeiten am Abzug eine Schutzbrille zu tragen. Wird am Abzug nicht gearbeitet, sind

sowohl der Frontschieber als auch die Arbeitsfenster immer geschlossen zu halten! Der

Abzug darf nicht als Lagerplatz verwendet werden.

1.4 Bunsenbrenner

Zum Erhitzen wird im Labor gewöhnlich der Bunsenbrenner benutzt. Im unteren Teil

enthält er eine Düse, aus der Erdgas (Methan) ausströmt, und eine Vorrichtung, um Luft

in verschiedenen Mengen in das Brennerrohr einzulassen. Ohne Luftzufuhr erhält man

eine leuchtende Flamme. Ein Teil des Methans wird zunächst nur zu Kohlenstoff und

Wasser oxidiert; die gebildeten festen Kohlenstoff-(Ruß-)Teilchen sind für das Leuchten

der Flamme verantworlich. Leicht Sauerstoff abgebende Substanzen werden in der

leuchtenden Flamme reduziert. Bei Luftzutritt verbrennt Erdgas vollständig zu

Kohlendioxid und Wasser. Bei der entstehenden „nichtleuchtenden“ Flamme lässt sich

ein innerer, blau leuchtender Kegel erkennen, in dem reduzierende Bedingungen

herrschen. Um diesen Kegel herum liegen oxidierende Bedingungen vor. An der Spitze

des blauen Kegels ist die heißeste Stelle der Flamme:

Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so schlägt der Brenner durch, das

heißt, das Gas brennt im Innern des Brennrohres an der Gasaustrittsdüse. In diesem Fall

muss die Gaszufuhr sofort abgestellt werden. Nach dem Erkalten des Brenners stellt man

dann die Luftzufuhr etwas kleiner oder vergrößert die Gaszufuhr.

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1.5 Analytische Waage

Waagen müssen stets sauber gehalten und schonend behandelt werden. Zunächst wird

ein Wägegefäß auf die Waage gestellt (niemals Substanzen direkt auf die Waage

geben!), dann wird „Tara“ gedrückt, um das Gefäß nicht mitzuwiegen. Nach dem

Tarieren wird die zu wägende Substanz abgewogen. Als Wägegefäß für Feststoffe dient

ein Uhrglas, Wägeschiffchen oder ein anderes leichtes(!) Gefäß. Im Falle einer

hygroskopischen, flüssigen oder leicht flüchtigen Substanz ist ein Gefäß mit

eingeschliffenem Deckel zu verwenden. Informieren Sie sich vor Beginn der Wägung

anhand der Anleitung über die Bedienung der Waage.

1.6 Reinigen von Laborgerät

Viele analytische Nachweisreaktionen sind sehr empfindlich, sie sprechen auf kleinste

Substanzmengen an. Das bringt es mit sich, dass nachlässig gereinigtes Laborgerät zur

Fehlinterpretation von Versuchen führt. Der folgende Versuch regt Sie dazu an, einen

Spülvorgang als mehrfaches Verdünnen um einen charakteristischen Faktor zu

begreifen.

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Spülen als Verdünnungsreihe

Dieser Versuch zeigt sehr schön, dass ein Laborgefäß nach dem Ausspülen „sauber“

aussieht, es aber nicht immer ist.

Versuch 1.1

In drei Reagenzgläser werden je 2 mL einer Eisen(III)-chloridlösung (ca. 0,1 mol L−1)

gegeben. Nach dem Ausgießen der Lösung spült man das erste Glas mit 1 mL

Wasser aus. Das zweite Glas wird zweimal mit je 1 mL Wasser ausgespült. Das dritte

Glas wird unter Verwendung von Reagenzglasbürste und Spülmittel/Wasser

gründlich gereinigt und anschließend mehrmals mit destilliertem Wasser

ausgespült. Durch Zusatz von Ammoniumthiocyanat-Lösung (ca. 0,1 mol L−1) lassen

sich noch vorhandene Eisen(III)-Ionen durch eine Rotfärbung nachweisen. Dies

sollte bei den ersten beiden Reagenzgläsern der Fall sein, jedoch nicht bei dem

sorgfältig gereinigten Glas.

Erhitzen im Reagenzglas

Einmal richtig und einmal falsch. Wenn Sie beides gesehen haben, werden Sie es nicht

mehr falsch machen. Ziel ist, dass Sie einen Siedeverzug kennenlernen und eine

Möglichkeit, diesen zu vermeiden.

Versuch 1.2

Ein Reagenzglas wird etwa zur Hälfte mit Wasser gefüllt und mit Hilfe einer

Reagenzglasklammer senkrecht in die nichtleuchtende Bunsenbrennerflamme

gehalten. Innerhalb kurzer Zeit erreicht das Wasser Siedetemperatur. Es kommt in

der Regel zu einem Siedeverzug, der den Inhalt des Reagenzglases herausschießen

lässt; Reagenzglas nicht auf den Nachbarn richten!

Gehen Sie davon aus, dass beim Ausgießen immer 1 Tropfen im Glas zurückbleibt. Das

Volumen eines Wassertropfens ist ungefähr 0,05 ml. Berechnen Sie die Eisen(III)-

Konzentration in mol L-1 nach dem ersten und nach dem zweiten Wiederauffüllen mit je

1 mL Wasser.

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Versuch 1.3

Ein zweiter Versuch zeigt, wie ein solch unerwünschter Siedeverzug vermieden wird.

Das Reagenzglas wird nur etwa zu 1 4� mit Wasser gefüllt. Dann wird es schräg mit

einer Reagenzglasklammer in die nichtleuchtende Bunsenbrennerflamme gehalten

und dabei geschüttelt. Das Wasser sollte nun gleichmäßig sieden und nicht wie

vorher herausspritzen, da eine lokale Erhitzung vermieden wird.

Mischen im Reagenzglas

Es geht um Fingerfertigkeit. Wenn Sie Mühe haben, kleine Substanzmengen so sicher zu

dosieren, dass nichts überschäumt, wiederholen Sie den Versuch mehrmals.

Versuch 1.4

In einem Reagenzglas wird ca. 1 mL gesättigte Natriumcarbonat-Lösung mit 2

Tropfen Methylrot-Indikatorlösung versetzt. Nun wird tropfenweise verdünnte

Salzsäure hinzugegeben und durch Schütteln des Reagenzglases gemischt. Es wird

weitere Säure zugegeben, bis der Indikator umschlägt.

1.7 Lösungen

Besonders wichtig: die üblichen Konzentrationsmaße. Die Stoffmengenkonzentration

oder Molarität (c) wird definiert als Stoffmenge (n) pro Volumen (V), Einheit: mol L-1,

abgekürzt M.

Der meist in Prozent angegebene Massenanteil („Massenprozent“) ist definiert als

Masse pro Gesamtmasse des Gemisches, Einheit: 1 oder Prozent. 30%ige Salzsäure

enthält daher 30 g HCl in 100 g Salzsäure.

Welches Gas entwickelt sich bei der Säurezugabe? Formulieren Sie eine

Reaktionsgleichung.

Beschreiben Sie, wie es zu einem Siedeverzug kommen kann.

Die Dichte von 30%iger Salzsäure ist 1,15 kg L-1. Wieviel mL dieser Säure müssen

abgemessen werden, wenn 36,5 g HCl benötigt werden?

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1.8 Übungen zu „Handwerkszeug für die Laborarbeit“

Alle physikalischen Größen können durch sieben Basiseinheiten mit entsprechenden

Basisgrößen ausgedrückt werden. Diese sind im Internationalen Einheitssystem

zusammengefasst und werden als SI-Einheiten bezeichnet. Neben der Masse m der

Einwaage nimmt die Stoffmenge n als Maß der an einer Reaktion teilnehmenden

Einzelteilchen eine besonders wichtige Rolle ein. So lassen sich über die Stoffmenge n

verschiedene weitere Größen wie Masse m, Volumen V und Teilchenzahl N berechnen.

Für die grafische Darstellung von Molekülen gibt es, je nach Anforderung, verschiedene

Modelle. Das wahrscheinlich wichtigste Modell stellt dabei das VSEPR-Modell dar. Dieses

führt die räumliche Gestalt eines Moleküls auf die abstoßenden Kräfte zwischen

Elektronenpaaren und der Valenzschale zurück. Wiederholen Sie die daraus abgeleiteten

Regeln in folgender Übung unter Beachtung der Oktettregel.

Berechnen Sie die Größen Masse m, Volumen V, Stoffmenge n und Teilchenzahl N für

folgende Stoffportionen:

• 1 Liter Wasser bei 20 °C (Dichte ρ = 0,9982 g/cm3)

• 0,3 mol Kaliumsulfat bei 20 °C (Dichte ρ = 2,66 g/cm3)

• 17 g Chlorgas (Vm = 22,4 mol/L)

Gegeben ist folgende Reaktionsgleichung:

NaCl + AgNO3 → AgCl + NaNO3

Wie viel Gramm AgCl werden durch 1 g NaCl und 116 g AgNO3 produziert?

Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Moleküle und geben Sie die räumliche

Anordnung der Atome und Elektronen nach dem VSEPR-Modell an.

H2SO4, HNO3, H3PO4, O2, O3, HNO2, NO, CO2, CO, H2S2O7 und H2S2O8

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2 Gefahrstoffe - Mineralsäuren

Die Arbeit mit Gefahrstoffen ist in einem chemischen Laboratorium Alltag. In diesem

Kapitel steht daher ein Lernziel im Vordergrund: der sichere Umgang mit Gefahrstoffen.

Die vom Gesetzgeber geforderte praktische Hilfe hierzu sind die Betriebsanweisungen.

Die ersten Betriebsanweisungen hatten Sie oben bereits kennengelernt, nämlich die

Allgemeine Betriebsanweisung, die den Rahmen für das sichere Arbeiten im Praktikum

bildet und die gerätebezogene Betriebsanweisung für den Umgang mit Laborabzügen.

In den stoffbezogenen Betriebsanweisungen dieses Kapitels sind oft Gefahren genannt,

ohne dass jedoch deren chemischer Hintergrund immer beleuchtet wird. Es bleibt also

die Aufgabe zu verstehen, was bei einer Reaktion geschieht und worin die Gefahr

besteht. Sie werden daher solche gefährlichen Reaktionen untersuchen, den Stoffumsatz

durch eine Reaktionsgleichung ausdrücken und die Ursache der Gefahr erkennen.

