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Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
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IX Tiefgründungen 17.09.2013
IX Tiefgründungen
1 Einleitung
Zu den Tiefgründungen zählen folgende Gründungsformen:
Pfahlgründungen
Kombinierte Pfahl-Plattengründungen (KPP)
Schlitzwandgründungen
Brunnen- und Senkkastengründungen
Brunnen- und Senkkastengründungen stellen tiefliegende Flächengründungen dar, d.h. sie tragen die Gründungslasten im Gegensatz zu den anderen Gründungsformen ausschließlich über die Sohle ab.
Die Bemessung der o.g. Gründungsformen ist im EC 7-1 geregelt. Für die Ausführung gelten folgende gründungsformspezifische Normen:
DIN EN 1536: Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Bohrpfähle
DIN EN 12063: Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) - Spundwandkonstruktionen
DIN EN 12699: Ausführung spezieller geotechnischer Arbeiten (Spezialtiefbau) - Verdrängungspfähle
DIN EN 12794: Betonfertigteile - Gründungspfähle
DIN EN 14199: Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) - Pfähle mit kleinen Durchmessern (Mikropfähle)
DIN 18301: VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) - Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für
Bauleistungen (ATV); Bohrarbeiten
DIN 18304: VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV); Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten
2 Das Tragverhalten von Pfählen
Die Tragfähigkeit eines Pfahles setzt sich aus dem Spitzenwiderstand und der Mantelreibung zusammen. Je nachdem, ob die eine oder andere Kraftgröße überwiegt, unterscheidet man zwischen Mantelreibungspfählen (siehe Abb. IX-1a) und Spitzendruckpfählen (siehe Abb. IX-1b)
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Mantelreibungspfähle sind z.B. Kleinbohrverpresspfähle und Großbohrpfähle mit langer Manteltragstrecke. Pfahlgründungen aus Spitzendruckpfählen werden „stehende Pfahlgründungen“ genannt. Pfahlgründungen aus Mantelreibungspfählen dagegen werden „schwimmende Pfahlgründungen“ genannt. Als Spitzendruckpfähle werden Pfähle bezeichnet, bei denen der Lastabtrag im Wesentlichen über den Pfahlfuß stattfindet. Dies sind z.B. Pfähle, die durch eine wenig tragfähige Schicht auf tragfähigen Horizont reichen oder auch Rammpfähle mit Fußverbreiterung (z.B. „Franki-Pfahl“).
Abb. IX-1 Mantelreibungspfahl (a) und Spitzendruckpfahl (b)
Als Beispiel für die Aufteilung des Pfahlwiderstandes in Mantelwiderstand und Spitzenwiderstand wird nachfolgend eine Pfahlprobebelastung im Frankfurter Ton herangezogen (Breth 1970). Die Widerstands-Setzungs-Linie (Abb. IX-2) stellt den Verlauf des Mantel- und Spitzenwiderstands sowie des Gesamtwiderstands, welcher der Summe von Mantel- und Spitzenwiderstand entspricht, dar.
Spitzendruck Spitzendruck
Mantelreibung Mantelreibung PfahlPfahl
Schicht 1
Schicht 2
(a) (b)
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Abb. IX-2 Ergebnis einer Pfahlprobebelastung
Im Gegensatz zum Spitzenwiderstand, der i.d.R. relativ schwach, aber stetig ansteigt, erreicht der Verlauf der Mantelreibung sehr schnell einen Maximalwert. Beim vorliegenden Beispiel erfährt der Verlauf des Mantelwiderstandes nach Erreichen des Maximums einen Abfall auf einen etwas geringeren Wert; dieser Vorgang ist vergleichbar mit dem Abscheren und anschließendem Abfall der Schubspannung im Rahmenschergerät und tritt bei dichten nichtbindigen Böden bzw. überkonsolidierten bindigen Böden auf.
Für die analytische Beschreibung des Tragverhaltens von Pfählen existieren bis heute keine zuverlässigen Berechnungsmethoden. Auch die Zuhilfenahme numerischer Simulationen und nichtlinearer Stoffgesetze erlaubt nicht die Abbildung aller das Tragverhalten bestimmenden Einflüsse.
Die Schwierigkeit, das Tragverhalten zuverlässig abzubilden, liegt u.a. in folgenden Ursachen begründet:
Durch das Einbringen des Pfahls wird das Korngefüge gegenüber dem Primärspannungszustand (Ruhedruckzustand) stark verändert. Die hierbei wirkenden Auflockerungs- und Verdichtungsvorgänge sind nur sehr schwer zu erfassen.
Durch die punktuell in den tiefer liegenden Baugrund eingeleiteten hohen Spannungen am Pfahlfuß kann das Materialverhalten des Bodens bereits von Kornfrakturen beeinflusst werden, was weder durch analytische Verfahren noch im Rahmen der konventionellen Stoffgesetze abgebildet werden kann.
0
10
20
30
40
50
60
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35
Widerstand [MN]
MantelGesamtwiderstand
Spitze
Pfahlkopfsetzung [mm]
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3 Herstellung und Einbringung von Pfählen
Pfähle werden nach ihrer Herstellungsart als Fertigpfähle oder als Ortpfähle bezeichnet. Nach ihrer Einbringungsart werden Ramm-, Bohr-, Schraub-, Rüttel- und Presspfähle unterschieden.
Der älteste Baustoff für Pfähle ist Holz. Bereits in der Jungsteinzeit und Bronzezeit entstanden an den Seen im Voralpengebiet ganze Siedlungen auf Holzrammpfählen, z.B. die Pfahlbauten in Unteruhldingen am Bodensee (Abb. IX-3).
Abb. IX-3 Rekonstruierte Pfahlbauten am Bodensee
Auch in jüngerer Zeit finden sich bedeutende Beispiele für den Einsatz von Holzpfählen, so z.B. die Gründung des Reichstags in Berlin (Abb. IX-4). Die aus den 1880er Jahren stammende Gründung dieses geschichtsträchtigen Bauwerks besteht einerseits aus Streifengründungen mit flacher Einbindung unter wenig belasteten Bereichen und andererseits aus mehr als 3.000 bis zu 5 m langen Holzpfählen unter den stark belasteten Bereichen. Die Tragfähigkeit der unter den nördlichen Ecktürmen und unter dem ehemaligen Kuppelfundament des Reichstagsgebäudes angeordneten Holzpfähle wurde Ende der 1930er Jahre aufgrund der 10 m tiefen, für den S-Bahn-Bau vorgenommenen Grundwasserabsenkungen reduziert. Ursache hierfür ist, dass die Holzpfähle mit Luft in Kontakt kamen, was beim organischen Material Holz Zersetzungserscheinungen zur Folge hat. Darum mussten bei der Sanierung des Gebäudes die Holzpfähle auf ihre Integrität hin mit Hilfe von Probebelastungen überprüft werden.
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Abb. IX-4 Schnitt durch den Reichstag
Bestandsfundamentierungen
Holzpfähle auf unbewehrter Betonplatteund Kalksteinmauerwerk
Kalksteinmauerwerk aufunbewehrter Betonplatte
Kalksteinmauerwerk
Neue Fundamentierungen
Verpresspfähle mit kleinemDurchmesser (d = 0,3 m)
Bodenvermörtelung nach demDüsenstrahlverfahren
Bohrpfähle (d = 0,9/1,5 m)
GW
1 1
3
4
5
6
5
4
Fein-Mittelsandlocker-mitteldichtSand, kiesigmitteldicht
Sand, kiesig/Kies, sandigdicht
1
2
3
4
5
6
2
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3.1 Verdrängungspfähle
Tab. IX-1 gibt eine Übersicht über Verdrängungspfähle sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile der Pfahlart.
