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Johannes Preiser Kapeller Die Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien vom 5. bis zum 7. Jahrhundert (Entstehung des Themas Armeniakon) Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie aus der Studienrichtung Byzantinistik und Neogräzistik eingereicht an der Geistes- und Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien Wien 2001

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Johannes Preiser — Kapeller

Die Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien

vom 5. bis zum 7. Jahrhundert

(Entstehung des Themas Armeniakon)

Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie aus der Studienrichtung

Byzantinistik und Neogräzistik eingereicht an

der Geistes- und Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien

Wien 2001

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Meinen ElternMaria und Johann Preiser — Kapeller

gewidmet

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Vorwort

Diese Diplomarbeit entstand im Laufe eines Jahres vom Sommer 2000 bis zum Sommer2001. Für ihre Unterstützung bei der Erstellung der Arbeit möchte ich einigen Personenmeinen besonderen Dank aussprechen. Vor allem habe ich dem Betreuer der Diplomarbeit,Ao. Univ. Prof. Dr. Werner Seibt, zu danken, der meine Arbeit stets mit wohlwollendemInteresse begleitete und durch seine Hinweise gewährleistete, dass den Ansprüchen derWissenschaftlichkeit Genüge getan wurde. Die Lehrenden und Mitarbeiter des Instituts fürByzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien schufen jenes Arbeitsklima, das dieSemester des Studiums und der Erstellung der Diplomarbeit den Idealvorstellungen jedesStudenten nahe kommen ließen. Dank gebührt auch meiner Familie, meinen Freunden undStudienkollegen für ihre Anteilnahme an meinen Studien und ihre beständige Ermunterung.Am Ende meiner Ausbildung in den Fächern der Byzantinistik gilt mein besonderer Dankmeinem verehrten Mittelschullehrer und Freund Dr. Bruno Baumgartner, der mir den Weg zudieser Wissenschaft wies.

Johannes Preiser — Kapeller, im Juni 2001

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Hinweis zur TranskriptionDie beiden relevanten nichtlateinischen Alphabete in dieser Arbeit sind das griechische unddas altarmenische.Die Transkription des Griechischen folgt den Regeln der Tabula Imperii Byzantini.Die Transkription des Armenischen erfolgt gemäß dem Hübschmann — Meillet - System bzw.den Regeln der Revue des Etudes Armniennes (REArm) mit Ausnahme der beiden r — Laute(Buchstaben „ra“ und „r“), die beide aufgrund des beschränkten Zeichensatzes, der zurVerfügung stand, mit „r“ transkribiert werden müssen

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

INHALTSVERZEICHNIS

Verzeicimis der abgekürzt zitierten Quellen 3Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 7

0 Einleitung

0.1 Thematische, räumliche und zeitliche Grenzen 190.2 Die Quellen 20

1 Die Verwaltung der armenischen Territorien bis Justinian 1.

1.1 Das provinzialisierte Armenien 231.1.1 Die Entwicklung der armenischen Provinzen bis 400 231.1.1.1 Die Entwicklung von Armenia minor vom Klienteireich zum Provinzialgebiet 231.1.1.2 Arrnenia minor nach den diokletianisch — konstantinischen Reformen 241.1.2 Die Zivilverwaltung nach der Notitia Dignitatum und die

armenischen Provinzen 251.1.2.1 Die armenischen Provinzen in der Notitia Dignitatum 251.1.2.2 Die Ausdehnung von Armenia prima 261.1.2.3 Die Ausdehnung von Arrnenia secunda 271.1.2.4 Das Straßensystern der armenischen Provinzen 281.1.3 Die militärische Organisation der armenischen Provinzen 301.1.3.1 Der Dux Armeniae 301.1.3.2 Die Versorgung der Truppe 311.1.3.3 Einheiten und Garnisonen nach der Notitia Dignitatum 331.1.3.3.1 Pontus Polemoniacus und die Schwarzmeerküste 331.1.3.3.2 Armenia prima 341.1.3.3.3 Armeniasecunda 35

1.2 Die armenischen Satrapien 361.2.1 DieVerträgevon299und363 361.2.1.1 Die Territorien des Vertrags von Nisibis 299 361.2.1.2 Die Herrschaftsverhältnisse zwischen den Verträgen von 299 und 363 371.2.1.3 Der Vertrag von 363 und die Satrapien bis zur Teilung Armeniens 387 391.2.2 Die Satrapien als autonome Klientelreiche 411.2.2.1 Der Status der Satrapien vor Kaiser Zeno 411.2.2.2 Die Statusminderung der Satrapien 488 44

1.3 Armeniainterior 451.3.1 Die Teilung Armeniens 387 und die unter römische Hoheit fallenden Territorien 451.3.1.1 Die Entwicklung vom Frieden Tovians bis zur Teilung Armeniens 451.3.1.2 Arrnenia interior und sein Territorium 481.3.2 Die Verwaltung von Armenia interior 501.3.2.1 Der Comes Armeniae 501.3.2.2 Der armenische Adel und die römische Verwaltung 53

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

2 Die Reformen Justinians 1.

2.1 Die militärische Neuordnung der armenischen Gebiete 56

2.2 Die Neuordnung der Verwaltung durch Justinian 1. 592.2.1 Die Provinzialisierung der armenischen Gebiete 592.2.2 Die neue Provinzverwaltung und der armenische Adel 62

2.3 Die armenische Grenze am Ende der Regierung Justinians 1. 64

3 Die armenischen Territorien bis zum Auftreten der Araber

3.1 Die armenische Grenze bis zur neuen Teilung Arrneniens 591 65

3.2 Die byzantinische Herrschaft über Armenien unter Maurikios 591 — 602 673.2.1 Die neue Grenzziehung 591 673.2.2 Die neue Provinzordnung und die Besitzung der wichtigsten Adelshäuser 683.2.3 Die byzantinische Verwaltung in Armenien unter Maurikios 713.2.4 Die Verlegung armenischer Kontingente auf die Balkanhalbinsel 73

3.3 Die armenischen Gebiete unter Phokas und Herakleiosbis zu den ersten Einfällen der Araber 76

3.3.1 Die Eroberung Armeniens durch die Sasaniden 602 — 610 763.3.2 Armenien und Armenier in den Kriegen des Herakleios gegen Chosrau II. 793.3.3 Die erneute Gewinnung der Oberhoheit über den Großteil Armeniens

durch die Byzantiner 81

4 Die armenischen Gebiete im 7. Jahrhundert zur Zeit der arabischen Einfälle

4.1 Die byzantinische Oberhoheit über Armenien bis zum AbkommenmitMu‘awiya653 83

4.1.1 Die Einsetzung eines Lans und das Amt des „Regierenden Fürsten“von Armenien im 7. Jahrhundert 83

4.1.2 Der i.xan und der magister militum per Armeniam 854.1.3 Der Feldzug Konstans II. und der Kampf um Armenien bis 655 87

4.2 ‘ApuvüxKo und Armenien in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts 894.2.1 Die Stationierung des exercitus Armeniacus in Kleinasien 894.2.2 Der Aufstand der ‘ApiEviwcot unter Saborios 667/668 914.2.3 Die erneute Oberhoheit über Armenien unter Justinianos II.

und die arabische Besetzung Anneniens 934.2.4 ‘Apjivrn und ‘Ap.tvicncrn 97

4.3 Die Zivilverwaltung der armenischen Provinzen und das Thema der ‘App.vtaxo 1004.3.1 Die armenischen Provinzen in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts 1004.3.2 Die zivile Provinzverwaltung und das Heer der ‘Api.tvicticot 102

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

VERZEICHNIS DER ABGEKÜRZT ZITIERTEN QUELLEN

Fett: in der Arbeit verwendete Abkürzung

ACOActa Conciliorum Oecumenicorum, ed. E. SCHWARTZ — J. STRAUB. Straßburg - Berlin1914— 1984.

AgathangelosAgat‘angelay patmut‘iwn Hayoc‘, ed. G. TER MKRTC‘EAN - 5. KANAYEANC‘. Tiflis1909G. GARITTE, Documents pour l‘tude du livre d‘Agathange (Studi e Testi 127). Vatikanstadt1946La version grecque ancienne du livre armenien d‘Agathange, ed. G. LAFONTAINE. Louvain1978R. W. THOMSON, Agathangelos: History of the Arnienians. Albany 1976 (Übersetzung derarmenischen Version)

AgathiasAgathiae Myrinaei historiarum libri quinque, ed. R. KEYDELL (CFHB 2). Berlin 1967

Ammianus MarcellinusAmrniani Marcellini rerum gestarum libri qui supersunt, ed. and trans. J. C. ROLFE. 3 Bände.London — Cambridge, Mass. 1935 - 1937

Aarhac‘oyc‘Gographie de Moße de Corne d‘aprs Pto1m&, ed. und trans. A. SOLTKRY. Venedig 1881(Lange Fassung)HEWSEN, Geography of Ananias of SirakThe Geography of Ananias of Sirak A.sarhac ‘oyc‘). The long and the short Recension.Introduction, Translation and Commentary by R. H. HEWSEN. Wiesbaden 1992

Basileios von Kaisareia, BriefeSamt Basile, Lettres, ed .und trans. Y. COURTONNE. 3 Bände. Paris 1957 - 1966

Buzandaran Patmut‘iwnk‘P‘awstos Buzand, Patmut‘iwn Hayoc‘, ed. Venedig 1933.GARSOIAN, Epic HistoriesThe Epic Histories Attributed to P‘awstos Buzand (Buzandaran Patmut‘iwnk‘), trans. andcomm. N. G. GARSOfAN. Cambridge, Mass. 1989

Chronicon PaschaleChronicon Paschale, ed. L. DINDORF (CSHB) 2 Bände. Bonn 1832Chronicon Paschale 284 - 628 AD, trans. M. WHITBY/ M. WHITBY. Liverpool 1989

Codex Justinianus, Novella JustinianiCorpus luris Civilis, II: Codex Justinianus, ed. P. KRUGER. III : Novellae, ed. R. SCHÖLL —

W. KROLL. Berlin 1892 — 1895 (Nachruck 1945 — 1963).

3

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Codex Theodosianus, Novella TheodosianiTheodosiani libri xvi cum constitutionibus Sirmondianis et leges, Novellae ad Theodosianumpertinens, ed. Th. MOMMSEN—P. MEYER. Berlin 1905

Konstantinos Porphyrogennetos, De Thematibus, De administrando imperioConstantino Porfirogenito. De Thematibus. Introduzione - Testo critico - Commento. A curadi A. PERTUST. Vatikanstadt 1952Constantine Porphyrogenitus, De administrando imperio. Greek text edited by. G.MORAVCSLK. English Translation by. R. J. H. JENKINS (CFHB 1). Washington 1967

EliElii vasn Vardanay ew Hayoc‘ paterazmin, ed. E. TER MINASYAN. Jerewan 1957R. W. THOMSON, E1ish: History of Vardan and the Armenian War. Cambridge, Mass. 1982

EuagriosThe Ecclesiastical History of Evagrius with the Scholia, ed. J. BIDEZ — L. PARMENTIER.London 1898

Gahn amakEdition in: N. ADONTZ, Armenia in the Period of Justinian. The political Conditions basedon the Naarar System. transl. N. G. GARSOrAN. Lissabon 1970, Anhang 67 - 68

Geographici Graeci MinoresC. MÜLLER (Hrsg.), Geographici Graeci Minores. Volumen II. Paris 1860

Georgios KypriosGeorgii Cyprii descriptio orbis Romani, ed. H. GELZER. Leipzig 1890

Georgios PisidesGiorgio di Pisidia, Poemi. 1: Panegirici Epici, ed., trans. und comm. A. PERTUSI (StudiaPatristica et Byzantina 7). Ettal 1959

HieroklesLe Synekdmos d‘Hierokles et l‘opuscule gographique de Georges de Chypres, ed. E.HONIGMANN. Brüssel 1939

Itineraria Antoniniitineraria Antonini Augusti et Burdigalense, ed. 0. CLTNTZ, Leipzig 1929.

Johannes von Ephesoslohannis Ephesini Historiae Ecclesiasticae pars tertia (Ecclesiastical History), trans. E. W.BROOKS (CSCO 106, Scriptores Syri 55). Louvain 1952

Josua StylitesW. WRIGHT, The Chronicle of Joshua the Stylite: composed in Syriac AD 507 with aTransiation into English and Notes. Amsterdam 1968

KoriwnKoriwn, Vark‘Matoc‘i, ed. M. ABELYAN. Jerewan 1941G. WINKLER, Koriwns Biographie des Mesrop Matoc‘, Ubersetzung und Kommentar(OCA 245). Rom 1994

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Page 9: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Lazar P‘arpec‘iLazaray P‘arpec‘woy patmut‘iwn Hayoc‘ ew t‘ult‘ ar Vahan Mamikonean, ed. G. TERMKRT‘EAN - S. MALXASEAN. Tiflis 1904R. W. THOMSON, The History of Lazar P‘arpec‘i. Atlanta 1991

LewondPatmut‘iwn Lewondeay meci vardapeti Hayoc‘. St. Petersburg 1887Z. ARZOUMANL&N, History of Lewond. Philadelphia 1982

Johannes MalalasIoannis Malalae Chronographia, rec. J. THURN (CFHB 35). Berlin 2000

MANSIJ. B. MANSI, Sacrorum Conciliorum nova et amplissima collectio. Florenz Venedig 1759ff.

Menander ProtektorFragmenta Historicorum Graecorum Volumen IV, coll. C. MÜLLER. Paris 1851 (NachdruckFrankfurt am Main 1975)

Michael der SyrerChronique de Michel le Syrien patriarche jacobite d‘Antioche (1166 - 1199), ed. et trans. J. -

B. CHABOT. 4 Bände. Paris 1900 - 1905

Movss Xorenac‘iMovsisi Xorenac‘woy patmut‘iwn Hayoc‘, ed. M. ABELEAN — S. YARUT‘TWNEAN. Tiflis1913R. W. THOMSON, Moses Khorenats‘i: History ofthe Armenians. Cambridge, Mass. 1978Moise de Khorne, Histoire de l‘Armnie. Nouvelle traduction de l‘armenien classique avecune introduction et des notes par A. MAHE - J.—P. MAHE. Paris 1993

Narratio de Rebus ArmeniaeG. GARITTE, La Narratio de Rebus Armeniae (CSCO 132, Subsidia 4). Louvain 1952

Notitia Dignitatum, Laterculus Veronensis, Laterculus Polemi SilviiNotitia Dignitatum accedunt Notitia Urbis Constantinopolitanae et Latercula Provinciarum,edidit 0. SEECK. Nachdruck Frankfurt am Main 1962

Notitia episcopatuumJ. DARROUZES, Notitiae episcopatuum ecclesiae Constantinopolitanae. Textes critiques,introduction et notes. Paris 1981

Patrum Nicaenorum nominaPatrum Nicaenorum nomina, ed. H. GELZER. Leipzig 1898

Petros PatrikiosFragmenta Historicorum Graecorum Volumen IV, coll. C. MULLER. Paris 1851 (NachdruckFrankfurt am Main 1975)

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

ProkopProcopius, Buildings, ed. and trans. H. B. DEWING. Cambridge, Mass. —London 1940Procopius, Secret History, ed. and trans. H. B. DEW1NG. Cambridge, Mass. — London 1935Procopius, History of the Wars, ed. and trans. H. B. DEW1NG. Cambridge, Mass. — London1914— 1928

SebosPatrnut‘iwn Sebosi, ed. G. V. ABGAREAN. Erewan 1979The Armenian History attributed to Sebeos. trans., with notes by R. W. THOMSON.Historical Commentary by J. W. HOWARD - JOHNSTON. Assistance from T.GREENWOOD (Translated Texts for Historians 31). Liverpool 1999

Step‘anos Taronec‘iStep‘anos Tarönec‘woy Asolkan patmut‘iwn tiezerkan, ed. 5. MALXASEANC‘. St.Petersburg 1885Histoire universelle par Etienne A9ogh‘ik de Daron. Premire partie, trans. E. DULAURIER.Paris 1883

Tabula PeutingerianaItineraria Romana. Römische Reisewege an Hand der Tabula Peutingeriana, ed. C. MILLER.Stuttgart 1916

Theodoret von KyrrhosTheodoret von Kyrrhos, Historia Ecclesiastica, ed. F. SCHETDWEILER (Griechischechristliche Schriftsteller). Leipzig 1954

TheophanesTheophanis Chronographia, ed. C. de BOOR (CSHB). 2 Bände. Leipzig 1883The Chronicle of Theophanes Confessor; trans. C. MANGO - R. SCOTT. Oxford UniversityPress 1997

Theophylaktos SimokattesTheophylacti Simocattae Historia, ed. C. de BOOR — P. WLRTH. Stuttgart 1972

Vita des Gregors des ErleuchtersG. GARITTE, La vie grecque indite de Samt Grgoire d‘Armnie (Ms. 4 d‘Ochrida). AnBoll83 (1965), 233 - 290

Vita des Theodor?s von SykeonA. — J. FESTUGIERE, Vie de Thodore de Sykon (Subsidia Hagiographica 48). 2 Bände.Brüssel 1970

Yovhanns Drasanakertc‘iYovhanns Drasanakertc‘i, Patmagrut‘iwn. Nachdruck Tbilisi 1965K. H. MAKSOUDIAN, Yovhanns Drasanakertc‘i: History ofArmenia. Atlanta 1987

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1Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

VERZEICHNIS DER ABGEKÜRZT ZITIERTEN LITERATUR

Fett: in der Arbeit verwendete Abkürzung

ADONTZ, ArmeniaN. ADONTZ, Armenia in the Period of Justinian. The political Conditions based 011 theNaarar System. Translated with partial Revisions, a bibliographical Note and Appendices byN. G. GARSOAN. Lissabon 1970

ARUTJUNOVA-FIDANJAN, Armenian ChaicedoniansV. A. ARUTJUNOVA-FIDANJAN, The ethno-confessional Seif-Awareness of ArmenianChaicedonians. REArm NS 21(1988/89), 345 - 363

ASDOURIAN, Armenien und RomP. ASDOURIAN, Die politischen Beziehungen zwischen Armenien und Rom von 190 v. Chr.bis 428 n. Chr. Freiburg 1911

BARNES, Constantine and EusebiusT. D. BARNES, Constantine and Eusebius. Cambridge, Mass. — London 1981

BARNES, New EmpireT. D. BARNES, The new Empire of Diocletian and Constantine. Cambridge, Mass. - London1982

BARTIKIAN, Armenikas PegasC. BARTIKIAN, To Butvnov st tct pI8VK6. 7flTY5L. (Byzantina Keimena kai Meletai 18)Thessalonike 1981

BAUMGARTNER, BaudenkmälerB. BAUMGARTNER, Mittelalterliche Baudenkmäler im Tal des oruh bei tspir. JÖB 40(1990), 365 -381

BAUMGARTNER, Studien zur historischen GeographieB. BAUMGARTNER, Studien zur historischen Geographie von Tao-Klardeti. (Dissertation)Wien 1996

BELKE, Kleinasiatisches WegenetzK. BELKE, Von der Pflasterstrasse zum Maultierpfad? Zum kleinasiatischen Wegenetz inmittelbyzantinischer Zeit. In: N. Oikonomides (Hrsg.), Byzantine Asia Minor (6tul - 12th

Centuries). Athen 1998, 267 - 284

BLOCKLEY, Foreign PolicyR. C. BLOCKLEY, East Roman Foreign Policy. Formation and Conduct from Diocletian toAnastasius (ARCA Ciassical Texts, Papers and Monographs 30). Leeds 1992

BLOCKLEY, DivisionR. C. BLOCKLEY, The Division of Armenia between the Romans and the Persians at theEnd of the 4t1 Century AD. Historia 36 (1987), 222 - 234

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1Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

BLYSIDU, Mikra AsiaB. BLYSIDU - E. KUNTURA-GALAKE - S. LAMPAKES - T. LUNGES - A.SABBIDES, H Mucp AYtcL to)v uvov. Athen 1998

BRANDES, Städte KleinasiensW. BRANDES, Die Städte Kleinasiens im 7. und 8. Jahrhundert (BBA 56). Berlin 1989

BRAUND, GeorgiaD. C. BRAUND, Georgia in Antiquity. Oxford 1994

BROOKS, Arabs in Asia MinorE. W. BROOKS, The Arabs in Asia Minor (641 - 750) from Arabic Sources. JHSt 18 (1898),182—208

BRYER, Laz and Tzan 1A.BRYER, Some Notes on Laz and Tzan (1). Bedi Kartlisa - Revue de Kartvlologie 21 - 22(50- 51/ 1966), 174- 195

BURY, Administrative SystemJ. B. BURY, The Imperial Administrative System in the Ninth Century. With a revised Textof the Kletorologion of Philotheos. London 1911

CANARD, ArminiyaM. CANARD, Arminiya. Encyclopedie de 1‘Islam, nouvelle dition (hrsg. E.J. Brill). Band 1.Paris — Leyde 1961, 655 - 670

CAPIZZI, Anastasio 1.C. CAPIZZI, L‘imperatore Anastasio 1 (491 - 518). Studio sulla sua Vita, la sua Opera e lasua Personalitä. Rom 1969

CHARANIS, Ethnic ChangesP. CHARANIS, Ethiic Changes in the Byzantine Empire in the seventh Century. DOP 13(1959), 23 -44

CHARANIS, Armenians in the Byzantine EmpireP. CHARANIS, The Armenians in the Byzantine Empire. BS1 22 (1961), 196 - 240

CHAUMONT, Histoire d‘ArmnieM. - L. CHAUMONT, Recherches sur l‘histoire d‘Armnie de l‘avenement des Sassanidesla conversion du royaume. Paris 1969

DANNHEIMER, Ostmediterrane PrunksättelH. DANNHEIMER, Ostmediterrane Prunksättel des frühen Mittelalters. Bilder altiranischerHelden und Dämonen. Mit einem Beitrag von R. GEBHARD. BayerischeVorgeschichtsblätter 65 (2000), 193 —203 und Tafeln 25 - 34

DEMANDT, Grenzen spätrömischer StaatsgewaltA. DEMANDT, Grenzen spätrömischer Staatsgewalt. In: F. Paschoud — J. Szidat (Hrsg.),Usurpationen in der Spätantike (Historia Einzelschriften 111). Stuttgart 1997, 155 - 163

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Page 13: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

DEMANDT, SpätantikeA. DEMANDT, Die Spätantike (Handbuch der Altertumswissenschaften III. 6). München1989

DITTEN, Ethnische VerschiebungenH. DITTEN, Ethnische Verschiebungen zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien vornEnde des 6. bis zur zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts (BBA 59). Berlin 1993

DURLIAT, Rentiers dc l‘impotJ. DURLIAT, Les rentiers de 1 ‘impot. Recherches sur les finances municipales dans la ParsOrientis aux IVe sicle (Byzantina Vindobonensia 21). Wien 1993

FERLUGA, Le clisure bizantineJ. FERLUGA, Le clisure bizantine in Asia Minore. ZRVI 16 (1975), 9 - 23

FLUSIN, St. AnastaseB. FLUSTN, Samt Anastase le Perse et l‘histoire de la Palestine au dbut du Vile sicle. Band2 : Commentaire. Paris 1992

FOSS, Persians in Asia MinorC. FOSS, The Persians in Asia Minor and the End of Antiquity. The English HistoricalReview 357 (1975), 721 - 747

FRYE, Ancient IranR. N. FRYE, The History of Ancient Iran (Handbuch der Altertumswissenschaften III. 7).München 1984

GARSOAN, Armenia in the fourth CenturyN. G. GARSOTAN, Armenia in the fourth Century. An Attempt to Re—Define the Concepts“Armenia“ and “Loyalty“. REArm NS 8 (1971), 341 - 352

GARSOAN, Armenia megaleN. G. GARSOIAN, ‘Apvta ‘62ii iccia ‘itapia McGo1totc1ta. In: EY‘PYXIA. Mlangesofferts ?i Hlne Ahrweiler. Paris 1998, 242 - 265

GARSOIAN, Grand schisme d‘orientN. 0. GARSOAN, L‘g1ise Armnienne et le grand schisme d‘orient (CSCO 574). Louvain1999

GARSOAN, Secular JurisdictionN. 0. GARSOIAN, Secular Jurisdiction over the Armenian Church (Fourth — SeventhCenturies). In: Okeanos. Essays Presented to Ihor Sev&nko on his Sixtieth Birthday (HavardUkrainian Studies 7). Havard 1985, 220 - 250

GARSOAN, Armenian BishopsN. G. GARS0rAN, Some Preliminary Precisions on the Separation of the Armenian andImperial Churches : 1. The Presence of “Armenian“ Bishops at the First Five OecumenicalCouncils. In: KAeHFHTPIA. Essays Presented to Joan Hussey on her Eightieth Birthday.Porphyrogenitus 1988, 249 - 285

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1Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

GARSOTAN, The Arakuni Dynasty. GARSOIAN, The Marzpaiiate. GARSOIAN, TheArab InvasionN. GARSOrAN, The Arakuni Dynasty (A. D. 12 - [180?] — 428), The Marzpanate (428 —

652), The Arab Invasion and the Rise ofthe Bagratuni (640 — 884). 1n: The Armenian Peoplefrom ancient to modern Times. Band 1: The Dynastics Periods: From Antiquity to thefourteenth Century (hrsg. R. G. Hovannisian). New York 1997, 63 - 142

GARSOYAN, Paulician HeresyN. G. GARSOfAN, The Paulician Heresy. A Study of the Origin and Development ofPaulicianism in Arrnenia and the Eastern Provinces of the Byzantine Empire. Paris 1967

GARSOIAN, Armenian IntegrationN. G. GARSOAN, The Problem of Armenian Integration into the Byzantine Empire. Iii: H.Ahrweiler - A.E.Laiou (Hrsg.), Studies on the Internal Diaspora of the Byzantine Empire.Washington D.C. 1998, 53 - 124

GOUBERT, ByzanceP. GOUBERT, Byzance avant l‘Islarn. Band 1: Byzance et I‘Orient. Paris 1951

GREATREX, Partition of ArmeniaG. GREATREX, The Background and Aftermath ofthe Partition ofArmenia in A.D. 387.The Ancient History Bulletin 14, 1 —2 (2000), 35 - 48

GREATREX, Rome and Persia at WarG. GREATREX, Rome and Persia at War 502 - 532 (ARCA, Ciassical and Medieval Texts,Papers and Monographs 37). Leeds 1998

GREGORIOU — IOANNIDOU, Prote mneia „thematon“M. GREGORIOU - IOANNIDOU, Fi3po xit6 triv itpcirn ivctci “Ot6tcov“ Gtov €op6v1l.

Byzantiaka 15 (1995), 225 - 245

GROSSE, MilitärgeschichteR. GROSSE, Römische Militärgeschichte von Gallienus bis zum Beginn der byzantinischenThemenverfassung. Berlin 1920

GUILLAND, InstitutionsR. GUILLAND, Recherches sur les institutions byzantines (BBA 35). 2 Bände. Amsterdam1967

GÜTERBOCK, Byzanz und PersienK. GUTERBOCK, Byzanz und Persien in ihren diplomatisch- völkerrechtlichen Beziehungenim Zeitalter Justinians. Ein Beitrag zur Geschichte des Völkerrechts. Berlin 1906

GÜTERBOCK, SatrapienK. GÜTERBOCK, Römisch - Armenien und die römischen Satrapien im 4. - 6. Jahrhundert.Königsberg 1900

HAASE, Untersuchungen zur Verwaltung des spätrömischen Reiches unter KaiserJustinian 1.R. HAASE, Untersuchungen zur Verwaltung des spätrömischen Reiches unter KaiserJustinian 1. (527 — 565). Wiesbaden 1994

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Page 15: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

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HILD, StraßensystemF. HILD, Das byzantinische Straßensystem in Kappadokien (VTIB 2). Wien 1977

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

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ROCHOW, Byzanz im 8. Jahrhundert1. ROCHOW, Byzanz im 8. Jahrhundert in der Sicht des Theophanes. Quellenkritisch —

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RUBIN, Zeitalter JustiniansB. RUBIN, Das Zeitalter Justinians. Berlin 1960

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STEIN, StudienE. STEIN, Studien zur Geschichte des byzantinischen Reiches, vornehmlich unter den

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TOUMANOFF, Christian CaucasiaC. TOUMANOFF, Christian Caucasia between Byzantium and Iran: New Light from old

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TOUMANOFF, StudiesC. TOUMANOFF, Studies in Christian Caucasian History. Washington D.C. 1963

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Page 22: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

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WINKLER, Obscure ChapterG. WINKLER, An obscure Chapter in Amienian Church History (428 - 439). REArm NS 19(1985), 85 - 179

YUZBASHIAN, Titres byzantinsK. YUZBASHIAN, Les titres byzantins en Armnie. L‘Armnie et Byzance. Histoire etculture (Byzantina Sorbonensia 12). Paris 1996, 213 - 221

ZACOS - VEGLERY, Lead SealsG. ZACOS - A. VEGLERY- J. NESBITT, Byzantine Lead Seals. Basel - Bem 1972 - 1984

ZUCKERMANN, Strongholds in Eastern PontosE. ZUCKERMANN, Byzantine Strongholds in Eastern Pontos. TM 11(1991), 527-553

18

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

0. EINLEITUNG

0.1 Thematische, räumliche und zeitliche Grenzen

Diese Arbeit will die Strukturen der militärischen und zivilen Verwaltung (in begrenztem

Umfang auch der kirchlichen Administration) in jenen Gebieten des römischen bzw.

byzantinischen Imperiums untersuchen, die aufgrund ihrer geographischen Lage oder ihrer

ethnischen Prägung als „armenisch“ gelten konnten und auch so in der offiziellen

Administrativnomenklatur bezeichnet wurden. Die Grenze unmittelbaren römischen

Einflusses im armenischen Raum lag vom 1. Jh. v. Chr. bis zum Ende des 3. Jh.s n. Chr. am

Euphrat; das westlich des Flußes liegende Armenia minor wurde als erstes armenisches

Klientelreich im 1. Jh. n. Chr. in das römische Provinzialsystem eingegliedert. Das sich

östlich davon bis hin zum Kaspischen Meer erstreckende Armenia major stand zwar oft unter

der Oberhoheit des Kaisers und wurde kurzzeitig unter Trajan auch zur Provinz, blieb aber

zwischen dem Imperium und den iranischen Reichen der parthischen Arsakiden bzw. der

Sasaniden umstritten.1

Mit dem Vertrag von Nisibis 299 bzw. der Teilung des Königreichs der armenischen

Arsakiden 387 zwischen Rom und den Sasaniden wurden weitere armenische Territorien an

Euphrat und Arsanias unmittelbar dem Kaiser, vorerst als Klientelfürsten, unterstellt. Die

neue Grenzziehung von 387 hatte für zwei Jahrhunderte bestand, brachte das Ende des

souveränen armenischen Staatswesens und soll chronologisch den Beginn der Arbeit

markieren. In den neugewonnenen Gebieten sah sich die spätrömische Provinzialverwaltung

(die exemplarisch an den ursprünglichen armenischen Provinzen am linken Euphratufer

vorgestellt werden soll) mit jenen spezifischen armenischen Gesellschafts — und

Staatsstrukturen konfrontiert, die Adontz in seinem grundlegenden Werk über „Armenia in

the Period of Justinian“ als „Naarar System“ bezeichnete. Die Darstellung der Integration

dieser auf Gefolgschaftswesen und strengem Gewohnheitsrecht beruhenden Fürstentümern in

das Imperium Romanum als Klientelstaaten bis hin zur Provinzialisierung und Eingliederung

in die militärische Kommandostruktur unter Justinian 1. ist das zentrale Thema des ersten

Teils der Arbeit.2

Armenien als römisch bzw. byzantinisches Interessensgebiet: KODER, Lebensraum der Byzantiner, 16 und 38.

TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 114— 118. Zur Bezeichnung dieser Gebiete als “armenisch“ durch dieVerwaltung: GARSOfAN, Armenian Integration, 53 — 55.2 ADONTZ. Armenia, XV — XVI (Einschätzung des Werks von Adontz durch Garsoian). Zum Verhältnis

zwischen Realität und Wirklichkeit der römischen Verwaltung: DEMANDT, Grenzen spätrömischer

Staatsgewalt, 155 — 163.

19

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Das Ende des 6. Jh.s markierte eine neue Periode; zweimal, 591 und 630, gelang es dem

Imperium nach langwierigen Kriegen mit den Sasaniden die Oberhoheit über den Großteil des

armenischen Plateaus zu erringen. Diese relativ kurzen Phasen byzantinischer

Machtausdehnung (die im Werk des armenischen Hitorikers Sebos eine zeitgenössische

Darstellung fanden) endeten im Zusammenbruch und einer sasanidischen bzw. arabischen

Expansion. Der arabische Vormarsch warf die Byzantiner im armenischen Raum am Ende des

7. Jh.s nach langem Ringen wieder auf die Euphratgrenze zurück, die aber nicht nach dem

Muster des früheren Limes als klare Verteidigungslinie etabliert werden konnte. Die neue

militärische Herausforderung durch die Muslime bedingte einen Umbau der aus

justinianischer Zeit stammenden militärischen Strukturen hin zur Etablierung des Themas

Armeniakon. das allmählich die Kompetenzen der Zivilverwaltung an sich ziehen sollte. Mit

dieser Periode endet chronologisch auch die Diplomarbeit.3

0.2 Die Quellen

Die Wahl des 5. Jh.s als Beginn der Betrachtungszeitraumes findet ihre Begründung auch in

der Quellenlage. Während mit der Notitia Dignitatum und dem Codex Theodosianus in der

ersten Hälfte des 5. Jh.s essentielle Dokumente für die spätrömische Verwaltung entstehen,

nimmt die armenische Historiographie mit der Erfindung des armenischen Alphabets Anfang

des 5. Jh.s durch Mesrob Matoc‘ überhaupt erst ihren Anfang. Unter den lateinischen und

griechischen Quellen bieten neben den Historikern der Zeit offizielle Dokumente (Gesetze,

Konzilsakten) und (administrative) Fachliteratur (Provinzlisten, Geographische

Beschreibungen) eine zwar ab dem Ende des 6. Jh.s schwindende, aber doch einigermassen

breite Grundlage für Untersuchungen zu der Verwaltungsstruktur der armenischen Gebiete

des Imperiums. Ab dem 7. Jh. werden Siegel als Quellen für die Verwaltung immer wichtiger.

Vergleichbares ist unter den armenischen Quellen kaum zu finden, sieht man vom

Aarhac‘oyc‘ als einziger Beschreibung der armenischen Geographie (aus dem 7. Jh., wo

allerdings ein geeintes Armenien, wie es vor 387 bestand, in der regionalen Gliederung der

Zeit des Verfassers dargestellt wird) und dem bei Adontz zusammengestellten Gahnamak,

dem Verzeichnis der armenischen Fürsten nach ihrem Rang am Hof des Arsakidenkönigs,

ab.4 Die Informationen, die aus den armenischen Historikern zu gewinnen sind, müssen mit

Vorsicht ausgewertet werden. Die für das 4. und 5. Jh. wichtigsten Autoren, so Koriwn

(Biographie des Mesrob Matoc‘), Agathangelos (Geschichte der Bekehrung Armeniens unter

TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 118 mit Anmerkung 27.“ HEWSEN, Geographv of Ananias of irak, 32 — 35. Gahnamak; ed. ADONTZ, Armenia in the Period of

Justinian, Anhang 67 — 68.

20

Page 25: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Trdat dem Großen, die in einer armenischen, griechischen und arabischen Redaktion erhalten

ist), Buzandaran Patmut‘iwnk‘ (,‚Epische Geschichten“ für die Zeit von 330 bis 387, früher

als „Faustus von Byzanz“ bekannt), ETi (Geschichte des Aufstands von Vardan

Mamikonean 450/45 1) und Lazar P‘arpec‘i (Geschichte Armeniens 387 bis 485, die als relativ

verläßlich gelten kann), schrieben in der Zeit nach der Abschaffung der arsakidischen

Monarchie 428 bzw. dem Scheitern des armenischen Aufstandes von 450/45 1. In ihren

Werken schildern sie ein großes, christliches, geeintes Armenien, das der Realität der

heterogenen arsakidischen Monarchie wenig entspricht. Fakten und Fiktion verbinden sich in

einer primär literarischen Komposition.5Gerade der populärste Historiker zur armenischen

Frühgeschichte bis um 430, Movss Xorenac‘i, der angibt, ein Schüler des Mesrob Matoc‘

zu sein, gehört wohl eher in das 8. Jh. und kann nicht als sehr verlässliche Quelle angesehen

werden.6 Oft schrieben die armenischen Historiker auch im Auftrag eines bestimmten

Adelshauses (Marnikonean, Bagratuni), so dass ihr Wert durch Parteilichkeit gemindert wird.

Dennoch dienen etwa die Buzandaran Patmut‘iwnk‘ als unentbehrliche Grundlage aller

Rekonstruktionen der spätantiken und frührnittelalterlichen armenischen Sozialstruktur und

lassen so Rückschlüsse die Verhältnisse in den unter römischer bzw. byzantinischer

Verwaltung stehenden Gebieten vor deren Provinzialisierung zu.7

Für die spätere byzantinische Oberhoheit über den Großteil Armeniens nach 591 bzw. 630

stellt der zeitgenössische Historiker Sebos, ein Autor, der erstmals auch im größeren Umfang

die armenischen Gemeinden außerhalb des Mutterlandes behandelt, die Hauptquelle dar; ihm

kann als Historiker ein hoher Rang zugebilligt werden.8 Die frühe arabische Herrschaft über

Armenien bis 788 schildert Lewond, dessen Talent als Historiker aber nicht an jenes des

Sebos herankommt. Wertvolle Informationen über die byzantinische Provinzeinteilung in

Armenien nach 591 bietet noch der im 10. Jh. schreibende Katholikos Yovharms

Drasanakertc‘i.9Besonders wertvoll für die byzantinisch — armenischen Beziehungen ist die

auf Griechisch überlieferte Narratio de Rebus Armeniae, das Werk eines chalkedonensischen

Armeniers, der vor allem die kirchliche Geschichte der Jahre 325 bis ca. 700 darstellt.1°

Insgesamt stellen die armenischen Quellen eine unterschiedlich wertvolle Ergänzung zu den

WINKLER, Agat‘angelos, 125 — 126. BARTIKIAN, Arrnenikas Pegas, 26 —47. KETTENHOFEN, Tirdäd und

die Inschrift von Paikuli, 50 — 54 und 165. SEIBT, Historischer Hintergrund, 5 mit Anmerkung 41. GARSOIAN,Epic Histories, 11. THOMSON, Armenian Literary Culture, 206 — 215.6 THOMSON, Moses Khorenats‘i. History of the Armenians, 56. Thomson schreibt, Xorenac‘i „rewrites

Armenian history in a complete fictious manner“. KETTENHOFEN, Tirdäd und die Inschrift von Paikuli, 49 —

50, schätzt Xorenac‘i als unglaubwürdige Quelle ein.THOMSON, Armenian Literary Culture, 209. GARSOIAN, Epic Histories, 49.

8 THOMSON, The Armenian History attributed to Sebeos, lxii — lxv.THOMSON, Armenian Literary Culture, 227 — 228. BARTIKIAN, Armenikas Pegas, 69 — 76.

‚° BARTIKIAN, Armenikas Pegas, 66 — 68. THOMSON, Armenian Literary Culture, 225.

21

Page 26: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

lateinischen und griechischen Autoren für diese Gebiete dar, die an der Peripherie des

Imperiums und somit oft auch des Interesses der Historiker lagen.

22

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Th.)

1. DIE VERWALTUNG DER AR1V1ENISCHEN TERRITORIEN BIS JUSTINIAN 1.

1.1 Das provinzialisierte Armenien

1.1.1 Die Entwicklung der armenischen Provinzen bis 400

1.1 .1 .1 Arrnenia minor vom Klienteireich zum Provinzialgebiet

Im Rahmen der Neuordnung des Ostens durch Pompeius nach seinen Siegen über Mithradates

VI. von Pontos und Tigranes II. von Armenien (reg. 95 — 55 v. Chr.) im Jahre 66 v. Chr.

traten drei armenische Königreiche in ein Klientelverhältnis zu Rom: Armenia minor, das sich

westlich des Euphrat erstreckte; Sophene am östlichen Ufer des Euphrat und entlang seines

Zuflusses Arsanias und Armenia maior. Während Sophene bis in die Zeit Hadrians

Klienteireich blieb und man um die Oberherrschaft über Armenia maior ständig mit dem

Reich der parthischen Arsakiden stritt, wurde Armenia minor im Jahre 71/72 n. Chr. im

Rahmen der Neuorganisation der Ostgrenze durch Vespasian Teil der Großprovinz Galatia -

Cappadocia, die das gesamte östliche Kleinasien umfaßte.12

In Satala (heute Sadak) bezog die legio XVI Flavia firma Garnison, die zusammen mit der

legio XII fulminata in Melitene (heute Eski Malatya) das Rückgrat der Grenzverteidigung

bildete. Zwischen den beiden Legionsiagern erstreckte sich eine Kette von Auxiliarlagern, der

Ausbau von Straßenverbindungen zwischen den Lagern und mit dem Landesinneren

begann.13

Armenia minor blieb innerhalb der Provinz Galatia - Cappadocia als eigener Provinzialbezirk

mit dem Hauptort Nikopolis (heute beim Dorf Yeilyayla) bestehen. M Zwischen 107 und 113

trennte Traian Galatia und Cappadocia; das 113 eroberte Armenia major wurde mit

Cappadocia und Armenia minor zu einer neuen Großprovinz vereint. Nach der Aufgabe der

traianischen Eroberungen durch Hadrian blieb Armenia minor Teil der Provinz Cappadocia.15

MAGIE, Roman Rule in Asia Minor, 374. Zur räumlichen Ausdehnung von Armenia minor und Sophene:

HEWSEN, Boundaries ofArtaxiad Armenia, 58 - 59 und 60 - 61 sowie Karten 82 und 83.2 MAGIE, Roman Rule in Asia Minor, 574 und 1435 mit Anmerkungen 20 und 21. MITFORD, Cappadocia and

Armenia Minor, 1180. 17 n. Chr. wurde Armenia minor durch Tiberius zusammen mit Cappadocia annektiert,

Caligula setzte wieder einen Klientelkönig für Armenia minor ein: MITFORD, Cappadocia and Armenia, 1173 -

1174.‚ MITFORD, Cappadocia and Armenia Minor, 1182 - 1186.4 Numismatische und epigraphische Quellen belegen die Existenz eines otvov ‘Ap!1evfc worunter man den

Provinziallandrat verstehen kann, und eines ‘AplicvtöpXwv in Nikopolis: MAGIE, Roman Rule in Asia Minor,

1435 mit Anmerkung 21. CHAUMONT, Histoire d‘Armenie, 169.‘‘ MAGIE, Roman Rule in Asia Minor, 605. In traianischer Zeit wurde die legio XVI Flavia firma in Satala

durch die legio XV Apolliriaris abgelöst: MITFORD, Cappadocia and Armenia Minor, 1199 - 1200.