2.1 Salzsäure, HCl

Salzsäure, auch Chlorwasserstoffsäure, gehört zu den wichtigsten Grundchemikalien des

Labors. Im menschlichen Organismus kommt sie als „Magensäure“ in einer

Maximalkonzentration von ca. 0,1 mol L-1 vor. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht in der

Abtötung von Mirkoorganismen, die mit Nahrung in den Magen-Darm-Trakt gelangen.

Bei Refluxerkrankungen („Sodbrennen“) reicht die vom Körper erzeugte Salzsäure-

Konzentration bereits aus, um die Speiseröhre zu verätzen. Die im Labor verwendete

Salzsäure ist bis zu 100-mal höher konzentriert.

Eigenschaften

Konzentrierte Salzsäure ist eine ca. 35%ige Lösung des farblosen und stechend

riechenden Gases Chlorwasserstoff (HCl) in Wasser, verdünnte Salzsäure ist eine ca.

7%ige Lösung. Wird konzentrierte Salzsäure erhitzt, so verdampft hauptsächlich

Chlorwasserstoff und wenig Wasser bis die Konzentration der Lösung auf 20% gesunken

ist. Erhitzt man umgekehrt verdünnte Salzsäure, entweicht hauptsächlich Wasser, bis die

Säure wieder 20%ig ist. Salzsäure reagiert mit hinreichend starken Reduktionsmitteln

heftig unter Wasserstoffentwicklung, während starke Oxidationsmittel Chlor freisetzen.

Neben der großen Exothermie der Reaktionen ergeben sich besondere Gefahren aus der

Brennbarkeit von Wasserstoff und der Aggressivität von Chlorgas.

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Reaktion von Aluminium mit Salzsäure

Die Betriebsanweisung zur konzentrierten Salzsäure führt deren Umsetzung mit

Aluminium als besondere Gefahr auf. Der Versuch soll aufzeigen wieso.

Versuch 2.1

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Führen Sie die Versuche, bei denen eine Gasentwicklungsapparatur benötigt wird,

in Zweiergruppen aus.

Geben Sie ca. 250 mg Aluminium-Grieß in den 100-mL-Einhalsrundkolben, der

Ihnen für diesen Versuch zur Verfügung gestellten Gasentwicklungsapparatur.

Füllen Sie die beigegebene Kristallisierschale (hier als pneumatische Wanne zu

verwenden) mit ausreichend Wasser. Legen Sie darin unter Wasser einen passenden

Gummistopfen für ein Reagenzglas bereit, in dem das bei der Reaktion freigesetzte

Gas gesammelt werden soll, und tauchen Sie das vollständig mit Wasser gefüllte

Reagenzglas in das Wasser der pneumatischen Wanne ein. Versetzen Sie nun im

Reaktionskolben das Aluminium mit ca. 10 mL verdünnter Salzsäure. Verschließen

Sie rasch den Kolben mit dem Gasüberleitungsrohr, das in einem durchbohrten

Stopfen steckt, und tauchen Sie dessen Ende unter die Wasseroberfläche der

pneumatischen Wanne. Es setzt langsam Gasentwicklung ein, die nach kurzer Zeit

heftiger wird. Beginnen Sie mit dem Auffangen des Gases erst nach ca. 2 Minuten,

so dass zunächst die Luft aus dem Reaktionskolben verdrängt wird. Halten Sie dann

das Ende des Gaseinleitungsrohres direkt unter das senkrecht aufgerichtete

Reagenzglas. Wenn das Wasser im Reagenzglas vollständig verdrängt ist, wird es

unter Wasser mit dem Gummistopfen fest verschlossen. Nehmen Sie nun das

verschlossene Glas aus dem Wasser. Ziehen Sie dann den Stopfen ab und halten Sie

die Öffnung des Reagenzglases sofort in die Flamme des Bunsenbrenners (Öffnung

stets nach unten weisen lassen).

Reaktion von Kaliumpermanganat mit Salzsäure

Die Betriebsanweisung zur konzentrierten Salzsäure führt unter anderem die Umsetzung

mit Kaliumpermanganat als besondere Gefahr auf. Der Versuch soll aufzeigen wieso.

Um welches Gas handelt es sich (Reaktionsgleichung)? Warum führt die

Betriebsanweisung die Reaktion mit Aluminium als Gefahr auf?

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Versuch 2.2

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Geben Sie ca. 800 mg gepulvertes Kaliumpermanganat in angehäufter Form auf ein

Uhrglas. Tropfen Sie anschließend mittels einer Pasteurpipette langsam

konzentrierte Salzsäure zu. Dabei entsteht ein Gas. Die Farbe des Gases können Sie

deutlicher wahrnehmen, indem Sie das Experiment vor einem weißen Hintergrund

(zum Beispiel einem Bogen weißen Papiers) durchführen.

2.2 Schwefelsäure, H2SO4

Schwefelsäure ist eine der wichtigsten Grundchemikalien. Die Schwefelsäureproduktion

gehört zu den Kennzahlen, die in die Bewertung der Wirtschaftsleistung einer

Volkswirtschaft eingehen. Im Gegensatz zu der aus zwei Dritteln Wasser bestehenden

konzentrierten Salzsäure ist konzentrierte Schwefelsäure fast wasserfrei.

Eigenschaften

Konzentrierte Schwefelsäure, eine ölige Flüssigkeit, ist 96%ig. Die chemischen

Eigenschaften sind durch zwei Charakteristika geprägt: Schwefelsäure ist (1)

außerordentlich wasseranziehend und (2) stark oxidierend. „Wasseranziehend“ bezieht

sich dabei unmittelbar auf den Stoff Wasser selbst, darüberhinausgehend aber auch auf

komplexe chemische Reaktionen, in deren Verlauf das Reaktionsprodukt Wasser

entsteht. Achten Sie hier besonders auf den Versuch mit Ameisensäure. Starke

Reduktionsmittel wie Zink reagieren mit heißer konzentrierter Schwefelsäure unter sehr

weit gehender Reduktion der Säure zu elementarem Schwefel und in geringem Umfang

sogar zu Hydrogensulfid, H2S. Beachten Sie bei den Versuchen den Einfluss der

Reaktivität des Metalls und der Konzentration der Säure.

Handhabung

Der Umgang mit Schwefelsäure (ab 5%) wird durch eine Betriebsanweisung geregelt.

Bei der Herstellung von verdünnter Schwefelsäure wird stets die konzentrierte Säure

langsam und unter guter Durchmischung in das Wasser gegossen – nicht umgekehrt:

Um welches Gas handelt es sich (Reaktionsgleichung)? Warum führt die

Betriebsanweisung die Reaktion mit Kaliumpermanganat als Gefahr auf?

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„Erst das Wasser, dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure“! Heiße konzentrierte

Schwefelsäure darf keinesfalls verdünnt oder gar in den Ausguss gegossen werden.

Verdünnen von konzentrierter Schwefelsäure

Nochmal, auf die Reihenfolge kommt es an: „Erst das Wasser, …“

Versuch 2.3

Zu 3 mL Wasser gieße man aus einem zweiten Reagenzglas etwa das gleiche

Volumen konzentrierter Schwefelsäure. Die Mischung erwärmt sich stark.

Reaktion mit Ameisensäure

Das Verkohlen organischen Materials bei Schwefelsäurezusatz ist formal ein Entzug der

Elemente des Wassers. Ein Beispiel ist das Verkohlen von Traubenzucker:

C6H12O6 → 6 C + 6 H2O

Ameisensäure ist einer der seltenen Fälle, bei denen bei der Umsetzung mit

konzentrierter Schwefelsäure anstelle eines undefinierbaren Teers ein wohldefiniertes

Reaktionsprodukt entsteht.

Versuch 2.4

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Versetzen Sie in einem Reagenzglas ca. 2 mL konzentrierte Ameisensäure mit ca.

1 mL konzentrierter Schwefelsäure. Sollte es bei Raumtemperatur noch nicht zu

einer Gasentwicklung kommen, erwärmen Sie ein wenig.

Jetzt, wo Sie die freiwerdende Wärmemenge gespürt haben: Was ist denn das

„Ungeheure“? Was genau kann passieren, wenn Wasser in konzentrierte Schwefelsäure

gegossen wird?

Welches Gas entsteht bei der Reaktion? Formulieren Sie die Reaktionsgleichung. Geben

Sie Lewisformeln von Ameisensäure und des entstehenden Gases an.

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Reaktion von Zink mit verdünnter Schwefelsäure

Verdünnte Schwefelsäure löst viele Metalle wie Eisen, Aluminium und Zink unter

Wasserstoffentwicklung zu Sulfaten auf.

Versuch 2.5

Man übergieße in einem Reagenzglas Zinkgranalien mit verdünnter Schwefelsäure,

die zuvor mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure versetzt wurde. Das Zink

wird aufgelöst und Wasserstoff entsteht.

Reaktion von Zink mit konzentrierter Schwefelsäure

Einen unmittelbaren Nachweis für das Vorhandensein von Schwefel in der Schwefelsäure

zeigt folgender Versuch: im oberen Teil des Reagenzglases bildet sich ein gelber

Beschlag von festem Schwefel und gelbe Schwefeltröpfchen scheiden sich ab.

Entweichendes Schwefeldioxid, und manchmal auch Hydrogensulfid, sind am Geruch zu

erkennen.

Versuch 2.6

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Geben Sie eine Zinkgranalie in ein trockenes Reagenzglas (keine Späne oder gar

Pulver verwenden – beides reagiert zu heftig!). Geben Sie ca. 3 mL konzentrierte

Schwefelsäure hinzu und erwärmen Sie die Mischung, bis eine merkliche Umsetzung

unter Gasentwicklung einsetzt. Im oberen Teil des Reagenzglases bildet sich ein

gelber Beschlag und gelbe Tröpfchen scheiden sich ab.

Formulieren Sie die Reaktionsgleichung. Welche Gefahr geht von dieser Reaktion aus?

Formulieren Sie die Reaktionsgleichungen, jeweils eine für jedes entstehende Produkt.

Welche Gefahr geht von dieser Reaktion aus?

Warum ist es unkorrekt alle beteiligten Reaktionspartner Schwefel, H2S und SO2 in einer

Reaktionsgleichung zusammenzufassen (z.B.: 8 Zn + 3 H2SO4 + 16 H+ → 8 Zn2+ + S + H2S

+ SO2 + 10 H2O)?