Pfahlart Vorteile Nachteile
Holzpfahl
Gute Rammfähigkeit; hohe Elastizität; leicht zu behandeln und abzuschneiden; hohe Lebensdauer unter Wasser; relativ preiswert
Schnelle Zerstörung durch Fäulnis bei Luftzutritt, d.h. im feuchten, aeroben Milieu kommt es aufgrund von Zersetzungsprozessen zu einer Tragfähigkeitsreduktion; in schwerem Boden nicht rammbar; Tragfähigkeit und Länge begrenzt
Stahlpfahl
Hohe Materialfestigkeit und Elastizität; große Auswahl an verschiedenen Profilen; Unempfindlichkeit beim Transport; Verlängerung leicht möglich, Fußverstärkung durch Flügel möglich; gute Rammeigenschaften; geringe Rammerschütterung; gute Verbindungsmöglichkeit; Schrägneigung bis 1:1; Länger je nach Rammwiderstand
Relativ hohe Materialkosten, Gefahr von Korrosion; Gefahr von Sandschliff; I-Profile können beim Rammen aus der Achse laufen bzw. sich verdrehen
Stahlbetonpfahl
Herstellung in praktisch jeder erforderlichen Länge und Stärke; widerstandsfähig auch im Seewasser; gute Bodenverdichtung beim Rammen; gute Verbindungsmöglichkeiten mit dem Bauwerk; hohe Tragfähigkeit; Schrägneigung bis 1:1
Schwer und unhandlich; empfindlich gegen Biegung, z.B. bei Transport, Aufnehmen und Einbau; Gefahr von Rissen; schweres Rammgerät erforderlich; Probleme bei Rammhindernissen; stärkere Erschütterungen und ggf. Lärmbelästigung beim Rammen
Spannbetonpfahl
Wie bei Stahlbetonpfählen; große Knick- und Biegesteifigkeit; hohe Tragfähigkeit; Schrägneigung wie Stahlbetonpfahl
Wie bei Stahlbetonpfählen
Ortbeton- verdrängungspfahl
Gute Verdichtung des umliegenden Bodens und damit hohe Tragfähigkeit; geringe Setzungen; Verbreiterung des Pfahlfußes möglich; Länge kann den Erfordernissen angepasst werden
Lärm und Erschütterung beim Rammen; Gefahr der Beschädigung frischer Nachbarpfähle; Schrägstellung begrenzt, Probleme bei Rammhindernissen; empfindlich gegen Querkräfte; Qualität hängt von der Mannschaft ab, insbesondere bei hohem Grundwasserüberdruck in grobkörnigen Böden; Längen bis ca. 25 m; Schrägneigung bis ca. 4:1
Vollverdrängungs- bohrpfahl
Hohe Tragfähigkeit durch Verdrängung und Verdichtung des umgebenden Bodens; hohe Mantelreibung durch rauen oder spiralförmigen Pfahlschaft; geringe Bodenförderung und Setzungsgefahr für Nachbarbebauung; lärm- und erschütterungsfreie Herstellung
Hohes Drehmoment erforderlich; Herstellungsprobleme ähnlich wie bei Bohrpfählen; Probleme bei Bohrhindernissen (kein Meißeln möglich); Schrägneigung begrenzt auf ca. 4:1
Tab. IX-1 Vor- und Nachteile von Verdrängungspfahlarten (Kempfert & Smoltczyk (2001))
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3.2 Bohrpfähle
Bohrpfähle können verrohrt oder unverrohrt, mit oder ohne Stützflüssigkeit hergestellt werden. Beim Bohren erhält man einen zusätzlichen Aufschluss über den Aufbau des Baugrunds. Mit Bohrpfählen kann man abhängig vom anstehenden Boden große Tiefen (ca. 40 m) und große Durchmesser (bis 2,0 m) erzielen. Die Herstellung eines verrohrten Bohrpfahls erfolgt wie in Abbildung IX-5 dargestellt. Zuerst erfolgt im Schutze einer Verrohrung der Aushub mit Greifer und Meißel. In das durch die Verrohrung gestützte Bohrloch wird anschließend der Bewehrungskorb des Pfahls eingesetzt und abschließend betoniert. Der Pfahl ragt dabei immer etwas über das Niveau der Gründungssohle heraus, damit man den Pfahl „anspitzen“ und die Bewehrung für den monolithischen Anschluss an die Gründungsplatte freilegen kann. Im Einzelnen lassen sich 5 Schritte festhalten:
A Einschlagen oder Drehen des Bohrrohres
B Fördern des Bodens mit Greifer
C Einsetzen des Bewehrungskorbes
D Betonieren bei gleichzeitigem Ziehen oder Herausrütteln des Bohrrohres
E Kappen des Pfahlkopfes In einer oberen Zone bis etwa 0,5 m unter der Betonoberfläche kann der Beton von unzureichender Festigkeit sein. Diese Zone ist nach Freilegen der Pfahlköpfe zu entfernen. Ggf. sind Bohrpfähle nach oben zu verlängern, damit nach dem Kappen einwandfreier Beton über die Solllänge vorhanden ist.
A B C D E
Abb. IX-5 Herstellung eines verrohrten Bohrpfahls
In geeignetem Baugrund können Bohrpfähle auch unverrohrt hergestellt werden. Die Stützung der Bohrlochwandung in nicht standfestem Boden erfolgt in diesen Fällen entweder durch den Einsatz einer Bohrschnecke oder durch Füllen des Bohrlochs mit Bentonitsuspension – ähnlich wie bei der Herstellung von Schlitzwandlamellen.
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Bei der Herstellung von Pfählen erfolgt eine kontinuierliche Überprüfung und Dokumentation von
Innenwasserstand
Bohrlochtiefe
Unterkante der vorauseilenden Verrohrung
Betonspiegel
im Rahmen eines Pfahlherstellungsdiagramms (siehe Abb. IX-6). Die Verrohrung muss während des Aushubs zunächst immer etwas tiefer als die Bohrlochsohle eingebracht werden. Beim Ziehen der Verrohrung ist darauf zu achten, dass der Betonspiegel immer etwas höher liegt als die Unterkante der Verrohrung. Besonderes Augenmerk ist den Wasserständen innerhalb und außerhalb des Bohrlochs zu widmen. Der Innenwasserstand muss merklich höher gehalten werden, um ein hydraulisch induziertes Aufbrechen der Bohrlochsohle und Auftriebsschäden zu vermeiden; nach DIN EN 1536 beträgt diese Differenz mindestens 1,5 m.
Abb. IX-6 Pfahlherstellungsdiagramm eines Ortpfahls
3.3 Mikropfähle
Zu den Mikropfählen zählen Bohrpfähle mit einem Schaftdurchmesser kleiner als 0,3 m und Verdrängungspfähle mit einem Schaftdurchmesser kleiner als 0,15 m. Die Mikropfähle können entweder durch Bohren, Rammen, Pressen, Vibrieren oder einer Kombination dieser Verfahren eingebracht werden.
Mikropfähle werden nach DIN EN 14199 u.a. eingesetzt:
Zeit t
Tiefe z
OberkanteVerrohrung
UnterkanteVerrohrung
Betonspiegel
Innenwasserstand
Außen-wasserstand
UnterkanteBohrlochsohle
GOF
Höheüber GOF
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für Arbeiten unter schwer zugänglichen und engen räumlichen Verhältnissen;
für Gründungen neuer Tragwerke;
als Bewehrung oder Verstärkung bestehender Tragwerke zur Erhöhung der Tragfähigkeit, um Lasten unter der Maßgabe verträglicher Setzungen in den Baugrund abzuleiten, z.B. für Unterfangungen;
um Setzungen und/oder Verschiebungen zu verringern;
als Baugrundbewehrung, um eine Trag- bzw. Stützwirkung zu gewährleisten;
um die Standsicherheit von Geländesprüngen bzw. Böschungen zu verbessern;
als Sicherungsmaßnahme gegen Aufschwimmen.