23

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Mit der Beseitigung der parthischen Arsakiden durch die Sasaniden 224 wuchs die Bedrohung

der Ostgrenze der Provinz Cappadocia, vor allem, als auch die armenischen Arsakiden unter

sasanidischen Druck gerieten. 252 eroberten die Sasaniden Armenia major, das zu einem

Vizekönigreich unter Hormizd, dem Sohn ähpuhrs 1., wurde. Von Armenien aus unternahm

Horrnizd einen Vorstoß nach Cappadocia. Sein Marsch führte ihn über Satala, Domana (heute

Köseham), Artangil (unlokalisiert), Suissa (heute Kelkit; an der Straße von Satala nach

Nikopolis) und Suida (unlokalisiert) nach Phraata (unlokalisiert), Armenia minor war also

hauptsächlich betroffen.‘6

1.1.1.2 Armenia minor nach den diokletianisch - konstantinischen Reformen

Im Rahmen der Verwaltungsreformen unter Diokletian und Konstantin wurde Armenia minor

aus Cappadocia ausgegliedert. Im laterculus Veronensis, der den Zustand des Reiches

zwischen 314 und 324 wiedergibt, scheint Armenia minor als Provinz der Diözese Pontica

auf. 17 Während 314 als terminus ante quem für die Trennung von Cappadocia feststeht, ist

der genaue Zeitpunkt dieser Maßnahme nicht festzumachen. Hoffmann nimmt eine Trermung

Arrnenia minors von Cappadocia durch Diokletian an, vermutet aber, dass Diokletian nach

dem Sieg über die Sasaniden 298 den gesamten Osten von Cappadocia an der Grenze zu

Armenia major zu einer provincia Pontus zusammenfaßte (das Gebiet der späteren Provinzen

Diospontus, Pontus Polemoniacus und Armenia minor) und Armenia minor erst nach

Diokletian wieder eine eigene Provinz bildete.18

Metropolis der neuen Provinz wurde Sebasteia (heute Sivas), dessen Bischof zusammen mit

jenem von Satala Armenia minor auf dem Konzil von Nikaia 325 vertrat.‘9Weitere Gebiete

von Cappadocia wurden Armenia minor im Laufe des 4. Jahrhunderts angegliedert. Basileios

von Kaisareia spricht in den 3 70er Jahren von der Tetrapolis von Armenia minor mit den

Städten Satala, Sebasteia, Nikopolis und Koloneia (heute ebinkarahisar).2°Auf dem Konzil

von Konstantinopel 381 scheinen auch Melitene und Arabissos (heute Afin) als Bistümer

16 KETTENHOFEN, Römisch - Persische Kriege, 83 - 87. KETTENHOFEN, Tirdäd und die Inschrift von

Paikuli, 144. SYNELLE, Diplomatikes Scheseis, 34.‘7Laterculus Veronensis 2, 8; ed. SEECK, Notitia dignitatum, 248. BARNES, New Empire, 205.18 HOFFMANN, Bewegungsheer, 411 - 412. Als Zeugnisse dieser Großprovinz wertet Hoffmann die

Meilensteine eines praeses provinciae Ponti Aurelius Priscianus an der Ostgrenze von Trapezunt bis in die

Gegend von Melitene. In dieser Provinz Pontus waren 5 Legionen zu finden: legio 1 Pontica in Trapezunt, legio

II Armeniaca in Satala, legio XV Apollinaris in Zimara (heute Pingan), legio XII fulminata in Melitene und legio

1 Armeniaca in einer unlokalisierten Garnison östlich von Melitene. Nach dem Frieden von 363 wurden die legio

1 Armeniaca und die legio II Armeniaca abgezogen.‚ GELZER, Patrum Nicaenorum nomina, 62. Koloneia ist noch unter den Bistümern von Cappadocia

verzeichnet. GARSOTAN, Armenian Bishops, 259.20 Basileios von Kaisareia, Brief 68. MITCHELL, Anatolia Bd. 2, 161.

24

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

von Armenia minor auf.2‘ Armenia minor umfaßte nun den gesamten Osten der früheren

Provinz Cappadocia entlang des Euphrat.

1.1.2 Die Zivilverwaltung nach der Notitia Dignitatum und die armenischen Provinzen

1.1.2.1 Die armenischen Provinzen in der Notitia Dignitatum

In der Notitia Dignitatum sind unter den Provinzen der Diözese Pontica Armenia prima und

Armenia secunda verzeichnet. Der Vorstand der Diözese, der vicarius, diente als

Appellationgericht in zweiter Instanz nach den Provinzstatthaltern und überwachte deren

Amtsführung.22 Die Notitia Dignitatum kann in die Zeit um 408 datiert werden, in den Akten

von Konstantinopel 381 besteht Armenia minor noch als geeinte Provinz. Die Teilung in zwei

Provinzen muß also in den beiden letzten Jahrzehnten des 4. Jh.s oder im ersten Jahrzehnt des

5. Jh.s vorgenommen worden sein. Ein Edikt aus dem Jahre 386 kennt bereits eine Armenia

secunda.23 Armenia minor wurde im Laufe des 4. Jh.s zur flächenmäßig größten Provinz der

Diözese Pontus, so dass eine Teilung wie bei Cappadocia einige Jahre zuvor zweckmäßig

erschien.24

Die Verwaltung der armenischen Provinzen lag in den Händen von praesides.25 Der praeses

stand der Zivilverwaltung in seiner Provinz vor, zog die öffentlichen Abgaben gemäß der

Steuervorschreibung (delegatio particularis) des praefectus praetorio per Orientem bzw. des

vicarius der Diözese Pontica ein und unterstützte die Steuereinhebung des cornes sacrarum

largitionum, organisierte bzw. kontrollierte die öffentlichen Arbeiten und die von den Bürgern

zu leistenden Dienste (munera) und fungierte als oberster Richter (iudex ordinarius) in seiner

Provinz. Die Last der delegatio particularis verteilte der praeses auf die civitates seiner

Provinz, in denen die decuriones, die sich aus der Gruppe der über genügend Landbesitz

21 GARSOfAN, Armenian Bishops, 262.22 Notitia Dignitamm Oriens 2,45, 2,46, 25,24 und 25,25; ed. SEECK, Notitia dignitatum, 6 und 55. ZurDatierung der Notitia Dignitatum: SEIBT, Notitia Dignitatum, 339 — 346. JONES, Later Roman Empire, 374(Funktion des vicarius).23 MITCHELL, Anatolia Bd.2, 163, nennt als terminus ante quem 386. JONES, Later Roman Empire, 158 nenntebenfalls 386: Codex Justinianus 11, 48, 10, 1 (386): “Quocirca sublimitas tua huiusrnodi census percornanensium et ariarathensium armeniae secundae, amasenorum helenoponti et diocaesarensium cappadociaesecundae urbes salubris et temperatae per aequationis modum monumentis publicis iubebit adnecti.“ Edikt derKaiser Gratianus, Valentinianus 11. ‚ Theodosius 1. und Arcadius aus dem Jahr 386. HEWSEN, Geography ofAnanias of Sirak, 17, plädiert für 392. HILD - RESTLE, Kappadokien, 68 datieren die Teilung Anfang des 5.Jh.s.24 Die Teilung Cappadocias erfolgte 37 1/372 durch Valens, unter anderem um die Position des Basileios alsMetropolit von Kaisareia zu schwächen: MITCHELL, Anatolia Bd. 2, 163. JONES, Later Roman Empire, 42und 46.2 Notitia Dignitaturn Oriens 1,109 und 1,110; ed. SEECK, Notitia dignitatum, 4. Praesides stehen den beidenProvinzen bis zu den Verwaltungsmallnahmen des Justinianos 1. vor: Hierokles, Synekdemos 702,9 und 703, 6.

25

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

verfügenden possessores rekrutierten, als susceptores die verschiedenen Abgaben einsammeln

und dafür mit ihrem eigenen Vermögen haften mußten. Als Aufwandsentschädigung durften

sie einen Teil der Steuer für sich behalten (epimetrum); nach einem Edikt des Jahres 386

wurde den susceptores in den armenischen Provinzen “longinquitatis causa“ ein höheres

epimetrum als im sonstigen Reichsgebiet zugebilligt. Im selben Jahr trat auch ein neuer

Zensus in Kraft, der die Steuerlast neu auf die Köpfe der Bewohner der östlichen

Reichsprovinzen verteilte.26 An praesides von Armenia minor sind für das 4. Jh. Bassidius

Lauricius (357), Eutherius (360), Maximus (361), Andronicus (372) und Heraclius (391)

namentlich bekannt, für das 5. Jh. Sopater (ca. 404 - 407, in Armenia secunda) und Pasinicus

(491, in Armenia prima).27

1.1.2.2 Die Ausdehnung von Armenia prima

Als Quellen für die räumliche Erstreckung der armenischen Provinzen im 5. Jh. können die

Akten der Konzile sowie der Synekdemos des Hierokles aus der Zeit um 518 herangezogen

werden.

Bei Hierokles sind in der Armenia prima die Städte Sebasteia, Nikopolis, Koloneia, Satala

und Sebastupolis (heute Sulusaray) verzeichnet. Sebastupolis (vorher Teil von Helenopontus)

scheint in den Konzilsakten erstmals im November 448 als Suffragan von Sebasteia auf.28

Bei der Synode von Ephesos 449 ist Armenia prima durch Sebasteia als Metropolis und

Nikopolis vertreten, in Chalkedon 451 durch Sebasteia, Sebastupolis, Nikopolis und Satala.29

Die Stellungnahme der Bischöfe von Armenia Prima an Leon 1. zu den Beschlüssen von

Chalkedon 458 unterzeichneten der Metropolit von Sebasteia und seine Suffraganbischöfe in

26 DURLIAT, Rentiers de I‘irnpot, 31 — 35 und 42 — 49. JONES, Later Roman Empire, 456 — 458.. Zu densusceptores: Codex Justinianus 10, 72, 9,1 (386): “Imperatores Valentinianus, Theodosius, Arcadius. Etsubmotis, quae contra utilitatem populorum omnium hactenus gesta sunt, frumenti quinquagesimas, hordeiquadragesimas, vini et laridi vicesimas susceptoribus dari praecipimus.“ Codex Justinianus 10, 72, 9, 2 (386):“Imperatores Valentinianus, Theodosius, Arcadius. Humanitatis autem necessitate commoti in armeniaesusceptionibus longinquitatis causa frumenti et hordei quadragesimas, vini et laridi quintas decimas daripraecipimus.“ Zum neuen Zensus: Codex Theodosianus 13, 11, 2 (386 = Codex Justinianus 11, 48, 10, 1): “Cumantea per singulos viros, per binas vero mulieres capitis norma sit censa, nunc binis ac temis viris, mulieribusautern quatemis unius pendendi capitis adtributum est. quocirca sublimis auctoritas tua huiusmodi censibus percomanensium et ariarathensium armeniae secundae, amasenomm helenoponti et diocaesarensium cappadociaesecundae urbes salubris ac temperatae peraequationis modum monumentis publicis iubebit adnecti.“ DiesesEdikt ist auch die erste Erwähnung der Armenia secunda.27 Bassidius Lauricius: PLRE 1, Bassidius Lauricius, 497. Eutherius: PLRE 1, Eutherius Nr. 2, 315. Maximus:PLRE 1, Maximus Nr. 19, 583. Andronicus: PLRE 1, Andronicus Nr. 4, 65. Heraclius: PLRE 1, Heraclius Nr. 7,419. Sopater: PLRE II, Sopater Nr. 1, 1020. Pasinicus: PLRE II, Pasinicus, 835.28 Hierokles, Synekdemos, 703, 1-5. Zu Sebastupolis: ACO 11, i(1), 145. GARSOTAN, Armenian Bishops, 266

mit Anmerkung 63.29 Ephesos 449: ACO 11, i (1) 78 und 183. Chalkedon 451: ACO 11, ii (2), 141 und 146. GARSOIAN, ArrnenianBishops, 267 - 268.

26

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Nikopolis, Sebastupolis, Berissa (bei Aktepe), Koloneia und Satala.3°Berissa ist also der Liste

des Hierokles hinzuzufügen.

Die Ostgrenze der Provinz markierte der Euphrat bzw. das Gebiet um Satala an der Quelle des

Lykos (heute Kelkit).31 Die Grenze nach Süden zur Armenia Secunda verlief vom Euphrat

zwischen den Garnisonsorten Sabus am linken Ufer des it ay im Norden und Daskusa

(heute Agin, 66 km nordöstlich von Melitene) im Süden nach Westen entlang der

Nordgrenzen der kappadokischen Strategien Melitene und Laviansene zum Halys.32 Die

Westgrenze zu Helenopontus folgte der Grenze der pontischen Landschaft Karanitis bei

Sebastupolis.33Die Nordgrenze zu Pontus Polemoniacus folgte von Satala bis Nikopolis den

Gebirgszügen des Pontischen Gebirges nördlich des Lykos (Giresun daglari, Gümüane

daglari), verlief über den Lykos nach Süden östlich vorbei an den Quellen des Iris (Yeil

Irmak) und dann nach Westen entlang dem Gebirgszug der Deveci daglari.34

1.1.2.3 Die Ausdehnung von Armenia secunda

Hierokles kennt in Armenia secunda die Städte Melitene, Arka (Akcadag), Arabissos (Afm),

Kukusos (Göksun), Komana chryse ($ar) und Ariaratheia (Pinarbai).35 Die Konzilsakten

nennen für das 5. Jh. diese Städte als Suffragane von Melitene, in Chalkedon 451 sind alle

sechs Bischöfe vertreten.36 Für diese sechs Städte und die Provinz Armenia secunda ist die

Bezeichnung ‘E tiuo2t überliefert, wobei man Kukusos, Komana und Ariaratheia zur ‘6vw

‘Encotc und Melitene, Arka und Arabissos zur K6tco ‘Eito2t; zusammenfaßte.37

Die Ostgrenze der Provinz bildete der Euphrat; dort grenzte die Provinz an die arrrienischen

Satrapien, wie auch die Bischöfe von Armenia secunda in ihrem Antwortschreiben an Leon 1.

darlegten. Die Grenze zu Armenia prima verlief entlang der Nordgrenzen der Strategien

Melitene und Laviansene, die Westgrenze zu Cappadocia prima folgte etwa dem Gebirgszug

30 ACO II, v, 70- 71. Zu Berissa: OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 174.‚ RAMSAY, Asia Minor. Karte: Cappadocia and Armenia minor (nach 266). HEWSEN, Geography ofAnanias

of irak, Karte II. HEWSEN, Boundaries of Artaxiad Armenia. 58 - 59. MITCHELL, Anatolia Bd. 2, Karte 7

(162) und 163.32 Zu Sabus und Daskusa: HILD, Stral3ensystem, 143. Zu den Strategien in Kappadokien als regionale

Gliederung: RAMSAY, Asia Minor, 283 - 284, 308 und 313 sowie Karte: Cappadocia and Armenia minor (nach

266). HILD - RESTLE, Kappadokien, 42 - 43.‘ OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 139 - 140. RAMSAY, Asia Minor, 303 und 315 sowie

Karte: Cappadocia and Armenia minor (nach 266).‚“ OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 3. HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, Karte II.

Hierokles, Synekdemos, 703, 6 - 12. HILD - RESTLE, Kappadokien, 144 (Arabissos), 151 (Ariaratheia), 152

(Arka), 208 (Kornana) und 217 (Kukusos).ACO 11, i (2), 142 und 146 . GARSOrAN, Armenian Bishops, 263 - 270.

Kommentar des Eusthatios zu Dionysios Periegetes; ed. Geographici Graeci Minores II, 341 - 342.

TOURNEUR, Hexapolis, 950—952. HILD, Straßensystem, 96. HILD - RESTLE, Kappadokien, 191.

27

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

des Antitauros, die Südgrenze dem des Tauros; Armenia secunda umfaßte also ungefähr das

Gebiet der kappadokischen Strategien Laviansene, Sargarausene, Kataonia und Melitene.38

1.1.2.4 Das Straßensystem der armenischen Provinzen

Die Erhaltung der Straßen fiel unter die Aufgaben der Provinzstatthalter, wobei die

Provinzialen zu diesen Arbeiten im Rahmen der munera herangezogen wurden. Die an den

wichtigen Straßen liegenden Siedlungen wurden auch durch die Stellung von Tieren, Futter

und Wagen für den cursus publicus belastet.39 Die Benutzung des cursus publicus und

gewisse Aufsicht über den Gesandtenverkehr, der den cursus publicus benutzen durfte,

wurden auch dem Dux Armeniae. dem militärischen Befehlshaber der armenischen

Provinzen, zugebilligt; zur Aufrechterhaltung des Postbetriebes zog man auch den

Grenztruppen dienstverpflichtete Güter heran.4°

Durch Armenia prima und secunda verliefen nicht nur die Straße am Limes zwischen Satala

und Melitene entlang des Euphrat, sondern auch die wichtigsten Verbindungen zwischen

dieser Grenze und dem Inneren Kleinasiens. Als Quellen für den Straßenverlauf können das

Itinerarium provinciarum Antonini Augusti, wohl aus der Zeit Diokletians, und die Tabula

Peutingeriana (um 365) herangezogen werden.41

Die Verbindung Satala - Melitene war ein Teil der Fernstraße von Trapezunt (Trabzon) über

Sarnosata (bei Sarnsat) nach Syrien.42 Von Trapezunt in Pontus Polemoniacus führte die

Straße über Vicesimum/Magnana (Ma9ka), Gizenenica (Kinaliköprühani), Zigana (am

Eingang zum gleichnamigen Paß in 2025 m Höhe, heute Kalkanh), Ardasa (Torul),

ThialPatara (Gümühane oder Güzeloluk), Medioca (unlokalisiert), SedissalSolonenica

(Pirahmet) und Domana (Kösehani) nach Satala.43 Die Straße verlief von Satala weiter über

38 Brief der Bischöfe: ACO II, v, 75: ‘cohabitamus enim circa Armenios barbaros, fideles quidern, sed recte

Romano eloquio non utentes, brevi quodam ab eis spatio, magis autem intercessione Eufratis fluminis separati, et

propter frequentem barbarorum permixionem longos nequivimus proferre sermones. . . Bischof Akakios von

Melitene (ca. 400 — 430) stand auch mit dem armenischen Katholikos Sahak 1. in Kontakt: GARSO1AN,

Schisme d‘orient, 70 — 72 und 412 — 420 (französische Übersetzung der Korrespondenz). HILD - RESTLE,

Kappadokien, 42 und 66. MITCHELL, Anatolia Bd. 2, Karte 7 (162) und 163. RAMSAY, Asia Minor, Karte:

Cappadocia and Armenia minor (nach 266).JONES, Later Roman Empire, 46 und 458. BELKE, Kleinasiatisches Wegenetz, 267 - 271.

40 Codex Justinianus 12, 50, 16: „His tantummodo utendi cursus publici facultas concessa est, qui Iegati de

diversis gentibus ad nostram clementiam properare festinant“ Ein Edikt der Kaiser Arkadios und Honorios an

Remistheus, dux Armeniae, aus dem Jahr 397. Zur Stellung von Postpferden: Novella Thedosiani 5, 3 vom Juni

441.

Itineraria Antonini, ed. CIJNTZ. Tabula Peutingeriana: RE IX, Tabula Peutingeriana, 2338. MITFORD,

Cappadocia and Armenia minor, 1216 und 1217.42 HILD, Straßensystem, 141.u ltineraria Antonini 216 - 217. Tabula Peutingeriana 98. MITFORD, Cappadocia and Armenia minor, 1216 und

1217. OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 116 (Ardasa), 126- 127 (Domana), 133 (Gizenenica),

147 (Medioca) 164 (Sedissa) 172 (Thia), 174 (Vicesimum) und 177 (Zigana).

28

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Suissa (Kelkit), Arauraka (heute Konakköy), Carsaga (bei Yurtbai), Sinervas, Analiba (im

Tal des Kuru Cay), Zimara (heute Pingan), Teucila (bei Ortaköy), Sabus (am Cit Cay),

Daskusa (Agin) und Chiaca (bei Cermik) nach Melitene.44 Eine weitere Nord - Süd -

Verbindung stellte die Straße von Sebasteia über Scanatus (Tathcak), Malandara (Sarkila),

Armaxa (Gernerek) und Aipolioi/Eulepa (östlich des Tuzla Gölü) nach Kaisareia (Kayseri)

dar.45 Eine Straße verlief von Sebasteia über “In Medio“ (Kanatariz), Tonosa (in Laviansene,

heute Altunyayla) und “In Medio“/später Symposion (8 km südsüdöstlich von Viranehir)

nach Ariaratheia (Pinarbai), von dort über Komana oder Kukusos nach Kilikien und über

Kukusos nach Germanikeia (Mara).46 Eine weitere Verbindung nach Kilikien führte von

Sebasteia über Gauraina (Gürun), Taranta (Darende) und Plasta (bei Elbistan) nach Kukusos,

nach Germanikeia oder nach Adata und Syrien.47 Direkt verband die beiden Hauptorte der

armenischen Provinzen eine Straße von Sebasteia über Blandos (Sel9ukhan harabeleri),

Euspenalspäter Spynin (Kangal), Aranis (Ak9akale), “ad Praetorium“ (Hekim Han) und

Pisonos (Hasanbadrik) nach Melitene.48 Sebasteia verbanden zwei Straßen mit dem

Schwarzmeerhafen Amisos (Samsun): eine über Siara (Yildizeli), Sebastupolis, Zela (Zile)

und Amaseia (Amasya) und eine über Berissa, Komana Pontike (Kihkli) und Amaseia.49 Zum

Hafen Polernonion (Bolaman) führte eine Straße von Nikopolis über Anniaka (Yukari Kale),

Matuasko (Mesudiye) und Sauronisena (Hasoncik) nach Norden.5°

Von Osten nach Westen durchzog die Straße von Satala über Suissa, Arauraka, Carsaga und

Olotedariza (Gölava) nach Nikopolis und von dort über Mesorome (Hanevi Harabesi),

Megalassos (Ke9eyurdu bei $erefiye), Dagalassos (am Ikisivri Tepeleri), Zara (heute Zara),

Dagona (Demiyurt) und Kamisa (Dikapi) nach Sebasteia die Provinz Armenia prima.5‘Von

‚ ltineraria Antonini 207 - 209. OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 116 (Arauraka), 120(Carsaga) und Suissa (169). Zur Straße Satala - Melitene: MITFORD. Cappadocia and Armenia minor, 1216 und1217. RAMSAY, Asia Minor, 55. HILD, Straßensystem, 141 - 146 mit Karte 15 (142).

Itineraria Antonini 178 - 179 und 214. RAMSAY, Asia Minor, 303. HILD, Straßensystem, 71 - 76 mit Karte

5(72).Itineraria Antonini 180 - 181 und 212 - 213. HILD, Straßensystem, 130 - 135 und Karten 13 (131) und 14

(132). MITFORD, Cappadocia and Armenia minor, 1216.‘ HILD, Straßensystem, 135 - 140 mit Karten 13 (131) und 14 (132).48 Itineraria Antonini 176 - 177. RAMSAY, Asia Minor, 55. HILD, Straßensystem, 111- 112 mit Karte 9.

MITFORD, Cappadocia and Armenia minor, 1216.‘ RAMSAY, Asia Minor, 58 und 262 sowie Karte: Cappadocia and Armenia minor (nach 266). OLSHAUSEN,

Historische Geographie von Pontos, 112 (Amaseia), 114 (Amisos), 142 (Komana Pontike) und 165 (Siara).

OLSHAUSEN, Römisches Straßennetz in Pontus, 103 und Karten 110—113.‘° Tabula Peutingeriana 97. MITFORD, Cappadocia and Armenia minor, 1217. OLSHAUSEN, Historische

Geographie von Pontos, 115 (Anniaka), 147 (Matuasko), 159 (Polemonion) und 163 (Sauronisena).

Satala - Nikopolis: Itineraria Antonini 215 - 216. Nikopolis - Sebasteia: Itineraria Antonini 207. MITFORD,

Cappadocia and Arrnenia minor, 1216 (mit Route von Satala über Haza und ad Dracones durchs Lykostal nach

Nikopolis nach Itineraria Antonini 183) und 1217. OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 123

(Dagalassos, Dagona), 139 (Kamisa) 148 (Megalassos), 149 (Mesorome), 152 (Olotedariza), 176 (Zara).

RAMSAY, Asia Minor, 55 und 276 sowie Karte: Cappadocia and Armenia minor (nach 266).

29

Page 34: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwalmngsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Nikopolis zweigte eine Route über Neokaisareia (Niksar) nach Amaseia ab.52 Das Itinerarium

Antonini kennt auch eine Straße von Sebasteia über Simos (am Yildiz Irarnk 25 km westlich

von Sivas). Bathys Ryax (Yildizeli), Charsianon (Mualim Kalesi), Siboron (Karamagara).

Eugoni (Sorgun) und Korniaspa (Yozgat) nach Tavium!Tabia (Büyük Nefez Köy, 27 km

westlich von Yozgat) und weiter nach Ankyra (Ankara).53 In Armenia secunda führten die

großen Ost - West - Verbindungen von Melitene nach Kaisareia: die südliche Route verlief

von Melitene über Sama (Saman köy), Arka, Dandexenalspäter Tyropoion, Osdara

(Gävurören), Plasta (Elbistan), Arabissos, Kukusos, Siricis (Keklikoglu), Komana,

Coduzabala (Kuru9aybel) und Arassaxa (Zerezek) nach Kaisareia;54 die Nordroute bog nach

Arka ab und führte über Taranta (Darende), Gauraina (Gürun) und Ariaratheia nach

Arassaxa.55 Eine Straße über SarramaenalAromane (Marabuz) verband Ariaratheia und

Arabissos.56 Nach Osten über die Grenzen der Provinzen führte im Süden eine Route von

Melitene über die Euphratfurt bei Ad Aras und Tomisa nach Anzitene, die sich nahe dem

heutigen Elazig nach Süden Richtung Arnida / Diyarbakir bzw. nach Osten durch das Tal des

Arsanias (Murat) Richtung Armenia major verzweigte, und im Norden eine Route von Satala

nach Theodosiupolis (Erzurum) und Richtung Armenia major! Artaxata und Dvin. Von

Trapezunt, das eine Strasse entlang der pontischen Küste mit Sinope verband, führte nach der

Tabula Peutingeriana eine Route unter anderem über Hyssu Limen, Atina, Apsaros (Gonio)

und Phasis (Poti) bis Sebastupolis (Suchumi) entlang der Küste Westgeorgiens.57

1.1.3 Die militärische Organisation der armenischen Provinzen

1.1.3.1 Der Dux Armeniae

Die Notitia dignitatum nennt als Kommandanten der Grenztruppen der Provjnzen Pontus

Polemoniacus, Arrnenia prima und Armenia secunda einen Dux Armeniae im Range eines vir

spectabilis.58 Sein Verteidigungsbezirk umfaßte die gesamte Ostgrenze von der Küste des

52 Tabula Peutingeriana 96. OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 137 - 138.

Itineraria Antonini 204, 1- 5. HELD, Straßensystem, 104 - 110 und Karte 8 (105).

Itineraria Antonini 210-211. HILD, Straßensystem, 85 -90 und Karte 6/7 (86- 87). MITFORD, Cappadocia

and Armenia minor, 1216.HILD, Straßensystem, 100 - 103 und Karte 6/7 (86 - 87).HILD, Straßensystem, 92.Melitene - Ad Aras - Amida/Armenien: Tabula Peutingeriana 107 und 108. Satala - Artaxata: Tabula

Peutingeriana 95. MITFORD, Cappadocia and Armenia major, 1173 mit Anmericung 3, 1175, 1212 und 1220;

Zur Route Theodosiupolis nach Zentralarmenien auch: Prokop, Bellum Persicum 2, 25, 1. Sinope — Trapezunt:

OLSHAUSEN, Römisches Straßennetz in Pontus, 104. Trapezunt - Sebastupolis: Tabula Peutingeriana 91.

SEIBT, Westgeorgien, Tafel 36 (Karte).58 Notitia dignitaturn Oriens, 38, 1 —46; ed. SEECK, 83 - 85.

30

Page 35: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Schwarzen Meeres bis an die Grenze zu Syrien bzw. Mesopotamia. Ihm standen

Kavallerieeinheiten (equites, alae) und Infanterieeinheiten (legiones, cohortes) zur Verfügung,

die in fixen Quartieren entlang der Grenze lagen (limitanei). In ihrem Ausbildungsgrad und

Kampfwert standen die limitanei den Truppen der mobilen Feldarmee im früheren 4. Jh. noch

wenig nach, wurden doch auch Einheiten von den Grenzen als pseudo - comitatenses in die

Feldarmee integriert. Erst im 5. Jh. wurde ihnen die Bewirtschaftung eigener Landgüter

gestattet, doch um den Erhalt ihrer militärischen Stärke weiter Sorge getragen.59 Neben den

lirnitanei wurden auch Truppen der comitatenses zur Grenzsicherung eingesetzt, die ebenfalls

ab dem 5. Jh. den lokalen dux unterstellt wurden und allmählich mit einer Garnison

verbunden blieben.60 Nach der Notitia Dignitatum unterstanden dem Dux Armeniae drei

Legionen, drei Alen und zwei Einheiten von equites sagittarii, die alle im laterculum maius,

also der Stammrolle der höherrangigen Truppen, verzeichnet waren, sowie acht Alen und

zehn Kohorten, deren Offiziere im laterculum minus geführt wurden. Nimmt man 1000 Mann

je Legion und 500 Mann je ala bzw. Kohorte an, so betrug die Sollstärke 8000 Mann

Infanterie und 6500 Mann Kavallerie.6‘In Armenia prima und Armenia secunda war die Lage

an einer geffihrdeten Außengrenze eine der Konstanten der Provinzverwaltung; am Vorabend

des Römisch - Sasanidischen Krieges von 421 - 422 etwa gestattete man auch den privaten

Grundbesitzern, ihre Anwesen durch Ummauerung zu schützen.62

Für die Verwaltung der Truppe stand dem Dux Armeniae ein officium zu Seite, dessen

princeps wie üblich aus der schola der agentes in rebus stammte. Der princeps besorgte

gemeinsam mit dem commentariensis, dem adiutor und dem a libellis, der Eingaben an das

Militärgericht beantwortete, rechtliche Belange. Die exeptores unterstützten sie als

Stenographen und Protokollführer. Die Verrechnung der eingelangten Abgaben und der

Ausgaben für die Soldaten übernahmen die numerarii und ihre adiutores. Die Gesamtzahl an

Beamten im Stab des Dux Armeniae nennt die Notitia Dignitatum nicht.63 Die Benutzung des

cursus publicus wurde dem Dux Armeniae zugebilligt; ihm oblag auch die Überwachung des

Gesandtschaftsverkehrs auf dem cursus publicus in seinem Amtsbereich, wie aus einem Edikt

JONES, Later Roman Empire, 631 und 649 - 651.60 JONES, Later Roman Empire, 686. HOFFMANN, Bewegungsheer, 416 (Übernahme von Einheiten derlimitanei als pseudo — comitatenses in die Feldarmee frühestens ab 364).61 Notitia Dignitaturn Oriens, 38, 1- 38; ed. SEECK, 83 —85. Stärke der Einheiten: DEMANDT, Spätantike, 261.62 Codex Justinianus 8, 10, 10 (420): “Per provincias mesopotamiam osroenam euphratensem syriam secundamphoenicen libanensem ciliciam secundam utramque armeniam utramque cappadociam pontum polemoniacumatque hellenopontum, ubi magis hoc desideratur, ceterasque provincias cunctis volentibus permittatur muraliambitu fundos proprios seu loca sui dominii constituta vallare.“ PAUSER, Oströmisch - SasanidischeBeziehungen, 44.63 Officium: Notitia dignitatum Oriens, 38, 39 —45; ed. SEECK, 85. JONES, Later Roman Empire, 593 und 597

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Page 36: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

der Kaiser Arkadios und Honorius an den Dux Remistheus vom Jahr 397, das gleichzeitig

eine Rüge wegen unerlaubter Ausstellung von evectiones darstellt, hervorgeht.64

Zu einer Teilung des Kommandos kam es unter Leon 1. 471/72 zwischen einem dux utriusque

Ponti und einem dux utriusque Armeniae, der nun die beiden armenischen Provinzen allein

betreute.65 An Duces Armeniae sind neben Remistheus (396 - 397) namentlich Asterius (ca.

350) und Eugenius (502) bekannt.66

1.1.3.2 Die Versorgung der Truppe

Die Versorgung der Truppen an der Ostgrenze mit Ausrüstung und Nahrung oblag dem

praefectus praetorio per Orientem, der diese durch Steuervorschreibung über die vicarii an die

Statthalter der einzelnen Provinzen gewährleistete. Im Büro der praefectus praetorio per

Orientern existierte ein scrinium für jede Diözese, tractatores behandelten die

Finanzverwaltung der einzelnen Provinzen. Der praeses, in dessen Stab in der Regel zwei

numerarii (einer für die finanziellen Belange des praefectus praetorio, einer für die

Abrechnung der Steuern des comes sacrarum largitionum) zu finden waren, verteilte die Last

der Steuern (annona für Nahrung und Futter, canon vestium für Ausrüstung, equorum collatio

für die Stellung von Pferden und Transportdiensten) auf die civitates seiner Provinz. Die

Naturalien mußten an die staatlichen Speicher (horrea) abgeliefert werden. Sinnvoll war

natürlich, wenn die einzelnen Garnisonen möglichst durch die Abgaben aus dem

unmittelbaren Umland versorgt werden konnten. Im 5. Jh. setzte sich der Ersatz der

Naturallieferungen durch Geld (adaeratio) durch, der Bedarf an Naturalien wurde durch

Zwangskäufe (coemptiones) gedeckt.67

Neben der annona standen dem Soldaten bei feierlichen Anläßen (Thronbesteigung,

Quinquennalien) auch Geldzuwendungen (stipendium, donativum) zu, die der comes

sacrarum largitionum aus seiner Kasse zu bestreiten hatte. Über seine Außendienste in jeder

Diözese (comes largitionumlthesaurorum) und mit Hilfe der Provinzstatthalter sammelte er

die Erträge aus den direkten Geldsteuern (glebalis collatio, lustralis collatio, aurum

oblaticiurn, aurum coronarium), den Minen, den kaiserlichen Webe -und Purpurwerkstätten

64 Codex Theodosianus 8, 5, 57 (397 = Codex Justinianus 12, 50, 16): “Repetita lege sancimus, ne experientiaetuae post hoc prorsus sit licentia aut evectiones facere aut sine evectionibus nostris facultatem cursus publicivindicare. cuius rei temeritatem si posthac laudabilitas tua crediderit esse repetendam, scias a te x libras auri, xetiam ab officio. quod mis iussionibus obsecundat, protinus exigendas, his tantummodo utendi cursus publicifacultate concessa, qui legati de diversis gentibus ad nostram clementiam properare festinant.“ GARSOIAN,Armenia megale, 258 mit Anmerkung 88.6 Codex Justinianus 12, 59, 10, § 5. JONES, Later Roman Empire, 224.66 Asterius: PLRE 1, Asterius Nr. 3, 119. Eugenius: PLRE II, Eugenius Nr. 6, 417.67 KARAYANNOPULOS, Finanzwesen, 90 - 117. JONES, Later Roman Empire, 449 —451.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

und den indirekten Steuern (vectigalia, darunter die Zölle unter der Aufsicht der comites

commerciorum) ein.68

Daneben erwähnt eine Novelle aus dem Jahr 441 in Armenia prima um Satala “fundi

lirnitrophi“, an Private in Dauerpacht vergebene Staatsgüter, die Naturallieferungen sowie die

Stellung von contati (vielleicht irreguläre Hilfstruppen) und Pferden (auch für den cursus

publicus) für die Versorgung des Heeres zu leisten hatten.69 Diese Güter wurden nicht von

den limitanei selbst bewirtschaftet. Zur selben Zeit tauchen auch die agri limitanei in den

Quellen auf, die im Besitz der Truppe waren. Die limitanei sanken allmählich in ihrem

militärischen Wert, erhielten aber weiter Sold und wurden in ihrem Sollstand überprüft.7°

1.1.3.3 Einheiten und Garnisonen nach der Notitia Dignitatum

1.1.3.3.1 Pontus Polemoniacus und die Schwarzmeerküste

An erster Stelle unter den Grenztruppen von Pontus Polemoniacus scheint in der Notitia

Dignitatum die legio prima Pontica in Trapezunt auf, eine seit dem 3.Jh. dort stationierte

lnfanterieeinheit.71 Berittene Einheiten (alae) waren in AladalearizalOlotoedariza an der

Straße von Satala nach Nikopolis, an der Straße von Satala nach Trapezunt bei Auaxa, in

S i luanis/SolonenicalSedissa und in ChaszanenicalGizenenica stationiert.72 Die Garnison der

cohors secunda Valentia, Ziganne, identifiziert Seeck mit der Passstation Zigana an der Straße

von Satala nach Trapezunt.73

Garnisonen sicherten östlich von Trapezunt die Küste des Schwarzen Meeres auch über die

Grenzen der Provinz hinaus in einigen Hafenstädten Westgeorgiens, die schon seit

vorchristlicher Zeit in Freundschafts — und Klientelverhältnissen zum Imperium Romanum

standen.74 Kohorten lagen noch innerhalb der Provinz in Ysiportus/Hyssu Limen (Sürmene)

68 KARAYANNOPULOS, Finanzwesen, 55 - 60. JONES, Later Roman Empire, 427 — 432 und 623 - 624.69 Novella Theodosiani 5, 3 (26. Juni 441). JONES, Later Romane Empire, 651. GARSOTAN, ArmenianIntegration, 61 mit Anmerkung 35.° JONES, Later Roman Empire, 653 und 661.„ Notitia Dignitatum Oriens 38, 16; ed. SEECK, 84.72 Notitia Dignitamm Oriens 38, 17 — 19; ed. SEECK, 84. Olotoedariza wird bei Gölava lokalisiert, alsoeigentlich innerhalb der Grenzen von Armenia prima: OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 152.Die dort stationierte ala Rizena erhielt ihren Namen vielleicht von Rhizaion an der Schwarzmeerküste östlichvon Trapezunt in Pontus Polemoniacus. Auaxa vermutet Adontz am Fuße der Kolat daglari und müsste an derStraße Satala — Trapezunt liegen: ADONTZ, Armenia, 81. Siluanis ist mit dem Solonenica der TabulaPeutingeriana und dem Sedissa (Pirahmet) der Itineraria Antonini gleichzusetzen: ADONTZ, Armenia, 81.OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 164. ChaszanenicalGizenenica liegt bei Krnaliköprühani:OLSHAUSEN. Historische Geographie von Pontos, 133.

Notitia Dignitatum Oriens 38, 37; ed. SEECK, 85. OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontus, 177.u SEIBT, Westgeorgien, 139.

33

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

und Kaine Parembole (Banakebi).75 Ziganne vermutet Zuckermann gegen Seeck an der

georgischen Küste bei Gudava, Valentia identifiziert er mit Sebastopolis (bei Suchumi),

PithialPityus ist bei Bivinta zu suchen. Diese Garnisonen stammten alle aus der Zeit der

Kaiser Valens und Valentinian 1. bzw. Theodosius j76 Unklar bleibt die Lokalisierung von

Sisila, das Seeck mit der bei Prokop erwähnten Festung Sisilisson im anenland in

Verbindung bringt.77

Die Nordostgrenze seines Amtsbereichs forderte bei verschiedenen Anlässen ein Eingreifen

des Dux Armeniae: gegen die Raubzüge der tanenI Tzanoi im Tal des Akampsis (oruh)

wurden mehrere Feldzüge ohne dauerhaftes Ergebnis geführt, bis Sittas zu Beginn der

Regierung Justinians dieses Volk unterwerfen konnte. Die Hunnen überschritten mehrmals

den Kaukasus und stießen 395 bis in die Satrapien und Galatien, 515 bis Kappadokien vor.

Dem Dux Armeniae unterstanden zumindest bis zur Teilung des Kommandos 471/72 die

Garnisonen an der Schwarzmeerküste Westgeorgiens, wo das Reich der Lazen in einem

Klientelverhältnis zu Rom stand. 456 und 466 musste der unbotmäßige König Gubazes durch

Feldzüge zur Anerkennung der Oberhoheit gezwungen werden, 470 unterwarfen sich die

Lazen dem sasanidischen Großkönig. Die Rückkehr des Lazenkönigs Tzathes unter die

Oberhoheit des Kaisers 522 war eine der Ursachen des erneuten Kriegsausbruchs zwischen

den Großmächten 527.78

1.1.3.3.2 Arrneniaprima

Die legio XV Apollinaris hatte weiterhin in Satala ihr Quartier; berittene Bogenschützen

(equites sagittarii) lagen in Sabus an der Straße nach Melitene und in Domana an der Straße

nach Trapezunt in Garnison. Eine weitere Kavallerieeinheit war in Suissa südwestlich von

Satala stationiert.79 Kohorten lagen entlang der Straße nach Melitene in Arauraka und in

Analiba im kleinarmenischen Distrikt Aitoulane im Tal des Kuru ay nordöstlich von

Zimara.8°Sebastopolis kann mit jenem an der georgischen Schwarzmeerküste oder eher mit

Notitia Dignitatum Oriens 38, 34 — 35; ed. SEECK, 85. Hyssou Limen: OLSHAUSEN, HistorischeGeographie von Pontos, 136. Kaine Parembole: SEIBT, Westgeorgien, Tafel 36 (Karte).„ Notitia Dignitatum Oriens 38, 32 — 33 und 37; ed. SEECK, 84 — 85. ZUCKERMANN, Strongholds in EasternPontus, 527 - 540. SEIBT, Westgeorgien, 138— 139 mit Anmerkung 8 und Tafel 36 (Karte).‚ Notitia Dignitatum Oriens 38, 30; ed. SEECK, 84 mit Anmerkung 5. Prokop, De Aedificiis 3, 6, 22.78 anen: Prokop, De Aediflciis 3, 6, 1 - 26. SEIBT, Westgeorgien, 138. GREATREX, Rome and Persia at War,

129 - 130. CAPIZZI, Anastasio 1., 186 (Feldzug des Longinus 488) Hunnen 395: Josua Stylites 9; transl.

WRIGHT, 7 - 8. GREATREX/ GREATREX, Hunnic Invasion, 66 - 69. PAUSER, Oströmisch - sasanidischeBeziehungen, 15. Hunnen 515: Theophanes, AM 6008. CAPIZZI, Anastasio 1., 209. Lazen: SEIBT,

Westgeorgien, 138 - 140. PAUSER, Oströmisch - sasanidische Beziehungen, 85 - 86 und 98 - 101.

BLOCKLEY, Foreign Policy, 70 und 74.‘ Notitia Dignitaturn Oriens 38, 11 — 13 und 23; ed. SEECK, 83 — 84. Sabus, Domana und Suissa: siehe oben 5.

80 Notitia Dignitatuni Oriens 38, 28 — 29; ed. SEECK, 84. Ararauka: siehe oben 5. Analiba: HEWSEN,

Geography ofAnanias ofSirak, 151.

34

Page 39: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

jenem in Armenia prima (Sulusaray) identifiziert werden.81 Die Lokalisierung von

Tablariensis und Mochora ist bislang noch nicht eindeutig gelungen.82

Armenia prima grenzte nach der Teilung von Großarmenien 387 an Armenia interior, wo in

Theodosiupolis (Erzurum) eine Garnison lag; die Außengrenze hatte sich nach Osten

verschoben. Dennoch blieb die Abwehr feindlicher Vorstöße von Persarmenien her Aufgabe

des Dux Armeniae; 502 war es der Dux utriusque Armeniae Eugenius, der Theodosiupolis

nach der Einnahme durch den Großkönig Kawad zurückeroberte.83

1.1.3.3.3 Armenia secunda

Der Hauptteil der Truppen lag entlang der Ostgrenze in Garnison: die legio XII fulminata in

Melitene, je eine ala in Chiaca und Daskusa an der Straße nach Satala und eine Kohorte in

Metita südöstlich von Melitene (bei Kömürhan) an der Straße nach Samosata.84An der Straße

von Sebasteia nach Melitene waren alae in Aeliana, das Adontz mit Aranis gleichsetzt, und in

ad Praetorium stationiert.85 Kleinere Einheiten lagen Anfangs des 5. Jh. neben den in der

Notitia verzeichneten auch in Arabissos und Kukusos, um den Einfällen der Isaurier zu

begegnen.86 Der Euphratgrenze waren seit 298 die Satrapien vorgelagert, deren Fürsten ihre

eigenen Kontingente in die Schlacht führten; aber in Kriegszeiten operierten römische

Truppen auch von diesen Gebieten aus.87

8! Notitia Dignitatum Oriens 38, 36; ed. SEECK, 85. SEIBT, Westgeorgien, 138 mit Anmerkung 8.82 Notitia Dignitaturn Oriens 38, 25 und 38; ed. SEECK, 84 — 85. Tablariensis: OLSHAUSEN, HistorischeGeographie von Pontus, 170, kennt ein Taulara südlich von Komana Pontike an der Straße nach Sebasteia.Mochora: Seeck setzt es mit Mogaro, einer unlokalisierten Station der Straße von Sebasteia nach Tavium, gleich.OLSHAUSEN, Historische Geographie von Pontos, 150.83 Zu Theodosiupolis: siehe unten 1.3; Zur Rückeroberung 502: Josua Stylites 52; transl. WRTGHT, 41.84 Notitia Dignitatum Oriens 38, 14 und 21 —22 und 27; ed. SEECK, 84. Chiaca und Daskusa: siehe oben 5.