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2.3 Salpetersäure, HNO3

Konzentrierte Salpetersäure ist ähnlich aggressiv wie konzentrierte Schwefelsäure. In

sehr verdünnter Form ist sie dagegen ein natürlich vorkommender Stoff: in Blitzen

reagieren die Luftbestandteile Stickstoff und Sauerstoff zu „Stickoxiden“. Zusammen mit

Regenwasser bildet sich dann Salpetersäure.

Eigenschaften

Salpetersäure ist in mehreren Konzentrationen laborüblich. Rauchende Salpetersäure

ist ca. 95%ig. Sie ist durch Stickstoffdioxid gelb bis rotbraun gefärbt und gibt an der Luft

Stickstoffdioxid-Dämpfe ab (daher auch „rote rauchende Salpetersäure“ genannt).

Konzentrierte Salpetersäure ist ca. 69%ig, verdünnte Salpetersäure etwa 12%ig.

Salpetersäure ist ein kräftiges Oxidationsmittel. Besonders die konzentrierten Lösungen

sind sehr aggressiv. Ähnlich wie bei Schwefelsäure hängt auch das Verhalten von

Salpetersäure gegenüber Metallen erheblich von der Säurekonzentration ab.

Handhabung

Der Umgang mit Schwefelsäure (ab 5%) wird durch eine Betriebsanweisung geregelt.

Reaktion von Zink mit konzentrierte Salpetersäure

Achten Sie beim Fortschreiten dieser Reaktion besonders auf deren schnell zunehmende

Geschwindigkeit – ein wesentlicher Aspekt, wenn entgegen der Betriebsanweisung

einmal viel größere Mengen der Reaktionspartner zusammenfinden.

Versuch 2.7

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

In ein Reagenzglas gebe man zu 1–2 mL konzentrierter Salpetersäure 1–2

Zinkgranalien (keine Späne oder gar Pulver verwenden – beides reagiert zu heftig!).

Es tritt heftige Entwicklung von rotbraunem Stickstoffdioxid-Gas auf. Nachdem man

dies beobachtet hat, wird die Reaktion durch Verdünnen mit viel Wasser beendet.

Stellen Sie die Reaktionsgleichung auf. Worin besteht die Gefahr? Warum wird die

Reaktion immer heftiger? Wieviel Kilogramm Zinknitrat-Dihydrat lassen sich aus 1 kg Zink

durch die Reaktion mit konzentrierter Salpetersäure herstellen?

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Reaktion von Zink mit halbkonzentrierter Salpetersäure

Eine der Reaktionen, bei denen reichlich farbbloses NO gebildet wird, sodass Sie dessen

spontane Oxidation zu braunem NO2 beim Kontakt mit Luft sehr schön beobachten

können.

Versuch 2.8

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Man bereite in einem Reagenzglas durch Versetzen von etwas konzentrierter

Salpetersäure mit etwas mehr als dem gleichen Volumen Wasser halbkonzentrierte

Salpetersäure, gebe einige Zinkgranalien zu und erwärme. Anders als bei der

Reaktion mit konzentrierter Säure entwickelt sich ein nur schwach braunes Gas: es

entsteht ein Gemisch von viel farblosem Stickstoffmonoxid mit etwas braunem

Stickstoffdioxid.

Reaktion von Zink mit verdünnter Salpetersäure

Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure: jede dieser Säuren hat eine eigene Chemie –

solange sie nicht verdünnt vorliegen. Vergleichen Sei selbst.

Versuch 2.9

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

In einem Reagenzglas verdünne man etwas verdünnte Salpetersäure auf das

doppelte Volumen, setzte einige Zinkgranalien zu und erwärme. Es entwickelt sich

ein farbloses Gas, das sich auch bei Luftzutritt an der Mündung des Reagenzglases

nicht braun färbt: mit der verdünnten Säure entsteht Wasserstoff.

Stellen Sie die Reaktionsgleichung für die Bildung von NO auf. Worin besteht die Gefahr?

Zur Wiederholung noch einmal: Warum wäre eine Reaktionsgleichung nicht korrekt, bei

der auf der Seite der Produkte so etwas wie NO + NO2 stünde? Es entsteht doch wirklich

nicht nur NO!

Viele Gase wie Wasserstoff, Methan oder Schwefeldioxid (aber auch feste und flüssige

Substanzen), die mit Sauerstoff ein stabiles Reaktionsprodukt bilden, tun dies nicht bei

Raumtemperatur. Es muss gezündet werden. Im Gegensatz dazu reagiert NO bei

Raumtemperatur ungehemmt. Geben Sie eine Begründung dafür an.

Warum verlieren Säuren beim Verdünnen ihre Individualität?

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3 Gefahrstoffe – Basen und H2O2

Im vorangegangenen Kapitel haben Sie bereits erste Bekanntschaft mit den chemischen

Eigenschaften von Säuren gemacht. Generell wird eine Lösung als sauer bezeichnet,

deren Konzentration an Oxonium-Ionen größer als die Konzentration der Hydroxid-

Ionen ist. Für den umgekehrten Fall wird die Lösung als basisch bezeichnet. Der pH-Wert

wird als Maß für den sauren oder basischen Charakter verwendet. Er ist als negativ,

dekadischer Logarithmus der Konzentration der Oxonium-Ionen definiert.

Die bisher kennengelernten Säuren sind typische Brönsted-Säuren, d.h. es handelt sich

um Moleküle, die Protonen abgeben können. Sie werden deshalb auch als

Protonendonatoren bezeichnet. Brönsted-Basen hingegen sind Stoffe, die Protonen

aufnehmen können und werden als Protonenakzeptoren bezeichnet.

Das Lewis-Säure-Base-Konzept läuft unabhängig von Protonen ab. Lewis-Säuren sind

hier Elektronenpaar-Akzeptoren, die zur Bildung einer neuen Elektronenpaarbindung

Anlass geben. Sie sind also elektrophile Teilchen. Lewis-Basen hingegen sind

Elektronenpaar-Donatoren. Sie sind nucleophile Teilchen. Eine Reaktion zweier Teilchen

findet immer durch ein für eine koordinative Bindung zur Verfügung gestelltes

Elektronenpaar statt.

3.1 Ammoniak, NH3

Die Grundchemikalie Ammoniak wird großtechnisch aus den Elementen über das Haber-

Bosch-Verfahren gewonnen. In Form von Harnstoff und Ammoniumsalzen findet

Ammoniak ausgedehnte Verwendung als Dünger. Als Ausgangsstoff für die

Salpetersäureherstellung (Ostwald-Verfahren) erschließt Ammoniak den Einstieg in die

technische Stickstoffchemie.

Eigenschaften

Die verdünnte Ammoniaklösung des Labors ist ca. 10%ig, konzentrierte

Ammoniaklösung ist ca. 25%ig; die konzentrierte Lösung hat eine Dichte von

0,91 g cm−3. Eine aufgrund der hohen Entweichungstendenz von Ammoniakgas kaum

handhabbare gesättigte Lösung in Wasser ist mehr als 30%ig (Raumtemperatur).

Wie viel molar ist 25%ige Ammoniaklösung?

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Ammoniak ist ein Lehrbuchbeispiel für ein Molekül, dessen Reaktionen durch die

Anwesenheit eines freien Elektronenpaars am Stickstoffatom bestimmt sind, es ist also

eine Lewis-Base.

Versuch 3.1

Versetzen Sie etwa 2 mL destilliertes Wasser mit 2 Tropfen des Indikators

Phenolphthalein. Geben Sie nun 1–2 Tropfen 6 M Ammoniaklösung zu. Versetzen

Sie die jetzt rote Lösung mit einigen mL einer konzentrierten NH4Cl-Lösung, bis die

rote Farbe wieder verschwindet.

Versuch 3.2

Stellen Sie eine Kupfersulfatlösung her, indem Sie ca. 2 Spatelspitzen Kupfer(II)-

sulfat in etwa 2 mL destilliertem Wasser lösen. Tropfen Sie nun langsam 6 M

Ammoniaklösung zu. Es bildet sich zunächst ein Niederschlag, der sich bei weiterer

Zugabe von Ammoniaklösung allmählich wieder auflöst und eine tiefblaue Lösung

entsteht.

3.2 Natronlauge und Kalilauge, NaOH und KOH

„Natronlauge“ ist kein systematischer Name, sondern eine althergebrachte Bezeichnung

für eine wässrige Lösung von Natriumhydroxid, NaOH. Dasselbe gilt für Kalilauge. Vor

allem die konzentrierten Laugen sind deutlich gefährlicher als etwa eine

gleichkonzentrierte Salzsäure, da sie viel hartnäckiger an der Haut haften als eine HCl-

Lösung und nur schwer durch Wasser abgespült werden. Entsprechend gefährlich ist das

heute vor allem auf historischen Jahrmärkten wieder in Mode gekommene

„Seifensieden“ in offenen Bottichen: Mit den seit langem verfügbaren Chemikalien

Branntkalk (Calciumoxid) oder Löschkalk (Calciumhydroxid) wird „Sodalösung“

(Natriumcarbonatlösung) „kaustifiziert“ (von lat. causticus ätzend, beizend),

anschließend wird die entstandene Lauge mit Fett umgesetzt, wobei dieses in Glycerin

und Seife übergeht. Eine weitere Anwendung von Natronlauge im Alltag: 3–5%ige Lauge

wird bei der Herstellung von Laugenbrezen verwendet.

Erklären Sie Ihre Beobachtung.

Deuten Sie Ihre Beobachtungen durch Reaktionsgleichungen. Woher kommt die hellblaue

Farbe der reinen Kupfersulfatlösung?

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Eigenschaften

Verdünnte Natronlauge ist 7–8%ig (2 M), konzentrierte Natronlauge enthält 40%

Natriumhydroxid.

Handhabung

Der Umgang mit Alkalilaugen wird durch eine Betriebsanweisung geregelt.

Reaktion von Aluminium mit Natronlauge (BA!)

Die Betriebsanweisung zu Alkalilaugen führt deren Umsetzung mit Metallen als

besondere Gefahr auf. Der Versuch soll aufzeigen, wieso.