Mikropfähle werden i.d.R. unter Zuhilfenahme einer Verpressung hergestellt, d.h. das Verpressgut wird unter einem höheren als dem hydrostatischen Druck eingebracht, um einen besseren Verbund zwischen Pfahlschaft und Boden zu ermöglichen.
Einer der am häufigsten eingesetzten Mikropfähle ist der GEWI-Pfahl. Der Name ergibt sich aus dem Tragelement dieses Pfahltyps: einem Gewindestab (Abb. IX-7). GEWI-Pfähle werden in folgenden Schritten hergestellt:
Ausführung einer verrohrten Bohrung;
Verfüllen des Bohrlochs mit Zementmörtel;
Einsetzen des Gewindestabs in das verfüllte Bohrloch;
Ziehen des Bohrrohrs und erste Verpressung;
ein- bzw. mehrfache Nachverpressung.
Durch die Nachverpressung wird der abgebundene Zementstein wieder aufgesprengt und somit die Verzahnung zwischen Schaft und Boden verbessert. Standardmäßig wird der GEWI-Stab mit einem Korrosionsschutz aus einer mindestens 20 mm starken Zementsteinschicht umgeben. Beim „doppelten Korrosionsschutz“ wird zusätzlich noch ein Ripprohr angeordnet.
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Abb. IX-7 Aufbau eines GEWI-Pfahls
Schnitt
Bohrlochwandung
Nachverpresslanze
Zementmörtel
GEWI-Stahl
Abstandhalter
Stahl-Tragglied
Bohrlochwandung
Zementmörtel
Nachverpresslanze 3/8''(nach Bedarf)
Nachverpresslanze(nach Bedarf)
Federkorb-Abstandhalter
Federkorb-Abstandhalter
Wellrohr
Foto: SV-Einstabpfahl mit Standard-Korrosionsschutz
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4 Einordnung von Tiefgründungen in eine Geotechnische Kategorie
Folgende Merkmale und Charakterisierungen erfordern eine Einstufung der Pfahlgründung in die Geotechnische Kategorie GK 2 gemäß EC 7-1:
Ermittlung der Pfahlwiderstände auf Druck aus Erfahrungswerten;
übliche zyklische, dynamische oder stoßartige Einwirkungen;
Einwirkungen auf Pfähle quer zur Pfahlachse am Pfahlkopf;
Pfähle mit negativer Mantelreibung.
Aus den o.g. Anforderungen ergibt sich i.d.R. die Einordnung einer Pfahlgründung mindestens in die Geotechnische Kategorie 2. Folgende Merkmale erfordern in der Regel die Einstufung in die Geotechnische Kategorie 3:
Erhebliche zyklische, dynamische oder stoßartige Einwirkungen;
geneigte Zugpfähle mit einer Neigung flacher als 45°;
Zugpfahlgruppen
verpresste Pfahlsysteme (Mikropfähle nach DIN EN 14199 und verpresste Verdrängungspfähle nach DIN EN 12699) als Verankerungselement;
Ermittlung der Pfahlwiderstände auf Zug aus Erfahrungswerten
Beanspruchung von Pfählen quer zur Pfahlachse aus Seitendruck oder Setzungsbiegung;
hoch ausgelastete Pfähle in Verbindung mit sehr geringen zulässigen Setzungen;
Pfähle mit Mantel- und/oder Fußverpressung.
Kombinierte Pfahl-Plattengründungen sind grundsätzlich in die Geotechnische Kategorie 3 einzustufen.
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5 Bemessung von axial belasteten Pfählen nach EC 7-1
5.1 Nachweise im Grenzzustand GEO-2
Für axial belastete Pfähle sind prinzipiell Nachweise im Grenzzustand der Tragfähigkeit und im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit zu führen. Der Nachweis gegen Tragfähigkeitsverlust des Bodens in der Pfahlmantelumgebung (äußeren Tragfähigkeit) wird im Grenzzustand GEO-2 und der Nachweis der inneren Tragfähigkeit im Grenzzustand STR geführt. Der Nachweis der inneren Tragfähigkeit wird durch die jeweilige Bauteilnorm abgedeckt. Zur Führung des Nachweises der äußeren Tragfähigkeit ist die charakteristische Widerstands-Setzungs-Linie für den betrachteten Pfahl zu ermitteln.
Der setzungsabhängige axiale Pfahlwiderstand Rc setzt sich aus zwei Anteilen zusammen, dem Pfahlmantelwiderstand Rs(s) (shaft resistance) und dem Pfahlfußwiderstand Rb(s) (base resistance):
c b sR s R s R s (Gl. IX-1)
mit: Rc(s) Pfahlwiderstand [kN]
s Setzung des Pfahlkopfes [m]
Rb(s) Pfahlfußwiderstand [kN]
Rs(s) Pfahlmantelwiderstand [kN]
Der EC 7-1 lässt eine Bestimmung des axialen Pfahlwiderstands bzw. seiner beiden Anteile mit Hilfe der folgenden Verfahren zu:
statische Probebelastungen;
dynamische Probebelastungen;
Erfahrungswerte.
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Der Nachweis der Tragfähigkeit im Grenzzustand GEO-2 lautet:
d dF R (Gl. IX-2)
mit: Fd Bemessungswert der Beanspruchungen
Rd Bemessungswert des axialen Pfahlwiderstands
Der Bemessungswert des axialen Pfahlwiderstands wird wie folgt ermittelt:
Druckpfähle:
cc,d
t
RR
oder b s
c,db s
R RR
(Gl. IX-3)
mit: Rc,d Bemessungswert des axialen Pfahlwiderstands (Druck)
Rc charakteristischer axialer Pfahlwiderstand (Druck)
Rb Pfahlfußwiderstand
Rs Pfahlmantelwiderstand
b, s, t Teilsicherheitsbeiwert, abhängig von der Art der
Ermittlung des Pfahlwiderstands
Zugpfähle:
tt,d
s,t
RR
mit: Rt,d Bemessungswert des Herauszieh-Widerstands (Zug)
Rt = Rs charakteristischer Herauszieh-Widerstand (Zug)
s,t Teilsicherheitsbeiwert Pfahlmantelwiderstand (Zug)
Je nach Art der Ermittlung des Pfahlwiderstands sind unterschiedliche Teilsicherheits-
beiwerte t anzusetzen (siehe Tabelle IX-2).