Metita: MITFORD, Cappadocia and Armenia Minor, 1217.85 Notitia Dignitatum Oriens 38, 24 und 26; ed. SEECK, 84. Aeliana und ad Praetorium: ADONTZ, Armenia,

80. HILD, Straßensystem 111.86 HILD - RESTLE, Kappadokien, 144 und 217. ISAAC, Eastern Frontier, 452 — 453, verzeichnet größere

Einfälle der Isaurier in den Jahren 353, 359, 367— 368, 376—377 und 404 —407.87 Josua Stylites 75; transl. WRIGHT, 61. PAUSER, Oströmisch - sasanidische Beziehungen, 50 und 192 - 194.

GREATEX, Rome and Persia at War, 97 - 115.

35

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

1.2 Die armenischen Satrapien

1.2.1 Die Verträge von 299 und 363

1 .2.1 .1 Die Territorien des Vertrags von Nisibis 299

Nach dem Sieg des Galerius über den Großkönig Narses 298 schlossen Rom und die

Sasaniden in Nisibis 299 einen Frieden, der 40 Jahre Bestand haben sollte. Das Imperium

konnte nicht nur erneut seine Einflusssphäre auf Armenia major ausdehnen, wo der Arsakide

Tiridates/Trdat der Große auf dem Thron installiert wurde, sondern erhielt auch die

Oberherrschaft über einige Gebiete im Südwesten und Süden Armeniens: Ingilene, Sophene,

Arzanene, Kordyene und Zabdikene.88

Das alte Königreich Sophene/ armenisch Cop‘k‘ ‚ begrenzt durch den Euphrat im Westen, den

Muzuron (Munzur ay), Arsanias (Murat) und Antitauros im Norden, das Mardingebirge im

Süden und den Nymphios (Batmansuyu) im Osten, wurde in der Zeit Hadrians Teil der

großarmenischen Monarchie.89Nun gerieten diese Gebiete erneut unter römische Hoheit.

Ingilene/armenisch Angeltun mit dem Zentrum in der Festung Ang! (heute Egil nördlich von

Arnida am Argana — su) war ursprünglich Teil von Sophene und bildete dann ein eigenes

Fürstentum, wie auch armenische Quellen belegen.9°

Das Gebiet von Sophene zerfiel in weitere Fürstentümer, die von armenischen Historikern für

die ersten Jahrzehnten des 4. Jh.s erwähnt werden: Im Nordwesten erstreckte sich Cop‘k‘

ahi, das die griechischen Quellen als Sophene bezeichnen, zwischen dem Euphrat im

Westen, dem Arsanias im Süden und dem Muzuron im Osten und Norden.9 Südlich des

Arsanias nahm Arijit/griechisch Anzitene die Ebene von Harput bis zum Euphrat ein und

reichte im Süden über den Hazar gölü hinaus.92 Ingilene schloss im Südosten an Anzitene an

°° Petros Patrikios, Fragment 14; ed. MÜLLER, 189. Ammianus Marcellinus 21, 6, 7. CHAUMONT, HistoiredArmenie, 120 —121. ASDOURIAN, Armenien und Rom, 137. ADONTZ, Armenia, 35. GARSOrAN, Armeniamegale, 244. SYNELLE, Diplomatikes Scheseis, 35 - 36. BARNES, Constantine and Eusebius, 18 (zurDatierung des Vertrags). KETTENHOFEN, Tirdäd und die Inschrift von Paikuli, 137 — 138 und 160 — 163(Einsetzung von Trdat). TOUMANOFF, Third — Century Arsacids, 264 mit Anmerkung 162.° HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 154. HEWSEN, Boundaries ofArtaxiad Armenia, Karte 82.° GARSOIAN, Epic Histories, 440—441. HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 147. Movss Xorenac‘i 1,23 und 2, 8; transl. THOMSON, 113 und 141. HONIGMANN, Ostgrenze, Karte 1.°‚ GARSOfAN, Epic Histories, 457 — 458. HEWSEN, Geography of Ananias of Sirak, 156. BuzandaranPatn,ut‘iwnk‘ 3, 9; trans!. GARSOTAN, 77. Codex Justinianus 1, 29, 5. Nov. 31. Die armenische Geographiedes 7. Jh.s kennt im Gebiet nördlich des Arsanias unmittelbar am Euphrat weiters den Distrikt Dgik‘I Digesine:

Marhac‘oyc‘ 5,22,2; transl. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 59.92 GARSOTAN. Epic Histories, 442 — 443. HEWSEN, Geography of Ananias of Sirak, 156. BuzandaranPatrnutlwnk‘ 3,12; transl. GARSOTAN, 82. Im Nordwesten am Zusammenfluß von Euphrat und Arsaniasverzeichnet die armenische Geographie des 7. Jh.s den Distrikt Gawrg/ griechisch Garine: Aarhacoyc5,22,2; transl. HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 59.

36

Page 41: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

und wurde vom selben Fürstenhaus regiert.93 Den Süden von Sophene zwischen Euphrat und

Nymphios nahm Cop‘k‘ Med griechisch Sophanene mit Np‘rkert, dem späteren Martyropolis

(heute Silvan), ein, wobei das Gebiet um und südlich von AmidalDiyarbakir und südlich des

Tigris Teil der Provinz Mesopotamia wurde.94

Östlich von Sophanene erstreckte sich Arzanene/armenisch Aljnik zwischen dem Nymphios

im Westen, dem Tauros im Norden und dem Zirmas (Bohtan — su) bzw. seinem Zufluß Büyük

im Osten, im Süden reichte es in der Gegend vom heutigen Hasankeyf über den Tigris; Aljnik

bildete die „Arabische Mark“ des arsakidischen Königreichs und sollte die Grenze nach

Mesopotamien sichern.95 Eine ähnliche Funktion erfüllte Kordyene/armenisch Korduk‘ als

„Assyrische Mark“; es grenzte im Nordwesten an Arzanene, im Westen an den Tigris, im

Norden an den Bohtan — su, näherte sich im Osten dem Zab al — Khabir und folgte in seiner

Südgrenze dem Nahr al — Häbür.96

Zabdikene/ armenisch Tsawdek‘ lag westlich von Kordyene am Tigris; doch während es

Honigmann östlich des Flusses gegenüber Bezabde (heute Cizre) lokalisierte, vermutet es

Hewsen westlich davon um Bezabde herum.97

1.2.1.2 Die Herrschaftsverhältnisse zwischen den Verträgen von 299 und 363

Der Laterculus Veronensis nennt unter den „gentes barbarae, quae pullulaverunt sub

imperatoribus“ auch die „Armenii“; darunter können sowohl das großarmenische Königreich

als auch die Fürstentümer an Euphrat und Tigris verstanden werden, die damals alle in einem

Klientelverhältnis zum Imperium standen.98 Gemäß dem römischen Recht hatten sie in einem

foedus iniquum die maiestas populi Romani anerkannt, wobei uns erst Prokopios eine

genauere Beschreibung des Verhältnisses der armenischen Satrapen zum Kaiser bietet.99

Sicher beinhaltete die römische Oberhoheit im 4. Jh. das Recht auf die Anwerbung von

Soldaten, die Notitia Dignitatum verzeichnet legiones pseudocomitatenses Transtigritani,

GARSOrAN, Epic Histories, 440.° GARSOIAN, Epic Histories, 457. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 161. Buzandaran Patmut‘iwnk‘3, 9; transl. GARSOfAN, 77. Prokop, De Aedificiis 3,2, 2. Prokop, Bellum Persicum 1, 21, 6.‘ GARSO1AN, Epic Histories, 437 — 438. HEWSEN, Geography of Ananias of irak, 157 — 161.HONIGMANN, Ostgrenze, 5. Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 3, 9; transl. GARSO1AN, 77.96 GARSO1AN, Epic Histories, 474—475. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 173. HEWSEN, Vitaat 1,310. Agathangelos (griechisch), § 165.

HONIGMANN, Ostgrenze, 6 mit Anmerkung 5 und Karte 1. HEWSEN, Vitaat 1, 308 und 310 (Karte).98 Laterculus Veronensis 13, 38. “gentes“/ griechisch “ethne“ wurde auch zu einer offiziellen Bezeichnung derarmenischen Satrapien: Codex Justinianus 1, 29, 5. Novella Justiniani 31. TOUMANOFF, Caucasia andByzantium 117 mit Anmerkung 24.‘ Prokop, De Aedificiis 3, 1, 17 — 29. Die Bezeichnung Satrap (armenisch sahap) für diese Fürsten scheint nichtnur bei lateinischen und griechischen Autoren und in der Gesetzgebung (Codex Theodosianus 12, 13, 6) auf,sondern ist uns auch im Gahnamak, der Rangliste der armenischen Fürsten, flk Sophanene überliefert:Gahnamak, 67. GARSOfAN, Epic Histories, 556.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

equites sagittarii Cordueni (aus Kordyene), eine ala XV Flavia Corduenorum und eine cohors

XIV Valeria Zabdenorum Maiocariri im Heer des Ostreichs.10°Angesichts der ständigen

Bedrohung durch die Sasaniden stationierte Constantius II. auch reguläre römische Truppen

auf dem Gebiet der Satrapien; nach dem Ausbau und der Befestigung Amidas 349 errichtete

er Stützpunkte in Kiphas (heute Hasankeyf) in Arzanene, wo die legio VI Parthica Quartier

bezog, und in Bezabde (Cizre) in Zabdikene mit der legio II Parthica als Besatzung.

Ammianus Marcellinus erwähnt bei der Abtretung der regiones Transtigritanae 15 castella im

Gebiet der Satrapien, die ebenfalls den Sasaniden zufielen.101

Gleichzeitig verzeichnen armenische Quellen die Fürsten von Sophene, Anzitene, Ingilene,

Sophanene, Arzanene, Kordyene und Zabdikene unter den Gefolgsleuten der armenischen

Könige der ersten Hälfte des 4. Jh.s: Sie leisteten Xosrov II. (330 — 338) Heerfolge und

huldigten seinem Nachfolger Tiran (338 — 350).102 Valar, der Fürst von Anzitene, hatte unter

Tiran das hohe Amt des harazapet, des Aufsehers des Bauernstandes, am Hof der Arsakiden

inne und führte die Delegation an, die Yusik 1., Anwärter auf den Thron des armenischen

Patriarchen, aus Kaisareia in Kappadokien heimführte.103 Grigor Lusawori‘ wurde 314

angeblich unter anderen von den Fürsten von Ingilene, Arzanene, Korduene, Sophene und

Zabdikene nach Kaisareia geleitet. Daniel von Sophanene und Noy von Sophene begleiteten

den Patriarchen Nerss 1. (ca. 353 — 373) zu seiner Weihe nach Kaisareia.104 Die unter

römische Hoheit stehenden Fürsten erscheinen in den armenischen Quellen in militärischer,

ziviler und kirchlicher Hinsicht voll in die arsakidische Monarchie integriert. Daneben

befanden sich offenbar Stützpunkte unmittelbarer arsakidischer Macht in den Satrapien: der

mardpet Drastamat verwaltete für Arak II. (350 — 367/8) die königlichen Festungen Angel in

Ingilene und Bnabel in Sophanene •105 Die Stellung der armenischen Fürsten gegenüber dem

König war eine sehr selbstständige, schon vor dem Frieden von 299 mögen die Satrapien im

Grenzgebiet zu Mesopotamien weitgehende Autonomie genossen haben; die nach der Teilung

100 Notitia Dignitatum Oriens 7, 23, 48, 58; 6, 83; 36, 18, 34, 36. HOFFMANN, Bewegungsheer, 264.GARSO1AN, Armenia megale, 259 mit Anmerkung 94.‚°‚ Arnmianus Marcellinus 20, 7, 9. HONIGMANN, Ostgrenze, 4 — 5. HOFFMANN, Bewegungsheer, 413.GARSO1AN, Armenia megale, 258 — 259. Prokop berichtet, dass die Satrapen keine römischen Soldaten zurVerftigung hatten: De Aedificiis 3, 1, 27.

02 ASDOURIAN, Rom und Armenien, 137, weist auf diese Oberhoheit nach zwei Seiten hin. Heerfolge undHuldigung: Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 3, 9 und 3,12; transl. GARSO1AN, 77 und 82.03 Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 3,12; transl. GARSOlAN, 82. harazapet: GARSOIAN, Epic Histories, 531 —532.04 Grigor: Agathangelos (griechisch) § 136. CHAUMONT, Histoire d‘Armenie, 147 mit Anmerkung 5. Eine

ältere griechische Version der Vita des Grigor erwähnt zwar, das Trdat -tou irpcirrou tov acLtpcl.7«ov KctI

‘ap6vtc0v befahl, den Heiligen nach Kaisareia zu begleiten, nennt aber einzelne Fürsten nicht: Vie grecque 122;ed. GARITTE, 286. SEIBT, Historischer Hintergrund, 1 — 2. Nerss 1.: Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 4,4; transl.GARSOTAN, 111.

05 Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5,7 und 18; transl. GARSOTAN, 198 und 201. GARSOTAN, Schisme d‘orient, 11.mardpet: GARSOTAN, Epic Histories, 542 — 543.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Armenia majors 387 und der Abschaffung der arsakidischen Monarchie 428 schreibenden

arrnenischen Historiker betonten hingegen eine Einheit der Landes und die Treue der Fürsten

zum König in früheren Jahrhunderten. Die Satrapen erkannten 299 bis 363 vermutlich die

nominelle Oberhoheit des Arsakidenkönigs an, doch war die Hoheit des Kaisers, die sich

gleichzeitig ja auch auf Armenia maior erstreckte, sicher die übergeordnete Autorität. 106

Diese Verpflichtung der Satrapen gegenüber Kaiser und armenischem König, die aber

ebenfalls in der Oberhoheit des Kaisers gipfelte, klingt zumindest bei Movss Xorenac‘i an:

er berichtet von armenischen Gesandten, darunter Fürst Mar von Sophanene, nach

Konstantinopel, die den Kaiser um Unterstützung gegen den mit den Sasaniden verbündeten

bdea (,‚Herr der Grenzmark“) Bakur von Arzanene baten. Buzandaran Patmut‘iwnk‘

berichtet nichts von einer römischen Beteiligung an der Beendigung dieser Revolte gegen

Xosrov ••

107 Armenier und Römer stellten vermutlich gemeinsam die Kontrolle über dieses

Gebiet wieder her.

Gegen Ende der Regierungszeit Constantius‘ II. zeitigten die Bemühungen des Großkönigs

ähpuhrs II. Erfolge; 359 musste sich Tovianus, der Satrap von Kordyene, trotz seiner

Sympathien für Rom den Sasaniden unterwerfen, im selben Jahr fiel Amida. 360 eroberte

ähpuhr II. Singara (Sinjar) und Bezabde)°8 Die Gegenoffensive lulianus‘ 363 endete mit

dem Tod des Kaisers und dem verlustreichen Friedensschluss des Kaisers Tovianus mit den

Sasaniden.

1.2.1.3 Der Vertrag von 363 und die Satrapien bis zur Teilung Armeniens 387

lovianus musste den Sasaniden Nisibis (Nusaybin), Singara und Castra Maurorum

(südwestlich von Bezabde) in Mesopotamien abtreten und auf die Oberherrschaft über

Armenia maior verzichten. An armenischen Gebieten fielen ähpuhr II. Arzanene, Moxoene,

Zabdikene, Rehimene und Kordyene mit 15 Festungen zu, während die Satrapien westlich des

Nymphios römisch blieben.109 Moxoene/ armenisch Mokk‘ grenzte im Westen an Arzanene,

106 SEIBT, Historischer Hintergrund, 3. GARSOfAN, Schisme d‘orient, 10 — 13 und 22. GARSOfAN, Armeniain the fourth Century, 342 —343. KETTENHOFEN, Tirdäd und die Inschrift von Paikuli, 71 mit Anmerkung 439und 163. Episode blieb die Einsetzung von Hannibalianus, dem Neffen Konstantins 1., zum Rex regum etPonticarum gentum sowie von Armenia nationesque circumsocias (also auch der Satrapien) 335 bis zu seinerErmordung 337: PLRE 1, Hannibalianus Nr. 2, 407. Die Oberhoheit konnte also auch die Einsetzung eineslandfrernden Königs für Arrnenia maior umfassen, allerdings war dies natürlich immer abhängig von dertatsächlichen Machtstellung Roms in der Region.107 Movss Xorenac‘i 3,4; transl. THOMSON, 257; trad. MAHE, 252. Buzandaran Patrnut‘iwnk‘ 3,9; transl.GARSOTAN, 76 — 77. HEWSEN, Geography of Ananias of irak, 158. bdea: GARSOIAN, Epic Histories,516—517.‚° Jovianus: Ammianus Marcellinus 18, 6, 20 — 21. HONIGMANN, Ostgrenze, 6. DEMANDT, Spätantike, 86.SYNELLE, Diplomatikes Scheseis, 40.09 Arnmianus Marcellinus 25, 7, 9. Zosimos 3, 31. CHAUMONT, Histoire d‘Armenie, 122 — 123.

HONIGMANN, Ostgrenze, 5. SYNELLE, Diplomatikes Scheseis, 42.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

im Süden an Kordyene und hatte sein Zentrum in Moks (heute Müküs); Moxoene schien im

Frieden von 299 nicht unter den römischen Satrapien auf, zählte aber zu den regiones

transtigritanae, die das Imperium 363 verlor. Toumanoff schließt daraus, dass das Fürstentum

als Teil der Assyrischen Mark ebenfalls 299 unter römische Oberherrschaft gelangt war*0

Rehimene vermutet Honigmann am Zusammenfluß von Zirmas (Bohtan — su) und Tigris im

Nordwesten von Kordyene; Hewsen setzt es mit Mygdonia, der Gegend um Nisibis, gleich.

Die These von Honigmann entspricht eher der Bezeichnung von Rehimene als regio

transtigritana, als Teil von Kordyene war es 299 an das liriperium gefallen.11‘

Die Teilung der Satrapien zwischen Rom und den Sasaniden 363 ging mit dem Ende der

Oberhoheit des armenischen Königs über diese Gebiete einher. Armenische Quellen deuten

den Vertrag 363 als Verrat dieser Fürsten an Arak II. und schildern ihre Unterwerfung unter

den Großkönig bzw. den Kaiser.“2 Buzandaran Patmut‘iwnk‘ berichtet von einer

Rückeroberung der Satrapien durch Muel Mamikonean unter König Pap (368 — 3 74/5), der

370 mit römischer Hilfe auf den Thron gelangt war; dabei soll Muel auch die eigentlich unter

römischer Hoheit stehenden Fürstentümer Sophanene, Ingilene und Anzitene unterworfen

haben. Dies bedeutet wohl, dass sie wie vor 363 neben der Oberhoheit des Kaisers auch die t

des Arsakidenkönigs anerkennen mussten. 113 Diese „Eroberungen“ waren nicht von Dauer

und gingen in den folgenden Jahren wieder verloren. Die Politik des Imperiums und der

Sasaniden steuerte auf die Zerschlagung des armenischen Königreichs zu. Schon nach dem

Tod Paps 375 plante ähpuhr II. die Teilung des Landes, die Valens ablehnte und stattdessen

dem Arsakiden Varazdat (375 — 378) auf den armenischen Thron half. Dennoch nahmen 376

die Gesandten des Kaisers einige vom Großkönig angebotene armenische Territorien an.114

Als 377 die römischen Truppen angesichts der Gotengefahr aus Armenien abzogen, könnte es

zu einer gegenseitigen Anerkennung von Einflusssphären gekommen sein.115 387 wurde das

Königreich zwischen einem römischen und einem sasanidischen Thronkandidaten geteilt,

wobei nach armenischen Quellen mehrere Gebiete an den Grenzen abgetrennt und den

Großmächten direkt einverleibt wurden.116 Bei einer dieser Übereinkünfte (vielleicht 376)

wurden nicht nur die „Eroberungen“ Muels revidiert, sondern dem Imperium weitere

110 HONIGMANN, Ostgrenze, 5. HEWSEN, Geography of Ananias of irak, 168 — 169. TOUMANOFF, Third— Century Arsacids, 264 mit Anmerkung 162.

HONIGMANN, Ostgrenze, 5 und Karte 1. HEWSEN, VitaXat 1, 310 und 311. Auch Hewsen folgt nun auf derKarte 2 zu GARSTAN, Schisme d‘orient, der Lokalisierung von Honigmann.112 Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 4, 50; transl. GARSOAN, 167.113 Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5, 16 - 19; transl. GARSOIAN, 201.

14 Anmiianus Marcellinus 30, 2, 1 — 5. ASDOURIAN, Armenien und Rom, 162. GREATREX, Partition ofArmenia, 38 —39.115 ADOURIAN, Armenien und Rom, 163. BLOCKLEY, Division, 226—227.116 Buzandaran Patrnut‘iwnk‘ 6, 1; transl. GARSOTAN, 234.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

armenische Fürstentümer unterstellt: Asthianene/ armenisch Hateank‘ am Zusammenfluß

von Ginek (Göynük ay) und Arsanias nördlich des Tauros, das vom Haus der Kaminakan

beherrscht wurde;117 Balabitene/ armenisch Balahovit westlich von Asthianene am

Zusammenfluß von Gayl (Perisuyu) und Arsanias mit dem Hauptort Balu (Pa1u)8; und

Chorzianene/ armenisch Xorjean am Oberlauf des Gayl südlich der Bagirpaa Dagi, das von

den Fürsten von l3alabitene oder Asthianene regiert wurde)19 Palme! armenisch Palnatun am

mittleren Gayl zwischen Balabitene und Chorziane mit dem Hauptort Palin (heute Bagmn)

zählte nach der armenischen Geographie des 7. Jh.s wie die übrigen Satrapien zur Region

Cop‘k‘, könnte aber ursprünglich Teil von Armenia interior gewesen sein.120

1.2.2 Die Satrapien als autonome Klienteireiche

1.2.2.1 Der Status der Satrapien vor Zeno

Die einzige Darstellung der Herrschaftsverhältnisse im ‘$tXi ‘ApllEvicL, dem Gebiet der

Fürstentümer an Euphrat, Tigris und Arsanias, bietet Prokop: diese Region wurde von fünf

armenischen ocxtpiitat regiert, die ihr Amt auf Lebenszeit ausübten und dieses auch

vererbten. Die Insignien ihrer Macht erhielten sie vom Kaiser, wobei diese ihren Rang als

einem König ähnlich auswiesen. Niemals kämpften römische Truppen unter diesen Satrapen,

sie führten ihre eigenen Kontingente in die Schlacht. Später minderte Kaiser Zeno die Rechte

der Satrapen)2‘

117 Zur Datierung der Unterstellung unter römische Oberhoheit: Der Fürst von Asthianene wird bei der Revoltedes Bakur 335 und 338 bei der Thronbesteigung Tirans als Diener des Königs bezeichnet (wie einige derSatrapen und vorn Vertrag 299 nicht betroffene Fürsten), ist aber nicht unter jenen genannt, die sich 363 demKaiser bzw. Grol3könig unterstellten und 370 — 374 von Mue! Mamikonean „unterworfen“ wurden: BuzandaranPatmut‘iwnk‘ III, 9 und 12, IV, 50, und V, 8 — 19; transl. GARSOIAN, Epic 1-listories, 77, 82, 167, 199 — 201und 467 - 468. Das von HEWSEN, Karte TAVO B VI 14, genannte Jahr 371 findet in den Quellen keineBestätigung. Gesichert ist die Unterstellung weiterer armenischer Territorien im Rahmen einer Gesandschaft376, wobei hier Asthianene, Balabitene und Chorzianene gemeint sein könnten: Ammianus Marcellinus 30, 2, 5.GREATREX, Partition of Armenia, 38 — 39. ZUCKERMANN, Strongholds in Eastern Pontos, Anmerkung 23,denkt hingegen an einen Korridor zwischen römischer Grenze und Iberien. Weiters zu Asthianene: HEWSEN,Geography ofAnanias ofSirak, 155 und 61 A (Karte 13). HONIGMANN, Ostgrenze, 9 und Karte 1.118 HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 155 - 156 und 61 A (Karte 13). HONIGMANN, Ostgrenze. 9 undKarte 1.119 HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 155 - 156 und 61 A (Karte 13). HONIGMANN, Karte 1.20 Marhac‘oyc‘ 5,22,2; transl. HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 59, 155 und 61 A (Karte 13).

ADONTZ, Annenia, 39.121 Prokop, De aedificiis 3, 1, 17— 27. ADONTZ, Armenia, 85— 88. Die Insignien glichen jenen, die auch demKönig der Lazen vorn Kaiser zugesandt wurden: Malalas, 17. GARSOIAN, Arrnenia megale, 257. DieSchilderung Prokops, dass nie römische Truppen unter dem Kommando der Satrapen kämpften und diese ihreeigenen Kontingente in die Schlacht führten, muss eine römischen Militärpräsenz in den Satrapien, wie siezumindest vor 363 bestand, nicht ausschließen: vgl. oben 13. Unter Justinian wurden römische Truppen inFestungen im Klientelreich Lazika stationiert: Prokop, Bellum Persicum 1, 12, 18 — 19. SEIBT, Westgeorgien,140. ZuZeno: siehe 1.2.3

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Prokop nennt nur fünf Satrapen, obwohl uns sieben Fürstentümer bekannt sind: Sophene,

Anzitene, Ingilene, Sophanene, Asthianene, Balabitene und Chorzanene. Auch die

justinianische Gesetzgebung kennt einmal sechs (Anzitene, Ingilene, Asthianene, Sophene,

Sophanene und l3alabitene) und einmal fünf Satrapien (Sophanene, Anzitene, Sophene,

Asthianene und Balabitene))22 Wie erwähnt, wurde Ingilene aber offenbar vom Fürsten von

Anzitene und Chorzanene von jenem von Balabitene oder Asthianene regiert, so dass de facto

fünf fürstliche Häuser bestanden.123

Prokops Darstellung weist die Satrapien als römische Klientelreiche im Status von civitates

foederatae, liberae et immunes aus, die direkt dem Kaiser unterstanden und deren Fürsten von

ihm bestätigt wurden. Die Satrapen übten ihre Verwaltung ohne römische Amtsträger aus,

fungierten als Gerichtsherren und unterhielten ihre eigenen Truppen, mit denen sie dem

Kaiser Heerfolge leisteten. Kennzeichen dieses Status war auch Steuerfreiheit (immunitas).‘24

Der von Prokop beschriebene Rechtstatus kann mit dem früheren Verhältnis zwischen den

Fürsten und dem armenischen König innerhalb der arsakidischen Monarchie verglichen

werden. Das Oberhaupt (tanutr, nahapet) einer Familie des armenischen Adels (der

naarare) verwaltete den ererbten und verliehenen Besitz seines Hauses autonom, übte

absolute Gewalt über die Mitglieder (sepuh) des Clans aus und führte das Kontingent seiner

Gefolgsleute (gund) in die Schlacht. Dem König war er zur Heerfolge verpflichtet, die Anzahl

der zu stellenden Truppen wurden im zörnamak festgeschrieben. Der Rang eines nahapet

(gah) richtete sich nach der Anzahl seiner Truppen und der Würde der von ihm ausgeübten

Hofämter. Besitz und Würden mussten innerhalb der männlichen Mitglieder der Familie

vererbt werden, der König konnte einen Nachfolger allenfalls bestätigen.125

Als Zeichen der Anerkennung der kaiserlichen Oberhoheit war den Satrapen die Entrichtung

des aurum coronarium auferlegt, das in Form von goldenen Kronen dem Kaiser bei der

Thronbesteigung, Regierungsjubiläen und siegreichen Feldzügen dargebracht werden musste.

In einem Edikt der Kaiser Valentinianus II. und Theodosius 1. aus dem Jahr 387 an den Satrap

Gaddana von Sophanene wird die Rückgabe widerrechtlich für das aurum coronarium

eingetriebener Abgaben angeordnet. Die Satrapen sollten gemäß der alten Gewohnheit als

Zeichen ihrer Ergebenheit eine ihren Möglichkeiten entsprechende Krone darbringen.‘26 Die

122 Codex Justinianus 1, 29, 5. Novella Justiniani 31, 1, 3.123 GARSOlAN, Epic Histories, 440. HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 155.24 ADONTZ, Armenia, 85 — 88. DEMANDT, Spätantike, 269 - 270.

125 ADONTZ, Armenia, 89 und 344 - 353. GARSOlAN, Epic Histories, 525 (gah), 529 (gund), 548 (nahapet),549 (naarar), 558 (sepuh), 563 (tanutr), 573 (zör).126 Codex Theodosianus 12, 13, 6. ADONTZ, Armenia, 92. aurum coronarium: KARAYANNOPULOS,Finanzwesen, 144. HENDY, Studies, 175.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Satrapien waren auch gegenüber dem armenischen König nicht immer völlig frei von

Abgaben; als Mue1 Mamikonean Sophanene, Ingilene und Anzitene kurzfristig wieder

„eroberte“, legte er dem Adel einen Tribut auf, der wie das aurum coronarium als Zeichen der

Anerkennung der Oberhoheit verstanden werden muss.127

Zugleich blieben Verbindungen zu dem unter sasanidischer Hoheit stehenden Teil Armeniens

bestehen; Prokop beschreibt, wie die Bevölkerung in Chorzanene über die Grenze hinweg

ohne Einschränkung verkehrte; der Handel an der römisch - persischen Grenze war eigentlich

auf die Städte Nisibis, Kallinikon und Artaxata in Persarmenien beschränkt. Als die Armenier

450/451 gegen den Großkönig rebellierten, ergingen Ersuchen um Waffenhilfe neben dem

Kaiser auch an die Satrapen von Ingilene, Sophanene und Asthianene. Allerdings lehnte

Kaiser Markianos eine Unterstützung des Aufstandes ab, so dass sich auch die Satrapen der

Beihilfe enthalten mussten.128 Die Weisungen des Kaisers waren für die Satrapen maßgeblich.

Bei allen Privilegien vollzog sich eine allmähliche Einbindung der Satrapien in das Imperium.

Die armenischen Bistümer integrierte man in die Kirchenorganisation des Reiches; die

armenische Kirche und das Patriarchat überhaupt unterstanden von der Bischofsweihe Grigors

bis zur Zeit des Katholikos Nerses 1. (353 - 373) dem Metropolit von Kaisareia. Die Bischöfe

von Sophanene, Anzitene, Ingilene und Sophene wurden in der Reichskirche zu Suffraganen

des Metropoliten von Amida und begleiteten diesen auf dem Konzil von Chalkedon. Wie die

weltlichen waren die geistlichen Amtsträger der Hoheit der Kaisers unterworfen, die die

Bischöfe der Satrapien im Antwortschreiben der Provinz Mesopotamia an Leon 1. 458 in

vollem Umfang anerkannten.‘29Im Laterculus Polemii Silvii von 448 scheint Sophanene gar

unter den Provinzen der Diözese Oriens auf; die Satrapien wurden offenbar als Teil des

Oströmischen Reiches 30

27 Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5, 17 - 19; transl. GARSOrAN, Epic Histories, 201.28 Chorzanene: Prokop, De Aedificiis 3, 3, 9 — 10. Handelsorte: Codex Justinianus 4, 63, 4, 1 (408 oder 409).

Aufstand 450/45 1 : bazar P‘arpec‘i 33 und 41. GARSOrAN, Armenia megale, 250. SANSPEUR, Neutra1it deByzance, 151—153.129 Unterordnung unter Kaisareia: MAHE, Die armenische Kirche von 611 - 1066, 475. Eingliederung derSatrapienbisttimer: GARSO1AN, Armenian Bishops, 273 — 274. GARSOIAN, Armenia megale, 259.GARSOlAN, Secular Jurisdiction, 223.‚° Laterculus Polemii Silvii 8, 11; ed. SEECK, 258 —259. GARSOIAN, Armenia megale, 258 —259, schließteine quasi — Provinzialisierung der Satrapien schon vor 488 nicht völlig aus. Dem stehen die Angaben beiProkop entgegen.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

1.2.3 Die Statusminderung der Satrapien 488

484 erhob sich Illos, magister militum per Orientem, gegen Kaiser Zeno und rief Leontios,

einen isaurischen Landsmann Zenos, zum Gegenkaiser aus; die Revolte dauerte bis 488 und

endete mit dem Tod der Rebellen.‘31

Prokop berichtet, dass sich auch einige der armenischen Satrapen mit Illos und Leontios

verbündeten. Nach der Niederwerfung des Aufstandes entzog Zeno den Satrapen das Recht

auf die Vererbung ihres Amtes innerhalb des ‘yvo; der Familie, und setzte von ihm erwählte

Amtsträger als Fürsten ein. Nur das Fürstenhaus von Balabitene, der unbedeutensten ‘up,wurde in seiner früheren Stellung belassen. Auch diese Amtsträger hatten nach Prokop keine

römischen Soldaten zu ihrer Verfügung.132

Der Verlust der Erblichkeit des Amtes war, auch unter dem Aspekt der strengen

Erbbestimmungen in den armenischen Adelshäusern, eine starke Beschneidung der Rechte

der Satrapen. Die Einsetzung der Satrapen durch den Kaiser mit der Verleihung der Insignien

erfolgte aber weiter in der üblichen Form. Als Theodoros, Satrap von Sophanene, dem

Großkönig Kawad 502 Martyropolis übergab, trug er das jJ.tcL des Satrapenamtes. Kawad

bestätigte Theodoros in seinem Amt, er verwaltete die Satrapie nun für die Sasaniden.‘33 Die

Verwaltungsbefugnisse der Satrapen blieben offenbar erhalten. Auch eine verstärkte

militärische Präsenz des Imperiums in den Satrapien ist nicht zu beobachten; vor der

Einnahme von Martyropolis zog Kawad ungestört von Theodosiupolis durch Chorzanene,

Asthianene und Ingilene nach Süden.134

Bei der Unterwerfung unter den Großkönig brachte Theodoros diesem auch die p6poi.

r.LoGiot von zwei Jahren dar. Welcher Art diese Abgaben waren, lässt sich durch die sehr

allgemeine Bezeichnung bei Prokop nicht genau bestimmen, doch betrafen sie wohl die

gesamte Bevölkerung der Satrapie.‘35 Das übliche aurum coronarium wurde nicht jährlich,

sondern bei Regierungsantritt und —jubiläen des Kaisers entrichtet. Adontz geht davon aus,

dass Zeno den Satrapien nicht nur die Erblichkeit des Amtes entzog, sondern sie von civitates

immunes zu civitates stipendiariae abstufte, denen jährliche Steuern auferlegt wurden.

Allerdings symbolisiert die Abgabe an Kawad ebenso wie das aurum coronarium die

‚“Josua Stylites 14 - 15; transl. WRIGHT, 10 - 12. DEMANDT, Spätantike, 190.

132 Prokop, De Aedificiis 3, 1, 25 —27.‚‘ Prokop, De Aedificiis 3, 2, 6 - 7.‚“ Prokop, Bellum Persicum 1, 10, 18 - 19. Josua Stylites 50; transl. WRIGHT, 39. GREATREX, Rome andPersia at War, 77 - 83.‚ Prokop, De Aedificiis 3, 2, 6. öujiöcna bezeichnete Steuern im allgemeinen, aber auch die Steuerleistung einerProvinz : KARAYANNOPOULOS, Finanzwesen, 92 und 187.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

Anerkennung der (diesmal sasanidischen) Oberhoheit. 136 In einem Edikt aus dem Jahr 496 an

den praefectus praetorio per Orientem Anthemios, in dem Kaiser Anastasios den Statthaltern

die eigenmächtige Gewährung von Steuererleichterungen, Steueraufschüben oder sonstigen

Vergünstigungen untersagte, wurde jenen, die tc. 2sy6tvct ‘Aptvuxic& öriji6rna

beziehungsweise t c9uxtcL entrichteten, die Entrichtung der Steuer in zwei Raten (entgegen

dem sonstigen Usus in drei Raten) gestattet.137 Das Edikt richtet sich an die Provinzstatthalter

des Ostens bzw. deren Vorgesetzen, den Prätorianerpräfekten; als Quelle für eine etwaige

Steuerpflicht der Satrapen, die trotz Statusminderung weiterhin direkt dem Kaiser unterstellt

waren, kann es also nicht herangezogen werden. Eine Identifikation der im Edikt genannten

„armenischen Steuern“ gelang bislang nicht, wenn auch Adontz sie auf Armenia interior

bezieht.138 Die Prokopstelle bleibt der einzige Hinweis auf eine Steuerpflicht der Satrapien

nach 488, doch kann diese ebenso in der weiteren Leistung des üblichen aurum coronarium

bestanden haben.

1.3 Armenia interior

1.3.1 Die Teilung Armeniens 387 und die unter römische Hoheit fallenden Territorien

1.3.1.1 Die Entwicklung vom Frieden lovians bis zur Teilung Armeniens

Jovian musste im Frieden von 363 zustimmen, sich jeder Unterstützung für den armenischen

König Arak II. zu enthalten, de facto also auf die römische Oberhoheit über Armenien zu

verzichten.‘39 Doch Valens ließ durch Terentius 369/370 mit Pap wieder einen römischen

Kandidaten in Armenia major einsetzen; als König Pap begann, mit den Sasaniden zu

paktieren, wurde er von Terentius 375 ermordet.‘4°Der Großkönig ähpuhr II. plante die

Absetzung der Arsakiden und bot dem Kaiser die Teilung des Landes an. Valens lehnte ab

136 ADONTZ, Armenia, 92 — 93. Identifikation mit dem aurum coronarium (Hinweis SEIBT). Das auch dasaurum coronarium durch eine die gesamte Satrapie betreffende Abgabe aufgebracht wurde, geht aus dem Ediktvon 387 an Gaddana von Sophanene hervor: Codex Theodosianus 12, 13, 6. Vielleicht wurde der notwendigeBetrag Ober mehrere Jahre hinweg angesammelt, so wie z. B. in Edessa bei der alle fünf Jahre fälligen collatiolustralis verfahren wurde: HENDY, Studies, 131 — 135 und 174.‚ Codex Justinianus 10, 16, 13.138 ADONTZ, Armenia, 93 und 96.‚ Ammianus Marcellinus 25, 7, 12. ASDOURIAN, Rom und Armenien, 154.‚° Einsetzung: Ammianus Marcellinus 27, 12, 10. Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5, 1; transl. GARSOTAN, EpicHistories, 185 — 186 und 397. Ermordung: Ammianus Marcellinus 30, 1, 18 — 23. Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5,32; transl. GARSOfAN, Epic Histories, 213 —214 und 397.

45

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

und machte Varazdat zum König Armeniens.14‘Dessen Königtum war nach Abzug der

Römer aufgrund der Gotengefahr 377 nicht von langer Dauer. Manuel Mamikonean vertrieb

Varazdat und verbündete sich mit den Sasaniden, die einen marzpan ins Land entsandten. Es

gelang Manuel kurz darauf nach dem Tod ähpuhrs II. 379 ‚ auch die sasanidische Oberhoheit

abzuschütteln und für sieben Jahre die Unabhängigkeit der Landes bis zu seinem Tod ca.

3 84/85 zu verteidigen. Auf den Thron hatte er Arak III. und Valarak, die Söhne Paps,

gesetzt.142 Valarak starb kurz nach Manul, Arak III. sah sich einer Revolte von Teilen des

Adels gegenüber; die Rebellen riefen die Sasaniden ins Land und gelobten dem Kandidaten

Xosrov des Großkönigs Gefolgschaft. Chronologie und Ablauf der nun folgenden Teilung

von Armenia major divergieren in den armenischen Quellen. Nach Buzandaran Patmut‘iwnk‘

flüchtete Arak III. nach Ekeleac‘/griechisch Akilisene nahe der römischen Grenze und

unterstellte sich dem Kaiser. Die Heere der beiden Großmächte sammelten sich zur

Unterstützung des jeweiligen Kandidaten, als der Kaiser und der Großkönig übereinkamen,

das Königreich zwischen Arak und Xosrov zu teilen, wobei sie einige Grenzterritorien

abspalteten)43Lazar P‘arpec‘i berichtet hingegen, dass der römische Kaiser und ähpuhr III.

(383 — 388) Armenien in zwei Einflusssphären teilten; als die Sasaniden Xosrov in ihrem Teil

des Landes als König einsetzten, zog sich Arak in die unter römische Oberhoheit stehenden

Gebiete zurück.144 Movss Xorenac‘i folgt der Darstellung von P‘arpec‘i, datiert aber die

Teilung des Landes in die Regierung Kaiser Arkadios‘(395 — 408) und nennt als seinen

sasanidischen Gegenpart ebenfalls ähpuhr III.. Dies ist chronologisch unmöglich.145 Nach

der geläufigsten Datierung vereinbarten Theodosius 1. und ähpuhr III. im Jahr 387 die

Teilung Armeniens, bevor der Kaiser zu einem Feldzug gegen den Ursupator Maximus im

Westen aufbrach. Die von P‘arpec‘i dargestellte Teilung des Königreichs vor der Flucht

Araks ITT. nach Ekeleac‘ mag ihren historischen Hintergrund in der Tatsache haben, dass die

quasi — autonomen armenischen Fürsten sich oft stark an eine der angrenzenden Grossmächte

anlehnten (etwa Siwnik‘ an die Sasaniden) und im Nordwesten des Königreiches an der

Grenze zum Imperium schon vor 387 ein starker römischer Einfluss bestand.146

41 Teilungsangebot: Ammianus Marcellinus 30, 2, 2 — 5. BLOCKLEY, Foreign Policy, 35 — 36. Varazdat:Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5, 34; transl. GARSOIAN, Epic Histories, 215 und 423 - 424.142 Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5, 37 -44; transl. GARSOTAN, Epic Histories, 217 - 230 und 387 - 388.

‚43 BuzandaranPatrnut‘iwnk‘ 6, 1; transl. GARSOTAN, Epic Histories, 233 -234 und 353.‚‚“ Lazar P‘arpec‘i 1, 6 — 8; transl. THOMSON, 41 — 45. Dieser Version der Teilung des Landes vor derEinsetzung der beiden Könige folgt ASDOURIAN, Rom und Persien, 163 — 166.‚“ Movss Xorenac‘i 3, 42 — 46; transl. THOMSON, 304 — 309. PAUSER, Oströmisch — SasanidischeBeziehungen, 11 — 13, datiert mit Xorenac‘i die Teilung ins Jahr 395 anlässlich der Notifikation derThronbesteigung des Arkadios am Sasanidenhof.‚ GARSOTAN, Armenia megale, 240. GREATREX, Partition of Armenia, 43. BLOCKLEY, Division, 231.TOUMANOFF, Studies, 152. SEIBT, Historischer Hintergrund, 4 — 5, weist daraufhin, dass die ersten

46

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Die genannten Quellen stimmen darin überein, dass der Löwenanteil von Armenia maior 387

dem sasanidischen Kandidaten zufiel. Blockley glaubt allerdings, dass zunächst keine fixe

Grenzlinie zwischen den Teilreichen bestimmt wurde, sondern der Machtbereich von Arak

und Xosrov nach den Territorien ihrer jeweiligen Gefolgsleute bestimmt wurde. Festgelegt

wurde seiner Ansicht nach die Grenze erst mit der Gründung von Theodosiupolis, die er mit

Prokop und Movss Xorenac‘i Theodosius II. zuschreibt und in die 420er Jahre datiert.‘47

Dagegen ist einzuwenden, dass mit dem Tod Araks III. ca. 390 die ihm treue Adelsfraktion

ihre Bezugsperson verloren haben muss, da die Römer keinen neuen König einsetzten; auch

sprechen Lazar P‘arpec‘i und Buzandaran Patmut‘iwnk‘ von einer klaren Teilung in

verschieden große Territorien.148 Mit dem Ableben des Arsakiden endete die armenische

Monarchie in der römischen Sphäre; nach Prokop bestellte der Kaiser einen Comes Armeniae

als seinen Vertreter in den ehemals Arak III. unterstehenden Gebieten. Doch muss eine

Einsetzung eines Comes Armeniae unmittelbar nach dem Tod des Arsakiden bezweifelt

werden, da diese Funktion in der Notitia Dignitatum (408) nicht erwähnt wird.149 Die

Gründung von Theodosiupolis schreiben Toumanoff und Garsoan gegen Prokop und Movss

Xorenac‘i unter Berufung auf die Narratio de rebus armeniae Theodosius 1. zu. Allerdings

heißt es dort, dass Arak III. sich in der bereits errichteten Stadt dem Kaiser unterwarf; auch

die Narratio kann nicht als chronologisch zuverlässig gelten. Die erste gesicherte Erwähnung

von Theodosiupolis ist in das Jahr 421 zu datieren, als die Sasaniden die Stadt belagerten. Der

Ort muss damals als Festung an der Grenze zwischen dem römischen und sasandischen

Missionierungsversuche Grigors in Akilisene und den angrenzenden Gebieten von Daranalis und Derzenestattfanden, während König Trdat als römischer Klientelkönig sicher keine Sympathien flur das Christentumzeigen konnte. Dies ist als Hinweis auf die große Selbständigkeit auch dieses Teils des arsakidischenKönigreiches zu verstehen.