Versuch 3.3

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Geben Sie eine Spatelspitze Aluminium-Grieß in ein Reagenzglas und stellen Sie

dieses (vorsichtshalber) in ein hohes Becherglas. Geben Sie nun ein paar Tropfen

verdünnte Natronlauge hinzu. Die Reaktion benötigt einen kurzen Augenblick bis

sie in Gang kommt, verläuft dann aber äußert heftig (Aufschäumen des

Reaktionsgemisches). Fangen Sie das entstehende Gas mit einem zweiten

Reagenzglas auf und führen Sie eine Knallgasprobe durch.

Reaktion von Zink mit festem Natriumhydroxid

Die Betriebsanweisungen zu Alkalilaugen und festen Alkahlihydrociden führt deren

Umsetzung mit unedlen Metallen als besondere Gefahr auf. Der Versuch soll aufzeigen,

wieso.

Versuch 3.4

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

In einem Reagenzglas werden 2 NaOH-Plätzchen mit zwei Spatelspitzen Zinkpulver

gemischt. Das Reagenzglas wird mit einem durchbohrten Gummistopfen

verschlossen, in dessen Öffnung sich eine eingesteckte Pasteur-Pipette befindet. Die

Mischung wird nun unter ständigem Bewegen des Reagenzglases über dem

Bunsenbrenner erhitzt. Wenn eine deutliche Gasentwicklung zu erkennen ist, wird

das an der Pipetten-Öffnung austretende Gas mit dem Bunsenbrenner entzündet.

Um welches Gas handelt es sich? Formulieren Sie die Reaktionsgleichung. Warum ist die

Umsetzung mit Aluminium eine Gefahr?

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3.3 Wasserstoffperoxid, H2O2

Eigenschaften

Wasserstoffperoxid-Lösung ist eine farblose Flüssigkeit, in der die gegen Zerfall in

Wasser und Sauerstoff metastabile, blassblaue Flüssigkeit Wasserstoffperoxid in

verdünnter Form vorliegt. Wasserstoffperoxid ist eine schwache Säure und gegenüber

den meisten Stoffen ein starkes Oxidationsmittel, worauf die Verwendung als Bleich-

und Desinfektionsmittel beruht. In hochkonzentrierter Form ist es sowohl als Einzel- als

auch als Komponentenraketentreibstoff einsetzbar. Lösungen in Wasser sind in

mehreren Konzentrationen handelsüblich. Im Labor wird meist eine 30%ige Lösung

verwendet, während im Alltag ca. 10%ige Lösungen (zum Blondieren von Haaren) oder

ca. 3%ige Lösungen („Wasserstoffsuperoxid“, zur Desinfektion) eingesetzt werden.

Handhabung

Der Umgang mit Wasserstoffperoxid-Lösung wird durch eine Betriebsanweisung

geregelt.

Oxidierende Eigenschaft von Wasserstoffperoxid

Versuch 3.5

Bringen Sie ca. 2 mL der 3%igen Wasserstoffperoxid-Lösung mit Natronlauge auf

einen stark basischen pH-Wert und geben Sie einige Tropfen einer MnSO4-Lösung

zu.

Um welches Gas handelt es sich? Formulieren Sie die Reaktionsgleichung. Warum ist die

Umsetzung mit Zink eine Gefahr?

Was können Sie beobachten?

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Sauerstoff aus Wasserstoffperoxid

Wasserstoffperoxid kann als Quelle zur Synthese kleiner Mengen reinen Sauerstoffs

genutzt werden.

Versuch 3.6

Geben Sie eine Spatelspitze MnO2, in ein Reagenzglas und tropfen Sie vorsichtig ca.

0,5 mL der 3%igen Wasserstoffperoxid-Lösung hinzu. Es kommt zu einer

Gasentwicklung. Führen Sie eine Glimmspannprobe durch, um einen Hinweis auf

die Identität des Gases zu bekommen.

3.4 Starke und schwache Säuren – pKs- und pH- Wert

Die „Säurestärke“ (pKs-Wert) einer wässrigen Lösungen hängt von der Oxonium-

ionenkonzentration ab. So bezeichnet man Säuren, die in Wasser vollständig dissooziiert

vorliegen als starke Säuren. Salzsäure (HCl) ist beispielweise eine starke Säure. Stellt man

eine 1 molare Salzsäure-Lösung her, so enthält ein Liter dieser Lösung 1 Mol

Chloridionen und 1 Mol Protonen. Die in der Natur häufig vorkommende Essigsäure

(CH3COOH) ist dagegen eine schwache Säure. D.h., die Mehrzahl der Essigsäuremoleküle

gibt in einer 1 molaren Lösung ihr Proton nicht ab. Eine 1 MEssigsäurelösung enthält

einen winzigen Teil H+-Ionen und einen gleich großen Teil Acetat-Ionen. Der Großteil

der Essigsäuremoleküle liegt jedoch undissoziiert vor.

Versuch 3.7

Bestimmen Sie mit Hilfe von Universalindikatorpapier den pH-Wert von Ammoniak-

Lösung (6 M), Ammoniak-Lösung (1 M), Natronlauge (1 M), Natronlauge (0,1 M),

Salzsäure (0,01 M) und Essigsäure (0,01 M).

Welches Gas haben Sie nachgewiesen? Welche Funktion hat MnO2 bei dieser Reaktion?

Formulieren Sie die Reaktionsgleichung.

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3.5 Berechnungen zu „Säuren und Basen“

Perchlorsäure (HClO4) ist eine sehr starke Säure. Berechnen Sie den pH-Wert einer

wässrigen Lösung mit c0(HClO4) = 0,3 mol/L.

Berechnen Sie den pH-Wert einer Lösung von Natriumhydroxid (NaOH) in Wasser mit

c0(NaOH) = 0,5 mol/L.

100 mL Speiseessig enthalten 5 g Essigsäure (M = 60 g/mol, pKs = 4,76). Berechnen Sie

den pH-Wert von Speiseessig.

Formulieren Sie für die angegebenen Teilchen jeweils eine Säure-Base-Reaktion in

wässriger Lösung. Darüber hinaus formulieren Sie für alle angegebenen Teilchen das

korrespondierende Säure-Base-Paar:

H3PO4 + NH3

CH3COOH + NH3

H2SO4 + OH-

H2S + CH3COO-

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4 Puffersysteme

Puffergemische sind Substanzgemische, deren pH-Wert („Pufferniveau“) in wässerigen

Lösungen recht unempfindlich gegen Säure- oder Basenzusatz ist. Mit dieser Eigenschaft

übernehmen Puffersysteme im menschlichen Körper eine wichtige Rolle. Der

Bicarbonat-Puffer (HCO3-/CO2) schützt zum Beispiel das Magenephitel als letzte Barriere

unter einer Schleimschicht vor der Selbstverdauung durch die Magensäure. Der

Phosphat-Puffer findet seine Bedeutung primär bei der physiologischen Pufferung im

intrazellulären Raum und trägt dort zu einem ausgewogenen pH-Wert zwischen pH 6,8

und pH 7,2 bei.

Puffer bestehen aus einer Mischung des Salzers einer schwachen Säure und der

schwachen Säure oder aus dem Salz einer schwachen Base und der schwachen Base

selbst. Häufig verwendete Puffersysteme sind der im Sauren puffernde Acetatpuffer

(CH3COOH/CH3COO-), oder der im Basischen puffernde Ammoniakpuffer (NH3/NH4+).

Die Beziehung zwischen der Säurestärke, dem Konzentrationsverhältnis an Säure und

Base und dem pH-Wert wird in der Henderson-Hasselbalch-Gleichung beschrieben.

4.1 Pufferwirkung

Pufferlösungen werden hergestellt indem eine Säure und ihr Salz in einem bestimmten

Verhältnis mischt. Am Pufferpunkt liegen gleiche Mengen an Säure und konjugierter

Base vor. Die Wirkung von Puffern zeigt sich in folgendem Versuch.

Versuch 4.1

Befüllen Sie vier große Reagenzgläser jeweils bis zur Hälfte mit:

1. Wasser und 4 Tropfen Methylorange-Lösung

2. Wasser und 4 Tropfen Phenolphtalein-Lösung

3. Einem 2:1 Gemisch aus 1 M Essigsäure und 1 M Natronlauge und 4 Tropfen

Methylorange-Lösung

4. Einem 2:1 Gemisch aus 1 M Essigsäure und 1 M Natronlauge und 4 Tropfen

Phenolphtalein-Lösung

Versetzen Sie nun Lösung 1 und 3 tropfenweise unter ständigem Schütteln mit

verdünnter Schwefelsäure (H2SO4), die Lösungen 2 und 4 mit 1 M Natronlauge bis

zum Farbumschlag. Notieren Sie sich das geschätzte Volumenverhältnis bzw.

Natronlauge.

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4.2 Maßanalyse: Essigsäure

Die Maßanalyse beruht auf der präzisen Bestimmung von Flüssigkeitsvolumina. Die

hierbei verwendeten Volumenmessgeräte sind Messzylinder, Messkolben, Pipetten und

Büretten. Der Inhalt der Messgefäße wird in mL angegeben und ist auf eine Temperatur

von 20 °C geeicht. Messkolben und Messzylinder sind auf Einguss (Kennzeichnung „In“)

geeicht, das heißt, dass sie bei der entsprechenden Eichtemperatur das angegebene

Volumen fassen. Büretten und Pipetten sind dagegen in der Regel auf Auslauf

(Kennzeichnung „Ex“) geeicht, das heißt, dass beim Entleeren der auf dem Messgefäß

angegebene Inhalt abgegeben wird. Geeichte Messgefäße werden (nach der Deutschen

Eichordnung) in Geräte der Klassen A und B unterteilt, wobei die Geräte der Klasse B

eine doppelt so große Fehlergrenze besitzen. Um welche Klasse es sich handelt,

erkennen Sie an der Kennzeichnung „A“ bzw. „B“ auf dem jeweiligen Messgefäß.

Versuch 4.2

Titrieren sie die ausgegebene Essigsäure-Lösung (CH3COOH) unbekannter

Konzentration mit einer 0,1 M Natronlauge-Maßlösung (NaOH). Hierzu muß der

ausgegebene Messkolben bis zum Eichstrich mit dest. Wasser aufgefüllt werden

(Meniskus beachten!) und danach gut geschüttelt werden. Entnehmen Sie mit einer

Vollpipette 25 mL der Essigsäure und überführen Sie diese in einen

Erlenmeyerkolben. Füllen Sie den Erlenmeyerkolben auf ca. 100 mL mit dest. Wasser

auf. Geben sie je 1 mL Maßlösung aus der Bürette hinzu und bestimmen sie nach

jeder Zugabe den pH-Wert der Lösung mit Hilfe von Universalindikatorpapier.