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Widerstand Formelzeichen BS-P BS-T BS-A
Pfahlwiderstände aus statischen und dynamischen Pfahlprobebelastungen
Fußwiderstand b 1,10 1,10 1,10
Mantelwiderstand (Druck) s 1,10 1,10 1,10
Gesamtwiderstand (Druck) t 1,10 1,10 1,10
Mantelwiderstand (Zug) s,t 1,15 1,15 1,15
Pfahlwiderstände auf der Grundlage von Erfahrungswerten
Druckpfähle b , s, t 1,40 1,40 1,40
Zugpfähle (nur in Ausnahmefällen) s,t 1,50 1,50 1,50
Tab. IX-2 Teilsicherheitsbeiwerte für Pfahlwiderstände
5.1.1 Ermittlung des axialen Pfahlwiderstandes von Bohrpfählen mit Hilfe von Erfahrungswerten
Sofern keine Pfahlprobebelastungen durchgeführt werden und keine Erfahrungen aus unmittelbar vergleichbaren Probebelastungen vorliegen, darf der axiale Pfahlwiderstand mit Hilfe von Erfahrungswerten ermittelt werden. Richtwerte für die charakteristischen axialen Pfahlwiderstände für die unterschiedlichen Pfahlarten können nach EC 7-1 der EA-Pfähle entnommen werden. Für den Mantelwiderstand wird ein bilinearer Verlauf über die Setzungen angenommen. Aus den beiden Anteilen Pfahlmantel- und Pfahlfußwiderstand kann die charakteristische Widerstands-Setzungs-Linie für den Bohrpfahl erstellt werden. Ihr qualitativer Verlauf ist in Abbildung IX-8 dargestellt. Der charakteristische
Pfahlwiderstand R im Grenzzustand GEO-2 wird als zur Setzung s = 0,1 · Db zugehöriger Pfahlwiderstand ermittelt:
bR R s 0,1 D (Gl. IX-4)
mit: R charakteristischer Pfahlwiderstand im Grenzzustand GEO-2 [kN]
Ri charakteristischer Pfahlwiderstand allgemein [kN]
s Pfahlkopfsetzung [m]
Db Nennwert des Pfahlfußdurchmessers [m]
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Abb. IX-8 Widerstands-Setzungs-Linie nach EA-Pfähle
Der Mantelwiderstand im Grenzzustand der Tragfähigkeit GEO-2 beträgt:
s s,i s,ii
R (s) q (s) A (Gl. IX-5)
mit: Rs charakteristischer Mantelwiderstand [kN]
qs,i charakteristischer Wert der Pfahlmantelreibung in der Schicht i [kN/m²]
As,i Nennwert der Mantelfläche in der Schicht i [m²]
Die Werte für die charakteristische Mantelreibung bei Bohrpfählen hängen
bei bindigen Böden von der charakteristischen undränierten Scherfestigkeit cu,
bei nichtbindigen Böden vom über die betrachtete Schicht gemittelten Spitzenwiderstand qc der Drucksonde und
in Fels von der charakteristischen einaxialen Druckfestigkeit qu
ab, wobei zwischen den Ergebnissen der verschiedenen Sondiertechniken Korrelationen nach DIN 4094 möglich sind.
Die Anwendung der Werte für bindige und nichtbindige Böden bei Bohrpfählen ist an folgende Voraussetzungen gekoppelt:
Pfahlwiderstand R
Pfahlkopfsetzung s
R (s)s R (s)b
R(s)
ssg
0,02 Db
0,03 Db
s =0,1Dg b
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Die Dicke der tragfähigen Schicht unterhalb der Pfahlfußfläche beträgt nicht weniger als 3 Pfahldurchmesser, mindestens aber 1,50 m.
In diesem Bereich sind qc ≥ 7,5 MN/m² bzw. cu,k ≥ 0,10 MN/m².
Unabhängig davon wird empfohlen, die Pfahlfüße in Bereichen mit qc ≥ 10 MN/m² abzusetzen.
Dem charakteristischen Pfahlmantelwiderstand im Grenzzustand GEO-2 wird folgende Grenzsetzung zugeordnet:
sg s sgs 0,5 R s 0,5 3 cm (Gl. IX-6)
mit: ssg Grenzsetzung des Mantelwiderstands [cm]
Rs (ssg) charakteristischer Mantelwiderstand im Grenzzustand, hier in [MN] einzusetzen
Der Pfahlfußwiderstand wird aus dem Produkt des Pfahlspitzenwiderstands – einer Spannungsgröße – und des Nennwerts der Pfahlfußfläche ermittelt:
b b bR q (s) A (Gl. IX-7)
mit: Rb charakteristischer Pfahlfußwiderstand [kN]
qb charakteristischer Pfahlspitzenwiderstand [kN/m²]
Ab Nennwert der Pfahlfußfläche [m²]
Aufgrund der Setzungsabhängigkeit des Pfahlfußwiderstands müssen Spitzenwiderstände für drei Setzungszustände berücksichtigt werden. Für den Pfahlspitzenwiderstand erfolgt die gleiche Korrelation zu Sondier- bzw. Versuchsergebnissen wie bei der Ermittlung des Pfahlmantelwiderstands.
Mittlerer Spitzenwiderstand qc der Drucksonde
MN/m2
Bruchwert qs der Pfahlmantelreibung
kN/m2
0 0
7,5 55-80
15 105-140
≥ 25 130-170
Zwischenwerte dürfen geradlinig interpoliert werden
Tab. IX-3 Pfahlmantelreibung qs für nichtbindige Böden für Bohrpfähle
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Scherfestigkeit cu
des undränierten Bodens kN/m2
Bruchwert qs der Pfahlmantelreibung
kN/m2
60 30-40
150 50-65
≥ 250 65-85
Zwischenwerte dürfen geradlinig interpoliert werden
Tab. IX-4 Pfahlmantelreibung qs für bindige Böden für Bohrpfähle
Bezogene Pfahlkopfsetzung s / Ds bzw. s / Db
Pfahlspitzenwiderstand qb,k
kN/m2
Bei einem mittleren Spitzenwiderstand qc der Drucksonde in
MN/m²
7,5 15 25
0,02 550-800 1.050-1.400 1.750-2.300
0,03 700-1.050 1.350-1.800 2.250-2.950
0,10 (sg) 1.600-2.300 3.000-4.000 4.000-5.300
Zwischenwerte dürfen geradlinig interpoliert werden. Bei Bohrpfählen mit Fußverbreitung sind die Werte auf 75% abzumindern
Tab. IX-5 Pfahlspitzenwiderstand qb für nichtbindige Böden
Bezogene Pfahlkopfsetzung s / Ds bzw. s / Db
Pfahlspitzenwiderstand qb,k
kN/m2
Bei einer Scherfestigkeit cu,k des undränierten Bodens cu,k
kN/m2
100 150 250
0,02 350-450 600-750 950-1.200
0,03 450-550 700-900 1.200-1.450
0,10 (sg) 800-1.000 1.200-1.500 1.600-2.000
Zwischenwerte dürfen geradlinig interpoliert werden. Bei Bohrpfählen mit Fußverbreitung sind die Werte auf 75% abzumindern
Tab. IX-6 Pfahlspitzenwiderstand qb für bindige Böden
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Für die charakteristischen Werte für Pfahlmantelreibung und Pfahlspitzenwiderstand in Fels erfolgt die Korrelation über den charakteristischen Wert der einaxialen Druckfestigkeit qu, was nur möglich ist, wenn der Felsuntergrund gleichförmig und in ausreichender Dicke vorhanden ist, und wenn es durch das Trennflächengefüge oder durch die Pfahlherstellung keine die Tragfähigkeit mindernden Einflüsse gibt. Nach EA Pfähle muss die Mindesteinbindetiefe in den Fels bei einer einaxialen Druckfestigkeit von qu ≥ 5 MN/m² mindestens 0,50 m und bei qu ≤ 0,5 MN/m² mindestens 2,50 m betragen. Die in Tabelle 6 aufgeführten Werte sind Bruchwerte, da i.d.R. infolge der sehr großen Steifigkeit von Fels sowieso nur sehr geringe Pfahlkopfsetzungen auftreten (Holzhäuser 1998).
Einaxiale Gesteins- druckfestigkeit qu
MN/m2
Pfahlspitzen- widerstand qb1
MN/m²
Bruchwert qs1 der Pfahlmantelreibung
MN/m2
0,50 1,50 - 2,50 0,07 - 0,25
5,00 5,00 - 10,00 0,50 - 1,00
20,00 10,00 - 20,00 0,50 - 2,00
Zwischenwerte dürfen geradlinig interpoliert werden
Tab. IX-7 Pfahlmantelreibung qs1 und Pfahlspitzendruck qb1 in Fels für Bohrpfähle
5.1.2 Ermittlung des axialen Pfahlwiderstandes von Bohrpfählen mit Hilfe von Probebelastungen
Die Durchführung von statischen oder dynamischen Probebelastungen erlaubt die Verwendung geringerer Teilsicherheitsbeiwerte, da damit etwaige Fehler und Ungenauigkeiten bei der Übertragung von Erfahrungswerten auf den zu bemessenden Pfahl entfallen. Die Durchführung statischer und dynamischer Probebelastungen erlaubt die Ermittlung der Widerstands-Setzungs-Linie Rm(s) für die beprobten Pfähle. Hieraus wird für jeden Pfahl der Pfahlwiderstand Rm,i bzw. Rm,i im Grenzzustand GEO-2 abgeleitet.