BLOCKLEY, Division, 232 - 233. Als Hinweis darauf wertet er auch eine Bestimmung des Jahres 408(Codex Justinianus 4,63,4), wonach Nisibis, Kallinikos und Artaxata! armenisch Artaiat als Handelsortezwischen Rom und den Sasaniden festgelegt wurden. Artaxata, die weit im Osten tief im sasanidischen Gebietliegende alte Hauptstadt von Arrnenia maior, sei für die Römer nur akzeptabel gewesen, da damals noch keinefixen Grenzen zwischen den Einflusssphären bestanden. Tatsächlich liegt der Grund für diese Bestimmung in dertraditionellen Bedeutung von Artaxata als Handelszentrum, als das es später Dvin ablöste, wie Prokop (BellumPersicum 2, 25, 1-3) beschreibt: GARSOfAN, Armenian City, 74. GARSOlAN, Epic Histories, 448. ZuTheodosiupolis: Prokop, De Aedificiis 3, 5, 2; Bellum Persicum 1, 10, 18. Movss Xorenac‘i 3, 59; transl.THOMSON, 331- 332. Die Befestigung der Stadt soll der magister militum per Orientem Anatolius während desKrieges mit den Sasaniden 42 1/422 durchgeführt haben, wie auch ADONTZ, Armenia, 115 und PAUSER,Oströniisch — Sasanidische Beziehungen, 50, glauben. Anatolius war allerdings erst ab 433 Magister militum perOrientem: PLRE II, Anatolius Nr. 10, 84 - 86. SYNELLE, Diplomatikes Scheseis, 60 und 68.‚ Datum des Todes Araks III: Movss Xorenac‘i 3, 41 —43 und 46; transl. THOMSON, 303 — 306 und 308 —

309. GARSOlAN, Epic Histories, 353. Teilung der Territorien: Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 6, 1; transl.

GARSOlAN, Epic Histories, 233 -234. Lazar P‘arpec‘i 1,6—8; transl. THOMSON, 41 —45.‚‘„ Prokop, De Aedificiis 3, 1, 14 — 15 (datiert die Teilung und die Einsetzung des Comes in die Zeit

Theodosius‘Il.). Movss Xorenac‘i 3, 46; transl. THOMSON, 309, behauptet, dass neben dem Comes einen der

nayarare vorsitzenden Fürsten einsetzte. Dies weist Toumanoff als Projektion späterer Verhältnisse in Armenien

zurück: TOUMANOFF, Christian Caucasia, 124 mit Anmerkung 48. Zweifel an der Einsetzung eines ComesArmeniae unmittelbar nach dem Tod Araks III.: ADONTZ, Armenia, 94 — 96. TOUMANOFF, Studies, 193.

Dazu siehe 1.3.2.1.

47

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

Armenien etabliert gewesen sein. Ein Aufbau der Festung durch Anatolius um 420 fügt sich

in den Rahmen der allgemeinen Rüstungen für den erwarteten Perserkrieg, wie etwa der

Befestigung der Privatgüter in den Grenzprovinzen. Der Friede von 422 untersagte dann die

Errichtung weiterer Fortifikationen an der römisch - persischen Grenze)5°

L3.1.2 Armenia interior und sein Territorium

Die sich entlang des Euphrat erstreckenden armenischen Territorien, die nach 390 dem

Imperium direkt unterstellt wurden, wurden in den byzantinischen Quellen unter

verschiedenen Bezeichnungen zusammengefasst: neben dem in der modernen Literatur

verbreiteten Terminus Armenia interior/ ‘Evöot«rrl ‘Apiisvia war vor allem Armenia maior/

‘Apj.tvia tEY1L211 als Name für den römischen Teil Großarmeniens gebräuchlich, während der

sasanidische Teil als H8pc.Lp.tEvtc.L bezeichnet wurde.‘51

In den armenischen Quellen taucht Armenia interior erst im 7.Jh. im Aarhac‘oyc‘ unter

dem Namen Barjr Hayk‘ (Hocharmenien) als territoriale Einheit auf und wird in seiner

Ausdehnung beschrieben. Barjr Hayk‘ grenzte im Süden an die Satrapien Sophene, Palme und

Chorzanene, im Westen an die Provinz Armenia prima, im Osten an Persarmenien und nahm

im Norden den Oberlauf des Akampsis — Flusses (heute oruh) ein; es umfasste neun

Distrikte.‘52

Unmittelbar an die Satrapien schloß im Norden Muzur/ griechisch Muzuron am Oberlauf des

Munzurflußes südlich der Munzur daglari an.153 Nördlich davon erstreckte sich Eke1ac/

griechisch Akilisene/ byzantinisch Keltzene beiderseits des Euphrats um Eriza (bei Erzincan),

das zusammen mit dem westlich angrenzenden Daranalikl griechisch Daranalis um

Ani/Karnacha (heute Kemah) und vermutlich Muzur ursprünglich im Besitz des

‚° Narratio de rebus Armeniae § 5 — 9; ed. GARITTE, 65 — 70. GARSOfAN, Armenia megale. 245 mitAnmerkung 31. TOUMANOFF, Studies, 193. Belagerung 421: Theodoret, Historia Ecclesiastica 5, 37, 7(spricht von der nach dem Kaiser (Theodosius) benannten Stadt). Befestigung der Privatgüter: Codex Justinianus8, 10, 10 (420). Friede von 422: Prokop, Bellum Persicum 1, 12, 15. PAUSER, Oströmisch - sasanidischeBeziehungen, 60. Zu denken ist auch an einen stufenweisen Ausbau der Stadt und Festung von Theodosius 1.über Theodosius II. bzw. Anatolius und Anastasios 1. bis zu Justinianos 1. (Hinweis SEIBT).

Armenia interior: Codex Justinianus 1, 29, 5: “...magnam Armeniam, quae interior dicebatur,...“ Novella 31,1 (536). Armenia major: Novella 8, 23 (535); Prokop, De Aedificiis 3, 1, 17. Persarmenia: Prokop, BellumPersicum 1, 10, 18; Malalas 18. Zur Benennung: TOUMANOFF, Studies, 193. GARSOIAN, Armenia megale,252—253.

52Aarhac‘oyc‘ 5,22,1; trans!. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 59, 150 - 153 und 61 (Karte 12).HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 152 und 61 (Karte 12). GARSO(AN, Epic Histories, 482.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Patriarchenhaus des Grigor war, von dem es nach 438 auf die Mamikonean überging.

Daneben fand sich im 4.Jh. auch Besitz der Arsakiden in Akilisene. 154

Westlich von Daranalis nennt Marhac‘oyc‘ die Landschaft Aliwn, das um die Festung

Analiba im Tal des Kuru ay lag. Bereits Ptolemaios erwähnt Analiba als Ort in Armenia

minor; in der Notitia Dignitatum scheint es als eine der Garnisonen des Dux Arrneniae auf.

Aliwn war als ursprünglicher Teil Armenia minors schon vor 390 Teil des Imperiums.

Hewsen identifiziert es mit dem kleinarmenischen Distrikt Aitulane.‘55

Östlich der Akilisene und südöstlich von Satala erstreckte sich am Unterlauf des Kara — su

und um das heutige Tercan das Gebiet von Derjanl griechisch Derxene/ byzantinisch

Tertzan.156 Südlich von Derxene und nördlich von Chorzanene lag am Tuzla Suyu der

Distrikt Mananali / griechisch Mananalis mit dem Hauptort Van/ griechisch Bazanis (heute

Vican), der auch Leontopolis genannt wurde. Hewsen schließt daraus, dass Mananalis erst

nach dem armenische Aufstand von 450 bis 451 als Kompensation für die byzantinische

Neutralität von den Sasaniden dem Kaiser übergeben wurde und man den Hauptort nach Leon

1. umbenannte; als Hinweis darauf wertet er auch, dass Bischof Zawen von Mananali im

Gegensatz zu den Bischöfen aus Armenia interior oder den Satrapien am Konzil in Artaxata

449/450 teilnahm. Doch vielleicht wurde er von den armenischen Bischöfen des Imperiums,

die sich zur selben Zeit mit der Synode in Ephesos 449 und dem Konzil von Chalkedon 451

auseinandersetzten mussten, als ihr Vertreter nach Persarmenien gesandt. Eine derartige

territoriale Konzession der Sasaniden scheint unwahrscheinlich, da der neue Kaiser

Markianos 450 ohnehin nicht an ein Eingreifen in Armenien denken konnte.‘57

Anschließend an Derxene im Westen bzw. Mananalis im Süden lag Karinl griechisch

Karenitis an den Quellen des Euphrat; in diesem Distrikt lag Theodosiupolis. Das Gebiet war

vermutlich ursprünglich Besitz der Arsakiden, vielleicht auch das nördlich von Karin

befindliche alagom am Oberlauf des Serceme deresi)58

‚“ HEWSEN, Geography of Ananias of irak, 151 - 152 und 61 (Karte 12). OLSHAUSEN. HistorischeGeographie von Pontos, 112 und 127. Patriarchen — und Arsakidenbesitz: Buzandaran Patmut‘iwnk 3,2 und5,24 ; transl. GARSO1AN, Epic Histories, 67, 204, 459 und 461. TOUMANOFF, Studies, 193. ADONTZ,Armenia, 100.‚„ Notitia Dignitatum Oriens 38, 29. ed. SEECK, 84. HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 151 und 61(Karte 12). HONIGMANN, Ostgrenze, Karte II.h6 HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 152 und 61 (Karte 12). HONIGMANN, Ostgrenze, Karte II.‚‘ HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 152 und 61 (Karte 12). HONIGMANN, Ostgrenze, Karte IV. ZuBischof Zawen: Lazar P‘arpec‘i 1, 23; transl. THOMSON, 82. GARSOIAN, Arrnenia megale, 250.GARSO1AN. Schisme d‘orient, 129, wo Zawen als Bischof des Imperiums bezeichnet wird. SANSPEUR,Neutralit de Byzance, 152— 153 (zur Politik des Kaisers Markianos).‚ HEWSEN, Geography ofAnanias of irak, 151, 153 und 61 (Karte 12). HONIGMANN, Ostgrenze, KarteIV. Zu arsakidische,r, Besitz: Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5,44 ; transl. GARSO(AN, Epic Histories, 228 und 470.TOUMANOFF, Studies, 193.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Am Obenauf des Akampsis erstreckte sich Sper/ griechisch Syspiritis mit dem Hauptort

Smbataberd/ griechisch Baiberdon (heute Bayburt), wobei sich das kaukasische Volk der

anen1 Tzanoi im Tal des Akampsis sich bis in die Zeit Justinians der byzantinischen

Herrschaft entzog; Sper (heute Ispir) selbst lag in dem von den Römern kontrollierten Gebiet.

Die Bagratuni/ Bagratiden waren die in Sper im 4. Jh. herrschenden armenischen Fürsten.‘59

1.3.2 Die Verwaltung von Armenia interior

1.3.2.1 Der Comes Armeniae

Prokop schilderte auch für Armenia interior den Zustand der Verwaltung vor den Reformen

des Kaisers Justinianos 1.; nach der Teilung Armeniens (bei Prokop unter Theodosius II.)

ernannte der Kaiser nach seinem Belieben einen ‘6pwv für die Armenier, der bis in die Zeit

des Autors den Namen Comes Armeniae trug. Da aber der Comes Armeniae über keine

regulären römischen Truppen verfügte, erwies er sich als unfähig, das Land zu verteidigen,

weshalb Justinian einen rtpcLny6c über Armenien einsetzte.160 Von armenischer Seite

berichtet Movss Xorenac‘i, dass die Römer nach dem Tod König Araks III. neben dem

Comes (armenisch korns) als Gouverneur den naxarar Gazavan als regierenden Fürsten

einsetzten. Toumanoff weist diese doppelte Herrschaft als Projektion späterer Verhältnisse

(wie sie etwa unter arabischer Oberhoheit zu finden waren) in Armenien zurück.‘6‘ Den

Comes — Titel (als Zeichen der Nähe zum Kaiser) trugen verschiedene Amtsträger in der

Provinzverwaltung sowohl in militärischen wie in zivilen Funktionen: der comes Isauriae

etwa vereinte militärische und zivile Gewalt in jener unruhigen Region, während dem comes

Orientis als Vicarius die Überwachung der Statthalter seiner Diözese oblag. Mit letzterem

vergleich Adontz den Comes Armeniae, dem er aufgrund der Angaben bei Prokop, dass dem

Comes keine regulären Truppen unterstanden, rein zivile Aufgaben, darunter Rechtsprechung

und Steuererhebung, zuschreibt. 62

HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 152 und 61 (Karte 12). HONIGMANN, Ostgrenze, Karte IV. Zuden anen und Sper: Prokop, De Aedificiis 3, 6, 1- 26. SEIBT, Westgeorgien, 138. BAUMGARTNER,Baudenkmäler, 367 — 371. Zu bagratidischem Besitz: Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5,44; transl. GARSOIAN, EpicHistories, 228 und 491. TOUMANOFF, Studies, 193.160 Prokop, De Adificiis 3, 1, 13 — 16. Malalas 18, schreibt von mehreren comites in Armenien. Die Einsetzungeines Comes Armeniae vor 408 ist scheinlich (siehe 1. 3. 1. 1), so dass die Datierung Prokops ffir die Einsetzungin die Regierung des Theodosius II. plausibel scheint.161 Movss Xorenac‘i 3, 46; transl. THOMSON, 309.162 DEMANDT, Spätantike, 249 und 257. ADONTZ, Armenia, 94 — 96. na Xeyöjicva ‘AptcvtaKa öflJlöata ausEdikt des Anastasios von 496 (Codex Justinianus 10, 16, 13) bezieht Adontz auf Armenia interior; auch schließter daraus, daß der Comes Armeniae wie andere Vikare dem praefectus praetorio per Orientem unterstand. Soauch GCJTERBOCK, Satrapien, 26 — 27.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Bis auf die genannten Textstellen ist über das Amt des Comes Armeniae wenig überliefert. Es

scheint in der Notitia Dignitatum von 408 nicht auf; dies deutet die Forschung als Hinweis

darauf, dass das Amt des Comes Armeniae erst später eingerichtet wurde.‘63 Der Amtssitz des

Comes und das Zentrum des Gebiets war wohl Theodosiupolis. dort residierte 502 auch

Konstantinos als für die Verteidigung Armenia interiors zuständiger comes rei militaris bzw.

magister militum vacans und übergab die Stadt dem Großkönig Kawad.‘64

Letztere Quelle zeigt, dass zumindest in Kriegszeiten römische Offiziere in Armenia interior

operierten. Auch armenische Quellen kennen im 5. Jh. militärische Funktionäre im Dienst des

Kaisers an der römisch - sasanidischen Grenze in Armenien: Mesrob Matoc‘ wurde bei

seiner Reise nach Konstantinopel 423/425 auf dem Hin- und Rückweg in den armenischen

Gebieten des Reiches von Anatolius, dem sparapet (spayapet bei Koriwn) dieser Region,

empfangen. Ihm überreichte er auch die rescripta des Kaisers, die ihm die Verbreitung seines

Alphabets in den annenischen Gebieten gestatteten. Vardan Marnikonean reiste mit Mesrob

nach Konstantinopel; in der Hauptstadt zeichnete Theodosius II. Vardan mit dem Titel eines

stratelat aus.165 Ein Verwandter Vardans, Vasak Mamikonean, kommandierte nach Elie

während des Aufstandes von 450/51 römische Truppen an der Grenze zu Persarmenien als

sparapet von Storin Hayk‘ (“Niederarmenien“) und paktierte mit der prosasanidischen

Adelspartei. Den Besitz der Mamikonean in Armenia interior verwaltete damals tatsächlich

ein anderes Mitglied des Hauses, da Vardan neben den Satrapen auch einen Fürsten von

Akilisene um Hilfe bat.‘66

Sowohl sparapet als auch stratelat bezeichnen in armenischen Quellen hohe römische

Militärs, ohne allerdings sicher mit einer bestimmen Funktion verknüpft werden zu können.

163 GÜTERBOCK Satrapien, 26 — 28. ADONTZ, Armenia, 94 — 96. TOUMANOFF, Studies, 193. GARSOIAN,Armenia megale, 254. JONES, Later Roman Empire, 228, vermutet, dass das Amt des Comes Armeniae nach488 und der Beteiligung der armenischen Fürsten am Aufstand des Illos geschaffen wurde.164 Prokop, Bellum Persicum, 1, 10, 18 — 19. GREATEX, Rome and Persia at War, 79 — 80. PAUSER,Oströmisch — Sasanidische Beziehungen, 173. Konstantinos: PLRE II, Constantinus Nr. 14, 314-315.165 Movss Xorenac‘i 3, 57; transl. THOMSON, 309. Koriwn 16; transl. NOREHEAD, 38. Anatolius: PLRE II,Anatolius Nr. 10, 84 - 86. Anatolius fungierte 433 bis 446 als Magister militum per Orientem (als denn ihn auchLazar P‘arpec‘i 1, 41; transl. THOMSON, 118, kennt, wo er als sparapet von Antiocheia aufscheint), ein Amt,das er zur Zeit der Reise des Maitoc‘ noch nicht innehatte, da Matoc‘ auf seiner Reise den Pafriarchen Akakios(406 - 425) traf. WINKLER, Obscure Chapter und GARSOrAN, Schisme d‘Orient, datieren die Reise in dieJahre 422/423 bis 425. Movss Xorenac‘i 3, 59; transl. THOMSON, 331- 332, nennt Anatolius als Befestigervon Theodosiupolis. Auch hier muß Anatolius vor seinem Amtantritt als magister militum tätig gewesen sein, dadie Stadt 421 von den Sasaniden bereits als Grenzfestung belagert wird. Auch weist SYNELLE, DiplomatikesScheseis, 60 und 68, daraufhin, dass das dritte Buch des Movss Xorenac‘i bis 433 chronologisch reicht.166 Eliie 4. ADONTZ, Armenia, 414 mit Anmerkung 66, identifiziert Storin ffayk‘ mit dem Gebiet der Satrapien(wohl im Gegensatz zu Barjr Hayk‘ “Hocharmenien“ für Armenia interior, obwohl dieser Terminus erst ab dem7. ih. bekannt ist) und lehnt deshalb die Schilderung bei E1ie als Projektion aus nachjustinianischer Zeit ab, davorher keine römischen Truppen in den Satrapien operiert hätten. Beistandsersuchen an Akilisene: LazarP‘arpec‘i 1, 33.

51

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Möglich scheint aufgrund der Darstellung bei Koriwn, dass Anatolius Anfang der 420er Jahre

das Amt des dux utriusque Armeniae ausübte, dessen Befugnisse auf Armenia interior

ausgedehnt worden sein müssen.167 Das Amt des Comes Arrneniae scheint nach der

Schilderung Prokops (keine regulären Truppen) und der Ansicht von Adontz auszuscheiden;

doch weist Garsoan darauf hin, dass das Amt des Comes Armeniae bei der Schaffung des

Militärkommandos des magister militum per Armeniam abgeschafft wurde. Auch schreibt

Movss Xorenac‘i, dass die Römer eine Garnison nach Theodosiupolis legten; eine Novelle

des Kaisers Theodosius II. weist 441 die Inhaber kaiserlicher Güter um Theodosiupolis (so

wie um Satala) an, verschiedene Versorgungsleistungen für das Heer zu erbringen. Garsoan

glaubt daher, dass der Comes Armeniae über militärische Kompetenzen in Armenia interior

verfügte, die später der magister militum per Armeniam übernahm. Allerdings konnte die

Garnison in Theodoiupolis ebenso dem dux utriusque Armeniae unterstellt worden sein.168

Die Identifikation des Anatolius als dux utriusque Armeniae scheint möglich, die

Bestimmung des für Vardan und Vasak bezeugten sparapet- bzw. straletat - Titels bleibt

offen.169

Neben der Garnison in Theodosiupolis traten die Kaiser auch als Grundbesitzer im Raum um

Theodosiupolis auf. Die auf dem “tractus Armeniae“ lebenden Dauerpächter der Kaisergüter

waren nach einer Novelle des Jahres 441 zu umfangreichen Leistungen an den Staat

verpflichtet, darunter zur Stellung von contati (Hilfstruppen?), Wägen und Pferden für den

cursus publicus und Naturallieferungen. Zuständig für die Einziehung dieser Abgaben war der

praefectus praetorio per Orientem; vor Ort war vielleicht der Comes Armeniae dafür

verantwortlich.170 Dies lässt sich auch mit der Ansicht von Mah in Übereinstimmung

167sparapet, eigentlich der Generalissimus der armenischen Armee, taucht als Bezeichnung für den magister

militum per Orientem auf (siehe Fußnote 145). stratelat, von griechisch stratelates als Äquivalent deslateinischen magister militum, wird synonym für den armenischen sparapet (Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 5,44transl. GARSOfAN, Epic Histories, 228), bei Movss Xorenac‘i 3, 36; transl. THOMSON, 295, auch fürTerentius, der dux und comes rei militaris war, verwendet. Vardan: PLRE II, Vardan, 1150 - 1151; dort vermutetman, dass Vardan zum magister militum ehrenhalber (dies wohl eher) oder zum dux utriusque Arrneniae ernanntwurde. Vasak: PLRE II, Vasak, 1151 - 1152; auch Vasak wird hier als dux utriusque Armeniae bezeichnet.168 Codex Justinianus 1, 29, 5: “...comite Armeniae penitus sublato...“. Der dux utriusque Armeniae blieberhalten. Movss Xorenac‘i 3,59; transl. THOMSON, 331 — 332. Novella Theodosiani V, 3 (26. Juni 441).TOUMANOFF, Studies, 152. GARSOIAN, Armenia megale, 256. GARS0IAN, Armenian Integration, 61.169 Bei Anatolius würde auch die von Movsäs Xorenac‘i 3, 59; transl. THOMSON, 331- 332, erwähnteBefestigung von Theodosiupolis für seine Funktion als dux Armeniae um 420 sprechen. Da Movss Xorenac‘i 3,46; transl. THOMSON, 309, die Funktion des korns (Comes Armeniae) kennt, verwundert es, dass er sie fürAnatolius und Vardan stratelat, sollten sie sie bekleidet haben, nicht nennt: Movss Xorenac‘i 3, 57; transl.THOMSON, 309. Bei Vasak bleibt die Lokalisierung von Storin Hayk‘ unklar, siehe Fußnote 156.170 Novella Thedosiani V, 3 (26. Juni 441):“...conperimus Arrneniae tractum in ipso paene limitis aditu Persarumconstitutum, pridern regalium fundorum copiis ac praesidiis munitum, in praesenti Persicis eruptionibusexpositum fuisse eo, quod eosdem fundos et maxime Theodosiopolitanae et Satalenae civitate contiguos velpropinquantes quorundam petitio diversis retro temporibus in propria iura mutato pristino canone transtulerit,hac in perpetuum victura lege censuimus statuendum, ut universi, qui nostram in his munificentiam meruerunt,sub ea condicione possessiones habere donatas concedatur, si contatos et bastagas et paraveredos et species nec

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Th.)

bringen, wonach der Comes Armeniae als Vertreter des Kaisers für die Verwaltung des

arsakidischen Königsiandes in Armenia interior, das vor allem im gawar von Karin!

Theodosiupolis zu finden war, eingesetzt wurde, während die naxarare ähnlich den Satrapen

ihre Fürstentümer weiter regierten. Dieses Amt mögen auch Armenier ausgeübt haben (so wie

auch die ersten Statthalter des provinzialisierten Arrnenia interiors Armenier waren) und der

cornes — Titel kann als ein Ehrenvorsitz über die Fürsten des Gebietes verstanden werden. Die

Funktion des Comes Armeniae bestand (mit Prokop und Adontz) vor allem in zivilen

Aufgaben.‘7‘

1.3.2.2 Der armenische Adel und die römische Verwaltung

Die Stellung der naarare in Armenia interior muss jener der Satrapen geglichen haben; dem

Kaiser beziehungsweise seinem militärischen Stellvertreter (wohl dem dux utriusque

Armeniae) waren sie zur Heerfolge verpflichtet. Den Adelshäusern blieb ihr Besitz und die

Verfügungsgewalt darüber in der Regel erhalten; nach dem Aussterben des Patriarchenhauses

mit ahak 438 brachte die Tochter Sahakonoy nicht nur die Güter in Taron, sondern auch in

Daranalis und Akilisene in das tun ihres Mannes, Hamazasp Mamikonean, ein. Die

Mamikonean wurden neben den Bagratiden in Sper und den Arsakiden, deren Mitglieder

weiter in Armenia interior zu finden waren, zu einer der einflussreichsten Familien. Doch

scheinen die beiderseits der Grenze über Besitz verfügenden Mamikonean der Realität der

Teilung des Landes Rechnung getragen und die Verwaltung in den Teilen Armeniens

verschiedenen Mitgliedern des Hauses anvertraut zu haben; während Vardan Mamikonean

450 den Aufstand in Persarmenien organisierte, fungierte ein anderer als Fürst von Akilisene,

der wie die Satrapen ein Beistandsersuchen erhielt. Trotz der verwandschaftlichen Bande

waren die Fürsten von Armenia interior wie die Satrapen angehalten, der kaiserlichen Politik

der Nichteinmischung zu folgen. Keiner von ihnen ist als Teilnehmer an den Feldzügen

Vardans erwähnt. Auch Vahan Mamikonean mußte ohne Unterstützung von römischer Seite

auskommen; sein Heer operierte nur zeitweise von Armenia interior, namentlich der

Landschaft alagom, aus.172

non coemptiones secundum pristinam consuetudinem dispositione tuae magnificae sedis iniungendas et aliauniversa fisci calculo solemniter sine mora dependant et agnoscant aut resistentes pro utilitate communi publicaepossessioni continuo praedia refundant;. . .“ JONES, Later Roman Empire, 651. GARSOIAN, ArmenianIntegration, 61.171 Movss Xorenac‘i; trad. MAHE/MAHE, 403 —404.172 GARSOfAN, Epic Histories, 385. TOUMANOFF, Studies, 193 — 194 (Stellung gleicht jenen der Satrapen).Arsakiden in Armenia interior: Prokop, Bellum Persicum II, 3, 32 - 39. Aufstand 450: Lazar P‘arpec‘i 1, 33 und41. Aufstand Vahans: Lazar P‘arpec‘i 75 und 79.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Nach Adontz gehörte zu den Kompetenzen des Comes Armeniae die Einhebung von

Abgaben. Als der Armenier Akakios als proconsul von Armenia prima nach 536 den

Armeniern in Armenia interior eine hohe Steuer auferlegte, kam es zum Aufstand. Daraus

kann aber nicht auf vorherige Abgabenfreiheit geschlossen werden, den bei Prokop erwähnen

später die geflüchteten Rebellen bei ihrer Klage vor Chosrau 1., dass sie, „noX2ot ‘ApcYuKi&n,

‘cL7t6‘yOVO ‘6KEiVO1) ‘ApGcLKoU“, nun Sklaven der Römer und einer nie vorher bestehenden

Abgabenpflicht unterworfen seien, obwohl ihr Ahnherr Arak III. dem Kaiser seine

Herrschaft nur überließ, wenn alle Nachkommen seines Hauses stets frei und nie

steuerpflichtig seien. Die Arsakiden genossen also vor der Provinzialisierung von Armenia

interior immunitas.173

Welche Abgaben die übrigen naxarare zu leisten hatten, ist uns nicht überliefert. In einer

vergleichbaren Stellung wie die Satrapen mussten sie zumindest das aurum coronarium an

den Kaiser abführen. Adontz zieht das Edikt des Anastasios aus dem Jahr 496 an den

praefectus praetorio per Orientem Anthemios, in dem jenen, die ici X-y6p.8vu ‘AplIEvuxKd

öiijiörnct beziehungsweise t J.tcrrcL abführten, die Entrichtung der Steuer in zwei Raten

(entgegen dem sonstigen Usus in drei Raten) gestattet wird, als Quelle für eine jährliche

Steuerverpflichtung des Adels in Armenia interior heran, eine Meinung, der sich auch

Garsoan anschließt.174 Das Edikt richtet sich an den praefectus praetorio per Orientem; seine

Zuständigkeit für die Abgaben von den ehemaligen kaiserlichen Güter in Armenia interior

zeigt die Novelle von 441. Dementsprechend könnten tu‘ 26761Evu ‘ApjlEvtcncci örijiörnct

jene Abgaben sein, die die Eigentümer des tractus Armeniae gemäß der Novelle von 441

jährlich zu leisten hatten. Den Kontext des Edikts entsprechend ist aber auch entgegen Adontz

an die Steuern der Provinzen Armenia prima und secunda zu denken; Sonderformen bei der

Steuererhebung in einer Provinz des Reiches muten nicht so unwahrscheinlich an, wie sie

Adontz scheinen. 386 wurde etwa, wie erwähnt, den susceptores der armenischen Provinzen

ein höheres epimetrum zugebilligt; nach einem Edikt des Jahres 364 war die Zahlung in drei

Raten üblich, aber nicht verpflichtend.175

Bei Überlegungen zu den Abgaben der naxarare ist zu berücksichtigen, dass sie wie die

Satrapen wohl zur Heerfolge verpflichtet waren, die ebenfalls als Leistung an das Imperium in

Rechnung gestellt werden konnte. Auch an die Möglichkeit der Aushebung von Rekruten für

die römische Armee als eine Art Abgabe (tirocinium) ist zu denken. Gegenüber den

ADONTZ, Armenia, 93 — 97. Prokop, Bellum Persicum 2, 3, 6 — 7 und 32 — 39. GARSO1AN, Armeniamegale, 256.‚‘ Codex Justinianus 10, 16, 13. ADONTZ, Armenia, 96. GARSOIAN, Armenia megale, 256.„ Codex Justinianus 10, 72, 9, 2 (386; höheres epimtrum). Codex Theodosianus 11, 19, 3 (364; Zahlung inRaten). KARAYANNOPOULOS, Finanzwesen, 189— 190.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Grundbesitzern in der römischen Provinz war die Stellung der naarare vor der

Provinzialisierung sicher privilegiert. 176

Insgesamt war aber der Zugriff militärischer und ziviler Stellen des Imperiums auf Arrnenia

interior stärker als auf die Satrapien; wie letztere wurde das Gebiet als Teil des Römisches

Reiches betrachtet und scheint als Armenia major unter den Provinzen des Diözese Pontica im

Laterculus Veronensis und im Laterculus Polemii silvii auf. Garnison und kaiserlicher

Grundbesitz in Theodosiupolis sowie die Verwaltung durch einen Amtsträger des Imperiums

ließen den Status von Armenia interior jenem einer Provinz näher scheinen als die

Satrapien.‘77

In die Reichskirche wurde Armenia interior ebenso integriert; 449 ist Peter als erste Bischof

von Theodosiupolis in der ‘itcLpicL ‘Ap.t6vta belegt. Sein Nachfolger Manasses nahm 451

am Konzil von Chalkedon teil. Theodosiupolis hatte sich als Zentrum der weltlichen und

kirchlichen Verwaltung des römischen Teilungsgebietes etabliert.‘78

JONES, Later Roman Empire, 611 — 612 und 620 (foederati- und Klientelkontingente). GROSSE, RömischeMilitärgeschichte, 80 — 85.‚ Laterculus Veronensis 2, 8. Laterculus Polemii Silvii 9, 8. GARSOIAN, Armenia megale, 253 — 254.178 Peter: ACO II, i (1), 149. Manasses: ACO II, i (2), 150. GARSOIAN, Armenian Bishops, 266. GARSOIAN,Armenia megale, 245.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

2. DIE REFORMEN DES KAISERS JUSTINIAN 1.

2.1 Die militärische Neuordnung der armenischen Gebiete:

Der Feldzug Kawads 1. 502 hatte die Verwundbarkeit der Grenzgebiete von Armenia interior

und der Satrapien, die die Sasaniden von Theodosiupolis bis Martyrupolis durchziehen

konnten, erwiesen. Die gemischte Verteidigung durch die Kontigente der armenischen

Fürsten und den regulären Truppen des Dux Armeniae gewährleistete die Sicherheit der

Ostgrenze nicht, wie Prokop betonte.‘79

Auch der 527 ausgebrochene Krieg brachte den Byzantinern eine Niederlage an der

arrnenischen Front ein, wo Sittas und Belisar bei ihrem zweiten Einfall in Persarmenien dem

Heer der armenischen Adeligen Narses und Aratios unterlagen.‘80 Justinian 1. reagierte darauf

mit der Einrichtung eines einheitlichen Kommandos im Osten von der Schwarzmeerküste bis

zu den Satrapien; in einem Edikt, das in das Jahr 528 datiert wird, ernannte der Kaiser Sittas

zum magister militum per Armeniam et Pontem Polemoniacum et gentes mit der

Befehlsgewalt über Armenia interior, die Satrapien, Armenia prima, Armenia secunda und

Pontus Polemoniacus samt den dortigen duces. Das Amt des Comes Armeniae wurde

abgeschafft, die militärische Eigenständigkeit der Satrapien beendet. Das Heer des neuen

magister militurn setzte sich aus neuaufgestellten Einheiten sowie Detachements von den

rnagistri militum praesentales, dem magister militum per Orientem, von dessen

Kommandobezirk Armenien nun getrennt wurde, und anderen Kommandos zusammen.181

Malalas berichtet, dass Sittas gestattet wurde, unter den einheimischen Armeniern aufgrund

ihrer Ortskenntnis scriniarii, also Angehörige seines Stabes, zu rekrutieren. Die Armenier

zogen nicht mehr unter ihren eigenen Fürsten in den Krieg, taten aber in den regulären

Truppen Dienst.‘82

Denn wie Prokop in De Aedificiis berichtet, schuf Justinian nicht nur das Comesamt ab,

sondern setzte auch zwei duces über die Satrapen ein. Er stattete sie mit regulären Truppen

aus und stationierte einen in Martyrupolis und einen in Kitharizon, einer neuerichteten

Prokop, De Aedificiis 3, 1, 2 —3, 16 und 27.180 Prokop, BellumPersicum 1, 12,21—22. ADONTZ, Armenia, 106.

81 Codex Justinianus 1, 29, 5 : “... oportere etiam partibus Armeniae et Ponto Polemoniaco et gentibus propriummagistrum militum per hanc legem constituere, tuamque magnitudinem, quae nobis ex ante gestis optimecommendata est, idoneam ad talem fore dignitatem confidentes elegimus certasque provincias, id est magnamAmeniam, quae interior dicebatur, et gentes (Anzetenam videlicet, Ingilenam, Asthianenam, Sophenam,Sophanenam, in qua est Martyropolis, Balabitenam) et primam et secundam Armeniam et PontumPolemoniacurn tuae curae cum suiu ducibus commisimus, comite Armeniae penitus sublato...“. Prokop, Deaedificiis 3, 1, 16. ADONTZ, Armenia, 107— 110. GREATREX, Rome and Persia at War, 154. Zu Sittas: PLREIIIB,SittasNr. 1,1160—1163.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Ih.)

Festung in Asthianene (im Tal des Bayram Deresi) an der Straße von Martyropolis nach

Theodosiupolis.‘83 Zur Sicherung der Verbindung zwischen Martyrupolis und Kitharizon

wurden weitere Festungen in Pheison, weniger als eine Tagesreise nordwestlich von

Martyrupolis, und an den Pässen von Illyrisos und Saphchai erbaut und mit Garnisonen

belegt.184 Auf dem Weg von diesen Pässen nach Theodosiupolis erhielt Artaleson in

Chorzanene im Tal des Perisuyu eine Befestigung mit starker Besatzung ebenfalls unter

einem dux.‘85

Die Befestigung von Theodosiupolis als Sitz des magister militum per Armeniam wurde

desgleichen verbessert.‘86

Südlich von Trapezunt wurden im jüngst eroberten Gebiet der anen je ein dux in der Festung

Horonon und in Tzanzakon samt Garnison installiert. Daneben sollten die Festungen Charton

(nach Honigmann bei Hart nördlich von Bayburt), Barchon, Sisilisson, Fossatum Longini,

Burgusnoes und Schamalinichon das Land sichern.187

Dem magister militum per Armeniam unterstanden also sechs duces inklusive des dux

Armeniae in Melitene, dessen Neubefestigung von Justinian vollendet wurde.188

Neben den Befestigungen an der Linie Martyrupolis — Theodosiupolis und im anen1and

erwähnt Prokop fortifikatorische Maßnahmen Justinians auch an der alten Limesgrenze in

Satala, in dessen Nähe die Festung Osroenai neu errichtet wurde, und in Lytararizon

(Oloteadariza). In der 536 vergrößerten Armenia prima, das mit Tzuminal Justinianupolis

nahe Bazanis eine neue Hauptstadt erhielt, ließ er Koloneia, Baiberdon, Areon, Nikopolis und

Lysiormon neu befestigen und in Fossatum Germani eine Festung errichten. Rhizaion an der

Schwarzmeerküste erhielt eine neue Ummauerung. Auch die Mauern von Sebasteia wurden

182 Malalas 18, 10. ADONTZ, Armenia, 108— 110. GREATREX, Rome and Persia at War, 154.183 Prokop, De Aedificiis 3, 1, 28 — 2, 1 und 3,3 — 3,9. HONIGMANN, Ostgrenze, 16— 19 und Karte 1. Wie auchHONIGMANN, Ostgrenze, 11, betont, übertreibt Prokop in De Aedificiis den Umfang des justinianischenBauprogramms und schreibt sämtliche Neubefestigungen dem Kaiser zu. Malalas 18, 5, schreibt, dass Justinianauch Martyrupolis ausbauen und in Justinianupolis umbenennen ließ.184 Prokop, De Aedificiis 3, 3, 1 —6. HONIGMANN, Ostgrenze, 18— 19 und Karte 1.185 Prokop, De Aedificiis 3, 3, 9— 14. HONIGMANN, Ostgrenze, 16— 19 und Karte 1.186 Prokop, De Aedificiis 3, 5,9— 12. HONIGMANN, Ostgrenze, 19. ADONTZ, Armenia, 118— 125.187 Prokop, De Aedificiis 3, 6, 16 — 26. SEIBT, Westgeorgien, 140. BRAUND, Georgia, 289. BRYER, Laz andTzan 1, 161 — 163. Horonon vermutet Adontz bei Gümüane, Tzanzakon unweit Sürmene: ADONTZ, Armenia,49 — 53. Charton (Hart) : HONIGMANN, Ostgrenze, Karte 4. ADONTZ, Armenia, 51. Sisilisson: Nach Prokop,De Aedificiis 3, 6, 22, bestand hier schon eine Festung, die Justinian restaurierte. Seeck identifiziert es mit derGarnison Sisila der Notitia Dignitatum Oriens 38, 30; ed. SEECK, 84 und Anmerkung 5. ADONTZ, Armenia,52 — 53 setzt es mit dem Ort Ziziola an der Straße von Nikopolis nach Satala gleich (Tabula Peutingeriana 95.MITFORD, Cappadocia and Armenia Minor, 1217.). Fossatum Longini: 488 zog der Isaurer Longinus gegen dieanen zu Felde. Prokop, De Aedificiis 3, 6, 29. CAPIZZI, Anastasio 1., 186.188 Prokop, De Aedificiis 3, 2, 19.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

restauriert.189 Mit diesen Neubefestigungen am alten Limes ist auch die Frage nach dem

Schicksal der limitanei an der Grenze unter justinianischer Herrschaft zu verbinden; Prokop

behauptet, der Kaiser habe 545 die Zahlungen an die limitanei eingestellt. Wie Jones aber

darlegt, blieben den limitanei ihre rechtlichen Privilegien und ihr Landbesitz erhalten. Auch

die Versorgung mit Naturalien aus der annona läßt sich weiter nachweisen, so dass ein

Weiterbestehen der limitanei neben an der Grenze stationierten Einheiten der Feldarmee zu

vermuten ist.190

Zur ersten Bewährungsprobe des neuen Kommandos des magister militum per Armeniam

kam es kurz nach dessen Einrichtung (528) im Jahr 530, als der persische General Mermeroes

mit einem Heer von 30 000 Mann aus Persarmenien bis in die Gegend von Satala vorstieß,

während Sittas, bereits magister militum praesentalis, und Dorotheos, magister militum per

Armeniam, angeblich kaum die Hälfte an Truppenstärke der Sasaniden zu Verfügung stand.

Dennoch errangen die Byzantiner einen Sieg über die Sasaniden und konnten in der Folge die

Festungen Bolon und Pharangion samt Goldminen im Bereich der südlichen Zuflüsse des

oruh besetzen.‘91 Im Jahr darauf scheiterten die Sasaniden vor Martupolis, eingefallene

Sabirische Hunnen konnten auf ihrem Rückmarsch von Dorotheos und den duces von

Martyrupolis und Kitharizon gestellt werden.192

Der Ausbau der Festungen zwischen Theodosiupolis und Martyrupolis wurde bis Anfang der

540er Jahre abgeschlossen; 542 dienten Kitharizon, Artaleson und Pheison neben

Theodosiupolis als Ausgangsbasen eines missglückten byzantinischen Vorstoßes in die

Gegend von Dvin.193

189 Prokop, De Aedificiis 3, 4, 4 — 5 (Satala und Osroenai), 7 — 9 (Koloneia), 10 (Baiberdon, Areon, Lysiormon,Oloteadariza), 11 (Fossatum Germani: nach Adontz nahe Gtimüiane, Nikopolis, Sebasteia), 15 (Tzumina) und3,7,1 (Rhizaion). ADONTZ ‚ Armenia, 112 — 125. HONIGMANN, Ostgrenze, 19.190 Prokop, Anekdota 24, 12 - 22. JONES, Later Roman Empire 653 - 654 und 663 - 672. HALDON, Warfare,State and Society, 318—319 mit Anmerkung 46.191 Prokop, Bellum Persicum 1, 15, 1 — 18 und 28 - 32. GREATREX, Rome and Persia at War, 185 — 190. Bolonund Pharangion: BAUMGARTNER, Baudenkmäler, 369. HEWSEN, Geography of Ananias of irak, 209 und68 A, Karte 23, setzt Bolon mit Bo1a in Tayk‘ gleich. TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 148,identifiziert Bolon mit Bol in Basean östlich von Theodosiupolis. Dorotheos: PLRE III A, Dorotheus Nr. 2, 420—421.