Erklären Sie Ihre Beobachtung. Formulieren Sie die entsprechenden

Reaktionsgleichungen.

Zeichnen Sie die Titrationskurve und bestimmen Sie den Äquivalenzpunkt. Markieren Sie

auch die Pufferzone, den Pufferpunkt sowie Anfangs- und Endpunkt. Berechnen Sie die

Masse an Essigsäure, welche zu Beginn in Ihrem Messkolben war. Bestimmen Sie den pKs-

Wert der Essigsäure.

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4.3 Übungen zur „Pufferwirkung“

Um das praktisch erworbene Wissen zu vertiefen können Sie hier Ihre theoretischen

Kenntnisse anwenden.

Eine Pufferlösung enthält die Pufferkomponenten des Acetat-Puffers im

Stoffmengenverhältnis 1:1. Durch Basenzusatz soll die Stoffmenge n der Puffersäure um

10% verringert werden [pKs(CH3OOH) = 4,75]. Berechnen Sie den ursprünglichen und den

neuen pH-Wert.

Regen zeigt einen pH-Wert von 5,6. In einigen Gegenden Deutschlands wurde ein pH-

Wert von bis zu 3,6 („saurer Regen“) gemessen. Begründen Sie kurz, weshalb auch

unbelasteter Regen einen pH-Wert kleiner als 7 zeigt. Berechnen Sie außerdem, um

welchen Faktor die Oxoniumionenkonzentration beim sauren Regen gegenüber dem

„normalen“ Regen zugenommen hat.

Zeichnen Sie die Titrationskurve für eine Titration von 25 mL Salzsäure (1 M) mit

verdünnter Natronlauge (0,1 M). Wo erwarten Sie den Äquivalenzpunkt und wo den

Neutralpunkt?

Welchen pH-Wert erwarten Sie nach der Zugabe von a) 25 mL und b) 65 mL Natronlauge?

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5 Komplexchemie

Komplexverbindungen sind Lewis-Säure-Base Addukte – mit deutlichen Auswirkungen

auf die Lewis-Base. Dabei ist ein Zentralatom von einem oder mehreren Molekülen oder

Ionen, den Liganden, umgeben. Dabei werden keine Atombindungen sondern dative

(koordinative) Bindungen ausgebildet. Die Anzahl der gebundenen Liganden in einem

Komplex stellt eine charakteristische Zahl dar, die Koordinationszahl genannt wird und

Werte von 2 - 9 annehmen kann. Besonders häufig sind die Koordinationszahlen 4 und

6 (Tetraeder, tetragonale Pyramide und Oktaeder). Komplexe sind in Lösung, im festen

Zustand und auch bei Menschen weit verbreitet. So liegen viele einfache Metallionen in

wässriger Lösung als Aquakomplexe vor, wie z. B. das blaue Kupfersulfat [Cu(H2O)4]2+.

Wasserfreies Kupfersulfat (CuSO4) hingegen ist farblos.

Auffallend große Beständigkeit weisen sogenannte Chelatkomplexe auf. Allgemein

werden Komplexe, in denen ein Molekül oder Metallion an zwei oder mehr

Koordinationsstellen mit einem mehrzähnigen Liganden koordiniert ist, als

Chelatkomplexe bezeichnet. Als Beispiele für Chelatliganden lassen sich Ethylendiamin,

Diacetyldioxim oder Glycin anführen.

Komplexierte Metallkationen sind essentielle Moleküle für die Photosynthese

(Chlorophyll: Mg), die menschliche Atmung (Hämoglobin: Fe) und den Vitaminhaushalt

(Vitamin B12 : Co). Auch in vielen Enzymen sind Kationen wie Eisen, Mangan oder Kupfer

zu finden. Häufig dienen Sie als Redoxzentren (Manganperoxidase) oder als Cofaktoren.

5.1 Bildung und Beständigkeit von Komplexen

Komplexe mit dem Zentralatom Kupfer sind aufgrund ihrer unterschiedlichen Farbe gut

unterscheidbar. Die unterschiedliche Stabilität dieser Kupferkomplexe kann in

folgendem Versuch beobachtet werden.

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Versuch 5.1

Stellen Sie durch vorsichtiges Erhitzen von 1 g CuSO4 5 ∙ H2O im Reagenzglas

wasserfreies Kupfersulfat (CuSO4) her. Sie erkennen den Verlauf der Reaktion am

Farbumschlag von blau nach weiß. Je eine Spatelspitze wasserfreies CuSO4 bringt

man anschließend:

1. In Wasser

2. In verdünnten Ammoniak

3. In 5 mL Wasser, in welchem vorher 10 Plätzchen NaOH gelöst wurden

In allen Fällen tritt eine Komplexbildung auf. Überlegen Sie, welche Komplexe

entstanden sind. Säuern Sie die Lösung aus Versuch (2) mit verdünnter Salzsäure

(HCl) bis zu einer merklichen Farbänderung an.

5.2 Maßanalyse: Wasserhärte

Ethylendiamintetraacetat (EDTA) ist ein sechszähniger Komplexbilder und bildet

besonders stabile 1:1-Chelatkomplexe mit Kationen mit einer Ladungszahl von

mindestens 2+. Es findet deshalb als wichtigster Komplexbilder in der Industrie große

Anwendung. Neben der Verwendung in vielen Wasch- und Reinigungsmitteln zur

Bindung von Ca2+ und Mg2+-Ionen (Enthärtung), wird es ebenso in der Papierindustrie

zur Komplexierung von Fe3+ und Mn2+-Ionen oder auch in Konservierungsmitteln zur

Verhinderung von Bakterienwachstum eingesetzt.

Bestimmung der Gesamthärte

Die „Härtebildner“ Magnesium und Calcium kommen als Hydrogencarbonat und Sulfat

im Trinkwasser vor und bestimmen dessen Verwendbarkeit: so ist ein hoher Härtegrad

für die Ernährung erwünscht, führt aber zu technischen Problemen durch die

unerwünschte Bildung unlöslicher Calciumverbindungen (Kalk, „Kalkseife“, Calciumsalze

von Säuren in Nahrungsmitteln, zum Beispiel bei Tee). Der Gehalt an Härtebildnern ist

daher eine wichtige Kennzahl, die von Wasserwerken publiziert wird.

Notieren Sie ihre Beobachtungen und erklären Sie diese anhand von

Reaktionsgleichungen.

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Zur Bestimmung der Gesamthärte wird zunächst eine 0,01 M EDTA-Lösung hergestellt.

Mit dieser wird anschließend die Probelösung titriert.

Versuch 5.2

Zur Herstellung einer 0,01 M EDTA-Maßlösung wird eine bereitgestellte 0,1 M edta-

Lösung (wässrige Lösung von Dinatrium-ethylendiammoniumtetraacetat,

Na2H2EDTA) verdünnt.

Eine 25 mL Probe des zu untersuchenden Trinkwassers wird auf 100 mL verdünnt

und etwa 2 mL 25%iger Ammoniaklösung zugesetzt. Nach Zugabe einer

Indikatorpuffertablette wird mit 0,01 M EDTA-Lösung bis zum Farbumschlag von rot

über grau nach grün titriert.

Trotz europäischer Harmonisierungsbeschlüsse ist die Angabe der Wasserhärte in Grad

Deutscher Härte (°dH) immer noch üblich. 1 °dH entspricht dabei der Summe der

Magnesium- und Calcium-Ionen in 100 mL Wasser, ausgedrückt als mg Calciumoxid. In

der Praxis: multiplizieren Sie die Millimolzahl Magnesium und Calcium in 100 mL Wasser

mit der Molmasse von Calciumoxid (M = 56 g/mol), um die Gesamthärte Ihrer

Analysenlösung in °dH anzugeben.

Berechnen Sie die den Gehalt an Calcium und Magnesium Ihrer Probe. Gehen Sie zur

Berechnung davon aus, dass Calcium und Magnesium-Ionen und EDTA im gleichen

Molverhältnis miteinander reagieren. Vergleichen Sie Ihre erhaltenen Werte mit den

Angaben auf der Flaschenrückseite und führen Sie Gründe für eine Abweichung auf.

Bestimmen Sie aus Ihren Ergebnissen die Gesamthärte in °dH.

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5.3 Übungen zur „Komplexchemie“

Die Nomenklatur von Komplexen stellt eine wichtige Basis zur richtigen Kommunikation

in der Chemie dar. Hier können Sie diese nochmals üben.

Geben Sie einen Namen für folgende Komplexe an:

• K4[Fe(CN)6]

• K3[Cu(Cl)5]

• [Ni(CO)4]

Welche Strukturen besitzen Komplexe mit den Koordinationszahlen 4, 5, und 6

typischerweise?

Zeichnen Sie EDTA.

Benennen Sie die gezeigten Komplexe nach der IUPAC-Nomenklatur.

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6 Redoxreaktionen – die Erste

Während bei Säure-Base-Reaktionen ein Ungleichgewicht in der Elektronenverteilung

ausgeglichen wird, ohne dass Elektronen oder Elektronenpaare vollständig von einem

Reaktionspartner auf den anderen übertragen werden, geschieht bei einer Redox-

Reaktion genau das. Bei einer Reaktion wie der von Natrium mit Chlor zu Natriumchlorid

ist der Elektronenübergang offensichtlich. Bei der Reaktion von Wasserstoff mit Chlor zu

Chlorwasserstoff und dessen anschließender Protolyse in Wasser entsteht aber in zwei

Schritten auch Chlorid – aber wo genau ist hier der Elektronenübergang?

Oxidation wird als Entzug von Elektronen definiert, Reduktion als Aufnahme von

Elektronen. Es werden Elektronen von einem Reaktionspartner auf den anderen

übertragen, es findet eine Redox-Reaktion statt. Der Partner, der den anderen oxidiert

und dabei selbst reduziert wird, ist das Oxidationsmittel, der Partner, der den anderen

reduziert und dabei selbst oxidiert wird, ist das Reduktionsmittel. Man beachte die

Verwandtschaft der Konzepte: bei einer Redox-Reaktion werden Elektronen zwischen

zwei Partnern ausgetauscht, bei der Protolyse Protonen. In beiden Fällen steht der

Austausch im Mittelpunkt, nicht die isolierte Teilreaktion, die nur auf dem Papier

formuliert werden kann.