Bei Druckpfählen ist es oft schwierig, an Hand der Widerstands-Setzungslinie einen Grenzzustand der Tragfähigkeit zu definieren, wenn diese stetig gekrümmt ist. In solchen Fällen sollte als „Versagenskriterium“ eine Pfahlkopfsetzung von 10% des Pfahldurchmessers gewählt werden.
Bei der Ableitung des charakteristischen Druckwiderstands Rc aus den in einem oder mehreren statischen Probebelastungen gemessenen Werten Rcm muss ein Abschlag zur Berücksichtigung der durch den Baugrund und die Einbringung bedingten Streuungen gemacht werden.
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Bei Tragwerken, die nicht imstande sind, Lasten von „weichen“ zu „steifen“ Pfählen umzulagern, muss mindestens folgende Gleichung erfüllt werden:
c,m c,mmitt minc
1 2
R RR MIN ;
(Gl. IX-8)
wo ξ1 und ξ2 von der Anzahl an durchgeführter Probebelastungen abhängige Streufaktoren sind, die auf den Mittelwert (Rc,m)mitt den kleinsten Wert (Rc,m)min von Rc,m angewendet werden.
n 1 2 3 4 ≥ 5
ξ1 1,35 1,25 1,15 1,05 1,00
ξ2 1,35 1,15 1,00 1,00 1,00
n ist die Anzahl der probebelasteten Pfähle
Tab. IX-8 Streuungsfaktor i zur Ableitung charakteristischer Werte aus statischen
Pfahlprobebelastungen
Wenn Tragwerke eine ausreichende Steifigkeit und Festigkeit haben, um Lasten von „weichen“ zu „steifen“ Pfählen umzulagern, dürfen die Zahlenwerte von ξ1 und ξ2 durch 1,1 dividiert werden, vorausgesetzt dass ξ1 niemals kleiner als 1,0 wird.
Bei der Bestimmung des charakteristischen Grenzwertes des Herauszieh-Widerstandes eines Zugpfahls gilt folgende Gleichung analog zu derjenigen wie bei Druckpfählen.
t ,m t,mmitt mint
1 2
R RR MIN ;
(Gl. IX-9)
Die Streuungsfaktoren können Tab. IX-8 entnommen werden. Eine Unterscheidung zwischen „weichen“ und „steifen“ Pfählen wird bei Zugpfählen nicht vorgenommen.
Bei der Durchführung dynamischer Probebelastungen wird der charakteristische Werte Rc
des Druckwiderstands der Pfähle wie folgt ermittelt:
c,m c,mmitt minc
5 6
R RR MIN ;
(Gl. IX-10)
Dabei sind ξ5 und ξ6 von der Anzahl n der getesteten Pfähle abhängige Streufaktoren, die auf den Mittelwert (Rc,m)mitt bzw. den kleinsten Wert (Rc,m)min von Rc,m angesetzt werden.
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ξ0,i für n = ≥ 2 ≥ 5 ≥ 10 ≥ 15 ≥ 20
ξ0,5 1,60 1,50 1,45 1,42 1,40
ξ0,6 1,50 1,35 1,30 1,25 1,25
- Δξ = 0,10: für die Kalibrierung dynamischer Auswerteverfahren an statischen
- ηD = 1,05: bei der Anwendung der Wellengleichungsmethode
n ist die Anzahl der probebelasteten Pfähle
a Zur Berechnung der Streuungsfaktoren ξi gilt: ξ = (ξ0,i + Δξ)·ηD , siehe auch Abb. IX-9
b Für den Erhöhungswert Δξ gilt: - Δξ = 0: für die Kalibrierung dynamischer Auswerteverfahren an statischen Probebelastungsergebnissen auf dem gleichen Baufeld;
1,1 dividiert werden.
Probebelastungsergebnissen an einer vergleichbaren Baumaßnahme; - Δξ = 0,40: für die Kalibrierung dynamischer Auswerteverfahren aufgrund belegbarer oder allgemeiner Erfahrungswerte für Pfahlwiderstände z.B. aus EA Pfähle. Die Anwendung des direkten Verfahrens, wie z.B. Case- oder TNO-Verfahren ist nicht zulässig
c Für den Modellfaktor ηD zur Berücksichtigung des Auswerteverfahrens gilt:
- ηD = 1,00: bei direkten Auswerteverfahren - ηD = 0,85: bei erweiterten Verfahren mit vollständiger Modellbildung
d Wenn Tragwerke eine ausreichende Steifigkeit und Festigkeit haben, um Lasten von "weichen" zu "steifen" Pfählen umzulagern, dürfen die Zahlenwerte von ξ5 und ξ6
f Wenn unterschiedliche Pfähle in der Gründung vorhanden sind, sollten bei der Wahl der Anzahl n von Versuchspfählen Gruppen gleichartiger Pfähle getrennt berücksichtigt werden. Dies gilt auch für Bereiche gleichartiger Baugrundverhältnisse innerhalb eines Baufeldes.
e Für den Modellfaktor ηD zur Berücksichtigung von Rammformeln gilt:
- ηD = 1,10: bei der Anwendung einer Rammformel mit Messung der quasi-elastischen Pfahlkopfbewegung beim Rammschlag - ηD = 1,20: bei der Anwendung einer Rammformel ohne Messung der quasi- elastischen Pfahlkopfbewegung beim Rammschlag
Tab. IX- 9 Grundwerte 0 mit zugehörigen Erhöhungswerten und Modellfaktoren für
Streuungsfaktoren 5und 6 zur Ableitung charakteristischer Werte aus
Stoßversuchen bzw. dynamischen Probebelastungen
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Abb. IX-9 Vorgehen bei der Ableitung der Streuungsfaktoren 5 bzw. 6 in Abhängigkeit
der Kalibrierung nach Tab. IX- 10
5.2 Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit SLS
Der Nachweis gegen Verlust der Gebrauchstauglichkeit ist immer dann zu führen, wenn die Verformungen der Pfahlgründung für das Gesamttragwerk von Bedeutung sind. Der Nachweis ist erbracht, wenn folgende Bedingung erfüllt ist:
2,d 2 2,d 2E E R R (Gl. IX-11)
mit: E2,d Bemessungswert der Beanspruchung eines Einzelpfahles im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
E2 charakteristische Beanspruchung eines Einzelpfahles im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
R2,d Bemessungswert des Pfahlwiderstands im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
R2 charakteristischer Pfahlwiderstand im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
Sind nur geringe Setzungsdifferenzen zwischen den Einzelpfählen oder Pfahlgruppen zu erwarten, dann ist der charakteristische Pfahlwiderstand R2 unter Vorgabe einer aufnehmbaren charakteristischen Setzung s2 aufgrund einer Bewertung der Pfahlprobe-belastungsergebnisse abzuleiten. Bei zu erwartenden erheblichen Setzungsdifferenzen sind für die aufnehmbare, charakteristische Setzung obere und untere Grenzwerte zu betrachten:
2max 2 2s s s bzw. 2min 2 2s s s (Gl. IX-12)
Kalibrierung der dynamischenPfahlprobebelastung
wo durchgeführt?