92 Prokop, Bellum Persicum 1, 21, 5 und 28. GREATREX, Rome and Persia at War, 208 —212. Ein erneuter aufsasanidische Veranlassung erfolgter hunnischer Vorstoß wurde durch den 541 — 547 amtierenden magistermilitum per Armeniam Valerianos abgewehrt: Prokop, Anekdota 2, 29. Valerianos: PLRE III B, Valerianus Nr.1, 1355 - 1361

Prokop, Bellum Persicum 2, 24, 10 — 16. RUBU‘, Zeitalter Justinians, 342 — 343. Zur Datierung desFeldzuges in das Jahr 542 (und nicht wie bei Rubin 543): KISLfNGER — STATHAKOPOULOS, Pest undPerserkriege bei Prokop, 95 und 98.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Neben der persarmenischen Grenze fiel wie schon dem dux Armeniae dem magister militum

per Armeniam das Kommando über die Garnisonen in Westgeorgien zu; in den 540 bis 545

und 549 bis 557 tobenden Kämpfen um die Kontrolle über das Reich der Lazen operierte der

jeweilige magister militum per Armeniam stets auch in diesem Gebiet.194

Der Obhut des magister militum per Armeniam war also die Verteidigung der byzantinischen

Interessen in ganz Transkaukasien anvertraut.

2.2 Die Neuordnung der Verwaltung durch Justinian 1.

2.2.1 Die Provinzialisierung der armenischen Gebiete

Mit der Einrichtung des Amts des magisters militum per Armeniam gliederte Justinian 1.

Armenia interior und die Satrapien vollständig in die militärische Struktur des Imperiums ein;

die naxarare zogen nicht länger als Führer ihrer Kontingente in die Schlacht, reguläre Truppen

unter duces lagen in den armenischen Fürstentümern wie in jeder Grenzprovinz des Reiches.

Der militärischen Neuordnung ließ Justinian 1. die Provinzialisierung folgen. Diese

Neuordnung der armenischen Gebiete fiel in die Jahre allgemeiner Reformtätigkeit in der

Verwaltung, die vor allem mit der Person des praefectus praetorio per Orientem Johannes der

Kappadokier zu verbinden ist. 535 wurde die Praxis der Verkaufs von Statthalterposten

(suffragium) verboten und gleichzeitig neue Dienstvorschriften (mandata) für die Statthalter

erlassen. Die Vikariate von Asiana und Pontica, deren Einfluß gegenüber der direkten

Einflußnahme des praefectus praetorio auf die Provinzen geschwunden war, wurden

abgeschafft. Provinzen (zum Beispiel Paphlagonia und Honorias oder Helenopontus und

Pontus Polemoniacus) und Funktionen (etwa der Statthalter von Cappadocia prima und der

comes domorum, der Verwalter der dortigen kaiserlichen Güter oder militärische und zivile

Befugnisse in der Hand des comes Isauriae) wurden sinnvoll zusammengelegt. Die Position

des defensor civitatis als Vertreter der Interessen der Stadtgemeinde gegenüber dem

Statthalter wurde gestärkt, gleichzeitig aber die von Anastasios 1. eingeführte Funktion des

vindex, der als kaiserlicher Vertreter (vom praefectus praetorio engesetzt) die

‚‚ Zu byzantinischen Garnisonen: Prokop, Bellum Persicum 2, 15, 6 — 1 lund 17, 3 —4 (Petra/Ciisdiri). Prokop,De Aedificiis 3, 7, 5 (LosorionlBatumi), 7 (Petra), 8 (Sebastupolis/Suchumi und Pityus/Picunda). SEIBT,Westgeorgien, 140, Zum magister militum per Armeniam in Lazika: Prokop, Bellum Persicum 2, 29, 10.Agathias 4, 21. BRAUND, Georgia, 289. RUBIN, Zeitalter Justinians, 361 —368.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh)

Steuereinhebung durch die curiales und die städtische Finanzgebarung beaufsichtigte,

beibehalten. 19

Armenia interior, das mit dem Comes Armeniae bereits einem römischen Amtsträger

unterstand, wurde kurz nach 532 als Provinz eingerichtet. Hamazaps, der Neffe von

Syrneones (dem Herrn von Pharangion), erbte die seinem Onkel von Justinian in Armenia

interior verliehenen Güter und erhielt vom Kaiser die ‘apyf ‘Ap viov, die Statthalterschaft.

Sein Verwandter Akakios verleumdete und ermordete ihn und erhielt seine Güter und sein

Amt. Nach Ansicht von Adontz wurde Hamazasp nach 532 als praeses einer neuen Provinz

Armenia interior eingesetzt. Iii der Novella 8 von 535 scheint neben Armenia prima und

secunda eine Provinz Armenia magna auf, die mit Armenia interior gleichgesetzt werden

muss.196

536 unternahm Justinian 1. eine umfassende Neuordnung der armenischen Gebiete des

Imperiums und schuf vier Provinzen.

Die neue Armenia prima vereinte Armenia interior mit dem Nordosten der früheren Armenia

prima (das Gebiet der Städte Satala, Nikopolis und Koloneia) und dem Großteil von Pontus

Polemoniacus, das 535 mit Helenopontus unter einem moderator zusammengefasst worden

war, mit Trapezunt und Kerasus (heute Giresun) an der Schwarzmeerküste. Proconsul im

Rang eines spectabilis wurde der bisherige Gouverneur von Arrnenia interior, Akakios, der im

neugegründeten Justinianupolis/Tzumina (heute Cimin) nahe Bazanis in Mananalis

residierte. 197

Sebasteia wurde Metropolis der neuen Armenia secunda, die daneben Sebastupolis, Berissa,

Komana Pontike (Kilikli) von Pontus Polemoniacus und Zela (Zile) von Helenopontus

umfasste. Statthalter blieb ein praeses im Rang eines clarissimus, dessen unmittelbar

Novella Justiniani 8 (535, Abschaffung der Vikariate). Novella Justiniani 27 (535, comes Isauriae). JohannesLydos, Dc magistratibus 3, 49 (vindices). HAASE, Untersuchungen zur Verwaltung des spätrömischen Reichesunter Kaiser Justinian 1., 14— 18 (Verbot des suffragiums), 27 (Abschaffung des Vikariats von Pontica) und 75 —

80 (Vereinigung von Helenopontus und Pontus Polemoniacus). JONES, Later Roman Empire, 279 — 282, 374(Abschaffung der Vikariate) und 759 — 760 (vindex). 548 wurde wieder ein viacarius dioeceseos Ponticae mitPolizeigewalt über die Diözese ernannt, um dem Bandenunwesen in den Provinzen Herr zu werden: Edictum 8(548). JONES, Later Roman Empire, 294.

96 Prokop, Bellum Persicum 2, 3, 1 —5. Novella Justiniani 8 (535). ADONTZ, Armenia, 137 — 138. RUBIN,Zeitalter Justinians, 320. Hamazasp: PLRE III A, Amazaspes, 54. Akakios: PLRE 111 A, Acacius Nr. 1, 8 - 9. Inder Novella 8 wird auch eine Provinz Nova lustiniana genannt, die Jones mit dem Gebiet der Satrapien, dasdemnach ebenfalls bereits 535 provinzialisiert wurde, identifiziert: JONES, Later Roman Empire, 1458 — 1459mit Anmerkung 11.

Novella Justiniani 31, 1 (18. März 536). ADONTZ, Armenia, 133 — 139. KARAYANNOPULOS,Themenordnung, 63. HEWSEN, Geography of Ananias of irak, 18 und Karte III. Vereinigung Helenopontusund Pontus Polemoniacus: Novella Justiniani 28 (535). Justinianupolis: Prokop, Dc Aedificiis 3, 5, 13 — 15.ADONTZ, Armenia 116 — 117.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Ih.)

übergeordnete Gerichtsinstanz der proconsul von Armenia prima sein sollte. Mit der

Abschaffung des Vikariats der Diözese Pontica 535 war auch dieses als

Appellationsgerichtshof verschwunden, an dessen Stelle für Armenia secunda nun der

proconsul von Armenia prima trat.198

Unverändert in ihrer Ausdehnung blieb die Armenia secunda, nun Armenia tertia mit Arka,

Arabissos, Ariaratheia, Komana, Kukusos und Melitene als Hauptort; ihr Statthalter erhielt als

comes Justinianus den Rang eines spectabilis. Auch die Beamten seines officiums sollten in

Hinkunft „comitiani“ heißen. Dem comes Justinianus unterstanden nicht nur die zivilen

Beamten der Provinz, sondern auch die Militärgerichtsbarkeit über die dort stationierten

Truppen. Diesen machtvollen Posten vertraute der Kaiser einem in den armenischen Gebieten

erfahrenen Mann namens Thomas an)99

Zur Arrnenia quarta wurden die Satrapien an Euphrat und Arsanias zusammengefasst; an

Stelle der naxarare verwaltete ein praeses ordinarius von Martyrupolis aus das Gebiet, in dem

nach den römischen Truppen die römischen Beamten Einzug hielten. Dem praeses als

Appellationsgerichtsstand vorgesetzt war der comes Justinianus in Melitene.20°

Unbeeinflusst von der neuen Provinzordnung sollten nach dem Willen des Kaisers die

Sprengel und Rechte der Metropoliten und Bischöfe bleiben. Auf der Synode in

Konstantinopel im Juni 536 traten der Bischof von Sebasteia als Metropolit von Armenia

prima und jener von Melitene als Metropolit von Annenia secunda auf. Die Satrapien waren

durch die Bischöfe von Balabitene und Sophene vertreten. Die neue Provinzordnung zeigte

wenige Monate nach ihrem Erlaß noch keine Wirkung auf die Sprengeleinteilung.201

Das zweite Konzil von Konstantinopel 553 kennt neben Sebasteia und Melitene zwar einen

Metropoliten von Justinianupolis, aber als Vertreter von „magna Armenia“, also des alten

Armenia interior. Auch sonst wird die neue Provinzeinteilung nicht nachvollzogen: Komana

98 Novella Justiniani 31, 1, 2 (536). ADONTZ, Armenia, 130 — 139. KARAYANNOPULOS, Themenordnung,63 - 64. HEWSEN, Geography of Ananias of Sirak, 18 und Karte III. Abschaffung des Vikariats: NovellaJustiniani 8 (535)

Novella Justiniani 31, 1, 3 und 31, 2 - 3 (536): “IlIud quoque palam est ut, quia tertiae Armeniae comitemnon civilum solum, sed etiam militarium fecimus iudicem, necessario habeat et milites in ea provincia collocatossibi subiectos, licentiam habens, sicut militaribus iudicibus conceditur, et ad nomen vocare eos et requirere etprovidere annonis eorum et exequi quae contra eos sunt, si laeserint, et neque permittere milites noceresubiectis. » HAASE, Untersuchungen zur Verwaltung des spätrömischen Reiches unter Kaiser Justinian 1., 87 —

89 (Statthalterbefugnisse). ADONTZ, Armenia, 133 — 139. KARAYANNOPULOS, Themenordnung, 63 - 64.HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 18 und Karte III. Thomas: PLRE III B, Thomas Nr. 6., 1315.200 Novella Justiniani 31, 1, 3(536): “Satuimus autem et quartam Armeniam, quae prius non in provinciae iacebatimagine, sed et gentium erat et diversorum complicita barbaricorum nominum, Zopanene et Anzitene vel Zopeneet Asathenia et Balbitene appellata et sub satrapis constituta.» ADONTZ, Armenia, 133 — 139.KARAYANNOPULOS, Themenordnung, 63 -64. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 18 und Karte III.201 Ausnahme der Sprengel: Novella Justiniani 31, 2, 1(536). Synode 536: ACO III, 114 (Sebasteia undMelitene), 118 (Sophene) und 28 (Balabitene). GARSOlAN, Armenian Bishops, 278.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

chryse scheint als Bistum der Armenia secunda, nicht der neuen Armenia tertia auf. Ingilene

und der neue Bischofssitz von Dadimon in Anzitene (heute Tadim südlich von Elazig)

vertraten die Satrapien. Die alte Bistümereinteilung hatte Bestand.202

2.2.2 Die neue Provinzverwaltung und der armenische Adel

Mit der Provinzialisierung von Armenia interior und den Satrapien endete die Sonderstellung

der naxarare in verwaltungstechnischer, fiskaler und rechtlicher Hinsicht. Mit der

Unterstellung unter das üblich juristische und fiskale Regime sollte die Integration der

armenischen Gebiete und ihre Angleichung an die restlichen Provinzen erreicht werden.203

In der Novelle 21 an den Proconsul Akakios stellte Justinian 1. fest, dass die Armenier „per

ornnia sequantur romanorum leges“. Die steuerliche Gleichstellung mit den übrigen

Provinzialen führte zum Aufstand in Armenia interior; Akakios erlegte nach Prokop den

Armeniern, darunter auch den bislang steuerbefreiten Arsakiden, eine Abgabe in der Höhe

von 400 Pfund Gold auf. Akakios wurde getötet, die Rebellen unter der Führung der

Arsakiden flüchteten nach Pharangion und verbündeten sich mit den Bagratiden von Sper und

Tayk‘; nach einigen Kämpfen mit den Byzantinern flüchteten die Anführer an den Hof des

Großkönigs, um nach Ausbruch des Krieges 540 erneut die Seiten zu wechseln und nach

Konstantinopel zu reisen.204 Das weitere Schicksal der Arsakiden schildert ein in

Konstantinopel lebendes Mitglied des Hauses, Arsakes, als Mitverschwörer gegen Justinian 1.

548 bei Prokop, wo er klagt, dass seine Familie versklavt und über das ganze Römerreich

verstreut sei.205

Trotz des Verlustes der Verwaltungshoheit über ihre Fürstentümer blieben die Häuser des

armenischen Adels bedeutsame Grundbesitzer; ererbter (hayrenik‘) und verliehener Besitz

(pargewagank‘) blieben in gemeinsamer Hand des Adeishauses und nicht im Besitz einzelner

Familienmitglieder. Auch die innerhalb der männlichen Mitglieder des Hauses vererbte

Stellung des tanuter schloß kein individuelles Besitzrecht ein. Frauen gingen mit der Heirat in

die Hand des Mannes, der eine bestimmte Summe für die Braut entrichtete, über und wurden

‘0‘ . . .- Konzil 553: ACO IV, 226 (Justinianupolis) und 230 (Komana, Dadimon und Ingilene). GARSOIAN,Armenian Bishops, 279 - 280. Lokalisierung von Dadimon: HONIGMANN, Ostgrenze, 72 und Karte 2.203 Zu den Mitteln der Integration: LAIOU, Institutional Mechanisms of Integration, 161 — 162.204 Novella Justiniani 21(18. März 536). Prokop, Bellum Persicum 2, 3, 7 —31 und 2, 21, 34. Die ‘Arnrctiavot

bei Prokop sind die Bagratiden, denen erblich das Amt des aspet am Hof des Königs zustand: GARSOIAN, EpicHistories, 509. ADONTZ, Armenia, 93 — 97.20 Prokop, Bellum Gothicum 3, 32, 1 —7. ADONTZ, Armenia, 160— 161.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Mitglieder dessen Familie, weshalb ihnen bis auf die Mitgift in der Regel kein Anteil am

Hausgut zukam.206

In einem Edikt „De Armeniorum successione“ von 535 wohl an den praefectus praetorio per

Orientem und der Novelle 21 von 536 ordnete Justinian die Anwendung des römischen Erb

und Eherechtes in den armenischen Gebieten ein. Vor allem die Gleichberechtigung der

Frauen, denen neben einer römischem Rechtsbrauch entsprechenden Mitgift auch ein gleicher

Erbteil zukommen sollte, musste durchgesetzt werden. Insbesonders auch an den ‘ysvscLpXuc&

xcopi (lateinisch progenitorales praedia), dem ererbten, angestammten Besitz (hayrenik‘) war

ihnen ein gleicher Anteil zuzubilligen.207

Durch diese Gesetze wurde die Erbteilung des gemeinsamen Hausgutes aber überhaupt erst in

die Rechtspraxis der armenischen Adelsfamilien eingeführt; der Besitz musste nun unter

männlichen und weiblichen Nachkommen verteilt werden. Auch die Ansprüche der jüngeren

Mitglieder des Hauses (sepuh) waren zu berücksichtigen. Das römischen Erbrecht untersagte

das Vermächtnis an einen Personenverband (incertae personae). Der Zersplitterung des

gemeinsamen Grundbesitzes, gerade auch des hayrenik‘, und somit der Machtbasis der

naxarare war Vorschub geleistet.208

Die weiteren Auswirkungen der justinianischen Maßnahmen auf die naxarare in Armenia

interior und den Satrapien bleiben mangels Quellen unbekannt. Erst bei Sebos im 7. Jh.

finden Adelige aus diesen Gebieten wieder Erwähnung; bei seinem Armenienfeldzug 653

konnte Konstans II. unter anderem die Unterwerfung der Bagratiden von Sper, der Adeligen

von Mananalis, Daranalis und Akilisene sowie der Fürsten und Truppen von Armenia quarta

entgegennehmen. Zwischen der Gesetzgebung Justinians 1. und dem Feldzug Konstans II.

liegen aber nicht nur 120 Jahre, sondern auch die verheerenden Feldzüge der Sasaniden und

Araber. Der armenische Adel mag die Jahrzehnte provinzialer Herrschaft überdauert haben

und konnte beim Schwinden der Reichsautorität alte Recht wieder erlangen.209

206 ADONTZ, Armenia, 144 — 150. PERIKHANIAN, Iranian Society and Law, 646 — 654. WIESEHÖFER, Dasantike Persien, 241. GARSO1AN, The Arakuni Dynasty, 77.20 Edictum III (535): “M6tuv & ‘auw. ict tWV KaXou!1voJv YEVEUPXIKWV wptwv...“. Novella Justiniani 21,1 (536): „Sancimus itaque per hanc legem, ut et apud Armenios haec ipsa tenere quae etiam apud nos occasionesuccessionis feminarurn, et nullam esse differentiam masculi aut feminae: sed sicut et in nostris legibusdispositum est, secundum quam figuram heredes existant parentum, hoc est patris et matris, et avi et aviae, etadhuc longius, et eorum qui post ipsos sunt. Hoc est fiu et fihiae, et quemadmodum ipsi hereditatemtransmittant: ita et apud Armenios esse et nihil Armeniorum leges a Romanorum differe «. ADONTZ, Armenia,151.208 ADONTZ, Armenia, 151 — 154. GARSOIAN, The Marzpanate, 106. incertae personae: Gaius, Institutiones 2,238.209 Sebos 165; trans!. THOMSON, 137.

63

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

2.3 Die armenische Grenze am Ende der Re2ierun Justinians 1.

Der fünfzigjährige Frieden von 561 beendete die langen Kriege zwischen Justinian 1. und dem

Großkönig Chosrau 1. Der Status quo ante, die Teilung Transkaukasiens in römisches

Westarmenien und unter römischer Oberherrschaft stehendes Lazien einerseits und in

Persarmenien und unter sasanidischen Oberherrschaft stehendes Iberien andererseits, wurde

bestätigt; der Status von Svaneti im Norden Westgeorgiens sollte später geklärt werden.21°

Weiters interessant für die persarmenische Grenze war die erneute Festlegung von Kallinikon,

Nisibis und Dvin (griechisch Dubios), das Artaxata als Wirtschaftszentrum abgelöst hatte, als

Stapelplätze des Handels (6Katsu-nptcL - wohl vom zehnprozentigen Zoll, der dort zu

entrichten war).21‘

Von Bedeutung war auch die Klausel über das Schlichtungsverfahren bei

grenzüberschreitender Schädigung durch Untertanten oder Gemeinden des jeweils anderen

Staates; diese sah einen Instanzenweg von den lokalen Statthaltern über den magister militum

per Orientis (gedacht war wohl vor allem an die Grenze in Mesopotamien, wo mit den

Wanderzügen der Wüstennomaden zu rechnen war) bis hin zum Kaiser bzw. Großkönig bei

Verschleppung von Entschädigungsleistungen vor. Ein ähnliches procedere kann man sich

auch für die armenische Grenze vorstellen. Daneben war die Aufnahme von aufständischen

Untertanen des anderen Vertragspartners wie schon im Vertrag von 422 untersagt; gerade

armenische Adelige hatten in den vorangegangenen Kriegen oft die Seiten gewechselt.212

210 Menander, Fragment 11; ed. MÜLLER, 214 - 217. RUBrN, Zeitalter Justinians, 369 — 370. SEIBT,Westgeorgien, 140.211 Menander, Fragment 11; ed. MÜLLER, 212: Dort werden zwar die im Codex Justinianus 4, 63, 4, 1 (408)erwähnten Orte nicht genannt, sind aber als schon vorher vereinbarte Stapeiplätze hier wohl erneut gemeint:GÜTERBOCK, Byzanz und Persien, 73 — 78. SYNELLE, Diplomatikes Scheseis, 96 - 97. Dvin als Handelsort:Prokop, Bellum Persicum 2, 25, 1 —3.212 Menander, Fragment 12. GUTERBOCK, Byzanz und Persien, 81 — 92. Ubertritt armenischer Adeliger:Prokop, BellumPersicum 1,15, 28—29 und 31—32; 2,3,31; 2,21,34.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

3. DIE ARMENISCHEN TERRITORIEN BIS ZUM AUFTRETEN DER ARABER

3.1 Die armenische Grenze bis zur neuen Tei1un Armeniens 591

Der Friede von 561 hatte unter dem Nachfolger von Kaiser Justinianos 1., Justinos II., keinen

Bestand; die Oberhoheit über Svaneti und die Tributzahlungen an die Sasaniden blieben

strittig. Gelegenheit zu einer Schwächung des Gegners bot eine erneute Aufstandsbewegung

in Persarmenien um Vardan Mamikonean, mit dem der magister militum per Armeniam

Justinianos von Theodosiupolis aus in geheimer Verbindung stand. 572 brach eine Rebellion

aus, die vorerst erfolgreich den sasandischen marzpan Suren besiegen konnte; vor der

Gegenoffensive der Perser mussten Vardan und der Katholikos Yovhanns II. ins

Byzantinische Reich flüchten.213 In Konstantinopel nahm Justin II. die Flüchtlinge feierlich

auf; in einer gemeinsamen Eucharistiefeier sollte die seit dem Konzil von Dvin 555 zerstörte

Einheit der Kirchen wiederhergestellt werden. Nach Sebos erneuerte der Kaiser mit den

Armeniern den angeblich einstmals zwischen Konstantin 1. und Trdat III. geschlossenen

Bündnisvertrag; Stein sieht darin den Plan einer Wiedererrichtung der armenischen

Monarchie unter Vardan Mamikonean mit byzantinischer Hilfe. Die Tradition der Reise

Trdats und Grigors des Erleuchters zu Konstantin und des Vertrages zwischen den Herrschern

betonte zwar die Verbundenheit zwischen Armenien und dem Imperium, doch bietet sie

wenig Grundlage für die Interpretation von Stein.214

Als Justin II. die gemäß dem Vertrag von 561 von den Sasaniden geforderte Auslieferung der

Aufständischen und weitere Tributzahlungen ablehnte, brach 572 der Krieg zwischen den

Großmächten aus. Den byzantinischen Truppen unter Justinian gelang mit der Eroberung

Dvins zwar ein großer Anfangserfolg, doch 573 nahmen die Sasaniden Dara ein und erlangten

auch in Armenien Erfolge.215 Eine Vorahnung späterer Verwüstungen gewährte der Feldzug

Chosraus 1. 575 (nach Whitby 576 zu datieren), der von Basean aus gegen Theodosiupolis

vorstieß, das er aber nicht erobern konnte. Dafür verheerten die sasanidischen Truppen das

213 Euagrios, Historia Ecclesiastica 5,7. Johannes von Ephesos, Historia Ecclesiastica 2, 18 — 23. Sebos 68;trans!. THOMSON, 6. STEIN, Studien, 6 und 22 — 24. WHITBY, Emperor Maurice, 251. Interessant in diesemZusammenhang ist ein prachtvo!!er frühmittelalterlicher Sattelbeschlag aus byzantinischer Werkstätte, deraufgrund eines Monogramms „Bardanes“ (Vardan) Mamikonean zugeschrieben werden kann: DANNHEIMER,Ostmediterrane Prunksätte!, 193 — 197.214 Sebos 68; trans!. THOMSON, 6 - 7. STEIN, Studien, 24. Konzil von Dvin II und Einigungsversuch:Narratio de rebus Armeniae § 79 - 83; ed. GARITTE, 37. TOUMANOFF, Christian Caucasia, 134 und 142 -

149. MAH, Die armenische Kirche von 611 - 1066, 477 - 478. GARSO1AN, Schisme d‘orient, 242 — 259.Tradition des Vertrags zwischen Trdat und Konstantin: Agathangelos (armenische Version) § 877; trans!.THOMSON, 411. Buzandaran Patmut‘iwnk‘ 3,21; transl. GARSOfAN, 98 (wo armenische Gesandte den Kaiserin ihrem Hi!feersuchen gegen die Sasaniden nach dem Tod Tirans 350 an die a!te A!!ianz erinnern), Sebos 68;trans!. THOMSON, 123 (Verwendung als Argument in G!aubensstreit). KETTENHOFEN, Tirdäd und dieInschrift von Paikuli, 106 — 111.2b Sebos 68; transl. THOMSON,7. STEIN, Studien, 38 —46. WHITBY, Emperor Maurice, 254 — 256.

65

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

Gebiet von Armenia prima, secunda und Helenopontus bis hin zum Iris. Über Satala und

Nikopolis marschierten die Sasaniden nach Sebasteia, das eingeäschert wurde; vor dem

byzantinischen Heer zogen sie sich nach Melitene zurück, das sie ebenfalls anzündeten.

Unweit der Stadt unterlagen sie dem Heer des Justinianos, Chosrau L flüchtete mit dem Rest

seiner Armee unter Verwtistungen durch das Gebiet der Satrapien nach Arzanene.216

577 erhielt Maurikios das Kommando im Osten und nahm Truppenaushebungen in

Kappadokien, Syrien und Anzitene vor; um Kitharizon bildete er die neuen Soldaten aus. Im

Jahr darauf eroberte er fast ganz Arzanene und ließ 10 000 Einwohner nach Zypern

deportieren.217 Arzanene blieb in den nächsten Jahren einer der Hauptschauplätze des

Kampfes, auch nach der Thronbesteigung des Maurikios 582.

589 gewannen die Byzantiner zum einen die Oberhoheit über Iberien und die Kontrolle über

Teile Persarmeniens, wo Johannes Mystakon 590 Dvin erneut belagerte, zum anderen übergab

der dux Sittas Martyrupolis an die Sasaniden.218 Entscheidend für den weiteren Verlauf des

Krieges wurde der Aufstand des sasanidischen Feldherrn Vahram gegen Hormizd IV; der

Großkönig wurde gestürtzt, Vahram bestieg den Thron und der Erbprinz Chosrau II. flüchtete

ins Imperium. Chosrau II. verhandelte mit Maurikios um militärische Unterstützung und bot

dafür nicht nur die Rückgabe von Martyropolis und Dara, sondern auch den Großteil

Persarmeniens und Iberiens mit Ausnahme der Hauptstädte Dvin beziehungsweise Tbilisi an.

Den byzantinischen Truppen, darunter ein Aufgebot der armenischen Adeligen unter

Johannes Mystakon und Muel Mamikonean, gelang die Rückführung Chosraus II. nach

Ktesiphon. Nach seiner Thronbesteigung 591 lieferte der Sasanide tatsächlich die

versprochenen Gebiete dem Imperium aus, das somit beinahe ganz Transkaukasien unter

seine Oberhoheit bringen konnte.219

216 Theophylaktos Sirnokattes 3, 12, 11 — 14, 11. Sebos 68; transl. THOMSON, 7. STEIN, Studien. 62— 67.WHITBY, Emperor Maurice, 263 — 265.217 Truppenaushebungen: Johannes von Ephesos, Historia Ecclesiastica 6, 14. STEIN, Studien, 70 — 72.WHITBY, Emperor Maurice, 268. Eroberung von Arzanene: Theophylaktos Simokattes 3, 15, 14— 15. Evagrios,Historia Ecclesiastica 5, 19. STEIN, Studien, 74 — 75. WHITBY, Emperor Maurice, 269.218 WHITBY, Emperor Maurice, 290. Mystakon vor Dvin: Sebos 74; trans!. THOMSON, 16. Martyrupo!is:

Theophylaktos Simokattes 3, 5, 11 — 13. WHITBY, Emperor Maurice, 289.219 Sebos 74—76 und 84; trans!. THOMSON, 15—23 und 28- 29. Theophylaktos Simokattes 4, 11, 1 — 11; 4,

13, 14 und 4, 15, 8 — 16. Narratio de rebus Armeniae § 94; ed. GARITT, 39. WHITBY, Emperor Maurice, 296

—300.

66

Page 71: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

3.2 Die byzantinische Herrschaft über Armenien unter Maurikios 591 — 602

3. 2. 1 Die neue Grenzziehung 591

Die genaueste Schilderung der 591 zwischen Byzanz und dem Sasanidenreich vereinbarten

Grenze bietet Sebos, während Theophylaktos Simokattes nur überliefert, dass Chosrau II.

zustimmte, neben Dara und Martyropolis auf Persarmenien zu verzichten. Sebos beschreibt

an zwei Stellen die territorialen Konzessionen der Sasaniden: Aruastan (das Gebiet um

Nisibis) bis Nisibis; in Armenien das Gebiet der tanuterakan Lanut ‘iwn (das Gebiet, in dem

die traditionelle armenischen tanuter - Adelsordnung vorherrschte) bis Ayrarat und Dvin

beziehungsweise dem Fluß Hurazdan (heute Razdan, türkisch Gangra; an ihm liegt die

heutige Hauptstadt Armeniens Erewan), Kotayk‘ bis Garni, das Gebiet bis zum See von

Bznunik‘ (Vansee) und Kogovit bis Hac‘iwn (südöstlich des Ararat unweit des Araxes) und

Maku (heute im Iran); in Iberien das Gebiet bis Tbilisi.220 Ergänzt werden können diese

Angaben durch die geographischen Beschreibungen des Aarhac‘oyc‘, dessen

Territorialgliederung Hewsen mit der byzantinischen Provinzeinteilung nach 591 verknüpft.

Die von den Byzantinern in Persannenien neugewonnenen Gebiete waren demnach mit den

im Marhac‘oyc‘ beschriebenen Regionen Tayk‘, Turuberan und dem Großteil von Ayrarat

ident. Die neue Ostgrenze folgte von der Nordwestecke des Sevansees dem Oberlauf des

Hurazdan (Razdan) nach Süden, schloß Kotayk‘, den Landstrich zwischen Hurazdan und Azat

(Garni9ay), der auch in der Narratio de rebus Armeniae als Grenzfluß genannt wird, ein und

verlief südlich des Araxes im Osten des Ararat nach Südwesten zum Vansee, den sie

zwischen Ar (türkisch Erci) und Berkri (Muradiye) erreichte. Dabei lag Hac‘iwn diesseits

und Maku jenseits der Grenze. Als Grenzpunkt sasanidischer Autorität im Tal des Araxes

scheint bei Sebos mehrmals Naavan auf 221

Für die Grenze südlich des Vansees und nördlich des Tigris gibt Sebos keine Angaben. Hier

kann das Werk des Georgios Kyprios aus der Zeit um 604 herangezogen werden; im Gebiet

an Euphrat, Arsanias und Tigris nennt er zwei Provinzen: die ‘Eitapüx MEoo7totcüa ‘6vw

‘ito A‘ ‘ApJlEvici mit dem Hauptort Amida, den Städten Martyrupolis und Dara und dem

ic2Jtci. Arzanene und die ‘E7tcLpüx A‘ ‘Apjivtuc ‘$2i mit dem Hauptort Dadimon, den

Orten Kitharizon und den 1c2ttcLtcL Sophene, Anzitene, Digesine, Garine, Balabitene, Palme,

220 Sebos 76 und 84; transl. THOMSON, 18 — 19 und 28 — 20 sowie Karte 3. Theophylaktos Simokattes 4, 13,24. GOUBERT, Byzance, 291 —293. GARSOlAN, Schisme dorient, 264—267.221 Aarhac‘oyc‘ 5, 22, 4 (Turuberan), 13 (Tayk‘) und 14 (Ayrarat); transl. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 63 und 65 — 70; 19, 62 A (Karte 15), 68 A (Karte 23), 69 (Karte 24), 162 — 167 und 210 — 220, besonders212. Narratio de rebus Armeniae § 104; ed. GARITTE, 40. HONIGMANN, Ostgrenze, 28 — 29. GOUBERT,Byzance, 293 —295. NaXaVafl: Sebos 87, 88 und 105; trans!. THOMSON, 32, 33 und 55 sowie Karte 3.

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Page 72: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Chorzanene, Asthianene und Muzuron (von Armenia interior).222 Hübschmann schloß daraus,

dass Martyrupolis und die Sophanene mit Teilen Obermesopotamiens um Amida und Dara

und der 591 hinzugewonnenen Arzanene zu einer Provinz Mesopotamia superior

beziehungsweise Armenia quarta zusammengeschlossen wurde, während die restlichen

Satrapien Teil der Armenia quarta altera blieben; diese Ansicht teilt auch Hewsen, da im

Aarhacoyc‘ Np‘rkert, die Region um Martyrupolis, ebenfalls Teil der Region Aljnik

(Arzanene) ist, während die übrigen Satrapien zusammen die Region Cop‘k‘ bilden. Die

Grenze hätte sich demnach vom Nymphios nach Osten bis zum Vansee verlagert.223 Dagegen

schreibt Honigmann die betreffenden Stellen bei Georgios Kyprios Basileios von Armenien

zu und weist daraufhin, dass sämtliche für die neue Provinz Armenia quarta und das iJl.tcL

Arzanene aufgelisteten castra entlang beziehungsweise im Hinterland der alten Grenze am

Nymphios zu suchen seien; lediglich Aphumon nordwestlich von Martyrupolis, das

Maurikios schon 578 eroberte, sei als Gebietsgewinn in Arzanene anzusehen. Von einer

Abtretung Arzanenes durch die Sasaniden sei keine Rede.224

Einen Hinweis zur Klärung dieser Frage bietet vielleicht Sebos: bis zum Fluß Jerm (Bohtan

— su), der Grenze zwischen Arzanene und Kordyene, verfolgten die kaiserlichen Truppen

unter Herakleios 595 armenische Aufständische um Samul Vahewuni ohne jegliches

Einschreiten oder Auftreten der sasanidischen Autoritäten. Tatsächlich scheint auch Arzanene

591 an die Byzantiner gefallen zu sein.225

3. 2. 2 Die neue Provinzordnung und die Besitzungen der wichtigsten Adeishäuser

Im 16. Buch seiner Geschichte Armeniens beschreibt Yovhanns Drasanakertc‘i im 10. Jh.

die Provinzgliederung der armenischen Gebiete nach 591; dabei vermengt er allerdings die

536 von Justinian 1. eingeführte Provinzeinteilung mit Maßnahmen des Maurikios. So hieß

die Armenia prima mit Sebasteia schon seit 536 Armenia secunda, blieb also 591 unverändert.

Die Bezeichnung von Cappadocia mit Kaisareia als Armenia secunda und ihre Umbennenung

in Armenia tertia ist ein Fehler in der Darstellung von Drasanakertc‘i. Eine Neuerung des

Maurikios stellte die Neubenennung der justinianischen Armenia tertia mit Melitene in

Armenia prima dar. Der Zusammenschluß von Pontus mit Trapezunt und Armenia interior mit

Theodosiupolis rührt wieder von Justinian 1. her, allerdings nennt Drasanakertc‘i diese

222 Georgios Kyprios, 905 —965; ed. HONIGMANN,. Zu den Gebieten der Satrapien: siehe 1. 2. 1. 1 und 1. 2. 1.3223 HÜBSCHMANN, Altarmenische Ortsnamen, 229 — 230. Aarhac‘oyc 5, 22, 2 (Cop‘ k‘) und 3 (Aljnik);transl. HEWSEN, Geography ofAnanias of Sirak, 59; 154 — 156 und 158 — 160. GOUBERT, Byzance, 297 —

298.224 HONIGMANN, Ostgrenze, 32—37 und Karte 1.22D Sebos 89; trans!. THOMSON, 84; zur Datierung der Rebellion: comm. HOWARD — JOHNSTON, 176.

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Page 73: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Provinz Armenia magna (mec Hayk‘; Armenia prima bezeichnete nun die Provinz von

Melitene). In ihrer räumlichen Ausdehnung blieben die Provinzen von Melitene, Sebasteia

und Armenia magna beinahe unverändert.226

Das Gebiet der Satrapien wurde, wie schon erwähnt, offenbar in zwei Provinzen neu

gegliedert: Anzitene, Garine, Sophene, Digesine, Balabitene, Ingilene, Palme, Chorzane und

Asthianene. ergänzt um die Landschaft Muzuron von Armenia interior, mit dem Hauptort

Dadimon bildeten die Armenia quarta altera, für die Drasanakertc‘i den Namen „Justiniana‘

(armenisch Yustinianunist) überliefert, wobei er Martyrupolis noch dazuzählt. Dieses aber und

die Sophanene wurden mit Amida (als Hauptstadt), Dara und der Arzanene zur Mesopotamia

superior beziehungsweise Armenia quarta vereint.227

Während das Aarhac‘oyc‘ für die Gebiete westlich des Euphrat aufgrund der Verwendung

veralteter Quellen keine Informationen über die Neuordnung des Maurikios liefert, können

seine Angaben über die regionale Gliederung Armenia majors mit der Schilderung des

Drasanakertc‘i verknüpft werden.228

Die Fürstentümer entlang des Arsanias zwischen der alten römisch — persischen Grenze im

Westen, dem Vansee im Osten, dem Tauros im Süden und den Palandöken daglari, den

akmak daglari und dem Aladag im Norden fassten die Byzantiner zur Armenia interior, dem

aarh Turuberan (,‚Mund des Taurus“, der wichtige Paß von Balaleisonl Bitlis) des

Aarhac‘oyc‘, zusammen. Das mächtigste Adelshaus stellten hier die Mamikonean dar, die

die Fürstentümer Tarawn am Arsanias um Mu, das nordwestlich davon gelegene Palunik‘,

Aramuni im Tal des Bingöl — su und Xoyt‘ um das heutige Huyut als Erbe des

Patriarchenhauses seit 438 beherrschten. Bedeutsam waren weiters die Varanuni, deren

Fürstentum am heutigen Hirns lag, die Xororuni, die am Vansee um Arck (heute Adilcevaz)

begütert waren, die nördlich davon sitzenden Apahuni um Manazkert/ Mantzikert und die

Gnuni in Aliovit mit dem Hauptort Ar.229

Das Gebiet von Tayk‘ organisierten die Byzantiner nach Drasanakertc‘i als Provinz Arrnenia

profunda (Xoragoyn Hayk‘). Das Tayk‘ des Aarhac‘oyc‘ vereinte das eigentliche

226 Yovhanns Drasanakertc‘i 16, 43 — 46; transl. MAKSOUDIAN, 94. GOUBERT, Byzance, 295 — 296.HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 19 und Karte 4.227 Georgios Kyprios 904 — 965. Yovhanns Drasanakertc‘i 16, 47; transl. MAKSOUDIAN, 94.HCJBSCHMANN, Altarmenische Ortsnamen, 229 — 230. In der Novella Justiniani 8 (535) wird ebenfalls eineProvinz Nova Justiniana erwähnt, die JONES, Later Roman Empire, 1458 — 1459 mit Anmerkung 11 als dasGebiet der Satrapien identifiziert. Zur Provinzgliederung siehe auch 3. 2. 1.228 HEWSEN, Geography ofAnanias ofSirak, 19 und 100. GOUBERT, Byzance, 297.229 Aarhac‘oyc‘ 5, 22, 4; transl. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 63, 62 A (Karte 15) und 162— 167.GOUBERT, Byzance, 297. GARSOfAN, Epic Histories, 374 - 375 (Gnuni), 385 (Mamikonean in Taron), 429(Xororuni) und 444 (Apahuni)

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Fürstentum Tayk‘, das aus den gawark‘ Arseac‘p‘or am oruh (um das heutige Yusufeli),

Ok‘ale und Azordac‘p‘or am Tortum ay und akk‘ am Zusammenfluß von Oltu ay und

oruh bestand, mit dem Fürstentum Bola am Oltu ay, Penek ay und Bardiz ay und dem

Fürstentum Kol im Quellgebiet der Kura. Das eigentliche Tayk‘ war in der Hand der

Marnikonean; aber auch die Bagratunik‘, die im 8. Jh. das Gebiet erwarben, müssen schon zur

Zeit des Sebos über Rückhalt in der Region verfügt haben.23°

Die Zentralgebiete Armeniens nördlich von Turuberan entlang der Araxes und des Aurean

(Arpa ay) mit der Hauptstadt Dvin werden im Aarhac‘oyc‘ zur Region Ayrarat

zusammengefasst. Drasanakertc‘i lokalisiert hier die Provinz Armenia inferior (Storin

Hayk‘). Quer durch Ayrarat verlief die byzantinisch — persische Grenze entlang des Hurazdan,

Azat und Araxes; die gawark‘ Mazaz, Ostan Hayoc‘ (das Gebiet um die Hauptstädte Dvin

und Artaat), Urcajor, Arac und arur lagen im sasanidischen Teil von Ayrarat. An wichtigen

Adelshäusern sind wieder die Mamikonean in Bagrewand am Obenauf des Arsanias in der

Ebene von Elekirt und die Bagratunik‘ in Kogovit (westlich des Ararat um Dogubayazit) und

in Calkotn nördlich des Aladag zu nennen. Beiderseits und nördlich des Araxes beherrschten

Zweige des Hauses der Kamsarakan die Gebiete von Hawnunik‘, Abeleank‘, Ararunik‘ und

Gabeleank‘ sowie die Fürstentümer von irak entlang des Aurean mit der späteren

Hauptstadt Ani und dem heutigen Gumayri sowie vielleicht von Vanand mit Kars. In irak

war auch das nach dem Kaiser benannte Mawrikapawlis/Maurikopolis/irakavan zu finden.