Oxidationszahlen

Um die Elektronenbilanz auch bei einer Reaktion wie der Reduktion von Kupfer(II) durch

Glucose aufstellen zu können, ist ein Konzept nötig, mit dessen Hilfe auch nichtionische

Stoffe in die Betrachtung einbezogen werden können. Dies wird durch das Konzept der

Oxidationszahl geleistet. Regeln zum Ermitteln von Oxidationszahlen können Sie dem

zum Beispiel Mortimer entnehmen.

Redoxgleichungen

Sind Ausgangsstoffe und Endprodukte einer Redox-Reaktion bekannt(!), so kann eine

Reaktionsgleichung, hier eine Redox-Gleichung, aufgestellt werden. Um die

stöchiometrischen Faktoren zu berechnen, wird am Besten für die beiden Redoxpaare

getrennt formuliert; anschließend werden die erhaltenen Teilgleichungen unter

Berücksichtigung der Elektronenbilanz verknüpft.

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Hier als Bespiel die Auflösung von Kupfer in halbkonzentrierter Salpetersäure, wobei

Kupfer(II)-Ionen und Stickstoffmonoxid entstehen. Da Salpetersäure eine starke Säure

ist, wird mit der protolysierten Form H3O+ + NO3− formuliert (dies ist kein kritischer

Punkt, wer mag, kann auch von HNO3 ausgehen):

Die Teilgleichung für das konjugierte Redoxpaar 1 ist problemlos aufzustellen:

Cu → Cu2+ + 2 e-

Die Teilgleichung für das konjugierte Redoxpaar 2 wird auf folgende Weise entwickelt:

Das redoxaktive Element: die Oxidationszahlen der beteiligten Atome zeigen, bei

welchem Element eine Änderung eingetreten ist (hier bei N):

NVO-II3- → NIIO-II

Die Zahl der übertragenen Elektronen: die Differenz der Oxidationszahlen ist die Zahl

der Elektronen, welche die reduzierte Form mehr besitzt als die oxidierte Form:

NVO3- + 3 e- → NIIO

Die Ladungsbilanz: die Summe der Ladungen auf jeder Seite der Gleichung muss gleich

sein. Auf die Seite mit überschüssiger negativer Ladung werden im Fall einer sauren

Lösung H3O+-Ionen zugefügt, im Fall einer basischen Lösung werden OH--Ionen auf die

Seite mit geringerer negativer Ladung zugefügt:

NVO3- + 3 e- + 4 H3O+ → NIIO

Die Stoffbilanz wird ausgeglichen: Die Zahl der Atome jeder Atomsorte muss auf beiden

Seiten der Gleichung gleich sein; der Ausgleich erfolgt durch Wasser:

NVO3- + 3 e- + 4 H3O+ → NIIO + 6 H2O

Fertig. Nun kommt noch die Kombination der Teilgleichungen; hierzu werden die

beiden Teilgleichungen so mit Faktoren multipliziert, dass die Elektronenzahlen in

beiden Teilgleichungen gleich sind (kleinstes gemeinsames Vielfaches der

Elektronenzahlen der Teilgleichungen); die Redoxgleichung wird dann durch Addition

der beiden Teilgleichungen mit jetzt gleicher Elektronenzahl erhalten:

Cu → Cu2+ + 2 e- x 3

NVO3- + 3 e- + 4 H3O+ → NIIO + 6 H2O x 2

3 Cu + 2 NVO3- + 6 e- + 8 H3O+ → 3 Cu2+ + 6 e- + 2 NIIO + 12 H2O

Oder nach Subtrahieren der auf beiden Seiten auftretenden Teilchen, hier der 6 e-:

3 Cu + 2 NVO3- + 8 H3O+ → 3 Cu2+ + 2 NIIO + 12 H2O

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6.1 Kaliumpermanganat, KMnO4

In Kaliumpermanganat liegt Mangan in seiner höchsten Oxidationsstufe vor und tritt

dadurch in Redoxreaktionen als sehr starkes Oxidationsmittel auf. Aufgrund der stark

oxidierenden Wirkung kommt es unter anderem als Desinfektionsmittel, Deodorant und

Algizid vor. Auch zur Reinigung von Glasgeräten kann es verwendet werden. Im

folgenden Versuch können Sie die verschiedenen Oxidationsstufen des Mangans

beobachten.

Mineralisches Chamäleon - Mangan

Versuch 6.1

In einem 250 mL Becherglas werden 0.2 g Kaliumpermanganat in 200 mL dest.

Wasser gelöst. 1 g Natriumsulfit wird in einem 250 mL Becherglas in 100 mL dest.

Wasser aufgelöst. Zwei Ansätze pro Laborsaal sind ausreichend.

Befüllen Sie dann drei verschiedene Reagenzgläser mit jeweils 5 mL Kalium-

permanganatlösung. Geben Sie dann zu einer der drei Proben etwas verd.

Salpetersäure, zu einer weiteren 6 M NaOH. Die verschiedenen Lösungen werden

dann tropfenweise mit einer Natriumsulfit-Lösung (Na2SO3) versetzt.

Kaliumpermanganat als starkes Oxidationsmittel

Die Gefahren durch die oxidierende Wirkung von Kaliumpermanganat zeigen sich in

folgenden Versuchen.

Versuch 6.2

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Geben Sie eine Spatelspitze Kaliumpermanganat auf eine Tüpfelplatte. Tropfen Sie

anschließend vorsichtig wenige Tropfen Glycin (C2H5NO2) darauf.

Was beobachten Sie und wie lassen sich die unterschiedlichen Farbänderungen erklären?

Formulieren Sie zu jeder Reaktion die Redoxgleichung.

Was beobachten Sie? Formulieren Sie die Reaktionsgleichung, gehen Sie hierbei davon

aus, dass Braunstein MnO2, CO2 und NH3 entsteht.

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ACHTUNG: Folgenden Versuch sollten Sie nur durchführen, wenn Sie sich sicher mit dem

Umgang und der richtigen Handhabung gefährlicher Chemikalien fühlen. Fragen Sie

ansonsten Ihre Labornachbarn, ob Sie Ihnen über die Schulter schauen dürfen.

Versuch 6.3

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug!

Befüllen Sie ein trockenes, sauberes etwa 2 cm hoch mit konzentrierter

Schwefelsäure. Überschichten Sie diese langsam mit etwa 4 cm Ethanol, indem Sie

das Reagenzglas leicht schräg halten und das Ethanol an der Glaswand reinlaufen

lassen. Stellen Sie das so befüllte Reagenzglas anschließend in einen

Reagenzglashalter im Abzug. Geben Sie nun einige kleine Kaliumpermanganat

Kristalle in das Reagenzglas und beobachten Sie das Absinken bis zur

Schwefelsäureschicht. Achten Sie beim Entsorgen der Chemikalien auf den richtigen

ph-Wert!

6.2 Dis- und Komproportionierung

Wasserstoffperoxid haben Sie bereits in den ersten Tagen als Chemikalie mit erheblichen

Gefahrenpotential kennen gelernt. Dies liegt unter anderem an der Eigenschaft sowohl

als Reduktionsmittel als auch als Oxidationsmittel wirken zu können. Damit

einhergehend ist meist eine Disproportionierung des Wasserstoffperoxides. Unter einer

Disproportionierung versteht man also eine Redoxreaktion, bei der aus einer

Verbindung, die ein Element in einer Oxidationsstufe enthält, zwei Substanzen

entstehen. Das Gegenteil einer Disproportionierung ist die Komproportionierung.

Darunter versteht man Redoxreaktionen, bei denen aus zwei Verbindungen, die ein

Element in zwei verschiedenen Oxidationsstufen enthalten, eine einzige Verbindung

entsteht, in der das Element in der mittleren Oxidationsstufe vorhanden ist.

Was beobachten Sie und wie lassen sich die Blitze unter Wasser erklären? Versuchen Sie

eine Reaktionsgleichung zu formulieren. Denken Sie dabei an die wasserentziehende

Wirkung der konzentrierten Schwefelsäure.

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Die Iodprobe

Die Iodprobe dient zum Nachweis von Stärke mit Hilfe einer Iod-haltigen Lösung.

Häufige Anwendung findet diese Probe noch im Obstbau, wodurch eine Einordnung in

ein Stärkeabbaumuster möglich wird.

Versuch 6.4

Ca. 2 mL 3%ige Wasserstoffperoxid-Lösung werden im Reagenzglas mit verdünnter

Essigsäure angesäuert und mit 1 Tropfen 0,05 M Kaliumiodid-Lösung und 1-2

Tropfen Stärkelösung versetzt. In der Kälte tritt sofort eine Blaufärbung ein.

Anschließend wird das Gemisch mit dem Bunsenbrenner bis zur Entfärbung erwärmt

und die Lösung danach in ein Eisbad gestellt.

Disproportionierung von Brom

Versuch 6.5

Zu ca. 2 mL Bromwaser wird tropfenweise verdünnte Natronlauge zugegeben bis

eine Farbänderung der Lösung zu blassgelb sichtbar geworden ist. Säuern Sie

anschließend wieder mit verdünnter Salzsäure an.

Komproportionierung von Iod

Versuch 6.6

Versetzen Sie etwa 2 mL einer Iodid-Lösung mit etwa einer Iodat-Lösung bis es zu

einer beobachtbaren Farbänderung kommt

Erklären Sie die Färbung und Entfärbung der Probe. Stellen Sie die Teilgleichungen und

die Gesamtgleichung des Redoxprozesses auf.

Erklären Sie den beobachteten Farbwechsel anhand einer Redoxgleichung.

Erklären Sie den beobachteten Farbwechsel anhand einer Redoxgleichung.

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6.3 Übungen zur „Redoxreaktionen – die Erste“

Redoxreaktionen kann man nicht genügend üben. Stellen Sie mit diesen Übungen sicher,

dass sie keine Fehler mehr beim Aufstellen und Lösen von Redoxreaktionsgleichungen

machen.

Gummibär aus der Hölle

Tollensprobe (silberspiegel)

Die Photosynthese ist ebenso wie die Zellatmung ein Redoxvorgang. Das Kohlendioxid

wird zu Zucker reduziert. Sauerstoff ist dann das „Abfall“-Produkt der Photosynthese.