Δ = 0
Δ
Δ
�5 = ( + ) * η
= ( + ) * η0,5 D
6 0,6 D
�
� �
� � �
Δ = 0,10
Δ
Δ5 = ( + ) * η
= ( + ) * η0,5 D
6 0,6 D
�
� � �
� � �
Δ = 0,40
Δ
( Δ5 = ( + ) * η
= + ) * η0,5 D
6 0,6 D
�
� � �
� � �
aufgrund von Erfahrungenbzw aus Literaturwerten
an statischen Pfahlprobebelastungen
an vergleichbarerBaumaßnahme
amgleichenBaufeld
Bei Tragwerken, die Lasten von “weichen” zu “steifen” Pfählen umlagern können darf
bzw. durch 1,10 dividiert werden� �5 6
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mit: s2 max/min oberer/unterer Grenzwert der aufnehmbaren charakteristischen Pfahlkopfsetzung im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit [m]
s2 aufnehmbare charakteristische Pfahlkopfsetzung im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit [m]
s2 mögliche Setzungsdifferenz zur Berücksichtigung von
Zwängungsbeanspruchungen [m]
Im Bereich des Pfahlwiderstandes sind die möglichen Setzungsdifferenzen s2 wie folgt zu
ermitteln:
2 2s s (Gl. IX-13)
Der Faktor k ist abhängig von der Pfahlherstellung, der Baugrundschichtung und der Stellung der Pfähle innerhalb der Gründung des Bauwerkes. Im Rahmen einer ersten
Abschätzung kann die mögliche Setzungsdifferenz s2 wie folgt angesetzt werden
(Kempfert 2003):
2 2s 0,15 s (Gl. IX-14)
Abb. IX-10 Berücksichtigung der zu erwartenden Setzungsdifferenzen zwischen den Pfählen oder Pfahlgruppen
Bei der Berechnung und Bemessung des Tragwerks ist die Nichtlinearität der Widerstands-Setzungs-Beziehung für Pfähle zu beachten. Bei Modellierung der Pfähle als Federn lässt sich die hierfür benötigte Federkonstante eines Pfahles vereinfachend mit Hilfe der Sekante durch den Ursprung der Widerstands-Setzungs-Linie (R = 0; s = 0) und dem Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (R = R2; s = s2) ermitteln.
s1
R1
2x s� 2
R2
R
s
R
s2 min
s2
s2 max
{
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Abb. IX-11 Ermittlung der Federkonstante anhand der Widerstands-Setzungs-Beziehung
Bei einer Pfahlgruppe, die überwiegend aus Spitzendruckpfählen besteht, darf näherungsweise davon ausgegangen werden, dass sich die Gesamtsetzung aus
der Setzung, die das Gründungsbauwerk insgesamt im Sinne einer tiefliegenden Flächengründungen erfährt, und
der Setzung der einzelnen Pfähle
zusammensetzt.
Für quer zur Pfahlachse beanspruchte Pfahlgruppen ist nachzuweisen, dass die einwirkende Querbelastung mit für den Gebrauchszustand verträglichen Verschiebungen, Verdrehungen bzw. Verkantungen der Pfahlgruppe aufgenommen werden kann. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Querbelastung in Höhe der Pfahlköpfe bei erzwungener gleicher Kopfverschiebung aller beteiligten Pfähle nicht gleichmäßig auf sie verteilt (Schmidt 1985).
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6 Negative Mantelreibung
Eine besondere grundbauspezifische Einwirkung bei Pfahlgründungen ist die negative Mantelreibung. Die Beanspruchung von Pfahlgründungen aus negativer Mantelreibung resultiert aus einer Relativverschiebung zwischen Boden und Pfahl in axialer Richtung. Negative Mantelreibung tritt bei Pfahlgründungen auf, die weiche, bindige Schichten durchdringen und bei denen nachträgliche Setzungen des die Pfähle umgebenden Bodens vorkommen. Dabei hängt sich das Eigengewicht der sich setzenden Bodenschicht sowie der darüber liegenden Schichten an den Pfahl über Mantelreibung. Diese Mantelreibung ist entgegengesetzt gerichtet zur Mantelreibung infolge Pfahlsetzung und wird deshalb als negativ bezeichnet (Kempfert 2005, Katzenbach et al. 2006). Für bindige Böden kann der charakteristische Wert der Mantelreibung wie folgt abgeschätzt werden:
n uc (Gl. IX-15)
mit: n charakteristischer Wert der Mantelreibung
cu charakteristischer Wert der Scherfestigkeit des undränierten Bodens
α Faktor zur Festlegung der Größe der charakteristischen negativen Mantelreibung für bindige Böden
Die Größenordnung des Faktors α liegt je nach Bodenart und Pfahltyp zwischen 0,15 und 1,60, wobei näherungsweise α = 1 angesetzt werden kann.
Für nichtbindige Böden ist die auf der MOHR-COULOMB’schen Festigkeitshypothese aufbauende Beziehung zu verwenden:
'n v 0K tan (Gl. IX-16)
mit: n charakteristischer Wert der Mantelreibung
’v effektive Vertikalspannung
K0 Erdruhedruckbeiwert
’ charakteristischer Reibungswinkel
Die negative Mantelreibung n ist nicht größer als eine positive Mantelreibung qs. Die
negative Mantelreibung reicht bis zum „neutralen Punkt“, unterhalb dessen positive Mantelreibung bzw. Spitzendruck wirken.
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7 Pfahlgruppen unter horizontaler Belastung
Bei doppelsymmetrischen Pfahlgruppen darf die Verteilung der angreifenden Horizontallast HG auf die Pfähle wie folgt ermittelt werden:
i
i
G
i
H
H (Gl. IX-17)
mit: Hi Horizontalkraft auf Pfahl i [kN]
HG Summe der Horizontalkräfte auf Pfahlgruppe [kN]
Die Abminderungsfaktoren αi ergeben sich als Produkt der Faktoren αL (Abminderung in Längsrichtung) und αQ (Abminderung in Querrichtung):
QLi
QZL4
QAL3
QZ2
QA1
1
1
(Gl. IX-18)
Abb. IX-12 Abminderungsfaktoren αi in Abhängigkeit von der Lage des Pfahles innerhalb der Pfahlgruppe
Die Faktoren L und Q hängen vom auf den Durchmesser bezogenen Pfahlabstand aL in
Kraftrichtung, vom Pfahlabstand aQ quer zur Kraftrichtung sowie von der Lage des Pfahles innerhalb der Pfahlgruppe ab. Die entsprechenden Werte sind aus Abb. IX-13 und Abb. IX-14 zu entnehmen.
�L QAx �
1 QAx �
1 x �QA
1 QZx �
�L QAx �
�L QZx �
a Q
aL
a Qa Q
a Q
aL
HG
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Abb. IX-13 Abminderungsfaktor αL für das Verhältnis Pfahlachsenabstand aL in Kraftrichtung zum Pfahlschaftdurchmesser Ds
Abb. IX-14 Abminderungsfaktoren αQA und αQZ für das Verhältnis Pfahlachsenabstand aQ quer zur Kraftrichtung zu Pfahlschaftdurchmesser Ds; für αQ/Ds < 2 gelten die Bedingungen einer durchgehenden Wand (siehe z.B. E DIN 4085)
Den Abminderungsfaktoren i für einen Bohrpfahl in der Gruppe entsprechen folgende
Abminderungen der Bettungsmoduli:
a) Bei linear mit der Tiefe zunehmendem Bettungsmodul
ksi,k z =ksi,k∙z/Ds (Gl. IX-19)
gilt mit der elastischen Länge LE des Einzelpfahles:
aQ / Ds
QA, αQZ
QA
QZ
aL / Ds
L
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0,2
EsE,k
E IL
k
(Gl. IX-20)
für L/LE 4:
1,67si,k i sE,kk k (Gl. IX-21)
für L/LE 2:
si,k i sE,kk k (Gl. IX 22)
für Werte 4 > L/LE > 2 darf geradlinig interpoliert werden.
mit: EI Biegesteifigkeit des Pfahles [kNm²]
ksE,k charakteristischer Wert des Bettungsmoduls des Einzelpfahles in der Tiefe z = Ds [kN/m³]
ksi,k charakteristischer Wert des Bettungsmoduls des Pfahles i der Gruppe in der Tiefe z = Ds [kN/m³]
L Länge des Pfahles [m]
b) Bei über die Tiefe konstantem Bettungsmodul, d.h. .constk)z(k k,sk,s gilt mit
der elastischen Länge LE des Einzelpfahles und dem Bettungsmodul des Einzelpfahles ksE,k:
0,25
EsE,k s
E IL
k D
(Gl. IX-23)
für L/LE 4:
k,sE33,1
ik,si kk (Gl. IX-24)
für L/LE 2:
k,sEik,si kk (Gl. IX-25)
für Werte 4 > L/LE > 2 darf geradlinig interpoliert werden.