Die Gnt‘uni saßen in Nig um das heutige Aparan. Daneben waren die Gebiete von Aragacotn

(um den Berg Aragaz), iakatk‘ (um Tuzluca), Maseac‘otn (östlich des Ararat) und Kotayk‘

unter sasanidischer Herrschaft vom marzban direkt verwaltet worden. Diese gawark‘ wurden

vielleicht nach 591 und erneut nach 630 auch direkt dem Imperium unterstellt; zumindest

schenkte Herakleios später Katholikos Ezr die Salzminen von Kolb (Tuzluca) in akatk‘, die

vorher in kaiserlichen Besitz gelangt sein müssen.231

Unter sasanidischer Oberhoheit blieben die Fürstentümer von Siwnik‘ südöstlich des

Sevansees und von Mokk‘ sowie das Vaspurakan gund, zu dem die Perser die zwischen

Mokk‘ und Siwnik‘ liegenden Gebiete zusammenschlossen. Der Name (nach Hübschmann in

der Bedeutung „auserwählte Freunde des Königs“) lässt auf eine Sonderbindung dieser

230 Yovhanns Drasanakertc‘i 16, 50; trans!. MAKSOUDIAN, 94. GOUBERT, Byzance, 297. Aarhac‘oyc‘ 5,22, 13; transl. HEWSEN, Geography of Ananias of irak, 65, 68 A (Karte 23) und 204 - 210.BAUMGARTNER, Studien zur historischen Geographie, Karte 1 und Karte III. GARSOTAN, Epic Histories,493 - 494. Sebos 144; trans!. THOMSON, 108: F!ucht des Varaztiroc‘ Bagratuni nach Tayk‘, wo er von derBevö!kerung freundlich empfangen wird.231 Yovhanns Drasanakertc‘i 16, 50; trans!. MAKSOUDIAN, 94. GOUBERT, Byzance, 297. Aarhac‘oyc‘ 5,22, 14; transl. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 65— 70, 69 (Karte 24) und 211 —220. GARSOlAN,

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Gebiete an die sasanidische Krone schließen, die auch die bei Sebos erwähnte Präsenz eines

persischen Finanzverwalters (bei Sebos „auditor“, persisch harnarakar) als Repräsentant des

Großkönigs in Persarmenien neben dem Gouverneur in Dvin nahe legt.232

3. 2. 3 Die byzantinische Verwaltung in Armenien unter Maurikios

Die bei Drasanakertc‘i überlieferte Provinzeinteilung lässt die Einrichtung einer

Zivilverwaltung für die in Persarmenien neu gewonnenen Gebiete vermuten. Doch erwähnt

Sebos als Hauptquelle für die byzantinische Herrschaft über Armenien unter Maurikios keine

Institution einer byzantinischen Provinzialverwaltung. Als einziger ziviler Funktionär ist in

dieser Zeit ein korator (curator) genannt, dessen Ermordung an einem Kurort nahe

Theodosiupolis mehrere aufständische Adelige planen. Zu denken ist an einen curator domus

divinae, einen Verwalter kaiserlichen Privatbesitzes. Sein Kompetenzbereich ist nicht

erwähnt; um Theodosiupolis findet sich schon zur Zeit Theodosius II. kaiserlicher

Grundbesitz.233

Prominent sind bei Sebos hingegen die Vertreter des Militärs, vor allem der magister

militum per Armeniam. Johannes Mystakon operierte seit 589 in Armenien; er sammelte 590

die Kontingente des armenischen Adels für den Feldzug zur Einsetzung Chosraus II. Der

sparapet des armenischen Heeres, Muel Mamikonean, erkannte ihn als Vorgesetzten an.234

Auch Herakleios war als magister militum per Armeniam in den neugewonnenen Gebieten

präsent und bekämpfte 595 die Rebellen um Samul Vahewuni in Kooperation mit den

Sasaniden, wobei er auf die Mithilfe eines Mamikonean, diesmal des Hamazasp, zählen

konnte.235 Gegen den aufständischen Atat Xororuni ging ein stratelat vor, worunter man den

magister militum per Armeniam verstehen kann.236 Der magister militum per Anneniam

Epic Histories, 382 (Kamsarakan), 452 - 453 (Bagrewand) und 471 - 472 (Kogovit). Salzminen von Kolb:Sebos 132; transl. THOMSON, 91 und Anmerkung 565.232 Vaspurakan: Sebos 84; trans!. THOMSON, 28. Aiarhac‘oyc‘ 5, 22, 8; transl. HEWSEN, Geography ofAnanias ofirak, 63— 65, 66 (Karte 18) und 179— 189. HÜBSCHMANN, Armenische Grammatik, 80. auditor:Sebos 87 - 88; transl. THOMSON, 32 — 33 und Anmerkung 206. Gouverneure in Dvin: Sebos 105; trans!.THOMSON, 56.233 Sebos 89; trans!. THOMSON, 34; comm. HOWARD - JOHNSTON, 177 und 319. curator domus divinae:JONES, Later Roman Empire, 407 und 426. Kaiserliche Besitz um Theodosiupolis: Novella Theodosiani 5, 3(441).234 Sebos 74, 77 und 82; trans!. THOMSON, 16, 19 — 20 und 25 — 26. Theophanes A.M. 6081. JohannesMystakon: PLRE III A, Ioannes Mystacon Nr. 101, 679 — 681.235 Sebos 89; trans!. THOMSON, 33 — 35.236 Sebos 105; trans!. THOMSON, 55 und Anmerkung 347. GOUBERT, Byzance, 207. Die dort geäußerteVermutung, der erwähnte stratelat sei der bei Sebos 77 genannte Nerses stratelat, Kommandant in Syrien,scheint wenig wahrschein!ich. Bei Sebos tritt als mi!itärischer Hauptakteur in Armenien zur Zeit des Maurikiosstets der magister militum per Armeniam auf.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. ih.)

scheint in seiner Stellung für Sebos dem persischen marzpan in Dvin vergleichbar; beide

bezeichnet er als sahmanakal (,‚Verwalter der Grenze“).237

Der Kompetenzbereich des magister militum per Arrneniam wurde also auf die neuen

armenischen Gebiete ausgedehnt; als oberster militärischer Befehlshaber hatte er die

mächtigste Position unter den Vertretern des Imperiums inne. Neben der militärischen

Kooperation mit armenischen Adeligen, vor allem den Mamikonean, stützte sich der magister

militum auf reguläre Truppen, auf deren Stationierung im ehemaligen Persarmenien aus

Sebos geschlossen werden kann. Einen Hinweis darauf liefert in der Autobiographie des

Anania irakac‘i die Darstellung der militärischen Laufbahn des Tychikos, der unter Johannes

Mystakon in Armenien diente und sogar die armenische Sprache in Wort und Schrift erlernte.

Armenier waren auch in den regulären Einheiten zu finden, T‘odos Xororuni kommandierte

als General eine byzantinische Armee in Armenien unter Phokas. 238

Der Amtssitz des magister militum blieb Karinl Theodosiupolis, das auch ffir die Gebiete

jenseits der alten persarmenischen Grenze zum wichtigen Zentrum wurde: aufständische

Adelige wurden nach Theodosiupolis geführt und hingerichtet; nach der von Maurikios

erzwungenen Kirchenunion und der Spaltung des Katholikosats brachten Unionsanhänger die

liturgischen Gefäße der St. Gregors—Kathedrale aus Dvin zur Verwahrung nach

Theodosiupolis. Das von Hewsen als Zentrum für das vergrößterte Römisch — Armenien

vermutete Maurikopolis/irakavan findet bei Sebos später in den Kriegen unter Phokas mit

seinem armenischen Namen als Truppensammelort für die Byzantiner Erwähnung; von einer

administrativen Funktion ist nichts erwähnt.239

237 Sebos 105; trans!. THOMSON, 56 mit Anmerkung 354; comm. HOWARI) — JOITNSTON, 190 und 321.Sebos nennt als sahinanakal in Römisch — Armenien Johannes Mystakon, Herakleios und Sormn/ Suren.Suren: PLRE III B, Suren, 1208. Suren scheint auch im Buch der Briefe, 90 als stratelat und Hayoc‘ zöravar(Feldherr von Armenien) auf. sahmanakal. GARSOrAN, Epic Histories, 556.238 Sebäos 105; transl. THOMSON, 55: Atat Xororuni muß auf seiner Flucht quer durch Kleinasien undRömisch — Armenien bis Naavan mehrmals den Garnisonen verschiedener Städte gegenübertreten. Sebos 108- 109; trans!. THOMSON, 59—61: Römische Truppen sammeln sich aus ihren Garnisonsorten in Armenien, umden sasanidischen Heeren gegenüberzutreten. Eines ihrer Lager nahe jmiacin wird als Horomoc‘ marg (,‚Wieseder Römer“) bezeichnet. Tychikos: BERBERIAN, Autobiographie d‘ Anania irakac‘i, 192 — 193. LEMERLE,Autobiographie d‘Anania de Shirak, 196 — 202. T‘odos XorXoruni: Sebos 109; transl. THOMSON, 60 — 61.GOUBERT, Byzance, 207, geht davon aus, dass die Mehrzahl der in Armenien stationierten Truppen Armenierwaren.239 Hinrichtung in Theodosiupolis: Sebos 89; transl. THOMSON, 35. Liturgische Gefäße und Kirchenunion:Sebos 91; transl. THOMSON, 37. GARSOrAN, Schisme d‘orient, 267 — 274 (auch mit der bei Movss

DasXuranci 2, 46 überlieferten Version, dass Bischof Theodoros von Theodosiupolis die treibende Kraft hinterder erzwungenen Union war). Maurikopolis: HEWSEN, Armenian Geography, 215. Sebos 108; transl.THOMSON, 59.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

3. 2. 4 Die Verlegung armenischer Kontingente auf die Balkanhalbinsel

Mit dem Erwerb der Kontrolle über den Großteil Persarmeniens wurde das Problem der

Einbindung der armenischen Adelshäuser in die byzantinische Herrschaftsordnung wieder

aktuell; Sebos bezeichnet ja die von Chosrau II. abgetretenen Regionen als Gebiete der

tanuterakan iXanut ‘iwn. Die einschneidenste Maßnahme der byzantinischen Verwaltung in

Armenien war die Anwerbung und Rekrutierung von Truppen für den Krieg gegen die

Awaren und Slawen auf der Balkanhalbinsel.

Schon 589 (nach der Datierung von Whitby), als die Byzantiner unter Johannes Mystakon in

Persarmenien Fuß fassen konnten, wurden die ersten Adeligen und ihr Gefolge für den Krieg

in Thrakien angeworben. Bis zum letzten Jahr der Regierung des Maurikios, in dem der

Kaiser die Verlegung von 30 000 Reitern und 30 000 Familien angeordnet haben soll, zogen

armenische Soldaten nach Europa. Sebos vermutete im Rückblick einen verschwörerischen

Plan des Maunkios zur Vernichtung des armenischen Adels und Volkes hinter den

Rekrutierungen und baute in seinem Geschichtswerk einen fiktiven Brief des Kaisers an

Chosrau II. ein, in dem die Deportation der gesamten armenischen Adelsstreitmacht

vereinbart werden sollte.24° Die Rekrutierung von Soldaten und Bevölkerung war aber

tatsächlich eines der wichtigsten Motive der byzantinischen Bemühungen um die Gewinnung

der Kontrolle über armenischen Gebiete. 578 siedelte Maurikios 10 000 Menschen aus

Arzanene nach Zypern um. Menander Protektor überliefert das Angebot des Tiberios an

Chosrau 1., die sasanidische Oberhoheit über Iberien und Armenien anzuerkennen, wenn der

christlichen Bevölkerung die Auswanderung gestattet werde.24‘

Bei der ersten Anwerbung von Truppen 589 rekrutierte man nach Sebos 2000 Reiter; als

Kommandanten je einer Hälfte der Soldaten fungierten Sahak Mamikonean und Smbat

Bagratuni. Als die Abteilung des letzteren in Xaltik‘ im Hinterland von Trapezunt rebellierte,

gelang es den Vertretern des Kaisers, die Soldaten durch Geschenke wieder zum Gehorsam zu

bringen, während Smbat die Rückkehr in die Heimat erlaubt wurde. In Europa angekommen

240 Anwerbung 589 und Aufstand des Smbat Bagratuni: Sebos 91 - 92; transl. THOMSON, 38 — 39; comm.HOWARD — JOHNSTON, 178 - 179. Theophylaktos Simokattes 3, 8, 4 — 8. WHITBY, Emperor Maurice, 291,datiert in das Jahr 589. Brief des Maurikios an Chosrau II: Sebos 86; trans!. THOMSON, 31; comm. HOWARD— JOHNSTON, 176. DITTEN, Ethnische Verschiebungen, 129. CHARANIS, Ethnic Changes, 30. CHARANIS,Armenians in the Byzantine Empire, 198 — 199.241 Umsiedlung aus Arzanene: Theophylaktos Simokattes 3, 15, 15. STEII‘J, Studien, 74 — 75. DITTEN,Ethnische Verschiebungen, 124 — 125. CHARANIS, Armenians in the Byzantine Empire, 198. Angebot desTiberios: Menander Protektor, 47; ed. MÜLLER, 249: „...‘et ye ‘z6sta ‘aotto toi; f3ouXovouflcp&ip!lcvio)v TC KcLt ‘1J3ijpwv, trV rnpetpav ‘EKXUtövTCL;, ‘cLvacnceu cu3Ocu ‘e nV ‘PQNIaiO)v.“ DITTEN,Ethnische Verschiebungen, 126. STEIN, Studien, 73 und 127 — 128, sowie GOUBERT, Byzance, 216 — 217,sehen den Bedarf an armenischen Truppen als einen Hauptgrund des Krieges um Armenien 572 — 591.

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Page 78: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

wurden sie ausgerüstet und auf den thrakischen Kriegsschauplatz verlegt.242 In diesem Fall

fungierten zwar Vertreter des armenischen Adels als Kommandanten, doch erfolgte die

Anwerbung der Soldaten vorher offenbar durch Vertreter des Imperiums ohne direkten

Rückgriff auf die Gefolgschaftsstrukturen der armenischen naxarare.

Für den Krieg gegen Vahrarn 590 hingegen wurden die Kontingente der einzelnen Adeligen

(gund) gemäß ihrem Banner (draws) im Rahmen der armenischen Adelsordnung mobilisiert,

15 000 Reiter in voller Ausrüstung, wie Sebos schreibt. Muel Mamikonean, Inhaber des

erblichen Amtes des sparapet, nahm als prominentester Teilnehmer mit seinem gund von

2000 Mann, azat (Freie, die als Reiter Heerfolge leisteten) und anazat (Unfreie), am Feldzug

teil. Dabei erkannte er den Oberbefehl des magister militum Johannes Mystakon an.243

Nach dem Sieg im Osten verlegte Maurikios viele reguläre Truppen nach Thrakien. Erneut

ließ er auch in Armenien Soldaten anwerben. Dabei unterscheidet Sebos zwischen den ixans

naxarac‘ (den Anführern der Adels) und ihren Kontingenten und anderen angeworbenen

Truppen, die als kamov (“willig“ - wohl Freiwillige) rekrutiert und mit Waffen ausgerüstet

wurden. Neben Adeligen und ihrem gund warb man also auch Freiwillige in der armenischen

Bevölkerung für die Armee des Kaisers an. Als Kommandant dieser Einheiten wurde der

bewährte Muel Mamikonean eingesetzt. Über die Teilnahme der armenischen Truppen an

den Feldzügen gegen Awaren und Slawen, die Howard — Johnston in die Jahre 593 bis 598

datiert, informiert nur Sebos; viele armenische Adelige und Soldaten, darunter auch Muel

Mamikonean, fielen.244

Weitere naxarare folgten; 595 unterwarf sich einer der Verschwörer um Samul Vahewuni,

Atat Xororuni, dem Kaiser, wurde in Konstantinopel ehrenvoll empfangen und dann nach

Thrakien gesandt. Später zeichnete ihn der Kaiser mit dem Titel eines Patrikios aus. Bei

Ehrungen und Gunsterweisen an die Adeligen hatten die Byzantiner mit Chosrau II. zu

konkurrieren, der durch seinen auditor in Vaspurakan mit Geldmitteln versuchte, im

persischen Teil, aber auch zum Übertritt aus dem römischen Teil bereite naxarare

anzuwerben.245

242 Sebos 91 - 92; transl. THOMSON, 38 — 39; comm. HOWARD — JOHNSTON, 178 - 179. GOUBERT,Byzance, 200. DITTEN, Ethnische Verschiebungen, 132. CHARANIS, Ethnic Changes, 33. CHARANIS,Armenians in the Byzantine Empire, 201.243 Sebos 77 und 81 - 82; transl. THOMSON, 20 und 25 - 26; comm. HOWARD — JOHNSTON, 172 - 174.244 Sebos 90; transl. THOMSON, 36; comm. HOWARD — JOHNSTON, 178. DITTEN, EthnischeVerschiebungen, 130 — 131. CHARANIS, Ethnic Changes, 32 — 33. CHARANIS, Armenians in the ByzantineEmpire, 201.24 Sebos 88 und 104; transl. THOMSON, 34 und 55; comm. HOWARD — JOIINSTON, 176 und 189.GOUBERT, Byzance, 204. Anwerbung durch die Sasaniden: Sebos 87 — 88 und 94; transl. THOMSON, 32 —

34 und 40 -41; comm. HOWARD — JOHNSTON, 177.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

In das letzte Regierungsjahr des Maurikios gehört der Plan, 30 000 Reiter und 30 000

Haushalte (erdawor) aus Armenien nach Europa zu verpflanzen. Nach Sebos forderte der

Kaiser die Reiter als Abgabe (vzenakal) von Armenien. Die Stellung der 30 000 Reiter als

Tribut fußte auf zwei rechtliche Grundlagen. Als Provinzen des Imperiums konnte den

armenischen Gebieten die Stellung einer Anzahl von Rekruten (tirones) wie eine Steuer

vorgeschrieben werden. Aber auch föderierten Völkern wurde als Zeichen der Anerkennung

der römischen Oberhoheit die Bereitschaft, dem Kaiser Soldaten zu stellen (tirocinium),

abverlangt. Diese Einheiten durften unter eigenen Anführern, die in der Regel einen

Offiziersrang im römischen Heer erhielten, Dienst tun. Für diese Einheiten bürgerte sich im 6.

Jh. die Bezeichnung a tjicyo ein, während poipcito nun reguläre Einheiten der Feldarmee

bezeichnete, in denen weiter vor allem Barbaren dienten, aber römischen Offizieren

unterstanden. Als cn5qicirn konnten naxarare samt ihrem gund in das Heer eingegliedert

werden, einzelne Armenier konnten für die poi.&pcitot angeworben werden. Hinzu kam

offenbar die Vorschreibung einer bestimmten Anzahl von Rekruten. Da der Umsiedlungsplan

nach 602 nicht ausgeführt wurde, bleibt der Hintergrund der Verknüpfung der Aushebung mit

der Umsiedlung von 30 000 Haushalten unklar. Priskos wurde zur Organisation der

Umsiedlung nach Armenien gesandt, kehrte aber auf die Nachricht von den Unruhen in

Konstantinopel 602 um. Die Ergänzung der demographischen Ausfälle in den durch Pest

sowie durch Awaren — und Slaweneinfälle verwüsteten Balkangebieten war nach der

Stabilisierung der Donaugrenze ein wichtiges Anliegen des Imperiums. In welcher Form die

Ansiedlung erfolgen sollte und ob eine Verbindung zwischen den Soldaten und den einzelnen

Haushalten bestand, ist aus der Quelle nicht zu erschließen.246

Während Teile des armenischen Adels mit der neuen Oberherrschaft kooperierten, reagierten

andere, darunter Angehörige der selben Familien, mit Rebellion. Neben den

Rekrutierungskarnpagnen war die zweite markante Maßnahme der kaiserlichen Herrschaft die

Wiederherstellung der Kirchenunion, die zu einem Schisma innerhalb der armenischen Kirche

und einer Doppelbesetzung des Throns des Katholikos führte.247

Sowohl die erste Rebellion um Smbat Bagratuni 589 (nach den ersten Verlegungen nach

Europa) als auch der Aufstand um Samul Vahewuni 594/595 hatten nach Sebos die

246 Sebos 105; transl. THOMSON, 56; comm. HOWARD — JOHNSTON, 190 - 191. GOUBERT, Byzance, 209- 210. DITTEN, Ethnische Verschiebungen, 134. CHARANIS, Ethnic Changes, 33 und Armenians in theByzantine Empire, 202, vermutet, die Verbindung der Anzahl der Reiter mit jener der Haushalte gehe auf diebeabsichtigte Etablierung von Soldatengütern in Thrakien zurück. Rekrutierungsformen, rnt,1cLxot undpolpcLtot: JONES, Later Roman Empire, 615 — 616 und 663 - 667. HALDON, Warfare, State and Society, 120

— 122. KARAYANNOPOULOS, Themenordnung, 38—44.247 Auch Mamak aus dem Haus der sonst sehr kooperativen Mamikonean gehörte zu den Aufständischen: Sebos87; transl. THOMSON, 32. Kirchenunion: Sebos 91; trans!. THOMSON, 37. GOUBERT, Byzance, 211 -214

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Abschüttelung der byzantinischen bzw. sasanidischen Oberherrschaft und die Wiederrichtung

eines geeinten armenischen Reiches zum Ziel. Allerdings ließ die Uneinigkeit innerhalb der

Gruppen diese Pläne scheitern. Beim Aufstand von 589 nennt Sebos die Verlegung

zahlreicher Armenier nach Thrakien als ein Hauptmotiv. An anderer Stelle schreibt er, dass

die Rekrutierungen eine Fluchtbewegung in den persischen Teil auslösten.248

Insgesamt prägten militärische Anforderungen die Jahre byzantinischer Herrschaft über den

Großteil Armeniens unter Maurikios. Wenn auch die Umrisse einer Provinzialgliederung

überliefert sind, so finden sich doch kaum Hinweise auf ein ausgeprägtes ziviles provinziales

Regime in den neuerworbenen Gebieten. Von der Präsenz des magister militum per

Armeniam und seiner Truppen abgesehen veränderte sich die Stellung der naxarare in

Armenien gegenüber der Zeit der persischen Oberhoheit innerhalb der kurzen Zeit

byzantinischer Kontrolle kaum.249

3. 3 Die armenischen Gebiete unter Phokas und Herakleios bis zu den ersten Einfällen

der Araber

3. 3. 1 Die Eroberung Armeniens durch die Sasaniden 602 — 610

Der Sturz des Maurikios gab Chosrau II. die Gelegenheit, die territorialen Konzessionen an

das Imperium von 591 rückgängig zu machen. Er trat dabei als Rächer seines toten Gönners

auf und präsentierte Theodosios, den angeblich der Ermordung seiner Familie entkommenen

Sohn des Maurikios, als legitimen Thronerben. Die Verteidigungsbereitschaft an der

Ostgrenze wurde durch die inneren Unruhen geschwächt. Narses in Mesopotamien empörte

sich gegen Phokas und verschanzte sich in Edessa. Schon 603 zog Chosrau II. gegen Dara,

das 604 fiel. In den folgenden Jahren bis 610 eroberten die Sasaniden das ganze byzantinische

Mesopotamien, überschritten aber vorerst den Euphrat nicht. Phokas schloss mit den Awaren

einen Waffenstillstand und entsandte Truppen nach Osten.250

248 Aufstand 589: Sebos 92; transl. THOMSON, 38 - 39. Theophylaktos Simokattes 3,8, 4 — 8. Aufstand 595:Sebos 87; transl. THOMSON, 32. Flucht zu den Sasaniden: Sebos 87; transl. THOMSON, 31. VEH, Phokas,7, meint, dass die Armenier auch im thrakischen Heer einen Unruhefaktor bildeten und dies eine Ursache dermehrmaligen Meutereien an der Donaufront sei, die letztlich zum Sturz der Maurikios führten. Ebenso auchKAEGI, Byzantine Military Unrest, 103.249 HONIGMANN, Ostgrenze, 29, ist der Ansicht, dass das römische Interessensgebiet in Armenien dem Reichnicht als Provinz einverleibt wurde, sondern unter der Kontrolle seiner fast unabhängigen Fürsten blieb.250 Theodosios: Theophanes A.M. 6095. Sebos 106; transl. THOMSON, 57. VEH, Phokas, 13. Narses undDara: Theophanes AM. 6096 — 6098. Sebos 106 - 107; transl. THOMSON, 57 — 58. VEH, Phokas, 14 — 15.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

Noch während der Belagerung von Dara unternahmen die Perser den ersten Vorstoß nach

Armenien. Der Feldherr Juan Veh sammelte in Persarmenien Truppen und überwinterte in

Dvin. Im Frühjahr 604 marschierte er nach Westen. Die byzantinische Armee, die sich in

Elevard bei jmiacin, also unweit der Grenze, sammelte, konnte die Sasaniden besiegen, Juan

Veh fiel in der Sch1acht.25

mi selben Jahr sandte Chosrau II. erneut ein Heer unter Datoyean nach Armenien.

Mittlerweile hatten die Unruhen im Inneren des Imperiums die militärische Stärke der

Byzantiner in Armenien geschwächt, wie Sebos schreibt. Sie bezogen bei irakavan in irak

Stellung, um einiges weiter westlich als im Frühjahr. Von irakavan zogen sie sich nach

Süden zum Dorf Gegik unweit des Zusammenflusses von Aurean und Araxes zurück. Dort

stellten die Perser die Byzantiner zur Schlacht und fügten ihnen eine Niederlage zu. Nach der

Schlacht zogen die Sasaniden nach Atrpatakan ab und verschleppten dabei die Bevölkerung

von 33 Dörfern, die sich in die nahe Festung Erginay geflüchtet hatte.252

Trotz des Rückzuges der Perser verloren die Byzantiner offenbar in den Grenzgebieten zu

Persarmenien an Boden. Im folgenden Jahr 605 sammelte sich eine Anriee unter dem

Armenier T‘odos Xororuni in Calkotn nördlich des Aladag bei den Quellen des Arsanias,

um den Vormarsch der Sasaniden unter Senitam Chosrau aufzuhalten. Nachdem

Verhandlungen gescheitert waren, fügten die Sasaniden dem Heer unter Xororuni eine

Niederlage zu; dieser zog sich daraufhin in die Festung AngT zurück. Kurz danach ergab er

sich den Persern und gelangte an den Hof des Großkönigs, wo er freundlich empfangen

wurde. Angl erhielt eine sasanidischen Besatzung. Im selben Jahr besiegte Senitam Chosrau

eine weitere byzantinische Armee in Basean nahe der alten Grenze östlich von

Theodosiupolis. Neben Angl wurden auch Erginay am Aurean und Gaylatuk‘ in Kogovit

besetzt, somit kontrollierten die Perser ab 605 den Großteil von Ayrarat. Mit dem Rückzug

byzantinischer Truppen endete auch die byzantinische Oberhoheit.253

607 erneuerten die Sasaniden unter dem Feldherrn Atat Yestayar ihre Offensive und

besiegten die Byzantiner bei Du und Ordru in Basean wenig östlich von Theodosiupolis. Nach

der Verfolgung der Byzantiner bis Satala zog Mtat Yestayar mit dem Thronprätendenten

Theodosios vor Theodosiupolis, wo die führenden Männer der Stadt die Tore öffneten. Zum

STRATOS, 64. Datierung: FLUSIN, St. Anastase Bd. 2, 67 — 74 und 81. Waffenstillstand mit Awaren:Theophanes A.M. 6096. VEH, Phokas, 14.251 Sebos 107 - 108; transl. THOMSON, 59; comm. HOWARD — JOHNSTON, 199. FLUSIN, St. Anastase Bd.2, 79. STRATOS, Seventh Century, 62 — 63.252 Sebos 108 - 109; transl. THOMSON, 59 - 60; comm. HOWARD — JOHNSTON, 199. FLUSIN, St. AnastaseBd. 2, 79 - 80.253 Sebos 109 - 110; transl. THOMSON, 60- 62; comm. HOWARD — JOHNSTON, 199 -201. FLUSIN, St.Anastase Bd. 2, 80. STRATOS, Seventh Century, 63.

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Page 82: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

zweiten Mal nach 502 erhielt die Stadt eine persische Besatzung. In der Folge eroberten die

Sasaniden Kitharizon in Asthianene, Satala und Nikopolis und fügten so der byzantinischen

Grenzverteidigung schwere Schläge zu.254

Dennoch leisteten die Byzantiner weiter Widerstand und stellten sich 608 erneut in der

Gegend von Theodosiupolis zur Schlacht, wo sie aber der Feldherr ahn besiegte. Im

folgenden Jahr erhielt ahn den Befehl, die Bevölkerung von Theodosiupolis und dessen

Umland nach Medien zu deportieren.255 Offenbar waren sich die Perser des Besitzes der Stadt

nicht sicher und wollten auf diese Weise die Verteidigungskraft der Byzantiner dauerhaft

schwächen.

Doch ließ der Bürgerkrieg zwischen Herakleios und Phokas 610 die byzantinische

Verteidigung schließlich zusammenbrechen. Im Süden überschritten die Sasaniden den

Euphrat, während ahn 611 nach Kaisareia in Kappadokien vorstieß und die Stadt

eroberte.256

Die erneute persische Herrschaft über Armenien wird bei Sebos nicht negativ beschrieben.

Sie ermöglichte die Wiederherstellung der Einheit der armenischen Kirche in einem Konzil in

Dvin 607 (wo auch bereits Bischöfe aus dem unter seit 591 unter byzantinischer Oberhoheit

stehenden Teil Armeniens teilnahmen). Die Kirche erhielt vom Großkönig Vergünstigungen

(Sebos erwähnt die Erneuerung und den Neubau einiger Kirchen). Dies ist vor allem auf die

Tätigkeit des Smbat Bagratuni, von Chosrau II. mit dem Ehrentitel Xosrov um (,‚Chosraus

Freude“) ausgezeichnet, zurückzuführen. Nach seinen Erfolgen bei der Grenzverteidigung im

Osten des Sasanidenreiches, wo auch armenische Adelige kämpften, stieg er zu einer der

mächtigsten Persönlichkeiten am Hof des Großkönigs auf und setzte sich bis zu seinem Tod

616/617 für die christlichen Untertanen ein.257

3. 3. 2 Armenien und Armenier in den Kriegen des Herakleios gegen Chosrau II.

Nach dem Sturz des Phokas, so berichtet die Vita des Theodoros von Sykeon, erhob sich sein

Bruder Komentiolos, der mit seinem Heer 610/611 nach der Rückkehr von der Ostgrenze im

Winterquartier in Ankyra lag, gegen Herakleios. Einer der Offiziere aber, der 7tci.tpi1ci.o uv

254 Sebos 110 - 111; transl. THOMSON, 63; comm. HOWARD — JOHNSTON, 201 - 202. Narratio de rebusArrneniae § 112 — 115; ed. GARITTE, 41 —42. FLUSIN, St. Anastase Bd. 2, 80. FOSS, Persians in Asia Minor,722.255 Sebos 111 - 112; transl. THOMSON, 63 - 62; comm. HOWARD — JOHNSTON, 202.256 Theophanes A. M. 6103. Sebos 112; transl. THOMSON, 63 - 62; comm. HOWARD — JOI-fNSTON, 202.FOSS, Persians in Asia Minor, 722 —723. FLUS1N, St. Anastase Bd. 2, 81,257 Sebos 96— 104 und 149; transl. THOMSON, 43—54 und 115; comm. HOWARD — JOHNSTON, 179— 189.Konzil in Dvin 607: GARSO1AN, Schisme d‘orient, 274—281 (mit Quellen) und 506 -509.

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Page 83: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

‘ApllEvkov Justinos, tötete Komentiolos und beendete so die Rebellion. Der Titel des patricius

stand ursprünglich nur consules, praefecti, magistri militum oder magistri officiorum zu,

konnte aber seit Justinian auch an alle Personen im Rang eines vir illustris vergeben werden.

Aufgrund der Bezeichnung als patricius der Armenier kann vermutet werden, dass Justinos

das Amt eines magister militum per Armeniam bekleidete. Demnach war das armenische

Kommando nach dem Verlust seiner Basis in Theodosiupolis nach Westen gewandert.258

Ein armenischer Adeliger im Dienst der kaiserlichen Armee, Vasak Arcruni, fiel bei der

Eroberung von Kaisareia 611 den Sasaniden in die Hände; Vasak, der den Persern viele

Verluste zugefügt haben soll, wurde außerhalb der Stadt gekreuzigt.259

Als Herakleios die Regierung antrat, waren also Teile des exercitus des magister militum per

Armeniam noch vorhanden. Ebenso waren Armenier auch sonst im byzantinischen Heer zu

finden. Allerdings ließ der Zustand der Truppen insgesamt keine großen Erfolge vermuten;

Theophanes schreibt, dass Herakleios nur noch zwei Männer aus der Armee, die unter Phokas

gegen Maurikios rebelliert hatte, ‘v n&rn toi Otarn gefunden hätte.26°Zwar gelang 612 die

Rückeroberung von Kaisareia, doch folgten Jahre der Niederlagen und Vorstösse der

Sasaniden nach Syrien, Palästina, Ägypten und bis Chalkedon. Von Theodosiupolis aus

eroberte ahn Melitene, neben Satala die zweite große Festung des alten Limes.26‘

Die Zerstörung und Eroberung der byzantinischen Stützpunkte im armenischen Gebiet ging

aber nicht mit einer völligen Kontrolle dieser Regionen durch die Sasaniden einher. 615

konnte Philippikos von Kaisareia aus quer durch Armenien bis Ayrarat marschieren; dort

lagert er bei Valarapat am Araxes im gawar von Aragacotn und zog sich vor einem

persischen Heer über Nig, irak und Vanand an Theodosiupolis vorbei nach Kleinasien

zurück.262

Eine ähnliche Taktik wandte Herakleios bei seinen Gegenoffensiven 622 bis 628 an, bei

denen er vornehmlich in Armenien und Transkaukasien operierte und von dort in

Kerngebiete des Sasanidenreiches vorstieß. An armenischen Orten finden in den

258 Vita des Theodoros von Sykeon, 152 — 153; ed. FESTUGIRE, 122 — 123. KAEGI, Early Reign ofHeralius,309 — 320. Justinos: PLRE III A, lustinus Nr. 14, 758, wo er als magister militum per Armeniam bezeichnetwird. Ursprüngliche Beschränkung des Patricius — Titels: Codex Justinianus 12, 3, 3 (Kaiser Zeno).GUILLAND, Institutions, 132.29 Sebos 112; transl. THOMSON, 64 — 65.260 Theophanes A. M. 6103. Zur Deutung der Themen bei Theophanes und der anachronistischen Verwendungdes Terminus: KARAYANNOPULOS, Themenordnung, 19 — 22. GREGORTOU — IOANNIDOU, Prote mneia„thematon“, 225 — 245. KODER, Thema, 615 — 616, der gegen die Interpretation als „Truppeneinheit“ beiKarayannopulos und für „Zuweisungs — und Aufstellungsgebiet“ eintritt, demnach Theophanes in den frühenErwähnungen den Terminus sicher falsch verwendet.261 Sebos 113; transl. THOMSON, 66; comm. HOWARD — JOHNSTON, 203. FOSS, Persians in Asia Minor,723, datiert die Eroberung von Melitene ins Jahr 613.262 Sebos 114; transl. THOMSON, 67; comm. HOWARD — JOFfNSTON, 205 - 206. FLUSrN, St. Anastase Bd.2, 89.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Schilderungen der Feldzüge Theodosiupolis, Dvin, Naavan, Tigranakert und Martyrupolis

Erwähnung. Foss zählt einige in die Zeit des Herakleios datierbare Münzhorte auf, die die

Auswirkungen der Kämpfe entlang der Hauptmarschrouten durch Armenien dokumentieren.

Herakleios überwinterte auch mehrmals in der Region, so dass eine Versorgung aus dem

Umland erforderlich wurde.263

Im Rahmen der Kämpfe 626/627 erwähnt Theophanes einen Georgios als tv

‘ApJ1Evicwv im Heer des Herakleios. Turma, ein lateinisches Lehnwort, bezeichnete

ursprünglich eine Kavallerieabteilung von 30 Mann. Im 9. Jh. stellen die Turmen

Untereinheiten der Themen dar, die auch mit einem bestimmen Territorium verknüpft waren;

jedem Themenstrategen unterstanden in der Regel drei Turmarchen. Deshalb versuchte man,

die Theophanesstelle als ersten Hinweis auf ein ausgebildetes Thema Armeniakon zu deuten.

Doch wie unter den Themen bei Theophanes in der Frühphase militärische Einheiten zu

verstehen sind, muß der Turmarch Georgios als Kommandant einer Untereinheit (Theophanes

nennt 1000 Reiter) des exercitus Armeniacus des magister militum per Armeniam, für dessen

Truppen sich die griechische Bezeichung ‘ApJ.IEvu5Llcrn einbürgerte, fungiert haben 264 Für

626/627 nennt Theophanes auch zwei armenische Feldherrn im kaiserlichen Heer, den

stratelates Baanes und den strategos Mezezios, den bei Sebos später erwähnten Gnuni.

626 operierte Herakleios bereits vier Jahre in Armenien und hatte es offenbar verstanden,

Armenier und armenische Adelige für sein Heer anzuwerben.265

Armenische Überläufer aus dem sasanidischen Heer waren es auch, die Herakleios über die

Lage der feindlichen Armee informierten und so seinen entscheidenden Vorstoß nach

Dastagerd nahe Ktesiphon vorbereiteten, der den Krieg zu einem siegreichen Ende brachte.266

3. 3. 3 Die erneute Gewinnung der Oberhoheit über den Großteil Armeniens

Nach dem Sturz Xosraus II. 628 übernahm sein Sohn Kawad die Regierung, der sofort

Friedensverhandlungen mit Herakleios aufnahm. Man vereinbarte den Abzug der persischen

Truppen aus den Provinzen und Städten des Imperiums; die genaue Grenzziehung erwähnen

263 Theophanes A.M. 6113 — 6119. Sebos 124 - 127; transl. THOMSON, 80 - 85; comm. HOWARD —

JOFINSTON, 213 - 221. Georgios Pisides, Heraclias II, 163 (Zerstörung von Dvin); ed. PERTUSI, 258.HOWARD — JOl-INSTON, Heraclius‘ Persian Campaigns, 58 und 67. FOSS, Persians in Asia Minor, 723(Münzhortfunde. Anmerkung 2: Funde aus Dvin und Igdir (südlich des Araxes nahe der Grenze der Türkei zuArmenien) und 726—727. Überwinterung in Armenien: Theophanes A. M. 6113 und A.M 6115.264 Theophanes A. M. 6118. turma: GROSSE, Römische Militärgeschichte, 48. TREADGOLD, Byzantium andits Army, 88. HALDON, Warfare, State and Society, 109 — 114. Themen und Turmai als Einheiten der Armee:KARAYANNOPULOS, Themenordnung, 20 — 22 und 31, wo er auch darauf hinweist, dass Theophanes an derselben Stelle auch turmarchen für das persische Heer erwähnt. Siehe Anmerkung 248.265 Theophanes AM. 6118. Sebos 131; transl. THOMSON, 91. Baanes kommandierte später als strategosTeile der byzantinischen Truppen in Palästina gegen die Araber: Theophanes A. M. 6125 und 6126.266 Theophanes A.M. 6118.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

die Quellen nicht, doch blieb eine Teilung Armeniens beibehalten. Kawad ernannte

Varaztiroc‘ Bagratuni, den Sohn des Smbat, zum tanutr und marzpan von Persarmenien;

dieser versammelte Klerus und Adel Armeniens zur Wahl eines neuen Katholikos. Die

Autorität und das Friedensabkommen des neuen Großkönigs, der schon im September 628

starb, wurden aber von den persischen Truppen auf dem Boden des Imperiums nicht

anerkannt, so dass die Byzantiner an einigen Orten auf Widerstand stießen.267

Herakleios trat in direkte Verhandlungen mit dem persischen General ahrvaraz und traf sich

629 mit ihm in Arabissos; während ahrvaraz mit byzantinischer Unterstützung nach der

Macht in Ktesiphon greifen sollte (die er, wenn auch nur für wenige Wochen vom April bis

Juni 630, erlangte), erreichte Herakleios die Zusage des Abzugs der Truppen und der

Rückgabe des Heiligen Kreuzes. Nach Sebos wurde die Grenze entsprechend der zwischen

Maurikios und Xosrau II. fixierten festgelegt.268

Gnuni, der zorawar der Byzantiner, also wohl magister militum per Armeniam, rückte

aus Römisch — Armenien vor und besetzte das Gebiet bis zur festgelegten Grenze. Eine seiner

ersten Handlungen war die Aufforderung an den Katholikos Ezr, in den byzantinischen Teil

Armeniens zu kommen, um Unionsverhandlungen aufzunehmen, da sonst ein

Gegenkatholikos eingesetzt werden würde. Ezr leistete dem Befehl Folge, in einer Synode in

Theodosiupolis wurde 632/633 erneut die Glaubenseinheit hergestellt. Nach Sebos erhielt

Ezr von Herakleios die Salzminen in Kolb in akatk‘, einem früher dem persischen marzban

direkt unterstehendem gawar, zum Geschenk. Der Katholikos blieb aber im Lager der

byzantinischen Truppen, bis Abteilungen der Armee und .temarank‘ (Speicher, Lagerhäuser)

über das Land verteilt worden waren.269

Wie nach 591 war die erste Maßnahme der Byzantiner 630 die Sicherung der neugewonnenen

Gebiete durch das Heer des magister militum per Armeniam, der diesmal zugleich ein

Vertreter des armenischen Adels war. Garnisonen wurden stationiert, auch die ftemarank‘

müssen einen mit dem Heer zu verbindenden Zweck erfüllt haben. Howard — Johnston

vermutet, dass apothekai, zentrale kaiserliche Warenhäuser, eingerichtet wurden, wie diese

auch ab der zweiten Hälfte des 7. Jh.s im Zusammenhang mit den Siegeln der Kommerkiarier

in den Provinzen Kleinasiens auftauchen und nach einigen Theorien im Zusammenhang mit

267 Theophanes A.M. 6119. Sebos 127 — 129; transl. THOMSON, 85 — 87; comm. HOWARD — JOHNSTON,222 — 223, der vermutet, dass Herakleios mit Kawad eine der Teilung von 387 entsprechende Grenzevereinbarte. FLUSTN, St. Anastase Bd. 2, 283 — 286, N. OIKONOMIDES, Correspondence between Heracliusand Kavädh — Siroe, 269—281.268 Sebos 129 — 131; transl. THOMSON, 88 — 91; comm. HOWARB — JOHNSTON, 227, meint, dass dieGrenze von 591 erst in einem Vertrag mit Königin Boran 630 erneuert wurde. MANGO, Byzance et la Perse,105—115. FLUSfN, St. Anastase Bd. 2,289—291.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

der Versorgung und Ausrüstung der Soldaten stehen.27° Kaegi hingegen interpretiert die

sternarank‘ als Speicher für die Sammlung, Lagerung und Verteilung der im Rahmen der

annona militaris der Bevölkerung für die Versorgung des Heeres auferlegten

Naturallieferungen.271 Die Errichtung der §temarank‘ muß wohl mit dem Zugriff der

byzantinischen Oberherrschaft auf die Wirtschaftsleistung der armenischen Bevölkerung zum

Zweck der Versorgung der Truppe verbunden gewesen sein; folgt man der Ansicht von Seibt,

wonach den Kommerkiariern im 7 Jh. die Einhebung der Naturalabgaben auch zur

Versorgung der Armee übertragen wurde, ist eine Identifikation der .ftemarank‘ mit der

wtoO1K11 möglich.272

Daneben bedienten sich die Byzantiner erneut Armeniens als Rekrutierungsbasis. Sebos

berichtet, dass Herakleios nach den ersten Niederlagen gegen die Araber 70 000 Mann

mobilisierte. Am Yarmuk 636 kämpfte ein armenisches Kontingent unter dem Strategos

Baanes, nach arabischen Quellen umfasste es 12 000 Mann. Wenn auch die Zahlenangaben

nicht als sicher angesehen werden können, so ist doch ein nicht unbeträchtlicher Anteil an

Armeniern im byzantinischen Heer zu vermuten.273

269 Sebos 131 — 132; transl. THOMSON, 91 —92. Union 633/632: Narratio de rebus Armeniae § 121 — 123; ed.GARITTE, 43. GARSOlAN, Schisme d‘orient, 385 — 388. Gnuni: PLRE III B, Mezezius, 887 — 888.270 Sebos; comm. HOWARD — JOHNSTON, 228. Theorien zur Apotheke: OIKONOMIDES, Silk Trade, 39 —

43 (Verbreitung des Seidenanbaus). HENDY, Studies, 626 — 634 (Verkauf von Waffen an bodenbesitzendeSoldaten).271 KAEGI, Seventh — Century Change, 197 — 198. KAEGI, Early Islamic Conquest, 201. KAEGI, Annonarnilitaris, 91 —95.272 SEIBT, JÖB 30, 359.273 Sebos 136; trans!. THOMSON, 97. Theophanes A. M. 6125 und 6126. KAEGI, Early Islamic Conquest, 186— 187.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

4. DIE ARMENISCHEN GEBIETE IM 7. JAHRHUNDERT ZUR ZEIT DER

ARABISCHEN EINFÄLLE

4. 1 Die byzantinische Oberhoheit über Armenien bis zum Abkommen Rtunis mit

Muawiya 653

4. 1. 1 Die Einsetzung eines ians und das Amt des “Regierenden Fürsten“ von

Armenien im 7. Jahrhundert

Die Kontrolle der Byzantiner über Armenien war nicht von langer Dauer. 636/637 sammelte

der in eine Verschwörung gegen Herakleios verstrickte Dawit‘ Saharuni eine Armee in

Armenien und besiegte Gnuni, der in der Schlacht fiel. Mit Zustimmung der Truppen

übernahm er selbst das Kommando über die in Armenien stationierte Armee, vielleicht also

das von Gnuni ausgeübte Amt des magister militum per Armeniam. Allerdings wird die Zahl

der in Armenien stationierten Truppen unmittelbar nach dem Palästina — und Syrienfeldzug

von 636, für den sicher auch der exercitus armeniacus Abteilungen zu stellen hatte, nicht allzu

groß gewesen sein. Auch stiessen die Araber bereits nach der Schlacht am Yarmuk bis