Stellen Sie unter Verwendung der Schrittfolge für Redoxreaktionen die Teil- und

Gesamtgleichung für folgende Redoxprozesse auf! Gehen Sie davon aus, dass alle

Reaktionen im wässrigen stattfinden.

• Eisen(III)-Chlorid reagiert mit Kaliumiodid zu Eisen(II)-Chlorid, Iod und

Kaliumchlorid.

• Kaliumdichromat reagiert mit Kaliumiodid unter Zugabe von Schwefelsäure zu

Chrom(III)-Sulfat und Iod.

• Schweflige Säure reagiert mit Iod zu Schwefelsäure und Iodwasserstoff

• Chromm(III)-Oxid reagiert mit Kaliumnitrat zu Kaliumchromat und Kaliumnitrit.

Dabei werden H+-Ionen frei.

• Salpetrige Säure reagiert mit Harnstoff (CO(NH2)2) unter Bildung von elementaren

Stickstoff und Kohlendioxid.

Stellen Sie die Teilgleichung für die Oxidation und die Reduktion der Photosynthese auf

und fügen Sie diese zu einer sinnvollen Gesamtgleichung zusammen.

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7 Redoxreaktionen – Standardpotentiale

Wird eine der beiden Teilgleichungen einer Redoxreaktion als Gleichgewicht betrachtet,

so beschreibt das Redoxpotential E seine Lage. Die unter Standardbedingungen

gemessenen Redoxpotentiale sind meist nach zunehmenden Werten tabelliert. Die

Abfolge wird elektrochemische Spannungsreihe genannt. Die Tabelle erlaubt es zu

beurteilen, ob unter Standardbedingungen eine bestimmte Redoxreaktion freiwillig

abläuft. Ein hohes Potential bedeutet, dass das Oxidationsvermögen der oxidierten Form

hoch ist, dass also die reduzierte Form besonders stabil ist. Einzelpotentiale

elektrochemischer Halbzellen können nicht gemessen werden, so wie auch

Teilgleichungen keine realen Reaktionen beschreiben. Messbar sind nur

Zellspannungen, die Potentialdifferenzen zwischen zwei zusammengeschalteten

Halbzellen, die den beiden Teilprozessen einer Redoxreaktion entsprechen. Die

tabellierten Standardpotentiale beziehen sich meist auf die Normalwasserstoffelektrode

(NWE, auch Standardwasserstoffelektrode) als der einen Halbzelle, deren Potential

willkürlich zu null gesetzt wird. Halbzellen mit Standardpotentialen oberhalb von null

(zum Beispiel die „edlen“ Metalle) oxidieren die NWE, solche mit Standardpotentialen

unterhalb von null (zum Beispiel die „unedlen“ Metalle) reduzieren die NWE unter

Wasserstoffentwicklung.

7.1 Erstellen einer Spannungsreihe

Versuch 7.1

In diesem Versuch sollen Sie anhand qualitativer Versuche eine Spannungsreihe

aufstellen.

• Geben sie einen Eisennagel (Fe) in ein Reagenzglas und geben Sie etwas

Kupfersulfatlösung (CuSO4) zu. Was beobachten Sie und wie erklären Sie

dies?

• Legen Sie einige mL Kupfersulfatlösung (CuSO4) in einem Reagenzglas vor

und geben sie eine Zinngranalie (Sn) zu. Was beobachten Sie und wie

erklären Sie dies?

• Legen Sie einige mL Eisen(II)sulfatlösung (FeSO4) in einem Reagenzglas vor

und geben sie eine Zinngranalie (Sn) zu. Was beobachten Sie und wie

erklären Sie dies?

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• Legen Sie einige mL Eisen(II)sulfatlösung (FeSO4) in einem Reagenzglas vor.

Geben Sie auf einem Uhrglas eine Zinkgranalie (Zn) in etwas konzentrierte

Salzsäure (HCl). Nach Einsetzten der Gasentwicklung entfernen Sie die

Granalie mit der Pinzette und spülen sie gut mit Wasser ab. Geben Sie nun

die Granalie in das Reagenzglas. Was beobachten Sie und wie erklären Sie

dies?

• Geben Sie ein paar Kupferspäne (Cu) in ein Reagenzglas und fügen Sie

1 – 2 mL Silbernitratlösung (AgNO3) hinzu. Was beobachten Sie und wie

erklären Sie dies?

7.2 Tollensprobe und das Gummibärchen aus der Hölle

Ist Spaß mit Redoxreaktionen möglich? Für viele Studenten stellen Redoxreaktionen ein

notwendiges Übel dar, jedoch stecken hinter den komplexen Gleichungen oft

erstaunliche Versuche, die Lust auf mehr machen. Folgende Experimente dürfen Sie in

4er Gruppen mit Ihren Banknachbarn durchführen.

Versuch 7.2 - Tollensspiegel

Lösen Sie 0,85 g Silbernitrat in 50 mL dest. Wasser umd eine 0,1 M AgNO3-Lösung

zu erhalten. Ein Ansatz pro Laborsaal ist hier ausreichend.

Geben Sie dann etwa 5 mL der Silbernitratlösung in ein völlig sauberes Reagenzglas

und versetzen Sie diese mit 1 M Ammoniak bis sich der dabei entstehende milchig

weiße Niederschlag wieder auflöst. In einem weiteren Schritt geben Sie ein NaOH-

Plätzchen und etwa 3 mL gesättigte Glucoselösung hinzu. Beginnen Sie dann sofort

das Reagenzglas unter leichtem Erhitzen kräftig zu schütteln.

Notieren Sie sich ihre Beobachtungen und erstellen Sie daraus die richtige Reihenfolge

des Reduktionsvermögens. Beginnen Sie mit dem unedelsten Metall.

Die Tollensprobe dient generell zum Nachweis von Aldehyden. Erklären Sie Ihre

Beobachtung mit einer Redoxreaktion. Vergessen Sie dabei nicht die einzelnen

Teilgleichungen aufzustellen. Gehen Sie davon aus, dass sich durch die Zugabe von

Ammoniak ein Silberdiamin-Komplex [Ag(NH3)2]+ bildet.

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Versuch 7.3 – Gummibärchen aus der Hölle

Arbeiten Sie unbedingt unter einem gut ziehenden Abzug

Schmelzen Sie etwa 8 g Kaliumchlorat mit dem Bunsenbrenner in einem

Reagenzglas. Anschließend lässt man ein Gummibärchen in die Kalium-

chloratschmelze fallen. Halten Sie dabei das Reagenzglas leicht schräg und richten

Sie es nicht auf die Beobachter.

Erklären Sie die heftig auftretende Reaktion mit einer Reaktionsgleichung.

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7.3 Übungen zur „Redoxreaktionen – Standardpotentiale“

In dem Versuch 7.1 haben Sie die Redoxpotentiale verschiedener Metalle praktisch

kennengelernt. Eine theoretische Erklärung für das Ablaufen der verschiedenen

Reaktionen liefert die allgemeine Nernstgleichung (Gleichung 1). Wobei hier das

Elektrodenpotential E, Standardelektrodenpotential E0, die universelle Gaskonstante R,

die absolute Temperatur T, die Anzahl der übertragenen Elektronen ze, die Faraday-

Konstante F und die Konzentrationen der betreffenden Redoxpartner cOx und cRed

verwendet werden.

� � �� ��

�� �

���

���� (1)

Durch Zusammenfassen der Naturkonstanten R, F, dem Umrechnungsfaktor für den

natürlichen Logarthmus zum dekadischen und der Festlegung der Temperatur auf 25 °C

(298 K) vereinfacht sich diese Form zu Gleichung 2.

� � �� ��,��� �

� �

���

���� (2)

Zur Abschätzung, ob eine Reaktion freiwillig abläuft, müssen sie die elektromotorische

Kraft (EMK) berechnen indem sie das Redoxpotential der Anode vom Redoxpotential

der Kathode subtrahieren. Für positive EMK-Werte läuft die Reaktion freiwillig ab, für

negative Werte muss Energie in Form von Strom oder Temperatur zugefügt werden.

Überprüfen Sie die Umformung von Gleichung 1 zu Gleichung 2 anhand einer

Einheitenrechnung.

Ermitteln Sie die Zellspannung eines galvanischen Elements mit den Halbzellen

0,5 M AgNO3 (aq) [E0(Ag+/Ag) = 0,799 V] und 0,01 M CdCl2 (aq) [E0(Cd2+/Cd) = - 0,402 V].

Schreiben Sie die Gesamtzellenreaktion auf und stellen Sie fest, ob die Hin-oder

Rückreaktion spontan verläuft.

Calcium-Ionen sind ein sog. second-messenger in der Zelle und müssen um den

Zellbetrieb in Gang zu halten daher stark aktiv nach außen transportiert werden. Die

Calcium-Ionenkonzentration innerhalb der Zelle beträgt daher nur ca. 10-5 mmol L-1. Für

die Calciumionen herrscht ein starkes Membranpotential von ca. 156 mV.

Wie groß ist die Calciumionenkonzentration außerhalb der Zelle?

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8 Ionenlotto für Biologen - Vorversuche

In der analytischen Praxis erfolgt heute die qualitative Analyse vornehmlich mit

physikalischen Methoden (z.B. der Energiediespersiven Röntgenspektroskopie oder ICP).

Die Vorteile der physikalischen Methoden liegen in der Automatisierbarkeit und in der

hohen Nachweisempfindlichkeit. Die klassische qualitative Analyse beruht auf

Reaktionen in Lösung, mit deren Hilfe Kationen nasschemisch zunächst voneinander

getrennt und dann sowohl Kationen als auch Anionen durch Umsetzung mit bestimmten

Reagenzien spezifisch nachgewiesen werden.

Durch weitgehend freies Arbeiten soll die Lust und Freude zum experimentellen Arbeiten

geweckt werden. Führen Sie die Vorversuche trotzdem mit Ihrem Laborpartner durch.

8.1 Übungsversuche zu Anionen-Nachweise

Anionen können im Labor mit einer Vielzahl von Fällungs- oder farbspezifischen

Redoxreaktionen nachgewiesen werden.

Chlorid, Bromid und Iodid

Versuch 8.1

Vier verdünnte Lösungen (ca. 2 mL) von KCl, KBr, KI und (NH4)2HPO4 werden mit

einigen Tropfen Silbernitratlösung versetzt. Anschließend wird mit wenig

verdünnter HNO3 angesäuert. Von den verbleibenden Niederschlägen wird

abdekantiert. Es wird versucht die Feststoffe mit verdünntem Ammoniak,

anschließend ggf. mit konzentriertem Ammoniak zu lösen. Die erhaltenen Lösungen

werden erneut mit HNO3 angesäuert und letztlich eine Zinkgranalie hinzugefügt.