Die Bemessung der Pfahlgruppe unter horizontaler Belastung erfolgt mit dem Bettungsmodulverfahren unter Ansatz der ermittelten Bettungsmoduli.
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8 Kombinierte Pfahl-Plattengründung (KPP)
8.1 Tragverhalten einer Kombinierten Pfahl-Plattengründung (KPP)
Bei einer Kombinierten Pfahl-Plattengründung handelt es sich um eine geotechnische Verbundkonstruktion mit den folgenden, gemeinsam wirkenden Tragelementen:
Pfähle
Fundamentplatte
Boden
Abb. IX-15 Tragverhalten einer KPP
Ftot,k
Rpile,1Rpile,j(x,y)�
(x,y)�
Z
q (z)s,1 q (z)s,j
qb,jqb,1
e e
D
Wechselwirkungen:Pfahl-Boden-InteraktionPfahl-Pfahl-InteraktionPlatte-Boden-InteraktionPfahl-Platten-Interaktion
Interaktion zwischenKPP und Baugrund
(1)
(3)(2)
(4)
(1)
(1)
(2)
(3)(4)
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Die Ziele bei der Anwendung der KPP lassen sich wie folgt zusammenfassen:
die Reduktion von Setzungen und Setzungsdifferenzen,
die Erhöhung der Tragfähigkeit von Flachgründungen,
die Verringerung der Biegebeanspruchung der Fundamentplatte,
letzten Endes also eine Kostenminimierung der Gründung.
Das Konzept der Kombinierten Pfahl-Plattengründung – definiert durch die KPP-Richtlinie – sieht vor, dass bei der Bemessung im Gegensatz zu einer konventionellen Pfahlgründung auch die Tragwirkung der Gründungsplatte berücksichtigt wird, so dass die gesamten Bauwerkslasten sowohl über die Pfähle als auch über die Platte mittels Sohlpressung in den Baugrund eingeleitet wird. Der von der Setzung des Gründungskörpers abhängige charakteristische Gesamtwiderstand setzt sich demnach aus der Summe der charakteristischen Pfahlwiderstände der KPP und dem charakteristischen Sohlwiderstand als Integral des Sohldrucks über die Gründungsfläche zusammen:
m
c,tot pile,i raftj 1
R s R s R s
(Gl. IX-26)
mit: Rc,tot charakteristischer Gesamtwiderstand der KPP [kN]
Rpile,i charakteristischer Widerstand des i-ten Einzelpfahles [kN]
Rraft charakteristischer Widerstand der Gründungsplatte [kN]
s Setzung des Gründungskörpers [m]
Die Tragwirkung einer KPP wird durch den Pfahl-Platten-Koeffizienten KPP beschrieben.
Dieser beschreibt den Anteil der Einwirkung Ftot, der über die Pfähle abgetragen wird bzw. welchen Anteil die Pfähle am Gesamtwiderstand Rtot der KPP besitzen:
m
pile,ij 1
KPPtot
R (s)
R (s)
(Gl. IX-27)
mit: s Setzung des Gründungskörpers [m]
Der Pfahl-Platten-Koeffizient liegt zwischen den beiden Grenzwerten KPP = 0,0 (reine
Flächengründung) und KPP = 1,0 (reine Pfahlgründung) und ist abhängig vom
Beanspruchungsniveau und somit von der Setzung der KPP (Abb. IX-16).
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Abb. IX-16 Mögliche Setzungsreduktion einer KPP in Abhängigkeit des Pfahl-Platten-
Koeffizienten KPP
Das in der KPP-Richtlinie definierte Konzept gilt für den Entwurf, die Bemessung, die Prüfung und den Bau von überwiegend vertikal belasteten Kombinierten Pfahl-Plattengründungen – sinngemäß aber auch für Gründungen mit vergleichbaren Tiefgründungselementen, z.B. Schlitzwänden. Das Konzept kann in folgenden Fällen nicht angewandt werden:
bei unter der Fundamentplatte anstehender Schichten relativ geringer Steifigkeit, z.B. weiche bindige bzw. organische Böden, sackungsfähige Auffüllungen,
bei geschichtetem Baugrund mit einem Steifigkeitsverhältnis der oberen zur
unteren Schicht von ES,oben : ES,unten 1 : 10 sowie
wenn der Pfahl-Platten-Koeffizient KPP > 0,9 beträgt.
Kombinierte Pfahl-Plattengründungen sind immer der Geotechnischen Kategorie GK 3 zuzuordnen.
8.2 Nachweise für Kombinierte Pfahl-Plattengründungen (KPP)
Für Kombinierte Pfahl-Plattengründungen (KPP) sind analog zu konventionellen Pfahlgründungen die äußere und innere Tragfähigkeit nachzuweisen.
Die äußere Tragfähigkeit ist als nachgewiesen anzusehen, wenn für die KPP als Gesamtsystem für die Bemessungssituationen BS-P und BS-T folgende Bedingung erfüllt ist:
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c,totd c,tot ,d
R,v
RE R
(Gl. IX-28)
mit: Ed Bemessungswert der Summe der Beanspruchungen
Rc,tot charakteristischer Gesamtwiderstand der KPP im Grenzzustand ULS
R,v Teilsicherheitsbeiwert für Grundbruchwiderstand
Rc,tot,d Bemessungswert des Gesamtwiderstands der KPP im Grenzzustand ULS
Die Ermittlung des charakteristischen Gesamtwiderstandes im Grenzzustand GEO-2 Rc,tot muss mit einem validierten Berechnungsmodell erfolgen; dies ist i.d.R. gleichbedeutend mit einem numerischen Verfahren, z.B. der Finite-Element-Methode. In Ausnahmefällen kann die Ermittlung von Rc,tot auch über Ersatzmodelle wie z.B. die Grundbruchbetrachtung einer tiefliegenden Flächengründung, durchgeführt werden. Ein Einzelnachweis für die Gründungspfähle ist im Rahmen des Nachweises der äußeren Tragfähigkeit nicht erforderlich. Der Nachweis der inneren Tragfähigkeit erfolgt gemäß den anzusetzenden Bauartnormen, z.B. DIN 1045 bzw. EC 2 für Stahlbetonpfähle.
Soweit der Nachweis nicht mit einem wirklichkeitsnahen Rechenmodell erfolgt, kann Rc,tot
in „einfachen Fällen“ ersatzweise aus dem charakteristischen Grundbruchwiderstand der Fundamentplatte der KPP ermittelt werden.
„Einfache Fälle“ liegen vor, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
Geometrisch gleichmäßige Konfiguration der KPP
- gleiche Pfahllängen und –durchmesser
- konstanter Pfahlachsabstande
- rechteckförmige, quadratische oder runde Fundamentplatte
- Überstand der Fundamentplatte über die äußere Pfahlreihe hinaus ≤ 3 D (D=Pfahldurchmesser)
Homogener Baugrund (keine Baugrundschichtung)
- Keine großen Steifigkeitsunterschiede der einzelnen Schichten
Einwirkungen
- Zentrische Beanspruchung der Fundamentplatte, d.h. die resultierende Einwirkung greift im Flächenschwerpunkt der Fundamentplatte an
- Keine vorwiegend dynamischen Einwirkungen
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Zur Ermittlung des Grundbruchwiderstandes ist als Gründungsniveau zur Festlegung der Einbindetiefe die Unterkante der Fundamentplatte anzusetzen.