Melitene vor und eroberten es; den Byzantinern gelang zwar die Rückgewinnung der Stadt,

doch befahl Herakleios angesichts der wachsenden Bedrohung die Schleiffung der

Stadtmauern. Dem Kaiser blieb aufgrund des Drucks der Araber nichts anderes übrig, als

Dawit‘ Saharuni in seinem Kommando zu bestätigen; auf Verlangen der armenischen Fürsten

setzte er Dawit‘ als ixan aller armenischen Territorien ein (i.an i veray amenayn

asxarhac ‘n) und verlieh ihm den Titel eines Kuropalates.274

Die Institution des i.%an Hayoc‘, des “regierenden Fürsten“, später auch ixan ßanac (Fürst

der Fürsten), der - dem Kaiser verpflichtet - den anderen Adeligen vorstand, hatte Maurikios

bereits 588 in Iberien geschaffen. Toumanoff zieht eine Parallele zu den etwa gleichzeitig

eingerichteten Exarchaten von Karthago und Ravenna, in denen die magistri militum als

nunmehrige Exarchen das militärische Kommando mit der Oberaufsicht über die

Zivilverwaltung vereinten.275 Die Ernennung Saharunis ging allerdings auf armenische

Initiative zurück und war von der byzantinischen Regierung so nicht geplant. Vorbilder sind

daher auch in der Zeit der sasanidischen Oberhoheit über Armenien zu suchen, als Vahan

274 Sebos 133; transl. THOMSON, 94; comm. HOWARD - JOHNSTON, 230 - 231. HALDON, SeventhCentury, 219 (Truppen des magister militum per Armeniam am Yarmuk). Eroberung von Melitene 636:BRANDES, Städte Kleinasiens, 52. KAEGI, Early Islamic Conquest, 288. Dawit‘ Saharuni: PLRE III A, DavidSaharuni Nr. 6, 389 — 390, wo vermutet wird, dass er magister militum per Armeniam war.275 TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 118 - 121 und 139. Exarchat: JONES, Later Roman Empire, 312und 656.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Mamikonean nach dem erfolgreichen Aufstand 484 das erbliche Amt des sparapet (und somit

des Oberbefehlshabers des armenischen Aufgebots) mit der Funktion des marzpan (des

Vertreters des persischen Großkönigs) vereinte. Eine Inschrift in der von Saharuni gestifteten

Kirche von Mren nennt Dawit‘ patrik und kiwrapalat sowie sparapet von Armenien und

Syrien. Dawit‘ Saharunis Macht beruhte auf der Gefolgschaft der armenischen Fürsten und

den byzantinischen Truppen in Armenien; sie endete nach drei Jahren, als die Einigkeit der

Fürsten zerbrach und die Soldaten ihm das Vertrauen versagten, vermutlich nach einem

mißglückten Feldzug ins bereits von den Arabern besetzte byzantinische Mesopotamien

(vielleicht in seiner Funktion als sparapet von Syrien) zusammen mit dem byzantinischen

Feldherrn Valentinos 640. Er vereinte die militärischen Funktionen eines sparapet vielleicht

mit denen des magister militum per Armeniam und vertrat wie der marzpan den kaiserlichen

Oberherrn. Ihr Amt erlangten Saharuni und die folgenden ixane aber durch den Konsens der

naxarare, deren Wahl (bei T‘odoros Rtuni unter Federführung des Katholikos Nerses III.)

der Kaiser nur bestätigen konnte.276

Herakleios erkannte diese neuen Konstruktion an und legitimierte Dawit‘ mit dem hohen

Rangtitel eines Kuropalates; diesen Rang hatte Justinian für Justin II. eingerichtet, um ihn als

Nachfolger zu designieren und üblicherweise wurde er nur an enge Verwandte des Kaisers

verliehen. Daneben wurden einige der regierenden Fürsten von Iberien und Armenien mit ihm

bedacht. Dieser Titel zeigt die große Bedeutung, die Konstantinopel dem Lsan Armeniens,

das nach den arabischen Eroberungen in seinem strategischen Wert für Byzanz noch

gestiegen war, zumaß. Später wurden noch Varaztiroc‘ Bagratuni 645 und Hamazasp

Mamikonean, der 656 die arabische wieder gegen die byzantinische Oberhoheit tauschte, mit

dem Kuropalates - Titel ausgezeichnet.277

Der übliche Rangtitel für den Lan Hayoc‘ wurde aber Patrikios, den (nach der Inschrift von

Mren) auch Saharuni zusätzlich zu dem des Kuropalates trug. Für die meisten seiner

Nachfolger ab T‘odoros Rtuni, der Persarmenien mit dem byzantinischen Teil wieder

vereinte, ist der patrik — Titel belegt. Theophanes bezeichnet den ixan als 7txtpiicto der

Armenier bzw. Armeniens; in arabischen Quellen wird batriq zum

Synonym für den regierenden Fürsten Armeniens. Seit Justinian konnte der Patrikios — Titel

276 Inschrift von Mren: Yovhanns Drasxanakertc‘i; transl. MAKSOUDIAN, 253 mit Anmerkung 2.TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 139. GARSOTAN, Epic Histories, 544 (marzpan) und 560 - 561(sparapet). YUZBASHIAN, Titres byzantines, 216. Dawit Saharuni: PMBZ 1, David Nr. 1242 und 1243, 400 -

401. Zum Feldzug 640 auch: KAEGI, Unrest, 150. Wahl des ixan: Sebos 138; transl. THOMSON, 99 und 100-101. Yovhanns Drasanakertc‘i 19,24 und 50; transl. MAKSOUDIAN, 102 und 104. TER—LEWONDYAN,L‘Arrnnie aux Vile — IXe siecies, 200.277 BURY, Administrative System, 34. YUZBASHIAN, Titres byzantins, 216 - 218. TER .- GHEVONDIAN,Prince d‘Armnie, 185. 0DB II, Kouropalates, 1157.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

an alle Personen im Rang eines illustris verliehen werden. Er blieb auch im 7. Jahrhundert

hohen militärischen und zivilen Funktionären vorbehalten, darunter den Exarchen und

Strategen der Themen.278

Spätere armenische Quellen überliefern für T‘odoros Rtuni und Nerseh Kamsarakan (im

Amt 689 — 693) weiters den Titel eines apuhipat, dem griechischen ‘ctnd ‘uit6tav

(consularis). ‘cutd ‘uit6tcov rangierte nach Zacos - Veglery bis gegen Ende des 7. Jh.s noch

über dem Patrikios und findet sich etwa auf den Siegeln von Inhabern des Amtes eines

ou*crj tov ‘itcLpxiov, dem Finanzaufseher über eine Gruppe von Provinzen.279

4. 1. 2 Der i%an und der magister militum per Armeniam

Der i.xan Armeniens blieb als hoher Würdenträger nach byzantinischer Auffassung ein

Funktionär des Imperiums. Neben seiner Bestätigung als regierender Fürst erhielt der

Amtsinhaber vom Kaiser auch den zöravarut ‘iwn der Armee (den Oberbefehl, wobei zöravar

in armenischen Quellen oft sonym mit sparapet verwendet wird), so T‘odoros Rtuni nach

dem ersten Einfall der Araber in Armenien 640. Howard — Johnston versteht darunter das

magisterium militum per Armeniam. Andere vom Kaiser nach Armenien gesandte Feldherm,

der aus Römisch-Armenien stammende T‘odoros (644/45) und Prokopios (652), fungierten

seiner Ansicht nach jeweils als magister militum per Orientem, dessen Heer ebenfalls zur

Verteidigung Armeniens gegen die Araber abkommandiert worden wäre. Ein derartige

Konzentration der im Osten verfügbaren Kräfte scheint aber angesichts der bereits in den

640er Jahren einsetzenden Einfälle der Araber tief ins kleinasiatische Kernland des Imperiums

unwahrscheinlich.280 Die kaiserlichen Truppen in Armenien, über die T‘odoros Rtuni als

magister militurn verfügt hätte, können sicher nicht sehr zahlreich gewesen sein. Bei den

Verteidigungsmaßnahmen gegen den ersten Einfall der Araber 640 erwähnt Sebos keine

byzantinischen Einheiten, sondern nur die Kontingente verschiedener Fürsten, ebenso bei dem

278 Theophanes A.M. 6145 und 6185. YUZBASHIAN, Titres byzantins, 217. TER — GHVONDIAN, Princed‘Armnie, 197. GUILLAND, Institutions, 132 und 162 — 166. 0DB III, Patrikios, 1600. VereinigungPersarrneniens und des byzantinischen Armenien durch Rtuni: TER - LEWONDYAN, L Armnie aux Vile -

IXe siecles, 199. LAURENT, L‘Armnie, 401.279 YUZBASHIAN, Titres byzantins, 216. GUILLAND, Institutions, 46 — 49. HALDON, Seventh Century, 196— 197. ZACOS —VEGLERY, Lead Seals, Nr. 821 und 1031.280 Sebos 139, 143, 145 und 165; trans!. THOMSON, 101, 107, 109 und 136 — 137; comm. HOWARD —

JOHNSTON, 254 und 267—268. Yovhanns Drasanakertc‘i 18, 6 und 19, 19; transl. MAKSOUDIAN, 99 und102, bezeichnet zwar Rtuni wie Gnuni als Strategen von Armenien, doch wird auch HamazaspMamikonean (19, 50; trans!. MAKSOUDIAN, 104) so benannt. T‘odoros Rtuni: PLRE III B, TheodorusRituni Nr. 167, 1282 — 1287, wo sein magisterium militum per Armeniam ebenfalls vermutet wird. PMBZ 4,Theodoros Rtuni Nr. 7293, 352 — 356, wo von einem Oberkommando über die byzantinischen Streitkräfte inArmenien die Rede ist. Einfälle der Araber nach Kleinasien, so 643 bis Euchaita in Helenopontus, 644 bisArnorion, 646 erneut bis Amorion und 647 nach Kaisareia in Kappadokien: BRANDES, Städte Kleinasiens, 53 -

54 und 139. KAEGI, Early Islamic Conquest, 245 - 246. BROOKS, Arabs in Asia Minor, 183. HALDON,Seventh Century, 55.

85

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Sieg des Rtuni über eine Abteilung der arabischen Angreifer von 643. In diese Zeit fallen der

Tod des Herakleios 641, die kurzen Regierungen von Konstantin III. und Heraklonas und

schließlich von Konstans II., dessen Thron aber erst nach der Abwehr des Putschversuches

des Patrikios Valentinos 644 gesichert war. Die Stationierung von Truppen der

byzantinischen Feldarmee in Armenien ist bei Sebos explizit wieder mit der Entsendung des

Generals T‘odoros (644/45) durch Konstans II. belegt, der das Land gegen den

aufständischen Varaztiroc‘ Bagratuni, der sich in Tayk‘ verschanzte, sichern sollte. Darunter

waren auch chalkedontreue, also auf altem Reichsboden rekrutierte Einheiten, die über das

Antichalkedonensertum der Armenier Klage führten. Dies führte zur Abhaltung einer Synode

in Dvin 649, die aber unter dem Vorsitz des Katholikos Nerses III. und des T‘odoros Rtuni

das Konzil von Chalkedon erneut ablehnte.28‘ T‘odoros Rtuni hatte also weiterhin den

Vorsitz über die armenischen Fürsten inne, nachdem ihn Konstans II. in seinem zöravarut ‘iwn

bestätigt hatte. Daneben hatte der Kaiser Smbat Bagratuni, den Sohn des Varaztiroc‘, in seine

angestammte Funktion des aspet (Befehlshabers der Kavallerie) eingesetzt und ihn zum

Drungarios seiner Armee ernannt. Ein altes armenisches Hofamt wurde mit einem

byzantinischen Kommandotitel verbunden.282

649 schloss Konstans II. mit dem Statthalter von Syrien, Mu‘äwiya, nach arabischen Einfällen

in Zypern und Isaurien einen dreijährigen Waffenstillstand. Nach Ablauf der Frist griffen die

Araber 652 erneut Armenien an und fügten den byzantinischen Truppen unter dem

Kommando des Prokopios in Mardastan nordöstlich des Van—Sees eine Niederlage zu. Die

byzantinische Armee wies die Schuld an der Niederlage einem Verrat Rtunis und der

Armenier zu, die hier als von den kaiserlichen Truppen separierte Heeresmacht erscheinen.283

Tatsächlich gelangten Rtuni und ein Teil des armenischen Adels im Jahr darauf, 653, zu

einer Übereinkunft mit Mu‘äwiya, wonach Armenien drei Jahre tributfrei sein sollte, 15 000

Reiter als Waffenhilfe für die Araber zu stellen hatte, keine arabischen Garnisonen aufnehmen

281 Einfall 640 und 643: Sebos 138 und 146; trans!. THOMSON, 101 und 111. MANANDIAN, Invasionsarabes, 165 — 178. Thronwechsel in Konstantinopel: Theophanes A. M. 6134—6136. Sebos 141 und 142 - 143;transl. THOMSON, 104 und 106 - 107. General T‘odoros: Sebos 144; trans!. THOMSON, 108. PMBZ 4,Theodoros Nr. 7296, 358, wo er als magister militum per Armeniam bezeichnet wird. Varaztiroc‘ Bagratuniwurde nach einer Übereinkunft zwischen dem byzantinischen General und den armenischen Fürsten vom Kaiserzum i.xan und Kuropalates ernannt, starb aber schon nach kurzer Zeit. Auch KAEGI, Early Islarnic Conquest,193 — 194, vermutet zwei Kommandanten in Armenien, T‘odoros Rtuni als Befehlshaber der Armenier undT‘odoros als General der kaiserlichen Truppen. Cha!kedonensische Truppen und Synode von Dvin: Sebos 148;trans!. THOMSON, 113. MAHL, Die armenische Kirche 611 — 1066, 487—488.282 Sebos 144 - 145; transl. THOMSON, 109. Drungarios: Kommandant eines drungos, einer Einheit von ca.1000 Mann Kavallerie: HALDON, Warfare, State and Society, 109 — 111. TREADGOLD, Byzantium and itsArrny, 65. Später wurde Smbat als Kommandant armenischer Truppen in Thrakien eingesetzt: Sebos 162 — 163;transl. THOMSON, 133 — 134.283 Waffenstillstand 649: KAPLONY, Konstantinopel und Damaskus, 23 — 32. Niederlage in Mardastan 652:Sebos 165; trans!. THOMSON, 136 — 137; comm. HOWARD - JOHNSTON, 268 — 269, der Rtuni alsmagister militum per Armeniam bezeichnet.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

musste und arabische Unterstützung bei einem Angriff der Byzantiner erhalten sollte.

Armenien löste sich aus der byzantinischen Oberhoheit und erkannte jene der Araber an,

obwohl der Kaiser durch Gesandschaften und Versprechungen versuchte, die Loyalität der

Fürsten zu erhalten.284

4. 1. 3 Der Feldzug Konstans II. und der Kampf um Armenien bis 655

Der Kaiser reagierte auf die Abfallbewegung in Armenien mit einem großangelegten Feldzug

653 (nach Sebos mit 100 000 Mann), der ihn zuerst nach Karin! Theodosiupolis führte. Auf

dem Marsch nach Osten traf er Gesandte des Mu‘äwiya in Derjanl Derxene (um das heutige

Tercan), die ihn davor warnten, Armenien, dass nun unter arabischer Hoheit stehe, zu

betreten. Daraus könnte man ablesen, dass die Araber den Euphrat als neue Grenze zwischen

den unter der Kontrolle der beiden Großmächte stehenden Gebieten ansahen oder diese

zumindest westlich von Theodosiupolis festzulegen gedachten.285

Die neue Oberhoheit fand aber keineswegs die ungeteilte Zustimmung der armenischen

Adeligen. In Karin konnte Konstans II. Ergebenheitsbekundungen der Fürsten und Truppen

der Armenia quarta (also der Satrapien an Euphrat und Arsanias), von Sper, Mananalis,

Daranalis, Akilisene und Karin (das Gebiet von Armenia interior), der Fürsten von Tayk‘, von

Basean, Vanand, irak und Ayrarat sowie Vertreter der Mamikonean (an ihrer Spitze Muel),

Bagratuni, Xororuni, Dimak‘seank‘ (aus Tayk‘ und irak), Abeleank‘ (aus Ayrarat),

Varanuni, Gnt‘uni und Spanduni sowie des Katholikos Nerss III. entgegennehmen. In ihrer

Gesamtheit entspricht diese Aufzählung den Fürsten, die nach den Teilungen von 591 bzw.

630 unter byzantinischer Oberhoheit gestanden waren und sich nun gegen Rtuni, der aus dem

ehemaligen Persarmenien stammte und sich auch in seine Stammlande zurückgezogen hatte,

stellten.286

Mit einem Teil seiner Truppen setzte Konstans II. den Feldzug nach Dvin fort, von wo er

Abteilungen nach Iberien, das nach einiger Zeit ebenfalls seine Oberhoheit anerkannte,

Aluank‘, Siwnik‘ und dem Gebiet des Sep ‘hakan gund (nach Howard - Johnston in

Turuberan, nach GarsoYan und Hewsen mit Mardpetakan! Mardastan im Nordosten des

284 Sebos 164; trans!. THOMSON, 136; comm. HOWAP.D — JOHI‘4STON, 267. Theophanes A. M. 6143:Abfall des Pasagnathes, Patrikios der Armenier. PEETER, Pasagnathes, 405 —417. LAURENT, L‘Armnie, 55,195 und 401. KAEGI, Early Islamic Conquest, 185 und 197.285 Seb6os 165; trans!. THOMSON, 137 - 138; comm. HOWARD — JOHNSTON, 270. KAEOI, Early IslamicConquest, 195.286 Sebos 165; trans!. THOMSON, 137 - 138; comm. HOWARD — JOI-fNSTON, 270. LAURENT, L‘Armnie,242.

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Page 92: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Vansees zu identifizieren) sandte, die eine Unterwerfting ablehnten.287 In Dvin ließ der Kaiser

Nerses III. und die Bischöfe eine gemeinsame Eucharistie feiern und so erneut die Union mit

der Reichskirche vollziehen.288

Der Kaiser ernannte Muel Mamikonean zum Lfan Hayoc‘ eceloc‘ (Fürst der armenischen

Kavallerie); diese Funktion kann mit dem alten aspet-Arnt, das auch Smbat Bagratuni

bekleidete, in Verbindung gebracht werden. Muel Mamikonean stellte jedenfalls nun den

ranghöchsten armenischen Fürsten dar, denn mit der Funktion des ßan Hayoc‘ betraute

Konstans II. den byzantinischen Feldherrn Maurianos. Dieser Maurianos kann gleichzeitig als

magister militum per Armeniam oder Strategos der Armeniaken vermutet werden;

Theophanos berichtet über seinen Armenienfeldzug und nennt ihn Strategos der Rhomaier,

arabische Quellen kennen ihn als batriq Armaniyakus (Patrikios der Armeniaken). Mit der

Vereinigung des höchsten Kommandos der Reichsarmee in Armenien und des Vorsitzes über

die armenischen Fürsten in der Hand eines byzantinischen Funktionärs war wohl eine

Stärkung der byzantinischen Kontrolle über Armenien intendiert.289

Nach dem Abzug des Kaisers nach Westen wurden diese Erwartungen nicht erfüllt. Rtuni

erhielt 7000 arabische Krieger zur Unterstützung und konnte die Byzantiner nach Tayk‘

zurückdrängen; gemäß Sebos verfolgten sie das Heer des Kaisers weiter nahe der Küste des

Schwarzen Meeres und plünderten Trapezunt sowie dessen Umland. T‘odoros Rtuni wurde

nach Damaskus gerufen und von Mu‘äwiya zum i%an von Armenien, Aluank‘ und Siwnik‘

ernannt, die armenischen Fürsten, darunter auch Muel Mamikonean, erkannten die arabische

Oberhoheit wieder an.290

Die Byzantiner unter Maurianos unternahmen 655 einen erneuten Vorstoß nach Armenien,

eroberten Dvin und belagerten Naavan. Hier unterlagen sie dem arabischen Feldherrn

Habib b. Maslama und setzten sich nach Iberien ab. Habib b. Maslama marschierte in der

Folge nach Westen und eroberte Theodosiupolis, so dass den Byzantinem dieser wichtige

287 Sebos 166; trans!. THOMSON, 139; comm. HOWARD — JOHNSTON, 258 (Sep hakan gund) und 267.GARSOfAN, Grand schisme d‘orient, 474 mit Anmerkung 6 und Karte 2. Die Ansicht von Garsoian undHewsen scheint wahrscheinlicher, da der Sep ‘hakan gund somit in Vaspurakan, dem Gebiet, in dem RtuniRückha!t fand, !ag.288 Sebos 166 - 168; transl. THOMSON, 139 - 142. MAHE, Die armenische Kirche 611 - 1066, 488.GARSOfAN, Schisme d‘orient, 390—391.289 Sebäos 166 und 168; trans!. THOMSON, 139 und 142; comm. HOWARD — JOHNSTON, 270 - 271.Theophanes A. M. 6145. KAEGI, Al - Baladhuri and the Armeniak Theme, 275 - 276. KAEGI, Early IslamicConquest, 201. HALDON, Seventh Centuy, 216.290 Sebos 169; trans!. THOMSON, 142 - 143; comm. HOWARD — JOHNSTON, 271 - 273. LAURENT,L‘Armnie, 242 und 401. BRANDES, Städte K!einasiens, 55 und 129 - 130 (weist darauffiin, dass Trapezunt erstwieder Ende des 8. Jh.s in schriftlichen Quellen aufscheint). Ein Siegel einer Apotheke von Kerasus, Trapezusund Lazike ist bereits wieder flur 689/690 be!egt: ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 164.

88

Page 93: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5, — 7. Jh.)

Stützpunkt für Vorstöße nach Armenien verloren ging. Im selben Jahr unternahmen die

Araber auch einen Feldzug nach Kaisareia.29‘

4. 2 Armeniakoi und Armenien in der der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts

4. 2. 1 Die Stationierung des exercitus Armeniacus in Kleinasien

Die Mehrheit der modernen Forschung bringt die Entstehung der byzantinischen Themen in

Kleinasien mit der Neuaufstellung der Feldanneen (wie sie in ihrer Einteilung seit Justinian 1.

bestanden) in Anatolien nach dem Verlust ihrer usprünglichen Verteidigungsbezirke in Folge

der arabischen Eroberung in Verbindung. Nach Koder ist der Terminus “Thema“ als

Zuweisungs-, Aufstellung- (und Operations-) Gebiet in Kleinasien für diejenigen

byzantinischen Heeresteile, die zuvor andernorts stationiert waren, zu verstehen. Die

Zuweisungsgebiete orientierten sich an der bestehenden Provinzeinteilung.292

Konstantin VII. Porphyrogennetos, zu dessen Zeit das alte Großthema Armeniakon schon

längst geteilt war, leitete den Namen des Themas, der aus der Zeit des Herakleios oder den

auf ihn folgenden Jahren stamme, von den angrenzend und im Thema wohnenden Armeniern

her; sonst befasst sich der betreffende Abschnitt in “De Thematibus“ mit geographischen und

etymologischen Überlegungen zu Kappadokien. Räumlich verteilte sich das Gebiet des

Themas Armeniakon des 7. Jh.s im 9. und 10. Jh. auf die Themen Armeniakon, Chaldia

(vielleicht schon seit 824), Koloneia (863), Sebasteia (um 911), Charsianon (863),

Mesopotamia (um 911), Lykandos (um 916) und nach neuer Ansicht Paphlagonia (um

826).293

Diese räumliche Ausdehnung entsprach im 7. Jh. den Provinzen Cappadocia prima (Hauptort

Kaisareia) und secunda (Tyana), Armenia prima (Justinianupolis und Theodosiupolis),

secunda (Sebasteia), tertia (Melitene) und quarta (Gebiet der Satrapien) nach der

justinianischen Einteilung bzw. Armenia magna (Justinianupolis und Theodosiupolis),

Armenia prima (Melitene), Armenia secunda (Sebasteia) und Arrnenia quarta altera (Satrapien

291 Sebos 174; trans!. THOMSON, 150; comm. HOWARD — JOHNSTON, 278. Theophanes A. M. 6145.LAURENT, L‘Arrnnie, 409 - 410. KAEGI, Early Islamic Conquest, 196 - 197. Kaisareia - Feldzug:Theophanes A. M. 6146. BRANDES, Städte Kleinasiens, 55.292 KODER, Thema, 159 - 162. HALDON, Seventh Century, 216. HENDY, Studies, 621 - 625.KARAYANNOPOULOS, Themenordnung, 34 - 35. LILIE, Zweihundertjährige Reform, 32 - 34.293 Konstantinos Porphyrogennetos, De Thematibus, 17 - 22; ed. PERTUST, 118 (zur Ausdehnung). Deadrninistrando imperio, 50. HALDON, Seventh Century, 219 - 220. HENDY, Studies, 625 (Paphlagonia beiArmeniakon). HALDON, Warfare, State and Society, 86. HONIGMANN, Ostgrenze, 49 — 53.

89

Page 94: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

ohne Sophanene) nach der Neuordnung des Maurikios, Helenopontus (Amaseia) und der

vorjustinianischen Paphlagonia (bis zur Grenze zu Honorias mit dem Hauptort Gangra).294

Zeitlich ist die Zuteilung des neuen Verteidigungs- und Versorgungsgebietes nach Ansicht

von Haldon und Hendy in die Jahre nach der Vertreibung der Byzantiner unter Maurianos

(batriq Armaniyakus) aus Armenien 653 - 655 zu datieren, ohne dass in den Quellen eine

derartige Information zu finden wäre. Hendy sieht in der Teilung der justinianischen Provinz

Paphlagonia in die früheren Provinzen Honorias, das dem Opsikion zufiel, und Paphlagonia

einen Hinweis auf einen geordneten Rückzug und eine planvolle Neuzuweisung der

verbliebenen Provinzen an das Heer der Armeniaken. Der alte justinianische

Verteidigungsbezirk des magister militum per Armeniam wurde, dieser Rekonstruktion

folgend, nach Westen erweitert.295

Die arabischen Einfälle führten nicht nur zum Verlust der Oberhoheit über Armenien, sondern

auch zu Einbrüchen in die auf das 6. Jh. zurückgehenden Verteidigungslinien an der

armenischen Grenze. Theodosiupolis fiel 655 nach der Niederlage des Maurianos; 656 wurde

Melitene wie schon 636 von den Arabern erobert und mit einer Garnison versehen.

Kemgebiete des justinianischen Verteidigungsbezirkes wurden also der Kontrolle der

Byzantiner entzogen.296

Eine Ruhephase trat mit dem ersten arabischen Bürgerkrieg 656 - 661 ein. Der i.xan Hayoc‘

Hamazasp Mamikonean erkannte wieder die Oberhoheit des Kaisers an und erhielt dafür den

Kuropalates - Titel; auch Aluank‘ und Siwnik‘ folgten seinem Beispiel. Mit dem Sieg

Mu‘äwiyas fanden die Einfälle der Araber ihre Fortsetzung. 661 wurde Armenien erneut

unterworfen und Grigor Mamikonean, der Bruder Hamazasps, vom Kalifen als ixan Hayoc‘

eingesetzt. 662 führte ein Feldzug wieder nach Kleinasien.297

294 PERTUSI, De Thernatibus, 118. HALDON, Seventh Century, 219 - 220 (Anmerkung 42) und 227. HENDY,Studies, 621 - 625. BLYSIDU, Mikra Asia, 130. In den kappadokischen Provinzen wurden wohl nur dienördlichen Teile dem thema der Armeniaken zugewiesen und das Gebiet zwischen Armeniakon und Anatolikongeteilt; die 830 eingerichtete Kleisurarchie JI1KL Kwt7tcLOKtu war ursprünglich eine turma des ThemasAnatolikon und umfasste auch die topoteresia von Nyssa und Kaisareia, die später dem Thema Charsianonzugeschlagen wurde: Konstantinos Porphyrogennetos, De administrando imperio 50. HONIGMANN, Ostgrenze,44. HALDON, Warfare, State and Society, 86 und Karte VI B. BLYSIDU, Mikra Asia, 133 — 136. Für dieAusdehnung des Themas der Armeniaken im Nordwesten gibt es bei Theophanes Hinweise für das 8 Jh.: A.M.6281 (788/89) verheiratet Irene ihren Sohn Konstantin VI. mit Maria aus dem Ort Amnia, das im ThemaArmeniakon lag. Amnia ist nach MANGO — SCOTT, Chronicle of Theophanes Confessor, 638 mit Anmerkung3, in der Gegend von Gangra in Paphlagonia zu lokalisieren. BLYSIDU, Mikra Asia, 149. A.M. 6285 (792/93)ist unter den hingerichteten Anführern der aufständischen Armeniaken auch Gregor, der Bischof von Sinope, zufinden. BLYSIDU, Mikra Asia, 153. Das Thema erstreckte sich also im Nordwesten über den Halys.295 HALDON, Seventh Century, Anmerkung 30, 216. HENDY, Studies, 621 und 625. LILIE,Zweihundertjährige Reform, 37.296 Sebos 174; transl, THOMSON, 150, KAEGI, Early Islamic Conquest, 196 - 197. BRANDES, StädteKleinasiens, 56.297 Sebos 175; transl. THOMSON, 153; comm. HOWARD - JOHNSTON, 282 - 283. KAEGI, Early IslamicConquest, 185 und 197. LAURENT, L‘ Armnie, 242 und 402.

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Page 95: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Bei den folgenden Feldzügen überwinterten die Heere der Araber oft im Feindesland und

richteten so noch grösseren Schaden an. 663/6 64 wurde Euchaita, das Wahlfahrtszentrum des

Hl. Theodoros Tiro in Helenopontus, für 6 Monate zur Basis der Araber, die von dort das

Umland plünderten. 664 eroberten sie Koloneia in Cappadocia secunda und verbrachten den

Winter dort. 665 durchzog ein Heer Kleinasien und eroberte Antiocheia in Pisidien, das 667

erneut geplündert wurde. 665/66 widerfuhr Tyana in der Cappadocia secunda dieses Schicksal

und 666 wieder Amorion. Die Araber dezimierten das Gebiet der Armeniaken nicht nur in den

östlichen Grenzgebieten, sondern drangen tief in die Provinzen ein.298

4. 2. 2 Der Aufstand der ‘AptEvixKot unter Saborios 667/668

Mit der Ermordung seines Bruders und Mitregenten Theodoros (658/59) und der Verlegung

seiner Residenz nach Syrakus (660/6 1) hatte Konstans II. die Bevölkerung Konstantinopels

gegen sich aufgebracht. Als er seine Frau und seine drei Söhne ebenfalls nach Sizilien holen

wollte, schritt die Bevölkerung unter Führung des Eunuchen Andreas, eines KouKou2u$Lpto,

und des Patrikios Theodoros Koloneias ein; die Söhne blieben in der Hauptstadt und wurden

zu Mitregenten, unter ihnen der älteste, Konstantinos IV. Ebenso hatte den Kaiser die

Behandlung von Papst Martin und Maximos Homologetes bei der Bevölkerung verhasst

gemacht, wie Theophanes schreibt.299

Welche Gründe uf3bpo flpaoyvi; (,‚von persischer Abstammung“, nach Toumanoff als

(pers)armenisch zu verstehen; die armenische Namensform lautet apuh) ‘o ‘rv ‘AplIEvu$Kwv

GtpcLuiy6 666/667 zur Erhebung gegen den Kaiser veranlassten, erwähnt Theophanes nicht.

Saborios sandte den Gtpctt «rr Sergios zum Kalifen Mu‘äwiya nach Damaskus, den er um

militärische Hilfe bitten und dafür die Unterwerfung des byzantinischen Staates anbieten

sollte. Die Verantwortlichen in Konstantinopel um Konstantinos IV. erfuhren davon, der

Kouf3wou2Lpo Andreas machte sich ebenfalls auf den Weg nach Damaskus. Dort warben

beide Gesandschaften um die Unterstützung des Kalifen. Schließlich reiste Andreas ab,

nachdem Mu‘äwiya die Entrichtung der Steuereinnahmen des Reiches (‘ri ‘trnpopci tv

tocov) an die Araber und somit die Anerkennung seiner Oberhoheit gefordert hatte.

Sergios war aber offenbar bereit, Entsprechendes zuzusagen. Sergios verließ Syrien mit einer

von Fadällah b. ‘Ubaid kommandierten arabischen Armee im Rücken und reiste Richtung

Melitene, wo sich Saborios und die Rebellen aufhielten. Dies wusste auch Andreas, der von

Sergios am Hof des Kalifen beleidigt worden war, und befahl dem i2ctaoupopi32ct von

298 Euchaita: TROMBLEY, Euchaita, 66 und 68 - 70. Restliche Städte: BRANDES, Städte Kleinasiens, 57 - 58.BROOKS, Arabs in Asia Minor, 184 - 186.299 Theophanes AM. 6151, 6153 und 6160. KAPLONY, Konstantinopel und Damaskus, 51 —52.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Arabissos, der sich nicht der Revolte des Saborios angeschlossen hatte, Sergios in den Pässen

gefangenzusetzen. Dies gelang, und Andreas ließ Sergios hinrichten. Konstantinopel

entsandte inzwischen eine Armee unter dem Patrikios Nikephoros gegen Saborios. Da starb

Saborios, der sich nach einer Stadt namens Adrianupolis begeben hatte, bei einem Reitunfall

und die Rebellion brach zusammen. Dies erfuhr Fadällah erst, als er das Gebiet der

Hexapolis, also der Provinz von Melitene, erreichte; er wartete auf Verstärkung und stieß

dann bis Chalkedon vor. Auf dem Rückmarsch eroberten die Araber auch Amorion und

belegten es mit einer Garnison. Im Winter gelang dem xouicou2tpto Andreas die

Rückeroberung der Stadt.30°

Dieser Aufstand gilt als der früheste Beleg eines Themas Armeniakon. Doch wird Saborios

nicht als Stratege eines „Themas“ Armeniakon, sondern als o ‘rv ‘Apt8vuKwv otpcity6

bezeichnet. Es handelt sich also um das Kommando einer militärischen Einheit; über ihr

thema, nach Koder Zuweisungs — und Operationsgebiet, ist aus Theophanes zu vermuten, dass

es das Gebiet von Melitene (die Hexapolis), das nach der arabischen Eroberung von 656

offenbar wieder unter byzantinische Kontrolle kam, einschloß.30‘Der Gesandte des Saborios,

Sergios wird als G-rputl “n (das griechische Äquivalent zu magister militum) bezeichnet;

war inzwischen zu einem militärischen Rangtitel geworden, der in der zweiten

Hälfte des 7. Jh. noch relativ hoch einzuschätzen ist. Sein Kommando innerhalb des Heers der

‘Ap.tEvüxKrn ist nicht genannt. Sergios erkannte den KoutKou2pto Andreas, einen

Vertrauten des Kaisers, als ranghöher an, und begrüsste ihn bei ihrem ersten

Zusammentreffen in Damaskus ehrerbietig; das xouf3ucou2ptoc — Amt hatte im 7. Jh. an

Bedeutung gewonnen und wurde unter anderen auch an viele der K822plo, die von

kaiserlichen Privatschatzmeistern zu Oberaufsehern der Finanzen überhaupt aufstiegen,

verliehen. Ihre Nähe zum Kaiser empfahl sie oft für Spezialaufträge (so kommandierte der

22po; Theodoros die Truppen des Herakleios in Syrien) und auch bei Andreas streicht

eine orientalische Quelle seine diplomatischen und militärischen Qualitäten heraus. Andreas

kommandierte dann das Heer, das Amorion zurückeroberte.302

300 Theophanes A.M. 6159. Saborios: PMBZ 4, Saborios Nr. 6476, 72. TOUMANOFF, Caucasia andByzantium, 149. Sebos 138; transl. THOMSON, 100, kennt einen Fürst apuh Amatuni, der sich 640 an derVerteidigung Dvins gegen die Araber beteiligt. Ein Großteil des Hauses der Amatuni flüchtete ca. 772 ins Gebietdes Imperiums: GARSOrAN, Epic Histories, 346. Sergios: PMBZ 4, Sergios Nr. 6534, 94. KAPLONY,Konstantinopel und Damaskus, 51 — 75 (mit arabischen und syrischen Quellen). KAEGI, Unrest, 166 — 167.STRATOS, Seventh Century 3, 236 — 247. RAMSAY, Asia Minor, 142, lokalisiert Adrianupolis in Phrygien,demnach hätte sich Saborios bereits auf den Marsch nach Westen begeben.°‚ Pertusi, De thematibus, 117. BLYSIDU, Mikra Asia, 113 (Wertung als erste sichere Erwähnung des Themas).KODER, Thema, 161. TOURNEUR, Hexapolis, 947—952.302 Stratelates: HALDON, Administrative Continuities, 16 mit Anmerkung 41. KAPLONY, Konstantinopel undDamaskus, 58 — 59 (Ehrbezeugung). Kubikularios und Sakellarios: HALDON, Seventh Century, 185 mit

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Aufschlüsse über die militärische Struktur der armenischen Provinzen an der arabischen

Grenze gibt die Person des (12to13pcL im Sinn von Paß oder schwer

passierbarer Straße) von Arabissos. In der Region um Arabissos (in der justinianischen

Armenia tertia bzw. Armenia prima nach Maurikios) waren die wichtigen Pässe und

Straßenverbindungen über den Tauros nach Kilikien und Syrien zu finden (Adata—Paß,

Pyramos—Tal nach Germanikeia, Eyerbel—Paß an der Straße von Kukusos nach Germanikeia,

Mazga9bel—Paß). Vielleicht richtete schon Herakleios hier ein militärisches Kommando zur

Sicherung der Taurosübergänge gegen die Araber ein. 908 schuf Leon VI. in derselben

Region die ic2ElGopa Lykandos, die 916 zum Thema erhoben wurde und auch Arabissos

umfasste.303 Die ab der zweiten Hälfte des 8. Jh.s eingerichteten KÄ.cYopcn stellten

eigenständige Kommandos dar, aber rangierten rangmäßig unter den Themenstrategen. Beim

K2ccToupo(pöXcL von Arabissos ist unklar, ob er ebenfalls ein direkt dem Kaiser unterstelltes

Kommando innehatte oder dem Strategen Saborios unterstand. Die Bedeutung der

Taurospässe für die Verteidigung im 7. Jh. unterstreicht die Ernennung des Herakleios durch

seinen Bruder Kaiser Tiberios II. 698 zum Monostrategos der Themenkavallerie und sein

Auftrag, ‘iti tci jipi Kctititctöoicia; Kcn uv istcoupv zu patroullieren. In Kilikien erlangte

Herakleios dann 704 einen Sieg über die Araber bei Sision (heute Kozan, wo die Route von

Komana chryse über Gezbel, Saymbeli und Feke nach Kilikien mündete). Dies deutet

daraufhin, dass die Kommandanten der ic2.Etaoi5pcu des Tauros zumindest im Kriegsfall den

Themenstrategen von Anatolikon bzw. Armeniakon unterstanden.304

4. 2. 3 Die erneute Oberhoheit über Armenien unter Justinian II. und die arabische

Besetzung Armeniens

In den 670er Jahren unternahmen die Araber mehrere weitreichende Flottenunternehmen, die

in den Angriffen auf Konstantinopel 674 bis 678 ihren Höhepunkt fanden. Nach dem

Scheitern seiner Flotten vor der Hauptstadt des Byzantinischen Reiches und auch angesichts

der weiten Raubzüge der im Amanos beheimateten MardaYten sah sich Mu‘äwiya genötigt,

mit Konstantinos IV. einen Frieden zu schließen, der nach Theophanes regelmäßige

Zahlungen an den Kaiser beinhaltete. Dieser Friede wurde von ‘Abdalmalik, der sich von

Anmerkung 46 - 186. ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 747, Nr. 911, Nr. 932 und Nr. 1863 (Sakellarioi —

Siegel mit Kubikulariostitel). KAPLONY, Konstantinopel und Damaskus, 55 —56 (Qualitäten des Andreas).303 FERLUGA, Le clisure bizantine, 11 — 12. HILD — RESTLE, Kappadokien, 145 (Arabissos) und 223 — 226(Lykandos). HONIGMANN, Ostgrenze, 65 — 66 (Lykandos). HILD, Strassensystem, 130 — 140 mit Karte 14.HALDON — KENNEDY, Arab — Byzantine Frontier, 83 — 84 (Einrichtung unter Herakleios) und 81 mit Karte.KAEGI, Early Islamic Conquest, 240 — 243 mit Karte 5.

93

Page 98: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

verschiedenen Seiten in Bedrängnis sah, 685 mit Konstantinos IV. und im selben Jahr auch

mit dessen Nachfolger Justinianos II. erneuert.305

Im Abkommen zwischen Justinianos II. und ‘Abdalmalik wurde nach Theophanes die Teilung

des Steueraufkommens von Zypern, Armenien und Iberien zwischen den beiden Mächten

vereinbart. Lilie ist der Ansicht, dass Transkaukasien der Kontrolle des durch Bürgerkriege

erschütterten Kalifats olmehin entglitten war und somit ‘Abdalmalik den Byzantinern durch

den Vertrag freie Hand in Armenien und Iberien gewährte, auch um die Stellung seines

Gegners Ibn az — Zubayr, der sich in Mesopotamien festgesetzt hatte, zu schwächen. Die

nachfolgende Besetzung dieser Gebiete durch die Byzantiner, die offenbar von den Arabern

nicht als Vertragsbruch interpretiert wurde, scheint die These von Lilie zu bestätigen. 685 fiel

auch der ixan Hayoc‘ Grigor Mamikonean, der seit 661 in Armenien für den Kalifen

amtierte, im Kampf gegen die Chazaren.306

Kurz nach obigem Vertragsabschluss entsandte Justinianos II. Leontios, den Strategen der

Anatolikoi, mit einem Heer nach Osten. Dieser konnte Armenien besetzen und auch die

Unterwerfung von Iberien, Albania (Aluank‘), Bukania (nach Toumanoff Bola in Tayk‘,

nach Ansicht Kaplonys Öurgän, also Iberien) und Media (nach Kaplony Teile Ädarbayäns)

erreichen. Leontios erlegte als Zeichen der Anerkennung der Oberhoheit und in

Übereinstimmung mit dem vorher geschlossenen Vertrag den Gebieten Abgaben auf, die er

nach Konstantinopel sandte. Daneben blieben die Byzantiner auch militärisch dauerhaft

präsent, nach Step‘anos Taronec‘i stationierten sie 30 000 Mann in Armenien. Diese Truppen

behandelten Armenien wie Feindesland und betrieben auch Menschenraub.307

Der neue i.an Hayoc‘ Aot Bagratuni erkannte die byzantinische Oberhoheit an und erhielt

den Titel eines Kuropalates; nach seinem Tod 689 setzte Justinianos II. Nerseh Kamsarakan

als ixan ein. Mit der erneuten Kontrolle über Armenien ging wieder ein

Kirchenunionsversuch einher; der Kaiser ließ den Katholikos Sahak III. nach Konstantinopel

bringen und zwang ihn, die Einheit der Kirchen und das Konzil von Chalkedon anzuerkennen.

304 FERLUGA, Le clisure bizantine, 10 und 17. HALDON, Warfare, State und Society, 79 und 114.Monostrategos Leontios: Theophanes A.M. 6190, 6195 und 6196. HILD, Straßensystem, 132 mit Karte 14(Route Kornana — Sision).

Theophanes A.M. 6162 —6178. KAPLONY, Konstantinopel und Damaskus, 77— 85 und 99— 123.306 Theophanes, A.M. 6178. LILIE, Byzantinische Reaktion, 101 und 109. KAPLONY, Konstantinopel undDamaskus, 123 — 124. LAURENT, L‘Armnie, 243 und 402.