Versuch 8.2

Zwei verdünnte Lösungen von KBr und KI werden mit verd. H2SO4 angesäuert und

mit Chloroform überschichtet. Beide Lösungen werden tropfenweise bis zu einem

starken Überschuss mit frischem Chlorwasser versetzt, zwischendurch wird das

Gemisch mit Hilfe eines Stopfens verschlossen und gründlich vermischt. Versetzen

Sie die Iodid-haltige Lösung anschließend mit etwas Stärke.

Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Welche Anionen haben Sie nach welchem Schritt

nachgewiesen?

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Carbonat

Versuch 8.3

Eine Spatelspitze Natriumcarbonat wird im Reagenzglas mit ca. 1 mL verdünnter

Salzsäure versetzt. Wiederholen Sie diesen Versuch mit verdünnter Essigsäure.

Nitrit und Nitrat

Versuch 8.4

Auf einer Tüpfelplatte vereinigt man zweimal je 1–2 Tropfen der frisch hergestellten

Reagenzien Lunge 1 und Lunge 2. Zu einer Mischung wird ein Tropfen Natriumnitrit-

Lösung gegeben, zur anderen ein Tropfen Natriumnitratlösung. Anschließend fügt

man Zweiterer eine sehr kleine Spatelspitze Zn-Pulver hinzu.

Versuch 8.5

Etwa 5 mL einer frisch zubereiteten gesättigten Lösung von FeSO4 werden in einem

Reagenzglas mit einigen Tropfen NaNO3-Lösung vermischt. Die erhaltene Lösung

wird mit ca. 2–3 mL konzentrierter Schwefelsäure vorsichtig unterschichtet, indem

man diese langsam an der Reagenzglasinnenwand herunterlaufen lässt. Es bildet

sich an der Phasengrenze ein brauner Ring.

Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Welche Anionen haben Sie nach welchem Schritt

nachgewiesen?

Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Welches Gas entsteht?

Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Achten Sie auf die Unterscheidung zwischen Nitrit und

Nitrat.

Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Formulieren Sie die Reaktionsgleichungen der

Ringprobe. Achten Sie auf die Unterscheidung zwischen Nitrit und Nitrat.

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Phosphat

Versuch 8.6

Nachweis als Ammoniumdodekamolybdatophosphat: Eine Spatelspitze (NH4)2HPO4

wird mit ca. 2 mL halbkonz. Salpetersäure stark angesäuert. Die klare Lösung wird

mit 1 mL Ammoniummolybdatlösung. (0,5 g festes Ammoniummolybdat auf 10 mL

Wasser) versetzt und einige Minuten auf ca. 80 °C erwärmt. Die Ammonium-

molybdatlösung darf weder einen Niederschlag noch eine milchige Trübung

aufweisen. Bei Anwesenheit von Phosphat entsteht langsam ein gelber, kristalliner

Niederschlag.

8.2 Übungsversuche zu Kationen-Nachweise

Jede qualitative Analyse beginnt gewöhnlich mit den Vorproben, die schon erste

Hinweise auf die Zusammensetzung der Ursubstanz geben, dazu zählen unter anderem

die Flammenfärbung sowie die Phosphorsalz- oder Boraxperle.

Flammenfärbung

Versuch 8.7

Einige Körnchen der Chloride und Sulfate der Elemente Li, Na, K, Sr und Ba werden

nacheinander mit einem ausgeglühten und (mit verd. HCl) angefeuchteten

Magnesiastäbchen in die nichtleuchtende Flamme eines Bunsenbrenners

eingebracht. Die Flammenfarbe wird sowohl mit dem bloßen Auge als auch mit Hilfe

des Handspektrometers beobachtet. Alle Salze, welche keine charakteristische Farbe

gezeigt haben, werden nun 1:1 mit Mg-Pulver verrieben und die Flammenfarbe

(nicht mit bloßem Auge in den Lichtblitz schauen) durch das Handspektrometer

beobachtet.

Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Formulieren Sie die Reaktionsgleichung der Reaktionen

von Phosphat mit Ammoniummolybdat.

Notieren Sie Ihre Beobachtungen und Flammenfärbungen.

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Boraxperle

Versuch 8.8

Ein ausgeglühtes Magnesiastäbchen wird heiß in wenig Borax getaucht und daraus

im Bunsenbrenner eine transparente Glaskugel geformt. Diese wird in einzelnen

Versuchen etwas angefeuchtet und mit sehr wenig i) Co(NO3)2 ∙ 6 H2O,

ii) CuSO4 ∙ 5 H2O, iii) MnSO4 und iv) FeSO4 in Berührung gebracht. Anschließend

werden die Salze je in der Oxidationsflamme bzw. Reduktionsflamme

eingeschmolzen.

Oxidationsperle Reduktionsperle

Element Heiß Kalt Heiß Kalt

Co Blau Blau Blau Blau

Cu Grüngelb Blaugrün Schwach grünl. Lackrot

Fe Gelb-

gelbrot

Schwach

gelbrot

Orange Grün

Mn Violett Violett Farblos Farblos

.

Überprüfen Sie Ihre Beobachtung mit folgender Tabelle.

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9 Ionenlotto für Biologen - Nachweise

Die qualitative Untersuchung von Proben wird Sie Ihr Studium durch begleiten. Einen

kleinen Vorgeschmack auf die spannende Suche nach der richtigen Lösung erleben Sie

heute. Auf Sie warten drei verschiedene unbekannte Proben, zusammengesetzt aus

mindestens einem Kation und mindestens einem Anion.

Obwohl ein geschickter Analytiker aus den Vorproben schon sehr viele Schlüsse auf die

Zusammensetzung einer Probe ziehen kann, sind Vorproben kein Ersatz für den

spezifischen Nachweis der einzelnen Komponenten. Sollten Sie aus den Vorproben

genügend Hinweise erhalten haben können Sie untenstehende Einzelkationen-

Nachweise durchführen.

Lithium

Versuch 9.1

Kocht man eine lithiumhaltige Lösung mit Dinatriumhydrogenphosphat so fällt ein

weißer, schwerlöslicher und flockiger Niederschlag aus, welcher in Säuren löslich ist

eine quantitative Ausfällung ist somit nur in Anwesenheit von Natronlauge möglich.

Kalium

Versuch 9.2

Eine Spatelspitze Substanz wird in wenig dest. Wasser gelöst. Die klare Lösung wird

mit wenigen Tropfen verdünnter Perchlorsäure (HClO4) versetzt und im Eisbad

gekühlt. Bei Anwesenheit von Kalium trübt sich die Lösung durch die Kristallisation

von weiß Kaliumperchlorat (KClO4).

Ammonium

Versuch 9.3

Auf ein Uhrglas gibt man eine Spatelspitze der Analysensubstanz, zwei

Natriumhydroxidplätzchen und 2-3 Tropfen destilliertes Wasser. Das Glas wird mit

einem zweiten Uhrglas abgedeckt, in dessen Wölbung ein Streifen feuchtes

Universalindikatorpapier geklebt ist. Bei Anwesenheit von Ammonium färbt sich das

Universalindikatorpapier blau.

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Strontium und Barium

Versuch 9.4

Lösen Sie Ihre Substanz in 1 M Essigsäure. Ein Teil der neutralen, oder schwach

essigsauren Lösung wird mit frischer Rhodizonat-Lösung versetzt. Eine

orangebraune Emulsion zeigt Sr2+ und/oder Ba2+ an. Nach Zugabe von 1 M HCl

entfärbt sich Sr2+. Ba2+ erzeugt einen intensiv roten Niederschlag.

Mangan

Versuch 9.5

Eine Spatelspitze Substanz wird in wenig dest. Wasser gelöst. Die Lösung wird mit

2 – 3 Tropfen Schwefelsäure (H2SO4, 3 M) angesäuert. Hierauf versetzt man die

Lösung tropfenweise mit Natriumhydrogensulfit-Lösung (NaHSO3). Entfärbt sich die

Lösung, so ist Mn7+ zugegen. Im Alkalischen können Sie die Fällung eines braunen

Feststoffes beobachten.

Eisen

Versuch 9.6

Eine Spatelspitze Substanz wird in wenig dest. Wasser gelöst. Die Lösung wird mit

Tetrakaliumhexacyanoferrat(II) (K4[Fe(CN)6]) versetzt. Ein tiefblauer Niederschlag

resultierend aus „Berliner Blau“ (Fe4[Fe(CN)6]3) zeigt Fe3+ an. Zur Kontrolle sollte eine

weitere Probe durchgeführt werden: Eine Spatelspitze Substanz wird in wenig dest.

Wasser gelöst. Die Lösung wird mit KSCN versetzt. Wenn Fe3+ anwesend ist, ist eine

deutliche Rotfärbung zu erkennen.

Cobalt

Versuch 9.7

Eine Spatelspitze Substanz wird in wenig dest. Wasser gelöst. Die Lösung wird mit

zwei bis drei Tropfen Essigsäure (CH3COOH, 1 M) angesäuert. Zu dieser Lösung

tropft man langsam Ammoniumthiocyanat-Lösung (NH4SCN). Färbt sich die Lösung

durch Bildung des Komplexes H2[Co(SCN)4] blau, so ist Co2+ zugegen. Bei einer

Überschichtung mit Aceton löst sich der Komplex im aprotischen Lösungsmittel und

erscheint hellblau.

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Kupfer

Versuch 9.8

Eine Spatelspitze Substanz wird in wenig dest. Wasser gelöst. Die klare Lösung

versetzt man mit 1 – 2 mL Ammoniak (NH3). Bei Anwesenheit von Cu2+ entsteht eine

tiefblaue Lösung des Tetraamminkupfer(II)-ions ([Cu(NH3)4]2+).

Ihre drei verschiedenen Salze können aus folgenden Kat- und Anionen bestehen:

Kationen: NH4+, Li+, K+, Sr2+, Ba2+, Mn2+/Mn7+, Fe3+, Co2+und Cu2+

Anionen: Cl-, Br-, I-, CO32-, PO43-, NO2-, NO3-, O2-, S2-

Aus welchen Ionen setzen sich Ihre Proben zusammen?

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Anhang