Die vertikale Tragwirkung der Pfähle ist in diesen Fällen bei der Ermittlung des charakteristischen Grundbruchwiderstandes der Fundamentplatte zu vernachlässigen.
Die horizontale Tragwirkung der Pfähle darf als der Dübelwiderstand der die Gleitfläche der Grundbruchfigur nach DIN 4017 schneidenden Pfähle angesetzt werden. Die Kraftweiterleitung im Boden ist nachzuweisen. Der Ermittlung des Grundbruch-widerstandes sind die charakteristischen Bodenkennwerte zugrunde zu legen.
Beim Nachweis der äußeren Tragfähigkeit einer KPP ist grundsätzlich kein Nachweis für den Einzelpfahl erforderlich.
Der Nachweis im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit SLS ist an den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit für Einzelpfähle angelehnt (siehe Abschnitt 5). Der charakteristische Gesamtwiderstand R2,tot wird unter Vorgabe einer Begrenzung der Beanspruchung C – dies ist i.d.R. eine aufnehmbare charakteristische Setzung s2,k bzw.
Setzungsdifferenz s2,k – unter Zuhilfenahme eines validierten Berechnungsmodells
ermittelt und der Summe der charakteristischen Beanspruchungen gegenübergestellt:
2,d 2 2,tot,d 2,totE E R R f (C) (Gl. IX-29)
mit E2,d Bemessungswert der Beanspruchung eines Einzelpfahls im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
E2 charakteristische Beanspruchung eines Einzelpfahls im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
R2,tot,d Bemessungswert des Pfahlwiderstands im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
R2,tot charakteristischer Pfahlwiderstand im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
C charakteristischer Wert der Begrenzung einer Beanspruchung
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8.3 Beispiele für Kombinierte Pfahl-Plattengründungen
8.3.1 Messeturm, Frankfurt am Main
Der Messeturm wurde in den Jahren 1988 bis 1990 mit einer Höhe von 256 m errichtet. Es war von Anfang an klar, dass es unmöglich war, dieses Hochhaus flach zu gründen, weil dies zu Setzungen in der Größenordnung von 40-50 cm geführt hätte, und daher auch Verkantungen von bis zu 15 cm nicht auszuschließen waren. Es war auch klar, dass es technisch nicht ohne weiteres möglich und mit sehr hohen Kosten verbunden gewesen wäre, die gesamte Hochhauslast über Pfähle in den tieferen Untergrund abzutragen. Es wurde für den Messeturm eine KPP mit im Mittel rd. 30 m langen Pfählen und eine rd. 4 m dicke Platte gebaut. Die Pfähle tragen etwa 60 % der Hochhauslast. Die übrige Hochhauslast wird über die Sohlnormalspannung in den Baugrund eingeleitet. Die Setzungen betragen rd. 12 cm. Der Messeturm hat sich infolge Eigengewicht nicht schief gestellt.
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Abb. IX-17 Schnitt, Ansicht und Grundriss des Messeturmes
58,8 m
58,8 m
Pfähle äußerer Ring: n = 28; l = 26,9 m
Pfähle mittlerer Ring: n = 20; l = 30,9 m
Pfähle innerer Ring: n = 16; l = 34,9 m
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8.3.2 Maintower, Frankfurt am Main
Eine besonders erfolgreiche Anwendung der KPP erfolgte bei dem Frankfurter Hochhaus Maintower, das in einer 20 m tiefen, in modifizierter Deckelbauweise hergestellten Baugrube errichtet worden ist. Hier betragen die Setzungen nur 3 cm.
Abb. IX-18 Schnitt und Ansicht des MAINTOWERS
Eine Besonderheit der Gründung des Maintowers ist die Ausbildung der Gründungspfähle als Energiepfähle. Mit Hilfe von Wärmeaustauschrohren, die an den Bewehrunkörben der Pfähle appliziert sind, wurde eine thermische Nutzung des Baugrundes als saisonaler Thermospeicher erreicht.
8.3.3 Treptowers, Berlin
Nicht nur auf dem setzungsaktiven Baugrund in Frankfurt entstanden in den letzten Jahren Hochhäuser auf KPPs. Auch in der Hauptstadt wurden Hochhäuser mit Hilfe von
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Kombinierten Pfahl-Plattengründungen gegründet. Im Bezirk Treptow an der Spree wurde mit einer Grundfläche von etwa 1.400 m² das 121 m hohe Hochhaus Treptowers errichtet. Die ursprünglich als Flachgründung auf den Berliner Sand geplante Hochhausgründung wurde mit Hilfe von 13 m bis 16,5 m langen Pfählen ertüchtigt, also als KPP konzipiert, um die Setzungen und eventuelle Schiefstellungen zu minimieren.
Abb. IX-19 Schnitt und Gründung des Treptowers
121,5 m
0 m
-8 m
-20,5 m
Auffüllung
Berliner Sand
33,3 mNN30,3 mNN
27,8 mNN
14,3 mNN
37,1 m
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9 Senkkastengründungen
Senkkästen sind unten offene Kästen – d.h. ohne Bodenplatte – aus Stahl- oder Spann-beton, die auf einer Herstellebene errichtet und anschließend auf die Gründungsebene abgesenkt werden, indem gleichzeitig der vom Senkkasten verdrängte Boden ausgehoben wird. Das Einbringen wird entweder durch das Eigengewicht des Senkkastens oder durch Einpressen erreicht. Um das Eindringen in den Baugrund zu erleichtern, befinden sich an den Unterkanten der Seitenwände spitz zulaufende Schneiden, die sich leichter in den Boden einstanzen und diesen nach innen verdrängen, wo der Aushub stattfindet. Senkkästen dienen nicht ausschließlich der Gründung aufgehender Konstruktionen (in der Regel für Brückenpfeiler und ähnliche Bauwerke), vielmehr können sie auch als Teil eines im Baugrund eingebetteten Bauwerks fungieren.
Nach der Absenkmethode werden Senkkästen wie folgt eingeteilt:
Offene Senkkästen oder Brunnen. Bei diesen Bauwerken ist die Aushubsohle von oben für den Aushub zugänglich. Der innere Wasserstand entspricht somit dem äußeren Wasserstand.
Druckluft-Senkkästen oder Caissons. Um ein Eindringen des Wassers zu verhindern wird in der Arbeitskammer des Caissons ein erhöhter Luftdruck erzeugt, der durch eine die Druckluft haltende Decke aufrechterhalten wird. Die Arbeitskammer ist für das Personal nur über Luftschleusen begehbar. Hierzu sind die Arbeitsschutzvorschriften für Arbeiten unter Druckluft zu beachten (siehe Abb. IX-21).
Abb. IX-20 Druckluft-Senkkästen und offene Senkkästen
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite IX-38
IX Tiefgründungen 17.09.2013
Literatur:
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[2] Breth, H. (1970) Das Tragverhalten des Frankfurter Tons bei im Tiefbau auftretenden Beanspruchungen. Mitteilungen des Instituts und der Versuchsanstalt für Geotechnik der Technischen Universität Darmstadt, Heft 4.
[3] DIN 1054:2010 Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd und Grundbau –Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-1.
[4] DIN EN 1536:2010 Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Bohrpfähle
[5] DIN EN 1997-1:2009 Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln
[6] DIN EN 1997-1/NA:2010 Nationaler Anhang – Eurocode 7: Entwurf , Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln
[7] DIN EN 14199:2005 Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) - Pfähle mit kleinen Durchmessern (Mikropfähle)
[8] Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e.V. (2007) Empfehlungen des Arbeitskreises „Pfähle“ – EA Pfähle. Ernst & Sohn Verlag Berlin.
[9] Hanisch, J., Katzenbach, R., König, G. (2002) Kombinierte Pfahl-Plattengründungen. Ernst & Sohn Verlag Berlin.
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Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite IX-39
IX Tiefgründungen 17.09.2013
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