Theophanes, A.M. 6178. LAURENT, L‘Armnie, 236 - 237, 243 und 402. HEAD, Justinian II., 33 — 34.TOUMANOFF, Studies, 450 mit Anmerkung 53. KAPLONY, Konstantinopel und Damaskus, 123 — 124 und129 — 130. CANARD, Arminiya, 662 — 663 (zur arabischen Geographie von Armenien). Step‘anos Taronec‘i 2,2. Geographisch stimmig wäre eine Identifikation von Bukania mit Muqan (Muank‘), einer Landschaft, diesüdlich des Araxes unweit dessen Zusammenfluß mit dem Kur und somit zwischen Aluank‘ im Norden undÄdarbaygän im Süden liegt: Hinweis SEIBT. Zur Lokalisierung von Muqan: HEWSEN, Geography of Ananiasof irak, 198 — 199. Menschenraub in Armenien und Andrapoda — Siegel: SEIBT — THEODORIDIS, Rätsel derAndrapoda — Siegel, 405 —406.

94

Page 99: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Wie frühere Unionen dauerte diese Einheit nur bis zum Verlust der Oberhoheit über

Armenien an.308

Neben der Oberhoheit über Armenien gewannen die Byzantiner auch die Kontrolle über die

vier armenischen Provinzen wieder. Ein Kommerkiariersiegel aus dem Jahr 694/95 nennt die

Armenia quarta; Melitene wird 696/97 wieder als Ziel eines arabischen Angriffes erwähnt. Im

Grenzgebiet der armenischen Provinzen zu Syrien bzw. Mesopotamien nahm Justinianos II.

gemäß dem Vertrag von 685 im folgenden Jahr auch umgesiedelte Bevölkerungsteile der

MardaYten entgegen.309

Während ‘Abdalmalik die Oberhand über seine Gegner gewann, brach Justinianos II. das

Abkommen, indem er Teile der Bevölkerung von Zypern umsiedelte. Im folgenden Jahr 692

marschierte der Kaiser mit einem großen Heer, darunter Einheiten von wenige Jahre früher

von ihm im Gebiet des Themas Opsikion angesiedelten Slawen, nach Osten, um dem Einfall

der Araber unter Muhammad b. Marwan zu begegnen. Zwischen Sebasteia und Sebastupolis

in der Armenia secunda erlitten die Byzantiner nach dem Überlaufen eines Teils der

slawischen Hilfstruppen eine Niederlage.31°

Nach den militärischen Mißerfolgen des Kaisers wechselten die naxarare 693 erneut die

Seiten, ein neuer i.xan, Smbat Bagratuni, erkannte die arabische Oberhoheit an. Die Araber

nahmen ihre Einfälle in die byzantinischen Provinzen wieder auf, sie konzentrierten sich nun

mehr auf die Verwüstung und Eroberung der Grenzregionen, um die Verteidigungskraft der

Byzantiner zu schwächen. 694 zog Muhammad b. Marwan mit den slawischen Überläufern

von 692 nach Kleinasien, 695 machte er in der Armenia quarta viele Gefangene und 696

verwüstete al — Walid das Gebiet von Melitene. 696/697 tauschte der Patrikios und regierende

Fürst der Lazen Sergios die byzantinische Oberhoheit gegen die arabische.31‘

698 machte Tiberios II. seinen Bruder Herakleios zum Monostrategos der KcL23xLpuccL

O.urrcL (siehe 4. 2. 2); dieser konnte in seinem Kommando einige Erfolge erringen, da

308 LAURENT, L‘Armnie, 402 - 403. SEIBT, Slawenpolitik Justinians II., 130. TER — GHVONDIAN, Princed‘Armnie. 186 — 187. Union: Narratio de rebus Armeniae § 144 — 147, ed. GARITTE, 46— 47. MAHE. Diearmenische Kirche 611 — 1066, 496. GARSOIAN, Schisme d‘orient, 394—396.309 Siegel: ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 191. SEIBT, BSI 26, 209 (Korrektur der Lesung zu‘Apjievict). SEIBT, Slawenpolitik Justinians II., 131. Zu den Kommerkiariern siehe 4. 3. Theophanes A.M.6179 (Mardalten) und A.M. 6189 (Angriff auf Melitene).310 Theophanes A.M. 6183 —6184. HEAD, Justinian II., 47 —50. SEIBT, Slawenpolitik Justinians II., 130. HILD— RESTLE, Kappadokien, 274. KAPLONY, Konstantinopel und Damaskus, 133 - 134. LAURENT, L‘Armnie,412—413.311 Theophanes A.M. 6185 (Abfall des Sabbatios, Patrikios von Armenien), 6186 — 6187 (Einfälle desMuharnrnad b. Marwan) und 6189 (Zug gegen Melitene und Abfall der Lazen). MANGO - SCOTT, Chronicle ofTheophanes Confessor, 516 mit Anmerkungen 1 und 2. BROOKS, Arabs in Asia Minor, 190 (Angriff aufMelitene). HALDON — KENNEDY, Arab — Byzantine Frontier, 82 (neue Taktik der Araber ab 693).LAURENT, L‘Armnie, 243, 403 und 413 —414.

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Page 100: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

‘Abdalmalik in den Jahren 700 und 701 wieder einer Revolte in Persien begegnen musste. 700

drangen die Byzantiner bis Samosata am Euphrat vor und machten viele Gefangene. Im Jahr

702 belagerte ‘Abdalläh b. ‘Abdalmalik ohne Erfolg Taranta (Darende) nordwestlich von

Melitene, baute aber Mopsuestia (Misis) in Kilikien als Stützpunkt für weitere Feldzüge aus.

704 besiegte Herakleios die Araber bei Sision (siehe 4. 2. 2).312

Weniger Erfolg war der Politik des Kaisers Tiberios II. in Armenien beschieden. 702 übergab

nach Theophanes Baanes mit dem Spitznamen „Heptadaimon“ die Armenia quarta den

Arabern. In welcher (wohl militärischen) Funktion dieser Baanes, dem Namen nach zu

urteilen ein Armenier (Vahan), in der Armenia quarta amtierte, ist unklar. Die Präsenz des

Kommerkiariers Georgios laut einem Siegel von 695/696 läßt den Bestand einer

byzantinischen Provinzverwaltung vermuten.313

703 unternahmen die naxarare um Smbat Bagratuni einen Aufstand gegen die arabischen

Oberherrn, konnten bei Vardanakert einen Sieg erringen und sich in Tayk‘ festsetzen.

Tiberios II. sandte nach vorhergehenden Konflikten mit Smbat militärische Hilfe und

zeichnete den ixan mit dem Kuropalates—Titel aus. Doch ein Heer unter Muhammad b.

Marwan schlug die Rebellion nieder und besiegte Srnbat Bagratuni; der ixan und einige

seiner Anhänger flüchteten auf byzantinisches Gebiet. Auf Befehl des Kaufen berief Ibn

Marwan eine Versammlung der naxarare nach Naavan ein, wo viele von ihnen als Strafe

für den Aufstand getötet wurden.314

Die armenischen Flüchtlinge um Smbat Bagratuni siedelte Tiberios II. bei Phasis (Poti) an

der westgeorgischen Schwarzmeerküste an. Dies sind wohl jene Armenier, die im Rahmen

einiger militärischer Aktionen im Gebiet der Apazen und Lazen, die Leon (der spätere

Kaiser Leon III.) auf Befehl Justinianos‘ II. während dessen zweiter Regierung (705 — 711)

unternahm, zusammen mit byzantinischen Truppen Archaiopolis (Nokalakevi), die Hauptstadt

der Lazen, belagerten. Beim Herannahen einer arabischen Armee zogen sie sich nach Phasis

312 Theophanes A. M. 6190— 6193 und 6196. HALDON, Warfare, State and Society, 209—210 (zu den Erfolgendes monostrategos). HALDON — KENNEDY, Arab — Byzantine Frontier, 107 — 108 (Aufbau arabischerStützpunkte in Kilikien).313 Theophanes A.M. 6194. Siegel: ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 191. SEIBT, BS1 36, 209. Ein

Athener Siegel aus dem 8. Jh. nennt einen Baanes apo eparchon „Pompos“ (eventuell „Pompes“), der nachAnsicht von Seibt mit Baanes „Heptadaimon“ ident sein könnte: SEIBT, Beinamen, 2 —4 mit Anmerkung 19.314 Levond 10. Theophanes A.M. 6195. LAURENT, LArmnie, 243 — 245 und 412 - 414. TER —

GHVONDIAN, Prince d‘Armnie, 188 — 189. YUZBASHIAN, Titres Byzantins, 218. Smbat Bagratuni:

PMBZ 4, Smbat Bagratuni Nr. 6828, 171 — 172. Vardanakert: Im heutigen iranischen Aderbeidschan südlich des

Araxes in der Nähe des Zusammenflusses mit der Kur, vermutlich ident mit der Ruinenstätte Altan. HEWSEN,

Geography ofAnanias ofSirak, 258 und Karte 21.

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Page 101: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

zurück. Smbat kehrte nach dem Regierungsantritt des Kaisers Philippikos (711), der nach

Theophanes die Armenier aus dem Reich vertrieb, nach Armenien zurück.315

Nach 703 blieb den Byzantinern weitere Einflussnahme in Armenien jenseits des Euphrat für

längere Zeit verwehrt. Die arabische Herrschaft wurde durch die Person des ostikan

(Statthalter des Kaufen) und arabische Garnisonen im Grenzgebiet zum Imperium unmittelbar

in Armenien präsent. Auch Theodosiupolis erhielt 700 eine arabische Besatzung, Melitene

blieb bis zur Rückeroberung 934 meist in der arabischen Sphäre. Zwar konnte Konstantinos

V. 750 beide Städte erobern, zog aber nach der Deportation von Teilen der Bevölkerung ab.

Für mehr als zwei Jahrhunderte gingen die Gebiete der Satrapien, große Teile von Armenia

interior und die Region um Melitene verloren.316

4. 2. 4 ‘Apivtot und ‘ApJuMcKot

Charanis, Toumanoff und Garsoan streichen die Bedeutung des armenischen ethnischen

Elements für das Thema der Arrneniaken heraus. Bestätigung können sie in De thematibus

finden, wo ja der Name des Themas von den angrenzend und im Thema wohnenden

Armeniern hergeleitet wird.317

Tatsächlich finden sich unter den für das 7. und 8. Jh. erwähnten Strategen des Themas der

Armeniaken zahlreiche Armenier. Nach Saborios, den Toumanoff als Armenier ansieht, trat

der Stratege Artabasdos (also Artawazd, bei Theophanes ausdrücklich als Armenier

bezeichnet) als wichtigster Unterstützer Leons III. auf, der nach dessen Thronbesteigung zum

Schwiegersohn des Kaisers, Kuropalates und Komes des Opsikions wurde. Als sich

Artabasdos gegen den Nachfolger Leons III., Konstantinos V., erhob, wurde sein orthodoxer

Glauben im Gegensatz zum Ikonoklasten Konstantinos herausgestrichen. In den folgenden

Kämpfen des Themas der Armeniaken gegen die Konstantinos unterstütztenden Anatolikoi

und Thrakesianoi fand der Patrikios Tiridates (Trdat), ein Cousin des Artabasdos, den Tod.

315 LAURENT, L‘Arrnnie, 237, 240 und 245. TER—G1-lVONDIAN, Prince d‘Arrnnie, 188 — 189.Theophanes A. M. 6209 (Feldzug gegen Archaiopolis) und A.M. 6204 (Vertreibung der Armenier). DieArmenier wurden entgegen Theophanes und nach Michael dem Syrer von den Arabern und nicht von Philippikosum Melitene und in der Armenia quarta, die sie seit 702 beherrschten, angesiedelt: MANGO — SCOTT, 532 mit

Anmerkung 2. Nach einem Siegel von 713 — 715 blieben aber Teile der Armenia quarta unter byzantinischer

Kontrolle: ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 219. SEIBT, Westgeorgien, 138 und Tafel 36 (zur Lage von

Archaiopolis).LAURENT, LArmnie, 204 und 408. CANARD, Arminiya, 663. TER—GHEVONDIAN, Prince d‘Armnie,

187 und 195 — 200. Theophanes, A.M. 6243 (Feldzug Konstantinos V.). HONIGMANN, Ostgrenze, 73 —79 (zu

der Rückeroberung von Melitene und Theodosiupolis im 10. Jh.).TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 132. GARSOTAN, Armenian Integration, 54. Konstantinos

Porphyrogennetos, De Thematibus, 18.

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Page 102: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Der Sohn des Artabasdos, Niketas, kommandierte als monostrategos die Der

nächste Armenier auf dem Posten des Strategen der Armeniaken war Bardas bzw. Bardanes

(Vardan) unter Konstantinos V.. Unter Kaiser Leon 1V. kommandierte Karisterotzes (wohl

Varaztiroc‘) die Armeniaken, Armenier stellten auch die Mehrzahl der übrigen

Themenstrategen.319 791/92 erwählten die gegen Irene und Konstantinos VI. opponierenden

Armeniaken Alexios Musulem (wohl von Muel, vielleicht ein Mamikonean) zum Strategen.

Dass Armenier hohe und höchste militärische Ränge in der byzantinischen Armee innehatten,

kann seit dem 6. Jh. oft beobachtet werden (auch als der Großteil Armeniens unter

sasanidischer Oberhoheit stand), dies setzte sich nach der arabischen Eroberung fort. Unter

den bekannten Strategen des Themas der Armeniaken sind Armenier allerdings in größerer

Zahl zu finden.320

Der Dienst von Arrneniern im Heer der Armeniaken ist evident, ob allerdings die

überwiegende Mehrzahl der Soldaten Armenier war, wie Charanis meint, lässt sich aus den

Quellen nicht erkennen. Er nennt zwei Theophanesstellen, in denen ‘Apvtot und

‘ApJlEvicLKot nebeneinander genannt werden, zum einen in den Kämpfen zwischen Artabasdos

und Konstantinos V. (741 bis 743), zum anderen beim Aufstand der Armeniaken gegen

Konstantinos VI. und Irene 793. Doch weist die Darstellung eher auf zwei zu unterscheidende

Truppenkörper hin. Vor allem bei der zweiten Schlacht des Jahres 793 schreibt Theophanes

die Schuld an der Niederlage der Armeniaken Armeniern zu, die mit ihnen in die Schlacht

zogen und sie betrogen. Diese ‘Ap1ivtot übergaben, als sie vom Kaiser keine Belohnung für

ihre Dienste erhielten, die Festung Kamacha an die Araber.32‘

Armenier kämpften also neben den regulären Truppen der Armeniaken (bei denen sicher auch

Armenier zu finden waren). Kamacha (heute Kernah) weist nach Armenia interior, wo die

318 Theophanes A. M. 6207, 6209, 6232 und 6234. ROCHOW, Byzanz im 8. Jahrhundert, 76, 85 — 86, und 144 —

155. BLYSIDU, Mikra Asia, 119 — 120. TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 150, vermutet eine Abkunftdes Artabasdos aus dem Haus der Mamikonean. GARSOlAN, Armenian Integration, 96, weist daraufhin, dassdie armenischen Generäle in byzantinischen Diensten im 6. — 8. Jh. ihre traditionellen armenischen Pränominabehielten. Der Hinweis auf die Orthodoxie bei Theophanes zeigt aber die Integration ins Imperium.319 Theophanes AM. 6263 und 6270. ROCHOW, Byzanz im 8. Jahrhundert, 212 und 222 — 223.TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 150. BLYSIDU, Mikra Asia, 121. Neben Karisterotzes sind AM.6270 Artabasdos (Artawazd Mamikonean nach Toumanoff) für das Anatolikon, Tatzates (Taat, Anjewac‘i ?)für die Bukellarier und Gregorios, Sohn des Musulakios (Deminutiv zu Muiel, Mamikonean ?) für das Opsikiongenannt. Tatzates verlies nach einem missglackten antiarabischenAufstand 750 Armenien und trat in

byzantinische Dienste; 782 lief er zu den Arabern über und fungierte bis 785 als sparapet: TRITLE, Tatzates‘

Flight, 281 —285 und 294—295. GARSOlAN, The Arab Invasion, 130 und 132.320 Theophanes AM. 6283 und 6284. ROCHOW, Byzanz im 8. Jahrhundert, 253 — 255 und 259 — 260.

TOUMANOFF, Caucasia and Byzantium, 147 — 157 (Liste armenischer und georgischer Offiziere in

byzantinischen Diensten von Justinianos 1. bis 1056). GARSO‘IAN, Armenian Integration, 62 — 96.

CHARANIS, Ethnic Changes, 31 — 36. BLYSIDU, Mikra Asia, 373 — 374 (Liste der überlieferten Strategen der

Armeniaken im 7. und 8. Jh.).

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Page 103: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Festung am linken Ufer des Euphrat in der Landschaft Daranalis zu finden war. Die wichtige

Burg wechselte mehrmals den Besitzer, 679 eroberten sie kurzfristig erstmals die Araber, 710

erneut durch Verrat, 723/4 und 727 wieder. 750/1 wurde sie von den Arabern befestigt,

754/5 5 eroberte sie Konstantinos V.. 769 belagerten die Araber erfolglos Kamacha, 793 fiel

es dann mit Hilfe der Armenier in ihre Hände. Ein Bischof von Kamacha besuchte als ein

Vertreter des klima Daranalis von Armenia magna das 6. Ökumenische Konzil 680 in

Konstantinopel. Ein Siegel aus der Zeit von 713 bis 714 erwähnt die Apotheke von Koloneia,

Kamacha und Armenia quarta.322

Daranalis war offenbar jener Teil von Armenia interior, wo sich byzantinische Autorität

halten konnte. Die Präsenz armenischer Truppen in byzantinischem Dienst in dieser Region

kann mehrere Grundlagen haben. Daranalis war eines der angestammten Fürstentümer in

Arrnenia interior (Besitz der Mamikonean), Sebos erwähnt auch die Huldigung der Armenier

dieses Gebiets für Konstans II. 653 in Theodosiupolis. Den Akten des Konzils von 680 und

dem Siegel nach zu urteilen blieb Daranalis auch nach der arabischen Eroberung Teil der

Provinz Armenia prima bzw. Armenia magna, zu der es seit Justinianos 1. gehörte. Die

Armenier oder der naxarar von Daranalis (wie weit die armenischen Gefolgschaftstrukturen

nach der Provinzialisierung im Jahr 536 erhalten blieben, ist schwer zu entscheiden) könnten

zur Heerfolge verpflichtet gewesen sein. In dieser Grenzzone bestand auch die Möglichkeit,

zwischen den Großmächten zu lavieren und sich je nach politischer und militärischer Lage

dem byzantinischen oder dem arabischen Oberherrn zuzuwenden (so etablierte auch Melias in

Lykandos am Anfang des 10. Jh.s seine Macht im Niernandsiand, bis seine Stellung vom

Kaiser anerkaimt und er zum Themenstrategen wurde )323

Ein demographisches Übergewicht der Armenier in Teilen der Provinzen des Themas der

Anrienjaken ist ebenso schwer an Quellen festzumachen. Die sicher armenisch besiedelten

Gebiete jenseits des Euphrats gingen großteils verloren; in den alten Provinzen westlich des

Flusses ist mit einer Assimilierung der Armenier an die übrige Reichsbevölkerung zu rechnen.

Bevölkerungstransfers wie jener des Konstantinos V. aus Theodosiupolis, Melitene und der

Armenia quarta oder Wander — und Fluchtbewegungen wie jene des Smbat Bagratuni

verstärkten armenische Bevölkerungsanteile westlich des Euphrat, doch siedelten die Kaiser

321 CHARANIS, Ethnic Changes, 34 — 36. Theophanes A.M. 6234 (74 1/42) und AM. 6285 (792/93). MANGO— SCOTT, Chronicle ofTheophanes Confessor, 645 mit Anmerkungen 4 und 5: Die Schlacht ist auf den 26. Mai793 datiert, die Einnahme von Kamacha durch die Araber auf den 29. Juli 793.322 Theophanes A.M. 6203 (Eroberung 710), 6261 (Belagerung 769) und 6285 (Eroberung 793). HONIGMANN,Ostgrenze, 56 — 57. BLYSIDU, Mikra Asia, 158 — 159. Bischof von Kamacha: MANSI XI, 645. OHME,Armenia magna, 341 und 347. Siegel: ZACOS - VEGLERY, Lead Seals, Nr. 219.323 Sebos 165; transl. THOMSON, 137. GARSOlAN, Epic Histories, 459. Theophanes A.M. 6209 (Armenier inPhasis). Zum Niemandsiand: SEIBT, Eindringen des Islam, 588.

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Page 104: Preiser-Kapeller_Byzantine_Armenia_2001.pdf

Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Armenier auch in anderen Teilen des Reiches an. Als Beispiel zu erwähnen sind hier auch

Gemeinden der Paulikianer, die bereits unter Konstans II. von Mananalis in Armenia interior

aus ins Gebiet von Koloneia wanderten und dort auf Befehl von Konstantinos IV.

Justinianos II. und Leon III. verfolgt wurden, woraufhin die Gemeinde wieder nach Mananalis

zurückkehrte, in der zweiten Hälfte des 8. Jh.s aber erneut im Gebiet der Armeniaken zu

finden waren. Die Grenze stellte wie in den vorangegangenen Jahrhunderten für die Armenier

keine Barriere dar.324

4. 3 Die Zivilverwaltung der armenischen Provinzen und das Thema der Armeniaken

4. 3. 1 Die armenischen Provinzen in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts

Von den 27 Provinzen, die Kleinasien im 6. Jh. umfasste, scheinen 26, vor allem auf Siegeln,

auch im 7. und 8. Jahrhundert auf, wie Lilie bemerkt. Darunter sind auch die armenischen

Provinzen, wie sie seit Justinianos 1. bzw. Maurikios bestanden, zu finden.325

Das erste Kommerkiarier — Siegel einer der armenischen Provinzen ist in die Jahre 672 bis

681 zu datieren; es ist nicht mehr zu erkennen, um welche der Provinzen es sich handelt. Die

Apotheke der Armenia prima findet sich auf einem Siegel aus der Regierung Justinianos‘ II.

(687/688); allerdings ist unklar, ob die Armenia prima des Justinianos 1. (mit dem Hauptort

Justinianupolis) oder des Maurikios (Hauptort Melitene), das heißt, welche Provinzeinteilung

Bestand hatte. Einen Hinweis liefern die Akten des Konzilien von 680 und 692. Noch auf dem

zweiten Konzil von Konstantinopel 553 war die Sprengeleinteilung und —Bezeichnung von

der justinianischen Reform des Jahres 536 unbeeinflußt geblieben. 680 unterzeichneten

Theodoros von Melitene und Gregorios von Arka, 692 die Bischöfe von Arabissos und

Kukusos, Suffragane von Melitene, als Angehörige tijc ltpd)tr tdv ‘Apviwv ‘E7tcLpyia.

Auch in der ersten ins 7. Jh. zu datierenden Notitia episcopatuum wird der Sprengel von

Melitene als Armenia prima bezeichnet. Offenbar setzte sich die Einteilung des Maurikios

durch und wurde von den Bischöfen übernommen.326

Demnach ist das Siegel von 687/688 in die Provinz von Melitene/ Hexapolis zu lokalisieren.

Ein weiteres Siegel tv nucv KojiIEpidov rj icctou ‘Ewt6w, das jetzt in das letzte

324 Theophanes AM. 6243 (Feldzug des Kaisers Konstantinos V.). CHARANIS, Ethnic Changes, 29 — 31.GARSOlAN, Paulician Heresy, 116 — 120. GARSOrAN, Arab Invasion, 127 — 132 (Fluchtbewegungen im 8.Jh.).325 LILIE, Zweihundertjährige Reform, 32. Zur justinianischen Einteilung siehe 2.2.1, zu der des Maurikios 3. 2.326 ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 155 (Armenia 672 — 681) und Nr. 162 (Armenia 1 687/688). SEIBT,BS1 36, 209. Sprengel 553: siehe 2. 2. 1. Konzil 680: ACO II, 2, 2, 782 und 792,. Konzil 692: MANSI XI, 999.OHME, Armenia magna, 345. Notitia episcopatuum 1, 216 - 222; ed. DARROUZES, 209.

100

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. —7. Jh.)

Regierungsjahr Leons III. (741) datiert wird, zeigt auch den Weiterbestand dieser

Bezeichnung für die Provinz. Als Grenzgebiet wurde die Armenia prima oft Ziel arabischer

Einfälle, Melitene und sein Umland in den Jahren 636, 656, 668 und 696.327

Die Armenie secunda mit Sebasteia blieb in ihrer Ausdehnung unverändert erhalten,

allerdings schien jetzt der Sprengel von Sebasteia auch in den Konzilsakten und der Notitia

episcopatum als &rntpci tv ‘Apivkov ‘8ltcipyJcL auf. Die Suffragane blieben in ihrer seit

dem 5. Jh. bestehenden Zusammensetzung erhalten, also auch Koloneia, Nikopolis und

Satala, die zur zivilen Provinz Armenia magna gehörten.328

Allerdings unterzeichneten die Bischöfe von Koloneia und Nikopolis als Angehörige ihrer

zivilen Provinz MEy12 ‘Apiivicx, der Armenia magna von 591, die offenbar in unveränderter

Ausdehnung weiter bestand. Als kirchlicher Sprengel bezeichnete Arrnenia magna aber

weiterhin nur das Gebiet von Armenia interior, das der Metropolis Kaisareia unterstand. In

dieser Region musste die Provinz teritoriale Einbußen hinnehmen; Theodosiupolis wurde 655

und erneut 700 erobert und erhielt eine arabische Besatzung. Die Grenze zu Armenien

verschob sich nach Westen zum Euphrat. Von dort besuchte Georgios Bischof toi3 12tJicLroq

Actpcvd.2cco tj M8y6.2. ‘Apviw bzw. Acipctv6Xsw; ‘itot t Kut6 die Konzilien

von 680 und 692. 680 war auch noch Bischof Theodoros dj n62sw

‘iyouv to3 ic2djicttoc (‘A)KEvtvij; in Konstantinopel anwesend. Daranalis mit Kamacha

und Akilisene (Ekeleac‘) mit der Provinzhauptstadt Justinianupolis (Cimin) waren von den

gawark‘ Armenia interiors den Byzantinern zumindest 680 noch verblieben.329 Auf den

Siegeln der Kommerkiarier scheint nicht Armenia magna als Provinz auf, sondern die

Apotheke von Koloneia (713 — 715 zusammen mit Kamachon und der Armenia quarta,

717/718 als Apotheke von Koloneia und aller Provinzen der Armeniaken). Koloneia löste

Theodosiupolis als militärisches Zentrum ab und wurde nach arabischen Quellen zum

Hauptquartier des Strategen der Armeniaken; letzteres Siegel zeigt auch die allmähliche

Verknüpfung der Provinzen mit den neuen Verteidigungsbezirken der Themen und weist auf

die Rolle Koloneias als zumindest wirtschaftliches Themenzentrum hin.330 Neben der

Apotheke von Koloneia war an der Schwarzmeerküste die Apotheke von Lazike, Kerasus

327 TOURNEUR, Hexapolis, 951 mit Tafel 7 (Darstellung des Siegels, das Tourneur noch ins Jahr 711 datiert.).

ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 260. HILD — RESTLE, Kappadokien, 191 (mit Hinweis auf die neue

Datierung) und 234 (Melitene). BRANDES, Städte Kleinasiens, 75 — 78 (Liste der Einfälle).328 Sebasteia und Armenia II: ACO II, 2, 2, 796 (680). MANSI XI, 990 (692). Notitia episcopatuum 1, 202 - 207;

ed. DARROUZS, 208. OHME, Armenia magna, 345 — 346.329 MANSI XI, 997 (Konzil 692: Unterschriften von Koloneia und Nikopolis). Notitia episcopatuum 1, 76; ed.

DARROUZS, 206. (Theodosiupolis als Suffragan von Kaisareia). Daranalis: ACO II, 2, 2, 786 (Konzil 680).

MANSI Xl, 994 (Konzil 692). Justinianupolis: ACO II, 2, 2 ‚ 786. GARSO1AN, Armenian Bishops, 281 mit

Anmerkung 133. OHME, Armenia magna, 341 und 346—348.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Th.)

(Giresun) und Trapezus (auf Siegeln aus den Jahren 689/690, 691 — 693 und 692/693) bzw.

von Lazike (auf Siegeln von 702 — 704, 710/711, 711/712 und 717) aktiv. Zwar unterwarf

sich 696/697 nach Theophanes der Patrikios der Lazen den Arabern, doch blieb etwa Phasis

(Poti) als Stützpunkt an der westgeorgischen Schwarzmeerküste erhalten (wo die Armenier

um Smbat Bagratuni nach 703 angesiedelt wurden, siehe 4. 2. 3)•331

Die Provinzgliederung des Maurikios blieb auch im Gebiet der Satrapien, die seit 591 in zwei

Provinzen, der Armenia quarta (Sophanene mit Martyrupolis und Arzanene) und der Armenia

quarta altera oder lustiniana (mit den klimata Sophene, Anzitene mit dem Provinzhauptort

Dadimon, Digesine, Garine, Balabitene, Chorzanene, Asthianene mit der Festung Kitharizon

und Muzuron), gegliedert waren (siehe 3. 2. 1), erhalten. Auf dem Konzil von 692 war Elias,

der Bischof ijtwv tiyrpoit6Xw; t‘j A‘ ‘Iouotwavij, vertreten, ihn begleitete Bischof

Marianos KOctpitov tjc A‘ (eine Verschreibung für A‘) tv ‘Apiivkov ‘E7tcip‘Ju. Die

gesamte Armenia quarta altera entlang des Arsanias bis Kitharizon nahe der Grenze von 387

war offenbar unter byzantinischer Kontrolle.332 Auf einem Siegel aus dem Jahr 695/696

scheint die Apotheke von Armenia quarta auf. 701/702 übergab dann Baanes Heptadaimon

nach der Angabe des Theophanes die Armenia quarta den Arabern. Doch weist ein Siegel aus

den Jahren 713 — 715, das die Apotheke von Koloneia, Kamacha und Armenia quarta nennt,

darauf hin, dass zumindest Teile der Provinz (vielleicht die unmittelbar südlich an das Gebiet

von Kamacha angrenzenden Regionen wie die klirnata Muzuron, Digesine und Sophene

nördlich des Arsanias) wieder unter byzantinische Kontrolle gelangten. Dazu passt auch die

Nachricht bei Theophanes, dass Philippikos 7 11/712 Armenier zwang, sich um Melitene und

in der Armenia quarta anzusiedeln.333

Insgesamt hatte also die Provinzgliederung des Justinianos 1. von 536 mit den Veränderung

des Maurikios 591 bei teilweise grossen Gebietsverlusten an den Grenzen bis ins 8. Jh.

Bestand.

4. 3. 2 Die zivile Provinzverwaltung und das Heer der Armeniaken

Die Provinzen existierten in ihrer alten Form weiter und die Verwaltung durch Statthalter, die

dem im 7. Jh. noch bestehenden praefectus praetorio per Orientem — wenn auch mit

330 ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 219 (Siegel von 713 — 715) und Nr. 222 (Siegel von 717/18).HONIGMANN, Ostgrenze, 52 (Koloneia als Themenzentrum).‚ ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 164, 178 und 179 (Apotheke von Lazike, Kerasus und Trapezus) undNr. 204, 2764, 208 und 221 (Apotheke von Lazike). Notitia Episcopatuum 1, 413 —417; ed. DARROUZES, 212(Diözese von Lazike). SEIBT, Westgeorgien, 139 — 142.332 MANSI XI, 992 (Dadimon) und 1005 (Kitharizon). GARSOlAN, Armenian Bishops, 281 mit Anmerkung134. OHME, Armenia magna, 341.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

schwindender Macht - unterstanden, wurde wie früher ausgeübt. Die Versorgung der

Truppen, die jetzt über alle Provinzen Kleinasiens verteilt waren, war schon vorher immer

eine der wichtigsten Anforderungen an die Zivilverwaltung gewesen.

Allerdings hatten sich die Ressourcen des Staates gegenüber dem 6. Jh. wohl dramatisch

vermindert. Die arabische Expansion hatte mit der Eroberung von Ägypten und der Diözese

Oriens (hinzu kam die Besetzung weiter Teile der Balkanhalbinsel durch Slawen und

Awaren, später Bulgaren) das Budget des Byzantinischen Reiches nach der Schätzung

Hendys um bis zu drei Viertel reduziert. Die Wirtschafisleistung der verbliebenen Provinzen

minderten die demographischen Einbrüche durch die nach der justinianischen Pest

wiederkehrenden Epidemien und die weitreichenden Einfälle der Araber (vorher auch jene der

Sasaniden 610 — 628). Dem Staat fehlte es an Goldmünzen zur Besoldung der Soldaten, ab ca.

658/668 verschwanden die Kupfermünzen, die dem normalen Handelsverkehr gedient hatten,

aus Kleinasien. Die meisten fabricae, die unter anderem die Ausrüstung für die Soldaten

hergestellt hatten, gingen mit den eroberten Gebieten verloren.334

In dieser Zeit scheinen einige neue zivile Funktionäre in den Quellen (vor allem Siegel) auf,

deren Aufgabenbereiche aber meist nicht beschrieben sind und oft nur durch Rekontruktionen

aufgrund der späteren Strukturen der Themenverwaltung, wie sie ab dem 9. Jh. dokumentiert

ist (Taktikon Beneseviö und spätere Taktika), bestimmt werden können.

Nach der Rekonstruktion von Haldon wurden die beiden Kassen des praefectus praetorio (der

an Einfluss allmählich verlor), die -yvucij tp6itscL und die ‘öucij tp1utEcL, bereits gegen Ende

der Regierung des Herakleios zu eigenständigen Institutionen, die etwa die Funktionen des

verschwindenden comes sacrarum largitionum übernahmen. Daneben stieg der sacellarius, der

Verwalter der Privatbörse der Kaisers innerhalb des kaiserlichen Haushaltes (sacrum

cubiculum), zu einem mächtigen Funktionär mit Aufsichtsrecht über die gesamtstaatliche

Finanzverwaltung auf, der aber auch gelegentlich für andere Aufgaben herangezogen werden

konnte (siehe 4. 2.

Der Oberaufsicht über die Steuereinhebung in einer Gruppe von Provinzen bzw. allen

verbliebenen Provinzen der östlichen Präfektur und zur Verbindung zwischen Zentral- und

Provinzverwaltung diente nach Haldon die Funktion des ötowiyrrj t65v ‘7tcLpxiov, die auf

Siegeln und in den Akten des 6. Ökumenischen Konzils 680 seit Herakleios und für die

ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 191 (Siegel 695/696) und Nr. 219 (Siegel 713 —715). SEIBT, BS1 36,

109. Theophanes A.M. 6194 (Übergabe der Armenia quarta) und 6204 (Umsiedlung durch Philippikos).HENDY, Studies, 625 — 627. HALDON, Seventh Century, 225 — 226.HALDON, Seventh Century, 183 — 190. HENDY, Studies, 629 (Eigenständigkeit der ‘töucq tptccx).

JONES, Later Roman Empire, 450 (Kassen des praefectus praetorio) und 567 — 568 (sacrum cubiculum und

sacellarius).

103

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

zweite Hälfte des 7. Jh.s belegt ist. Daneben gab es ouciyrct für einzelne Provinzen, wie

vormals die tractores des praefectus praetorio per Orientem. Um 700 scheint erstmals ein

ötotKflt1- der Anatolikoi auf; die themata der einzelnen Armeen wurden allmählich zu neuen

Verwaltungseinheiten.336

Auf der Provinzialebene wurde die Neustationierung der exercitus vermutlich nach dem

gewohnten Muster der Einquartierung und Versorgung aus dem Umland organisiert. Doch

machten der Schwund an Bevölkerung, die zu beobachtende Verkleinerung von Städten und

die Probleme des Staates, den Sold in vollem Umfang sicherzustellen, eine Änderung der

Praktiken notwendig. Das Verschwinden der Kupfermünzen lässt auch den Schluss zu, dass

die übliche Ablöse der Naturalabgaben an den Staat durch Geld (adaeratio) nicht mehr in

großem Umfang stattfand (Kupfermünzen dienten dem normalen Handel auf lokaler

Ebene)

Die prominentesten zivilen Funktionäre in der zweiten Hälfte des 7.Jh.s sind die

Kommerkiarier. die auf zahlreichen Siegeln, auch für die armenischen Provinzen, bezeugt

sind. Sie traten im 6. Jh. als Nachfolger der comites commerciorum als Kontrollbeamte des

Handels an der Ostgrenze auf. Den Kommerkiariern stand vor allem die Aufsicht über die

Seidenimporte aus dem Osten zu, wobei ihnen eigene Profite zugestanden wurden (diese

Ämter wurden auch über eine Art Steuerpacht versteigert).. Die Transaktionen wurden in

staatlichen Warenhäusern (‘cL1roOKrI) vollzogen, wo auch die Überschussproduktion der

staatlichen fabricae (Textilien) vertrieben wurde.338

Ab der zweiten Hälfte des 7. Jh.s sind die Siegel der Kommerkiarier in der üblichen Form,

und zwar Name (gelegentlich auch 2 bis 3 Personen), Rangtitel, genikos kommerkiarios der

wto0iicri der Provinz bzw. einer Gruppe von Provinzen und Indiktionsjahr, zu beobachten.

Über ihren Aufgabenbereich herrscht auch in jüngerer Zeit keine Einigkeit. Oikonomides

sieht ihre Funktion als Fortsetzung ihrer früheren Tätigkeit; er vermutet, dass wohlhabenden

Individuen bzw. Gesellschaften mehrerer Personen auf einer staatlichen Auktion für ein Jahr

das Monopol erwarben, die Produktion von Rohseide und deren Verkauf (vor allem nach

Konstantinopel) in einer Provinz oder einer Gruppe von Provinzen zu betreiben. Allenfalls als

Nebengeschäft trieben sie Steuern ein oder nutzten die Infrastruktur der cutoOiiccn für anderen

336 HALDON, Seventh Century, 195 —201. ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 131, Nr. 821, Nr. 1031, Nr.

1178, Nr. 2897 und Nr. 2290 (Paulos hypatos und ötouciyn der Anatolikoi). MANSI XI, 209 (Paulos

endoxotatos apo hypaton und ötoicyn aller Provinzen). LILIE, Thrakien und Thrakesion, 10 (zum ölOK1yfl‘

des Anatolikons). JONES, Later Roman Empire, 450 (tractatores).HALDON, Military Service, 14— 15. HALDON, Synone, 130— 132. HENDY, Seventh Century, 627.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5. — 7. Jh.)

Handel (etwa mit Sklaven— Beispiel die ‘cvöp67to&L — Siegel der Jahre 693/94 bis 696/697).

Haldon weist gegen diese Interpretation wohl mit Recht auf die klimatisch kaum mögliche

Anlage von Maulbeerkulturen vor allem in den Provinzen Inner — und Ostanatoliens hin.

Hendy sieht in den Kommerkiarien ebenso Steuerpächter, die das Monopol für den Betrieb

der noOiisr in einer oder mehreren Provinzen erwarben. Sie vertrieben die Überschüsse aus

den fabricae, vor allem aber Waffen und Ausrüstung, die sie den Soldaten, die als Ersatz für

den geringer werdenden Sold mit Landgütern bedacht wurden, vor einem Feldzug anboten

(Hendy verweist ebenfalls auf die ‘ivöpto&L — Siegel).34° Auch Haldon sieht als die

Hauptfunktion der Kommerkiarier die Bereitstellung von Ausrüstung und Waffen für die

Soldaten, spricht sich aber unter Hinweis auf den schwindenden Sold und den Verlust

zahlreicher fabricae gegen einen Verkauf oder Tausch aus. Vielmehr organisierten die

Kommerkiarier bzw. ihrer Vertreter in den einzelnen Provinzen die lokale Erzeugung und

Verteilung von Ausrüstung und Waffen, die der Bevölkerung als Abgabe oder munera

extraordinaria auferlegt wurden. Daneben war Handelstätigkeit, eben etwa mit Seide bzw.

Rohseide oder anderen Produkten der staatlichen Werkstätten möglich.341 Nach Seibt lag die

Hauptaufgabe der Kommerkiarier in der Einhebung der (Natural)abgaben, deren Speicherung

in der cxnoOiicri und deren Verteilung (auch zur Heeresversorgung); daneben diente die

wto0ipcrj aber auch als Handelszentrum (etwa für den Sklavenhandel - ‘cLvp&1to&L) und

Stapelplatz.342

Innerhalb des Gebiets der Armeniaken tritt die ct7toOjKi erstmals im Nordwesten mit einem

Siegel aus der Zeit von 659 bis 668 in Helenopontus auf. Es folgt ein weiteres Siegel aus

Helenopontus aus dem Jahr 679/680. Eine der vier armenischen Provinzen ist erstmals in der

Zeit von 672 bis 681 auf einem Kommerkiariersiegel belegt, es folgt die Armenia quarta

694/695 und 695/696. Es sind dies die Jahre vor bzw. nach der Besetzung Armeniens und

Iberiens durch Justinianos II. 685 bis 692 und der folgenden weiteren Kämpfe an der

armenischen Grenze. Die cL7to01icfl von Koloneia, Kamacha und Armenia quarta begegnet 713

bis 715; die Verbindung mit zwei wichtigen Festungen der Armeniaken scheint für eine mit

dem Heer zu verbindende Funktion der Konimerkiarier zu sprechen. Ähnliches gilt für die

cL1tOO1Kfl von Lazike, Kerasus und Trapezus (689/90, 691 — 693 und 692/693) bzw. von

338 OIKONOMIDES, Silk Trade, 33 —38. JONES, Later Roman Empire, 826 (comites commerciorum) und 834

— 838 (fabricae).OIKONOMIDES, Silk Trade, 39 — 45 und 51 — 53. ZACOS — VEGLERY, Lead Seals 1, 190 - 191

(Aufstellung der ‘av6p6ito&i — Siegel). HALDON, Seventh Century, 236. Zu den ‘avp7to&L — Siegeln: SEIBT,

Slawenpolitik Justinians II., 131. SEIBT — THEODORIDIS, Rätsel der Andrapoda — Siegel, 398 — 406.340 HENDY, Studies, 628 — 636.34! HALDON, Military Service, 14 — 18. HALDON, Seventh Century, 232 —243.

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Verwaltungsgeschichte des byzantinischen Armenien (5, — 7. Jh.)

Lazike (702 — 704, 710/711, 711/712 und 717), da dieses Gebiet Ende des 7. Jh. umstritten

wurde (Feldzüge Leons (III.) in der zweiten Regierung Justinianos II. 705 — 711, siehe 4. 2.

3), doch ist auch der Handelsverkehr zwischen den Schwarzmeerstädten als Tätigkeitsbereich

der Kommerkiarier zu bedenken. Datierung und Lokalisierung der Kommerkiariersiegel

innerhalb der armenischen Provinzen lassen die Vermutung verschiedener Funktionen der

Kommerkiarier, wie sie Seibt sieht, zu.343

Ein Siegel aus dem Jahr 717/718 nennt eine cnro0tpci von Koloneia und aller ‘EltcLpyjcn der

Armeniaken; es belegt die allmähliche Entwicklung des themas der Armeniaken von einem

mehrere Provinzen umfassenden Aufstellungs— und Zuweisungsgebiet hin zu einer

administrativen Einheit. Allmählich gewannen die Strategen das Übergewicht über die

Zivilverwaltung und zogen in der Folge im Laufe des 8. Jh.s auch deren Belange an sich. Ein

Thema Armeniakon im Sinne des 9. und 10. Jh.s bildete sich heraus.344

342 SEIBT, JÖB 30, 359. SEIBT, Slawenpolitik Justinians II., 131. SEIBT — THEODORIDIS, Rätsel derAndrapoda — Siegel, 398 — 406.

ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 141 (Helenopontus 659 — 668), Nr. 156 (Helenopontus 679/680), Nr.

155 (Armenia), S. 164 (Armenia quarta 694/695), Nr. 191 (Armenia quarta 696/696), Nr. 219 (Koloneia,

Kamacha und Armenia quarta 713 — 715), Nr. 164, 178 und 179 (Lazike, Kerasus und Trapezus), Nr. 204, 208,

211 und 2764 (Lazike). SEIBT, BS1 36, 209 (Korrekturen zu Nr. 155 und 164). SEIBT, Slawenpolitik Justinians

II., 131.ZACOS — VEGLERY, Lead Seals, Nr. 222. LILIE, Zweihundertjährige Reform, 33 — 34.

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